29.12.2014 Aufrufe

Inaugural-Dissertation - Kanzlei Dr. Erben

Inaugural-Dissertation - Kanzlei Dr. Erben

Inaugural-Dissertation - Kanzlei Dr. Erben

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Wettbewerbsverbote mit IT-Freiberuflern<br />

<strong>Inaugural</strong>-<strong>Dissertation</strong><br />

zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Rechte durch die<br />

Rechtswissenschaftliche Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität zu<br />

Münster<br />

vorgelegt von<br />

aus<br />

Meinhard <strong>Erben</strong><br />

Münster<br />

2001


Erster Berichterstatter:<br />

Prof. <strong>Dr</strong>. Thomas Hoeren<br />

Zweiter Berichterstatter:<br />

Prof. <strong>Dr</strong>. <strong>Dr</strong>. h. c. Wilfried Schlüter<br />

Dekan:<br />

Prof. <strong>Dr</strong>. Wolfram Timm<br />

Tag der mündlichen Prüfung: 18.07.01


Für Valerie<br />

V


Einleitung<br />

Vorwort<br />

Die Arbeit ist im Sommersemester 2001 von der Juristischen Fakultät der<br />

Westfälischen Wilhelms-Universität Münster als <strong>Dissertation</strong> angenommen<br />

worden.<br />

Ich danke meinem Doktorvater, Herrn Prof. <strong>Dr</strong>. Thomas Hoeren, für die<br />

Betreuung der Arbeit. Er ist mir bei dem Vorhaben hilfreich zur Seite gestanden<br />

und hat es mit wichtigen Vorschlägen, Anregungen und Kritik begleitet.<br />

Weiterhin danke ich Herrn Prof. <strong>Dr</strong>. <strong>Dr</strong>. h.c. Wilfried Schlüter für die<br />

Anfertigung des Zweitgutachtens.<br />

Mein Dank gilt ferner der Firma DV-ORG Team GmbH, Mönchengladbach.<br />

Diese habe ich im Laufe der vergangenen Jahre rechtsanwaltlich umfangreich<br />

im Rahmen des Themas der vorliegenden Arbeit beraten dürfen. Durch<br />

die Gespräche mit dem Prokuristen, Herrn Jochen Vieten, sind zahlreiche<br />

Erwägungen aus der Praxis heraus für die Arbeit entstanden. – Danke auch<br />

an all diejenigen, die es mir durch Übersendung von Urteilen zum Thema<br />

der vorliegenden Arbeit ermöglicht haben, bisher nicht veröffentlichte<br />

Rechtsprechung zu verwerten. Das gilt insbesondere für die Firma top itservices<br />

AG, Ottobrunn.<br />

Ich widme diese Arbeit in Liebe und Dankbarkeit meiner Ehefrau und meinen<br />

Eltern. Diese haben das Vorhaben stets unterstützt und nach Kräften gefördert,<br />

jene hat mir darüber hinaus die nötige Kraft, Ruhe und Energie erhalten,<br />

die erforderlich ist, um eine <strong>Dissertation</strong> durchzuführen. Ich widme<br />

diese Arbeit zudem meinen Kindern – mit herzlichem Dank für zahlreiche<br />

Stunden erholsamer Ablenkung!<br />

Nicht vergessen möchte ich meine Sekretärinnen, Frau Gabriele Leutz, Frau<br />

Margot Pistor und Frau Valentine Rauen. Jede von ihnen hat ihren Anteil an<br />

der Textverarbeitung zur Erstellung dieser Arbeit gehabt, alle haben geduldig<br />

sämtliche Streichungen oder Ergänzungen mitgemacht. Dafür vielen<br />

Dank.<br />

Schließlich danke ich meinem langjährigen Mentor, Herrn <strong>Dr</strong>. Christoph<br />

Zahrnt. Ohne ihn wäre diese Arbeit nicht möglich gewesen.<br />

Neckargemünd, im September 2001<br />

Meinhard <strong>Erben</strong><br />

VII


VIII


Einleitung<br />

Inhaltsübersicht<br />

Seite<br />

Vorwort........................................................................................................VII<br />

Inhaltsverzeichnis......................................................................................... XI<br />

Abkürzungsverzeichnis ............................................................................. XIX<br />

Literaturverzeichnis................................................................................... XXI<br />

Einleitung................................................................................................ XIX<br />

Teil 1 Das Wettbewerbsverbot unter besonderer Berücksichtigung<br />

der grundrechtlichen Interessenbewertung und<br />

der arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften ........................................... 5<br />

§ 1 Das Verhaltensmuster in der Praxis ..................................................... 7<br />

§ 2 Der Begriff „Wettbewerbsverbot“ ..................................................... 13<br />

§ 3 Der rechtliche Status des Freiberuflers.............................................. 17<br />

§ 4 Stellenwert der Freiberufler und der Unternehmensberatungen<br />

innerhalb der IT-Branche ................................................ 18<br />

§ 5 Vertragskonstellationen...................................................................... 19<br />

§ 6 Die Interessenbewertung unter besonderer Berücksichtigung<br />

der grundrechtlich geschützten Rechtspositionen ............................. 22<br />

§ 7 Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften.......................... 38<br />

Teil 2 Das Wettbewerbsverbot im Lichte der wettbewerbsrechtlichen<br />

und privatrechtlichen Regelungen sowie<br />

ausgewählte Probleme aus der Viererkonstellation.......................... 95<br />

§ 8 Verstoß gegen § 1 GWB .................................................................... 97<br />

§ 9 Verstoß gegen § 9 AGBG..................................................................110<br />

§ 10 Verstoß gegen § 138 BGB ................................................................118<br />

IX


§ 11 Zulässigkeit von Ausnahmen vom Verbot der<br />

geltungserhaltenden Reduktion........................................................ 136<br />

§ 12 Spezielle Fragen............................................................................... 145<br />

§ 13 Die Rechtsfolgenregelung: Vertragsstrafe ....................................... 151<br />

§ 14 Auslegung des Begriffs „Kunde“ im Wettbewerbsverbot ............... 167<br />

§ 15 Pflicht zur Weiterleitung und Recht zur Auferlegung eines<br />

Wettbewerbsverbots in der Viererkonstellation ............................... 170<br />

§ 16 Kumulatives Vorgehen zweier Unternehmensberatungen<br />

gegen den Freiberufler ..................................................................... 174<br />

§ 17 Die Strohmann-Problematik ............................................................ 177<br />

Ergebnisse................................................................................................ 185<br />

Stichwortverzeichnis .................................................................................. 187<br />

X


Einleitung<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Seite<br />

Vorwort........................................................................................................VII<br />

Inhaltsübersicht ............................................................................................ IX<br />

Abkürzungsverzeichnis ............................................................................. XIX<br />

Literaturverzeichnis................................................................................... XXI<br />

Einleitung................................................................................................ XIX<br />

Teil 1 Das Wettbewerbsverbot unter besonderer Berücksichtigung<br />

der grundrechtlichen Interessenbewertung und<br />

der arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften ........................................... 5<br />

§ 1 Das Verhaltensmuster in der Praxis................................................. 7<br />

A) Das Geschehen in der Praxis ............................................................... 7<br />

B) Die Rechtsunsicherheit in der Praxis................................................... 8<br />

I. Die Entscheidungen des OLG Düsseldorf und des OLG<br />

Nürnberg ....................................................................................... 8<br />

II. Zur Frage des Unrechtsbewusstseins beim Freiberufler............... 9<br />

C) Die Hintergründe in der Praxis ...........................................................11<br />

§ 2 Der Begriff „Wettbewerbsverbot“ ................................................. 13<br />

A) Kundenschutzvereinbarung als Unterfall eines<br />

Wettbewerbsverbots........................................................................... 13<br />

B) Branchenübliches Wettbewerbsverbot............................................... 15<br />

§ 3 Der rechtliche Status des Freiberuflers.......................................... 17<br />

§ 4 Stellenwert der Freiberufler und der Unternehmensberatungen<br />

innerhalb der IT-Branche........................................... 18<br />

§ 5 Vertragskonstellationen................................................................... 19<br />

A) <strong>Dr</strong>eierkonstellation und Viererkonstellation...................................... 19<br />

B) Auftreten des Freiberuflers als GmbH............................................... 20<br />

C) Der Prüfmaßstab beim Wettbewerbsverbot in der<br />

Viererkonstellation............................................................................. 20<br />

D) Nachvertragliches und vorvertragliches Wettbewerbsverbot ............ 21<br />

XI


§ 6 Die Interessenbewertung unter besonderer Berücksichtigung<br />

der grundrechtlich geschützten Rechtspositionen............... 22<br />

A) Interessen des Freiberuflers ............................................................... 22<br />

I. Übermäßige Benachteiligung des Freiberuflers ......................... 23<br />

II. Beeinträchtigung der Interessen des Endkunden........................ 25<br />

B) Interessen der Unternehmensberatung............................................... 26<br />

I. Absicherung der Akquisitionstätigkeit ....................................... 26<br />

II. Besonderheiten in der Viererkonstellation.................................. 27<br />

C) Wettbewerbsverbot als Ausgleich der Interessenkollision................. 28<br />

I. Die Vorgabe des BVerfG............................................................. 29<br />

II. Der Schutz der Grundrechte ....................................................... 30<br />

1. Schutzbereich des Art. 12 GG ............................................. 31<br />

2. Zum Schutzbereich des eingerichteten und ausgeübten<br />

Gewerbebetriebs ............................................................ 32<br />

a) Abwägung ................................................................... 32<br />

b) Ergebnis....................................................................... 33<br />

III. Bewertung der Interessenlage..................................................... 33<br />

1. Die Akquisitionsleistung der Unternehmensberatung ......... 35<br />

2. Zur Notwendigkeit eines angemessenen Ausgleichs........... 37<br />

D) Ergebnis ............................................................................................. 37<br />

§ 7 Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften .................... 38<br />

A) Verstoß gegen § 9 AÜG bzw. § 1 Abs. 2 AÜG i.V.m.<br />

§§ 134 BGB, 4 AFG .......................................................................... 39<br />

I. Voraussetzungen und Rechtsfolgen ............................................ 40<br />

II. Der Freiberufler als (Leih-)Arbeitnehmer i.S.d. AÜG ............... 40<br />

1. Verständnis der Branche ...................................................... 41<br />

2. Abgrenzung Freiberufler / Arbeitnehmer ............................ 42<br />

a) Persönliche Abhängigkeit des Freiberuflers<br />

aufgrund vertraglicher Regelungen............................. 42<br />

aa) Abschluss eines Rahmenvertrags auf unbestimmte<br />

Zeit / Einzelverträge mit Verlängerungsoption.......................................................<br />

43<br />

(1) Rahmenvertrag auf unbestimmte Zeit.................. 43<br />

(2) Vereinbarung einer Verlängerungsoption............. 43<br />

(3) Ergebnis................................................................ 44<br />

bb) Rahmenvertrag enthält lange<br />

Kündigungsfrist.................................................... 45<br />

cc) Bindung des Freiberuflers an Entwicklungs-<br />

und Dokumentationsrichtlinien................. 46<br />

XII


Einleitung<br />

dd) Verpflichtung zur Übertragung der Rechte<br />

an den Arbeitsergebnissen.................................... 47<br />

ee) Verpflichtung zur Vertraulichkeit......................... 47<br />

ff) Wettbewerbsverbot gleiche das Vertragsverhältnis<br />

einem Arbeitsverhältnis an.................. 48<br />

gg) Verpflichtung zum Ausfüllen von<br />

Tätigkeitsnachweisen ........................................... 49<br />

hh) Zahlung monatlicher Vergütung........................... 50<br />

ii) Freiberufler darf Unterauftragnehmer nicht<br />

oder nur mit Zustimmung der Unternehmensberatung<br />

einsetzen ....................................... 51<br />

jj) Auftreten des Freiberuflers im Namen der<br />

Unternehmensberatung ........................................ 52<br />

b) Persönliche Abhängigkeit aufgrund der Durchführung<br />

des Vertrags ................................................... 53<br />

aa) Freie Einteilung der Arbeitszeit /<br />

Ganztagsarbeit...................................................... 55<br />

bb) Freiberufler wird beim Endkunden tätig /<br />

Freiberufler bekommt Einsatzmittel<br />

gestellt .................................................................. 56<br />

cc) Mangelnde Erfolgsbezogenheit der<br />

Tätigkeit ............................................................... 58<br />

dd) Das arbeitsbezogene Weisungsrecht .................... 59<br />

c) Stellungnahme zu den Abgrenzungskriterien ............. 60<br />

aa) Zur Konkretisierung des arbeitsbezogenen<br />

Weisungsrechts..................................................... 61<br />

bb) Die Bandbreite der Tätigkeit des IT-<br />

Freiberuflers ......................................................... 62<br />

cc) Ziele des AÜG...................................................... 63<br />

(1) Abwägung ............................................................ 65<br />

(2) Ergebnis................................................................ 66<br />

III. Neuregelung zur Bekämpfung der Scheinselbständigkeit.......... 67<br />

1. Meinungsstand in der Literatur............................................ 67<br />

2. Stellungnahme...................................................................... 67<br />

IV. Ergebnis ...................................................................................... 69<br />

B) Verstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB mangels Zusage einer<br />

Karenzentschädigung......................................................................... 69<br />

I. Einführung .................................................................................. 70<br />

II. Wettbewerbsabrede i.S.d. § 74 Abs. 2 HGB............................... 71<br />

III. Keine unmittelbare Anwendbarkeit des § 74 Abs. 2 HGB ......... 73<br />

IV. Entsprechende Anwendbarkeit des § 74 Abs. 2 HGB ................ 74<br />

XIII


1. Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur................ 74<br />

2. Stellungnahme...................................................................... 80<br />

3. Vergleichbare Interessenlage ............................................... 80<br />

4. Abgrenzung Freiberufler / Arbeitnehmerähnliche<br />

Person................................................................................... 81<br />

a) Die Entscheidungen des LG Wuppertal und des<br />

OLG Düsseldorf.......................................................... 82<br />

b) Einstufung als arbeitnehmerähnliche Person .............. 86<br />

c) Wirtschaftliche Abhängigkeit des Freiberuflers.......... 86<br />

aa) 40-Stunden-Tätigkeit für die Unternehmensberatung<br />

....................................................... 87<br />

bb) Stellungnahme...................................................... 88<br />

cc) Sozialversicherungsrechtliche Neuregelung<br />

zum arbeitnehmerähnlichen Selbständigen.......... 89<br />

d) Soziale Schutzbedürftigkeit ........................................ 89<br />

aa) Eigener Ansatz ..................................................... 90<br />

(1) Der Eismann-Fall ................................................. 90<br />

(2) Eismann-Fall contra IT-Freiberufler .................... 91<br />

(3) Vergütung deckt Einhaltung des Wettbewerbsverbots<br />

ab.................................................... 92<br />

(4) Vergütung des Freiberuflers in Relation<br />

zum Einkommen des Festangestellten ................. 92<br />

bb) Zusammenfassung................................................ 93<br />

Teil 2 Das Wettbewerbsverbot im Lichte der wettbewerbsrechtlichen<br />

und privatrechtlichen Regelungen sowie<br />

ausgewählte Probleme aus der Viererkonstellation.......................... 95<br />

§ 8 Verstoß gegen § 1 GWB................................................................... 97<br />

A) Schutzzweck des § 1 GWB in Abgrenzung zu § 138 BGB............... 97<br />

B) Die Voraussetzungen des Kartellverbots ........................................... 98<br />

I. Freiberufler als „Unternehmen“ i.S.d. § 1 GWB........................ 98<br />

II. Wettbewerbsverhältnis zwischen Freiberufler und<br />

Unternehmensberatung ............................................................... 99<br />

1. Auftreten als Einheit .......................................................... 100<br />

2. Ergebnis ............................................................................. 100<br />

III. Spürbare Außenwirkung ........................................................... 101<br />

1. Zugang zum Markt im wettbewerbsrechtlichen Sinne ...... 101<br />

2. Keine Unersetzlichkeit des Freiberuflers........................... 103<br />

3. Austauschbarkeit in Einarbeitungszeit ist vom<br />

Endkunden gewollt ............................................................ 104<br />

XIV


Einleitung<br />

4. Ergebnis ............................................................................. 104<br />

IV. Entscheidung des LG Gießen ................................................... 104<br />

1. Der Vergleich mit der Unternehmensveräußerung ............ 105<br />

2. Unterscheidung nach dem „Anstoß“ des Wettbewerbsverstoßes<br />

............................................................... 106<br />

3. Ergebnis ............................................................................. 108<br />

C) Ungeschriebene Ausnahmetatbestände im Rahmen des<br />

§ 1 GWB .......................................................................................... 108<br />

I. Vergleich mit dem Gesellschaftsrecht....................................... 108<br />

II. Der Leistungsaustausch im Wettbewerbsverbot ....................... 109<br />

D) Ergebnis ............................................................................................110<br />

§ 9 Verstoß gegen § 9 AGBG................................................................110<br />

A) Verhältnis von § 9 AGBG zu § 74 Abs. 2 HGB................................111<br />

B) § 9 AGBG als lex specialis zu § 138 BGB .....................................111<br />

C) Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes...................................................112<br />

I. Leistungsaustausch i.S.d. § 8 AGBG.........................................113<br />

II. Notwendigkeit der Vorformulierung des Wettbewerbsverbots........................................................................................114<br />

1. Abwägung...........................................................................114<br />

2. Ergebnis ..............................................................................116<br />

D) Zum Prüfmaßstab von § 9 AGBG im Verhältnis zu<br />

§ 138 BGB ........................................................................................116<br />

§ 10 Verstoß gegen § 138 BGB ...............................................................118<br />

A) Spannungsfeld: Nichtigkeit de lege lata contra Rechtsgestaltung<br />

de lege ferenda ................................................................119<br />

B) Notwendige Einschränkungen ..........................................................119<br />

I. Rechtlich anerkennenswertes Interesse der<br />

Unternehmensberatung ............................................................. 120<br />

1. Das Risiko der Einarbeitungszeit....................................... 120<br />

2. Keine reine Maklertätigkeit ............................................... 121<br />

3. Sinn und Zweck des Wettbewerbsverbots ......................... 123<br />

4. Ausbeutung der Akquisitionsleistung ................................ 124<br />

5. Ergebnis ............................................................................. 125<br />

II. Zeitliche Einschränkung ........................................................... 125<br />

1. Zeitliche Beschränkung beim hauptvertraglichen<br />

Wettbewerbsverbot ............................................................ 126<br />

2. Geltung der Sperrfrist für länger als zwei Jahre<br />

zurückliegende Projekte..................................................... 127<br />

a) Pro und contra ........................................................... 127<br />

b) Resultat...................................................................... 128<br />

XV


XVI<br />

3. Zeitliche Grenze beim vorvertraglichen Wettbewerbsverbot....................................................................<br />

129<br />

III. Örtliche Einschränkung ............................................................ 129<br />

1. Örtliche Einschränkung kraft Auslegung........................... 130<br />

2. Stellungnahme.................................................................... 130<br />

IV. Sachliche (gegenständliche) Einschränkung ............................ 131<br />

1. Fehlen sachlicher Einschränkung ...................................... 132<br />

2. Der Fall des OLG München .............................................. 132<br />

3. Sachliche Beschränkung im Muster-Wettbewerbsverbot....................................................................<br />

133<br />

a) Spezialisierung des Freiberuflers.............................. 134<br />

b) Kurze Tätigkeit für einen Endkunden....................... 134<br />

c) Lange Tätigkeit für viele Endkunden........................ 135<br />

d) Freiberufler übt andere Tätigkeit beim<br />

Endkunden aus .......................................................... 135<br />

4. Ergebnis ............................................................................. 136<br />

§ 11 Zulässigkeit von Ausnahmen vom Verbot der geltungserhaltenden<br />

Reduktion.................................................................. 136<br />

A) Gründe für das grundsätzliche Verbot der geltungserhaltenden<br />

Reduktion ..................................................................... 137<br />

B) Anerkannte Ausnahmen................................................................... 137<br />

C) Eigener Ansatz ................................................................................. 138<br />

I. Wettbewerbsrechtliche Regelungen.......................................... 138<br />

II. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit ........................................... 139<br />

1. Bedeutung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit............... 139<br />

2. Besonderheit beim Wettbewerbsverbot zwischen IT-<br />

Unternehmensberatung und IT-Freiberufler ...................... 140<br />

III. Abwägung und Ergebnis........................................................... 141<br />

D) Geltungserhaltende Reduktion beim vorvertraglichen<br />

Wettbewerbsverbot .......................................................................... 143<br />

E) Objektive Auslegung contra geltungserhaltende Reduktion ........... 143<br />

§ 12 Spezielle Fragen ............................................................................. 145<br />

A) Keine ausdrückliche Regelung von Ausnahmefällen ...................... 146<br />

I. Abwägung................................................................................. 146<br />

II. Resultat ..................................................................................... 147<br />

B) Unklare Regelungen ........................................................................ 148<br />

I. Pro und contra........................................................................... 149<br />

II. Ergebnis .................................................................................... 150<br />

C) Zur Möglichkeit der Vereinbarung eines Abwerbungsverbots<br />

mit dem Endkunden ......................................................................... 150


Einleitung<br />

I. Für und Wider ........................................................................... 150<br />

II. Resultat ..................................................................................... 151<br />

§ 13 Die Rechtsfolgenregelung: Vertragsstrafe................................... 151<br />

A) Zahlung von DM 20.000,– als Mindestvertragsstrafe ..................... 152<br />

I. Mindestbetrag wird auch bei geringfügigen Verstößen<br />

fällig .......................................................................................... 152<br />

II. Vergleich mit der gesetzlichen Rechtsfolge:<br />

Schadensersatz .......................................................................... 153<br />

1. Berechnung des entgehenden Gewinns ............................. 153<br />

2. Abzug ersparter Aufwendungen ........................................ 154<br />

III. Ergebnis .................................................................................... 154<br />

B) Rechtsfolge bei unverhältnismäßig hoher<br />

Mindestvertragsstrafe....................................................................... 155<br />

I. Möglichkeit der Herabsetzung.................................................. 155<br />

II. Prozess- und Kostenrisiko des Freiberuflers ............................ 156<br />

III. Rechtsprechung zu § 343 BGB................................................. 156<br />

IV. Stellungnahme........................................................................... 157<br />

1. Pönaler Charakter der Vertragsstrafe ................................. 158<br />

2. Gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der<br />

Herabsetzung ..................................................................... 158<br />

3. Zusammenfassung ............................................................. 159<br />

C) Verpflichtung zur Zahlung von 20 % des erzielten Umsatzes<br />

über den Mindestbetrag der Vertragsstrafe hinaus........................... 159<br />

I. Deckungsgleichheit zwischen Vertragsstrafe und dem<br />

Betrag der Gewinnabschöpfung................................................ 160<br />

II. Stellungnahme........................................................................... 161<br />

D) Rechtsfolge enthalte unzulässige Regelung pauschalierten<br />

Schadensersatzes.............................................................................. 162<br />

E) Aufspaltung in Tatbestand und Rechtsfolge .................................... 163<br />

I. Die Regelung des § 343 BGB................................................... 163<br />

II. Pro und contra........................................................................... 164<br />

III. Ergebnis .................................................................................... 166<br />

§ 14 Auslegung des Begriffs „Kunde“ im Wettbewerbsverbot.......... 167<br />

A) Problematik...................................................................................... 167<br />

B) Stellungnahme.................................................................................. 168<br />

C) Ergebnis ........................................................................................... 169<br />

§ 15 Pflicht zur Weiterleitung und Recht zur Auferlegung eines<br />

Wettbewerbsverbots in der Viererkonstellation ......................... 170<br />

XVII


A) Weiterleitungspflicht der untergeordneten Unternehmensberatung............................................................................................<br />

170<br />

I. Abwägung................................................................................. 171<br />

II. Resultat ..................................................................................... 171<br />

B) Eigenständiges Wettbewerbsverbot der untergeordneten<br />

Unternehmensberatung .................................................................... 171<br />

I. Die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main....................... 172<br />

II. Stellungnahme........................................................................... 172<br />

§ 16 Kumulatives Vorgehen zweier Unternehmensberatungen<br />

gegen den Freiberufler .................................................................. 174<br />

A) Keine doppelte Inanspruchnahme aus der gleichen Handlung........ 174<br />

B) Freiberufler und Endkunde teilen doppelte Gewinn-Marge<br />

untereinander auf ............................................................................. 175<br />

C) Zwischenergebnis ............................................................................ 175<br />

D) Folgefragen und Resultat................................................................. 176<br />

§ 17 Die Strohmann-Problematik......................................................... 177<br />

A) Abwägung und materiellrechtliches Ergebnis ................................. 178<br />

B) Prozessrechtliche Problematik......................................................... 180<br />

I. Strohmann-Eigenschaft ist Frage der rechtlichen<br />

Würdigung ................................................................................ 181<br />

II. Beweiserleichterungen zugunsten der übergeordneten<br />

Unternehmensberatung ............................................................. 181<br />

C) Zusammenfassung ........................................................................... 183<br />

Ergebnisse................................................................................................ 185<br />

Stichwortverzeichnis .................................................................................. 187<br />

XVIII


Einleitung<br />

Abkürzungsverzeichnis<br />

Es werden ausschließlich die allgemein gebräuchlichen Abkürzungen verwendet.<br />

Deshalb wird auf ein eigenes Abkürzungsverzeichnis verzichtet.<br />

Maßgeblich ist das derzeit gültige Abkürzungsverzeichnis der Zeitschrift<br />

Betriebs-Berater.<br />

XIX


Einleitung<br />

Literaturverzeichnis<br />

Achterberg, Norbert, Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot in verfassungsrechtlicher<br />

Sicht, JZ 1975, 713<br />

Achterberg, Norbert, Verfassungswidrigkeit von Wettbewerbsverboten, JZ<br />

1976, 440<br />

AK-GG, Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland,<br />

2. Aufl., Neuwied 1989<br />

zitiert: AK-GG-Bearbeiter, Art., Rdnr.<br />

Angelis, Marco de, Ungeschriebene Wettbewerbsverbote für Gesellschafter<br />

im GmbH-Recht, <strong>Dissertation</strong>, Münster 1997<br />

Bauer, Jobst-Hubertus / Diller, Martin, Wettbewerbsverbote, 2. Aufl., München<br />

1999<br />

zitiert: Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rdnr.<br />

Baumbach, Adolf / Hopt, Klaus, Handelsgesetzbuch: mit Nebengesetzen<br />

(ohne Seerecht), Kommentar, 30. Aufl., München 2000<br />

zitiert: Baumbach/Hopt<br />

Baumbach, Adolf (Hrsg.), Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Kommentar,<br />

21. Aufl., München 1999<br />

zitiert: Baumbach-Bearbeiter, UWG, §, Rdnr.<br />

Baumgärtel, Gottfried, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, 2. Aufl.,<br />

Köln 1999<br />

zitiert: Baumgärtel, Beweislast, §, Rdnr.<br />

Baums, Theodor, Kartellverbot und gemeinsamer Zweck, JuS 1990, 608<br />

Baums, Theodor, GWB-Novelle und Kartellverbot, ZIP 1998, 233<br />

Bauer, Jobst-Hubertus / Diller, Martin, Zulässige und unzulässige Bedingungen<br />

in Wettbewerbsverboten, DB 1997, 94<br />

Bauer, Jobst-Hubertus / Diller, Martin / Lorenzen, Stefanie, Das neue Gesetz<br />

zur „Scheinselbständigkeit“, NZA 1999, 169<br />

Becker, Friedrich / Wulfgramm, Jörg, Kommentar zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz,<br />

3. Aufl., Neuwied 1985<br />

zitiert: Becker-Wulfgramm, AÜG, Rdnr. zu §<br />

Becker, Friedrich, Abgrenzung der Arbeitnehmerüberlassung gegenüber<br />

Werk- und Dienstverträgen, DB 1988, 2561<br />

Bechtold, Rainer, Kartellgesetz, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen,<br />

Kommentar, 2. Aufl., München 1999<br />

zitiert: Bechtold, GWB, §, Rdnr.<br />

Bernhard, W., Ausschließliche Bezugsverpflichtung bei Bierbezugsverträgen,<br />

Anmerkung zum Urteil des BGH vom 2.10.1969, WRP 1970, 241<br />

XXI


Böx, Ingolf Arno, Typik und Zulässigkeit von Wettbewerbsregeln (§ 28,<br />

Abs. 2 GWB), Göttingen 1974<br />

BGB-RGRK, Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung<br />

der Rechtsprechung, des Reichsgerichts und des BGH, Kommentar, herausgegeben<br />

von den Mitgliedern des BGH, 12. Aufl., Berlin 1974<br />

zitiert: BGB-RGRK-Bearbeiter, §, Rdnr.<br />

Bruse, Matthias, Zur Berücksichtigung Allgemeiner Geschäftsbedingungen<br />

bei der Sittenwidrigkeitskontrolle von Konsumentenkreditverträgen, BB<br />

1986, 478<br />

Buchner, Herbert, Scheinselbständige und arbeitnehmerähnliche Selbständige<br />

in der Sozialversicherung – Gesetz zu „Korrekturen in der Sozialversicherung“,<br />

DB 1999, 146<br />

Büsken, Rainer, Mandantenschutzklausel und Mandantenübernahmeklausel,<br />

MDR 1985, 899<br />

Bunte, Hermann-Josef, Anmerkung zum Urteil des BGH vom 28.4.1986,<br />

EWiR § 138 BGB 9/86, 1065<br />

Canaris, Claus-Wilhelm, Gesamtunwirksamkeit und Teilgültigkeit rechtsgeschäftlicher<br />

Regelungen, Festschrift für Steindorff, 1990, S. 517<br />

Canaris, Claus-Wilhelm, Grundrechtswirkungen und Verhältnismäßigkeitsprinzip<br />

in der richterlichen Anwendung und Fortbildung des Privatrechts,<br />

JuS 1989, 161<br />

Dauner-Lieb, Barbara, Der innerbetriebliche Fremdfirmeneinsatz auf<br />

Dienst- oder Werkvertragsbasis im Spannungsfeld zwischen AÜG und<br />

BetrVG, NZA 1992, 817<br />

<strong>Dr</strong>eier, Horst (Hrsg.), Grundgesetz: Kommentar, Tübingen 1996<br />

zitiert: Bearbeiter, in <strong>Dr</strong>eier (Hrsg.), GG, Art., Rdnr.<br />

Emmerich, Volker, Kartellrecht, 8. Aufl., München 1999<br />

Emmerich, Volker, Anmerkung zum Urteil des BGH vom 28.4.1986, JuS<br />

1987, 64<br />

Emmerich, Volker, Anmerkung zum Urteil des BGH vom 15.1.1987, JuS<br />

1987, 740<br />

Engel, Christoph, Eigentumsschutz für Unternehmen, AöR 1993, 169<br />

<strong>Erben</strong>, Meinhard, Wettbewerbsverbote mit Freiberuflern, CR 1999, 660<br />

<strong>Erben</strong>, Meinhard, Anmerkung zum Urteil des LG Wuppertal vom 15.6.1999,<br />

CR 2000, 358<br />

Erman, Walter, Bürgerliches Gesetzbuch: Handkommentar, herausgegeben<br />

von Harm Peter Westermann, 10. Aufl., Köln 2000<br />

zitiert: Erman-Bearbeiter, BGB, §, Rdnr.<br />

XXII


Einleitung<br />

Flume, Werner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 4. Aufl., Berlin<br />

1992<br />

zitiert: Flume, AT, §, Rdnr.<br />

Flume, Werner., Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Band 2, 4. Aufl.,<br />

Berlin 1992<br />

zitiert: Flume, AT II, §, Rdnr.<br />

FK, Frankfurter Kommentar zum GWB, herausgegeben von Glassen, Helmut<br />

/ Hahn, Helmut von / Kersten, Hans / Kolvenbach, Walter / Lehmann,<br />

Jürgen u. a., 3. Aufl., Köln 1993<br />

zitiert: Bearbeiter, in FK zum GWB<br />

Franßen, Everhardt, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Kommentar, (Loseblattausgabe),<br />

Karlsruhe 1974<br />

zitiert: Franßen-Bearbeiter, AÜG, Rdnr. zu §<br />

v. Gamm, Otto-Friedrich, Neuere Rechtsprechung zum Kartellverbot und<br />

zur Abgrenzung der zu einem gemeinsamen Zweck geschlossenen Verträge,<br />

NJW 1988, 1245<br />

Gaul, Björn, Neues zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot, DB 1995,<br />

874<br />

Gick, Dietmar, Gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung zwischen Verbot<br />

und Neugestaltung, Berlin 1984<br />

Grunewald, Benno, Der arbeitsrechtliche Abwicklungsvertrag – Alternative<br />

oder Ende des arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrages, NZA 1994, 441<br />

