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Nr. 134, April-Juni 2004 - Albrecht-Bengel-Haus

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Titelfoto: diakonissenmutterhaus aidlingen<br />

Ausgabe<br />

No. <strong>134</strong><br />

<strong>April</strong> –<br />

<strong>Juni</strong><br />

<strong>2004</strong><br />

Gottesdienst im Alten<br />

und Neuen Testament<br />

Liturgie – Last oder Lust<br />

Zwischen Tradition und<br />

Erlebnisorientierung<br />

Theologie des Gottesdienstes<br />

Grundlage, Geschichte, Gestalt<br />

Mitteilungen des <strong>Albrecht</strong>-<strong>Bengel</strong>-<strong>Haus</strong>es


GOTTESdienst<br />

INHALT<br />

2 Editorial<br />

Rolf Hille<br />

4 Gottesdienst im Alten Testament<br />

Hartmut Schmid<br />

5 Gottesdienst im Neuen Testament<br />

Volker Gäckle<br />

7 Liturgie – Last oder Lust<br />

Joachim Kummer<br />

11 Zwischen Tradition und<br />

Erlebnisorientierung<br />

Johannes Zimmermann<br />

18 Theologie des Gottesdienstes<br />

Eberhard Hahn<br />

21 Infos aus dem <strong>Haus</strong><br />

22 Schnuppertage<br />

23 Einladung Theologischer Tag<br />

IMPRESSUM<br />

Die Mitteilungen des <strong>Albrecht</strong>-<strong>Bengel</strong>-<strong>Haus</strong>es erscheinen<br />

vierteljährlich. Nachdruck auch auszugsweise nur mit<br />

Einwilligung des Herausgebers.<br />

Der Bezug ist mit keinen Verpfl ichtungen verbunden.<br />

Herausgeber: Dr. Rolf Hille im Auftrag des Vereins<br />

<strong>Albrecht</strong>-<strong>Bengel</strong>-<strong>Haus</strong> e.V.<br />

