Brückenschlag nach Norden Seite 4 - Nordzucker AG

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30 Akzente Oktober 2008 • Treffpunkt Ministerpräsident Wulff begrüßt Wachstumskurs Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff würdigte Nordzucker in einem Gespräch mit dem Vorsitzenden des Nordzucker-Gesamtbetriebsrats, Wolfgang Wiesener, dessen Stellvertreter Dieter Woischke und dem für Public Affairs verantwortlichen Mitglied der Geschäftsleitung, Christian Kionka, als bedeutendes Unternehmen für Niedersachsen. Das Unternehmen sei mit der Zentrale in Braunschweig und vier Zuckerfabriken in Niedersachsen ein wichtiger Arbeitgeber und für viele tausend Rübenanbauer ein verlässlicher Partner. Der Ministerpräsident begrüßte den Wachstumskurs der Nordzucker nach der Reform der Zuckermarktordnung. Er sagte die Unterstützung der niedersächsischen Landesregierung zu, um durch Erhöhung des Marktanteils der Nordzucker in Europa die heimischen Standorte zu sichern und zu stärken. Standortvorteil Bahnanschluss In Königslutter arbeiteten 73 Jahre lang zwei Zuckerfabriken Im November 1849 baten die Kaufleute August Rühland und Hermann Jürgens aus Königslutter bei der herzoglichen Domänenkammer in Braunschweig um die Erlaubnis, eine Rübenzuckerfabrik in Königslutter zu gründen. Damit waren sie keineswegs die ersten, die sich in Königslutter um die Zuckerherstellung aus Rüben bemühten. Bereits 1787 hatte der Stadtphysikus Johann Dedekind hier Zucker aus Runkelrüben hergestellt. Weder in Braunschweig noch in Berlin fand Dedekind Gehör für seine Entdeckung. „Offizieller“ Erfinder der Christian Kionka, Wolfgang Wiesener und Dieter Woischke folgten der Einladung von Ministerpräsident Christian Wulff (2. von rechts) nach Hannover Im Gespräch mit Wolfgang Wiesener und Dieter Woischke interessierte sich der Ministerpräsident insbesondere für die Themen Sozialpartnerschaft, Europäischer Betriebsrat sowie Arbeitszeitregelungen im Kampagnebetrieb. Er äußerte sich kritisch zum Vorhaben des Zuckerfabrikation wurde der Berliner Franz Carl Archard, der ab 1802 die erste Zuckerfabrik in Cunern betrieb. 1850 holten die Kaufleute Versäumtes nach und starteten in der Zuckerfabrik Königslutter C.S. Rühland, Jürgens & Co. eine Probekampagne, in der 250 Zentner Rüben verarbeitet wurden. In den ersten Jahren war der Aktionär Amtsrat Cleve der größte Rübenlieferant. Anfangs bewirtschaftete die Fabrik eigene Felder. Innerhalb weniger Jahre stellten die Landwirte vermehrt auf Rübenanbau um. Voraus- Bundeslandwirtschaftsministers, eine Ampelkennzeichnung für Lebensmittel einzuführen. Christian Kionka bot die Unterstützung der Nordzucker bei der sachgerechten Information der Verbraucher über Zucker als Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung an. r Um die Höhenunterschiede der Gelände auszugleichen, benutzten beide Zuckerfabriken Seilbahnen für den Materialtransport setzung war der Ausbau der Chausseestraßen, der den Transport der Rüben im Herbst erst ermöglichte. Zwei Zuckerfabriken an einem Ort Nur sechs Jahre später, 1856, gründeten 70 Aktionäre eine zweite Zucker-