Grunsky, Wolfgang, Arbeitsgerichtsgesetz, Kommentar, 7. Aufl., München<br />

1995<br />

zitiert: Grunsky, ArbGG, Rdnr. zu §<br />

Grunsky, Wolfgang, Wettbewerbsverbote für Arbeitnehmer, 2. Aufl., Köln<br />

1987.<br />

zitiert: Grunsky, Wettbewerbsverbote<br />

Habersack, Matthias, Vertragsfreiheit und <strong>Dr</strong>ittinteressen. Eine Untersuchung<br />

zu den Schranken der Privatautonomie unter besonderer Berücksichtigung<br />

der Fälle typischerweise gestörter Vertragsparität, Berlin 1992<br />

Hager, Johannes, Gesetzes- und sittenkonforme Auslegung und Aufrechterhaltung<br />

von Rechtsgeschäften, München 1983<br />

Hager, Johannes, Anmerkung zum Rechtsentscheid des BGH vom<br />

11.1.1984, NJW 1984, 722<br />

Hager, Johannes, Die gesetzeskonforme Aufrechterhaltung übermäßiger<br />

Vertragspflichten, JuS 1985, 264<br />

Hager, Johannes, Der lange Abschied vom Verbot der geltungserhaltenden<br />

Reduktion, JZ 1996, 175<br />

XXIII


Handelsgesetzbuch, Gemeinschaftskommentar, herausgegeben von Ensthaler,<br />

Jürgen, begründet von Bandasch, Georg, 6. Aufl., Neuwied 1999<br />

zitiert: Bearbeiter, in HGB, Gemeinschaftskommentar, §, Rdnr.<br />

GK-HGB, Handelsgesetzbuch, Großkommentar, begründet von Staub, Hermann,<br />

4. Aufl., herausgegeben von Canaris, Claus-Wilhelm / Schilling,<br />

Wolfgang / Ulmer, Peter, Erster Band, Berlin 1995<br />

zitiert: Bearbeiter, in GK-HGB, §, Rdnr.<br />

HK-HGB, Heidelberger Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Glanegger,<br />

Peter / Güroff, Georg / Kusterer, Stefan / Niedner, Jochen / Peuker, Monika<br />

/ Ruß, Werner / Selder, Johannes / Stuhlfelner, Ulrich, 5. Aufl., Heidelberg<br />

1999<br />

zitiert: Bearbeiter, in HK-HGB<br />

Heinrichs, Helmut, Anmerkung zum Urteil des BGH vom 15.1.1987, EWiR,<br />

§ 138 BGB 5/87, 437<br />

Heussen, Benno / Breidenbach, Stephan (Hrsg.), Handbuch Vertragsverhandlung<br />

und Vertragsmanagement – Planung, Verhandlung, Design und<br />

Durchführung von Verträgen, Köln 1997<br />

zitiert: Bearbeiter, in Heussen/Breidenbach, (Hrsg.), Handbuch, Rdnr.<br />

Heymann, Ernst / Emmerich, Volker, Handelsgesetzbuch (ohne Seerecht):<br />

Kommentar, Band 1, Erstes Buch, Berlin 1989<br />

zitiert: Heymann/Emmerich, HGB, §, Rdnr.<br />

Hirte, Heribert, Zivil- und kartellrechtliche Schranken für Wettbewerbsverbote<br />

im Zusammenhang mit Unternehmensveräußerungen, ZHR 1990,<br />

443<br />

Hohmeister, Frank, Scheinselbständige und arbeitnehmerähnliche Selbständige<br />

in der Sozialversicherung, NZA 1999, 337<br />

Hönn, Günther, Wirksamkeitskontrolle als Instrument des allgemeinen Privatrechts<br />

zur Bewältigung von Ungleichgewichtslagen, JZ 1983, 683<br />

Hoeren, Thomas, Auf der Suche nach dem iustum pretium: Der gesetzliche<br />

Vergütungsanspruch im Urhebervertragsrecht, MMR 2000, 449<br />

Hoeren, Thomas / Queck, Robert, (Hrsg.), Rechtsfragen der Informationsgesellschaft,<br />

Berlin 1999<br />

Hootz, Christian, Anmerkung zum Beschluss des BGH vom 4.10.1988, BB<br />

1986, 2010<br />

Hoß, Axel, Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot während des<br />

Kündigungsschutzprozesses und im Aufhebungsvertrag, DB 1997, 1818<br />

von Hoyningen-Huene, Gerrick, Subunternehmervertrag oder illegale<br />

Arbeitnehmerüberlassung, BB 1985, 1669<br />

Hromadka, Wolfgang, Arbeitnehmerbegriff und Arbeitsrecht – Zur Diskussion<br />

um die „neue Selbständigkeit“, NZA 1997, 569<br />

XXIV


Einleitung<br />

Hübner, Heinz, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches, 2. Aufl.,<br />

Berlin 1996<br />

zitiert: Hübner, AT<br />

Hueck, Alfred / Nipperdey, Hans Carl, Lehrbuch des Arbeitsrechts, II, 7.<br />

Aufl., Frankfurt am Main 1967<br />

zitiert: Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht, §<br />

Idemann-Steinberg, Anmerkung zum Urteil des BAG vom 13.9.1969, NJW<br />

1970, 626<br />

Immenga, Ulrich / Mestmäcker, Ernst-Joachim, (Hrsg.), Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen,<br />

Kommentar von Emmerich, Volker, 2. Aufl.,<br />

München 1992<br />

zitiert: Bearbeiter, in Immenga/Mestmäcker, GWB, §, Rdnr.<br />

Jarass, Hans D. / Pieroth, Bodo, Grundgesetz für die Bundesrepublik<br />

Deutschland: Kommentar, 5. Aufl., München 2000<br />

zitiert: Jarass/Pieroth, GG, Art., Rdnr.<br />

Jauernig, Othmar, (Hrsg.), BGB mit Gesetz zur Regelung des Rechts der<br />

Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Kommentar, 9. Aufl., München<br />

1999<br />

Kaiser, Bernd, Die Vertragsstrafe im Wettbewerbsrecht, Köln 1999<br />

Kilian, Wolfgang / Heussen, Benno, Computerrechts-Handbuch, Computertechnologie<br />

in der Rechts- und Wirtschaftspraxis, München, 1995 (Loseblattsammlung)<br />

zitiert: Bearbeiter, in Kilian/Heussen, ComHdB – Kap., Rdnr.<br />

Klaas, Christoph, Anmerkung zum Urteil des BGH vom 29.01.1988, EwiR,<br />

§ 1090 BGB, 1/88, 465<br />

Kohler, Joseph / Ring, Viktor / (ab Band 8) Oertmann, Paul, Archiv für bürgerliches<br />

Recht, Berlin 1889<br />

Köhler, Helmut / Piper, Henning, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb<br />

mit Zugabeverordnung, Rabattgesetz und Preisangabenverordnung,<br />

Kommentar, München 1995<br />

zitiert: Köhler/Piper, GWB, §, Rdnr.<br />

Köhler, Helmut, Wettbewerbsverbote bei Veräußerung und Stilllegung von<br />

Unternehmen in kartellrechtlicher Sicht, ZHR 148, 487<br />

KR, Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz und zu sonstigen<br />

kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften, herausgegeben von Becker,<br />

Friedrich, Redaktion Etzel, Gerhard, 5. Aufl., Neuwied 1998<br />

zitiert: KR-Bearbeiter, Stichwort, Rdnr.<br />

XXV


Küttner, Wolfdieter (Hrsg.), Personalbuch 2000, Arbeitsrecht, Lohnsteuerrecht,<br />

Sozialversicherungsrecht, 7., Aufl., München 2000<br />

zitiert: Küttner-Bearbeiter, Personalbuch 2000, Stichwort, Rdnr.<br />

Kunz, Jürgen, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und Wettbewerbsverbot<br />

während der Dauer und nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses,<br />

DB 1993, 2482<br />

Laband, Paul, Die neuere Litteratur über die Gewerbeordnung, DJZ 1899,<br />

254<br />

Lammel, Siegbert, Vertragsfreiheit oder Wirtschaftsfreiheit – Zur Teilnichtigkeit<br />

von Wettbewerbsabreden, AcP 189, 244<br />

Lammel, Siegbert, Das Verbot der Kartelle durch § 138 BGB – eine verpaßte<br />

Gelegenheit – ZNR 1987, 51<br />

Lehmann, Michael (Hrsg.), Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen,<br />

2. Aufl., Köln 1993<br />

zitiert: Bearbeiter, in Lehmann, (Hrsg.), Rechtsschutz, Ordnungsziffer,<br />

Rdnr.<br />

Leitner, Ulrich, Arbeitnehmerüberlassung in der Grauzone zwischen Legalität<br />

und Illegalität, <strong>Dissertation</strong> Bayreuth 1990<br />

Leitner, Ulrich, Abgrenzung zwischen Werkvertrag und Arbeitnehmerüberlassung,<br />

NZA 1991, 293<br />

Leuchten, Alexius / Zimmer, Mark, Das neue Gesetz zur „Scheinselbständigkeit“<br />

– Probleme in der Praxis, DB 1999, 381<br />

Lindacher, Walter F., Grundsätzliches zu § 138 BGB – Zur Frage der Relevanz<br />

subjektiver Momente, AcP 173, 124<br />

v. Mangoldt, Hermann / Klein, Friedrich / Starck, Christian (Hrsg.), Das<br />

Bonner Grundgesetz: Kommentar, 4. Aufl., München 1999<br />

zitiert: Bearbeiter, in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art., Rdnr.<br />

Maunz, Theodor / Dürig, Günter, Grundgesetz, Kommentar, München (Loseblattausgabe)<br />

zitiert: Bearbeiter, in Maunz/Dürig, GG, Art., Rdnr.<br />

Mayer, Dieter, Wettbewerbsklauseln in Personengesellschaftsverträgen,<br />

NJW 1991, 23<br />

Medicus, Dieter, Anmerkung zum Urteil des BGH vom 08.04.1988, EWiR,<br />

§ 138 BGB, 15/88, 749<br />

Mestmäcker, Ernst-Joachim, Der verwaltete Wettbewerb, Tübingen 1984<br />

Melullis, Klaus-J., Zu Zulässigkeit und Wirksamkeit von Wettbewerbsverboten<br />

anlässlich von Vereinbarungen über das Ausscheiden eines Gesellschafters,<br />

WRP 1994, 686<br />

XXVI


Einleitung<br />

von Mettenheim, Christoph, Methodologische Gedanken zur geltungserhaltenden<br />

Reduktion im Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen, Festschrift<br />

für Piper, 1996, S. 950<br />

Michalski, Lutz, Das Gesellschafts- und Kartellrecht der berufsrechtlich<br />

freien Berufe, Köln 1989<br />

Michalski, Lutz, Die Anwendbarkeit des Kartellverbots (§ 1 GWB) auf<br />

Wettbewerbsverbote in Austauschverträgen, BB 1991, 1875<br />

Michalski, Lutz / Römermann, Volker, Die Wirksamkeit der salvatorischen<br />

Klausel, NJW 1994, 886<br />

Mölling, Peter, Geheimnisschutzklausel und nachvertragliche<br />

Wettbewerbsverbote im Sinne der §§ 74 ff. HGB, <strong>Dissertation</strong>, Bielefeld<br />

Münchener 1991 Handbuch zum Arbeitsrecht, herausgegeben von Richardi,<br />

Reinhard / Wlotzke, Otfried, München 1992<br />

zitiert: MüKo-ArbR-Bearbeiter, §, Rdnr.<br />

Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 1, 3. Aufl.<br />

1992, München<br />

zitiert: Bearbeiter in MüKo-BGB, §, Rdnr.<br />

Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Band 1, herausgegeben<br />

von Schmidt, Karsten, München, 1996; Band 7 – Redaktion Basedow,<br />

Jürgen, München 1997<br />

zitiert: Bearbeiter, in MüKo-HGB, §, Rdnr.<br />

Oertmann, Paul, (Hrsg.), Bernhard Windscheid, Gesammelte Reden und<br />

Abhandlungen, Leipzig 1904 (Neudruck 1998)<br />

Ossenbühl, Fritz, Staatshaftungsrecht, 4. Aufl., München 1991<br />

zitiert: Ossenbühl, Staatshaftungsrecht<br />

Palandt, Otto, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 59. Aufl., München<br />

2000<br />

zitiert: Palandt-Bearbeiter, §, Rdnr.<br />

Pelster, Hans-Georg, Wettbewerbsverbote in<br />

Unternehmensveräußerungsverträgen nach EG-Recht, Frankfurt am Main<br />

Pieroth, 1992 Bodo / Schlink, Bernhard, Grundrechte, 13. Aufl., Heidelberg 1997<br />

zitiert: Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr.<br />

Raiser, Ludwig, Hundert Jahre deutsches Rechtsleben, Festschrift Deutscher<br />

Juristentag 1960, S. 101<br />

Rand, Ayn, Atlas Shrugged, 35 th Anniversary Edition, New York 1999<br />

Rebe, Bernd, Privatrecht und Wirtschaftsordnung – Zur vertragsrechtlichen<br />

Relevanz der Ordnungsfunktion dezentraler Interessenkoordination in der<br />

Wettbewerbswirtschaft, Bielefeld 1978<br />

XXVII


Reinfeld, Roland, Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot im Arbeits- und<br />

Wirtschaftsrecht, Heidelberg 1993<br />

Reiserer, Kerstin, Schluss mit dem Missbrauch der Scheinselbständigkeit,<br />

BB 1999, 366<br />

Richardi, Reinhard, „Scheinselbständigkeit“ und arbeitsrechtlicher Arbeitnehmerbegriff,<br />

DB 1999, 858<br />

Ring, Gerhard, Wettbewerbsrecht der freien Berufe, Baden-Baden 1989<br />

zitiert: Ring, Wettbewerbsrecht<br />

Röhricht, Volker / Graf von Westphalen, Friedrich, (Hrsg.), Handelsgesetzbuch,<br />

Kommentar, Köln 1998<br />

zitiert: Bearbeiter, in Röhricht/v. Westphalen, HGB, §, Rdnr.<br />

Römermann, Volker, Nachvertragliche Wettbewerbsverbote bei Freiberuflern,<br />

BB 1998, 1489<br />

Sachs, Michael, (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, München 1996<br />

zitiert: Bearbeiter, in Sachs (Hrsg.), GG, Art., Rdnr.<br />

Salger, Hanns-Christian, Anmerkung zum Urteil des BGH vom 14.7.86,<br />

WuB IV.A, § 138 BGB 1.87<br />

Sandmann, Georg / Marschall, Dieter, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz,<br />

Kommentar (Loseblattausgabe), Neuwied 1998<br />

zitiert: Sandmann/Marschall, AÜG, §, Nr.<br />

Sandrock, Otto, Subjektive und objektive Gestaltungskräfte bei der Teilnichtigkeit<br />

von Rechtsgeschäften – Ein Beitrag zur Auslegung von § 139<br />

BGB, AcP 159, 481<br />

Schaub, Günter, Arbeitsrecht von A – Z, 15. Aufl., München 1998<br />

Schiefer, Bernd / Worzalla, Michael / Will, Patricia, Arbeits-, sozial und<br />

lohnsteuerrechtliche Änderungen 1999: Umsetzung und Handhabung in<br />

der betrieblichen Praxis, Neuwied 1999<br />

zitiert: Bearbeiter, in Schiefer/Worzalla/Will, Arbeits-, sozial- und<br />

lohnsteuerrechtliche Änderungen 1999, Rdnr.<br />

Schlegelberger, Franz (Begr.) / Geßler, Ernst (Hrsg.), HGB, Kommentar, 5.<br />

Aufl., München 1972<br />

zitiert: Schlegelberger-Bearbeiter, HGB, §, Rdnr. 35<br />

Schlosser, Peter / Coester-Waltjen, Dagmar / Graba, Hans-Ulrich, Kommentar<br />

zum Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen,<br />

Bielefeld 1977<br />

zitiert: Bearbeiter, in Schloster-Waltjen/Graba, AGB-Gesetz, §, Rdnr.<br />

Schmidt-Bleibtreu, Bruno / Klein, Franz, Kommentar zum Grundgesetz, 9.<br />

Aufl., Neuwied 1999<br />

zitiert: Bearbeiter, in Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Art., Rdnr.<br />

XXVIII


Einleitung<br />

Schmidt, Karsten, Kartellverfahrensrecht – Kartellverwaltungsrecht – Bürgerliches<br />

Recht – Kartellrechtspflege nach deutschem Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen,<br />

Köln 1977<br />

zitiert: Schmidt, Kartellverfahrensrecht<br />

Schmidt-Futterer, Wolfgang, Die neuen Vorschriften über den Mietwucher in<br />

straf- und zivilrechtlicher Sicht, JR 1972, 133<br />

Schneider, Jochen, Praxis des EDV-Rechts: Recht der Beschaffung, des Betriebs,<br />

der Wartung und Pflege von Computeranlagen und -programmen,<br />

insb. EDV-Vertragsrecht, 2. Aufl., Köln 1997<br />

zitiert: Schneider, Handbuch des EDV-Rechts, Ordnungsbuchstabe, Rdnr.<br />

Schubel, Hans Dietrich / Engelbrecht, Georg, Kommentar zum Gesetz über<br />

die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung, Heidelberg, 1973<br />

zitiert: Schubel/Engelbrecht, AÜG, Rdnr. zu §<br />

Schüren, Peter, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz: Kommentar, München,<br />

1994<br />

zitiert: Schüren, AÜG, §, Rdnr.<br />

Schwarz, Günter Christian, Anmerkung zum Urteil des BGH vom<br />

20.03.1984, BB 1984, 1826<br />

Soergel, Hans Theodor, (Hrsg.), Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetz<br />

und Nebengesetzen, Kommentar, Band 1, Allgemeiner Teil (§§ 1–<br />

240), Haustür-WiderrufG, 12. Aufl., Stuttgart, 1987 ff.<br />

zitiert: Soergel-Bearbeiter, BGB, §, Rdnr.<br />

Spitzbarth, Reimar, Wettbewerbsverbote bei den freien Berufen, NJW 1954,<br />

453<br />

Staudinger, Julius, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz<br />

und Nebengesetzen, Buch 1, Allgemeiner Teil, §§ 134–163,<br />

13. Aufl., Berlin 1993 ff.<br />

zitiert: Staudinger-Bearbeiter, BGB, §, Rdnr.<br />

Steindorff, Ernst, Bezugsbindungen und gemeinsamer Zweck i.S.d. § 1<br />

GWB, BB 1981, 377<br />

Stree, Walter, Anmerkung zum Beschluss des OLG Hamburg vom<br />

19.2.1954, NJW 1954, 1026<br />

Tiedtke, Klaus, Teilnichtigkeit eines sittenwidrigen Rechtsgeschäfts, ZIP<br />

1987, 1089<br />

Timm, Wolfram, Handels- und Wirtschaftsrecht, I, 2. Aufl., München 1999<br />

Timm, Wolfram, Handels- und Wirtschaftsrecht, II, Münster 1994<br />

Traub, Fritz, „Geltungserhaltende Reduktion“ bei nichtigen vertraglichen<br />

Wettbewerbsverboten, WRP 1994, 802<br />

XXIX


Ulber, Jürgen, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Arbeitnehmer-Entsendegesetz,<br />

Frankfurt am Main, 1998<br />

zitiert: Ulber, AÜG, Orndungsziffer, Rdnr.<br />

Ulmer, Peter, Wettbewerbsverbot in Unternehmensveräußerungsverträgen,<br />

NJW 1979, 1585<br />

Ulmer, Peter, Teilunwirksamkeit von teilweise unangemessenen AGB-<br />

Klauseln, NJW 1981, 2028<br />

Ulmer, Peter, Die kartellrechtliche Beurteilung von Wettbewerbsverboten<br />

bei Unternehmensveräußerung, NJW 1982, 1975<br />

Ulmer, Peter, Offene Fragen zu § 139 BGB, Festschrift für Steindorff, 1990,<br />

S. 799<br />

Ulmer, Peter / Brandner, Erich / Hensen, Horst-Diether, AGB-Gesetz, 8.<br />

Aufl., Köln 1997<br />

zitiert: Bearbeiter, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, §, Rdnr.<br />

Wank, Rolf, Die „neue Selbständigkeit“, DB 1992, 90<br />

Wernicke, Konrad, Die Rückführung überlanger Wettbewerbsverbote in der<br />

BGH-Rechtsprechung, BB 1990, 2209<br />

Wilhelm, Jan, Der gemeinsame Zweck als Merkmal des Kartellverbots wie<br />

der daran anknüpfenden Verbote, ZHR 150, 86<br />

Witte, Inhaltskontrolle und deren Rechtsfolgen im System der Überprüfung<br />

Allgemeiner Geschäftsbedingungen, <strong>Dissertation</strong>, Münster 1983<br />

Wolf, Manfred, Inhaltskontrolle von Sicherungsgeschäften, Festschrift für<br />

Baur 1981, S. 147<br />

Wolff, Max, Probleme freiberuflicher Tätigkeit in abhängiger Stellung, Köln<br />

1974<br />

Wolff, Manfred / Horn, Norbert / Lindacher, Walter F., AGB-Gesetz, Gesetz<br />

zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Kommentar,<br />

4. Aufl., München 1999<br />

zitiert: Bearbeiter, in Wolff/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, § Rdnr.<br />

Zahrnt, Christoph, DV-Rechtsprechung, Band 3, München 1989<br />

Zahrnt, Christoph, Anmerkung zum Beschluss des LG München I vom<br />

20.12.90, BB-Beilage 1990, Beil. 7, 7<br />

Zahrnt, Christoph, Anmerkung zum Beschluss des LG München I vom<br />

2.10.90, BB-Beilage 1991, Beil. 7, 7<br />

Zahrnt, Christoph, Anmerkung zum Urteil des LG München I vom<br />

12.11.92, BB-Beilage 1993, Beil. 13, 14<br />

Zahrnt, Christoph, Anmerkung zum Urteil des LG München I vom<br />

21.12.1995, BB-Beilage 1996, Beil. 9, 10<br />

XXX


Einleitung<br />

Zahrnt, Christoph, (Hrsg.), Computervertragsrecht in Rechtsprechung und<br />

Praxis, Loseblattsammlung, Köln 1995<br />

zitiert: Zahrnt, in Zahrnt (Hrsg.) CVR, Kapitel<br />

Zahrnt, Christoph, Vertragsrecht für DV-Fachleute, 4. Aufl., Heidelberg<br />

1999<br />

Zahrnt, Christoph, (Hrsg.), Entscheidungen zum Computerrecht – ECR, Loseblattsammlung,<br />

Köln 1993<br />

zitiert: Zahrnt (Hrsg.), ECR, Gericht plus Ordnungsziffer m. Anm. Bearbeiter<br />

Zahrnt, Christoph / <strong>Erben</strong>, Meinhard, DV-Verträge – Wirksame und unwirksame<br />

Allgemeine Geschäftsbedingungen, Heidelberg 1996<br />

Zimmermann, Klaus, Anmerkung zum Urteil des OLG München vom<br />

22.01.1997, EWiR 1997, § 74 HGB 1/97, 467<br />

Zöller, Richard, Zivilprozeßordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz u.d.<br />

Einführungsgesetzen mit internationalem Zivilprozeßrecht, 21. Aufl.,<br />

München 1999<br />

zitiert: Zöller, ZPO, §, Rdnr.<br />

XXXI


XXXII


Einleitung<br />

In der IT-Branche spielt sich seit einigen Jahren das folgende Geschehen ab:<br />

Ein Freiberufler wird über eine Unternehmensberatung (Softwarehaus) bei<br />

deren Kunden (Endkunden) tätig. Die Unternehmensberatung vereinbart mit<br />

dem Freiberufler ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Dieses Wettbewerbsverbot<br />

verbietet dem Freiberufler, für zwei Jahre nach Ablauf des Vertrags<br />

mit der Unternehmensberatung bei denjenigen Kunden der Unternehmensberatung<br />

tätig zu werden, bei denen er im Auftrag der Unternehmensberatung<br />

tätig geworden ist.<br />

Der Freiberufler wird ungeachtet des Wettbewerbsverbots bei diesem Kunden<br />

tätig. Weil er arbeitsrechtlich als Arbeitnehmer, jedenfalls aber als arbeitnehmerähnliche<br />

Person einzustufen sei, sei das Wettbewerbsverbot mangels<br />

Zusage einer Karenzentschädigung wegen Verstoßes gegen § 74 Abs. 2<br />

HGB unwirksam. Außerdem benachteilige das Wettbewerbsverbot ihn unangemessen<br />

in der Freiheit seiner Berufsausübung, so dass es auch wegen<br />

Verstoßes gegen § 9 AGBG bzw. § 138 BGB unwirksam sei.<br />

Viele Gerichte, insbesondere in der Arbeitsgerichtsbarkeit, folgen dieser Argumentation,<br />

zum Teil mit der Begründung, der Freiberufler werde durch<br />

ein „Kettenarbeitsverhältnis“ an die Unternehmensberatung gebunden und<br />

sei dieser „ausgeliefert“, weil er sein einziges Einkommen von der Unternehmensberatung<br />

erhalte.<br />

Demgegenüber verfolgt diese Arbeit die folgenden hauptsächlichen Thesen:<br />

Weil der Freiberufler in der IT-Branche als Konzeptersteller und damit im<br />

wesentlichen betriebswirtschaftlicher Berater ein mehr als doppelt so hohes<br />

Einkommen gegenüber dem erzielt, das er als Festangestellter bei gleicher<br />

Tätigkeit erhält, verzichtet er wissentlich und willentlich zugunsten eines<br />

höheren Einkommens auf den Schutz des Gesetzes in § 74 Abs. 2 HGB,<br />

wenn er die Festanstellung ablehnt, die die Unternehmensberatung ihm anbietet.<br />

Weil der Freiberufler sich allein in bezug auf die Frage der Wirksamkeit des<br />

Wettbewerbsverbots darauf beruft, er sei arbeitsrechtlich als Arbeitnehmer<br />

oder arbeitnehmerähnliche Person einzustufen, verstößt die Berufung auf die<br />

arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften gegen Treu und Glauben, wenn der<br />

Freiberufler beim Endkunden wiederum als Freiberufler tätig wird. Denn<br />

gleiche Tätigkeit darf nur gleich bewertet werden.<br />

In bezug auf den vom Freiberufler behaupteten Verstoß des Wettbewerbsverbots<br />

gegen § 9 AGBG bzw. § 138 BGB gilt: Nicht der Freiberufler wird<br />

1


Einleitung<br />

durch das Wettbewerbsverbot unangemessen benachteiligt oder gar sittenwidrig<br />

behandelt, sondern die Unternehmensberatung. Denn der Freiberufler<br />

lässt sich den Kunden zunächst vermitteln, ohne dafür einen Beitrag zu leisten.<br />

Sodann spannt er diesen Kunden der Unternehmensberatung bewusst<br />

und gezielt zum Zwecke einer eigenen Einkommenssteigerung aus.<br />

Genau das – und nur das – will die Unternehmensberatung durch das Wettbewerbsverbot<br />

verhindern: Sie will den von ihr aufgebauten Kundenstamm<br />

für einen bestimmten Zeitraum zu ihren Gunsten schützen. Daran hat sie ein<br />

rechtlich anerkennenswertes Interesse, weil sie den Kunden akquiriert hat<br />

und weil die Unternehmensberatung innerhalb der Einarbeitungszeit das Risiko<br />

trägt, dass der Endkunde den kostenlosen Austausch des Freiberuflers<br />

verlangt – während der Freiberufler in diesem Fall von der Unternehmensberatung<br />

sein Geld erhält.<br />

Diese Arbeit ist in zwei Teile gegliedert: Teil 1 behandelt die grundrechtliche<br />

Problematik der widerstreitenden Interessen unter besonderer Berücksichtigung<br />

der arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften in § 9 AÜG und in § 74<br />

Abs. 2 HGB. Im Hinblick auf einen möglichen Verstoß gegen § 9 AÜG wird<br />

dabei die Frage behandelt, ob der Freiberufler arbeitsrechtlich als Arbeitnehmer<br />

einzustufen ist. Im Hinblick auf § 74 Abs. 2 HGB wird insbesondere<br />

die Frage erörtert, ob der Freiberufler sich darauf berufen darf, das Wettbewerbsverbot<br />

sei unwirksam, weil es keine Zusage einer Karenzentschädigung<br />

vorsieht, wenn der Freiberufler sich ausdrücklich dafür entschieden<br />

hatte, freiberuflich tätig zu werden.<br />

In Teil 2 wird die Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots zunächst unter Berücksichtigung<br />

der spezifisch wettbewerbsrechtlichen, sodann der allgemeinen<br />

privatrechtlichen Regelungen behandelt. Hier wird der Blickwinkel zunächst<br />

im Hinblick auf einen möglichen Verstoß des Wettbewerbsverbot gegen<br />

§ 1 GWB von dem Verhältnis der Vertragspartner weg hin zu den Auswirkungen<br />

des Wettbewerbsverbots auf den Endkunden verschoben. Im Anschluss<br />

daran wird das Wettbewerbsverbot unter Berücksichtigung der privatrechtlichen<br />

Regelungen behandelt. In diesem Komplex wird erörtert, ob<br />

die Unternehmensberatung den Freiberufler durch das Wettbewerbsverbot<br />

im Verhältnis der Vertragspartner untereinander unangemessen benachteiligt<br />

und deshalb wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam ist, und/oder ob<br />

das Wettbewerbsverbot wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß<br />

§ 138 BGB unwirksam ist.<br />

Zum Abschluss werden besondere Probleme behandelt, die durch das Hinzutreten<br />

einer weiteren Unternehmensberatung entstehen, wenn der Freiberufler<br />

über eine kleine Unternehmensberatung und diese über eine große<br />

2


Abkürzungsverzeichnis<br />

Unternehmensberatung beim Endkunden tätig wird (Viererkonstellation).<br />

Dazu gehört z.B. die Frage, ob beide Unternehmensberatungen kumulativ<br />

aus ihrem Wettbewerbsverbot gegen den Freiberufler vorgehen dürfen, wenn<br />

beide ein eigenständiges Wettbewerbsverbot mit dem Freiberufler vereinbart<br />

haben.<br />

3


Abkürzungsverzeichnis<br />

Teil 1<br />

Das Wettbewerbsverbot unter besonderer Berücksichtigung<br />

der grundrechtlichen Interessenbewertung<br />

und der arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften<br />

Der Freiberufler und die Unternehmensberatung haben widerstreitende Interessen:<br />

Der Freiberufler möchte seinen Beruf ungehindert ausüben. Das<br />

Wettbewerbsverbot schränkt ihn in der Freiheit seiner Berufsausübung ein.<br />

Die Unternehmensberatung verfolgt mit dem Wettbewerbsverbot das Ziel,<br />

ihren Kundenstamm für eine bestimmte Zeit nach Beendigung des Vertrags<br />

mit dem Freiberufler für sich zu schützen. Diese Interessenkollision bedarf<br />

dann eines – angemessenen – Ausgleichs, wenn beide Interessen rechtlich<br />

anerkennenswert sind.<br />

In Teil 1 dieser Arbeit wird die Interessenlage anhand der grundrechtlich geschützten<br />

Rechtspositionen unter besonderer Berücksichtigung der arbeitsrechtlichen<br />

Schutzvorschriften behandelt. Dabei wird insbesondere geprüft,<br />

ob das Wettbewerbsverbot gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften verstößt,<br />

und ob der Freiberufler sich auf diese arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften<br />

berufen darf.<br />

Dazu wird in § 1 als Einführung in die Problematik zunächst das in der Praxis<br />

vorherrschende Verhaltensmuster beispielhaft dargestellt. In § 2 wird sodann<br />

der Begriff „Wettbewerbsverbot“ beleuchtet und dargelegt, dass und<br />

warum diese Arbeit schwerpunktmäßig Wettbewerbsverbote in Form von<br />

Kundenschutzvereinbarungen (Kundenschutzklauseln) behandelt. Als<br />

Grundlage für diese Arbeit wird sodann ein branchenübliches Wettbewerbsverbot<br />

einer bundesweit am Markt tätigen Unternehmensberatung als Muster-Wettbewerbsverbot<br />

für diese Arbeit wiedergegeben.<br />

§ 3 führt in die wichtige Frage der Bestimmung des arbeitsrechtlichen Status´<br />

des Freiberuflers ein und legt die Grundzüge der Konsequenzen dieser<br />

Entscheidung dar. Diese Einstufung hat weitreichende Bedeutung für eine<br />

der zentralen Fragen dieser Arbeit, nämlich ob das Wettbewerbsverbot zwischen<br />

Unternehmensberatung und Freiberufler mangels Zusage einer Karenzentschädigung<br />

wegen Verstoßes gegen § 74 Abs. 2 HGB unwirksam ist.<br />

§ 4 stellt den Stellenwert der Freiberufler und der Unternehmensberatungen<br />

als treibende Kräfte innerhalb der IT-Branche dar. § 5 erläutert die in der<br />

