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(Auf-)Zeichnen 1800-1900 - Melton Prior Institut

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Alexander Roob<br />

70<br />

71<br />

Fritz Koch-Gotha: „Ein Bild aus dem Berlin von morgen“, B.I.Z., 1907<br />

Theo Matejko: „Wunder, die wir vielleicht noch erleben werden:<br />

Besichtigung der Welt vom Bett aus durch den Fernseher“, B.I.Z., 1928<br />

Lyonel Feininger: „Schnellverkehr der Zukunft“, B.I.Z., 1905<br />

Theo Matejko: „Japanisches Kamikaze-Torpedo“, 1932<br />

Hans Liska: „Rakete“, 1944<br />

Theo Mateijko: „Führerraum einer<br />

Weltraumrakete“, B.I.Z., 1932<br />

which he now produced propaganda as a highly<br />

demanded advertising illustrator and the maker of<br />

numerous city portraits. 38<br />

With Liska, the impulse towards social realism in the<br />

illustrations of the Berliner Illustrirten Zeitung fully<br />

disappeared in the champagne cellars illuminated in<br />

the Bengali fires of the West German consumer<br />

world of the 1950s, and the curiosity for the world of<br />

a Menzel and Koch-Gotha had completely dissolved<br />

into the arrogance of automobile clubs. The B.I.Z.<br />

ceased publicaiton in 1945. Willibald Krain and Theo<br />

Matejko did not survive the early post-war years.<br />

Koch-Gotha worked in countryside isolation the<br />

mid-1950s, now and then sporadically drawing for<br />

the East Berlin satire magazine Eulenspiegel.<br />

scher Couleur, von der auch Fritz Langs „Metropolis“ durchtränkt ist. Man verlange vom<br />

Pressezeichner heute, so Theo Matejko, neben der Beobachtungsgabe auch eine spezielle<br />

Vorstellungskraft. Er bezeichnet sie als „Präzisionsphantasie“. 34 Von Koch-Gotha, dem Krain<br />

und Matejko auch in diesem Genre nachgefolgt sind, wurde berichtet, er habe die Fähigkeit<br />

besessen, seine Vorstellungen wie „ein Projektionsapparat“ in den ihn umgebenden<br />

Raum zu werfen. Ein Freund bezeichnete den seit einem Kindheitsunfall hörsprachbehinderten<br />

Illustrator deshalb als einen „Phantasie-Eidetiker“. 35<br />

Das Interesse der amerikanischen Presse an Matejko führte dazu, dass Ullstein begann,<br />

den gelernten Buchhalter und Werbegrafiker Hans Liska ( geb.1907 ) systematisch als<br />

Nachfolger aufbauen, dem man dazu sogar ein Kunststudium finanzierte. Liska zeichnete<br />

ab 1933 für die B.I.Z., später dann gemeinsam mit Matejko als Kriegsberichterstatter für die<br />

Zeitschrift Wehrmacht. Im Vergleich zu dem schmissigen Kohlestrich seines Vorbilds wirken<br />

die frühen Liska-Zeichnungen eher dumpf und brachial. Ein Skizzenbuch, das von ihm im<br />

letzten Kriegsjahr 1944 in einem aufwendigen Faksimiledruck erschien, 36 weist ihn jedoch<br />

bereits künstlerisch in Entfernung zu Matejko als Virtuosen der Aquarellskizze aus. In ikonografischer<br />

Hinsicht blieb er allerdings dem Technik-Furor seines Vorbilds verbunden und<br />

produzierte in den fünfziger Jahren für die Daimler-Benz AG mehrere Publikationen 37 , die<br />

sich in der gleichen Faksimileaufmachung wie das Kriegsskizzenbuch um Matejkos neue<br />

Ikone des modernen Zeitalters drehten. Der rokokoartige Stil, den Liska dabei zu entwickeln<br />

begann, harmonisierte wunderbar mit der Unwirklichkeit der touristischen Kulissenwelten<br />

der Wirtschaftswunderjahre, für die er nun als viel beschäftigter Werbezeichner und<br />

Autor etlicher Städteporträts 38 Propaganda betrieb.<br />

Mit Liska verpuffte der sozialrealistische Zeichnungsreportageimpuls der Berliner Illustrirten<br />

Zeitung vollends in den von bengalischen Feuern durchleuchteten Sektkeltereien<br />

der westdeutschen Konsumwelt der fünfziger Jahre, und die Weltneugierde eines Menzel<br />

und Koch-Gotha zerstieb unter den Anmaßungen von Automobilclubs. Die B.I.Z. wurde 1945<br />

eingestellt. Willibald Krain und Theo Matejko überlebten die ersten Nachkriegsjahre nicht.<br />

Koch-Gotha arbeitete in ländlicher Abgeschiedenheit bis in die Mitte der fünfziger Jahre<br />

noch sporadisch für das Ostberliner Satireblatt Eulenspiegel.

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