Ludwig-Krapf-Str. 5, 72072 Tübingen<br />

Tel 07071/7005-0 / Fax 7005-40<br />

E-Mail: theologische-orientierung@bengelhaus.de<br />

Internet: www.bengelhaus.de<br />

Redaktion:<br />

Grafik:<br />

Druck:<br />

Fotos:<br />

Konten:<br />

ABH-Verein:<br />

ABH-Stiftung:<br />

Volker Gäckle, Joachim Kummer<br />

KraussWerbeagentur.de, Herrenberg<br />

Druckerei Zaiser, Nagold<br />

abh/photos.com<br />

EKK Stuttgart<br />

BLZ 600 606 06 Konto 41 90 01<br />

EKK Stuttgart<br />

BLZ 600 606 06 Konto 41 95 83<br />

Dr. Rolf Hille - Rektor<br />

Liebe Leser!<br />

zur Zeit erleben wir eine beeindruckende<br />

Abfolge von Jubiläen anlässlich der<br />

Gedenktage herausragender pietistischer<br />

Theologen. So konnten wir im November<br />

2003 gemeinsam mit der Fakultät und<br />

dem Evangelischen Stift unseres Namenspatrons<br />

Johann <strong>Albrecht</strong> <strong>Bengel</strong> gedenken.<br />

In diesem Jahr feierten wir am 22. Februar<br />

in Balingen den 200. Geburtstag des bedeutenden<br />

Bibeltheologen Johann Tobias<br />

Beck. Und im nächsten Jahr steht das Spenerjubiläum<br />

an. Johann Tobias Beck hatte<br />

den weiten Horizont des Reiches Gottes.<br />

Er rückte im Zeitalter des Rationalismus die<br />

biblische Heilsgeschichte in den Mittelpunkt<br />

der Theologie und erwies sich so als ein<br />

Schüler <strong>Bengel</strong>s. Beck bekannte die „ewige<br />

und geschichtliche Offenbarungsfülle Gottes“<br />

in der Schrift. Diese hat er lebensvoll<br />

seinen Studenten ausgelegt. Wir freuen<br />

uns als <strong>Bengel</strong>haus, dass wir heute diese<br />

Tübinger Lehrtradition unter den Voraussetzungen<br />

des 21. Jahrhunderts aufnehmen<br />

und weiterführen können.<br />

Am Samstag, den 11. Dezember <strong>2004</strong><br />

planen wir nun ebenfalls gemeinsam mit<br />

der Fakultät und dem Stift, einen öffentlichen<br />

Studientag über Beck im Theologicum,<br />

zu dessen Abschluss unser Landesbischof<br />

Dr. Gerhard Maier einen Vortrag<br />

halten wird. Sie werden hierzu mit Programm<br />

noch eingeladen.<br />

An zwei weitere Geburtstage von besonderen<br />

Freunden und Förderern des <strong>Bengel</strong>hauses<br />

möchte ich in diesem Geleitwort<br />

dankbar erinnern. Am 1. Februar konnte<br />

editorial<br />

Prof. Dr. Peter Beyerhaus, der erste Rektor<br />

des ABH, seinen 75. Geburtstag feiern.<br />

Prof. Beyerhaus hat sich in den schwierigen<br />

Gründungsjahren des <strong>Bengel</strong>hauses mit<br />

viel Mut und Umsicht für uns eingesetzt.<br />

Er hat u. a. den Entwurf zur Grundordnung<br />

verfasst und damit das <strong>Haus</strong> nachhaltig<br />

geprägt.<br />

Am 24. Februar konnte unser langjähriges<br />

Vorstandsmitglied und bewährter Rechner<br />

Manfred Rieger seinen 65. Geburtstag<br />

begehen. Er hat sich in zahllosen Sitzungen<br />

als guter Ratgeber und tüchtiger Finanzmann<br />

erwiesen, der immer mit großem<br />

persönlichen Einsatz hinter unserer Studienarbeit<br />

stand.<br />

Beiden Jubilaren möchte ich an dieser<br />

Stelle von Herzen danken und ihnen für<br />

das neue Lebensjahr viel Freude, gute Gesundheit<br />

und vor allem den Segen unseres<br />

Herrn wünschen.<br />

Im Schlusskonvent des Wintersemesters<br />

mussten wir nach dreieinhalbjähriger Tätigkeit<br />

als Studienassistenten Martin Flaig ins<br />

Pfarramt nach Gärtringen verabschieden.<br />

Martin Flaig hat sich großartig in die Arbeit<br />

des <strong>Bengel</strong>hauses hineingegeben. Seine<br />

Lehrveranstaltungen – zunächst in der Kirchengeschichte,<br />

später in der Praktischen<br />

Theologie – wurden von unseren Studenten<br />

sehr geschätzt. Er hat sich mit großer<br />

Kreativität und Sorgfalt dieser Lehraufgabe<br />

gewidmet und durch die Verbindung von<br />

wissenschaftlicher Theologie und einem<br />

echten geistlichem Anliegen zahlreiche<br />

Studenten geprägt. Auch in der Studienberatung<br />

und seelsorgerlichen Begleitung<br />

hat er großes Vertrauen gefunden. Nicht<br />

wenige Gemeindeglieder lernten ihn durch<br />

seine bildhaften und lebendigen Bibelarbeiten,<br />

Predigten und Vorträge kennen und<br />

schätzen. Für das <strong>Bengel</strong>haus ist sein Weggehen<br />

ein echter Verlust. Wir wünschen ihm<br />

– verbunden mit großem Dank – Gottes<br />

Geleit und viel Vollmacht in seinem künftigen<br />

Wirken als Gemeindepfarrer.<br />

Dieses Heft der „Theologischen Orientierung“<br />

steht unter dem Thema „Gottesdienst“.<br />

Unsere Studenten bewegt die<br />

Gestaltung des gottesdienstlichen Lebens<br />

seit einigen Semestern stark. Das ist ein<br />

gutes und hoffnungsvolles Zeichen, denn<br />

hier schlägt das Herz aller Gemeindearbeit.<br />

Wie können wir moderne Menschen<br />

im Gottesdienst erreichen Was spricht<br />

die junge Generation an und hält doch<br />

Junge und Alte zusammen Wir möchten<br />

diese wichtigen Fragen im Wintersemester<br />

<strong>2004</strong>/2005 als Lehrerschaft in einer Vorlesungs-<br />

bzw. Seminarreihe aufnehmen und<br />

vertiefen.<br />

Für heute darf ich Sie, liebe Leser, mit guten<br />

Wünschen aus Tübingen grüßen und Ihnen<br />

für alle Unterstützung im Gebet und durch<br />

Gaben herzlich danken.<br />

Ihr Rolf Hille<br />

2 3


Gottesdienst im Alten Testament<br />

Bei Diskussionen über den Gottesdienst<br />

in unserer Zeit stehen sehr häufi g Fragen<br />

der Gestaltung und des Ablaufs im Vordergrund.<br />

Befragen wir daraufhin das Alte<br />

Testament, so müssen wir ernüchtert feststellen,<br />

dass wir keine detaillierten Informationen<br />

über den Ablauf des Gottesdienstes<br />

im Alten Testament fi nden. Dies hat verschiedene<br />

Gründe. Es ist zunächst damit zu<br />

rechnen, dass die Form des Gottesdienstes<br />

in der langen Zeit, die das Alte Testament<br />

umgreift, Veränderungen unterworfen war.<br />

Die Gottesdienstform, den Gottesdienstablauf<br />

hat es nicht gegeben. Es wurden in<br />

verschiedenen Zeiten und Regionen und<br />

je nach Anlass sicherlich unterschiedliche<br />

Gottesdienstformen praktiziert. Von größerer<br />

Bedeutung ist die andere Beobachtung.<br />

Wichtiger als Form und Ablauf des<br />

Gottesdienstes ist das Wesen des Gottesdienstes.<br />

Worum geht es im Zentrum des<br />

Gottesdienstes Wir können feststellen: das<br />

„was“ ist wichtiger als das „wie“!<br />

Das Wesen des Gottesdienstes<br />

Die entscheidende Frage des Gottesdienstes<br />

ist die Frage, welcher Gott in<br />

diesem Gottesdienst verehrt wird, wer das<br />

Gegenüber der gottesdienstlichen Versammlung<br />

ist. Wahrer Gottesdienst in Israel<br />

kann nur Jahwe, den einen Gott Israels als<br />

Gegenüber haben. Hinter dieser Grundfrage<br />

treten alle anderen Fragen nach<br />

der Gestaltung zurück. An dieser Frage<br />

entscheidet sich wahrer und falscher Gottesdienst<br />

in Israel.<br />

Diesem Gegenüber hat der Gottesdienst<br />

auch in seiner Ausgestaltung zu entsprechen.<br />

Form und Inhalt des Gottesdienstes<br />

kann nicht im Widerspruch stehen zu dem<br />

Gott, der verehrt wird.<br />

Hartmut Schmid - Studienleiter<br />

Elemente des Gottesdienstes<br />

Wir können einzelne Elemente benennen,<br />

die in der Regel für die Gestaltung<br />

des Gottesdienstes wichtig waren.<br />

Gottesdienste wurden gefeiert an bestimmten,<br />

dafür vorgesehenen heiligen<br />

Orten. Diese Orte waren abgegrenzt und<br />

mit einem Altar versehen. In der Regel<br />

stand auch entsprechendes Kultpersonal<br />

(Priester) für die Durchführung der Gottesdienste<br />

zur Verfügung.<br />

Von großer Bedeutung waren die Opfer.<br />

Die verschiedenen Opfer bringen<br />

Hingabe an Gott, Sühne und die Gemeinschaft<br />

der Opfernden zum Ausdruck.<br />

Damit werden zentrale Aspekte im Verhältnis<br />

zu Gott und im Blick auf die gottesdienstliche<br />

Gemeinde ausgedrückt.<br />

Vor allem Gebete, aber auch Lieder<br />

gehörten selbstverständlich dazu.<br />

Nach 4Mo 6,22-27 ist der Segen ein<br />

wichtiges Element des Gottesdienstes.<br />

Ganz unsicher ist, in welcher Weise die<br />

Verkündigung im Gottesdienst vorkam.<br />

Es ist kaum an Predigten im heutigen<br />

Sinn zu denken, eher ist mit Lesungen<br />

und mit persönlichen Worten an Einzelne<br />

zu rechnen. Die Propheten haben für ihre<br />

Verkündigung gelegentlich das Umfeld des<br />

Gottesdienstes genutzt (Jer 7,1-15; 36,10).<br />

Besondere Gottesdienste und Feste<br />

Ausführlichere Darstellungen fi nden wir<br />

bei besonderen Gottesdiensten anlässlich<br />

besonderer Ereignisse wie etwa dem Passafest<br />

(2Mo 12), dem Bundesschluss am<br />

Sinai (2Mo 24), bei der Überführung der<br />

Lade (2Sam 56,17-19), bei der Einweihung<br />

des Tempels (1Kön 8).<br />

Im Jahreskreislauf wiederkehrende Feste<br />

waren die Höhepunkte des gottesdienstlichen<br />

Lebens (2Mo 23,14-16; 3Mo 16;<br />

23; 5Mo 1-17). Die Feste hatten den Dank<br />

für die Ernte, die Erinnerung an Gottes<br />

Handeln an Israel und die Versöhnung<br />

durch Sühne zum Inhalt. 5Mo 26,1-11<br />

zeigt, wie auch bei einem Erntefest Israels<br />

Heilsgeschichte in Erinnerung gerufen wird<br />

und damit lebendig bleibt.<br />

Der falsche Gottesdienst<br />

Bei den Propheten stoßen wir z.T. auf<br />

heftige Kritik an den Gottesdiensten (Jes<br />

1,10-15; Am 5,21-24). Was ist der Grund<br />

für diese Kritik Die Propheten haben den<br />

Gottesdienst nicht grundsätzlich abgelehnt.<br />

> Wenn Ihr<br />

zusammenkommt <<br />

Ursprung und Inhalt<br />

Der Ursprung bzw. das „Grundmodell“<br />

der neutestamentlichen Gottesdienste war<br />

der jüdische Synagogengottesdienst, in<br />

dem wohl ausnahmslos alle Jünger und<br />

Apostel groß geworden sind und „zuhause“<br />

waren. Schon dort hatten das Gebet,<br />

die Schriftlesung und deren Auslegung<br />

und der Segen einen festen Platz (vgl. Luk<br />

4,15-28). Gleichzeitig ist der christliche<br />

Gottesdienst ebenso eine Neuschöpfung,<br />

wie der christliche Glaube. Die Begegnung<br />

mit dem auferstandenen Herrn, der sich als<br />

der Messias erwiesen hatte, sprengte alle<br />

vorgegebenen Modelle. Von nun an waren<br />

sein Wort und die Verkündigung seines<br />

Todes und seiner Auferstehung das unverrückbare<br />

Zentrum des Gottesdienstes. Dies<br />

wird schon rein äußerlich daran deutlich,<br />

dass sich die Gemeinde nicht mehr am jüdischen<br />

Sabbat versammelte, sondern am<br />

Sonntag, dem Auferstehungstag Jesu (1Kor<br />

Aber sie beobachten in ihrer Zeit, wie das<br />

Verhalten im Alltag dem Willen Gottes nicht<br />

entspricht, wie Gottes Gebot, das die Liebe<br />

und die Fürsorge für den Nächsten befiehlt,<br />

missachtet wird. Gott lässt sich durch schöne<br />

Gottesdienste nicht von diesen Missständen<br />

ablenken. Wir haben oben festgestellt, dass<br />

der Gottesdienst dem Wesen des verehrten<br />

Gottes entsprechen soll. Der Gott der Bibel<br />