Praxis gängigen vertraglichen Konstellationen. Dazu zählt die Beteiligung<br />

5


Teil 1<br />

einer weiteren Unternehmensberatung in der Viererkonstellation und das<br />

häufig verwendete Wettbewerbsverbot noch vor der Vorstellung des Freiberuflers<br />

beim Endkunden (vorvertragliches Wettbewerbsverbot). Dabei wird<br />

auch die Frage behandelt, ob das Auftreten des Freiberuflers als GmbH etwas<br />

an der rechtlichen Bewertung der innerhalb dieser Arbeit aufgeworfenen<br />

Fragen ändert.<br />

In § 6 werden die rechtlichen Interessen des Freiberuflers und der Unternehmensberatung<br />

unter besonderer Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten<br />

Rechtspositionen anhand der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte<br />

und der einschlägigen Literatur dargestellt, gegeneinander abgewogen<br />

und bewertet.<br />

Das Ergebnis dieser Interessenbewertung dient als Grundlage für die in § 7<br />

behandelten Fragen, ob ein Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

vorliegt und ob der IT-Freiberufler sich auf diese Vorschriften berufen<br />

darf. In diesem Zusammenhang wird auch erörtert, ob die sozialversicherungsrechtliche<br />

Neuregelung zur Bekämpfung der Scheinselbständigkeit<br />

einschließlich des dazugehörigen Korrekturgesetzes zur Förderung der Selbständigkeit<br />

eine andere Bewertung der arbeitsrechtlichen Einstufung des<br />

Status´ des Freiberuflers und der Beurteilung der Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots<br />

erfordert.<br />

Im Rahmen des § 7 wird zunächst geprüft, ob ein Verstoß gegen § 9 AÜG<br />

bzw. § 1 Abs. 2 AÜG i.V.m. §§ 134 BGB, 4 AFG vorliegt. Hier werden die<br />

einzelnen in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Abgrenzungskriterien<br />

im Hinblick darauf untersucht, ob der IT-Freiberufler arbeitsrechtlich<br />

als Arbeitnehmer einzustufen ist. Dabei wird besonderer Wert darauf gelegt,<br />

die Besonderheiten in der IT-Branche herauszuarbeiten, weil diese Besonderheiten<br />

in Rechtsprechung und Literatur bisher nur wenig berücksichtigt<br />

worden sind.<br />

Sodann wird die Frage behandelt, ob das Wettbewerbsverbot mangels Zusage<br />

einer Karenzentschädigung wegen Verstoßes gegen § 74 Abs. 2 HGB<br />

unwirksam ist. Dabei werden die in § 3 gewonnenen Erkenntnisse über die<br />

arbeitsrechtliche Statusprüfung des Freiberuflers aufgenommen und weiterentwickelt.<br />

Das ist erforderlich, um die folgenden drei Fragen beantworten<br />

zu können: Ist der IT-Freiberufler als Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche<br />

Person i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG einzustufen Ist § 74 Abs. 2 HGB<br />

auf arbeitnehmerähnliche Personen im Allgemeinen entsprechend anwendbar<br />

Unter welchen Voraussetzungen ist § 74 Abs. 2 HGB auf arbeitnehmerähnliche<br />

Personen in der IT-Branche entsprechend anwendbar<br />

6


§ 1 Das Verhaltensmuster in der Praxis<br />

Das Geschehen in der Praxis<br />

In der Praxis gibt es ein bestimmtes Verhaltensmuster vor einem bestimmten<br />

Hintergrund. Dieses wird im Folgenden zunächst beispielhaft dargestellt.<br />

Sodann wird erläutert, dass das Vorgehen des Freiberuflers im Ansatz plausibel<br />

ist – allerdings nur weil und solange in der Praxis ein hohes Maß an<br />

Rechtsunsicherheit über die Frage der Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots<br />

mit IT-Freiberuflern herrscht.<br />

A) Das Geschehen in der Praxis<br />

Eine Unternehmensberatung hat einen Auftrag akquiriert: Sie soll ihren<br />

Kunden bei dessen SAP-Projekt, der Einführung der R/3-Software, beraten<br />

und unterstützen. Die Unternehmensberatung setzt dafür einen bestimmten<br />

freien Mitarbeiter (Freiberuflein, mit dem sie Vertrag als Unterauftragnehmer<br />

geschlossen hat. Die Unternehmensberatung hatte den Freiberufler ihrem<br />

Kunden vorgestellt. Der Kunde war mit dem Freiberufler einverstanden.<br />

Die Unternehmensberatung stellt ihrem Kunden DM 200,– zuzüglich<br />

Mehrwertsteuer pro Stunde in Rechnung. Der Freiberufler stellt der Unternehmensberatung<br />

DM 150,– zuzüglich Mehrwertsteuer pro Stunde in Rechnung.<br />

Der Freiberufler bewährt sich: Der Kunde ist mit den Diensten des<br />

Freiberuflers zufrieden. Der Kunde und der Freiberufler vereinbaren daraufhin<br />

für die Zukunft einen direkten Vertrag miteinander, etwa zu einem Stundensatz<br />

von DM 175,– zuzüglich Mehrwertsteuer. Auf diese Art und Weise<br />

spart der Kunde netto DM 25,– pro Stunde, der Freiberufler erzielt zusätzlich<br />

netto DM 25,– pro Stunde. Die Unternehmensberatung erhält nichts<br />

mehr.<br />

Dieses Geschehen ist in der IT-Branche seit einigen Jahren gang und gäbe.<br />

In dieser Branche ist freie Mitarbeit sehr stark verbreitet 1 . Die Unternehmensberatungen<br />

versuchen, sich durch Wettbewerbsverbote (Kundenschutzklauseln)<br />

mit dem Freiberufler davor zu schützen, dass der Freiberufler bei<br />

den Kunden der Unternehmensberatung (Endkunden) tätig wird 2 , für die er<br />

im Rahmen des Vertrags mit der Unternehmensberatung tätig geworden ist.<br />

1 Siehe § 4.<br />

2 Manche Unternehmensberatungen vereinbaren in einer Viererkonstellation (zum Begriff<br />

siehe § 5 A) nicht nur ein Wettbewerbsverbot mit der untergeordneten, weiteren<br />

Unternehmensberatung, sondern auch ein Wettbewerbsverbot unmittelbar mit dem<br />

Freiberufler, vgl. § 5 C) und § 15 B). Wenn es die Marktmacht der übergeordneten Unternehmensberatung<br />

erlaubt, vereinbart diese zusätzlich ein Abwerbungsverbot mit ihrem<br />

Kunden, vgl. § 12 C).<br />

7


Das Verhaltensmuster in der Praxis<br />

Ob solche Wettbewerbsverbote wirksam vereinbart werden dürfen, wird von<br />

der Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt 3 .<br />

B) Die Rechtsunsicherheit in der Praxis<br />

In der IT-Branche herrscht angesichts der widersprüchlichen gerichtlichen<br />

Entscheidungen ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit. Diese Rechtsunsicherheit<br />

ist nachvollziehbar, wie das folgende Beispiel diametral entgegenstehender<br />

Entscheidungen zweier Oberlandesgerichte zeigt: Die beiden Gerichte<br />

hatten die für die Beurteilung der Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots<br />

anhand von § 74 Abs. 2 HGB maßgebliche Vorfrage zu entscheiden, ob<br />

§ 74 Abs. 2 HGB auf arbeitnehmerähnliche Personen entsprechend anwendbar<br />

ist 4 .<br />

I. Die Entscheidungen des OLG Düsseldorf und des OLG Nürnberg<br />

Das OLG Düsseldorf 5 hat entschieden, dass ein IT-Freiberufler jedenfalls<br />

arbeitnehmerähnliche Person i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG sei. Deshalb hat<br />

das Gericht den Rechtsstreit an das zuständige Arbeitsgericht verwiesen. In<br />

den Gründen hat es ausgeführt, dass der Senat für eine Zulassung der sofortigen<br />

Beschwerde an den BGH keinen Anlass sehe, weil die einschlägigen<br />

Rechtsfragen sämtlich höchstrichterlich geklärt seien 6 . – Das OLG Nürnberg<br />

7 hat dagegen entschieden, dass ein IT-Freiberufler weder Arbeitnehmer<br />

noch arbeitnehmerähnliche Person i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG sei. Die<br />

weitere Beschwerde zum BGH hat der Senat nicht zugelassen, weil die Entscheidung<br />

nicht von der eines obersten Gerichtshofs des Bundes abweiche<br />

und weil die Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung habe.<br />

In der Praxis fühlt sich der Rechtsgenosse von der Rechtsprechung angesichts<br />

solcher widersprüchlicher Entscheidungen zu Recht im Stich gelassen.<br />

Denn entweder ist die Rechtsfrage höchstrichterlich geklärt. Dann hätten<br />

die Oberlandesgerichte einheitlich entscheiden müssen. Oder die Sache<br />

ist nicht höchstrichterlich geklärt. Dann hätte das OLG Nürnberg die weitere<br />

3 Vgl. die Nachweise aus der Rechtsprechung: Im Hinblick auf § 74 Abs. 2 HGB in § 7<br />

B) I, in bezug auf § 9 AGBG in § 9 C), und für die Anwendung von § 138 BGB in<br />

§ 10 B).<br />

4 Vgl. § 7 B) IV.<br />

5 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.3.2000, 15 U 127/99, zur Veröffentlichung vorgesehen<br />

in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

6 Unter Hinweis auf BGH NJW 1996, 1890 f.; 1998, 2057 f.; 1999, 218; 1999, 651 und<br />

auf BAG NJW 1997, 2973 f.<br />

7 OLG Nürnberg, Beschluss vom 30.5.2000, 13 W 3785/99, zur Veröffentlichung vorgesehen<br />

in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

8


Die Rechtsunsicherheit in der Praxis<br />

Beschwerde zulassen müssen. Denn wie diese Arbeit zeigt, hat die Rechtsfrage<br />

für die IT-Branche eine enorme Bedeutung.<br />

Klarzustellen ist, dass es die vom OLG Düsseldorf pauschal behauptete<br />

höchstrichterliche Klärung zu der Frage, ob ein IT-Freiberufler arbeitnehmerähnliche<br />

Person i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG ist, nicht gibt 8 . Angesichts<br />

der widersprüchlichen Urteile zu der Vorfrage, ob der IT-Freiberufler arbeitnehmerähnliche<br />

Person i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG ist und zu der damit<br />

verbundenen Folgefrage, ob das Wettbewerbsverbot wirksam ist, besteht in<br />

der Praxis ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit sowie ein erheblicher Klärungsbedarf.<br />

II. Zur Frage des Unrechtsbewusstseins beim Freiberufler<br />

Die Rechtsunsicherheit hat zur Folge, dass Freiberufler in der IT-Branche<br />

häufig rechtsanwaltlich dahingehend beraten werden, es sei nicht ausgeschlossen,<br />

dass sie beim Kunden der Unternehmensberatung ungeachtet des<br />

vereinbarten Wettbewerbsverbots tätig werden dürften. Es stellt sich deshalb<br />

die Frage, ob der Freiberufler überhaupt in dem Bewusstsein handelt, gegen<br />

das Wettbewerbsverbot zu verstoßen. Darüber kann man geteilter Meinung<br />

sein. Auf der einen Seite handelt der Freiberufler tatsächlich bewusst und<br />

gewollt entgegen dem Wortlaut seiner vertraglichen Vereinbarung mit der<br />

Unternehmensberatung. Es besteht für ihn lediglich rein rechtlich die Ungewissheit,<br />

ob er das darf oder nicht, d.h. der Freiberufler weiß, was er tut<br />

und geht mit seinem Handeln bewusst das Risiko ein, dass ein Gericht das<br />

Wettbewerbsverbot als wirksam einstuft.<br />

Auf der anderen Seite sprechen für die Ansicht, das Wettbewerbsverbot sei<br />

unwirksam, weil es den Freiberufler in der Freiheit seiner Berufsausübung<br />

in unzulässiger Weise beschränke, bei einer ersten Näherung an die Problematik<br />

eine ganze Reihe von Punkten: In der Praxis macht der Freiberufler<br />

z.B. geltend, er werde innerhalb des Projekts weisungsgebunden tätig und<br />

sei damit persönlich von der Unternehmensberatung abhängig wie ein Arbeitnehmer.<br />

Zur Begründung führt er an, ihm werde bereits beim ersten Vor-<br />

8 Die vom OLG Düsseldorf als Beleg angeführten Urteile des BGH und des BAG betreffen<br />

keine Freiberufler in der IT-Branche, sondern z.B. den Tiefkühlkostverkäufer<br />

im so genannten Eismann-Fall. Dieser Fall passt nicht für die IT-Branche, vgl. § 7 B)<br />

IV. 4. d) aa) (2).<br />

9


Das Verhaltensmuster in der Praxis<br />

stellungsgespräch durch die Unternehmensberatung erklärt, er habe sich in<br />

die betrieblichen Abläufe beim Kunden einzufügen 9 .<br />

Weiterhin beruft der Freiberufler sich darauf, dass er – selbst wenn er nicht<br />

persönlich abhängig beschäftigt werde wie ein Arbeitnehmer – doch jedenfalls<br />

wirtschaftlich abhängig von der Unternehmensberatung und damit vergleichbar<br />

einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig sei. Deshalb verstoße<br />

das Wettbewerbsverbot mangels Zusage einer Karenzentschädigung gegen<br />

§ 74 Abs. 2 HGB und sei unwirksam. Diese Einschätzung lässt sich u.a.<br />

durch die folgenden Argumente untermauern: Die Unternehmensberatung<br />

verpflichtet den Freiberufler regelmäßig vertraglich dazu, bei Bedarf mindestens<br />

vierzig Stunden pro Woche für sie zu arbeiten 10 . Daraus kann man<br />

folgern, dass das einer Vollzeitarbeit gleichkomme, wie sie auch ein Arbeitnehmer<br />

leiste.<br />

Weiterhin wird dem Freiberufler regelmäßig im Rahmenvertrag durch die<br />

Unternehmensberatung untersagt, Unterauftragnehmer einzusetzen 11 . Deshalb<br />

kann man argumentieren, der Freiberufler werde derart stark an die Unternehmensberatung<br />

gebunden, dass die Vergütung für seine Tätigkeit von<br />

der Unternehmensberatung seine wesentliche wirtschaftliche Existenzgrundlage<br />

darstelle. Diese dürfe die Unternehmensberatung ihm aber nicht entschädigungslos<br />

entziehen. Das Wettbewerbsverbot bewirke das indessen,<br />

weil es keine Zusage einer Karenzentschädigung enthält.<br />

Dazu kommt das Argument, dass die Dienste, die der Freiberufler leistet,<br />

mit denen vergleichbar sind, die ein Festangestellter leistet. Deshalb kommt<br />

in Betracht, es in rechtlicher Hinsicht so anzusehen, dass die in der IT-<br />

Branche übliche Ausgestaltung der Verträge als Einzelaufträge mit einer<br />

Verlängerungsoption nichts anderes sei als jeweils zeitlich befristete Kettenarbeitsverträge.<br />

Da der Freiberufler aufgrund der Ausgestaltung als Kettenarbeitsverträge<br />

aber keinerlei Sicherheit seines Arbeitsplatzes habe, drohe<br />

ihm permanent die Arbeitslosigkeit. Mithin sei er vergleichbar sozial<br />

schutzbedürftig wie ein Arbeitnehmer.<br />

Außerdem kommt in Betracht, dass die Unternehmensberatung als die wirtschaftlich<br />

stärkere Partei dem Freiberufler als dem schwächsten Glied in der<br />

Kette der Vertragspartner das Wettbewerbsverbot nicht auferlegen dürfe: Sie<br />

tue das nämlich offenbar nur deshalb, weil sie ein solches Wettbewerbsver-<br />

9 Beide Behauptungen sind in dieser Pauschalität bedenklich: Der IT-Freiberufler muss<br />

sich in aller Regel nicht in die betrieblichen Abläufe beim Kunden einfügen und wird<br />

auch im Übrigen nicht persönlich abhängig beschäftigt, vgl. § 7 A) II. 2.<br />

10 Vgl. § 7 B) IV. 4. c) aa).<br />

11 Siehe § 7 A) II. 2. a. ii).<br />

10


Die Hintergründe in der Praxis<br />

bot nicht gegenüber ihrem Kunden hat durchsetzen können. Schließlich hätte<br />

es ausgereicht, dass die Unternehmensberatung ihrem Kunden ein Abwerbungsverbot<br />

auferlegt hätte, um sich wirksam vor einer Abwerbung des<br />

Freiberuflers durch den Kunden zu schützen. Dieses Versäumnis dürfe die<br />

Unternehmensberatung nicht auf dem Rücken des Freiberuflers austragen.<br />

Das tut sie aber, indem sie den Freiberufler mit dem Wettbewerbsverbot belastet.<br />

C) Die Hintergründe in der Praxis<br />

Diese Argumente gehen im Ergebnis zu Lasten der Unternehmensberatung.<br />

Das ist aus verschiedenen Gründen problematisch – vor allem aber deshalb,<br />

weil es die Unternehmensberatung ist, die den Kunden akquiriert und dem<br />

Freiberufler den Auftrag vermittelt hat, und weil es mithin die Unternehmensberatung<br />

ist, die ihres Akquisitionserfolgs beraubt wird, wenn das<br />

Wettbewerbsverbot als unwirksam einzustufen ist. Weil der Freiberufler in<br />

diesem Fall sanktionslos beim Endkunden tätig werden dürfte, ist bei der Interessenabwägung<br />

Zurückhaltung bei der Annahme geboten, das Wettbewerbsverbot<br />

sei unwirksam, weil es den Freiberufler in der Freiheit seiner<br />

Berufsausübung unangemessen benachteilige.<br />

Dazu kommen zwei Argumente aus der Praxis: Der Autor berät IT-<br />

Unternehmensberatungen und IT-Freiberufler. Jeder der vom Autor betreuten<br />

Freiberufler ist sich dessen bewusst, dass die Unternehmensberatung im<br />

Grundsatz ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an ihrem Wettbewerbsverbot<br />

hat, weil diese den Auftrag beim Endkunden akquiriert und dem<br />

Freiberufler vermittelt hat, und dass die Unternehmensberatung mithin ein<br />

rechtlich anerkennenswertes Interesse daran hat, ihre Akquisitionsleistung<br />

über das Wettbewerbsverbot für einen bestimmten Zeitraum nach Vertragsbeendigung<br />

abzusichern.<br />

Ein Freiberufler hat gegenüber dem Autor sogar die Auffassung vertreten, er<br />

verstoße gegen die guten Sitten – und damit gegen § 1 UWG 12 –, wenn er<br />

entgegen der vertraglichen Vereinbarung beim Kunden der Unternehmensberatung<br />

tätig werde, weil er damit die Akquisitionsleistung der Unternehmensberatung<br />

für sich ausbeute. Dementsprechend kann man auch umgekehrt<br />

argumentieren: Die Unternehmensberatung verfolge mit dem Wettbe-<br />

12 Siehe § 6 C) II. 1 und § 10 B) I. 4; vgl. Ring, Wettbewerbsrecht, S. 63 ff. zu der Frage,<br />

ob freiberufliches Handeln überhaupt unter § 1 UWG subsumierbar ist.<br />

11


Das Verhaltensmuster in der Praxis<br />

werbsverbot den legitimen Zweck, sich gegen unlauteren Wettbewerb seitens<br />

des Freiberuflers zu schützen 13 .<br />

Dafür spricht, dass der Rechtsbegriff der guten Sitten in § 1 UWG nicht dieselbe<br />

Bedeutung hat wie in § 138 BGB 14 : Während § 138 BGB der autonomen<br />

Rechtsgestaltung beim Abschluss von Verträgen Grenzen setzt und damit<br />

Missbräuchen der Privatautonomie entgegenwirkt, schützt § 1 UWG die<br />

guten Sitten des Wettbewerbs und knüpft an einen Verstoß, anders als § 138<br />

BGB, gerade nicht die Rechtsfolge der Nichtigkeit, sondern die Verpflichtung<br />

zur Unterlassung 15 . Das bedeutet auf den Fall des Wettbewerbsverbots<br />

zwischen Freiberufler und Unternehmensberatung bezogen: Wenn das Wettbewerbsverbot<br />

die Grenzen der guten Sitten im Hinblick auf § 138 BGB<br />

einhält, kommt in Betracht, dass das Handeln des Freiberuflers gegen die<br />

guten Sitten i.S.d. § 1 UWG verstößt – weil es dann der Freiberufler ist, der<br />

durch sein Handeln in die rechtlich geschützte Position der Unternehmensberatung<br />

in unzulässiger Weise eingreift.<br />

Das zweite Argument aus der Praxis baut auf dem ersten auf und zeigt, dass<br />

Freiberufler und Endkunde letztlich gemeinsame Sache zu Lasten der Unternehmensberatung<br />

machen, insbesondere, aber nicht nur dann, wenn der<br />

Endkunde zwar den Freiberufler weiterhin benötigt, er aber aus bestimmten<br />

Gründen eine andere Unternehmensberatung beauftragen will. In diesem<br />

Fall erklärt sich nämlich die andere (neue) Unternehmensberatung häufig<br />

bereit, die Vertragsstrafenansprüche zu übernehmen, die die erste Unternehmensberatung<br />

gegebenenfalls gegen den Freiberufler geltend macht.<br />

Die zweite (neue) Unternehmensberatung macht das nicht aus freien Stücken,<br />

sondern aufgrund der folgenden Überlegungen: Erstens sei ungewiss,<br />

ob die erste (alte) Unternehmensberatung überhaupt den Weg zu Gericht gehen<br />

werde. Zweitens könne man dann auf die Freiheit der Berufsausübung,<br />

die Sittenwidrigkeit sowie die fehlende Zusage einer Karenzentschädigung<br />

verweisen, so dass das Gericht aller Voraussicht nach einen Vergleich vorschlagen<br />

werde, der den Höchstbetrag der Vertragsstrafe bei weitem nicht<br />

erreichen werde. Also könne man die Sache erst einmal eskalieren lassen.<br />

13 Vgl. § 10 B) I.<br />

14 Vgl. BGHZ 110, 156, 161 ff.; Mestmäcker, Der verwaltete Wettbewerb, S. 86 f., ist<br />

der Auffassung, rechtswidriges Handeln im Wettbewerb sei nicht schon als solches sittenwidrig.<br />

Gesetzliche und behördliche Vorschriften könnten vielmehr auf Erwägungen<br />

beruhen, die mit dem allgemeinen sittlichen Empfinden nichts zu tun hätten und<br />

das Gebiet geschäftlichen Anstandes deshalb nicht berührten.<br />

15 Siehe Staudinger-Sack, BGB, § 138, Rdnr. 7.<br />

12


Kundenschutzvereinbarung als Unterfall eines Wettbewerbsverbots<br />

Schließlich könne man sich – drittens – immer noch einigen, wenn und<br />

nachdem die Unternehmensberatung tatsächlich erfolgreich eine Einstweilige<br />

Verfügung erwirkt haben sollte. In der Praxis führt diese Vorgehensweise<br />

häufig dazu, dass der Freiberufler dann wieder über die erste (alte) Unternehmensberatung<br />

tätig wird, wenn diese tatsächlich eine Einstweilige Verfügung<br />

gegen den Freiberufler erwirkt hat 16 . Wird der Freiberufler unmittelbar<br />

beim Endkunden tätig, geschieht Ähnliches im Verhältnis zum Endkunden:<br />

Dieser erklärt sich bereit, mögliche Vertragsstrafenansprüche der Unternehmensberatung<br />

(mit) zu übernehmen. In der Praxis reduziert sich die<br />

Frage der Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots damit auf eine betriebswirtschaftliche<br />

Rechnung 17 .<br />

Diese Überlegungen legen den Schluss nahe, dass das Vorgehen von Freiberufler<br />

und Endkunde Methode hat. Sie zeigen zudem, dass es die Unternehmensberatung<br />

ist, die in der Praxis unter der Rechtsunsicherheit leidet, nicht<br />

der Freiberufler. Auch deshalb ist Vorsicht bei der Annahme geboten, das<br />

Wettbewerbsverbot benachteilige den Freiberufler unangemessen in seiner<br />

Freiheit der Berufsausübung.<br />

§ 2 Der Begriff „Wettbewerbsverbot“<br />

Es gibt verschiedene Arten von Wettbewerbsverboten. Diese werden im<br />

Folgenden dargestellt. Sodann wird dargelegt, dass und warum in dieser Arbeit<br />

schwerpunktmäßig die Frage untersucht wird, ob nachvertragliche<br />

Wettbewerbsverbote in Form von Kundenschutzvereinbarungen wirksam<br />

vereinbart werden können. Schließlich wird ein branchenübliches Wettbewerbsverbot<br />

als Grundlage für diese Arbeit wiedergegeben.<br />

A) Kundenschutzvereinbarung als Unterfall eines<br />

Wettbewerbsverbots<br />

In der Praxis versteht man unter dem Begriff „Wettbewerbsverbot“ entweder<br />

das Verbot, überhaupt in Wettbewerb mit der Unternehmensberatung zu tre-<br />

16 Viele Unternehmensberatungen stellen diesen Antrag bei Gericht gar nicht: Denn die<br />

in § 1 B) dargestellte Rechtsunsicherheit führt dazu, dass Unternehmensberatungen<br />

z.T. rechtsanwaltlich (vorsichtig) dahingehend beraten werden, den Unterlassungsantrag<br />

nicht zu stellen, weil ein Unterliegen bei Gericht in der Hauptsache auf ein Einstweiliges<br />

Verfügungsverfahren hin hohe Schadensersatzforderungen des Endkunden<br />

und des Freiberuflers nach sich ziehen könne.<br />

17 Die Sitten verrohen – vgl. <strong>Erben</strong>, Wettbewerbsverbote mit Freiberuflern, CR 1999,<br />

662.<br />

13


Der Begriff „Wettbewerbsverbot“<br />

ten, oder das Verbot, in einem bestimmten Bereich in Wettbewerb mit der<br />

Unternehmensberatung zu treten, oder das Verbot, für bestimmte Kunden tätig<br />

zu werden.<br />

In einem dem BAG 18 zugrunde liegenden Fall war dem Freiberufler untersagt,<br />

während der Dauer des Vertragsverhältnisses mit der Unternehmensberatung<br />

für ein Unternehmen tätig zu sein, das mit der Unternehmensberatung<br />

überhaupt in Wettbewerb steht. In einem dem OLG München 19 zugrunde<br />

liegenden Fall wurde dem Freiberufler verboten, ab Vertragsbeginn bis zwei<br />

Jahre nach Beendigung und Ausscheiden bei der Unternehmensberatung ohne<br />

schriftliches Einverständnis der Unternehmensberatung im Bereich dieses<br />

Projekts (Mobilfunk D1) und in gleichen Mitbewerberprojekten für Kunden<br />

der Unternehmensberatung sowie deren Auftraggeber tätig zu werden.<br />

Für die Zulässigkeit von Wettbewerbsverboten, die dem Freiberufler verbieten,<br />

für Unternehmen tätig zu werden, die in Wettbewerb mit der Unternehmensberatung<br />

stehen, können zwar unter Umständen Geheimhaltungsinteressen<br />

der Unternehmensberatung sprechen 20 . Andererseits ist der Freiberufler<br />

in der Verwertung des durch die Tätigkeit erlangten Know-hows frei,<br />

wenn und soweit die Verwertung nicht gegen § 1 UWG verstößt 21 . Das ist<br />

nur selten der Fall 22 .<br />

Demgegenüber hat der Freiberufler ein starkes Interesse daran, dass die Unternehmensberatung<br />

ihn nicht von sämtlichen Kunden abschneidet, die in<br />

einem bestimmten Aufgabengebiet oder Projektbereich tätig sind, weil der<br />

Freiberufler häufig auf ein bestimmtes Aufgabengebiet bzw. einen bestimmten<br />

Projektbereich spezialisiert ist 23 . Es ist deshalb äußerst zweifelhaft, ob<br />

die Unternehmensberatung in den beiden dargestellten Fällen ein rechtlich<br />

anerkennenswertes Interesse an dem Wettbewerbsverbot hat.<br />

Das Verbot im Fall des BAG, für alle Unternehmen tätig zu werden, die in<br />

Wettbewerb mit der Unternehmensberatung stehen, benachteiligt den Frei-<br />

18 BAG AP 44 zu § 611 BGB Konkurrenzklausel = NZA 1997, 1284 ff. = BB 1997, 1797<br />

= NJW 1998, 99.<br />

19 OLG München BB 1997, 224 = Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*293 m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

20 Vgl. Mölling, Geheimnisschutzklausel und nachvertragliche Wettbewerbsverbote im<br />

Sinne der §§ 74 ff. HGB, S. 3 f. sowie 47 ff. zu nachvertraglichen Wettbewerbsverboten<br />

mit Arbeitnehmern/kaufmännischen Angestellten, technischen Angestellten und<br />

sonstigen Arbeitnehmern, unter besonderer Berücksichtigung der Geheimhaltungsinteressen<br />

des Arbeitgebers an dessen Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen.<br />

21 Bzw. gegen §§ 823, 826 BGB, vgl. BAG NZA 1999, 200 m.w.N.<br />

22 Vgl. Zahrnt, in Zahrnt (Hrsg.), CVR 12.1.2 (6).<br />

23 Siehe allerdings § 10 B) IV. 4 zu den Grenzen des Arguments der Spezialisierung des<br />

Freiberuflers.<br />

14


Branchenübliches Wettbewerbsverbot<br />

berufler zu sehr in der Freiheit seiner Berufsausübung und ist deshalb wegen<br />

Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 BGB unwirksam. Denn in<br />

diesem Fall hat der Freiberufler faktisch kaum eine andere Möglichkeit, als<br />

für die Unternehmensberatung tätig zu werden. Das kommt im Ergebnis einem<br />

Arbeitsverhältnis gleich, bei dem ein Wettbewerbsverbot wegen § 74<br />

Abs. 2 HGB nur bei Zusage einer Karenzentschädigung wirksam vereinbart<br />

werden darf 24 .<br />

Die erforderliche Interessenabwägung bei der Beurteilung der Frage, ob das<br />

Verbot der Tätigkeit für Wettbewerber der Unternehmensberatung bzw. für<br />

sämtliche Kunden der Unternehmensberatung zu weit geht, leitet zu der<br />

Frage über, ob das Sperren nur bestimmter Kunden zulässig ist. So verbietet<br />

die in der IT-Praxis typische Kundenschutzklausel (Mandantenschutzklausel)<br />

dem Freiberufler nur, für solche Kunden der Unternehmensberatung tätig<br />

zu werden, für die er auf Veranlassung der Unternehmensberatung beschäftigt<br />

gewesen ist. Derartige Wettbewerbsverbote sind sachlich bzw. ihrem<br />

gegenständlichen Umfang nach deutlich enger gefasst.<br />

Wettbewerbsverbote in Form von Kundenschutzvereinbarungen (Kundenschutzklauseln)<br />

sind in den Vertragsbedingungen der Unternehmensberatungen<br />

häufig unter der Überschrift „Wettbewerbsverbot“ enthalten. Das ist ein<br />

Indiz dafür, dass es für die Praxis keinen Unterschied macht, ob die Kundenschutzvereinbarung<br />

„Kundenschutzklausel“, „Mandantenschutzklausel“<br />

oder „Wettbewerbsverbot“ genannt wird. Kundenschutzklauseln sind mithin<br />

als Teilmenge des Begriffs „Wettbewerbsverbot“ anzusehen bzw. als Unterbegriff<br />

zum Oberbegriff „Wettbewerbsverbot“ 25 .<br />

Gegenstand dieser Arbeit ist immer nur die Teilmenge Kundenschutzvereinbarung,<br />

auch wenn der Begriff „Wettbewerbsverbot“ verwendet wird, es sei<br />

denn, es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es um ein Wettbewerbsverbot<br />

im umfassenderen Sinne geht.<br />

B) Branchenübliches Wettbewerbsverbot<br />

Ein branchenübliches Wettbewerbsverbot lautet etwa wie folgt:<br />

„Der Auftragnehmer verpflichtet sich, während<br />

der Dauer dieses Vertrags und bis zu 2 Jahre<br />

24 Ebenso Zahrnt, in Zahrnt (Hrsg.), CVR, 12.2 (8.1). – Die Entscheidung des OLG<br />

München wird in § 10 B) IV. 2 im Zusammenhang mit der Frage behandelt, welche<br />

sachlichen (gegenständlichen) Einschränkungen das Wettbewerbsverbot beinhalten<br />

muss, damit es nicht wegen Verstoßes gegen § 138 BGB unwirksam ist.<br />

25 Ähnlich Etzel, in HGB, Gemeinschaftskommentar, vor §§ 74 bis 75d, Rdnr. 9.<br />