fabrik in Königslutter: Die Aktien- Zuckerfabrik Königslutter. Während bei kontinuierlicher Steigerung die Rühländische Fabrik stets etwa 5.000 Tonnen mehr verarbeiten konnte, lag die Aktien-Zuckerfabrik Königslutter verkehrsgünstiger. Bereits 1872, nach der Eröffnung der Bahnstrecke Helmstedt-Braunschweig, erhielt sie ein eigenes Anschlussgleis. Ebenso wichtig wie die beständige Steigerung der Verarbeitung war das Vertrauen der Aktionäre in ihre Fabriken. Besonders deutlich wurde das in den beiden Kampagnen der Rühländischen Zuckerfabrik von 1917 bis 1919. Liquidation nach negativen Ergebnissen Nach zwei Negativergebnissen in Folge, verursacht durch Kohlemangel in der einen Kampagne und einen vierwöchigen Maschinenschaden in der anderen, liquidierten die Aktionäre die Fabrik kurzer Hand. Die Fabrik lief dennoch auf Probe weiter und wurde 1920 neu gegründet. Im gleichen Jahr erhielt auch sie einen eigenen Bahnanschluss. Damit war der Standortvorteil der Aktien-Zuckerfabrik aufgehoben. Gemälde der Rühlandischen Zuckerfabrik, etwa um 1940 Aktie nach der Fusion der beiden Königslutter Zuckerfabriken 1929 Überlegungen über eine Fusion gab es lange, sprach doch vieles dafür. 1929 erfolgte der Beschluss, die Rühländische Zuckerfabrik, die bereits 1872 in Zuckerfabrik Königslutter AG umbenannt worden war, als die technisch modernere und kapazitätsstärkere weiter auszubauen und die Aktien- Zuckerfabrik am Bahnhof zu schließen. Die durchschnittliche Tagesverarbeitung stieg auf 690 Tonnen. Bis 1996 konnte sie auf 7.200 Tonnen gesteigert werden. 1930 erwarb die Fabrik das Rühländische Gut, von dem sie praktisch umschlossen war. Kriegszerstörung und Wiederaufbau ab 1949 Während eines Bombenangriffs im Januar 1944 wurden nicht nur Rübenkeller, Anschlussgleis und Kesselhaus zerstört. Schwerwiegender war der Tod von sieben Mitarbeitern. Der Wiederaufbau ab 1949 war ein Kraftakt und erforderte großes Vertrauen der Rübenlieferanten und Aktionäre, die ihr Rübengeld der Fabrik als Darlehen zur Verfügung stellten, um die Erneuerung von Dampfturbine, Kesselhaus und Kalkofen zu finanzieren. 1951 folgte die Umstellung auf Weißzucker mit der Abgabe von 500-Gramm- und Ein- Kilogramm-Packungen. Den Verkauf übernahm ab 1965 die „Norddeutsche Zucker GmbH“. Fusionen und Übernahmen bis zur Schließung 1998 Trotz der positiven Entwicklung auf dem Zuckermarkt nach dem Krieg nahm der Konkurrenzdruck weiter zu und förderte Zusammenschlüsse der norddeutschen Zuckergesellschaften. Bereits 1925 übernahm Königslutter die Rübenlieferungen der Zuckerfabrik Trendelbusch. Ihre Blättertrocknung kam nach Königslutter, wurde 1957 aufgekauft und geschlossen. Im gleichen Jahr übernahmen die Zuckerfabriken Königslutter, Schöppenstedt und Watenstedt je zu einem Drittel die Zuckerfabrik Söllingen, die wegen Auslastungschwierigkeiten schließen musste. 1972 erfolgte die Fusion mit der Zuckerfabrik Watenstedt, die 1975 stillgelegt wurde und schließlich fusionierten Twülpstedt und Königslutter 1985. Nur fünf Jahre später wurde Twülpstedt geschlossen. Erst 1992 schloß sich die Königslutter-Twülpstedt AG der Zucker Aktiengesellschaft Uelzen-Braunschweig an. Zeitgleich wurden die Rübenannahmestellen in Watenstedt und Twülpstedt geschlossen. 1998 endete mit der Stilllegung der Zuckerfabrik die lange Geschichte der Zuckerfabrikation in Königslutter. Heute erinnern Straßennamen an das frühere Fabrikgelände, das sich als Wohn- und Gewerbegebiet in das heutige Stadtbild integriert. Manuela Obermeier, freie Journalistin Birgit Rothe, Archiv Werk Uelzen 31 Akzente Oktober 2008 • Ehemalige Standorte