erhebt Anspruch auf das ganze Leben und<br />

dessen Gestaltung. Darum soll der Gottesdienst<br />

der Orientierung an Gottes Willen für<br />

den Alltag dienen. Rechter Gottesdienst dient<br />

dem Alltag und der Alltag gipfelt wiederum in<br />

der Feier des Gottesdienstes.<br />

Der Gottesdienst nach dem Neuen Testament<br />

Volker Gäckle - Studienleiter<br />

16,2; Apg 20,7; Offb 1,10). So ist es nicht<br />

übertrieben, wenn man die Form der ersten<br />

christlichen Gottesdienste als eine Anknüpfung<br />

an den jüdischen Synagogengottesdienst<br />

bezeichnet, aber den Inhalt als eine<br />

Neuschöpfung Gottes selbst.<br />

Christsein und Gottesdienst gehören<br />

zusammen<br />

Für die neutestamentlichen Gottesdienste<br />

gilt dasselbe wie für die alttestamentlichen:<br />

Wir fi nden im ganzen NT keine Gottesdienstordnung.<br />

Zu Form und Liturgie macht<br />

das NT keine normativen, d.h. maßgebenden<br />

Aussagen. Noch nicht einmal die<br />

Feier des Gottesdienstes wird geboten (z.B.<br />

„Versammelt euch!“). Es gibt keinen „Gottesdienstbefehl<br />

Jesu“, vergleichbar mit dem<br />

Missionsbefehl.<br />

4 5


Deutlich ist aber, dass sich die ersten<br />

Christen von Anfang an ganz selbstverständlich<br />

zum Gottesdienst versammelt<br />

haben. Es gibt in der 2000jährigen Geschichte<br />

des christlichen Glaubens keine<br />

Zeit, in der die Gemeinde von sich aus auf<br />

den Gottesdienst verzichtet hätte. Er war<br />

und ist der Ort, an dem die Gemeinde die<br />

Gemeinschaft mit ihrem Herrn glaubte,<br />

feierte und erlebte.<br />

„Es blieb unserer Zeit vorbehalten, zu<br />

meinen, es könne und dürfe so etwas wie<br />

ein gottesdienstloses Christentum geben<br />

und sogar noch zu versuchen, das theologisch<br />

zu rechtfertigen“ (Johannes Zimmermann).<br />

Verkündigung, Vielfalt und Freiheit<br />

Zu den Inhalten und Elementen dieser<br />

Gottesdienste gibt es mehrere Informationen,<br />

wobei – wie erwähnt - keine Stelle den<br />

Anspruch erhebt, eine feste Regel zu sein:<br />

„Sie blieben aber beständig in der Lehre<br />

der Apostel und in der Gemeinschaft und<br />

im Brotbrechen und im Gebet“ (Apg 2,42).<br />

„Wenn ihr zusammenkommt, so hat ein<br />

jeder einen Psalm, er hat eine Lehre, er hat<br />

eine Offenbarung, er hat eine Zungenrede,<br />

er hat eine Auslegung. Lasst alles geschehen<br />

zur Erbauung“ (1Kor 14,26).<br />

„Lasst das Wort Christi reichlich unter<br />

euch wohnen: lehrt und ermahnt einander<br />

in aller Weisheit; mit Psalmen, Lobgesängen<br />

und geistlichen Liedern singt Gott<br />

dankbar in euren Herzen“ (Kol 3,16).<br />

In diesen wenigen, ausgewählten Belegen<br />

kommt die Vielfalt der gottesdienstlichen<br />

Elemente der ersten Christen zum<br />

Ausdruck, aber auch ihre Variabilität. Nicht<br />

immer und überall muss alles geschehen<br />

und Platz haben. Bemerkenswert ist aber,<br />

dass gegenüber dem alttestamentlichen<br />

Befund das Gewicht des gesprochenen<br />

Wortes in Form der Lehre oder der Prophetie<br />

einen deutlich größeren Raum einnimmt.<br />

Das „Wort Christi“ bzw. die darauf<br />

aufbauende „Lehre der Apostel“ hatten von<br />

Anfang an eine zentrale Stellung in diesen<br />

Gottesdiensten.<br />

Wozu dient der Gottesdienst<br />

Fragt man nach dem Ziel und Zweck<br />

dieser Gottesdienste, so kann man drei<br />

zentrale Anliegen umschreiben. Der Gottesdienst<br />

soll erstens dem Kontakt und der<br />

Kommunikation der Gläubigen mit Gott<br />

bzw. Christus und untereinander dienen. In<br />

der Verkündigung, in den Sakramenten der<br />

Taufe und des Abendmahls und im Gebet<br />

treten Menschen in eine Gemeinschaft<br />

mit ihrem Herrn ein. In der gegenseitigen<br />

Seelsorge in Ermutigung und Ermahnung<br />

begegnen sie einander. Zweitens soll der<br />

Gottesdienst der „Erbauung“ bzw. genauer<br />

gesagt der „Auferbauung“ des Einzelnen<br />

und der Gemeinde dienen. Das eine ist<br />

nicht ohne das andere zu haben und wenn<br />

die Auferbauung des Einzelnen von der der<br />

Gemeinde getrennt wird, dann ist das nicht<br />

mehr neutestamentlich. Zum dritten soll in<br />

Psalm und Lobpreis Gott die Ehre gegeben<br />

werden.<br />

Rücksicht auf die<br />

> Noch-nicht-Kirchlichen <<br />

In 1Kor 14 kommt noch ein weiterer<br />

Aspekt der urchristlichen Gottesdienste<br />

zur Geltung, nämlich der missionarische.<br />

Paulus behandelt dort die in Korinth umstrittene<br />

Frage der Zungenrede im Gottesdienst<br />

und ein wesentlicher Punkt seiner<br />

Argumentation ist die Verständlichkeit der<br />

Gottesdienste. Außenstehende sollen, wenn<br />

sie zufällig oder aufgrund einer Einladung<br />

in den Gottesdienst kommen, das Geschehen<br />

mit ihrem Verstand erfassen können,<br />

was bei der Zungenrede nicht gegeben<br />

wäre (1Kor 14,19-25). Damit ist die Gemeinde<br />

angehalten, bei ihrer Gottesdienstgestaltung<br />

immer auch die „Unkundigen“<br />

und „Ungläubigen“ (14,23) mit zu berücksichtigen.<br />

Insgesamt eröffnet uns das NT sowohl<br />

klare Leitlinien für die Inhalte und die Verkündigung<br />

in den Gottesdiensten als auch<br />

eine große Gestaltungsfreiheit, die gemäß<br />

dem Prinzip der Liebe (1Kor 10,23) zur Erbauung<br />

der Gemeinde genützt werden soll.<br />

Liturgie - Last oder Lust<br />

Joachim Kummer – Studienassistent<br />

Liturgie! Ein Reizwort, das für verkrustete,<br />

überalterte und unverständliche Formen<br />

steht Oder vielmehr ein altehrwürdiges<br />

Gebäude, an dem nicht zu rühren ist, weil es<br />

Denkmalschutz genießt<br />

Unser Gottesdienst mit allen seinen Teilen<br />

ist heiß umkämpft. Findet die Gemeinde vor<br />

Ort zumeist einen tragfähigen Kompromiss<br />

– etwa durch Einführung eines Zweitgottesdienstes<br />

mit neuen Gestaltungselementen,<br />

so bleibt doch die Argumentation vielfach in<br />

gegenseitigem Missverstehen stecken. Unstrittig<br />

ist, dass Alter allein noch kein Anrecht<br />

auf ewigen Bestand sichern kann. Ebenso<br />

einleuchtend dürfte sein, dass Unverstandenes<br />

noch lange nicht unverständlich sein und<br />

bleiben muss. Auch die feste Form an sich<br />

stellt noch keinen Mangel dar: Wie ein geregelter<br />

Tagesablauf von der ständig neuen<br />

Entscheidung, was nun zu tun sei, entlastet<br />

und für inhaltliches Wirken frei macht, so<br />

sorgt ein verlässlicher Ablauf des Gottesdienstes<br />

dafür, dass ich mich auf Predigt,<br />

Lied und Gebet konzentrieren, ja in diesen<br />

Formen sogar heimisch werden kann und<br />

nicht ständig fragen muss: „Und was kommt<br />

jetzt“<br />

Unsere Liturgie ist ein schwieriges Erbe. Das<br />

gilt aber, wenn wir Goethe glauben dürfen,<br />

vom Erbe überhaupt. Diese Schwierigkeit<br />

überwinden wir, wenn wir seinem Rat folgen:<br />

„Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es,<br />

um es zu besitzen!“ Entziehen wir uns diesem<br />

Geschäft des „Erwerbens“, so schlagen wir<br />

entweder ein Erbe in den Wind, das wir nicht<br />

kennen, oder wir halten künstlich Formen am<br />

Leben, die uns im Innersten fremd bleiben.<br />

Dieses „Erwerben“ vollzieht sich im Konkreten.<br />

Deshalb wollen wir uns nun dem<br />

Württembergischen Predigtgottesdienst, seiner<br />

Herkunft und dem Sinn, der in seinem<br />

Ablauf steckt, zuwenden.<br />

I. Herkunft<br />

Nach den Erfahrungen, die Luther in<br />

Wittenberg mit den radikalen „Bilderstürmern“<br />

machen musste, von denen alles<br />

Überkommene in Bausch und Bogen<br />

verworfen wurde, riet Luther zur Mäßigung<br />

und zu bedachten Reformen. Davon ist<br />

auch seine Gottesdienstreform geprägt.<br />

Die katholische Messe, in deren Zentrum<br />

das Abendmahl steht, wurde nicht als solche<br />

abgeschafft, sondern von unevangelischen<br />

Elementen gereinigt. Seine „gefegte<br />

Messe“ ist daher z.B. frei von Gebetsformulierungen,<br />

die das Abendmahl als Opfer<br />

kennzeichnen, das der Priester dem Vater<br />

darbringt.<br />

Im Südwesten gab es neben der Messe<br />

bereits eine andere Gottesdiensttradition:<br />

Weil die Messe oftmals ohne Predigt gehalten<br />

wurde, viele Priester auch weder die<br />

entsprechende Ausbildung noch Fähigkeit<br />

hatten zu predigen, wurden v.a. in den freien<br />

Reichsstädten Stellen geschaffen für sogenannte<br />

Prädikanten. Solche Prädikanten<br />

waren etwa die späteren Reformatoren Johannes<br />

Brenz in Schwäbisch Hall und Matthäus<br />

Alber in Reutlingen. Auf Anfrage lässt<br />

Luther Alber wissen: „Die bei euch geänderten<br />

Zeremonien gefallen mir gut. Auch<br />

wir haben Änderungen vorgenommen und<br />

6 7


auf Drängen unserer Nachbarn bereits<br />

hinausgegeben. Verändere nun aber bloß<br />

nicht deine Zeremonien wiederum nach<br />

unserem Vorbild, sondern bleibe bei dem,<br />

was du angefangen hast, unbedingt...“<br />

II. Ablauf<br />

Schauen wir uns den Ablauf unseres<br />

heutigen Gottesdienstes an:<br />

1. Sammlung und Anrufung<br />

Der Gottesdienst beginnt mit Geläut:<br />

Das Vorläuten ruft uns auf, die Arbeit niederzulegen<br />

und uns für den Gottesdienst<br />

vorzubereiten. Unter dem festlichen Geläut<br />

aller Glocken betreten wir die Kirche.<br />

Begrüßungen bringen ein Interesse aneinander<br />

zum Ausdruck. Das geschieht<br />

sinniger Weise beim Betreten der Kirche.<br />

Warum nicht z.B. durch Kirchengemeinderäte<br />

Der Glockenklang schützt die Stille des<br />

Einzelnen, der sich auf die Begegnung<br />

mit Gott einstimmt. Höhepunkt dieser<br />

stillen Vorbereitung ist das Gebet in der<br />

Bankreihe vor dem Platznehmen und dem<br />

Begrüßen der Nachbarn. Inhalt dieses Gebetes<br />

ist die Bitte um Segen für sich und die<br />

Gemeinde in dieser Stunde.<br />

Das Vorspiel der Orgel, anderer Instrumente<br />

oder eines Chors hilft uns zu innerer<br />

Sammlung und nimmt bereits das Thema<br />

des Gottesdienstes bzw. der Kirchenjahreszeit<br />

auf.<br />

Als Eingangslied der Gemeinde eignet<br />

sich an Festtagen ein dafür vorgesehenes<br />

Lied. Stets passend sind Pfi ngstlieder, in<br />

denen die Gemeinde um die Gegenwart<br />

des Geistes Gottes bittet, wie auch einige<br />

Morgenlieder, soweit sie nicht – ganz oder<br />

strophenweise – auf die wochentägliche<br />

Arbeit ausgerichtet sind.<br />

Die Gemeinde erhebt sich nun, nicht<br />

um Belehrungen oder Begrüßungen des<br />

Pfarrers entgegen zu nehmen, sondern in<br />

Ehrerbietung vor Gott, dessen Name über<br />

dem Sonntagsgottesdienst ausgerufen<br />

wird. Was nun geschehen soll, geschieht<br />

im Herrschaftsbereich und nach dem Willen<br />

Gottes. Deshalb feiern wir den Gottesdienst<br />

im Namen Gottes, nicht im Namen des<br />

Pfarrers oder im Namen eines Vorbereitungsteams.<br />

Der Ausrufung des Namens<br />

Gottes kann nun ein biblisches Votum folgen,<br />

etwa der Wochenspruch, der auf das Thema<br />

des Gottesdienstes hinweist.<br />

Der im Wechsel gesprochene Psalm ist<br />