15


Der Begriff „Wettbewerbsverbot“<br />

nach Beendigung dieses Vertrags weder unmittelbar<br />

noch mittelbar für solche Kunden tätig zu<br />

werden, für die er im Rahmen dieses Vertrages<br />

tätig geworden ist. Für jeden Verstoß zahlt der<br />

Auftragnehmer 20 % des bei diesen Kunden erzielten<br />

Umsatzes als Vertragsstrafe, mindestens<br />

jedoch DM 20.000,–.“<br />

Dieses (Muster-)Wettbewerbsverbot 26 kann aus verschiedenen Gründen<br />

unwirksam sein.<br />

Es kommt zunächst in Betracht, dass das Wettbewerbsverbot gegen gesetzliche<br />

Regelungen verstößt, die zur Voraussetzung haben, dass der Freiberufler<br />

als Arbeitnehmer bzw. gegebenenfalls als arbeitnehmerähnliche Person einzustufen<br />

ist. So kann das Wettbewerbsverbot wegen Verstoßes gegen § 74<br />

Abs. 2 HGB bzw. entsprechend § 74 Abs. 2 HGB als unwirksam einzustufen<br />

sein 27 , wegen Verstoßes gegen § 9 AÜG, und/oder wegen Verstoßes gegen<br />

§ 1 Abs. 2 AÜG i.V.m. §§ 134 BGB, 4 AFG. Für die Anwendbarkeit dieser<br />

Regelungen ist es eine Vorfrage, wie die Tätigkeit des Freiberuflers arbeitsrechtlich<br />

einzustufen ist. Dazu ist es erforderlich, den Freiberufler begrifflich<br />

vom Arbeitnehmer 28 bzw. von der so genannten arbeitnehmerähnlichen<br />

Person 29 abzugrenzen.<br />

Weiterhin kann das Wettbewerbsverbot wegen Verstoßes gegen gesetzliche<br />

Regelungen unwirksam sein, für die die Tätigkeit des Freiberuflers als selbständige<br />

Tätigkeit nicht in Frage steht: So kann das Wettbewerbsverbot als<br />

wettbewerbsbeschränkende Abrede wegen Verstoßes gegen die kartellrechtliche<br />

Vorschrift des § 1 GWB unwirksam sein, wenn es den Endkunden<br />

spürbar in dessen Auswahlfreiheit einschränkt 30 .<br />

26 Das zitierte Wettbewerbsverbot wird u.a. von der bundesweit tätigen Unternehmensberatung<br />

DV-ORG-Team GmbH, Mönchengladbach verwendet: Diese Unternehmensberatung<br />

schließt schwerpunktmäßig Verträge unmittelbar mit Freiberuflern und befindet<br />

sich mithin in einer Viererkonstellation als untergeordnete Unternehmensberatung<br />

zwischengeschaltet zwischen der übergeordneten Unternehmensberatung und dem<br />

Endkunden. Die Auswahl der Formulierung des Wettbewerbsverbots einer untergeordneten<br />

Unternehmensberatung erlaubt es, sämtliche der in dieser Arbeit aufgeworfenen<br />

Fragen anhand eines Muster-Wettbewerbsverbots zu beurteilen, so z.B. auch die<br />

Frage in der Viererkonstellation, ob mit dem Begriff „Kunde“ im Wettbewerbsverbot<br />

die übergeordnete Unternehmensberatung oder der Endkunde gemeint ist, vgl. § 14.<br />

27 Siehe § 7 B).<br />

28 Vgl. § 7 A) II. 2.<br />

29 Vgl. § 7 B) IV. 4.<br />

30 Siehe § 8.<br />

16


Branchenübliches Wettbewerbsverbot<br />

Das Wettbewerbsverbot kann ferner gegen § 9 AGBG 31 verstoßen, wenn es<br />

in Form von AGB vereinbart ist und den Freiberufler als Vertragspartner der<br />

Unternehmensberatung unangemessen benachteiligt, und/oder 32 gegen § 138<br />

BGB 33 , wenn es im individuellen Vertragsteil vereinbart worden und als sittenwidrig<br />

einzustufen ist. Dazu kommt eine Reihe weiterer spezieller möglicher<br />

Unwirksamkeitsgründe, die die Rechtsfolgenregelung: Vertragsstrafe<br />

betreffen 34 .<br />

§ 3 Der rechtliche Status des Freiberuflers<br />

Die rechtliche Bewertung und Einstufung der Tätigkeit des Freiberuflers ist<br />

von grundlegender Bedeutung für diese Arbeit: Wenn der Freiberufler arbeitsrechtlich<br />

als Arbeitnehmer oder als arbeitnehmerähnliche Person einzustufen<br />

ist, begründet das prozessrechtlich gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG die<br />

Zuständigkeit der Arbeitsgerichte.<br />

In materiellrechtlicher Hinsicht ist zu differenzieren: Nur wenn man der Ansicht<br />

ist, der Freiberufler sei weder persönlich noch wirtschaftlich abhängig<br />

von der Unternehmensberatung, ist die Tätigkeit des Freiberuflers eine echte<br />

selbständige Tätigkeit. Wenn man bei der rechtlichen Bewertung zu dem Ergebnis<br />

gelangt, der Freiberufler sei zwar nicht persönlich, aber wirtschaftlich<br />

von der Unternehmensberatung abhängig, kommt in Betracht, den Freiberufler<br />

arbeitsrechtlich als arbeitnehmerähnliche Person einzustufen. Wenn<br />

man darüber hinaus zu dem Ergebnis kommt, der Freiberufler sei nicht nur<br />

wirtschaftlich, sondern auch persönlich abhängig von der Unternehmensberatung,<br />

ist er arbeitsrechtlich als Arbeitnehmer einzustufen.<br />

Für diese beiden Möglichkeiten spricht, dass es Sinn und Zweck von § 74<br />

Abs. 2 HGB ist, den wirtschaftlich schwächeren Handlungsgehilfen gegen<br />

die übermäßige Einschränkung seiner Freiheit zu schützen 35 . Weil der Freiberufler<br />

typischerweise der Unternehmensberatung seine ganze Arbeitskraft<br />

Verfügung stellt, kann deshalb der Schutz des Gesetzes für Handlungsgehilfen<br />

auf Freiberufler auszudehnen sein.<br />

Dagegen kann sprechen, dass der Freiberufler möglicherweise in der Praxis<br />

tatsächlich nicht als derjenige wirtschaftlich schwächere Handlungsgehilfe<br />

angesehen werden kann oder darf, den das Gesetz mit der Regelung des § 74<br />

31 Siehe § 9.<br />

32 Vgl. § 9 B) zur Frage, ob die §§ 9 ff. AGBG leges speciales zu § 138 BGB sind.<br />

33 Siehe § 10.<br />

34 Vgl. § 13.<br />

35 Ruß in HK-HGB, § 74 Rdnr. 2 m.w.N.<br />

17


Der rechtliche Status des Freiberuflers<br />

Abs. 2 HGB schützen will. Einer dieser möglichen Gründe kann sein, dass<br />

der Freiberufler die Vertragsgestaltung als freie Mitarbeit aus bestimmten<br />

Gründen ausdrücklich gewünscht hat 36 , insbesondere weil er als Freiberufler<br />

ein sehr viel höheres Einkommen im Vergleich zu dem eines Festangestellten<br />

erzielt, der die gleiche Tätigkeit ausübt 37 .<br />

Die Frage der Anwendbarkeit der arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften, insbesondere<br />

des § 74 Abs. 2 HGB, stellt sich nach der Einfügung des § 7<br />

Abs. 1 S. 2 SGB IV im Zuge der gesetzlichen Neuregelung zur Bekämpfung<br />

der Scheinselbständigkeit durch das Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit<br />

vom 20.12.1999 38 verstärkt. Insoweit ist zu entscheiden, ob die sozialversicherungsrechtliche<br />

Neuregelung Auswirkungen auf die arbeitsrechtliche<br />

Einstufung hat 39 .<br />

§ 4 Stellenwert der Freiberufler und der Unternehmensberatungen<br />

innerhalb der IT-Branche<br />

Nach einer Studie für Einzel- und Kleinunternehmer 40 gab es bereits zum<br />

10.10.1998 nunmehr auch in Deutschland eine Blütezeit für Freiberufler,<br />

wie sie bisher nur in Großbritannien bekannt war. Die Anzahl der Freiberufler<br />

in der Informationstechnologie erweiterte sich nach dieser Studie bis<br />

zum 10.10.1998 amtlich auf mindestens 15.000 Personen; die Gruppe der<br />

Freiberufler setzte zu diesem Zeitpunkt mehr als 5 Milliarden DM um.<br />

Mehr als die Hälfte der Freiberufler (54 %) bezeichnete ihre künftige Kapazitätsauslastung<br />

nach dieser Studie als sehr sicher. Im Schnitt lag das Durchschnittseinkommen<br />

nach der Studie um 15 % höher als 1997 und der Durchschnittsumsatz<br />

bei DM 230.000,– jährlich, wovon zwischen 10 und 34 % als<br />

Kosten verbucht wurden. Die Stundensätze der Einzelunternehmer rangierten<br />

zwischen netto DM 70,– und DM 300,–; im Durchschnitt wurden netto<br />

DM 135,– berechnet. <strong>Dr</strong>ohende Arbeitslosigkeit wurde lediglich von 17 %<br />

als Grund für den Wechsel in die Freiberuflichkeit genannt, während für<br />

37 % der Wunsch nach Unabhängigkeit im Vordergrund stand.<br />

36 Siehe § 7 A) II.<br />

37 Vgl. Zahrnt, in Zahrnt, CVR § 12.2 (1) m.w.N.<br />

38 BGBl. I, S. 2601.<br />

39 Siehe § 7 A) III und § 7 B) IV. 4. c) cc).<br />

40 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10.10.1998: Stefan Rohr hat diese Studie<br />

zum dritten Mal gemeinsam mit Heinz Streicher und der r&p GmbH (research and<br />

publications GbR) durchgeführt.<br />

18


<strong>Dr</strong>eierkonstellation und Viererkonstellation<br />

Die Bedeutung und die Verdienstmöglichkeiten der Freiberufler in der IT-<br />

Branche haben sich seit dieser Studie nicht verändert. Die Tendenz geht im<br />

Gegenteil dahin, dass die Verdienstmöglichkeiten sowie der soziale Status<br />

des Freiberuflers in der IT-Branche steigen: Die Bundesregierung hat zum<br />

14.3.2000 41 offiziell bekannt gegeben, sie plane, bis zu 20.000 ausländische<br />

Computer-Fachkräfte nach Deutschland zu holen. Es gab also zu diesem<br />

Zeitpunkt nach wie vor ein Unterangebot an IT-Fachkräften.<br />

In der F.A.Z. vom 14.3.2000 heißt es weiter, dass nach Angaben der Bundesbildungsministerin<br />

Bulmahn zum 1.4.2000 75.000 bis 100.000 Computer-Fachkräfte<br />

in Deutschland fehlten. Nach Einschätzung der Bundesbildungsministerin<br />

steige der Bedarf an Computer-Fachkräften in den kommenden<br />

Jahren um 60.000 im Jahr. Da die Verdienstmöglichkeiten der Freiberufler<br />

nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage unmittelbar von der<br />

Frage abhängen, ob ein Über- oder Unterangebot an Freiberuflern besteht,<br />

spricht das bestehende Unterangebot von Fachkräften dafür, dass die Verdienstmöglichkeiten<br />

der IT-Freiberufler auf absehbare Zeit nicht sinken<br />

werden.<br />

Die große Nachfrage nach Computerfachleuten kam bereits 1998 aus den<br />

Beratungs- und Softwarehäusern 42 : Die Unternehmensberatungen schrieben<br />

bereits 1998 die Hälfte der freien Positionen aus 43 . Diese Zahlen belegen<br />

deutlich, dass Freiberufler und Unternehmensberatungen die treibenden<br />

Kräfte innerhalb der IT-Branche sind.<br />

§ 5 Vertragskonstellationen<br />

Es gibt verschiedene vertragliche Konstellationen im Hinblick auf die Vereinbarung<br />

von Wettbewerbsverboten: Es kann eine <strong>Dr</strong>eierkonstellation oder<br />

eine Viererkonstellation vorliegen, ein vorvertragliches oder ein nachvertragliches<br />

Wettbewerbsverbot. Der Freiberufler kann als natürliche Person<br />

oder als Einmann-GmbH auftreten.<br />

A) <strong>Dr</strong>eierkonstellation und Viererkonstellation<br />

Das Muster-Wettbewerbsverbot beinhaltet ein Wettbewerbsverbot während<br />

der Dauer des Rahmenvertrags sowie ein nachvertragliches Wettbewerbs-<br />

41 Titelseite der F.A.Z. vom 14.3.2000.<br />

42 Computerwoche 39/98, S. 3: Danach sind die Offerten der Unternehmensberatungen<br />

im dritten Quartal 1998 von 18.814 auf 26.570 gestiegen.<br />

43 Computerwoche 39/98, S. 3.<br />

19


Vertragskonstellationen<br />

verbot. Es regelt in erster Linie den Fall einer <strong>Dr</strong>eierkonstellation. In dieser<br />

Konstellation ist die Unternehmensberatung Hauptauftragnehmer, der Freiberufler<br />

Unterauftragnehmer. In der Praxis wird diese <strong>Dr</strong>eierkonstellation<br />

häufig durch Zwischenschaltung einer weiteren Unternehmensberatung ergänzt.<br />

Diese Konstellation wird in dieser Arbeit „Viererkonstellation“ genannt.<br />

In der Viererkonstellation ist die Unternehmensberatung, die den Endkunden<br />

akquiriert hat, der Hauptauftragnehmer: Diese wird „übergeordnete Unternehmensberatung“<br />

genannt. Die weitere Unternehmensberatung ist Auftragnehmer<br />

der übergeordneten Unternehmensberatung und wird „untergeordnete<br />

Unternehmensberatung“ genannt. Der Freiberufler ist in dieser Konstellation<br />

Unterauftragnehmer der übergeordneten Unternehmensberatung bzw. –<br />

im Verhältnis zum Endkunden – Unterunterauftragnehmer.<br />

B) Auftreten des Freiberuflers als GmbH<br />

Diese Arbeit behandelt schwerpunktmäßig Wettbewerbsverbote mit IT-<br />

Freiberuflern, die die Unternehmensberatung mit dem Freiberufler als natürliche<br />

Person vereinbart. In der Praxis tritt der Freiberufler häufig auch als<br />

juristische Person auf, insbesondere in Form einer GmbH.<br />

Für die rechtliche Bewertung der Frage der Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots<br />

darf dieser Umstand dann keinen Unterschied machen, wenn der<br />

Freiberufler als alleiniger geschäftsführender Gesellschafter der GmbH (so<br />

genannte Einmann-GmbH) auftritt. Denn in diesem Fall ist davon auszugehen,<br />

dass der Freiberufler die GmbH nur aufgrund der Haftungsbegrenzung<br />

gegründet hat. Dann ist der Freiberufler in bezug auf die Frage der Freiheit<br />

seiner Berufsausübung ebenso schutzwürdig, wie wenn er als natürliche<br />

Person auftritt 44 .<br />

C) Der Prüfmaßstab beim Wettbewerbsverbot in der<br />

Viererkonstellation<br />

Es fragt sich, ob die Beurteilung der Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots<br />

mit dem Freiberufler gleichermaßen für die Beurteilung der Wirksamkeit eines<br />

Wettbewerbsverbots gelten, das die übergeordnete Unternehmensbera-<br />

44 Ebenso OLG München, GmbHR 1997, 310 = DB 1997, 923 = EWiR 1997, 467 mit<br />

kritischer Anm. Zimmermann, zur Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.),<br />

ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>: Denn die Einmann-GmbH „stehe und falle“ mit der Person ihrer<br />

alleinigen Gesellschafterin und Geschäftsführerin.<br />

20


Nachvertragliches und vorvertragliches Wettbewerbsverbot<br />

tung in der Viererkonstellation mit der untergeordneten Unternehmensberatung<br />

vereinbart. Das Muster-Wettbewerbsverbot lässt das offen.<br />

Berücksichtigt man, dass der Freiberufler nur seine persönliche Arbeitskraft<br />

zur Verfügung hat, spricht das stark dafür, dass er durch das Wettbewerbsverbot<br />

stärker in der Freiheit seiner Berufsausübung beeinträchtigt wird, als<br />

eine Unternehmensberatung, die viele Freiberufler zur Verfügung hat 45 . Das<br />

spricht dafür, dass die Ausführungen zu der Frage der Wirksamkeit von<br />

Wettbewerbsverboten zwischen der Unternehmensberatung und dem Freiberufler<br />

erst recht für den Fall gelten müssen, dass eine Unternehmensberatung<br />

ein Wettbewerbsverbot mit einer weiteren Unternehmensberatung vereinbart.<br />

Allerdings stellt sich ein Teil der in dieser Arbeit aufgeworfenen Fragen in<br />

dieser Konstellation nicht: So kann die untergeordnete Unternehmensberatung<br />

insbesondere nicht geltend machen, das mit ihr vereinbarte Wettbewerbsverbot<br />

verstoße gegen § 74 Abs. 2 HGB, weil sie wie ein Arbeitnehmer<br />

oder eine arbeitnehmerähnliche Person einzustufen sei. Denn § 74<br />

Abs. 2 HGB dient nur dem Schutz natürlicher Personen, und ist mithin für<br />

Unternehmensberatungen, die mit einer Vielzahl von Freiberuflern arbeiten,<br />

nicht anwendbar.<br />

D) Nachvertragliches und vorvertragliches Wettbewerbsverbot<br />

Es gibt in der Praxis neben den Wettbewerbsverboten während der Dauer<br />

des Vertragsverhältnisses und den nachvertraglichen Wettbewerbsverboten<br />

so genannte vorvertragliche Wettbewerbsverbote. Diese können sowohl zwischen<br />

Unternehmensberatung und Freiberufler in der <strong>Dr</strong>eierkonstellation als<br />

auch zwischen übergeordneter Unternehmensberatung und untergeordneter<br />

Unternehmensberatung in der Viererkonstellation vereinbart werden.<br />

Die Unternehmensberatungen haben an einem vorvertraglichen Wettbewerbsverbot<br />

ein im Vergleich zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot<br />

noch stärkeres Interesse: Schließlich besteht die Gefahr, dass der Freiberufler<br />

nach der Vorstellung beim Kunden direkt für diesen tätig wird, schon –<br />

und erst recht – im Stadium der Vertragsanbahnung. Zu diesem Zeitpunkt<br />

hat die Unternehmensberatung ihre Akquisitionsleistung bereits voll er-<br />

45 Ähnlich OLG München, GmbHR 1997, 310 = DB 1997, 923 = EWiR 1997, 467 mit<br />

kritischer Anm. Zimmermann, zur Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.),<br />

ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

21


Interessenbewertung<br />

bracht, dafür allerdings noch keine Gegenleistung in Form der Tätigkeit des<br />

Freiberuflers beim Kunden über die Unternehmensberatung erhalten 46 .<br />

In der Viererkonstellation kommt dabei für die übergeordnete Unternehmensberatung<br />

die Gefahr dazu, dass die untergeordnete Unternehmensberatung<br />

den Freiberufler nicht oder nicht wirksam durch ein Wettbewerbsverbot<br />

bindet 47 . In diesem Fall kann der Freiberufler ohne Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot<br />

beim Endkunden tätig werden.<br />

§ 6 Die Interessenbewertung unter besonderer<br />

Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten<br />

Rechtspositionen<br />

Die Auslegung und Beurteilung der Wirksamkeit von Wettbewerbsverboten<br />

anhand von § 138 BGB wird nach dem BVerfG 48 durch die Wertentscheidung<br />

des Art. 12 GG mit bestimmt. Damit wurzelt die Problematik bei der<br />

Beurteilung der Wirksamkeit von Wettbewerbsverboten im Spannungsfeld<br />

der widerstreitenden Interessen der grundgesetzlich in Art. 12 GG geschützten<br />

Berufsfreiheit des Freiberuflers auf der einen und dem Interesse der Unternehmensberatung(en)<br />

an Kundenschutz auf der anderen Seite. Nur wenn<br />

sich die rechtliche Bewertung dieser Interessen die Waage hält, kann das<br />

Wettbewerbsverbot, gemessen an § 138 BGB wirksam sein. Wenn die Unternehmensberatung<br />

den Freiberufler dagegen durch das Wettbewerbsverbot<br />

zu sehr in dessen Berufsausübungsfreiheit einschränkt, ist das Wettbewerbsverbot<br />

wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 BGB unwirksam.<br />

Im Folgenden werden die Interessen von Freiberufler und Unternehmensberatung<br />

zunächst dargestellt, sondern in rechtlicher Hinsicht bewertet.<br />

A) Interessen des Freiberuflers<br />

Zugunsten des Freiberuflers lassen sich zwei wesentliche Argumentationslinien<br />

anführen: Die erste geht dahin, dass der Freiberufler selbst durch das<br />

Wettbewerbsverbot übermäßig in der Freiheit seiner Berufsausübung eingeschränkt<br />

werde. Die zweite geht dahin, dass der Endkunde durch das Wettbewerbsverbot<br />

unangemessen benachteiligt werde, weil dieses den Freiberufler<br />

daran hindert, nach Beendigung seines Vertrags mit der Unternehmensberatung<br />

unmittelbar für den Endkunden tätig zu werden.<br />

46 Vgl. § 10 B) IV. 5.<br />

47 Vgl. § 15 A).<br />

48 BVerfG NJW 1990, 1469 ff.<br />

22


Interessen des Freiberuflers<br />

I. Übermäßige Benachteiligung des Freiberuflers<br />

Der Freiberufler hat ein Interesse daran, seine berufliche Tätigkeit frei zu<br />

wählen und diese frei auszuüben, d.h. der Freiberufler will nach seiner freien<br />

Wahl ohne Einschränkung für alle Unternehmensberatungen und Kunden<br />

tätig werden dürfen. Der Freiberufler beruft sich damit auf den (Kern-)<br />

Schutzbereich des Art. 12 GG: Art. 12 GG gewährleistet neben der freien<br />

Berufswahl die freie Berufsausübung 49 .<br />

Art. 12 GG ist eine besondere Ausprägung des Rechts des einzelnen Staatsbürgers<br />

gegen Eingriffe der Staatsgewalt in die freie Entfaltung der Persönlichkeit<br />

und damit nach seiner Entstehungsgeschichte zwar ein (typisches)<br />

Abwehrrecht gegen Eingriffe der Staatsgewalt 50 , auch wenn das aus dem<br />

Wortlaut des Art. 12 GG nicht unmittelbar hervorgeht 51 . Seit der Lüth/Harlan-Entscheidung<br />

des BVerfG 52 ist allerdings anerkannt, dass die Grundrechte<br />

auch mittelbare <strong>Dr</strong>ittwirkung im Privatrechtsverkehr entfalten und damit<br />

zugleich eine objektive Wertordnung auch für den Privatrechtsverkehr bilden<br />

53 . Diese objektive Wertordnung wird im Privatrecht vor allem mittels<br />

der wertausfüllungsfähigen und wertausfüllungsbedürftigen Begriffe und<br />

Generalklauseln wie etwa in § 138 BGB realisiert 54 .<br />

Dementsprechend muss bei der Prüfung der Frage, ob vertragliche Regelungen<br />

gegen § 138 BGB verstoßen, die in Art. 12 Abs. 1 GG zum Ausdruck<br />

kommende Wertentscheidung des Grundgesetzes für die Freiheit des Berufs<br />

beachtet werden 55 . Das gilt auch, wenn sich ein Vertragspartner zur Unter-<br />

49 AK-GG-Rittstieg, Art. 12, Rdnr. 59; Manssen, in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG I,<br />

Art. 12, Rdnr. 2.; Schmidt-Bleibtreu, in Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Art. 12, Rdnr. 1;<br />

Wielandt, in <strong>Dr</strong>eier (Hrsg.), GG, Art. 12 Rdnr. 25; Jarass/Pieroth, GG, Art. 12, Rdnr.<br />

8; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 808; Scholz, in Maunz/Dürig, GG, Art. 12,<br />

Rdnr. 1.<br />

50 Siehe Jarass/Pieroth, GG, Art. 12, Rdnr. 8; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 809;<br />

Scholz, in Maunz/Dürig, GG, Art. 12 Rdnr. 114.<br />

51 Vgl. Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 59.<br />

52 BVerfGE 7, 198 ff. = NJW 1958, 257; st.Rspr.<br />

53 BVerfGE 7, 198, 205; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 76; Jarass/Pieroth, GG,<br />

Vorb. vor Art. 1, Rdnr. 4; AK-GG-Stein, vor Art. 1, Rdnr. 29; Klein, in Schmidt-<br />

Bleibtreu/Klein, GG, Einl., Rdnr. 48; Starck, in v.Mangoldt/Stein/Starck, GG, Art. 1,<br />

Rdnr. 178 ff.; im Ergebnis ebenso: <strong>Dr</strong>eier, in <strong>Dr</strong>eier (Hrsg.), GG, Vorb., Rdnr. 55.<br />

54 BVerfGE 7, 198, 206; BGH NJW 1991, 699. – Das ist die so genannte Ausstrahlungswirkung<br />

bzw. mittelbare <strong>Dr</strong>ittwirkung, vgl. Jarass/Pieroth, GG, Vorb. vor Art. 1, Rdnr.<br />

11 f.; AK-GG-Denninger, vor Art. 1, Rdnr. 31 f.; Starck, in v.Mangoldt/Klein/ Starck,<br />

GG, Art. 1, Rdnr. 271 ff.<br />

55 BVerfG NJW 1990, 1469 ff.; Palandt-Heinrichs, BGB, § 138, Rdnr. 104 m.w.N.<br />

23


Interessenbewertung<br />

lassung oder zur Beachtung bestimmter Beschränkungen bei der Ausübung<br />

seines Berufes verpflichtet 56 .<br />

Die Problematik bei der Anwendung der objektiven Wertordnung der<br />

Grundrechte im Privatrechtsverkehr besteht darin zu entscheiden, in welchen<br />

Fällen die Vertragsfreiheit und in welchen die Berufsausübungsfreiheit<br />

den Vorrang verdient. Diese Frage verträgt keine schematische Antwort 57 .<br />

Vielmehr ist es Aufgabe der Rechtsprechung, fallweise Lösungen zu entwickeln.<br />

Diese Aufgabe hat die Rechtsprechung bisher im Hinblick auf Wettbewerbsverbote<br />

mit IT-Freiberuflern nicht erfüllt 58 .<br />

Es fragt sich, ob die Unternehmensberatung sich darauf berufen kann, die<br />

Vertragspartner stünden sich gleichberechtigt gegenüber, so dass ihr – der<br />

Unternehmensberatung – ein eher weiter Raum für Beschränkungen der Berufsfreiheit<br />

des Freiberuflers zuzubilligen sei. Das bedeutete, dass die Grenze<br />

zur Sittenwidrigkeit i.S.d. § 138 BGB erst dann überschritten wäre, wenn<br />

das Wettbewerbsverbot die Dispositionsmöglichkeit des Verpflichteten derart<br />

übermäßig beschränkte, dass es dessen wirtschaftliche Existenz angriffe<br />

59 .<br />

Das LG Frankfurt am Main 60 hat die Auffassung vertreten, diese Überlegung<br />

widerspreche der verfassungsmäßigen Grundentscheidung für die Freiheit<br />

des Berufs. Auch bei einer derartigen Sachlage sei eine Abwägung zwischen<br />

dem Schutzbedürfnis der Unternehmensberatung und den Auswirkungen erforderlich,<br />

die das Wettbewerbsverbot auf die berufliche Dispositionsmöglichkeit<br />

des Freiberuflers habe. Das LG Frankfurt am Main ist bei dieser<br />

Abwägung zu dem Ergebnis gekommen, dass eine wegen Verstoßes gegen<br />

§ 138 BGB übermäßige Beeinträchtigung der Berufsfreiheit auch bei sich<br />

gleichberechtigt gegenüberstehenden Vertragspartnern zur Unwirksamkeit<br />

des Wettbewerbsverbots führe 61 .<br />

Das LG Frankfurt am Main hat seine Entscheidung mit dem Hinweis auf ein<br />

Urteil des BAG 62 begründet, nach dem die Maßstäbe des BGH für die Wirksamkeit<br />

von Wettbewerbsverboten auch bei hochbesoldeten Mitarbeitern<br />

gälten. Dieses Urteil des BAG betraf den Fall eines festangestellten Ver-<br />

56 Vgl. LG Frankfurt/Main, Urteil vom 13.1.1992, 2/21 O 311/91, unveröffentlicht.<br />

57 Ebenso AK-GG-Denninger, GG, vor Art. 1, Rdnr. 32.<br />

58 Vgl. § 11 C) III.<br />

59 BGH NJW 1991, 699 ff.; LG Frankfurt/Main, Urteil vom 13.1.1992, 2/21 O 311/91,<br />

unveröffentlicht.<br />

60 LG Frankfurt/Main, Urteil vom 13.1.92, 2/21 O 311/91, unveröffentlicht.<br />

61 LG Frankfurt/Main, Urteil vom 13.1.92, 2/21 O 311/91, unveröffentlicht.<br />

62 BAG NJW 1976, 342 ff.<br />

24


Interessen des Freiberuflers<br />

kaufsleiters der Niederlassung eines Wäschedienstes. Der Entscheidung des<br />

BAG ist insoweit zuzustimmen, als es in bezug auf Festangestellte keinen<br />

Unterschied machen darf, wie hoch die Höhe der Vergütung ist, weil ein<br />

Festangestellter persönlich abhängig von seinem Arbeitgeber und deshalb in<br />

arbeitsrechtlicher Hinsicht schutzwürdig ist 63 . Die Entscheidung des BAG<br />

gibt allerdings für die Frage der Beurteilung der Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots<br />

mit einem Freiberufler nichts her.<br />

Das LG Frankfurt am Main hat seine Entscheidung weiterhin mit einem<br />

Hinweis ein Urteil des OLG Köln 64 begründet. Dieses Urteil betraf den Fall<br />

eines Fahrlehrers, der als freier Mitarbeiter tätig geworden war. Das OLG<br />

Köln hatte allerdings entschieden, dass mit einem freiberuflich tätigen Fahrlehrer<br />

ein Wettbewerbsverbot wirksam vereinbart werden durfte. Der Hinweis<br />

auf das Urteil des OLG Köln passt deshalb nicht. – Davon abgesehen<br />

wäre die Analogie des LG Frankfurt am Main vom Fahrlehrer zum IT-<br />

Freiberufler abzulehnen: Für den IT-Freiberufler gelten branchenspezifische<br />

Besonderheiten. Diese führen dazu, dass Urteile aus anderen Branchen nicht<br />

ohne weiteres auf die IT-Branche übertragen werden dürfen 65 .<br />

Im Ergebnis ist der Auffassung des LG Frankfurt am Main allerdings zuzustimmen.<br />

Denn auch bei sich gleichberechtigt gegenüberstehenden Vertragspartnern<br />

muss eine übermäßige Beeinträchtigung der Berufsfreiheit zur<br />

Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots führen, weil der Umstand, dass sich<br />

zwei gleich starke Verhandlungspartner gegenüberstehen, nicht die gesetzlichen<br />

Schutzvorschriften, insbesondere § 138 BGB, aushebelt. § 138 BGB<br />

sieht vielmehr – im Gegensatz zu § 9 AGBG – gerade vor, dass sich zwei<br />

gleichberechtigte Vertragspartner gegenüberstehen, die sich die Vertragsfreiheit<br />

für ihr Rechtsverhältnis zunutze machen. Wenn dabei die eine Seite<br />

die andere Seite übermäßig in der Berufsausübungsfreiheit beeinträchtigt,<br />

führt das zur Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots wegen Verstoßes gegen<br />

§ 138 BGB 66 .<br />

II. Beeinträchtigung der Interessen des Endkunden<br />

Der Freiberufler kann sich zumindest im Ansatz auch auf die Interessen des<br />

Endkunden berufen: Weil der Endkunde die Dienste des Freiberuflers dringend<br />

benötige, dürfe die Unternehmensberatung den Freiberufler nicht<br />

63 Beim Freiberufler kommt der Höhe der Vergütung dagegen eine entscheidende Bedeutung<br />

zu, es sei denn, der Freiberufler wird in Wirklichkeit persönlich abhängig beschäftigt,<br />

vgl. § 7 A) II. 2. c) cc) (2) und § 7 B) IV. 4. d) bb).<br />

64 OLG Köln, OLGZ 67, 397 f.<br />

65 Vgl. § 7 B) IV. 4. d) bb).<br />

66 Vgl. § 10.<br />

25


Interessenbewertung<br />

durch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vom Endkunden abschneiden.<br />