fabrik in Königslutter: Die Aktien-<br />

Zuckerfabrik Königslutter. Während<br />

bei kontinuierlicher Steigerung die<br />

Rühländische Fabrik stets etwa 5.000<br />

Tonnen mehr verarbeiten konnte, lag<br />

die Aktien-Zuckerfabrik Königslutter<br />

verkehrsgünstiger. Bereits 1872,<br />

<strong>nach</strong> der Eröffnung der Bahnstrecke<br />

Helmstedt-Braunschweig, erhielt sie<br />

ein eigenes Anschlussgleis. Ebenso<br />

wichtig wie die beständige Steigerung<br />

der Verarbeitung war das Vertrauen der<br />

Aktionäre in ihre Fabriken. Besonders<br />

deutlich wurde das in den beiden Kampagnen<br />

der Rühländischen Zuckerfabrik<br />

von 1917 bis 1919.<br />

Liquidation <strong>nach</strong> negativen Ergebnissen<br />

Nach zwei Negativergebnissen in<br />

Folge, verursacht durch Kohlemangel<br />

in der einen Kampagne und einen<br />

vierwöchigen Maschinenschaden in<br />

der anderen, liquidierten die Aktionäre<br />

die Fabrik kurzer Hand. Die Fabrik lief<br />

dennoch auf Probe weiter und wurde<br />

1920 neu gegründet. Im gleichen Jahr<br />

erhielt auch sie einen eigenen Bahnanschluss.<br />

Damit war der Standortvorteil<br />

der Aktien-Zuckerfabrik aufgehoben.<br />

Gemälde der Rühlandischen Zuckerfabrik, etwa um 1940<br />

Aktie <strong>nach</strong> der Fusion der beiden<br />

Königslutter Zuckerfabriken 1929<br />

Überlegungen über eine Fusion gab es<br />

lange, sprach doch vieles dafür. 1929<br />

erfolgte der Beschluss, die Rühländische<br />

Zuckerfabrik, die bereits 1872 in<br />

Zuckerfabrik Königslutter <strong>AG</strong> umbenannt<br />

worden war, als die technisch<br />

modernere und kapazitätsstärkere<br />

weiter auszubauen und die Aktien-<br />

Zuckerfabrik am Bahnhof zu schließen.<br />

Die durchschnittliche Tagesverarbeitung<br />

stieg auf 690 Tonnen. Bis 1996<br />

konnte sie auf 7.200 Tonnen gesteigert<br />

werden. 1930 erwarb die Fabrik das<br />

Rühländische Gut, von dem sie praktisch<br />

umschlossen war.<br />

Kriegszerstörung<br />

und Wiederaufbau ab 1949<br />

Während eines Bombenangriffs im<br />

Januar 1944 wurden nicht nur Rübenkeller,<br />

Anschlussgleis und Kesselhaus<br />

zerstört. Schwerwiegender war der<br />

Tod von sieben Mitarbeitern. Der<br />

Wiederaufbau ab 1949 war ein Kraftakt<br />

und erforderte großes Vertrauen der<br />

Rübenlieferanten und Aktionäre, die ihr<br />

Rübengeld der Fabrik als Darlehen zur<br />

Verfügung stellten, um die Erneuerung<br />

von Dampfturbine, Kesselhaus und<br />

Kalkofen zu finanzieren. 1951 folgte<br />

die Umstellung auf Weißzucker mit der<br />

Abgabe von 500-Gramm- und Ein-<br />

Kilogramm-Packungen. Den Verkauf<br />

übernahm ab 1965 die „Norddeutsche<br />

Zucker GmbH“.<br />

Fusionen und Übernahmen<br />

bis zur Schließung 1998<br />

Trotz der positiven Entwicklung auf<br />

dem Zuckermarkt <strong>nach</strong> dem Krieg<br />

nahm der Konkurrenzdruck weiter zu<br />

und förderte Zusammenschlüsse der<br />

norddeutschen Zuckergesellschaften.<br />

Bereits 1925 übernahm Königslutter<br />

die Rübenlieferungen der Zuckerfabrik<br />

Trendelbusch. Ihre Blättertrocknung<br />

kam <strong>nach</strong> Königslutter, wurde<br />

1957 aufgekauft und geschlossen. Im<br />

gleichen Jahr übernahmen die Zuckerfabriken<br />

Königslutter, Schöppenstedt<br />

und Watenstedt je zu einem Drittel<br />

die Zuckerfabrik Söllingen, die wegen<br />

Auslastungschwierigkeiten schließen<br />

musste. 1972 erfolgte die Fusion<br />

mit der Zuckerfabrik Watenstedt, die<br />

1975 stillgelegt wurde und schließlich<br />

fusionierten Twülpstedt und Königslutter<br />

1985. Nur fünf Jahre später wurde<br />

Twülpstedt geschlossen. Erst 1992<br />

schloß sich die Königslutter-Twülpstedt<br />

<strong>AG</strong> der Zucker Aktiengesellschaft<br />

Uelzen-Braunschweig an. Zeitgleich<br />

wurden die Rübenannahmestellen in<br />

Watenstedt und Twülpstedt geschlossen.<br />

1998 endete mit der Stilllegung<br />

der Zuckerfabrik die lange Geschichte<br />

der Zuckerfabrikation in Königslutter.<br />

Heute erinnern Straßennamen an<br />

das frühere Fabrikgelände, das sich<br />

als Wohn- und Gewerbegebiet in das<br />

heutige Stadtbild integriert.<br />

Manuela Obermeier, freie Journalistin<br />

Birgit Rothe, Archiv Werk Uelzen<br />

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