nicht Zeichen eines verarmten Gebetslebens,<br />

das auf vorgeprägte Worte angewiesen wäre.<br />

Die Psalmen verbinden alle Christen aller<br />

Zeiten, Orte und Generationen, sie verbinden<br />

die Glaubenden des Alten und Neuen<br />

Testamentes, sie öffnen uns einen Raum in<br />

dem wir uns bergen können und bereichern<br />

durch ihre sprechenden Bilder auch unser<br />

freies Gebet. Auch Jesus hat das Psalmgebet<br />

gepfl egt – bis in die Todesstunde hinein.<br />

Im gesungenen „Ehr’ sei dem Vater“ bekennen<br />

wir in Dank und Anbetung, dass die<br />

Psalmen über ihren menschlichen Ursprung<br />

hinaus Wort des Dreieinigen Gottes sind.<br />

Unmittelbar schließt entweder ein Eingangsgebet<br />

an, in dem wir die Sorgen und<br />

Lasten des Alltags vor Gott ablegen, um<br />

nun innerlich frei unserem Gott begegnen<br />

zu können. Eine andere Möglichkeit ist das<br />

sogenannte Kollektengebet, das am Kirchenjahr<br />

orientiert ist und in einem trinitarischen<br />

Lobpreis endet. Es besteht nur aus einem<br />

einzigen langen Satz. Darin ist eine Bitte enthalten,<br />

die sich auf den Gottesdienst bezieht<br />

und zugleich über ihn hinausweist.<br />

Die Bedeutung des Stillen Gebetes lässt<br />

sich erkennen an seiner Vorform im Prädikantengottesdienst.<br />

Inhalt des Gebetes ist<br />

die Bitte um den Heiligen Geist für den, der<br />

Gottes Wort auszurichten hat, wie auch für<br />

die hörende Gemeinde.<br />

Durch ein biblisches Votum, etwa ein<br />

Psalmwort, wird das Stille Gebet abgeschlossen.<br />

Auch derjenige, der sein Gebet noch<br />

nicht beendet hat, darf seine Bitte in diesem<br />

Wort aufgehoben wissen.<br />

Das Glaubensbekenntnis fand sich im Lauf<br />

der liturgischen Entwicklung an unterschiedlichen<br />

Orten. Die Gottesdienstordnung von<br />

1982 sieht es vor der Lesung vor. Denkbar ist<br />

aber auch das Bekennen im Anschluss an<br />

die Lesung als Antwort auf das Evangelium.<br />

Der Bitte um Gottes Gegenwart im Stillen<br />

Gebet entspricht nun die Lesung des Wortes<br />

Gottes. Bei der Lesung wird es sich um<br />

eine Evangelienlesung, den Sonntagstext<br />

der Reihe 1 der Perikopenordnung handeln.<br />

Ist jedoch ein Evangelientext bereits<br />

Predigttext festgelegt, wird man aus den<br />

Reihen 2 bis 6 einen Brieftext oder einen<br />

alttestamentlichen Text auswählen. All diese<br />

Texte orientieren sich an dem Thema<br />

des Sonntags. Zur Lesung wird man die<br />

Altarbibel verwenden und durch den Ort<br />

an dem man spricht (Altar, ggf. Lesepult),<br />

durch Einleitung und Schlusswort deutlich<br />

machen, dass es sich um Gottes Wort<br />

handelt, das verlesen wird bzw. wurde (Hört<br />

als Lesung für den... Sonntag Gottes Wort<br />

aus.../ Selig sind, die Gottes Wort hören<br />

und bewahren).<br />

2. Verheißung und Weisung<br />

Das nun folgende Hauptlied bzw. Wochenlied<br />

nimmt wie Wochenspruch, Lesung<br />

und Predigttext das Sonntagsthema auf. Es<br />

kehrt jährlich am gleichen Sonntag wieder<br />

und zählt so zum Kernbestand evangelischen<br />

Liedgutes.<br />

Der Kanzelgruß („Gnade sei mit euch<br />

und Frieden...“) hatte im Prädikantengottesdienst<br />

seinen Sinn, insofern der ganze<br />

Gottesdienst von der Kanzel aus gehalten<br />

wurde. Wenn Liturg und Prediger unterschiedliche<br />

Personen sind, ist ein Kanzelgruß<br />

immer noch sinnvoll.<br />

Der Predigt liegt ein Predigttext zugrunde.<br />

Diesem, wie auch der Schrift als ganzer ist<br />

der Prediger verantwortlich im Bemühen,<br />

Gottes Wort der Gemeinde auszurichten.<br />

In diesem Sinne stellt der Prediger nicht seine<br />

eigenen Vorstellungen und Gedanken<br />

zur Disposition, sondern verkündigt unter<br />

denkbar höchster Autorität und Verantwortlichkeit<br />

Gottes Wort (Lk 10,16: „Wer euch<br />

hört, der hört mich“). Gottes Gesetz, das<br />

mir meine Sünde und mein Versagen aufdeckt,<br />

wird ebenso zur Sprache kommen,<br />

wie Gottes Gnade, die dem vorbehaltlos<br />

gilt, der Vergebung sucht. Schon die Bezeichnung<br />

„Predigtgottesdienst“ macht deutlich,<br />

dass diesem Teil des Gottesdienstes besondere<br />

Bedeutung zukommt. Die Predigt ist das<br />

offene Element des Gottesdienstes innerhalb<br />

eines liturgischen Gesamtrahmens.<br />

Im Lied nach der Predigt bekräftigt die Gemeinde<br />

den gepredigten Willen Gottes.<br />

3. Sendung und Segnung<br />

Im Allgemeinen Kirchengebet kommt das<br />

allgemeine Priestertum der Gemeinde zum<br />

Ausdruck: Sie steht hier für andere vor Gott.<br />

Das Gebet ist predigtunabhängig, kann aber<br />

ein Anliegen der Predigt ergänzend aufnehmen.<br />

Dabei ist das Gebet niemals Information,<br />

Indoktrination oder Selbstrefl exion,<br />

sondern Fürbitte. Die Fürbitte geschieht nun<br />

für die Kirche (Ausbreitung des Evangeliums,<br />

für die verfolgten Glaubensgeschwister), für<br />

die Welt (für Verantwortungsträger wie auch<br />

für die Schöpfung) und für die Bedürftigen,<br />

für die Alten, Kranken und Sterbenden.<br />

Im abschließenden Vaterunser, dem Gebet,<br />

das Jesu selbst lehrte und zu beten befahl,<br />

ist auch unser unausgesprochenes Bitten<br />

und Fürbitten zusammengefasst. Wie die<br />

Psalmen verbindet es uns mit den Jüngern<br />

Jesu Christi aller Zeiten. Das Vaterunserläuten<br />

nimmt auch die am Gottesdienstbesuch<br />

Verhinderten in die Gemeinschaft des Gebetes<br />

mit hinein.<br />

Das Schlusslied stärkt uns für die vor uns<br />

liegende Woche durch Segens-, Amen- oder<br />

Gloriastrophen. Geeignet sind oftmals die<br />

Schlussstrophen des Eingangs- oder Wochenliedes.<br />

Die Abkündigungen bringen die Leiblichkeit<br />

der Gemeinde zum Ausdruck:<br />

Opferzweck und Hinweis auf den nächsten<br />

Gottesdienst sind hier an rechter Stelle. Taufe,<br />

Trauung und Bestattung werden mit der<br />

Bitte um Fürbitte der Gemeinde mitgeteilt.<br />

Als kirchliche Veranstaltungsübersicht sind<br />

die Abkündigungen freilich missverstanden.<br />

Die ganze Fülle der Angebote einer Kirchengemeinde<br />

ist im Gemeindebrief oder auf<br />

der Homepage der Kirchengemeinde besser<br />

aufgehoben.<br />

8 9


Die Gemeinde erhebt sich nun noch<br />

einmal zur gesungenen Friedensbitte und<br />

um den Segen zu empfangen. Der Entlasssegen<br />

– der Aaronitische Segen oder<br />

ein trinitarisches Segenswort – ist nicht<br />

Abschiedsgruß, frommer Wunsch oder<br />

Bitte des Liturgen, sondern Gottes Segen,<br />

den er auf sein Volk zu legen befohlen hat.<br />

Unterstrichen wird dieser Gabecharakter<br />

des Segens durch die segnende Geste. Im<br />

glaubenden Bekennen singt die Gemeinde<br />

daraufhin das dreifache „Amen“.<br />

Sich zum Nachspiel noch einmal zu<br />

setzen ist nicht nur etwas für Orgelfreunde.<br />

Hier bietet sich die Gelegenheit die Gedanken<br />

zu sammeln und zu ordnen, bevor<br />

man sich im Hinausgehen dem Nachbarn<br />

zuwendet. Andernfalls verkommt das<br />

Nachspiel zum Geräuschteppich, der in<br />

Konkurrenz zur eigenen Stimme tritt.<br />

Die hiermit skizzierte Gottesdienstform<br />

ist die Grundform des Württembergischen<br />

Gemeindegottesdienstes. Der Abendmahlsgottesdienst<br />

ist dadurch aber nicht an den<br />

Rand gedrängt. Was beide Formen voneinander<br />

unterscheidet ist ihre Form von<br />

Öffentlichkeit. Gerhard Hennig formuliert:<br />

„Das Abendmahl ist keine unbegrenzte<br />

öffentliche Angelegenheit; unsere Predigtgottesdienste<br />

sind es“.<br />

III. Äußerlichkeiten<br />

Ist der Ablauf des Gottesdienstes damit in<br />

aller Kürze abgeschritten, bleiben vielleicht<br />

noch Fragen in Bezug auf Regelungen, die<br />

uns als „bloße Äußerlichkeiten“ erscheinen,<br />

denen wir aber bei genauem Hinsehen<br />

doch einen guten Sinn abgewinnen können.<br />

Dafür zum Schluss zwei Beispiele:<br />

1. Wieso geht der Pfarrer auf die Kanzel<br />

„Der ist doch auch nicht besser als wir!“<br />

Goldrichtig! Der Pfarrer ist ein Sünder wie<br />

ich und du. Deshalb steht er auch nicht<br />

für seine Person dort oben, sondern weil<br />

er uns Gottes Wort auszurichten hat. Und<br />

Gottes Wort, das uns zu Buße und Umkehr<br />

ruft und uns die Vergebung zusagt, steht<br />

tatsächlich über unserem Wort, und zwar<br />

himmelhoch. An diesen Auftrag erinnert<br />

übrigens die Taube, die sich als Symbol des<br />

Heiligen Geistes an der Unterseite vieler<br />

Kanzeldeckel befi ndet. Teilt uns der Pfarrer<br />

oder die Pfarrerin hingegen seine/ihre<br />

Privatgedanken mit, dürfen wir uns zurecht<br />

bzw. zu Unrecht abgekanzelt fühlen.<br />

2. Wieso hat der Pfarrer einen Talar an<br />

Der Talar ist eine Amtstracht – zugegeben.<br />

Diese Tracht ist Konvention – Übereinkunft,<br />

Sitte, Tradition. Der Talar ist kein<br />

Textil von Bekenntnisrang. Gut daran fi nde<br />

ich, dass der Talar den Pfarrer von der<br />

Frage entlastet, welches Outfi t er seiner<br />

Gemeinde zumuten möchte. Was tut der<br />

Pfarrer nicht sich und allen Mitfeiernden<br />

an, wenn seine Erscheinung Sonntag für<br />

Sonntag zur ästhetischen Provokation oder<br />

zum geschmacklichen Offenbarungseid<br />

wird. Nebenbei: Wenn ich den Mitliturgen<br />

an der Kleidung ansehe, dass sie gerne<br />

jagen, wandern oder joggen, dann kann<br />

ich vielleicht erahnen, wie sie den Sonntag<br />

begonnen haben, bzw. den Rest desselben<br />

gestalten werden. Die dadurch vermittelte<br />

Privatheit bringt mich aber nicht näher in<br />

die Gegenwart Gottes. Wir „feiern“ unseren<br />

Gottesdienst. Das darf auch äußerlich<br />

sichtbar werden.<br />

Abschließend können wir feststellen:<br />

Die Liturgie ist nicht vom Himmel gefallen,<br />

weshalb wir nicht sklavisch an sie gebunden<br />

sind. Zugleich hat sich gezeigt, dass<br />

sie einen guten Sinn hat. Wer sie versteht<br />

und mit ihr lebt, der möchte sie nicht mehr<br />

missen. Unsere „evangelische Freiheit“ wird<br />

also nicht durch die Liturgie abgeschnürt.<br />

Es ist vielmehr umgekehrt: Die verstandene<br />

Liturgie zeigt mir erst sinnvolle Variationsmöglichkeiten<br />

auf. In diesem Sinne sei<br />

wiederum mit Goethe geschlossen:<br />

„... das Gesetz nur kann uns Freiheit geben“.<br />

Literaturhinweise:<br />

- Liturgischer Wegweiser, in: Kirchenbuch für die<br />

Ev. Landeskirche in Württ., Teil 1, Stuttgart 1988.<br />

- Gerhard Hennig: Der evangelische Predigtgottesdienst<br />

in Württemberg, Stuttgart 2003.<br />

Zwischen Tradition<br />

und Erlebnisorientierung -<br />

Gottesdienste in alter und neuer Gestalt<br />

Die folgenden Ausführungen waren Teil<br />

eines umfangreicheren Vortrages, den<br />

Dr. Johannes Zimmermann bei einem<br />

Studientag für Pfarrerinnen und Pfarrer im<br />

Dezember 2003 in Stuttgart gehalten hat.<br />

Der Autor ist württembergischer Pfarrer und<br />

ab <strong>April</strong> <strong>2004</strong> wissenschaftlicher Geschäftsführer<br />