Das Wettbewerbsverbot zwischen Freiberufler und Unternehmensberatung<br />

benachteilige deshalb nicht nur den Freiberufler in seiner Freiheit der<br />

Berufsausübung unangemessen, sondern auch den Endkunden, weil dieser<br />

in seiner Auswahlfreiheit unbillig eingeschränkt werde.<br />

Das sind Erwägungen, die außerhalb des Vertragsverhältnisses zwischen<br />

Freiberufler und Unternehmensberatung Wirkung entfalten und die Auswirkungen<br />

auf die wettbewerbliche Situation berücksichtigen 67 .<br />

B) Interessen der Unternehmensberatung<br />

Die Unternehmensberatung verfolgt mit dem Wettbewerbsverbot das Ziel,<br />

den von ihr aufgebauten Kundenstamm für eine bestimmte Zeit nach Beendigung<br />

des Vertrags mit dem Freiberufler für sich zu schützen: Sie will<br />

durch das Wettbewerbsverbot verhindern, dass der Freiberufler, dem sie den<br />

Kontakt zu ihrem Kunden vermittelt hat, diesen Kontakt für eine bestimmte<br />

Dauer nach Beendigung der Tätigkeit für die Unternehmensberatung wirtschaftlich<br />

allein für sich verwertet.<br />

I. Absicherung der Akquisitionstätigkeit<br />

Das Interesse der Absicherung ihrer Akquisitionstätigkeit hat für die Unternehmensberatung<br />

vitale Bedeutung: Wenn das Wettbewerbsverbot unwirksam<br />

wäre, hätte das im Ergebnis faktisch zur Konsequenz, dass der Freiberufler<br />

nur sehr kurzfristig beim Endkunden tätig zu werden brauchte. Im Extremfall<br />

könnte der Freiberufler seinen Vertrag mit der Unternehmensberatung<br />

direkt nach Bekanntgabe des Kunden durch die Unternehmensberatung<br />

zum nächstmöglichen Zeitpunkt kündigen und unmittelbar für den Endkunden<br />

tätig werden. Das ist bedenklich, weil dann die mit hohem kostenmäßigen<br />

Aufwand verbundene Akquisitionsleistung der Unternehmensberatung<br />

sanktionslos untergraben werden könnte.<br />

Die Unternehmensberatung könnte dem nur dadurch entgegenwirken, dass<br />

sie ihr Wettbewerbsverbot durch die Zusage einer Karenzentschädigung absicherte.<br />

Das ist allerdings in der Praxis nicht durchführbar: Die Unternehmensberatung<br />

verliert ihre Konkurrenzfähigkeit, wenn sie die Zusage einer<br />

Karenzentschädigung gibt, weil sie für diese in betriebswirtschaftlicher Hinsicht<br />

eine Rücklage bilden muss. Diese zusätzlichen Kosten kann sie letzt-<br />

67 Das ist der Ansatzpunkt dafür, dass das Wettbewerbsverbot zwischen der Unternehmensberatung<br />

und dem Freiberufler möglicherweise wegen Verstoßes gegen § 1 GWB<br />

unwirksam ist: Diese Regelung dient dem Schutz des Endkunden, vgl. § 8.<br />

26


Interessen der Unternehmensberatung<br />

lich nur über eine Erhöhung der Preise abfangen. Der Endkunde wird aber<br />

diejenige Unternehmensberatung beauftragen, die die vergleichbare Leistung<br />

– Seriosität vorausgesetzt – am preisgünstigsten anbietet.<br />

Diese Überlegung zeigt, dass die einzelne Unternehmensberatung in kaufmännischer<br />

Hinsicht selbst dann keine Zusage einer Karenzentschädigung<br />

geben könnte, wenn sie das wollte. Davon zu trennen ist die im Rahmen dieser<br />

Arbeit zu behandelnde Rechtsfrage, ob das Wettbewerbsverbot zu seiner<br />

Wirksamkeit der Zusage einer Karenzentschädigung überhaupt bedarf 68 .<br />

II. Besonderheiten in der Viererkonstellation<br />

Die Gefahr der Abwerbung des Freiberuflers durch den Endkunden wird in<br />

der Viererkonstellation besonders virulent. Hier sind zwei Fälle zu unterscheiden:<br />

Ist die Unternehmensberatung Hauptauftragnehmer (übergeordnete<br />

Unternehmensberatung), hat sie ein Interesse daran, dass der Freiberufler<br />

der untergeordneten Unternehmensberatung durch ein Wettbewerbsverbot<br />

gebunden wird, damit dieser nicht unmittelbar beim Endkunden tätig wird.<br />

Das kann zum Ersten dadurch geschehen, dass sie eine eigene Vereinbarung<br />

mit dem Freiberufler trifft. Diese Vereinbarung enthält in der Praxis häufig<br />

kaum mehr an Regelungen als das Wettbewerbsverbot 69 . Das kann zum<br />

zweiten dadurch geschehen, dass die übergeordnete Unternehmensberatung<br />

eine garantiemäßige Einstandspflicht der untergeordneten Unternehmensberatung<br />

für Wettbewerbsverstöße der von dieser eingesetzten Freiberufler<br />

vereinbart.<br />

Würde die übergeordnete Unternehmensberatung weder das eine noch das<br />

andere tun, stünde sie schutzlos für den Fall, dass der Freiberufler unmittelbar<br />

beim Endkunden tätig wird. Denn das Wettbewerbsverbot, das die übergeordnete<br />

Unternehmensberatung mit der untergeordneten Unternehmensberatung<br />

vereinbart, läuft ohne eine garantiemäßige Einstandspflicht der untergeordneten<br />

Unternehmensberatung für Wettbewerbsverstöße der von dieser<br />

eingesetzten Freiberufler leer 70 .<br />

Es fragt sich, ob die untergeordnete Unternehmensberatung sich in der Viererkonstellation<br />

darauf berufen darf, sie habe eine Akquisitionsleistung er-<br />

68 Siehe § 7 B).<br />

69 Das ist ein deutliches Indiz dafür, dass die Unternehmensberatung mit dem Wettbewerbsverbot<br />

den Kernbereich ihrer vertraglichen Tätigkeit mit dem Freiberufler regelt.<br />

Das wiederum hat Konsequenzen im Hinblick auf die Frage, ob die Wirksamkeit von<br />

Wettbewerbsverboten zwischen Unternehmensberatungen und Freiberuflern anhand<br />

von § 9 AGBG überprüft werden darf, vgl. § 9 C) II. 2.<br />

70 Siehe § 15 B).<br />

27


Interessenbewertung<br />

bracht, die als rechtlich anerkennenswertes Interesse an ihrem Wettbewerbsverbot<br />

bewertet werden darf. Dagegen spricht, dass in dieser Konstellation<br />

die übergeordnete Unternehmensberatung den Endkunden und damit das<br />

konkrete Projekt akquiriert hat. Dafür kann sprechen, dass die untergeordnete<br />

Unternehmensberatung die übergeordnete Unternehmensberatung – also<br />

den Hauptauftragnehmer – akquiriert hat. Die Frage ist mithin, ob die Akquisition<br />

der übergeordneten Unternehmensberatung der Akquisition des<br />

Endkunden gleichzustellen ist oder zumindest ähnlich behandelt werden<br />

darf.<br />

Die Leistung der Akquisition der übergeordneten Unternehmensberatung ist<br />

nicht zu unterschätzen. In der IT-Branche gibt es den Begriff „preferred<br />

supplier“ 71 : Vor allem große Kunden vergeben ihre Aufträge nur ungern an<br />

kleine Unternehmensberatungen und erst recht nicht unmittelbar an Freiberufler<br />

– insbesondere nicht an solche, die sie aus einer bisherigen Zusammenarbeit<br />

noch nicht kennen 72 . Das gleiche Phänomen zeigt sich eine Stufe<br />

tiefer: Große Unternehmensberatungen schalten für die von ihnen akquirierten<br />

Aufträge einige wenige kleine Unternehmensberatungen ein.<br />

Das spricht entscheidend dafür, die Akquisition der übergeordneten Unternehmensberatung<br />

der Akquisition des Endkunden gleichzusetzen. Das in der<br />

Praxis häufig verwendete Argument, in der Viererkonstellation habe die untergeordnete<br />

Unternehmensberatung keine Akquisitionsleistung erbracht, die<br />

man als rechtlich anerkennenswertes Interesse zu berücksichtigen habe, ist<br />

deshalb nicht vertretbar.<br />

C) Wettbewerbsverbot als Ausgleich der Interessenkollision<br />

Die Interessenkollision zwischen Freiberufler und Unternehmensberatung<br />

bedarf eines Ausgleichs, es sei denn, man gelangt bei der Abwägung zu dem<br />

Ergebnis, Wettbewerbsverbote mit Freiberuflern seien generell unzulässig.<br />

Ob das der Fall ist, wird im Folgenden anhand der Vorgaben des BVerfG erörtert.<br />

Dabei wird zunächst auf die Frage eingegangen, ob das Wettbewerbsverbot<br />

im Ansatz einen Ausgleich der Interessenkollision beinhaltet oder ob das<br />

Wettbewerbsverbot zu einseitig das Interesse der Unternehmensberatung an<br />

71 Das kann mit „bevorzugter Anbieter“ übersetzt werden.<br />

72 Das ist der Grund dafür, warum die Endkunden in der Praxis während der Einarbeitungszeit<br />

von vier bis sechs Wochen den kostenlosen Austausch eines von der Unternehmensberatung<br />

gestellten Freiberuflers ohne Angabe von Gründen verlangen und<br />

das aufgrund ihrer Marktmacht auch durchsetzen können, vgl. § 12 C).<br />

28


Wettbewerbsverbot als Ausgleich der Interessenkollision<br />

Kundenschutz berücksichtigt. Einzelheiten zu der Ausgestaltung der einzelnen<br />

Probleme im Hinblick auf die Frage, ob das Wettbewerbsverbot einen<br />

angemessenen Ausgleich der widerstreitenden Interessen enthält, werden in<br />

den §§ 7 bis 13 behandelt.<br />

I. Die Vorgabe des BVerfG<br />

Das BVerfG 73 hat vorgegeben, dass die Feststellung und Beachtung des Vertragsinhalts<br />

nicht ausreicht, die Verurteilung zur Wettbewerbsunterlassung<br />

zu rechtfertigen. Die Privatautonomie besteht vielmehr nur im Rahmen der<br />

geltenden Gesetze; diese seien ihrerseits an die Grundrechte gebunden. Das<br />

Grundgesetz wolle keine wertneutrale Ordnung sein, sondern habe in seinem<br />

Grundrechtsabschnitt objektive Grundentscheidungen getroffen, die für<br />

alle Bereiche des Rechts, also auch für das Zivilrecht gälten. Keine bürgerlich-rechtliche<br />

Vorschrift dürfe deshalb in Widerspruch zu den Prinzipien<br />

stehen, die in den Grundrechten zum Ausdruck kämen. Das gelte vor allem<br />

für diejenigen Vorschriften des Privatrechts, die zwingendes Recht enthielten<br />

und damit der Privatautonomie Schranken setzten 74 .<br />

Zu diesem Beschluss ist es wichtig zu wissen, dass diesem die Frage<br />

zugrunde gelegen hatte, ob mit einem Handelsvertreter ein Wettbewerbsverbot<br />

ohne Entschädigung vereinbart werden darf. Das BVerfG hat diese Frage<br />

verneint. Aufgrund dieser Entscheidung ist die gesetzliche Regelung des<br />

Wettbewerbsverbots mit einem Handelsvertreter in § 90a HGB dahingehend<br />

angepasst worden, dass nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit Handelsvertretern<br />

nur wirksam vereinbart werden dürfen, wenn der Handelsvertreter<br />

als Ausgleich für das Unterlassen von Wettbewerb eine angemessene Entschädigung<br />

erhält.<br />

Bei der Frage, ob Wettbewerbsverbote mit Handelsvertretern nur gegen Zusage<br />

einer Karenzentschädigung wirksam vereinbart werden dürfen, ist zu<br />

berücksichtigen, dass ein Handelsvertreter während seiner Tätigkeit einen<br />

Kundenstamm aufbaut 75 . Ein Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigung<br />

schneidet den Handelsvertreter deshalb für die Zukunft von dem von ihm<br />

aufgebauten Kundenstamm insgesamt ab. Das benachteiligt den Handelsvertreter<br />

unangemessen in der Freiheit seiner Berufsausübung, weil der Handelsvertreter<br />

durch den Aufbau des Kundenstamms für den Auftraggeber<br />

Anspruch auf eine adäquate Gegenleistung hat, wenn er den Wettbewerb unterlassen<br />

soll. Dem Beschluss des BVerfG ist deshalb zuzustimmen.<br />

73 BVerfG NJW 1990, 1469 ff.<br />

74 BVerfG NJW 1990, 1469 ff.; BVerfGE 7, 198, 205 f.<br />

75 Vgl. Zahrnt, BB-Beil. 1993, Beil. 13, 14.<br />

29


Interessenbewertung<br />

Das hat eine wichtige Folge: Für die Frage der Beurteilung der Wirksamkeit<br />

des Wettbewerbsverbots mit dem IT-Freiberufler ist im Hinblick auf die<br />

Frage, ob dieses ohne Zusage einer Karenzentschädigung wirksam ist, ebenfalls<br />

darauf abzustellen, ob der Freiberufler für die Unternehmensberatung<br />

eine Leistung erbracht hat, die es rechtfertigt, dass die Unternehmensberatung<br />

den Freiberufler nicht entschädigungslos vom Endkunden abschneiden<br />

darf.<br />

II. Der Schutz der Grundrechte<br />

Es fragt sich, wie das Interesse des Freiberuflers an ungehinderter Berufsausübung<br />

innerhalb der vom BVerfG und dem BGH geforderten Wertentscheidung<br />

ins Verhältnis zum Interesse der akquirierenden<br />

Unternehmensberatung(en) an Kundenschutz zu setzen ist. Weil alle<br />

Grundrechte nur in den Schranken der Grundrechte anderer bestehen 76 ,<br />

bedarf es dazu einer Interessenabwägung im Einzelnen 77 .<br />

Das Interesse des Freiberuflers an der Freiheit der Berufsausübung darf dabei<br />

nicht als von vornherein vorrangig bewertet werden, weil bei der Interessenabwägung<br />

sämtliche in Betracht kommenden grundrechtlich geschützten<br />

Interessen der Beteiligten zu berücksichtigen sind 78 . Nur so kann sichergestellt<br />

werden, dass die konkreten Kollisionen der grundrechtlich geschützten<br />

Positionen im Sinne einer praktischen Konkordanz bzw. eines nach beiden<br />

Seiten hin schonendsten Ausgleichs ausgeglichen werden können 79 . Dabei<br />

ist zunächst sorgfältig zu prüfen, ob die Interessen der Beteiligten überhaupt<br />

in den Schutzbereich eines Grundrechts fallen. Denn anderenfalls<br />

können sie nicht mit den Grundrechten anderer kollidieren 80 .<br />

Bei der gebotenen Abwägung aller Umstände des Einzelfalls sind die betroffenen<br />

Grundrechte im Konfliktfall nach Möglichkeit zum Ausgleich zu<br />

bringen 81 . Nur wenn sich das nicht erreichen lässt, ist unter Berücksichtigung<br />

der falltypischen Gestaltung und der besonderen Umstände des Einzel-<br />

76 Jarass/Pieroth, GG, Vorb. vor Art. 1, Rdnr. 49; <strong>Dr</strong>eier, in <strong>Dr</strong>eier (Hrsg.), GG, Vorb.,<br />

Rdnr. 91; Starck, in v.Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 1, Rdnr. 274 ff.; Scholz, in<br />

Maunz/Dürig, GG, Art. 12, Rdnr. 10.<br />

77 BVerfGE, 30, 173, 195.<br />

78 BVerfGE, 93, 1, 21.<br />

79 Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 325; Jarass/Pieroth, GG, Vorb. vor Art. 1, Rdnr.<br />

49; Schulze-Fielitz, in <strong>Dr</strong>eier (Hrsg.), GG, Art. 2, Rdnr. 35.<br />

80 Vgl. Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 320; Jarass/Pieroth, GG, Vorb. vor Art. 1,<br />

Rdnr. 45; Starck, in v.Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 1, Rdnr. 274.<br />

81 BVerfGE, 81, 278, 292.<br />

30


Wettbewerbsverbot als Ausgleich der Interessenkollision<br />

falls zu entscheiden, welches Interesse zurückzutreten hat 82 . Dabei sind<br />

sämtliche Aspekte des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu beachten 83 .<br />

1. Schutzbereich des Art. 12 GG<br />

Art. 12 GG schützt die Möglichkeit der freien Ausübung des Berufs und<br />

damit die Erwerbstätigkeit. Gewiss kann sich der Freiberufler als natürliche<br />

Person auf den Schutz dieser grundrechtlichen Regelung berufen: Denn diese<br />

bildet die Grundlage dafür, dass das Wettbewerbsverbot zwischen Freiberufler<br />

und Unternehmensberatung möglicherweise unwirksam ist 84 .<br />

Auf den Schutz des Art. 12 GG kann sich allerdings nicht nur der Freiberufler,<br />

sondern auch die Unternehmensberatung berufen. Denn der Schutz der<br />

Grundrechte besteht gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch für juristische Personen,<br />

soweit die Grundrechte ihrem Wesen nach auf solche anwendbar sind 85 .<br />

Deshalb kommt in Betracht, dass der Freiberufler möglicherweise in unzulässiger<br />

Weise in die Freiheit der Berufsausübung der Unternehmensberatung<br />

als deren rechtlich geschützte Position eingreift. Das setzt voraus, dass<br />

der Freiberufler durch seine unmittelbare Tätigkeit beim (bisherigen) Kunden<br />

der Unternehmensberatung die Akquisitionsleistung der Unternehmensberatung<br />

in wettbewerbsrechtlich unzulässiger Weise zu seinen Gunsten<br />

ausnutzt 86 .<br />

Zwar liegt das Eindringen in einen fremden Kundenkreis und das Ausspannen<br />

von Kunden, selbst wenn es zielbewusst und systematisch erfolgt, im<br />

Wesen des Wettbewerbs. Daraus folgt, dass das Eindringen in den fremden<br />

Kundenkreis erst dann wettbewerbswidrig wird, wenn besondere, die Unlauterkeit<br />

begründende Umstände hinzutreten 87 . Es ist allerdings nicht ausgeschlossen,<br />

dass diese Umstände beim Handeln des Freiberuflers gegeben<br />

sind 88 .<br />

Für die Bestimmung des Schutzbereichs des Art. 12 GG ist jedenfalls festzuhalten,<br />

dass auch die Unternehmensberatung sich auf den Schutz von<br />

Art. 12 GG berufen kann.<br />

82 BVerfGE, 35, 202, 225; 59, 231, 261 ff.; 67, 213, 228; Jarass/Pieroth, Vorb. vor<br />

Art. 1, Rdnr. 49 m.w.N.<br />

83 Jarass/Pieroth, GG, Vorb. vor Art. 1, Rdnr. 49.<br />

84 BVerfG NJW 1990, 1469 ff.<br />

85 Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 142 ff.<br />

86 Vgl. § 10 B) I. 4.<br />

87 Köhler/Piper, UWG, § 1, Rdnr. 84, 87.<br />

88 Vgl. § 10 B) I. 4.<br />

31


Interessenbewertung<br />

2. Zum Schutzbereich des eingerichteten und ausgeübten<br />

Gewerbebetriebs<br />

Die Unternehmensberatung kann sich möglicherweise zudem auf den<br />

Schutzzweck des Art. 14 GG berufen. Es ist umstritten, ob bzw. inwieweit<br />

Art. 14 GG das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb<br />

gewährleistet 89 .<br />

a) Abwägung<br />

Es besteht insoweit Einigkeit, als der Schutzzweck des Art. 14 GG im Hinblick<br />

auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht die allgemeinen<br />

Gegebenheiten und Chancen umfasst, innerhalb derer der Unternehmer<br />

seine Tätigkeit entfalten kann. Deshalb können diese selbst dann<br />

keinen bezug zu einem bestimmten einzelnen Gewerbebetrieb haben, wenn<br />

sie für das jeweilige Unternehmen und seine Rentabilität von erheblicher<br />

Bedeutung sein können 90 .<br />

Daraus folgt, dass nur das Recht auf Fortsetzung des Betriebs im bisherigen<br />

Umfang nach den schon getroffenen betrieblichen Maßnahmen geschützt<br />

sein darf 91 , nicht aber künftige Verdienstmöglichkeiten und in der Zukunft<br />

liegende Chancen 92 . Es ist deshalb sinnvoll, im Rahmen des Art. 14 GG<br />

nach dem Bestand und dem Erwerb zu unterscheiden 93 : Nur das, was bereits<br />

erworben ist, unterfällt dem Schutzbereich des Art. 14 GG 94 . Dazu zählen<br />

nicht bloße Umsatz- und Gewinnchancen, Hoffnungen, Erwartungen und<br />

Aussichten 95 . Dazu rechnen ferner nicht bereits bestehende Geschäftsbezie-<br />

89 Das bejahen BGHZ 23, 162 f.; 92, 37; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 159 ff.; Engel,<br />

AöR 1993, 169; Papier, in Maunz/Dürig, GG, Art. 14, Rdnr. 9; Jarass/Pieroth,<br />

GG, Art. 14, Rdnr. 23; Schmidt-Bleibtreu, in Schmidt-Bleibtreu, GG, Art. 14, Rdnr. 3e;<br />

a.A. Wielandt, in <strong>Dr</strong>eier (Hrsg.), GG, Art. 14, Rdnr. 44: Das Recht am Gewerbebetrieb<br />

oder am Unternehmen könne nicht Schutzgegenstand des Art. 14 Abs. 1 GG sein, weil<br />

es an einer entsprechenden Inhaltsbestimmung des Eigentums durch den Gesetzgeber<br />

fehle. Das Recht am Gewerbebetrieb bzw. am Unternehmen habe keine gesetzliche<br />

Grundlage, sondern finde seine Basis ausschließlich im Richterrecht.<br />

90 BGHZ 78, 44 f.; vgl. Jarass/Pieroth, GG, Art. 14, Rdnr. 23 m.w.N.<br />

91 BGHZ 98, 351.<br />

92 BVerfGE 30, 335; 95, 187 f.; BVerwGE 95, 349.<br />

93 Ebenso Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 906 und 912.<br />

94 Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 912; a.A.: Papier, in Maunz/Dürig, GG, Art. 14,<br />

Rdnr. 95.<br />

95 BVerfGE 68, 222; 74, 148.<br />

32


Wettbewerbsverbot als Ausgleich der Interessenkollision<br />

hungen und auch nicht der erworbene Kundenstamm 96 . Art. 14 GG schützt<br />

mithin nur das Ergebnis einer Betätigung, während der Erwerb und damit<br />

die Betätigung als solche allein durch Art. 12 GG geschützt ist 97 .<br />

b) Ergebnis<br />

Weil Art. 14 GG nur das Ergebnis einer Tätigkeit schützt, dürfen vermögenswerte<br />

Positionen nur insoweit geschützt sein, wie der Eigentümer von<br />

Rechts wegen auf ihren Bestand vertrauen darf 98 . Dieser Umstand ist wichtig,<br />

weil Art. 14, Abs. 1 GG, mit dem Eigentum ein bestimmtes Recht schützen<br />

will, nicht aber auf dem Markt realisierbare Vermögenswerte 99 .<br />

Die Unternehmensberatung kann sich in bezug auf den Bestand ihrer Kunden<br />

nicht auf ein derartiges rechtlich anerkennenswertes schutzwürdiges<br />

Vertrauen berufen. Denn der Freiberufler greift durch sein Handeln zwar in<br />

den bereits erworbenen Bestand der Unternehmensberatung ein, nämlich deren<br />

Kundenstamm. Auch sind die Kunden für die Unternehmensberatung<br />

deren entscheidendes wirtschaftlich messbares Gut 100 , so dass der Freiberufler<br />

die Unternehmensberatung durch das Abwerben derer Kunden an der<br />

empfindlichsten Stelle trifft.<br />

Der Bestand eines Kunden ist allerdings für die Zukunft ungewiss. Ein ungewisser<br />

Bestand darf aber nicht schutzwürdig sein, weil die Unternehmensberatung<br />

ihren Kunden auch ohne Zutun des Freiberuflers verlieren<br />

kann. Der Schutz bestehender Kunden über die mittelbare <strong>Dr</strong>ittwirkung von<br />

Art. 14 GG ist deshalb mit einer Wettbewerbsgesellschaft nicht zu vereinbaren.<br />

Die Unternehmensberatung kann sich mithin nicht auf den Schutzzweck<br />

des Art. 14 GG berufen.<br />

III. Bewertung der Interessenlage<br />

Es verbleibt damit für Freiberufler und Unternehmensberatung jeweils der<br />

Schutzbereich des Art. 12 GG. Bei der Interessenbewertung im Rahmen des<br />

Art. 12 GG erscheint der Freiberufler bei einer ersten Näherung als „Einzelkämpfer“<br />

gegenüber der ihn durch das Wettbewerbsverbot bindenden Un-<br />

96 BVerGE 77, 118; BSGE 67, 255; Wielandt, in <strong>Dr</strong>eier (Hrsg.), GG, Art. 14, Rdnr. 42;<br />

Jarass/Pieroth, GG, Art. 14, Rdnr. 23; a.A. Papier, in Maunz/Dürig, GG, Art. 14,<br />

Rdnr. 95; Wendt, in Sachs (Hrsg.), GG, Art. 14, Rdnr. 48.<br />

97 BVerfGE 88, 377; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 912.<br />

98 Ebenso Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 912; ähnlich Jarass/Pieroth, GG:<br />

Schutzwürdig sei das Recht am Gewerbebetrieb insoweit, wie auf die Verwirklichung<br />

der Möglichkeiten ein rechtlich gesicherter Anspruch bestehe.<br />

99 Wielandt, in <strong>Dr</strong>eier (Hrsg.), GG, Art. 14, Rdnr. 44.<br />

100 Zahrnt in Zahrnt (Hrsg.), CVR 10.1.3 (2).<br />

33


Interessenbewertung<br />

ternehmensberatung besonders schutzbedürftig. Auf der anderen Seite ist es<br />

der Freiberufler, der sich durch die unmittelbare Tätigkeit beim Kunden der<br />

Unternehmensberatung unter Ausschaltung der Unternehmensberatung über<br />

den klaren Wortlaut der Unterlassungsverpflichtung aus dem Wettbewerbsverbot<br />

hinwegsetzt.<br />

Man kann deshalb im Ansatz mit der gleichen Berechtigung argumentieren,<br />

die Unternehmensberatung sei vor dem unmittelbaren Tätigwerden des<br />

Freiberuflers bei ihrem Kunden besonders schutzbedürftig. Diese Überlegung<br />

bildet im Ansatz den Grund und die Rechtfertigung für die These, dass<br />

Wettbewerbsverbote keine unzulässige Beschränkung der Grundrechte zur<br />

freien Entfaltung der Persönlichkeit und zur freien Wahl des Arbeitsplatzes<br />

darstellen 101 und mithin nicht verfassungswidrig sind, sondern grundsätzlich<br />

zulässig 102 – unabhängig von der Frage, ob sie zu ihrer Wirksamkeit der Zusage<br />

einer Karenzentschädigung bedürfen.<br />

Gerade der letzte Punkt wird in der allgemeinen Rechtsprechung und Literatur<br />

häufig nicht beachtet: Es wird weniger die Frage gestellt, ob Wettbewerbsverbote<br />

mit Freiberuflern überhaupt wirksam vereinbart werden dürfen,<br />

als die Frage, ob Wettbewerbsverbote mit Freiberuflern unwirksam<br />

sind, weil sie keine Zusage einer Karenzentschädigung vorsähen. Diese spezielle<br />

Frage wird in § 7 B) abgehandelt.<br />

Die IT-spezifische Literatur zur Frage, ob Wettbewerbsverbote mit Freiberuflern<br />

103 wirksam vereinbart werden dürfen, behandelt Wettbewerbsverbote<br />

mit Freiberuflern spärlich: So erörtert Schneider 104 unter dem Stichwort<br />

„Wettbewerbsverbote“ nur nachvertragliche Geheimhaltungspflichten in bezug<br />

auf das bei der Vertragserfüllung gewonnene betriebliche und DV (Datenverarbeitungs)-technische<br />

Know-how. Buchner 105 behandelt entsprechend<br />

101 Im Ergebnis ebenso: BAG AP Nr. 3 zu § 133 f. GewO; AP Nr. 7 zu Art. 12 GG:<br />

BAGE 6, 291; AP Nr. 4 zu § 133 f. GeWO; AP Nr. 20 zu Art. 12 GG = BB 60, 443;<br />

a.A.: Spitzbarth, NJW 1954, 453, 1026 m.Anm. Stree.<br />

102 Ebenso Achterberg, JZ 1975, 713; JZ 1976, 440; v.Hoyningen-Huene, in MüKo-<br />

HGB, § 74 Rdnr. 8 m.w.N.<br />

103 Vgl. zu Wettbewerbsverboten bei Gesellschaften von nicht-IT-spezifischen Freiberuflern,<br />

insbesondere Gemeinschaftspraxen von Ärzten und Rechtsanwalts-Sozietäten<br />

Römermann, Nachvertragliche Wettbewerbsverbote bei Freiberuflern, BB 1998,<br />

1489 ff.; zu Wettbewerbsverboten in Personengesellschaftsverträgen Mayer, Wettbewerbsklauseln<br />

in Personengesellschaftsverträgen, NJW 1991, 23 ff.<br />

104 Schneider, Handbuch des EDV-Rechts, E, Rdnr. 301 und 303.<br />

105 Buchner, Der Schutz von Computerprogrammen und Know-how im Arbeitsverhältnis,<br />

in Lehmann, (Hrsg.), Rechtsschutz, XI, Rdnr. 107 ff.<br />

34


Wettbewerbsverbot als Ausgleich der Interessenkollision<br />

dem Titel seines Aufsatzes nur Wettbewerbsverbote mit Festangestellten,<br />

ebenso Liedtke 106 .<br />

Ott 107 ist der Ansicht, dass Konkurrenzschutzklauseln bei Austauschverträgen<br />

üblich, jedoch nicht uneingeschränkt zulässig seien, sondern nach § 138<br />

Abs. 1 BGB unwirksam sein könnten. In bezug auf den Handlungsgehilfen<br />

verweist er auf die gesetzliche Regelung, dass ein vertragliches Wettbewerbsverbot<br />

mit diesen der Schriftform bedürfe und nur gegen Zahlung einer<br />

Karenzentschädigung gemäß §§ 74 ff. HGB verbindlich sei. Außerdem<br />

sei bei allen Wettbewerbsverboten zu beachten, dass sie den vom Verbot Betroffenen<br />

wegen Art. 12 Abs. 1 GG nicht unangemessen in seiner wirtschaftlichen<br />

Bewegungsfreiheit einschränken dürften und dass die kartellrechtlichen<br />

Vorschriften (§ 1 GWB) zu beachten seien. – Das sind<br />

Selbstverständlichkeiten.<br />

Zahrnt 108 behandelt Wettbewerbsverbote mit IT-Freiberuflern in Form von<br />

Kundenschutzvereinbarungen. Er ist der Auffassung, dass die Kundschaft<br />

das wichtigste Wirtschaftsgut eines Beratungsunternehmens ist, das umfangreich<br />

mit freien Mitarbeitern arbeitet. Deshalb müsse das Beratungsunternehmen<br />

für eine Vereinbarung sorgen dürfen, dass der Freiberufler nicht für<br />

diejenigen Kunden tätig werden darf, für die er über das Beratungsunternehmen<br />

tätig gewesen ist. Die Frage, ob solche Wettbewerbsverbote zeitlich<br />

zu begrenzen seien bzw. was bei einem übermäßig langen Verbot gelten solle,<br />

behandelt Zahrnt nicht.<br />

Im Folgenden wird zu der Frage Stellung genommen, ob Freiberuflern überhaupt<br />

Wettbewerbsverbote auferlegt werden dürfen. Die Frage, ob das möglicherweise<br />

nur mit Zusage einer Karenzentschädigung zulässig ist, wird in<br />

§ 7 B) behandelt.<br />

1. Die Akquisitionsleistung der Unternehmensberatung<br />

Der Kernschutzbereich des Art. 12 GG besteht darin, die Freiheit der Berufswahl<br />

und -ausübung zu gewährleisten. Art. 12 GG unterscheidet dabei<br />

nicht nach Festangestellten oder Freiberuflern und gilt mithin für beide gleichermaßen.<br />