des Instituts zur Erforschung von<br />

Evangelisation und Gemeindeentwicklung<br />

in Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern).<br />

Gottesdienst - Krise oder Boom<br />

Wie häufi g gehen Sie in die Kirche<br />

Auf diese Frage gaben nach der neuesten<br />

Mitgliedschaftsumfrage der EKD von 2002<br />

10% der Befragten an, den Gottesdienst jeden<br />

oder fast jeden Sonntag zu besuchen,<br />

weitere 13% ein- oder zweimal pro Monat.<br />

In bemerkenswertem Kontrast dazu stehen<br />

die kirchlichen Zählungen, die eher<br />

die Realität widerspiegeln dürften als die<br />

Selbsteinschätzungen. Am Sonntag Invokavit<br />

2001 wurde ein durchschnittlicher<br />

Gottesdienstbesuch von 3,9% der Kirchenmitglieder<br />

erhoben, seit mehreren Jahren<br />

liegen die Zahlen um die 4% . Deutlich<br />

höher, nämlich etwa vier mal so groß sind<br />

die Zahlen der römisch-katholischen Kirche<br />

(2001 waren es 15,9%).<br />

Betrachtet man diese Zahlen, kann<br />

man von einer Krise des Gottesdienstes<br />

sprechen, insbesondere des evangelischen<br />

Gottesdienstes. Nun ist die Rede von der<br />

Dr. Johannes Zimmermann<br />

Krise des Gottesdienstes nicht neu. Neu<br />

dürfte allerdings ein Traditionsabbruch sein,<br />

der vor allem in den Neuen Bundesländern,<br />

aber auch in Großstädten des Westens<br />

an die Substanz geht. Wo niemand<br />

den Gottesdienst mehr besucht, da ist<br />

er nicht nur in der Krise, sondern am<br />

Sterben.<br />

Es besteht auch wenig Hoffnung, dass<br />

die Leute wenigstens im Alter wieder den<br />

Weg in den Gottesdienst fi nden. Das<br />

mag vereinzelt vorkommen, aber Untersuchungen<br />

zeigen einen deutlichen<br />

Zusammenhang zwischen der Einübung in<br />

den Gottesdienst in der Kindheit und der<br />

späterer Verbundenheit mit Kirche. Wo also<br />

Menschen nicht schon als Kinder und Jugendliche<br />

einen Zugang zum Gottesdienst<br />

fi nden, kann dies auch für die Altersphase<br />

nicht einfach erwartet werden.<br />

Das ist freilich nur die eine Seite: der<br />

verschärften Krise des traditionellen Sonntagsgottesdienstes<br />

steht ein Boom anderer<br />

Gottesdienstformen gegenüber, die häufi g<br />

gut besucht sind: Gottesdienste am Heiligen<br />

Abend, Familiengottesdienste, Zweitgottesdienste,<br />

Schulanfängergottesdienste,<br />

Konfi rmationsgottesdienste und andere<br />

mehr. Während der Gottesdienstbesuch<br />

im Wochenzyklus – Sonntag für Sonntag<br />

- vielerorts am Schwinden ist, mancherorts<br />

fast am Verschwinden, sind Gottesdienste<br />

im Jahresrhythmus und im Lebensrhythmus<br />

nach wie vor gefragt.<br />

10 11


Den Gottesdienst reformieren -<br />

aber wie<br />

Sowohl die Krise des sonntäglichen<br />

Gottesdienstes wie der Boom der „besonderen“<br />

Gottesdienste hat vielerorts zu<br />

einer gewaltigen Reformwelle in Sachen<br />

Gottesdiensten geführt. Dies gilt v.a. dort,<br />

wo Zweitgottesdienste entstanden sind oder<br />

wo versucht wurde, Elemente dieser neuen<br />

Formen in den Sonntagvormittagsgottesdienst<br />

zu integrieren.<br />

Diese Reformbemühungen haben aber<br />

auch ganz neu die Frage aufgeworfen,<br />

was eigentlich ein Gottesdienst ist und was<br />

jenseits der konkreten Form sein eigentlicher<br />

Sinn und sein Ziel sein soll. Überprüft<br />

man unter diesen Fragestellung einmal das<br />

Neue Testament und die Antworten der<br />

Theologiegeschichte – was in diesem Heft<br />

an anderer Stelle geschieht -, dann ergeben<br />

sich vier Antworten:<br />

1. Der Gottesdienst ist ein Begegnungsgeschehen:<br />

Gott redet zu uns durch sein<br />

heiliges Wort, und wir antworten ihm im<br />

Gebet und Lobgesang (so Martin Luther).<br />

Von daher ist alles, was im Gottesdienst<br />

geschieht, zu befragen: Dient es der Begegnung<br />

mit Gott Wird Gottes Zusage,<br />

das Evangelium, laut Wird der Antwort<br />

des Menschen Raum gegeben<br />

2. Der Gottesdienst ist ausgerichtet auf<br />

die Gemeinschaft des Einzelnen und der<br />

Gemeinde mit Gott und untereinander.<br />

3. Er dient der Erbauung des Einzelnen<br />

und damit dem Aufbau der Gemeinde<br />

– also dem Gemeindeaufbau.<br />

4. Im Gottesdienst soll Gott die Ehre gegeben<br />

werden.<br />

Wenn wir diese Punkte als „Kern“ des<br />

Gottesdienstes festhalten, dann ergibt sich<br />

für die Gestaltung eine große Weite und<br />

Freiheit.<br />

Für Paulus ist das wichtigste Kriterium<br />

dabei die Liebe (vgl. 1Kor 8,1; 10,23;<br />

13,1ff.). Ihr muss sich alles andere ein- und<br />

unterordnen. Die Liebe fragt: Wie kann<br />

ich den Gottesdienst so gestalten, dass<br />

er dem Nächsten zur Erbauung, zur<br />

Gottesbegegnung dient Das müssen<br />

die sich fragen lassen, die ständig alles<br />

verändern wollen: Dient das wirklich dem<br />

andern Das müssen aber auch die sich<br />

fragen lassen, die jede Veränderung ablehnen<br />

und alles so lassen wollen wie es ist:<br />

Dient das wirklich dem andern<br />

Es dient sicher nicht der Erbauung, wenn<br />

wir so tun, als habe es vor uns keine richtigen<br />

evangelischen Gottesdienste gegeben,<br />

als seien wir die ersten, die begriffen<br />

hätten, wie rechter Gottesdienst aussieht.<br />

Es dient aber auch nicht der Erbauung,<br />

wenn wir nur unverändert fortschreiben,<br />

was unsere Väter und Mütter taten. Es dient<br />

nicht der Erbauung, die Tradition und die<br />

Geschichte, ihre Erfahrungen und ihren<br />

Reichtum außer Acht zu lassen. Unsere<br />

Aufgabe ist es aber auch nicht, was sie<br />

taten, wie in einem Museum zu bestaunen.<br />

Vielmehr besteht unsere Verantwortung<br />

darin, auf dem Fundament, auf dem sie<br />

bauten, so weiterzubauen, dass es dem<br />

Gemeindeaufbau heute dient. Dabei müssen<br />

wir sogar damit rechnen, dass das,<br />

was in einer früheren Zeit dazu diente, dass<br />

Menschen dem lebendigen Gott begegneten,<br />

heute diese Funktion nicht mehr erfüllt<br />

und schlimmstenfalls dieser Begegnung<br />

hinderlich sein kann.<br />

Wer soll > erbaut< werden<br />

Eine der Hauptfragen bei der Gestaltung<br />

eines Gottesdienstes ist: Wen sollen wir<br />

dabei im Blick haben Sollen wir zuerst auf<br />

die Kerngemeinde sehen, auf die treuen<br />

Gottesdienstbesucher, und darauf achten,<br />

dass für sie der Gottesdienst eine Heimat<br />

bleibt Es zeugt in der Tat von wenig Liebe,<br />

wenn man Gottesdienstbesucher vergrault<br />

und verärgert. Und eine Gefahr besteht<br />

darin, dass Dinge verändert für Leute, die<br />

nicht kommen, ohne zu wissen, ob dadurch<br />

überhaupt jemand Neues kommt.<br />

Und was bewirkt wird, ist, dass die, die bisher<br />

kamen, nicht mehr kommen. Trotzdem<br />

sollte unsere Liebe nicht auf die beschränkt<br />

bleiben, die schon in den Gottesdienst<br />

kommen.<br />

Dazu Martin Luther, der seine Überlegungen<br />

zur Gestalt des Gottesdienstes so<br />

zusammenfasst: Denn summa: Wir stellen<br />

diese Ordnung gar nicht um derjenigen willen<br />

auf, die bereits Christen sind; denn die<br />

bedürfen dieser Dinge keines … Aber um<br />

derjenigen willen muß man solche Ordnungen<br />

habe, die erst noch Christen werden<br />

oder es stärker werden sollen … Allermeist<br />

aber geschieht es um der Einfältigen und<br />

des jungen Volkes willen“ (Insel-Ausgabe<br />

V, 75).<br />

Während die genannten Personengruppen<br />

zu Luthers Zeiten noch eher im<br />

Gottesdienst zu fi nden waren, bedarf es<br />

heute intensiver Bemühungen, damit sie<br />

überhaupt kommen. Gleichwohl ist die<br />

Richtung klar: Die Frage der Gestaltung<br />

des Gottesdienstes soll zuerst diejenigen im<br />

Blick haben, die noch nicht Christen sind<br />

bzw. diejenigen, die es noch stärker werden<br />

sollen. Und konkret nennt Luther dann „die<br />

Einfältigen“ und das „junge Volk“. Darf ich<br />

es zugespitzt sagen: Unsere Gottesdienste<br />

sollten so gestaltet werden, dass<br />

die Konfirmanden sich darin Zuhause<br />

fühlen und gerne kommen, dass sie<br />

attraktiv, anziehend werden für solche,<br />

die der Kirche fern stehen. Ich hoffe,<br />

Sie spüren, was da für ein Sprengstoff drin<br />

steckt!<br />

Im Gegensatz dazu steht folgende Einstellung:<br />

Die andern dürfen gern in den<br />

Gottesdienst kommen, wir sind auch dafür,<br />

dass die Zahl der Gottesdienstbesucher zunimmt.<br />

Aber viele erwarten, dass die Gottesdienste,<br />

die für uns eine Heimat sind,<br />

genau so für andere zur Heimat werden.<br />

Und ein solches Denken ist lieblos. Statt zu<br />

fragen: Wie können wir ihnen den Zugang<br />

zum Gottesdienst erleichtern, bleiben wir<br />

selbstgefällig, wie wir sind. Ich sage „wir“,<br />

weil ich damit eine Mentalität meine, die in<br />

unseren Gemeinden weit verbreitet ist. Da<br />

gibt es Gemeinden, die wollen offen und<br />

missionarisch sein. Aber so, wie sie sind<br />

und sich verhalten, verhindern sie gerade<br />

das, was sie wollen. Statt den andern entgegenzukommen,<br />

verlangen sie von ihnen,<br />

dass sie genauso werden, wie sie selbst<br />

sind.<br />

Vielleicht ist das erste, was dran ist, auch<br />

gar nicht, dass wir die Gottesdienste verändern.<br />

Grundlegend ist eine Änderung<br />

unserer Einstellung. Die Liebe denkt zuerst<br />

an die andern, was ihnen dient, damit sie<br />

Christus begegnen können.<br />

Gottesdienst zwischen Tradition<br />

und Erlebnisorientierung<br />

Ein Kennzeichen unserer traditionellen<br />

Gottesdienste ist, dass sie vom regelmäßigen<br />

Vollzug leben. Es ist eine Form, in<br />

die man sich hineinfi nden muss, mit der<br />

man vertraut werden muss. Sie erschließt<br />

sich oft nicht beim ersten Mal, sondern<br />

erst allmählich. Dafür ist es eine Form,<br />

die man nicht ständig umkrempeln muss,<br />

sondern die eine Dauerhaftigkeit hat und<br />

zur Heimat werden kann. Ich nenne dieses<br />

Modell „Liturgiedidaktik“. Nach diesem<br />

Modell arbeitet weithin auch der Konfi r-<br />

12 13<br />

Reformmotor „Liebe“


mandenunterricht. Ich halte viel von Liturgiedidaktik.<br />

Für diejenigen, die regelmäßig<br />

zum Gottesdienst kommen, ist sie hilfreich.<br />

Das Problem beginnt, wenn Menschen nur<br />

selten kommen.<br />

Wie sollen wir darauf reagieren Wir<br />

könnten sagen: Du musst regelmäßig<br />

kommen, dann „bringt“ es dir etwas. So<br />

sehr ich mir das wünsche, dass Menschen<br />

regelmäßig kommen, nur wenige lassen<br />

sich derzeit darauf ein. Ich halte es deshalb<br />

für hilfreicher, zu denken: Wenn er oder<br />

sie auch nur einmal kommt, soll er etwas<br />

verstehen und mitnehmen können. Ich will<br />

nicht fordern: Du musst regelmäßig<br />

kommen!, sondern den Gottesdienst<br />

so gestalten, dass er von selbst wieder<br />

kommt, dass ihm der eine Gottesdienst<br />

Appetit auf mehr macht. Ja mehr noch,<br />

ich möchte den Gottesdienst so gestalten,<br />

dass ich gerne auch meine Nachbarn und<br />

Freunde dazu einladen kann. Das mag ein<br />

hoher Anspruch und ein weiter Weg sein,<br />

aber wir brauchen Ziele, die uns die Richtung<br />

angeben.<br />

Wie aber sieht ein Gottesdienst aus, der<br />

den Empfi ndungen und Gewohnheiten der<br />

Menschen heute entspricht Ich möchte es<br />

mit dem Stichwort „Erlebnisorientierung“<br />

bezeichnen. Eines der Kennzeichen ist, dass<br />

„unmittelbare Evidenz“ gefragt ist. Dem distanzierten<br />

und kirchenfernen Zeitgenossen<br />

genügt es nicht, wenn er gesagt bekommt,<br />

beim regelmäßigen Gottesdienstbesuch<br />

werde sich ihm das Geheimnis des Gottesdienstes<br />

erschließen. Heute erwarten<br />

Menschen, v. a. sog. „Distanzierte“, dass<br />

der Gottesdienst, an dem sie teilnehmen,<br />

für sie nachvollziehbar und für ihr Leben<br />

relevant ist. Sie fragen ganz einfach: Was<br />

bringt mir der Gottesdienst Um sie mit<br />

dem Evangelium zu erreichen, müssen<br />

wir uns auf ihre Interessen einlassen, auch<br />

auf ihre Sprachgewohnheiten und musikalischen<br />

Vorlieben. Hinter dem Bedürfnis<br />

nach Erlebnis steckt auch der Wunsch nach<br />

Ganzheitlichkeit. Das ist durchaus berechtigt:<br />

Der Glaube, die Gottesbeziehung ist<br />

nicht nur etwas für den Kopf, sondern umfasst<br />

den ganzen Menschen.<br />

Was aber bedeutet „Erlebnisorientierung“<br />

Heißt das, dass wir den Gottesdienst<br />

wie eine Unterhaltungsveranstaltung<br />

an ständig wechselnde Kundenbedürfnisse<br />

anpassen - frei nach dem Motto: Sie<br />

wünschen, wir spielen Hier tut sich ein<br />

Problem auf: Die Erlebnisorientierung ist<br />

ambivalent. Auf der einen Seite ist sie notwendig.<br />

Eine Gemeinde, die aus Liebe den<br />

Menschen entgegenkommen und sie dort<br />

abholen möchte, wo sie sind, wird nicht<br />

darum herumkommen.<br />

Auf der anderen Seite ist die „Erlebnisorientierung“<br />

auch keine neutrale Verpackung.<br />

Dazu Manfred Josuttis: „Wer sich<br />

dem Diktat der Erlebnisgesellschaft<br />

unterwirft, hat schon verloren“. Er begibt<br />

sich in den Zwang, immer neue und<br />

bessere Erlebnisse produzieren zu müssen.<br />

Heute ist es ein Anspiel, morgen braucht<br />

man eine Band, und übermorgen muss<br />

ein Elefant in den Gottesdienst, um etwas<br />

Neues und ansprechendes zu bieten. Unter<br />

dem „Diktat der Spaßgesellschaft“ wird der<br />

Gottesdienst zum „event“, zu einer Unterhaltungsveranstaltung,<br />

die sich bruchlos an<br />

die Seite von Disco, Kino und Internet stellt<br />

und zum unverbindlichen Konsum einlädt.<br />

Ulrich H. Körtner formuliert es in einem<br />

anderen Zusammenhang noch pointierter:<br />

„Während manche Spielarten neureligiöser<br />

Spiritualität, aber auch der christlichen<br />

charismatischen Bewegungen ein religiöser<br />

Doppelgänger unserer heutigen Erlebnisgesellschaft<br />

sind, zeigt sich die Volkskirche<br />

als Spiegelbild unserer Konsum- und<br />

Versorgungsmentalität“. Die Folge: aus<br />

der Gemeinde wird das Publikum, aus<br />

dem Besucher der Kunde. Damit will<br />

ich mich in keiner Weise gegen eine<br />

phantasiereiche und kreative Gottesdienstgestaltung<br />

wenden! Es<br />

heißt auch nicht, dass die traditionellen<br />

Gottesdiensten frei<br />

von Gefährdungen wären.<br />

„Gottesdienst zwischen<br />

Tradition und Erlebnisorientierung“<br />

ist also keine rhetorische<br />

Frage, sondern eine Aufgabe, die sich<br />

jeder Zeit neu stellt. Sie führt zu einer Gratwanderung:<br />

Wir müssen uns auf legitime<br />

Erlebnisbedürfnisse unserer Mitmenschen<br />

einlassen - und uns zugleich billigen Anpassungserwartungen<br />

verweigern.<br />

Zielgruppenorientierung -<br />

missionarische Notwendigkeit<br />

oder Gefährdung der Einheit<br />

Seit langem gibt es bei uns Gottesdienste<br />

für spezielle Zielgruppen: Gottesdienste in<br />

Altersheimen und Krankenhäusern, Gottesdienste<br />

für Schüler, für Studierende und<br />

für Soldaten, Gottesdienste für Deutsche in<br />

Moskau und für Koreaner in Tübingen.<br />

Das Anliegen der „neuen“ Zielgruppenorientierung<br />

besteht in der Beobachtung,<br />

dass der bestehende Gottesdienst zwar den<br />

Anspruch hat, für alle da zu sein, aber faktisch<br />

nur einen Ausschnitt der Gesellschaft<br />

erreicht: „Empirisch gesehen finden die<br />

meisten evangelischen Gottesdienste<br />

als Zielgruppen-Gottesdienste statt,<br />

auch wenn dies oft … nicht bewußt<br />

ist“. Die „liturgische Form führt dazu, dass<br />

ältere Erwachsene aus der Kleinbürger- bis<br />

Mittelschicht zum Gros der Gottesdienstgemeinde<br />

gehören“ (Christian Grethlein).<br />

Die zunehmende Pluralisierung der<br />

Gesellschaft macht es schwer, wenn nicht<br />

sogar unmöglich, eine Gottesdienstform zu<br />

fi nden, die allen entspricht: „In einer pluralistischen<br />

Gesellschaft, in der Menschen<br />

verschieden gebildet sind und dementsprechend<br />

unterschiedliche<br />

Wahrnehmungs- und Kommunikationsformen<br />

pfl egen, droht für das gottesdienstliche<br />

Angebot die Gefahr, einzelne Gruppen<br />

besonders zu bevorzugen. „Es erscheint<br />

gegenwärtig … (fast) unmöglich, eine alle<br />

Menschen in unserem Land gleichermaßen<br />

ansprechende, d.h. (mit Luther) ‘zum Glauben<br />

reizende’ Veranstaltungsform zu fi n-<br />

den“ (Christian Grethlein). In der multikulturellen<br />

Gesellschaft wird man tatsächlich<br />

fragen müssen, ob es nicht einer Vielzahl<br />

von kulturell angepassten Angeboten bedarf,<br />

um alle zu erreichen.<br />

Gleichzeitig stellt sich mit der Zielgruppenorientierung<br />

die Frage, ob dadurch<br />

nicht die Gemeinde zerklüftet wird. Wird<br />

hier aus besten missionarischen Absichten<br />

etwas auseinander gerissen, was biblisch<br />

zusammengehört<br />

Zielgruppenorientierung steht in der<br />

Spannung zwischen 1Kor 14,19ff (wo Paulus<br />

die Verständlich keit für „Unkundige und<br />

Ungläubige“ einfordert) und 1Kor 9,20-22<br />

(„den Juden bin ich wie ein Jude geworden,<br />

… Ich bin allen alles geworden, damit ich<br />

auf alle Weise einige rette“) auf der einen<br />

und Gal 3,26-28 („hier ist nicht Jude noch<br />

Grieche … denn ihr seid allesamt einer<br />

in Christus Jesus“) auf der anderen Seite.<br />

Aber hüten wir uns vor einer falschen Alternative.<br />

Beides ist nötig: die Orientierung an<br />

den Zielgruppen - weil nur so Menschen<br />

in ihrer Situation erreicht werden - und das<br />

Überschreiten gesellschaftlicher Grenzen<br />

innerhalb der Gemeinde. Damit sage ich<br />

nicht, dass beides von einer bestimmten<br />

Gottesdienstform geleistet werden muss,<br />

wichtig ist, dass beides in einer Gemeinde<br />

im Blick ist und angestrebt wird. Wie und<br />

wo, das kann je nach Situation variieren.<br />

Die Frage nach der missionarischen Öffnung<br />

durch Zweitgottesdienste muss also<br />

immer auch in Verbindung mit der Frage<br />

nach der Einheit der Gemeinde gesehen<br />

werden. Wo eine bestehende Gemeinde<br />

über den Streit um angemessene missionarische<br />

Formen und Methoden zerbricht und<br />

uneins wird, nimmt auch die Glaubwürdigkeit<br />

nach außen und damit zugleich die<br />

14 15


missionarische Ausstrahlung Schaden.<br />

Schon in der Bibel gibt es aber auch<br />

den Fall, dass es besser ist, auseinander zu<br />

gehen, als in ständigem Konfl ikt zu leben.<br />

Aber der Idealfall ist das nicht. Der Idealfall<br />

ist es nicht, wenn ein Zweitgottesdienst<br />

entsteht, weil die Frömmigkeitsstile in einer<br />

Gemeinde so auseinandergehen, dass sie<br />

nicht mehr im Gottesdienst zusammenfi n-<br />

den können.<br />

Zweitgottesdienste -<br />

Chancen und Grenzen<br />

Dazu drei Aspekte<br />

1. Einen kritischen Punkt bei fast allen<br />

Zweitgottesdiensten in unserem Umfeld sehe<br />

ich in der Frage der Regelmäßigkeit. Die<br />

hohen Ziele, die viele mit Zweitgottesdiensten<br />

verbinden, lassen sich mit einem Gottesdienst,<br />

der nur 5-6 mal, meinetwegen<br />

auch 10-12 Mal im Jahr stattfi ndet, kaum<br />

erreichen. Auch die Vorbilder in England<br />

und den USA feiern in der Regel häufi ger,<br />

wenn nicht sogar wöchentlich Gottesdienst.<br />

Findet der Gottesdienst nur in so großen<br />

Abständen statt, überwiegt der event-<br />

Charakter, der Gottesdienst ist das Außergewöhnliche.<br />

Gottesdienst soll sich aber<br />

dadurch auszeichnen, dass er im positiven<br />

Sinn etwas Gewöhnliches und Gewohntes<br />

darstellt.<br />

Natürlich ist mir bewusst, dass ein 14tägiger<br />

oder gar wöchentlicher Rhythmus<br />

bei den meisten Zweitgottesdiensten in<br />

Württemberg kaum denkbar ist. An vielen<br />

Orten sind die Mitarbeiter auch so schon<br />

an ihren Grenzen. Der hohe Aufwand für<br />

Werbung, Raumgestaltung, Anspiel, Imbiss<br />

usw. lässt sich nicht beliebig ausweiten. Aus<br />

diesem Grund sollte über „fl ankierende“<br />

Maßnahmen nachgedacht und darauf geachtet<br />

werden, dass der Zweitgottesdienst<br />

nicht alleine steht, sondern Teil des Gemeindeaufbaus<br />

ist.<br />

2. Zweitgottesdienste zwischen missionarischer<br />

Öffnung und profi lierter Frömmigkeit<br />

- so möchte ich einen weiteren Spannungsbogen<br />

bezeichnen. Fragt man die<br />

Mitarbeiter von Zweitgottesdiensten nach<br />

ihrem Ziel und ihrer Zielgruppe, so gibt es<br />

zwei Typen von Antworten:<br />

a) Die einen streben eine Öffnung an.<br />

Sie wollen einen bewusst missionarisch<br />

gestalteten Gottesdienst, der Gruppen erreicht,<br />

die vom traditionellen Gottesdienst<br />

nicht erreicht werden, häufi g Jugendliche<br />

oder junge Familien.<br />

b) Die anderen wollen Gottesdienste<br />

feiern, die ihnen entsprechen. Oft suchen<br />

sie einen Raum für ihren Frömmigkeitsstil,<br />

der für sie im traditionellen Gottesdienst zu<br />

wenig vorkommt: die einen liturgisch oder<br />

von Taizé her geprägt, andere erwecklich,<br />

wieder andere charismatisch.<br />

Ich halte beide Anliegen für berechtigt,<br />

sofern die Profi lierung eines Frömmigkeitsstils<br />

nicht mit einer arroganten Selbstgenügsamkeit<br />

verbunden ist. In der Praxis<br />

können beide Anliegen nahe beieinander<br />

liegen. Gleichwohl halte ich es für wichtig,<br />

sie zu unterscheiden. Wer missionarische<br />

Öffnung auf seine Fahnen schreibt,<br />

sollte selbstkritisch darauf achten, dass<br />

es sich nicht de facto um einen Rückzug<br />

in die Nische handelt, geprägt vom<br />

Wunsch, die eigene Frömmigkeit ungestört<br />

unter Gleichgesinnten pfl egen zu können.<br />

Dazu gehört auch die Frage nach dem<br />

Liedgut!<br />

3. Einen weiteren wichtigen Aspekt können<br />

wir von der Willow Creek-Gemeinde<br />

in Chicago lernen. Sie ist vor allem durch<br />

Gottesdienste für Kirchendistanzierte bekannt.<br />

Was aber nicht immer gesehen<br />

wird, ist, dass diese Gottesdienste Teil einer<br />

umfassenden Konzeption sind. Grundlage<br />

ist die Absicht, für andere einen Weg hin<br />

zum Glauben und in die Gemeinde zu<br />

gestalten. Das beginnt bei persönlichen<br />

Freundschaften, geht über persönliche Gespräche<br />

weiter zu Einladungen zum Gottesdiensten<br />

für Gäste. Kommen die Freunde<br />

regelmäßig, werden sie zu Glaubenskursen<br />

und dann in Kleingruppen eingeladen.<br />

Der Kreis schließt sich dann, wenn diese<br />

Freunde selbst zu Mitarbeitern werden und<br />

andere einladen. Innerhalb dieses Weges<br />

hat der Gottesdienst für Kirchendistanzierte<br />

seinen festen Platz. Wichtig ist nicht dieser<br />

Gottesdienst als solcher, sondern das Zusammenspiel<br />

aller Elemente.<br />

Kurzum: Ein gut besuchter Gottesdienst<br />

oder Zweitgottesdienst ist erfreulich, aber<br />

er braucht „fl ankierende Maßnahmen“, ein<br />

Vorfeld ebenso wie eine Weiterführung.<br />

Der Gottesdienst als<br />

Gestaltungsaufgabe<br />

Zum Gemeindeaufbau bedarf es wacher<br />

Augen, die die Realität unverstellt wahrnehmen.<br />

Es bedarf aber auch Augen des<br />

Glaubens, die auch in der Ärmlichkeit<br />

einer versammelten Gemeinde den<br />

Reichtum und die Herrlichkeit Gottes<br />

sehen. Und zugleich Augen, die von Gottes<br />

Reichtum her die Armut der Gemeinde erkennen.<br />

Anders formuliert: Beides ist wichtig:<br />

Situationen annehmen zu können, so wie sie<br />

sind - aber sich auch nicht zufrieden geben<br />

damit, dass eine Gemeinde unter ihren<br />

Möglichkeiten, Begabungen und Berufungen<br />

lebt. Beides ist nötig: eine Gelassenheit, die<br />

geduldig auf Gottes Wirken wartet, und eine<br />

geistgewirkte Unruhe, die die anstehenden<br />

Aufgaben erkennt und anpackt. Wir brauchen<br />

das Gebet - und wir brauchen Mitarbeiter,<br />

die bereit sind, sich von Gott in Dienst<br />

nehmen zu lassen.<br />

Das Wesentliche am Gottesdienst können<br />

wir nicht machen: Dass der lebendige Gott<br />

in unseren Gottesdiensten gegenwärtig ist,<br />

dass er Menschen begegnet, dass er Glauben<br />

weckt und stärkt.<br />