Dabei darf man nicht übersehen, dass Art. 12 GG im Hinblick<br />

auf Festangestellte darauf aufbaut bzw. voraussetzt, dass es akquirierende<br />

Arbeitgeber gibt. Die gleiche Überlegung gilt im Hinblick auf den Freiberufler,<br />

wenn dieser sich lediglich über eine Unternehmensberatung Aufträge<br />

106 Liedtke, in Kilian/Heussen, ComHdB – Kap. 72, Rdnr. 1 ff.<br />

107 Ott, in Heussen/Breidenbach, (Hrsg.), Handbuch, Rdnr. 1492 ff.<br />

108 Zahrnt, in Zahrnt (Hrsg.), CVR 10.1.3 (2).<br />

35


Interessenbewertung<br />

vermitteln lässt und also selbst weder Kunden noch einen konkreten Auftrag<br />

akquiriert.<br />

In der Praxis ist es zwar regelmäßig so, dass Freiberufler am Vorstellungsgespräch<br />

beim Endkunden teilnehmen. Das ist allerdings die einzige Mitwirkung,<br />

die der Freiberufler erbringt, d.h. sämtliche vorgeschalteten Akquisitionsleistungen,<br />

insbesondere die Akquisition des konkreten Projekts und des<br />

Kunden, hat die Unternehmensberatung zu diesem Zeitpunkt bereits erbracht.<br />

Außerdem ist die Teilnahme des Freiberuflers am Vorstellungsgespräch<br />

beim Endkunden notwendig, weil dieser das wünscht: Der Freiberufler<br />

soll schließlich im Projekt des Endkunden tätig werden. Also will dieser<br />

den Freiberufler vorher persönlich kennen lernen 109 . Freiberufler stellen in<br />

einem Projekt deshalb letztlich nicht mehr als ihre Arbeitskraft zur Verfügung.<br />

Daraus folgt, dass für Festangestellte und Freiberufler im Hinblick auf<br />

Art. 12 GG nichts Unterschiedliches gelten darf. Denn Art. 12 GG setzt für<br />

beide voraus, dass es akquirierende Auftraggeber bzw. Arbeitgeber gibt. Der<br />

Kernschutzbereich des Art. 12 GG ist mithin für Festangestellte und Freiberufler<br />

zwar gleichermaßen in bezug auf die Freiheit der Berufsausübung betroffen.<br />

Allerdings ist seine Ausprägung eine andere: Das Gesetz schützt an<br />

verschiedenen Stellen Festangestellte in besonderem Maße, insbesondere<br />

durch Kündigungsschutz und Urlaubsanspruch, sowie, bei Wettbewerbsverboten,<br />

durch die erforderliche Karenzentschädigung. Das sind gesetzliche<br />

Schutzvorschriften speziell für Arbeitnehmer. Auf diese Schutzvorschriften<br />

verzichtet bewusst und gewollt, wer freiberuflich tätig sein will. Deshalb ist<br />

Vorsicht geboten, wenn sich ein Freiberufler auf den Schutzbereich des<br />

Art. 12 GG im Hinblick darauf beruft, Art. 12 GG gebiete es, ihn genauso<br />

zu behandeln wie einen Arbeitnehmer 110 .<br />

Aus den gleichen Gründen ist das Interesse des Freiberuflers an der Freiheit<br />

seiner Berufsausübung nicht stärker zu berücksichtigen als das Interesse der<br />

Unternehmensberatung an wirksamem Kundenschutz: Weil der grundgesetzliche<br />

Schutz der Freiheit der Berufswahl und Berufsausübung voraussetzt,<br />

dass es akquirierende Arbeitgeber bzw. Auftraggeber gibt, müssen die Inte-<br />

109 Etwas anderes ist es, dass der Endkunde sich auf die Vorauswahl der Unternehmensberatung<br />

verlässt: Denn das ist einer der Gründe dafür, dass er die Unternehmensberatung<br />

eingeschaltet hat, siehe § 10 B) I. 1.<br />

110 Diese Überlegung gewinnt insbesondere dann an Bedeutung, wenn der Freiberufler<br />

sich darauf beruft, das mit ihm vereinbarte Wettbewerbsverbot sei mangels Zusage<br />

einer Karenzentschädigung wegen Verstoßes gegen § 74 Abs. 2 HGB unwirksam,<br />

vgl. § 7 B).<br />

36


Ergebnis<br />

ressen dieser Akquirierenden im Ansatz gleichermaßen berücksichtigt bewertet<br />

werden wie die Interessen des Freiberuflers.<br />

2. Zur Notwendigkeit eines angemessenen Ausgleichs<br />

Im Ergebnis ist mithin den Interessen der Unternehmensberatung an einem<br />

wirksamen Kundenschutz der Vorzug gegenüber dem Interesse des Freiberuflers<br />

an einer uneingeschränkten Ausübung dessen beruflicher Tätigkeit zu<br />

geben. Das bedeutet, dass beide Interessen im Ansatz gleichermaßen zu berücksichtigen<br />

sind und dass deshalb ein angemessener Ausgleich zu finden<br />

ist. Es ist kein angemessener Ausgleich, wenn man Wettbewerbsverbote mit<br />

Freiberuflern als generell unwirksam einstuft, weil damit das grundsätzliche,<br />

rechtlich anerkennenswerte Interesse der Unternehmensberatung nicht berücksichtigt<br />

wird.<br />

D) Ergebnis<br />

Das grundsätzliche rechtlich anerkennenswerte Interessen der Unternehmensberatung<br />

bildet die Rechtfertigung für und damit die Antwort auf die<br />

Frage, dass und warum die Unternehmensberatung das Wettbewerbsverbot<br />

mit den von ihr eingesetzten Freiberuflern im Grundsatz vereinbaren darf.<br />

Der Kern der Problematik besteht mithin darin zu entscheiden, welcher<br />

Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen angemessen ist.<br />

Die Frage ist damit, in welchen Grenzen Wettbewerbsverbote vereinbart<br />

werden dürfen. Es gibt seit der reichsgerichtlichen Rechtsprechung zwar<br />

zahlreiche Entscheidungen zur Frage der Wirksamkeit von Wettbewerbsverboten.<br />

Die Frage, welcher Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen<br />

angemessen ist, ist allerdings in Rechtsprechung und Literatur bis heute<br />

ungeklärt. Der BGH 111 hat zwar auf einer abstrakten Ebene die Voraussetzungen<br />

für die Wirksamkeit von Wettbewerbsverboten im Hinblick auf<br />

§ 138 BGB vorgegeben. Welche einzelnen Ausfüllungen dieser abstrakten<br />

Voraussetzungen aber wirksam vereinbart werden dürfen, ist damit aber<br />

nicht gesagt. Außerdem ist ungeklärt, ob das Wettbewerbsverbot zur Wirksamkeit<br />

der Zusage einer Karenzentschädigung bedarf.<br />

Im Folgenden werden die arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften vor einem<br />

möglichen Verstoß gegen die privatrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen<br />

Regelungen geprüft, weil für die Anwendung von §§ 9 AGBG, 138 BGB, 1<br />

111 BGH NJW 1991, 699 ff.<br />

37


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

GWB nur Raum ist, wenn das Wettbewerbsverbot nicht (bereits) wegen Verstoßes<br />

gegen arbeitsrechliche Spezialvorschriften unwirksam ist 112 .<br />

§ 7 Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

Die besondere Ausprägung des grundrechtlichen Schutzes in Art. 12 GG<br />

findet sich für Festangestellte in den arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften.<br />

Im Folgenden wird die Frage behandelt, ob diese arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften<br />

auf IT-Freiberufler Anwendung finden (dürfen).<br />

In Betracht kommt ein Verstoß gegen § 9 AÜG bzw. § 1 Abs. 2 AÜG i.V.m.<br />

§§ 134 BGB, 4 AFG, sowie ein Verstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB. Für den<br />

ersten Normenkomplex ist tatbestandliche Voraussetzung, dass der Freiberufler<br />

als Arbeitnehmer einzustufen ist. Für einen Verstoß gegen § 74 Abs. 2<br />

HGB genügt es unter Umständen, dass der Freiberufler als arbeitnehmerähnliche<br />

Person einzustufen ist 113 . Ein möglicher Verstoß gegen § 9 AÜG wird<br />

vor einem möglichen Verstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB geprüft, weil § 9 Nr. 5<br />

AÜG den Vorschriften des HGB über Wettbewerbsverbote vorgeht 114 .<br />

Auf den ersten Blick mag es abwegig erscheinen, den Freiberufler als Arbeitnehmer<br />

einzustufen. Schließlich beinhaltet der Begriff „Freiberufler“<br />

das, was der Freiberufler will, nämlich frei sein. Das ist ein starkes Indiz für<br />

eine selbständige Beschäftigung 115 . Der Freiberufler ist allerdings in der Regel<br />

vierzig Stunden pro Woche im Auftrag der Unternehmensberatung tätig.<br />

Aufgrund dieser starken Bindung des Freiberuflers im tatsächlichen Sinne<br />

kommt in Betracht, ihn arbeitsrechtlich als Arbeitnehmer einzustufen 116 .<br />

Diese Überlegung wird dadurch unterstützt, dass gerade im Unterauftragnehmerverhältnis<br />

Freie-Mitarbeiter-Verträge die Vermutung indizieren, dass<br />

die für Arbeitnehmerüberlassung typischen Arbeitgeberrisiken umgangen<br />

werden sollen 117 . Dementsprechend kommt in Betracht, dass Arbeitnehmer-<br />

112 Vgl. Baumbach/Hopt, HGB, § 74 Rdnr. 2 m.w.N.<br />

113 Vgl. § 7 B) IV. 4.<br />

114 Vgl. Sandmann/Marschall, AÜG, § 9, Nr. 30; Becker-Wulfgramm, AÜG, Rdnr. 33 zu<br />

§ 9, Franßen-Haesen, AÜG, Rdnr. 36 zu § 9; a.A. Schubel/Engelbrecht, AÜG, Rdnr.<br />

12 zu § 9.<br />

115 Ähnlich Wolff, Probleme freiberuflicher Tätigkeit in abhängiger Stellung, S. 26 ff.:<br />

Der „Freie Beruf“ in abhängiger Stellung sei ein Widerspruch in sich selbst.<br />

116 Vgl. § 7 A) II. 2. b) aa).<br />

117 BSG, AP Nr. 9 zu § 37 AVAVG; LAG Baden-Württemberg, EzA AÜG § 10 AÜG Fiktion<br />

Nr. 30; Ulber, AÜG, Einleitung C, Rdnr. 88.<br />

38


Verstoß gegen § 9 AÜG bzw. § 1 Abs. 2 AÜG i.V.m. §§ 134 BGB, 4 AFG<br />

überlassung vorliegt, wenn ein Unterauftragnehmer im Vertrag ausdrücklich<br />

als „freier Mitarbeiter“ bezeichnet wird 118 .<br />

In der IT-spezifischen Rechtsprechung ist der Freiberufler zum Teil arbeitsrechtlich<br />

als Arbeitnehmer eingestuft worden 119 . Zum Teil ist diese Frage<br />

bewusst offengelassen worden, mit der Begründung, der Freiberufler sei jedenfalls<br />

arbeitnehmerähnliche Person; damit sei der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten<br />

gegeben 120 . Zum Teil ist diese Frage ausdrücklich verneint<br />

worden 121 .<br />

A) Verstoß gegen § 9 AÜG bzw. § 1 Abs. 2 AÜG i.V.m.<br />

§§ 134 BGB, 4 AFG<br />

Wenn der Freiberufler arbeitsrechtlich als (Leih-) Arbeitnehmer einzustufen<br />

ist und die Voraussetzungen der Arbeitnehmerüberlassung im Übrigen vorliegen,<br />

kann das Wettbewerbsverbot gemäß § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam sein,<br />

weil dann das Vertragsverhältnis insgesamt unwirksam ist 122 . Wenn die Unternehmensberatung<br />

(nur) Arbeitsvermittlung 123 betriebe, verstieße das<br />

Wettbewerbsverbot gegen § 1 Abs. 2 AÜG i.V.m. § 4 AFG. Das Wettbewerbsverbot<br />

wäre dann gemäß § 134 BGB i.V.m. § 4 AFG unwirksam 124 .<br />

Auch hierfür ist Voraussetzung, dass der Freiberufler als Arbeitnehmer einzustufen<br />

ist.<br />

118 LAG Baden-Württemberg EzA AÜG Nr. 155.<br />

119 LG München I, CR 1988, 556 = Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*15 m.Anm. Zahrnt; LG<br />

München I, BB-Beilage 1990, Beil. 7, 7 = Zahrnt (Hrsg.), ECR, LG*79 m.Anm.<br />

Zahrnt.<br />

120 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.3.2000, 15 U 127/99, zur Veröffentlichung vorgesehen<br />

in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>; LG München I, BB-Beilage 1991,<br />

Beil. 7, 7 = Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*74; LG München I, Zahrnt (Hrsg.), ECR<br />

LG*77 m.Anm. Zahrnt; LG München I, Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*274 m.Anm. <strong>Erben</strong>;<br />

Hessisches LAG, Beschluss vom 22.1.1999, 8 Ta 499/98, zur Veröffentlichung<br />

vorgesehen in Zahrnt, (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

121 ArbG Köln, Zahrnt, DV-Rechtsprechung 3-133; LG Hanau, Zahrnt (Hrsg.), ECR<br />

OLG*43; OLG Düsseldorf, Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*79; LG Darmstadt, Zahrnt<br />

(Hrsg.), ECR OLG*269 m.Anm. <strong>Erben</strong>; LG Wuppertal, CR 2000, 358 f. m.Anm.<br />

<strong>Erben</strong> = Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*300 m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

122 Vgl. Sandmann/Marschall, AÜG, § 9, Nr. 17: Wettbewerbsabreden zum Nachteil des<br />

Leiharbeitnehmers seien unwirksam, weil Sinn und Zweck des § 9 AÜG sei, ein gesetzmäßiges<br />

Verhalten von Verleihern und Entleihern zu erreichen.<br />

123 Zur Abgrenzung von Arbeitnehmerüberlassung und Arbeitsvermittlung siehe Gick,<br />

Gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung zwischen Verbot und Neugestaltung,<br />

S. 184 ff.<br />

124 Vgl. Zahrnt, in Zahrnt (Hrsg.), CVR 12.2 (10).<br />

39


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

Die Einstufung des Freiberuflers als Arbeitnehmer ist mithin Grundvoraussetzung<br />

für die Anwendung der genannten Rechtsnormen. Im Folgenden<br />

wird im Hinblick auf die drei genannten Vorschriften geprüft, ob diese<br />

Grundvoraussetzung beim IT-Freiberufler gegeben ist.<br />

I. Voraussetzungen und Rechtsfolgen<br />

Nach § 9 Ziffer 1 AÜG sind Verträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern<br />

unwirksam, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 AÜG erforderliche<br />

Erlaubnis hat. Diese Regelung ist anwendbar, wenn die Unternehmensberatung<br />

Verleiherin und der Freiberufler Leiharbeitnehmer i.S.d. AÜG ist.<br />

Dabei gilt: Wenn der Freiberufler als Leiharbeitnehmer einzustufen ist, hat<br />

das nach dem Schutzzweck des AÜG als Reflex zur Folge, dass die Unternehmensberatung<br />

Verleiherin i.S.d. AÜG ist.<br />

Im Hinblick auf § 1 Abs. 2 AÜG wird vermutet, dass der Überlassende Arbeitsvermittlung<br />

betreibt, wenn er Arbeitnehmer <strong>Dr</strong>itten zur Arbeitsleistung<br />

überlässt und dabei nicht die üblichen Arbeitgeberpflichten oder das Arbeitgeberrisiko<br />

übernimmt, oder wenn die Dauer der Überlassung im Einzelfall<br />

zwölf Monate übersteigt. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist das Vertragsverhältnis<br />

wegen Verstoßes gegen § 134 BGB i.V.m. § 4 AFG unwirksam.<br />

Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 AÜG liegen im Fall des Tätigwerdens<br />

eines Freiberuflers über eine Unternehmensberatung bei einem Kunden der<br />

Unternehmensberatung häufig vor: Die Unternehmensberatung betreibt dieses<br />

Geschäft gewerbsmäßig. Die Dauer des „Verleihens“ beträgt insbesondere<br />

bei einer SAP-R/3-Einführung oft mehr als 12 Monate – wenn der Freiberufler<br />

gute Dienste leistet.<br />

II. Der Freiberufler als (Leih-)Arbeitnehmer i.S.d. AÜG<br />

Leiharbeitnehmer i.S.d. AÜG kann jeder sein, der auch Arbeitnehmer sein<br />

kann 125 . Freie Mitarbeiter sind mangels persönlicher Abhängigkeit von ihrem<br />

Vertragspartner keine Arbeitnehmer, sondern Selbständige 126 . Deshalb<br />

kann die Unternehmensberatung den Freiberufler dann nicht als „Leiharbeitnehmer“<br />

an Entleiher überlassen, wenn der Freiberufler tatsächlich freiberuflich<br />

und damit selbständig tätig ist 127 .<br />

125 Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 27.<br />

126 Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 35.<br />

127 Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 35.<br />

40


Verstoß gegen § 9 AÜG bzw. § 1 Abs. 2 AÜG i.V.m. §§ 134 BGB, 4 AFG<br />

1. Verständnis der Branche<br />

In der IT-Branche gibt es bestimmte Besonderheiten der Tätigkeit des Freiberuflers:<br />

Der Freiberufler nutzt in der Regel die Infrastruktur des Endkunden,<br />

bei dem er eingesetzt wird. Die Vergütung erfolgt in der Regel nach<br />

Aufwand. Der Freiberufler tritt gegenüber den Kunden der Unternehmensberatung<br />

typischerweise als deren Mitarbeiter auf. Er hat typischerweise<br />

keinen abgegrenzten Aufgabenbereich, sofern er nicht der Einzige ist, der an<br />

der Aufgabe arbeitet 128 . Damit steht der Freiberufler rechtlich zwar in der<br />

Nähe des Arbeitnehmers. Über die Frage der persönlichen Abhängigkeit ist<br />

damit allerdings noch nichts gesagt.<br />

Die Reaktion der Branche auf die Neuregelung zur Bekämpfung der Scheinselbständigkeit<br />

129 zeigt deutlich das Verständnis der IT-Branche über die<br />

Tätigkeit des Freiberuflers: IT-Freiberufler wollen als Selbständige behandelt<br />

werden. Deshalb haben die Interessenverbände der Freiberufler in<br />

Erwägung gezogen, Verfassungsbeschwerde dagegen einzureichen, dass<br />

Freiberufler sozialversicherungsrechtlich wie abhängig Beschäftigte einzustufen<br />

seien 130 .<br />

Diesem ureigenen Wille des Freiberuflers muss zumindest Indizwirkung zukommen.<br />

Diesen Willen dokumentiert der Freiberufler in der Praxis dadurch,<br />

dass er bewusst und gewollt einen Vertrag über freie Mitarbeit mit<br />

der Unternehmensberatung schließt und eine Festanstellung ausdrücklich zu<br />

Beginn ablehnt – und ebenso während der Vertragsdurchführung, nämlich<br />

dann, wenn die Unternehmensberatung eine Verlängerungsoption ausübt<br />

und dem Freiberufler im Zuge dessen wiederum eine Festanstellung anbietet.<br />

Trotzdem kommt in Betracht, dass der Freiberufler aus übergreifenden<br />

rechtlichen Gesichtspunkten in den Schutz des AÜG einzubeziehen ist 131 .<br />

128 Vgl. Zahrnt, in Zahrnt (Hrsg.), CVR 12.3 (1).<br />

129 Zur Neuregelung zur Bekämpfung der Scheinselbständigkeit und dem Gesetz zur<br />

Förderung der Selbständigkeit siehe § 7 A) III.<br />

130 Vgl. die Titelseite des Fachblatts der IT-Freiberufler, so genanntes Freiberufler-info,<br />

Ausgabe Juni/Juli 1999, unter der Überschrift: „Erste Verfassungsbeschwerden: Die<br />

Gesetzesnovelle zur Bekämpfung der Scheinselbständigkeit gefährdet die Existenz<br />

von rund 30.000 Freiberuflern in der DV-Branche. Betroffene und Branchenverbände<br />

machen daher mobil. Freiberufler-info und COMPUTERWOCHE unterstützen diese<br />

Aktionen.“<br />

131 Wenn der Freiberufler persönlich abhängig beschäftigt wird, führt kaum ein Weg<br />

daran vorbei, § 9 AÜG anzuwenden, vgl. Schüren, AÜG, § 9, Rdnr. 150 ff.<br />

41


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

2. Abgrenzung Freiberufler / Arbeitnehmer<br />

Freie Mitarbeit ist selbständige unternehmerische Tätigkeit einer natürlichen<br />

Person für ein fremdes Unternehmen auf dienst- oder werkvertraglicher<br />

Grundlage 132 . Durch das Merkmal der selbständigen (unternehmerischen)<br />

Tätigkeit unterscheidet sich der Freiberufler grundlegend von dem in persönlicher<br />

Abhängigkeit stehenden Arbeitnehmer, der seine Dienstleistung im<br />

Rahmen einer von <strong>Dr</strong>itten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt 133 , in der<br />

er in persönlicher Abhängigkeit und damit weisungsgebunden unselbständige,<br />

fremdbestimmte Arbeit für einen anderen leistet 134 .<br />

Das BAG hatte bestimmte Abgrenzungskriterien im Wege der richterlichen<br />

Rechtsfortbildung ausgeformt. Im Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit<br />

vom 20.12.1999 135 hat der Gesetzgeber diese Abgrenzungskriterien teilweise<br />

als Änderung des § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV für den sozialversicherungsrechtlichen<br />

Bereich zur Abgrenzung der abhängigen von der nicht-abhängigen<br />

Beschäftigung aufgenommen:<br />

„Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine<br />

Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung<br />

in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.“<br />

Im Folgenden werden die einzelnen Abgrenzungskriterien zur Frage der persönlichen<br />

Abhängigkeit dargestellt, unterteilt nach solchen aufgrund der vertraglichen<br />

Regelungen und solchen aufgrund der tatsächlichen Durchführung<br />

des Vertrags. Dabei werden die Besonderheiten der IT-Branche besonders<br />

herausgestellt 136 .<br />

a) Persönliche Abhängigkeit des Freiberuflers aufgrund<br />

vertraglicher Regelungen<br />

Es kommt zunächst in Betracht, dass der Freiberufler aufgrund der vertraglichen<br />

Regelungen persönlich abhängig beschäftigt wird. Das setzt voraus,<br />

dass diese Regelungen für sich gesehen bereits die persönliche Abhängigkeit<br />

begründen. Diese Voraussetzung wird im Folgenden überprüft.<br />

132 Küttner-Bauer, Personalbuch 2000, Freie Mitarbeit, Rdnr. 1.<br />

133 BAG DB 1984, 2203.<br />

134 Grunsky, ArbGG, Rdnr. 4 zu § 5 m.w.N.<br />

135 BGBl. I., S. 2601.<br />

136 Zur Abgrenzung Arbeitnehmer/Freier Mitarbeiter allgemein vgl. MüKo-ArbR-<br />

Richardi, § 23, Rdnr. 110 m.w.N.<br />

42


Verstoß gegen § 9 AÜG bzw. § 1 Abs. 2 AÜG i.V.m. §§ 134 BGB, 4 AFG<br />

aa) Abschluss eines Rahmenvertrags auf unbestimmte Zeit /<br />

Einzelverträge mit Verlängerungsoption<br />

Für persönliche Abhängigkeit des Freiberuflers kann sprechen, dass die Unternehmensberatung<br />

und der Freiberufler regelmäßig einen Rahmenvertrag<br />

auf unbestimmte Zeit schließen, der durch Einzelverträge mit bestimmter<br />

Laufzeit sowie in der Regel mit einer Verlängerungsoption ergänzt wird.<br />

(1) Rahmenvertrag auf unbestimmte Zeit<br />

Man kann annehmen, die Unternehmensberatung und der Freiberufler strebten<br />

durch den Rahmenvertrag eine ständige, auf Dauer angelegte Zusammenarbeit<br />

an, letztlich also ein Arbeitsverhältnis. Dieses solle nur durch die<br />

vertragliche Ausgestaltung in Form von Rahmenvertrag mit Einzelverträgen<br />

vertuscht werden, damit die auftraggebende Unternehmensberatung keine<br />

Sozialversicherungsabgaben für den von ihr beschäftigten Freiberufler leisten<br />

müsse.<br />

Gegen diese Ansicht spricht, dass die Frage, ob die Unternehmensberatung<br />

und der Freiberufler eine ständige Zusammenarbeit anstreben, keine unmittelbaren<br />

Auswirkungen darauf hat, wie diese Zusammenarbeit ausgestaltet<br />

sein soll – und also auch keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Frage,<br />

ob der Freiberufler persönlich abhängig beschäftigt wird. Denn durch das<br />

Kriterium einer ständigen Zusammenarbeit allein wird über den Inhalt der<br />

Zusammenarbeit noch nichts gesagt.<br />

Zum Teil wird vertreten, aus der Ausgestaltung der vertraglichen Beziehung<br />

mit dem Abschluss eines Rahmenvertrags sei zu entnehmen, dass es in<br />

Wirklichkeit um eine Zusammenarbeit der Vertragspartner gehe, die nur aus<br />

wichtigem Grund gekündigt werden dürfe 137 . Das ist nicht vertretbar angesichts<br />

dessen, dass die Rahmenverträge dem Freiberufler keinen Anspruch<br />

auf Beschäftigung geben, und angesichts dessen, dass die Einzelverträge in<br />

der Praxis in aller Regel – kurze – Kündigungsfristen zugunsten der Unternehmensberatung<br />

vorsehen, insbesondere für den Fall, dass der Endkunde<br />

den Vertrag mit der Unternehmensberatung kündigt.<br />

(2) Vereinbarung einer Verlängerungsoption<br />

Die Vereinbarung einer Verlängerungsoption wird in der Praxis häufig als<br />

Argument dafür verwendet, es liege tatsächlich ein Arbeitsverhältnis in<br />

Form eines Kettenarbeitsverhältnisses vor 138 . Diese Ansicht verkennt die tat-<br />

137 LG München I, Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*77 m.Anm. Zahrnt.<br />

138 Vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.3.2000, 15 U 127/99, zur Veröffentlichung<br />

vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>. – Das LG Wuppertal, CR 1999,<br />

43


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

sächlichen Gegebenheiten: In der Praxis ist es so, dass die Vereinbarung einer<br />

Verlängerungsoption durch die Unternehmensberatung im Einzelvertrag<br />

vor dem Hintergrund erfolgt, dass Unternehmensberatung und Endkunde<br />

vorab häufig nicht wissen, wie lange das Projekt des Endkunden dauern<br />

wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass man sich bei Software-Projekten in<br />

bezug auf deren Dauer häufig verschätzt. Die Verlängerungsoption hat also<br />

einen sachlichen Grund.<br />

In der Praxis muss die Unternehmensberatung die Verlängerungsoption zudem<br />

in der Regel spätestens bis sechs Wochen vor Ablauf des bestehenden<br />

Projekteinzelauftrags ausüben 139 . Dieser Zeitraum genügt dem Freiberufler,<br />

einen Auftrag in einem anderen Projekt zu bekommen, wenn die Unternehmensberatung,<br />

für die er tätig ist, ihm kein anderes Projekt anbietet. Weil ein<br />

Unterangebot gegenüber der Nachfrage herrscht 140 , wird der Freiberufler<br />

durch die Verlängerungsoption nicht der Willkür der Unternehmensberatung<br />

ausgesetzt. Es ist deshalb abzulehnen, die Vereinbarung von Verlängerungsoptionen<br />

als Verschleierung eines Kettenarbeitsverhältnisses zu werten 141 .<br />

(3) Ergebnis<br />

Die Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses mit Rahmenvertrag und Einzelverträgen<br />

einschließlich Verlängerungsoption will nicht darüber hinwegtäuschen,<br />

dass in Wirklichkeit angeblich jeweils zeitlich befristete Dienstverträge<br />

gewollt gewesen seien 142 , weil das tatsächlich gewollt ist. Nicht gewollt<br />

ist indessen ein Arbeitsverhältnis, weil der Freiberufler nicht weisungsabhängig<br />

beschäftigt wird 143 . Der Freiberufler wird durch die Ausgestaltung<br />

des Vertragsverhältnisse in Form von Rahmenvertrag und Einzelverträgen<br />

mit Verlängerungsoption schon deshalb nicht unangemessen benachteiligt,<br />

weil der Freiberufler die Festanstellung annehmen kann, die die Unternehmensberatung<br />

ihm anbietet.<br />

269 f. = Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*300 m.Anm. <strong>Erben</strong>, ist auf die Verlängerungsoption<br />

in den Entscheidungsgründen nicht eingegangen.<br />

139 Der Einzelauftrag der Fa. DV-ORG Team GmbH sieht eine Frist von 6 Wochen vor.<br />

140 Siehe § 4.<br />

141 Das haben angenommen: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.3.2000, 15 U 127/99,<br />

zur Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>; LG München<br />

I, Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*77 m.Anm. Zahrnt; LG München I, Beschluss vom<br />

14.3.1991, 7 O 12295/90, unveröffentlicht.<br />

142 So LG München I, BB-Beilage 1991, Beil. 7, 7 = Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*74.<br />

143 Vgl. § 7 A) II. 2.<br />

44


Verstoß gegen § 9 AÜG bzw. § 1 Abs. 2 AÜG i.V.m. §§ 134 BGB, 4 AFG<br />

bb) Rahmenvertrag enthält lange Kündigungsfrist<br />

Der Rahmenvertrag zwischen Unternehmensberatung und Freiberufler enthält<br />

regelmäßig eine lange Kündigungsfrist, z.B. von 6 Monaten. Auch das<br />

wird in der Praxis häufig als Argument dafür verwendet, es sei in Wirklichkeit<br />

eine langfristige Zusammenarbeit gewollt, die durch die Ausgestaltung<br />

des Vertragsverhältnisses in Form von Rahmenvertrag und Einzelverträgen<br />

mit Verlängerungsoption vertuscht werde.<br />

Hier gelten zunächst die gleichen Erwägungen wie unter aa) dargestellt: Die<br />

Kündigungsfrist sagt für sich gesehen nichts darüber aus, ob ein Mitarbeiter<br />

frei oder abhängig beschäftigt wird. Die lange Kündigungsfrist darf deshalb<br />

nicht als Indiz dafür herangezogen werden, ob der Freiberufler persönlich<br />

abhängig beschäftigt wird. Dazu kommt, dass der Rahmenvertrag den Freiberufler<br />

nicht dazu verpflichtet, Einzelaufträge anzunehmen 144 . Gleichermaßen<br />

berechtigt der Rahmenvertrag den Freiberufler nicht, den Abschluss eines<br />

Einzelauftrags zu verlangen. Der Rahmenvertrag regelt seinem Namen<br />

entsprechend nur die Rahmenbedingungen, die dann gelten sollen, wenn ein<br />

Einzelvertrag mit einem Freiberufler geschlossen wird.<br />

Gegen das Argument, dass die lange Kündigungsfrist im Rahmenvertrag<br />

persönliche Abhängigkeit erzeuge, spricht zudem, dass der Rahmenvertrag<br />

typischerweise auch die Regelung enthält, dass ein Einzelauftrag von der<br />

Unternehmensberatung gekündigt werden darf, wenn der Endkunde diesen<br />

kündigt und/oder den Austausch des von der Unternehmensberatung eingesetzten<br />

Mitarbeiters (Freiberuflers) verlangt 145 . Maßgeblich für persönliche<br />

Abhängigkeit kann deshalb allenfalls die Kündigungsfrist im Einzelauftrag<br />

sein. Dieser Einzelauftrag enthält allerdings regelmäßig für die Unternehmensberatung<br />

kurze Kündigungsfristen 146 .<br />

Diese Erwägungen zeigen, dass der Abschluss eines Rahmenvertrags keine<br />

über ein normales Auftraggeber-Auftragnehmer-Verhältnis hinausgehende<br />

besondere Bindung zwischen Unternehmensberatung und Freiberufler herstellen<br />

soll. Das Argument, die lange Kündigungsfrist im Rahmenvertrag sei<br />

ein Indiz dafür, dass der Freiberufler abhängig beschäftigt werde, weil das<br />

eine besondere persönliche Bindung beinhalte, ist deshalb abzulehnen.<br />

144 Vgl. § 7 A) II. 2. a) aa).<br />

145 Vgl. § 7 A) II. 2. a) aa).<br />

146 Der Rahmenvertrag der Fa. DV-ORG-Team GmbH sieht z.B. eine Kündigungsfrist<br />

von vier Wochen zu Gunsten der Unternehmensberatung vor. Der Freiberufler ist<br />

nach dem Rahmenvertrag gar nicht berechtigt, einen Einzelauftrag zu kündigen: Die<br />

Unternehmensberatung hat nämlich ein Interesse daran, dass der Freiberufler seinen<br />

Einsatz im Projekt nicht vorzeitig abbricht.<br />

45


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

cc) Bindung des Freiberuflers an Entwicklungs- und<br />

Dokumentationsrichtlinien<br />

Der Rahmenvertrag mit dem IT-Freiberufler sieht hinsichtlich der Entwicklungs-<br />

und Dokumentationsrichtlinien häufig ein erhebliches Weisungsrecht<br />

zugunsten der Unternehmensberatung bzw. des Endkunden vor 147 . Es<br />

ist denkbar, dass der Freiberufler persönlich abhängig beschäftigt wird, weil<br />

er insoweit dem Weisungsrecht der Unternehmensberatung bzw. des Endkunden<br />

unterliegt.<br />

Bei der Beurteilung dieser Frage handelt es sich um einen Unterfall der<br />

Problematik, ob ein Weisungsrecht persönliche Abhängigkeit begründet: In<br />

bezug auf diese Frage ist nach projektbezogenen Weisungen und arbeitsbezogenen<br />