Wie aber wirkt der Heilige Geist Er wirkt<br />

in der Regel nicht unmittelbar, sondern durch<br />

Werkzeuge, durch „Instrumente“. In Verbindung<br />

mit Wort und Sakrament kann alles, was<br />

irgendwie mit dem Gottesdienst zu tun hat,<br />

zum „Instrument“ werden, dessen sich der Heilige<br />

Geist bedient: Der Raum, die Atmosphäre,<br />

die Musik, die Personen der Mitwirkenden, die<br />

Gemeinde. Das alles möchte ich sehr ernst<br />

nehmen. Der Heilige Geist soll „Instrumente“<br />

vorfinden, die brauchbar und nützlich sind!<br />

Darf ich das am Bild von Musikinstrumenten<br />

noch etwas weiterführen Mir ist<br />

dabei wohl bewusst, dass instrumentum im<br />

Lateinischen eine weitere Bedeutung hat im<br />

Sinne von Werkzeug, Mittel. Der Heilige<br />

Geist kann mit ungepflegten und ungestimmten<br />

Instrumenten gute Musik<br />

machen. Das spricht für ihn, aber nicht<br />

für die, die die Aufgabe haben, die<br />

Instrumente zu pflegen und zu warten.<br />

Unsere Aufgabe als Instrumentenwarte<br />

Gottes ist die Instrumentenpfl ege: Die gottesdienstlichen<br />

Instrumente sollen im bestmöglichen<br />

Zustand sein, geputzt, gestimmt,<br />

bereit für den Konzertauftritt. Noch ein<br />

wenig weitergeführt: Wer den gottesdienstlichen<br />

Instrumentenpark der Heiligen Geistes<br />

wartet, der hat die Aufgabe, bisweilen<br />

alte Instrumente auszurangieren und neue<br />

anzuschaffen. Die Instrumente sollen sinnvoll<br />

zusammenpassen, ein wohlklingendes<br />

Orchester ergeben. Ein Orchester, das<br />

zur Erbauung der Gemeinde und zur Ehre<br />

Gottes spielt.<br />

16 17


Theologie des Gottesdienstes<br />

Dr. Eberhard Hahn – Studienleiter<br />

Ein Gesandter des<br />

römischen Kaisers, Plinius,<br />

trifft im Jahr 110 an<br />

der Südküste des Schwarzen<br />

Meeres auf Christen und berichtet<br />

seinem Dienstherrn, Kaiser Trajan, von<br />

seinen Erkundigungen: „Sie versammeln<br />

sich gewöhnlich an einem festgesetzten<br />

Tag vor Sonnenaufgang und singen<br />

Christus als ihrem Gott im Wechsel Lob;<br />

und verpfl ichten sich mit einem Eid,<br />

nicht etwa zu irgendeinem Verbrechen,<br />

sondern gerade zur Unterlassung von<br />

Diebstahl, Raub, Ehebruch, Treulosigkeit<br />

und Unterschlagung von anvertrautem<br />

Gut. Danach sei es bei ihnen Brauch gewesen,<br />

auseinanderzugehen und später<br />

wieder zusammenzukommen, um ein<br />

Mahl einzunehmen, allerdings ein ganz<br />

gewöhnliches und unschuldiges.“<br />

Das war für den Römer unübersehbar:<br />

Schon früh am Morgen kommen die<br />

Christen zusammen; mit Liedern preisen<br />

sie Christus als Gott; sie feiern miteinander<br />

das (Herren-)Mahl und wollen ein<br />

unanstößiges Leben führen.<br />

Plinius hat wesentliche Merkmale des<br />

christlichen Gottesdienstes entdeckt. Was<br />

er allerdings nicht wissen konnte: Das ist<br />

nur die eine Seite von Gottesdienst. Denn<br />

„Gottes-Dienst“ meint nicht nur unseren<br />

Dienst für Gott, sondern eben auch den<br />

Dienst Gottes an uns. Dabei kann es<br />

von der Heiligen Schrift her überhaupt<br />

keinen Zweifel geben: Das Entscheidende<br />

am christlichen Gottesdienst liegt in<br />

dem Wunder, dass Gott uns Menschen<br />

darin dient. Der allmächtige Gott lässt<br />

sich herab, um sich uns sündigen und<br />

schwachen Menschen gnädig zuzuwenden.<br />

Wo sich eine Gemeinde diesen<br />

Dienst gefallen lässt, wird sie befähigt,<br />

nun auch ihrerseits Gott zu dienen: Sie<br />

lobt ihn, sie hört auf seine Weisung, sie<br />

erbittet seine Hilfe. Dieser Dienst setzt sich<br />

über die gemeinsame Feier hinaus im<br />

Alltag fort. Die Begegnung mit Gott und<br />

seinem Heil gibt offene Augen, mutige<br />

Herzen, bereitwillige Beine und Hände,<br />

um anderen Menschen beizustehen.<br />

Dabei ist die richtige Reihenfolge von entscheidender<br />

Bedeutung: Am Anfang steht<br />

nicht die Aufgabe, sondern die Gabe:<br />

Gott beschenkt uns mit seiner Nähe, mit<br />

seiner Vergebung, mit seinem Geist. Wir<br />

pressen unser Lob nicht gezwungen aus<br />

uns heraus, sondern wir spiegeln lediglich<br />

seine Güte wider. Wir quälen uns nicht<br />

mit letzter Kraft zur Erfüllung des Liebesgebotes,<br />

sondern wir sind Kanäle der<br />

Liebe Gottes. Wo der Gottesdienst nicht<br />

im Zentrum der Gemeinde und des persönlichen<br />

Christenlebens steht, dort regiert<br />

bald Gesetzlichkeit, Krampf oder Zwang.<br />

Alles kommt darauf an, dass die Prioritäten<br />

richtig gesetzt werden.<br />

1. Gott dient uns.<br />

Der Gottesdienst hängt nicht an bestimmten<br />

Zeiten (z.B. Sonntagmorgen<br />

9.30 Uhr) oder an festgesetzten Orten (z.B.<br />

dem Kirchengebäude); Talar, Orgel oder<br />

Kanzel sind nicht grundlegend. Trotzdem<br />

spricht viel dafür, an einem vertrauten Ort<br />

und zu allgemein bekannter Stunde Gottesdienst<br />

zu halten; überkommene Formen<br />

können in jedem Fall hilfreich sein.<br />

Entscheidend jedoch ist, dass bei dieser<br />

Veranstaltung der Herr der Kirche zu Wort<br />

kommt. Nicht menschliche Vorstellungen<br />

über Gott und die Welt sind gefragt, sondern<br />

die Stimme des Guten Hirten. Zwar<br />

redet Jesus nicht sichtbar selbst. Aber die<br />

Verkündigung seines Wortes geschieht auf<br />

der Basis seiner Zusage an die Jünger:<br />

„Wer euch hört, der hört mich“ (Lk 10,16).<br />

Kein Verkündiger könnte es jemals wagen,<br />

Gottes Wort weitersagen zu wollen,<br />

wenn sein Dienst nicht von dieser Verheißung<br />

und diesem Auftrag getragen wäre.<br />

Darum aber hat jeder Prediger größte<br />

Sorge dafür zu tragen, dass er mit seinem<br />

Wort das Wort des Herrn nicht verdunkelt<br />

oder gar verfälscht. Denn durch das gepredigte<br />

Wort will Gott Heil schaffen. Dadurch<br />

sollen die großen Taten Gottes ins Gedächtnis<br />

gerufen werden: die Versöhnung<br />

mit Gott in Jesus Christus, aber auch seine<br />

Schöpfung und Erhaltung der ganzen Welt,<br />

seine Geschichte mit Israel. An Gottes<br />

Verheißungen soll erinnert werden: an die<br />

Vollendung seines Heils durch die Wiederkunft<br />

Christi; aber auch an seine fürsorgende<br />

Gegenwart im Leben der einzelnen<br />

Christen und seiner Gemeinde.<br />

Indem Gottes Wort verkündigt wird, übt<br />

es seine Wirkung aus: der Heilige Geist<br />

schließt Menschen das Herz auf, enthüllt<br />

ihnen ihre Sünde, lässt sie die Vergebung<br />

in Anspruch nehmen, vertreibt ihre Sorgen,<br />

festigt ihr Vertrauen und ihre Hoffnung.<br />

Doch es geschieht auch das Umgekehrte:<br />

Menschen verschließen sich gegenüber der<br />

Güte Gottes. Nicht nur der Glaube, auch<br />

der Unglaube ist Hinweis auf die Wirkung<br />

des Wortes Gottes.<br />

Was Gott uns zusagt und was unverrückbar<br />

gilt, das bringt uns das Abendmahl<br />

spürbar nahe: Die Erinnerung an Jesu<br />

Leiden und Sterben wird dadurch lebendig.<br />

Zugleich schenkt sich uns der erhöhte<br />

Herr mit all seinen Gaben. Er vergewissert<br />

uns, dass wir zu ihm und seiner Gemeinde<br />

gehören. Er weitet unseren Blick auf das<br />

kommende Mahl in seinem Reich.<br />

Gott dient uns: Alles kommt darauf an,<br />

dass wir im Gottesdienst diesen Dienst suchen<br />

und für uns in Anspruch nehmen. Damit<br />

kein Zweifel darüber erwachsen kann,<br />

was hier geschieht und wer der eigentliche<br />

Gastgeber ist, wird am Beginn klar gestellt:<br />

„Wir feiern diesen Gottesdienst im Namen<br />

Gottes, des Vaters und des Sohnes und des<br />

Heiligen Geistes.“ Denn vielfältig sind die<br />

Möglichkeiten, Gottes Dienst an uns aus<br />

den Augen zu verlieren: manche Formen<br />

sind alt; die Sprache ist teilweise langweilig<br />

oder schwierig zu verstehen; die Mitwirkenden<br />

verhalten sich oft allzu menschlich oder<br />

gar anstößig. Dessen ungeachtet will Gott<br />

genau dies: Uns dienen. Martin Luther hat<br />

deshalb ausdrücklich betont: Gott selbst ist<br />

es, der im Gottesdienst predigt, der tauft,<br />

der die Vergebung gewährt.<br />

2. Wir dienen Gott<br />

Unser wichtigster Dienst für Gott besteht<br />

darin, dass wir uns diesen Dienst Gottes<br />

an uns gefallen lassen. Wie das gemeint<br />

ist, macht die Fußwaschung Jesu in Joh 13<br />

deutlich: Es widerspricht unserem Verständnis,<br />

dass Jesus, der Meister, seinen Jüngern<br />

die Füße waschen und damit an ihnen den<br />

Dienst eines Sklaven verrichten soll. Genau<br />

das aber ist lebensnotwendig: „Wenn ich<br />

dich nicht wasche, so hast du kein Teil an<br />

mir“ (Joh 13,8) − so muss sich Petrus von<br />

Jesus erklären lassen, was hier geschieht.<br />

Wo wir uns aus Stolz oder falsch verstandener<br />

Demut den Dienst Gottes nicht gefallen<br />

18 19


lassen, dort bleiben wir von ihm getrennt.<br />

Das Entscheidende, das er dabei an uns<br />

tut, ist das: er reinigt uns von unseren<br />

Sünden. Wir ehren den allmächtigen Gott,<br />

indem wir uns von ihm beschenken lassen.<br />

Wer in dieser Weise von Gott beschenkt<br />

ist, der gehört nicht mehr sich selbst. Gottes<br />

überwältigender Gabe an uns entspricht<br />

unsere umfassende Hingabe an ihn. Auch<br />

diese fi ndet ihren Ausdruck im Gottesdienst:<br />

Zunächst geschieht dies im Bekenntnis<br />

unserer Sünde: wir erkennen und bekennen,<br />

dass wir nicht Gottes Ehre suchen,<br />

sondern unsere eigene; dass wir unsere<br />

eigenen Wege gehen, unseren eigenen<br />

Willen durchsetzen wollen. Wir bereuen<br />

dies und wenden uns ab vom Bösen, hin<br />

zu Gott.<br />

In der Hinwendung an Gott empfangen<br />

wir seine Vergebung: Wir preisen die umfassende<br />

Barmherzigkeit und Güte unseres<br />

Herrn, die uns „täglich alle Sünden reichlich<br />

vergibt“ (Luthers Auslegung des dritten<br />

Glaubensartikels). Dieser Lobpreis fi ndet<br />

seinen Ausdruck im Lied, im Gebet, im Bekenntnis<br />

des Glaubens.<br />

Der Dienst der Gemeinde schließt außerdem<br />

Bitte und Fürbitte ein: dass das<br />

Evangelium von Jesus Christus ausgebreitet<br />

werde; dass seine Kirche gefestigt und ermutigt<br />

werde, besonders dort, wo sie von<br />

innen oder außen angegriffen oder verführt<br />

wird; dass die Christen im Glauben gestärkt<br />

werden, gerade auch dann, wenn sie<br />

in Krankheit oder Leid auf die Probe gestellt<br />

werden; dass Gott auch weiterhin seine<br />

Schöpfung gegen alle Zerstörung und alles<br />

Chaos erhalten möge, bis er dann selbst<br />

die neue Welt schafft.<br />

Dienst für Gott meint jedoch nicht nur<br />

den Blick auf die Gegenwart. Vielmehr<br />

preist die Gemeinde Gott als den allmächtigen<br />

Vater von Ewigkeit zu Ewigkeit; sie<br />

betet ihn an als den Zuverlässigen, der zu<br />

seinem Wort steht und sein Werk zu einem<br />

wundervollen Abschluss bringt. Sie bittet<br />

darum, dass Jesus Christus wieder kommt<br />

und sein Reich sichtbar aufrichtet.<br />

Wir kommen her, um dich zu suchen –<br />

du hast schon lange uns gesucht.<br />

Wir hoffen sehr, dich hier zu finden –<br />

du fandest uns längst auf der Flucht.<br />

Wir sitzen hier, um dich zu loben –<br />

du schenkst uns selbst das Lied dazu.<br />

Wir haben vor, dir hier zu dienen,<br />

doch wer vor allem dient, bist du.<br />

Wir kommen, um auf dich zu hören –<br />

du machst uns erst die Ohren frei.<br />

Wir mühen uns, mit dir zu reden –<br />

du stehst noch unserm Stammeln bei.<br />

Wir möchten dir ein Opfer bringen,<br />

doch unsre Hand füllst du allein.<br />

Wir wollen unsre Zeit dir geben –<br />

du lädst zur Ewigkeit uns ein.<br />

Du dienst uns, auch wenn wir das<br />

nie ganz verstehn.<br />

Du dienst uns, du Gott,<br />

um den sich Welten drehn.<br />

Du dienst uns –<br />

wir lassen es voll Dank geschehn,<br />

und darum dienen nun auch wir<br />

mit Freuden dir.<br />

Manfred Siebald<br />

Abdruck mit freundlicher Genehmigung<br />

des Hänssler-Verlags, Holzgerlingen<br />

In diesem Gottesdienst ist die einzelne<br />

Gemeinde vor Ort keine kleine Sondergruppe.<br />

Vielmehr wird gerade hier die<br />

Verbindung zu allen anderen Gliedern am<br />

Leib Christi besonders anschaulich: Das<br />

Lob des einen Gottes verbindet Gemeinden<br />

in der ganzen Welt miteinander − über<br />

alle äußerlichen Trennungen von Raum,<br />

Sprache oder Kultur hinweg. Dass dies<br />

nicht nur „frommer Wunsch“, sondern vom<br />

Heiligen Geist gewirkte Realität ist, kann<br />

jeder erkennen, der bei Begegnungen von<br />

Christen aus verschiedenen Ländern dabei<br />

ist: Selbst wenn die meisten Sprachen der<br />

anderen unbekannt sind, ist unübersehbar,<br />

dass die gemeinsame Ausrichtung auf den<br />

einen Herrn die verbindende Grundlage<br />

aller darstellt. Hörbar wird diese Einheit<br />

beim Namen „Jesus Christus“ oder beim<br />

gemeinsamen „Halleluja“ und „Amen“.<br />

Über die weltweite Verbindung der heute<br />

lebenden Christen hinaus weitet der Gottesdienst<br />

unseren Blick für Gottes Ewigkeit,<br />

für den himmlischen Gottesdienst, der sich<br />

ohne Unterlass vor Gottes Thron vollzieht.<br />

In Hebr 12,22ff wird den Christen gesagt:<br />

„Ihr seid gekommen zu dem Berg Zion und<br />

zu der Stadt des lebendigen Gottes, dem<br />

himmlischen Jerusalem, und zu den vielen<br />

tausend Engeln, und zu der Versammlung<br />

und Gemeinde der Erstgeborenen, die<br />

im Himmel aufgeschrieben sind.“ Durch<br />

den Heiligen Geist werden wir mit diesem<br />

ewigen Gottesdienst verbunden und haben<br />

daran jetzt schon Anteil − selbst wenn<br />

unsere Ausdrucksformen noch sehr unzulänglich<br />

sind!<br />

3. Gott dient durch uns<br />

Obwohl im Zentrum des Gottesdienstes<br />

das steht, was Gott tut, so geschieht dies<br />

doch immer durch Menschen: sie predigen,<br />

taufen, teilen das Abendmahl aus.<br />

Ebenso ist alle Antwort darauf menschliche<br />

Antwort − im Bekenntnis, Lied, Gebet.<br />

Alles kommt jedoch darauf an, dass wir<br />

nicht am Vordergründigen stehenbleiben:<br />

Gottesdienste sind keine menschlichen Veranstaltungen;<br />

vielmehr will hier Gott selbst<br />

ans Werk und zu Wort kommen. Dabei<br />

gebraucht er Menschen, aber sie sind nicht<br />

die Initiatoren. Vor allem Gottesdienst der<br />

Gemeinde steht das, was Gott durch Jesus<br />

Christus für die Welt getan hat. Dies gilt<br />

nicht nur für den Gottesdienst am Sonntag,<br />

sondern auch für den Gottesdienst<br />

im Alltag: aller Dienst − für Gott und an<br />

Menschen − erfolgt aus dem Dienst Gottes<br />

an uns heraus. Darum gebührt nicht Menschen<br />

sondern ihm das Lob für alles, was in<br />

seinem Namen geschieht.<br />

Was Plinius vor Jahrhunderten beobachtet<br />

hat: Christen, die zusammen kommen,<br />

ihren Herrn loben, von ihm Wegweisung<br />

für ihr Leben erhalten, durch sein Mahl<br />

gestärkt werden und sich jetzt „mit Herzen,<br />

Mund und Händen“ in den Dienst ihres<br />

Gottes stellen – das macht bleibend den<br />

christlichen Gottesdienst aus.<br />

Die 7 Schwaben<br />

... hatten am 14. Februar zu ihrem Examensfest geladen.<br />

Nicht alle sind gebürtig aus dem Ländle, aber für<br />

Georg Steffens wird die Wahlheimat zur bleibenden<br />

Heimat: Er ist als Nordlicht in den pfarramtlichen Dienst<br />

der Württembergischen Kirche (Königsbronn) getreten.<br />

Zusammen mit ihm hat zum 1. März Markus Eißler<br />

(Weilheim/Teck) mit dem Vikariat begonnen. Karsten<br />

Beekmann wird die zweite Ausbildungsphase erst in<br />

einem halben Jahr antreten und in der Zwischenzeit<br />

als Tutor im ABH den Anfängerkonvent begleiten. Ihr<br />

Referendariat beginnen Karin Steinhilber und Alexandra<br />

Mannhardt. Als Dipl.Theol. kehrt Marika Schäfer in<br />

den Schuldienst zurück: an die Deutsche Schule in Neu<br />

Delhi/Indien. Juliane Simon, Diplomsozialpädagogin, ist<br />

bereits mitten im Missionspraktikum in Tansania.<br />

Vor dem Hintergrund einer zunehmend individualistischen<br />

Gesellschaft ist ein Blick auf den Familienstand<br />

unserer Abgänger nicht uninteressant: Vier unserer<br />

Examinierten sind verheiratet: Eißlers erwarten in diesen<br />

Tagen ihr drittes Kind. Die drei anderen haben ihren<br />

Partner fürs Leben im ABH kennengelernt.<br />

20 21


SchnupperTage<br />

22<br />

Wie begründen wir den biblischen Kanon<br />

Was macht eigentlich die Bibel zur Bibel Was<br />

für ein Prinzip steckt hinter der Sammlung der<br />

neutestamentlichen Schriften und warum können<br />

wir sie heute noch als Grundlage unseres<br />

Glaubens nehmen Darüber sprach in einem<br />

<strong>Haus</strong>vortrag der Dekan der Evangelisch-Theologischen<br />

Fakultät Tübingen Prof. Dr. Eilert Herms<br />

am 15. Januar.<br />

Von der Person zur Persönlichkeit<br />

Zum fünften Mal fand Mitte Februar das „Pastoral-<br />

und Personality-Training³ im ABH statt.<br />

Mittlerweile ist diese Persönlichkeitsschulung eine<br />

feste Institution des <strong>Bengel</strong>hauses geworden. In<br />

einer kleinen Gruppe werden die Herausforderungen<br />

des Pfarramts in den Blick genommen,<br />

heikle Themen und heiße Eisen angefasst und<br />

elementare Lebens- und Verhaltensregeln behandelt.<br />

Die Chance für Schüler<br />

der Oberstufe:<br />

Schnuppertage am<br />

1. und 2. <strong>Juni</strong> <strong>2004</strong><br />

im ABH<br />

für alle, die sich für ein<br />

Theologiestudium<br />

interessieren!<br />

Weitere Infos über das ABH im Internet<br />

unter: www.bengelhaus.de.<br />

Für Übernachtung ist gesorgt (Schlafsack<br />

und Iso-Matte bitte mitbringen).<br />

Die Kosten für Unterbringung und Verpfl<br />

egung übernimmt das ABH.<br />

Theologischer Austausch<br />

Der Februar und März sind für Theologen Konferenzmonate.<br />

Hier fi nden zahlreiche Tagungen<br />

für Theologen evangelikaler Ausbildungsstätten<br />

statt. So tagten z.B. die Facharbeitsgruppe Altes<br />

Testament in Hattingen und die FAG Neues Testament<br />

in Marburg (Bibelschule Tabor). Im ABH<br />

tagten die „Systematiker³ (Dozenten für Dogmatik<br />

und Ethik) und der Doktorandenkreis des<br />

AfeT (Arbeitskreis für evangelikale Theologie).<br />

Neben Vorträgen zu speziellen Forschungsthemen<br />

steht der Austausch über Literatur und theologische<br />

Entwicklungen im Vordergrund.<br />

Dienstag, 1. <strong>Juni</strong> <strong>2004</strong><br />

im ABH<br />

Bis 17.30 Uhr Anreise<br />

„Theologiestudium“ – was ist das<br />

eigentlich<br />

Ein Gesprächs- und Informationsabend<br />

rund um Theologie,<br />

Berufung und ABH<br />

Mittwoch, 2. <strong>Juni</strong> <strong>2004</strong><br />

Besuch von Vorlesungen an der<br />

Universität<br />

Rundgang durch Tübingen<br />

14.30 Uhr Abreise<br />

IHR SEID UNSERE GÄSTE!<br />

Anmeldungen ab sofort und bis<br />

spätestens 22. Mai <strong>2004</strong> an:<br />

A L B R E C H T- B E N G E L - H A U S<br />

L U D W I G - K R A P F - S T R A S S E 5<br />

7 2 0 7 2 T Ü B I N G E N<br />

T E L ( 0 7 0 7 1 ) 7 0 0 5 0<br />

F A X ( 0 7 0 7 1 ) 7 0 0 5 4 0<br />

I N F O @ B E N G E L H A U S . D E<br />

W W W. B E N G E L H A U S . D E<br />

HERZLICHE EINLADUNG ZUM<br />

THEOLOGISCHEN TAG<br />

SAMSTAG 8. MAI 2OO4<br />

WER OHNE SÜNDE IST ...<br />

FÜR DIE GEMEINDE<br />

9.30 Uhr Begrüßung und 1. Hauptreferat:<br />

„Gott, sei mir gnädig ...“<br />

Sünde und Vergebung nach Psalm 51<br />

(Hartmut Schmid)<br />

11.15 Uhr Seminare<br />

„Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein!“<br />

Schuld, Buße und Vergebung aus neutestamentlicher Sicht<br />

(Volker Gäckle)<br />

„Sobald das Geld im Kasten klingt ...“<br />

Verhängnisvolle Missverständnisse von Schuld und Sünde in der<br />

Theologiegeschichte (Joachim Kummer)<br />

„Wir sind alle kleine Sünderlein ...“<br />

Der (post)moderne Mensch und die Sünde (Rolf Hille)<br />

„Siehe, ich bin als Sünder geboren ...“<br />

Erbsünde – gibt‘s das wirklich (Eberhard Hahn)<br />

12.30 Uhr Mittagessen – Sie sind unsere Gäste<br />

13.30 Uhr 2. Hauptreferat:<br />

„Ich glaube die Vergebung der Sünden ...“ –<br />

Von Erkenntnis, Bekenntnis und Vergebung der<br />

Sünde (Eberhard Hahn)<br />

14.15 Uhr Was Sie schon immer mal wissen wollten! –<br />

Fragerunde mit den Lehrern des <strong>Bengel</strong>hauses<br />

15.00 Uhr Wort auf den Weg<br />

15.15 Uhr Ende<br />

A L B R E C H T - B E N G E L - H A U S<br />

T Ü B I N G E N<br />

L U D W I G - K R A P F - S T R A S S E 5<br />

7 2 0 7 2 T Ü B I N G E N<br />

T E L ( 0 7 0 7 1 ) 7 0 0 5 0<br />

W W W. B E N G E L H A U S . D E


Postvertriebsstück<br />

10403<br />

<strong>Albrecht</strong>-<strong>Bengel</strong>-<strong>Haus</strong><br />

Ludwig-Krapf-Str. 5<br />

72072 Tübingen<br />

Entgelt bezahlt<br />

Der Kreis schliesst sich...<br />

Christian Schwark mit Familie<br />

Pfarrer in Niederbiel (Wetzlar)<br />

Meine Zeit als “<strong>Bengel</strong>” ist nun schon über<br />

10 Jahre her. Aber immer noch profi tiere ich<br />

von den Erfahrungen, die ich im <strong>Bengel</strong>haus<br />

gemacht habe. Als Student wurde mir gerade<br />

durch die Beschäftigung mit bibelkritischen<br />

Ansätzen deutlich, dass ich der Bibel vertrauen<br />

möchte. Das war für mich auch ein<br />

Neuanfang mit Jesus. Es war mir damals eine<br />

große Hilfe, dass ich im <strong>Bengel</strong>haus Menschen<br />

gefunden haben, die mir Antworten<br />

auf meine Fragen gegeben haben. Was ich<br />

damals gelernt habe, prägt mich bis heute.<br />

Nach dem Studium konnte ich als Vikar und<br />

Pastor im Hilfsdienst bei Pfarrer Jürgen Blunck<br />

in Essen-Burgaltendorf (“Jesus-lebt-Kirche”)<br />

vieles über missionarischen Gemeindeaufbau<br />

lernen. In dieser Zeit hat Gott meiner Frau<br />

und mir zwei wunderbare Kinder geschenkt.<br />

Seit 1996 bin ich Pfarrer der Evangelischen<br />

Kirchengemeinde Niederbiel (bei Wetzlar). In<br />

der Gemeindearbeit sind neue Gottesdienste<br />

ein Schwerpunkt. Wir machen die Erfahrung,<br />

dass sich viele Menschen durch traditionelle<br />

Formen nicht mehr ansprechen lassen.<br />

Als Kirche haben wir zwei Möglichkeiten:<br />

Entweder beklagen wir, dass die Menschen<br />

heute nicht mehr kommen wollen. Oder wir<br />

gehen auf die Menschen zu. Z.B. durch neue<br />

Gottesdienstformen. Wohlgemerkt: neue<br />

Formen, nicht ein neues Evangelium. Unser<br />

Ziel ist, dass Menschen Jesus kennen lernen<br />

und mit ihm leben. Wir haben z.B. besondere<br />

Gottesdienste für junge Familien und das<br />

“Mittelalter”. Manchmal veranstalten wir Gottesdienste,<br />

die wir gemeinsam mit Vereinen<br />

vorbereiten. Die fi nden dann woanders statt,<br />

z.B. im Feuerwehr-Gerätehaus.<br />

Solche besonderen Gottesdienste sind oft ein<br />

besonderer “Glaubens-Test”. Da sitzt man in einer<br />

ganz kleinen Runde zusammen und denkt: Was<br />

kann daraus schon werden Sollen wir es nicht<br />

lieber lassen Aber wenn wir es im Vertrauen<br />

auf Gott riskieren, merken wir immer wieder: Er<br />

macht Großes aus unseren kleinen Anfängen. Wir<br />

staunen über die Gaben, die er schenkt. Gerade<br />

bei Leuten, denen man nicht so viel zutraut, kann<br />

man da viel erleben.<br />

Vor drei Jahren habe ich mich entschlossen,<br />

über das Thema “Gottesdienste für Kirchendistanzierte”<br />

zu promovieren. Ungewöhnlich für einen<br />

Pfarrer in einer ländlich geprägten Gemeinde,<br />

aber ich empfi nde das als Weg Gottes. In der Arbeit<br />

untersuche ich verschiedene Gottesdienstmodelle.<br />

Das gibt mir auch für die Gemeindearbeit<br />

viele gute Anregungen. Ich erlebe es als reizvolle<br />

Ergänzung, sich sowohl praktisch als auch theologisch<br />

mit dem Thema “Gottesdienst” zu beschäf-<br />

tigen. Im Wintersemester 2003/<strong>2004</strong> konnte ich<br />

während eines Studiensemsters im <strong>Bengel</strong>-<br />

haus wohnen. Auch diese<br />

Zeit war wieder sehr<br />

bereichernd für<br />

mich. So schließt<br />

sich der Kreis...

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