Weisungen zu unterscheiden 148 . Wendet man diese Unterscheidung<br />

auf die vertragliche Verpflichtung an, dass der Freiberufler die Entwicklungs-<br />

und Dokumentationsrichtlinien der Unternehmensberatung bzw.<br />

des Endkunden einhalten muss, ist zu berücksichtigen, dass ein gewisses<br />

Weisungsrecht der Unternehmensberatung bzw. des Endkunden von der<br />

Aufgabenstellung nicht nur geboten, sondern aus den folgenden Gründen<br />

sogar erforderlich ist.<br />

Zum Ersten muss der Freiberufler vorher wissen, wie er die Programme zu<br />

entwickeln und zu dokumentieren hat. Zum zweiten hat der Endkunde ein<br />

erhebliches Interesse daran, dass seine Entwicklungs- und Dokumentationsrichtlinien<br />

eingehalten werden, z.B. wenn er die Programme später selbst<br />

pflegen und also nicht auf Unterstützungsleistungen der Unternehmensberatung<br />

bzw. des Freiberuflers angewiesen sein will. Daran hat der Endkunde<br />

ein berechtigtes Interesse, weil der von der Unternehmensberatung eingesetzte<br />

Freiberufler später unter Umständen nicht mehr zur Verfügung steht.<br />

Dazu kommt, dass die Entwicklungs- und Dokumentationsrichtlinien nur<br />

bestimmte Vorgaben enthalten: Dass Vorgaben einzuhalten sind, begründet<br />

für sich allein gesehen keine persönliche Abhängigkeit, weil es dem Freiberufler<br />

unbenommen bleibt, wie er die Aufgabenstellung im Einzelnen ausführt<br />

149 .<br />

147 Im Rahmenvertrag der Firma DV-ORG-Team GmbH heißt es z.B., dass der Freiberufler<br />

die Entwicklungs- und Dokumentationsrichtlinien des Endkunden einhalten<br />

muss.<br />

148 Vgl. § 7 A) II. 2. b) dd).<br />

149 Ähnlich OLG München, BB-Beilage 1990, Beil. 10, 12: Im Hinblick auf Programmieraufträge<br />

ändere sich am Charakter des Auftrags als Werkvertrag nichts, wenn die<br />

Realisierung und Dokumentation nach den Richtlinien des Auftraggebers zu erfolgen<br />

hat.<br />

46


Verstoß gegen § 9 AÜG bzw. § 1 Abs. 2 AÜG i.V.m. §§ 134 BGB, 4 AFG<br />

Diese Gründe zeigen, dass es sowohl aus Sicht des Freiberuflers als auch<br />

aus Sicht der Unternehmensberatung bzw. des Endkunden sachlich geboten<br />

und damit sinnvoll ist, vorher zu regeln, wessen Entwicklungs- und Dokumentationsrichtlinien<br />

gelten sollen. Deshalb begründet die vertragliche Regelung,<br />

dass der Freiberufler die Entwicklungs- und Dokumentationsrichtlinien<br />

der Unternehmensberatung bzw. des Endkunden einhalten muss, keine<br />

persönliche Abhängigkeit.<br />

dd) Verpflichtung zur Übertragung der Rechte an den<br />

Arbeitsergebnissen<br />

Für persönliche Abhängigkeit des Freiberuflers spricht nach Auffassung des<br />

LG München I 150 die Regelung, dass der Freiberufler die Rechte an den Ergebnissen<br />

an die Unternehmensberatung übertragen muss 151 . Diese Ansicht<br />

ist bedenklich und im Ergebnis abzulehnen, weil der Endkunde in der Praxis<br />

regelmäßig die Übertragung der Rechte an den Ergebnissen von der Unternehmensberatung<br />

verlangt. Der Endkunde hat daran ein rechtlich anerkennenswertes<br />

Interesse, weil er die Arbeitsergebnisse unbeschränkt nutzen<br />

will. Der Unternehmensberatung bleibt mithin nichts anderes übrig, als diese<br />

Verpflichtung im Verhältnis zum Freiberufler weiter zu geben, weil sie anderenfalls<br />

im Verhältnis zum Endkunden vertragsbrüchig wird.<br />

Es besteht deshalb ein sachlicher Grund dafür, dass die Unternehmensberatung<br />

den Freiberufler dazu verpflichtet, dass dieser alle Rechte an den Arbeitsergebnissen<br />

an die Unternehmensberatung übertragen muss. Die Auffassung<br />

des LG München I ist darüber hinaus noch aus einem weiteren<br />

Grund abzulehnen: Die Tatsache, dass die Unternehmensberatung den Freiberufler<br />

verpflichtet, die Rechte an den Arbeitsergebnissen zu übertragen,<br />

beinhaltet keinen Automatismus dahingehend, dass der Freiberufler deshalb<br />

persönlich abhängig beschäftigt wird.<br />

ee) Verpflichtung zur Vertraulichkeit<br />

Nach einer Entscheidung des LG München I 152 sei die Verpflichtung des<br />

Freiberuflers zur Vertraulichkeit ein Indiz dafür, dass der Freiberufler zumindest<br />

als arbeitnehmerähnliche Person einzustufen sei. Daraus kann man<br />

150 Vgl. LG München I, BB-Beilage 1991, Beil. 7, 7 = Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*74; LG<br />

München I, Beschluss vom 14.3.1991, 7 O 12295/90, unveröffentlicht; ebenso LG<br />

München I, Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*274 m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

151 Vgl. LG München I, BB-Beilage 1991, Beil. 7, 7 = Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*74; LG<br />

München I, Beschluss vom 14.3.1991, 7 O 12295/90, unveröffentlicht; LG München<br />

I, Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*274 m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

152 LG München I, Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*274 m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

47


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

folgern, dass der Freiberufler aufgrund dieser Verpflichtung möglicherweise<br />

sogar persönlich abhängig beschäftigt wird („zumindest“).<br />

Insoweit gelten ähnliche Erwägungen wie unter dd) dargestellt: Es ist –<br />

nicht nur in der IT-Branche – üblich, dass der Auftragnehmer sich gegenüber<br />

dem Auftraggeber zur Vertraulichkeit verpflichtet. Man darf zwar nicht argumentieren,<br />

dass das, was üblich ist, der Annahme einer persönlich abhängigen<br />

Beschäftigung entgegenstehe. Denn der Umstand, dass etwas üblich<br />

oder unüblich ist, beinhaltet keine Aussage darüber, ob der Auftragnehmer<br />

persönlich abhängig beschäftigt wird und ist deshalb in bezug auf diese Frage<br />

neutral zu bewerten. Allerdings zeigt gerade der Umstand, dass Auftragnehmer<br />

branchenübergreifend zur Vertraulichkeit verpflichtet werden, dass<br />

die Verpflichtung des Freiberuflers zur Vertraulichkeit ihrerseits als neutral<br />

in bezug auf die Frage einzustufen ist, ob sie eine persönlich abhängige Beschäftigung<br />

indiziert.<br />

ff) Wettbewerbsverbot gleiche das Vertragsverhältnis einem<br />

Arbeitsverhältnis an<br />

Nach zwei Entscheidungen des LG München I 153 hat die vertragliche Regelung<br />

des Wettbewerbsverbots (Kundenschutzvereinbarung) eine Angleichung<br />

an ein Arbeitsverhältnis bezweckt: Das Wettbewerbsverbot steigere<br />

die wirtschaftliche Abhängigkeit des Freiberuflers von der Unternehmensberatung,<br />

je länger sich der Freiberufler über den unbefristet abgeschlossenen<br />

Rahmenvertrag an die Unternehmensberatung binde. Da das Wettbewerbsverbot<br />

bereits bei solchen Kunden der Unternehmensberatung eingreife, bei<br />

denen der Freiberufler nur vorgestellt worden sei und also nicht einmal gearbeitet<br />

habe, ergebe sich die Gefahr, dass insbesondere bei qualifizierten<br />

Leuten eine außerhalb des Vertragsverhältnisses mit der Unternehmensberatung<br />

mögliche selbständige Tätigkeit zunehmend ausscheide, mit der Folge,<br />

dass § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG anwendbar werde.<br />

Diese Argumentation ist im Ansatz plausibel 154 . Allerdings ist zu bedenken,<br />

dass dem Freiberufler durch das Wettbewerbsverbot nur untersagt wird, für<br />

diejenigen Kunden tätig zu werden, für die er im Rahmen des Vertrags mit<br />

der Unternehmensberatung tätig geworden ist. Die potentielle Abhängigkeit<br />

des Freiberuflers, die das LG München I als gegeben annimmt, wird deshalb<br />

nicht durch das Wettbewerbsverbot erzeugt, sondern – wenn überhaupt –<br />

153 LG München I, Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*77 m.Anm. Zahrnt; LG München I, Zahrnt<br />

(Hrsg.), ECR LG*274 m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

154 Vgl. § 7 A) II. 2. c) cc) (2) zu der Frage, ob der Freiberufler im Zeitablauf seinen Status<br />

als Selbständiger verliert, so dass er arbeitsrechtlich als Arbeitnehmer einzustufen<br />

ist.<br />

48


Verstoß gegen § 9 AÜG bzw. § 1 Abs. 2 AÜG i.V.m. §§ 134 BGB, 4 AFG<br />

durch die langfristige Tätigkeit allein für die Unternehmensberatung 155 . Nur<br />

diese könnte deshalb persönliche Abhängigkeit begründen. Die Begründung<br />

des LG München I zielt aber auf wirtschaftliche Abhängigkeit und passt<br />

deshalb nicht.<br />

Ähnliches gilt für die weitere Begründung des LG München I: Das Wettbewerbsverbot<br />

hält den Freiberufler nicht davon ab, für andere Auftraggeber<br />

als den konkreten Kunden, für den er im Rahmen des Vertrags mit der Unternehmensberatung<br />

tätig ist, Aufträge durchzuführen. Eine mögliche anderweitige<br />

selbständige Tätigkeit wird nämlich nicht durch das Wettbewerbsverbot<br />

verhindert, sondern allenfalls dadurch, dass der Freiberufler in<br />

großem Umfang allein für die Unternehmensberatung tätig wird 156 . Das entspricht<br />

allerdings seinem Willen. Deshalb ist die Auffassung des LG München<br />

I, das Wettbewerbsverbot gleiche das Vertragsverhältnis einem Arbeitsverhältnis<br />

an, abzulehnen.<br />

gg) Verpflichtung zum Ausfüllen von Tätigkeitsnachweisen<br />

Die Unternehmensberatung verpflichtet den Freiberufler regelmäßig vertraglich<br />

dazu, dieser möge Tätigkeitsnachweise ausfüllen, vom Endkunden<br />

abzeichnen lassen, und die abgezeichneten Tätigkeitsnachweise der Rechnungsstellung<br />

beilegen. Daraus folgert ein Teil der Rechtsprechung, dass der<br />

Freiberufler nicht frei in der Einteilung seiner Arbeitszeit sei, so dass er persönlich<br />

abhängig beschäftigt werde und deshalb als Arbeitnehmer einzustufen<br />

sei 157 .<br />

Es ist zwar richtig, dass das Ausfüllen von Tätigkeitsnachweisen ein Indiz<br />

für eine Beaufsichtigung durch die Unternehmensberatung bzw. den Endkunden<br />

ist. Das Ausfüllen von Tätigkeitsnachweisen hat allerdings einen<br />

triftigen sachlichen Grund: Freiberufler erhalten anhand der von der Unternehmensberatung<br />

bzw. dem Kunden gegengezeichneten Tätigkeitsnachweise<br />

ihre Vergütung. Deshalb sollen Freiberufler die Tätigkeitsnachweise ihrer<br />

Rechnung beifügen. Die Tätigkeitsnachweise dienen mithin auch und insbesondere<br />

dem Schutz des Freiberuflers, weil dieser dadurch einen Nachweis<br />

155 Vgl. § 7 A) II. 2. c) cc) (2).<br />

156 Vgl. zur Verpflichtung, 40 Stunden oder mehr pro Woche für die Unternehmensberatung<br />

zu arbeiten, § 7 B) IV. 4. c) aa).<br />

157 BFH CR 1996, 204 = Zahrnt (Hrsg.), ECR BFH*2; LG München I, Zahrnt (Hrsg.),<br />

ECR, LG*15 m.Anm. Zahrnt; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.3.2000, 15 U<br />

127/99, zur Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>; LG<br />

München I, Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*77 m.Anm. Zahrnt; LG München I, Zahrnt<br />

(Hrsg.), ECR LG*79 m.Anm. Zahrnt; a.A.: LG Wuppertal, CR 2000, 358 f. m.Anm.<br />

<strong>Erben</strong> = Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*300 m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

49


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

erhält, dass er die Leistungen ordnungsgemäß erbracht hat. Dementsprechend<br />

ist es sachgerecht, dass die Tätigkeitsnachweise durch denjenigen abgezeichnet<br />

werden, der deren Richtigkeit kontrollieren kann. Das ist in der<br />

Praxis der Projektleiter, der entweder in Diensten der Unternehmensberatung<br />

oder in Diensten des Endkunden steht.<br />

Das LG Wuppertal 158 hat entschieden, dass ein IT-Freiberufler weder Arbeitnehmer<br />

noch arbeitnehmerähnliche Person sei, obwohl der Freiberufler<br />

eine so genannte Stempeluhr betätigen musste. Das erscheint zwar auf den<br />

ersten Blick bedenklich, weil das – über das Führen von Tätigkeitsnachweisen<br />

hinausgehend – eine bloße Anwesenheitskontrolle indiziert. Die Stempeluhr<br />

dient allerdings bei großen Betrieben 159 für Arbeitnehmer nicht nur<br />

dazu, die Arbeitszeit zu kontrollieren, sondern auch als Zugangsberechtigung.<br />

Bei Freiberuflern hat die Stempeluhr dagegen allein die Funktion der<br />

Zugangsberechtigung. Das zeigt sich insbesondere daran, dass das Betätigen<br />

der Stempeluhr den Freiberufler nicht davon befreit, die Tätigkeitsnachweise<br />

vom Projektleiter bzw. Endkunden abzeichnen zu lassen. Wenn es nämlich<br />

nur darum ginge, die Arbeitszeit zu kontrollieren, wäre das zusätzliche<br />

Abzeichnen der Tätigkeitsnachweise nicht notwendig. Das Betätigen der<br />

„Stempeluhr“ hat deshalb als Sicherheitsinstrument einen sachlichen Grund.<br />

Ein weiteres Argument dagegen, dass das Führen von Tätigkeitsnachweisen<br />

auf persönliche Abhängigkeit hinweise, ist, dass in der Verdingungsordnung<br />

für Leistungen (VOL/B) in § 16 Nr. 2 für Auftragnehmer vorgesehen ist,<br />

dass diese laufend Listen (= Tätigkeitsnachweise) einzureichen haben. Das<br />

Ausfüllen von Tätigkeitsnachweisen hat mithin sachliche Gründe und dient<br />

nicht dem Zweck, dass der Auftraggeber seinen Auftragnehmer dadurch wie<br />

einen Arbeitnehmer ständig kontrollieren und beaufsichtigen will. Das Ausfüllen<br />

von Tätigkeitsnachweisen konkretisiert damit nicht ein etwaiges arbeitsbezogenes<br />

Weisungsrecht des Arbeitgebers und begründet deshalb keine<br />

persönliche Abhängigkeit des Freiberuflers.<br />

hh) Zahlung monatlicher Vergütung<br />

In der Praxis wird häufig argumentiert, die monatliche Zahlung der Vergütung<br />

sei ein Indiz für eine dienstvertragliche und damit unselbständige Tä-<br />

158 LG Wuppertal, CR 2000, 358 f. m.Anm. <strong>Erben</strong> = Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*300<br />

m.Anm. <strong>Erben</strong>; a.A.: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.3.2000, zur Veröffentlichung<br />

vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

159 Im konkreten Fall arbeitete der Freiberufler über die Unternehmensberatung bei dem<br />

Endkunden, einer Versicherungsgesellschaft.<br />

50


Verstoß gegen § 9 AÜG bzw. § 1 Abs. 2 AÜG i.V.m. §§ 134 BGB, 4 AFG<br />

tigkeit 160 . Das LG München I 161 hat diese Auffassung damit begründet, es<br />

habe sich bei der Tätigkeit nur um Dienstleistungen handeln können, die zu<br />

einem bestimmten Ergebnis hätten führen sollen. Die monatlichen Zahlungen<br />

seien mithin Indizien für eine abhängige Beschäftigung des Freiberuflers.<br />

Diese Argumentation ist ansatzweise berechtigt, weil die Zahlung der monatlichen<br />

Vergütung unabhängig vom Projektfortschritt und dem Erreichen<br />

von Meilensteinen ist. Insoweit besteht ein Unterschied zum Werkvertragsrecht.<br />

Allerdings wird in der IT-Branche im Verhältnis der Unternehmensberatung<br />

zum Freiberufler regelmäßig per Vergütung nach Aufwand abgerechnet<br />

162 . Bei Vergütung nach Aufwand wird aber bei freien Dienstverträgen<br />

und/oder Werkverträgen branchenübergreifend typischerweise monatlich<br />

abgerechnet. Das spricht dagegen, aufgrund der Zahlweise als monatliche<br />

Vergütung eine persönlich abhängige Beschäftigung anzunehmen.<br />

Dazu kommt das Argument, dass die monatliche Abrechnung einen sachlichen<br />

Grund hat, der den Freiberufler begünstigt: Die monatliche Zahlweise<br />

ist sinnvoll, weil der Freiberufler regelmäßig Einnahmen benötigt. Im Ergebnis<br />

ist damit die Ansicht abzulehnen, die monatliche Zahlweise begründe<br />

persönliche Abhängigkeit des Freiberuflers.<br />

ii) Freiberufler darf Unterauftragnehmer nicht oder nur mit<br />

Zustimmung der Unternehmensberatung einsetzen<br />

Es spricht Einiges dafür, dass die vertragliche Regelung dahingehend, dass<br />

der Freiberufler Unterauftragnehmer nicht oder nur mit Zustimmung der<br />

Unternehmensberatung einsetzen darf, ein Indiz für eine persönlich abhängige<br />

Beschäftigung des Freiberuflers ist 163 . Denn dadurch wird eine starke<br />

persönliche Bindung des Freiberuflers an die Unternehmensberatung bzw.<br />

den Endkunden erzeugt.<br />

160 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.3.2000, 15 U 127/99, zur Veröffentlichung vorgesehen<br />

in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>; LG München I, Zahrnt (Hrsg.),<br />

ECR, LG*15 m.Anm. Zahrnt; LG München I, Beschluss vom 14.3.91, 7 O<br />

12295/90, unveröffentlicht; a.A.:LG Wuppertal, CR 2000, 358 f. m.Anm. <strong>Erben</strong> =<br />

Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*300 m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

161 LG München I, Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*77 m.Anm. Zahrnt.<br />

162 Vgl. § 4 zu den Stundensätzen für die Tätigkeit der IT-Freiberufler.<br />

163 LG München, Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*15 m.Anm. Zahrnt; LG München I, Beschluss<br />

vom 14.3.1991, 7 O 12295/90, unveröffentlicht; Hessisches LAG, Beschluss<br />

vom 22.1.1999, 8 Ta 499/98, zur Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt, (Hrsg.),<br />

ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

51


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

Diese faktische Bindung ist allerdings von der Frage zu trennen, ob der<br />

Freiberufler dadurch automatisch persönlich abhängig wie ein Arbeitnehmer<br />

beschäftigt wird. Letzteres ist nur dann der Fall, wenn der Freiberufler arbeitsbezogenen<br />

Weisungen unterliegt 164 . Denn die Tatsache allein, dass<br />

Dienste in Person zu erbringen sind, sagt noch nichts darüber aus, wie die<br />

Ausgestaltung dieser Tätigkeit im Einzelnen erfolgt. Das zeigt die gesetzliche<br />

Regelung in § 613 BGB, nach der auch beim freien Dienstvertrag die<br />

Dienste im Zweifel in Person zu erbringen und nicht übertragbar sind.<br />

Die Regelung in § 613 BGB hat gute Gründe: Der Auftraggeber (Endkunde)<br />

hat ein berechtigtes Interesse daran, dass er die von ihm beauftragten Dienste<br />

durch die von ihm beauftragte bestimmte Person erhält, weil er sich einen<br />

bestimmten Auftragnehmer nach dessen Vorstellung durch die Unternehmensberatung<br />

ausgesucht hat. Dieser bestimmte Auftragnehmer soll – jedenfalls<br />

nicht ohne weiteres – berechtigt sein, seinerseits Unterauftragnehmer<br />

einzusetzen. Das führt bei der Verpflichtung eines Freiberuflers als Auftragnehmer<br />

notwendigerweise dazu, dass der Freiberufler persönlich verpflichtet<br />

wird. Eben diese persönliche Verpflichtung ist aber vom Endkunden gewollt.<br />

Diese persönliche Bindung hat mithin triftige sachliche Gründe: Die Frage,<br />

ob der Freiberufler dadurch in der Art und Weise seine Tätigkeit persönlich<br />

abhängig beschäftigt wird, ist davon zu trennen. Die Auffassung, dass allein<br />

die Verpflichtung, der Freiberufler dürfe Unterauftragnehmer nicht oder nur<br />

mit Zustimmung der Unternehmensberatung einsetzen, persönliche Abhängigkeit<br />

begründe, verdient deshalb keine Zustimmung.<br />

jj) Auftreten des Freiberuflers im Namen der Unternehmensberatung<br />

Der Rahmenvertrag zwischen der Unternehmensberatung und dem Freiberufler<br />

enthält in der Praxis häufig eine Regelung, die den Freiberufler verpflichtet,<br />

seine Eigenschaft als Unterauftragnehmer gegenüber dem Endkunden<br />

nicht zu offenbaren. Das lasse nach einer Entscheidung des LG<br />

München I 165 die persönliche Abhängigkeit des Freiberuflers von Weisungen<br />

der Unternehmensberatung erkennen. Diese Entscheidung ist sehr vertretbar,<br />

weil es keinen sachlichen Grund dafür gibt, dass die Unternehmensberatung<br />

dem Freiberufler verbietet, seinen Status als Freiberufler gegenüber dem<br />

Endkunden offen zu legen.<br />

164 Vgl. Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 162.<br />

165 LG München I, BB-Beilage 1991, Beil. 7, 7 = Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*74.<br />

52


Verstoß gegen § 9 AÜG bzw. § 1 Abs. 2 AÜG i.V.m. §§ 134 BGB, 4 AFG<br />

Eine andere Frage ist allerdings, ob dieses Verbot tatsächlich persönliche<br />

Abhängigkeit bewirkt. Das ist jedenfalls nicht zwingend der Fall, weil allein<br />

die Verpflichtung zum Auftreten im Namen eines anderen nicht automatisch<br />

den Eindruck erzeugt, die betreffende Person sei Weisungen des anderen unterworfen<br />

und werde deshalb persönlich abhängig beschäftigt. Deshalb enthält<br />

die vertragliche Verpflichtung, dass der Freiberufler gegenüber dem<br />

Endkunden nur im Namen der Unternehmensberatung auftreten darf, letztlich<br />

nur ein Indiz dafür, dass der Freiberufler weisungsgebunden beschäftigt<br />

wird.<br />

Da für die Entscheidung, ob persönliche Abhängigkeit vorliegt, alle Umstände<br />

des Einzelfalls zu berücksichtigen sind, darf allein von der vertraglichen<br />

Verpflichtung des Auftretens im Namen der Unternehmensberatung<br />

nicht zwingend darauf geschlossen werden, der Freiberufler sei arbeitsrechtlich<br />

als Arbeitnehmer einzustufen.<br />

b) Persönliche Abhängigkeit aufgrund der Durchführung des Vertrags<br />

In a) sind einzelne Abgrenzungskriterien, die in den vertraglichen Regelungen<br />

zwischen Unternehmensberatung und Freiberufler enthalten sind, im<br />

Hinblick darauf geprüft worden, ob diese eine persönliche Abhängigkeit des<br />

Freiberufler von der Unternehmensberatung begründen. Neben den vertraglichen<br />

Regelungen kommt es nach dem BAG entscheidend auf die tatsächliche<br />

Durchführung des Vertrags an 166 . Nach einer Entscheidung des OLG<br />

Frankfurt am Main 167 seien dagegen allein die vertraglichen Vereinbarungen<br />

zwischen den Parteien maßgeblich für die Frage, ob der Freiberufler als Arbeitnehmer<br />

einzustufen ist.<br />

Die Ansicht des OLG Frankfurt am Main ist abzulehnen. Denn wenn das zulässig<br />

wäre, könnten die Vertragspartner im Vertrag festlegen, wie ihr<br />

Rechtsverhältnis zu beurteilen sei. Das darf indessen nicht richtig sein, weil<br />

dann sogar Gesetzesverstöße möglich wären. Außerdem kommt es entscheidend<br />

darauf an, ob ein Weisungsrecht besteht, und ob der Weisungsberechtigte<br />

es auch ausübt: Die zweite Voraussetzung ist zwingend erforderlich<br />

und damit der entscheidende Grund dafür, dass der Wortlaut der Vereinbarungen<br />

nicht ausreicht, sondern dass die tatsächliche Abwicklung des Vertrags<br />

maßgeblich ist 168 .<br />

166 BAG DB 1994, 2502.<br />

167 OLG Frankfurt, BB 1990, 778 = Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*43 m.Anm. Zahrnt.<br />

168 Ebenso Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 166.<br />

53


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

Dem BAG ist deshalb zuzustimmen: Zur Feststellung, ob persönliche Abhängigkeit<br />

vorliegt, darf es nicht allein auf die schriftlichen Vereinbarungen<br />

ankommen, sondern sind sämtliche für das Rechtsverhältnis prägenden charakteristischen<br />

Merkmale so zu beurteilen, wie sie sich aus dem Inhalt des<br />

Vertrags und dessen praktischer Durchführung und Gestaltung ergeben 169 .<br />

Die praktische Handhabung der Vertragsbeziehungen kann und soll mithin<br />

Aufschluss über den Parteiwillen und den gegebenenfalls einverständlich<br />

gewollten Grad der persönlichen Abhängigkeit geben. Zur Würdigung der<br />

praktischen Durchführung bedarf es deshalb einer wertenden Gesamtbetrachtung<br />

aller für die rechtliche Einordnung der Vertragsbeziehungen wesentlichen<br />

Umstände 170 . Widersprechen sich Vertragsgestaltung und tatsächliche<br />

Durchführung, ist in aller Regel die tatsächliche Durchführung des<br />

Vertrags maßgeblich 171 .<br />

Beim Betrachten der tatsächlichen Durchführung des Vertrags zwischen<br />

Freiberufler und Unternehmensberatung gibt es im wesentlichen vier Problemkreise:<br />

Zum Ersten die Frage, inwieweit dem Freiberufler eine freie Einteilung<br />

der Arbeitszeit möglich ist. Zum zweiten die Frage, wie es zu bewerten<br />

ist, dass der Freiberufler die „Einsatzmittel“ für seine Tätigkeit gestellt<br />

bekommt, sowie dass er seine Tätigkeit regelmäßig beim Endkunden ausführt.<br />

Zum <strong>Dr</strong>itten die Frage, wie der Umstand zu bewerten ist, dass der<br />

Freiberufler nur Arbeiten in Richtung auf ein bestimmtes Ergebnis erbringen<br />

muss. Zum Vierten die zentrale und entscheidende Frage, welche Abgrenzungskriterien<br />

im Hinblick auf die Frage gelten, ob der Freiberufler arbeitsbezogenen<br />

Weisungen des Projektleiters unterliegt 172 .<br />

Im Folgenden werden diese vier Kriterien im Hinblick auf die Besonderheiten<br />

der IT-Branche zunächst dargestellt. Die Abwägung im Einzelnen erfolgt<br />

im Anschluss daran innerhalb der eigenen Stellungnahme in c), weil es für<br />

die Interessenbewertung auf eine Gesamtschau der Kriterien ankommt.<br />

169 Küttner-Bauer, Personalbuch 2000, Freie Mitarbeit, Rdnr. 4.<br />

170 BAG DB 1991, 2342; BB 1991, 275; DB 1984, 2203.<br />

171 BAG DB 1994, 2502.<br />

172 Viele Unternehmensberatungen versuchen, das arbeitsbezogene Weisungsrecht durch<br />

vertragliche Regelungen auszuschließen, die besagen, dass der Freiberufler in seiner<br />

Tätigkeit keinerlei Weisungen der Unternehmensberatung bzw. des Endkunden unterliege.<br />

Derartige vertragliche Regelungen haben keine Auswirkung auf die Entscheidung,<br />

ob eine persönlich abhängige Beschäftigung vorliegt, weil es bei dieser nicht<br />

auf die vertraglichen Regelungen ankommt, sondern auf die tatsächliche Durchführung<br />

des Vertrags, vgl. § 7 A) II. 2. b).<br />

54


Verstoß gegen § 9 AÜG bzw. § 1 Abs. 2 AÜG i.V.m. §§ 134 BGB, 4 AFG<br />

aa) Freie Einteilung der Arbeitszeit / Ganztagsarbeit<br />

Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG 173 ist gemäß § 84 Abs. 1 S. 2<br />

HGB selbständig und damit echter Freiberufler, wer seine Tätigkeit im wesentlichen<br />

frei gestalten und seine Arbeitszeit frei bestimmen kann. Dagegen<br />

ist unselbständig und persönlich abhängig, wem das nicht möglich ist. Dabei<br />

ist nach dem BAG für ein Arbeitsverhältnis insbesondere maßgeblich, dass<br />

der Arbeitgeber innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens über die<br />

Arbeitsleistung des Mitarbeiters verfügen kann 174 .<br />

In der Rechtsprechung wird argumentiert, dass die Tätigkeit des Freiberuflers<br />

dann fremdbestimmt sei, wenn der Freiberufler die zu erbringenden<br />

Dienste in eigener Person leisten müsse, weil diese ihn dann zeitlich voll beanspruchen<br />

müssten 175 . Der Freiberufler könne dann über seine Arbeitskraft<br />

nicht mehr selbständig wie ein Unternehmer verfügen. Allein hierin liege eine<br />

persönliche Abhängigkeit, wie sie nur für den Arbeitnehmer typisch<br />

sei 176 .<br />

Diese Ansicht ist bedenklich angesichts dessen, dass der Freiberufler regelmäßig<br />

40 Stunden pro Woche im Auftrag der Unternehmensberatung beim<br />

Endkunden tätig wird. Denn mit diesem Umstand ist zwingend die Frage<br />

verbunden, ob der Freiberufler zum regelmäßigen Erscheinen verpflichtet<br />

ist 177 . Dann verliert das Kriterium der freien Einteilung der Arbeitszeit aber<br />

entscheidend an Bedeutung, weil ohnehin eine Ganztagsarbeit erwartet wird.<br />

In derartigen Fällen besteht im Hinblick auf die selbständige Bestimmung<br />

der Arbeitszeit naturgemäß von vornherein nicht mehr viel Raum 178 . Wenn<br />

der Freiberufler 40 Stunden pro Woche für die Unternehmensberatung tätig<br />

ist, ergibt sich daraus vielmehr nahezu zwangsläufig, dass er nur für eine<br />

Unternehmensberatung tätig ist. Die Frage, ob der Freiberufler deshalb persönlich<br />

abhängig beschäftigt wird, ist mithin davon unabhängig zu behandeln.<br />

Anders ist das zu beurteilen, wenn der Vertrag zwischen Unternehmensberatung<br />

und Freiberufler vorsieht, dass der Freiberufler während der Dauer des<br />

173 BAG DB 1994, 2502; NZA, 1994, 1132.<br />

174 BAG DB 1994, 787, 2502.<br />

175 LG München I, Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*15 m.Anm. Zahrnt; LG München I, Beschluss<br />

vom 14.3.1991, 7 O 12295/90, unveröffentlicht.<br />

176 BAG AP § 611 BGB Abhängigkeit Nr. 16; LG München I, Zahrnt (Hrsg.), ECR<br />

LG*15 m.Anm. Zahrnt; LG München I, Beschluss vom 14.3.1991, 7 O 12295/90,<br />

unveröffentlicht.<br />

177 Vgl. Zahrnt, in Zahrnt (Hrsg.), CVR, 12.3 (2).<br />

178 BAG, Ufita 79, 311.<br />

55


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

Vertrags ausschließlich für die Unternehmensberatung tätig sein darf 179 . In<br />

diesem Fall kommt es auf die Voraussetzung der persönlichen Abhängigkeit<br />

nicht an, weil ein derartiges Wettbewerbsverbot in seinen faktischen Auswirkungen<br />

einem Arbeitsverhältnis gleichkommt. Ein solches Wettbewerbsverbot<br />

geht seinem gegenständlichen Umfang nach zu weit und ist wegen<br />

Verstoßes gegen § 138 BGB unwirksam 180 .<br />

bb) Freiberufler wird beim Endkunden tätig / Freiberufler<br />

bekommt Einsatzmittel gestellt<br />

Nach einer Entscheidung des BAG 181 ist ein als Freiberufler eingesetzter<br />

Mitarbeiter als Arbeitnehmer einzustufen, wenn er kein eigenes Betriebskapital<br />

einsetzt und wenn er die Räumlichkeiten und die sachlichen Betriebsmittel<br />

seines Vertragspartners bzw. des Endkunden benutzt 182 . In der Literatur<br />

wird diese Entscheidung zum Teil begrüßt und darüber hinaus angenommen,<br />

dass es nicht darauf ankomme, ob das freie Mitarbeiterverhältnis<br />

vor der Überlassung bereits wirksam begründet worden sei 183 . Das wird zum<br />

Teil damit begründet, es komme allein auf die vertragliche Bindung des<br />

Freiberuflers an, auf Weisung seines Vertragspartners beim <strong>Dr</strong>itten weisungsgebundene<br />

Tätigkeiten zu übernehmen 184 . Sei das der Fall, begründe<br />

das bereits für sich gesehen den Tatbestand der Arbeitnehmerüberlassung 185 .<br />

Diese Ansicht ist schon deshalb bedenklich, weil es entscheidend auf die<br />

Durchführung des Vertrags ankommt, nicht auf das, was die Vertragspartner<br />

schriftlich fixiert haben 186 . Es spricht deshalb mehr dafür, bei der Tätigkeit<br />

des Freiberuflers in einem fremden Betrieb zur Abgrenzung gegenüber dem<br />

Arbeitsverhältnis darauf abzustellen, ob der Freiberufler derart in die Arbeitsorganisation<br />

des fremden Betriebs eingegliedert wird, dass der Betriebsinhaber<br />

oder die für ihn verantwortlich tätigen Personen die für ein Arbeitsverhältnis<br />

typischen Entscheidungen über seinen Einsatz auch nach Zeit<br />

179 Ebenso BFH CR 1996, 204 = Zahrnt (Hrsg.), ECR BFH*2.<br />

180 Vgl. § 10 IV. 2. – Im Hinblick auf den ebenfalls möglichen Verstoß gegen § 74 Abs. 2<br />

bleibt es dabei, dass ein solcher nur dann in Betracht kommt, wenn der Freiberufler<br />

persönlich abhängig beschäftigt wird.<br />

181 BAG EzA, AÜG BetrVG Nr. 3.<br />

182 Diese Begründung des BAG ist vom Hessischen LAG, Beschluss vom 22.1.1999, 8<br />

Ta 499/98, zur Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt, (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong><br />

übernommen worden, ohne dass dieses dabei auf die Besonderheiten der IT-Branche<br />

eingegangen ist.<br />

183 Ulber, AÜG, Einleitung C, Rdnr. 89.<br />

184 Ulber, AÜG, Einleitung C, Rdnr. 89.<br />

185 Sandmann/Marschall, AÜG, § 1 Nr. 10; a.A. Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 37.<br />

186 BAG AP Nr. 5 zu § 10 AÜG; AP Nr. 8 zu § 10 AÜG m.w.N.<br />

56


Verstoß gegen § 9 AÜG bzw. § 1 Abs. 2 AÜG i.V.m. §§ 134 BGB, 4 AFG<br />

und Ort treffen, so dass sie damit eine Personalhoheit und damit arbeitsrechtliche<br />

Weisungsbefugnis haben 187 .<br />

Zudem ist im Hinblick auf die Frage, ob der Freiberufler beim Kunden der<br />

Unternehmensberatung tätig werden soll, zu bedenken, dass diese Frage in<br />

der Praxis am sinnvollsten dadurch beantwortet wird, ob bzw. inwieweit ein<br />

Informationsbedarf des Freiberuflers besteht und/oder wo der Freiberufler<br />

am besten Zugang zur Entwicklungsumgebung hat 188 . Dabei ist im Hinblick<br />

auf die IT-Branche bei Individualprogrammierung zu berücksichtigen, dass<br />

der Freiberufler häufig mit Hardware arbeitet, die viel Geld, etwa DM<br />

50.000,– oder auch mehr gekostet hat. Bei Standardprogrammen kommt die<br />

erforderliche Hardware zumindest als teurer Gegenstand für die Tätigkeit<br />

des Freiberuflers hinzu. Außerdem gibt es typischerweise beim Endkunden<br />

einen ständigen Ansprechpartner (Projektleiter) für den Freiberufler.<br />

Das sind in der Praxis die Gründe dafür, dass der Freiberufler beim Endkunden<br />

tätig werden soll. Diese Gründe sind sachlicher Natur. Dementsprechend<br />

sieht Ziffer 1.9.21 der Durchführungsanweisungen für Arbeitnehmerüberlassung<br />

für den DV-Bereich vor, dass im Hinblick auf die Tätigkeit im<br />

Betrieb des Endkunden in der Regel dann nicht von Arbeitnehmerüberlassung<br />

auszugehen sei, wenn ein Unternehmen, das Software herstellt, Mitarbeiter<br />

zu einem Anwender entsendet, um ein derartiges Programm auf dessen<br />

Anlagen ablauffähig zu machen oder zu entwickeln 189 .<br />

Der Umstand, dass der Freiberufler beim Endkunden tätig wird, ist deshalb<br />

in der IT-Branche in der Regel notwendige Voraussetzung für die Tätigkeit<br />

des Freiberuflers und darf mithin nicht als Argument für persönliche Abhängigkeit<br />

verwertet werden 190 . Das bedeutet, dass die Lösung der Statusfrage<br />

187 BAG DB 1992, 1936.<br />

188 Ähnlich Zahrnt, in Zahrnt (Hrsg.), CVR, 12.3 (2).<br />

189 Demgegenüber erfülle die kontinuierliche Anwendung eines Programms durch<br />

Fremdkräfte im Hinblick auf die Tätigkeit im Betrieb des Endkunden nach der<br />

Durchführungsanweisung für Arbeitnehmerüberlassung für den DV-Bereich in der<br />

Regel den Tatbestand der Arbeitnehmerüberlassung.<br />

190 Ebenso LG Wuppertal, CR 2000, 358 f. m.Anm. <strong>Erben</strong> = Zahrnt (Hrsg.), ECR<br />

LG*300 m.Anm. <strong>Erben</strong>; ähnlich OLG Düsseldorf, Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*79:<br />

Die Gesamtumstände sprächen zwar für eine Einbindung des Freiberuflers in den Betrieb<br />

der Unternehmensberatung. Der Freiberufler sei aber nicht wie ein Arbeitnehmer<br />

weisungsabhängig und an Dienstzeiten gebunden gewesen. Damit liege ein freier<br />

Dienstvertrag vor. – A.A. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.3.2000, zur Veröffentlichung<br />

vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>; LG Hanau, Zahrnt<br />

(Hrsg.), ECR OLG*43; LG München I, Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*77; Hessisches<br />

LAG, Beschluss vom 22.1.1999, 8 Ta 499/98, zur Veröffentlichung vorgesehen in<br />

Zahrnt, (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

57


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

nicht davon abhängen darf, ob der Freiberufler beim Endkunden tätig wird,<br />

sondern allein davon, ob ihm arbeitsrechtliche Weisungen erteilt werden 191 .<br />

cc) Mangelnde Erfolgsbezogenheit der Tätigkeit<br />

In der Rechtsprechung wird zum Teil darauf abgestellt, der Freiberufler<br />

müsse keinen bestimmten, vertraglich vorgegebenen Erfolg erzielen, so dass<br />

Dienstvertragsrecht Anwendung finde 192 . Dem ist zuzustimmen, insbesondere<br />

weil es in der Praxis überwiegend keine näheren Spezifikationen (Konkretisierungen<br />

der Aufgabenstellung) für den Freiberufler gibt. Das spricht<br />

dafür, Dienstvertragsrecht anzuwenden. Die Anwendung von Dienstvertragsrecht<br />

führt allerdings nicht automatisch zur Annahme eines Arbeitsverhältnisses,<br />

weil es auch den freien Dienstvertrag gibt, der keine ergebnisbezogenen,<br />

sondern nur zielgerichtete Arbeitsleistungen beinhaltet 193 . Es ist<br />

mithin zu entscheiden, ob das Dienstverhältnis als Arbeitsverhältnis einzustufen<br />

ist.<br />

Gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht, dass der Freiberufler<br />

in der Praxis bei Werkverträgen in der Regel vertraglich die Gewährleistung<br />

für seine Leistungen übernimmt, häufig über die gesetzliche Regelung hinausgehend<br />

für 12 Monate. Damit trägt der Freiberufler ein Unternehmerrisiko.<br />

Dieses Unternehmerrisiko ist ein starkes Indiz dafür, dass eine selbständige<br />

Tätigkeit von den Vertragspartnern gewollt ist, weil gegen einen<br />

Arbeitnehmer keine Gewährleistungsansprüche bestehen 194 . Dementsprechend<br />

stellt die Durchführungsanweisung für Arbeitnehmerüberlassung für<br />

den DV-Bereich darauf ab, dass dann nicht von Arbeitnehmerüberlassung<br />

auszugehen sei, wenn das entsendende Unternehmen das Unternehmerrisiko<br />

trage.<br />

Auch der BFH 195 hat in bezug auf die steuerrechtliche Komponente zur Abgrenzung<br />

der unselbständigen von der selbständigen Beschäftigung auf die<br />

Übernahme des unternehmerischen Risikos abgestellt: Selbständig sei, wer<br />

auf eigene Rechnung und Gefahr tätig werde, unselbständig, wer in der Betätigung<br />

des geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers stehe<br />

oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu<br />

191 Ebenso Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 37 und 162.<br />

192 So LG München I, Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*79 m.Anm. Zahrnt; LG München I, Beschluss<br />

vom 14.3.1991, 7 O 12295/90, unveröffentlicht.<br />

193 Vgl. OLG Düsseldorf, Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*79.<br />

194 Ebenso LG München I, Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*15 m.Anm. Zahrnt; LG München I,<br />

Beschluss vom 14.3.1991, 7 O 12295/90, unveröffentlicht.<br />

195 BFH CR 1996, 204 = Zahrnt (Hrsg.), ECR BFH*2 unter Hinweis auf seine ständige<br />

Entscheidungspraxis.<br />

58


Verstoß gegen § 9 AÜG bzw. § 1 Abs. 2 AÜG i.V.m. §§ 134 BGB, 4 AFG<br />

folgen verpflichtet sei. Ähnlich hat das das das BAG gesehen 196 : Es komme<br />

entscheidend auf die Organisationsgewalt des Dienstunternehmers und das<br />

Bestehen unternehmerischer Entscheidungsmöglichkeiten für den Dienstgeber<br />

an.<br />

Schüren 197 ist der Ansicht, bei der Abgrenzung des Arbeitsverhältnisses zum<br />

freien Dienstvertrag bedürfe es zur Entscheidung der Abgrenzungsfrage anderer<br />

Kriterien als der Regelungen über die Gewährleistung und die Vergütungsgefahr,<br />

da es solche Regelungen im Dienstvertragsrecht nicht gebe.<br />

Stattdessen komme es auf den Grad der tatsächlichen Eingliederung des<br />

Fremdarbeitnehmers in den Beschäftigungsbetrieb und auf die Ausübung<br />

des Weisungsrechts an 198 . Schüren stellt deshalb für die Beurteilung der Frage,<br />

ob ein echter freier Dienstvertrag vorliege, maßgeblich darauf ab, ob<br />

dem Dienstberechtigten ein arbeitsbezogenes Weisungsrecht zusteht 199 .<br />

Diesem Ansatz ist zuzustimmen, weil die Frage, ob ein Mitarbeiter abhängig<br />

oder selbständig beschäftigt wird, letztlich nur anhand der Tatsache überprüft<br />

werden kann, ob der Mitarbeiter im Zuge der tatsächlichen Durchführung<br />

des Vertrags arbeitsbezogenen Weisungen unterliegt. Das ist mithin die<br />

entscheidende Frage. Es muss deshalb der Begriff des arbeitsbezogenen<br />

Weisungsrechts zunächst im Allgemeinen mit Inhalt gefüllt werden, um diese<br />

Frage anschließend für den Fall des IT-Freiberuflers sachgerecht entscheiden<br />

zu können.<br />

dd) Das arbeitsbezogene Weisungsrecht<br />

Ein Mitarbeiter ist nach dem BAG 200 dann persönlich abhängig und damit<br />

Arbeitnehmer, wenn er in eine fremdbestimmte Arbeitsorganisation eingegliedert<br />

wird. Ob das der Fall sei, richte sich nach dem Umfang der Weisungsgebundenheit;<br />

das Weisungsrecht des Arbeitgebers könne Inhalt,<br />

Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen 201 .<br />

Nach von Hoyningen-Huene 202 kommt es zur Abgrenzung zusätzlich darauf<br />

an, ob die Arbeitsaufgaben der Arbeitnehmer des Dienstberechtigten von<br />

den Dienstleistungen des Freiberuflers gegenständlich unterscheidbar seien.<br />

Becker 203 unterscheidet danach, ob die Fremdarbeitnehmer von ihrem ver-<br />

196 BAG AP Nr. 2 zu § 1 AÜG; EzA AÜG Nr. 186; LAG Berlin, EzA AÜG Nr. 337.<br />

197 Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 232.<br />

198 Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 233.<br />

199 Vgl. Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 236 ff. m.w.N.<br />

200 BAG DB 1994, 2502.<br />

201 BAG AP Nr. 8 zu § 10 AÜG; Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 116.<br />

202 V.Hoyningen-Huene, BB 1985, 1674.<br />

203 A.A. Becker, DB, 1988, 2566 f.<br />

59


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

traglichen Arbeitgeber ausgewählt werden und ob der Freiberufler mit Arbeitnehmern<br />

des Beschäftigungsunternehmens zusammenarbeite.<br />

Die Frage, in welchem Maße ein Mitarbeiter aufgrund bestehender Weisungsrechte<br />

persönlich abhängig ist, lässt sich nicht abstrakt beantworten,<br />

sondern hängt von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab, weil es auf den<br />

Inhalt der Tätigkeit entscheidend ankommt 204 . In bezug auf den Inhalt der<br />

Tätigkeit ist die arbeitsrechtliche Weisungsbefugnis von der projektbezogenen<br />

werkvertraglichen Anweisung gemäß § 645 Abs. 1 BGB zu unterscheiden<br />

205 : Die werkvertragliche Anweisung ist sachbezogen und ergebnisbezogen<br />

orientiert, das arbeitsvertragliche Weisungsrecht demgegenüber personenbezogen,<br />

ablauf- und verfahrensorientiert 206 .<br />

Deshalb darf und soll der Auftraggeber bestimmte projektbezogene, konkretisierende<br />

Anweisungen geben, insbesondere, wenn es um die Abstimmung<br />

bzw. Durchführung von Änderungs- oder Ergänzungswünschen geht. Schüren<br />

207 stellt mithin zu Recht fest, dass es im Rahmen eines Werk- oder<br />

Dienstvertrages zweifelsohne zulässig sei, dass der Besteller/Dienstberechtigte<br />

die geschuldete Leistung bis in die letzten Einzelheiten vorschreibt.<br />

Deshalb ist es nach Schüren nicht zulässig, von einer bereits weitgehend<br />

konkretisierten Festlegung des Leistungsgegenstandes in Verbindung mit<br />

dem Stellen detaillierter Arbeitsanweisungen durch den Besteller auf eine<br />

Eingliederung eines Fremdarbeitnehmers in den Beschäftigungsbetrieb zu<br />

schließen 208 .<br />

c) Stellungnahme zu den Abgrenzungskriterien<br />

Zu Recht ist Schüren 209 der Auffassung, dass die Ergebnisse bei der Abgrenzung<br />

zwischen Dienst- und Arbeitnehmerüberlassungsvertrag im Grenzbereich<br />

kaum vorhersehbar seien und dass einige der in der Literatur vorgebrachten<br />

Abgrenzungskriterien nicht weiter führten. So stellt Schüren 210 zutreffend<br />

fest, dass es für die Frage, ob der Freiberufler arbeitsbezogenen<br />

Weisungen des Endkunden unterliege, entgegen der Ansicht von von Hoy-<br />

204 Ebenso Küttner-Bauer, Personalbuch 2000, Freie Mitarbeit, Rdnr. 4.<br />

205 Ebenso Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 115 und 181; Küttner-Bauer, Personalbuch 2000,<br />

Freie Mitarbeit, Rdnr. 5, jeweils m.w.N.<br />

206 BAG EzA § 99 Betr. VG Nr. 110.<br />

207 Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 18.<br />

208 BAG AP Nr. 97 zu § 99 BetrvG 1972 unter II. 3. b der Gründe; NZA 1993, 359; EzA<br />

§ 99 BetrvG 1972 Nr. 110 [Bl. 7]; DB 1993, 2337.<br />

209 Vgl. Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 241.<br />

210 Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 244.<br />

60


Verstoß gegen § 9 AÜG bzw. § 1 Abs. 2 AÜG i.V.m. §§ 134 BGB, 4 AFG<br />

ningen-Huene 211 ohne Bedeutung ist, ob die Dienstleistungen des Freiberuflers<br />

gegenständlich von denen unterscheidbar seien, die ein Festangestellter<br />

erbringe.<br />

Die Auffassung von von Hoyningen-Huene geht zudem an der Praxis vorbei:<br />

Der Endkunde braucht nur und gerade deshalb externe Kräfte, weil das bestimmte<br />

Know-how, das er benötigt, intern nicht vorhanden ist, so dass die<br />

externen und internen Kräfte eben nicht die gleiche Aufgabe erledigen.<br />

Selbst wenn dem allerdings so wäre, wäre kein Grund dafür ersichtlich, warum<br />

der Endkunde nicht eigene festangestellte Kräfte und externe Kräfte mit<br />

der gleichen Aufgabe soll beschäftigen dürfen 212 .<br />

Schüren 213 ist darin zuzustimmen, dass Arbeitnehmerüberlassung nur dann<br />

vorliegt, wenn der Entleiher das arbeitsbezogene Weisungsrecht vollständig<br />

und für die gesamten Dauer des Fremdeinsatzes ausübt, weil wesentlich für<br />

die Leiharbeit ist, dass der Entleiher gegenüber dem Leiharbeitnehmer einen<br />

eigenen Anspruch auf die Arbeitsleistung hat. Deshalb muss der Entleiher<br />

die Arbeitskraft während des gesamten Fremdfirmeneinsatzes lenken 214 .<br />

Dementsprechend kann eine persönlich abhängige Beschäftigung des Leiharbeitnehmers<br />

nur dann vorliegen, wenn Fremdfirmenmitarbeiter nach arbeitsbezogenen<br />

Weisungen des Dienstberechtigten und nicht nach Weisungen<br />

ihres vertraglichen Arbeitgebers arbeiten 215 . Das Merkmal der Weisungsgebundenheit<br />

an den Dienstberechtigten wird damit zum zentralen<br />

Abgrenzungskriterium bei der Frage, ob ein Mitarbeiter persönlich abhängig<br />

beschäftigt wird 216 .<br />

aa) Zur Konkretisierung des arbeitsbezogenen Weisungsrechts<br />

Bei der Frage der Ausübung des arbeitsbezogenen Weisungsrechts ist zunächst<br />

abstrakt zu prüfen, welche Art von Weisungen an den Arbeitnehmer<br />

als Ausübung des arbeitsbezogenen Direktionsrechts anzusehen sind, und<br />

sodann im Einzelfall zu prüfen, ob die Befugnisse zu solchen Weisungen<br />

211 V.Hoyningen-Huene, BB 1985, 1674.<br />

212 Vgl. Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 241.<br />

213 Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 192.<br />

214 Vgl. Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 192.<br />

215 Vgl. Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 245.<br />

216 Ebenso Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 37 und 162 und Michalski, Das Gesellschafts- und<br />

Kartellrecht der berufsrechtlich freien Berufe, S. 11: Dem Merkmal der Weisungsunabhängigkeit<br />

komme zentrale Bedeutung zu.<br />

61


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

dem Entleiher eingeräumt worden sind und ob dieser sie tatsächlich ausübt<br />

217 .<br />

Die vom BAG 218 für das Vorliegen vom Weisungen im arbeitsrechtlichen<br />

Sinne genannten Kriterien sind personenbezogen, ablauf- oder verfahrensorientiert:<br />

Bestimmung über die Arbeitszeit, Anordnung von Überstunden,<br />

Gewährung von Urlaub und Freizeit, sowie die Entscheidung darüber, ob<br />

und wie eine Anwesenheitskontrolle durchgeführt wird und wie die Ordnungsgemäßheit<br />

der Arbeitsabläufe überwacht wird. Das gleiche gilt für die<br />

Bestimmung der Reihenfolge der Arbeitsschritte.<br />

Fraglich ist, ob IT-Freiberufler derartige personenbezogenen, ablaufund/oder<br />

verfahrensorientierten Weisungen erhalten. Denn IT-Freiberufler<br />

müssen z.B. ihren Urlaub nicht im arbeitsrechtlichen Sinne genehmigen lassen,<br />

sondern diesen nur mit dem Projektleiter abstimmen. Das geschieht allerdings<br />

zu dem Zweck, dass der Projektfortschritt durch die Abwesenheit<br />

des Freiberuflers nicht gefährdet wird und hat damit sachliche Gründe. Im<br />

Übrigen kommt es zur Entscheidung dieser Frage auf die konkrete Tätigkeit<br />

des Freiberuflers an. Um die Frage der Weisungsgebundenheit sachgerecht<br />

prüfen zu können, hilft es deshalb, die Tätigkeit des Freiberuflers in der IT-<br />

Branche näher zu beleuchten.<br />

bb) Die Bandbreite der Tätigkeit des IT-Freiberuflers<br />

Es gibt in der IT-Branche eine Spannbreite der Tätigkeit des Freiberuflers<br />

vom reinen PC-Programmierer bis hin zum Konzeptersteller. Dieser ist im<br />

weitesten Sinne betriebswirtschaftlicher Berater, jener kann im Einzelfall<br />

sehr einfache Tätigkeiten ausführen. In der IT-Branche werden verstärkt<br />

Konzeptersteller gesucht, die die spezifischen betriebswirtschaftlichen Probleme<br />

eines bestimmten Endkunden lösen sollen, d.h. diese in ein DVtechnisches<br />

Konzept und sodann in eine ablauffähige programmtechnische<br />

Struktur umsetzen. Diese Arbeit ist in erster Linie eine Beratungstätigkeit<br />

und wird in der IT-Branche mit Stundensätzen von netto DM 250,– und darüber<br />

hinaus vergütet 219 .<br />

Der Konzeptersteller wird mithin schon aufgrund der Art seiner Tätigkeit<br />

nicht persönlich abhängig beschäftigt: Er ist nämlich mangels Weisungsgebundenheit<br />

220 weder im arbeitsrechtlichen Sinne in den Betrieb der Unter-<br />

217 Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 165.<br />

218 BAG DB 1992, 1936.<br />

219 Siehe § 4.<br />

220 Weisungsgebundenheit entspricht dem Begriff der Fremdbestimmtheit, vgl. Hromadka,<br />

Arbeitnehmerbegriff und Arbeitsrecht, NZA 1997, 576.<br />

62


Verstoß gegen § 9 AÜG bzw. § 1 Abs. 2 AÜG i.V.m. §§ 134 BGB, 4 AFG<br />

nehmensberatung noch in den des Endkunden eingegliedert 221 . Der Endkunde<br />

wünscht im Gegenteil die Beratung durch den Freiberufler. Dann ist aber<br />

nahezu ausgeschlossen, dass der Endkunde dem Freiberufler im Hinblick<br />

auf dessen Arbeit – die Beratungstätigkeit – Weisungen erteilt, die als arbeitsbezogene<br />

Weisungen qualifiziert werden dürften.<br />

Diese Überlegung wird durch eine Entscheidung des BFH 222 unterstützt:<br />

Dieser hat für den Fall, dass das Aufgabengebiet als anspruchsvoll anzusehen<br />

ist, darauf abgestellt, dass in diesem Fall nicht die Ableistung einer bestimmten<br />

Arbeitszeit, sondern der Arbeitserfolg im Vordergrund stehe. Der<br />

BFH hat daraus gefolgert, dass das Finanzgericht unter diesen Umständen<br />

ohne Rechtsverstoß den Vertragswillen der Beteiligten als Indiz dafür habe<br />

werten dürfen, dass der Freiberufler eine selbständige Arbeit ausübe.<br />

Für den IT-Freiberufler als PC-Programmierer gilt im Umkehrschluss, dass<br />

es durchaus in Betracht kommt, diesen arbeitsrechtlich als abhängig Beschäftigten<br />

einzustufen, weil diesem z.B. die Reihenfolge der Arbeitsschritte<br />

vom Projektleiter vorgeschrieben werden kann. Allerdings muss man sich<br />

dann mit der Frage auseinandersetzen, ob es überhaupt Sinn und Zweck des<br />

AÜG ist, freiberuflich Tätige zu schützen. Diese Frage ist nicht geklärt; sie<br />

wird im Folgenden behandelt.<br />

cc) Ziele des AÜG<br />

Fraglich ist, ob das AÜG nach seinem Schutzzweck auf Freiberufler anzuwenden<br />

ist. Leitner 223 unterscheidet danach, ob eine vorsätzliche, offene<br />

Verletzung von Vorschriften des AÜG und der Verwirklichung illegaler Arbeitnehmerüberlassung<br />

durch Umgehung des AÜG vorliegt, will dann allerdings<br />

das Eingreifen der Fiktion nach §§ 9, 10 AÜG teleologisch reduzieren<br />

224 : Der mit dem AÜG angestrebte Arbeitnehmerschutz setze vorher ein,<br />

so dass unseriöse Arbeitgeber bereits keine Verleiherlaubnis erhielten 225 . Das<br />

hilft für die Frage des Einsatzes von Freiberuflern über Unternehmensbera-<br />

221 Ähnlich LG Wuppertal, CR 2000, 358 f. m.Anm. <strong>Erben</strong> = Zahrnt (Hrsg.), ECR<br />

LG*300 m.Anm. <strong>Erben</strong>: Der Freiberufler habe höherwertige Leistungen erbracht<br />

(der Stundensatz betrug im konkreten Fall DM 130,– netto): Das widerspreche einer<br />

arbeitnehmertypischen persönlichen Abhängigkeit; a.A. OLG Düsseldorf, Beschluss<br />

vom 22.3.2000, 15 U 127/99, zur Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.),<br />

ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

222 BFH CR 1996, 204 = Zahrnt (Hrsg.), ECR BFH*2.<br />

223 Leitner, NZA 1991, 294.<br />

224 Ebenso BAG AP Nr. 8 zu § 10 AÜG.<br />

225 Leitner, Arbeitnehmerüberlassung in der Grauzone zwischen Legalität und Illegalität,<br />

1990, Rdnr. 138.<br />

63


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

tungen nicht weiter. Außerdem muss dann bereits im Rahmen der Prüfung<br />

der Schutzbedürftigkeit die Frage der Abgrenzung gestellt und beantwortet<br />

werden 226 .<br />

Dauner-Lieb 227 befürwortet im Grenzbereich zum Fremdfirmeneinsatz auf<br />

dienst- oder werkvertraglicher Basis eine restriktive Anwendung des AÜG.<br />

Wank 228 versucht, die Frage vom Gesetzeszweck her zu lösen, unterscheidet<br />

dabei allerdings zwischen seriösen und unseriösen Verleihern und führt damit<br />

unscharfe Abgrenzungskriterien ein.<br />

Nach Becker-Wulfgramm 229 wirkt die Tatsache, dass der Auftragnehmer den<br />

Verliehenen formal als freien Mitarbeiter beschäftige, nicht dem entgegen,<br />

dass Arbeitnehmerüberlassung vorliegen könne. Wenn der Mitarbeiter eingegliedert<br />

sei, komme es nicht darauf an, was für ein – dann ohnehin unwirksamer<br />

– Vertrag zwischen Entleiher und freiem Mitarbeiter vorliege.<br />

Nur wenn der Auftragnehmer bewirken könne, dass ein echtes Entleihen<br />

stattfinde, liegt ein echter Freier-Mitarbeiter-Vertrag vor, auf den das AÜG<br />

nicht anzuwenden sei.<br />

Schüren 230 unterscheidet danach, ob festgestellt werden könne, dass Arbeitnehmer<br />

zur Arbeitsleistung an <strong>Dr</strong>itte überlassen werden. Sei das der Fall,<br />

müsse das AÜG angewandt werden. Sei das nicht der Fall, dürfe das AÜG<br />

nicht angewandt werden.<br />

Zahrnt 231 hält es für richtig, den Willen des Freiberuflers, dass dieser frei<br />

sein wolle, dann zu berücksichtigen und zu respektieren, wenn der freie<br />

Mitarbeiter einen finanziell gesehen hohen Status habe. Wenn der Freiberufler<br />

sich von seinem sozialen Status von Mitarbeitern des Auftraggebers unterscheide,<br />

könne er trotz arbeitsmäßiger Eingliederung in den Betrieb des<br />

Auftraggebers nicht als Arbeitnehmer angesehen werden, es sei denn, er<br />

werde langfristig für einen Endkunden tätig.<br />

Auch das LG Hanau 232 berücksichtigt den Willen der Vertragspartner: Es<br />

nimmt an, dass freie Mitarbeit wirklich gewollt sei, wenn der Freiberufler<br />

eine im Vergleich zum Arbeitnehmer sehr viel höhere Vergütung erhalte,<br />

weil der Freiberufler durch den Vertragstyp der freien Mitarbeit auf eine<br />

Karriere beim Auftraggeber verzichte.<br />

226 Ebenso Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 149.<br />

227 Dauner-Lieb, NZA 1992, 817.<br />

228 Wank, DB 1992, 90.<br />

229 Becker-Wulfgramm, AÜG, Rdnr. 49d zu § 1.<br />

230 Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 150 ff.<br />

231 Zahrnt, in Zahrnt (Hrsg.), CVR,12.2 (8).<br />

232 LG Hanau, abgedruckt in Anm. zu OLG Frankfurt, Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*43.<br />

64


Verstoß gegen § 9 AÜG bzw. § 1 Abs. 2 AÜG i.V.m. §§ 134 BGB, 4 AFG<br />

(1) Abwägung<br />

Schüren 233 weist zutreffend darauf hin, dass für die Grenzfälle ein großes<br />

Maß an Rechtsunsicherheit verbleibe, sowie dass eine überzeugende Lösung,<br />

die den Bedürfnissen von Theorie und Praxis genüge, bisher noch<br />

nicht gefunden worden sei 234 .<br />

Die Ansicht von Becker-Wulfgramm 235 muss sich entgegen halten lassen,<br />

dass die Unternehmensberatung faktisch keine Möglichkeit hat zu verhindern,<br />

dass der „entliehene“ Freiberufler beim Endkunden in dessen Betrieb<br />

im arbeitsrechtlichen Sinne eingegliedert wird. Ob der Endkunde dem Freiberufler<br />

arbeitsbezogene Weisungen erteilt, ist deshalb allein im Verhältnis<br />

des Endkunden zum Freiberufler festzustellen, ohne dass dabei auf Handlungen<br />

der Unternehmensberatung Rücksicht genommen werden muss oder<br />

darf.<br />

Fraglich ist allerdings, ob im Hinblick auf die Frage der persönlich abhängigen<br />

Beschäftigung auf den Willen des Freiberufler abgestellt werden darf.<br />

Der Gesetzeswortlaut unterscheidet nicht zwischen freier Mitarbeit und<br />

Festanstellung. Das ist plausibel, denn das Gesetz will und soll denjenigen<br />

schützen, der des Schutzes des Gesetzes bedarf. Das kann also auch ein<br />

Freiberufler sein. In der IT-Branche ist es aber so, dass der Freiberufler freiberuflich<br />

tätig sein will. Seinen Willen, freiberuflich tätig zu sein, dokumentiert<br />

der Freiberufler in der Praxis gegenüber der Unternehmensberatung und<br />

anschließend gegenüber dem Endkunden beispielsweise dadurch, dass er<br />

seine Tätigkeit zuzüglich Mehrwertsteuer berechnet 236 .<br />

Die Unternehmensberatung übt dem Freiberufler gegenüber keinen <strong>Dr</strong>uck<br />

aus, nicht als Angestellter, sondern als Freiberufler tätig zu werden, sondern<br />

lässt ihm ausdrücklich die Wahl. Der IT-Freiberufler muss sich deshalb nicht<br />

durch eine etwaige wirtschaftliche Übermacht der Unternehmensberatung<br />

oder des Endkunden veranlasst sehen, auf ein freies Mitarbeiterverhältnis<br />

auszuweichen 237 .<br />

233 Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 140.<br />

234 Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 142.<br />

235 Becker-Wulfgramm, AÜG, Rdnr. 49d zu § 1.<br />

236 Ebenso ArbG Köln, Zahrnt, DV-Rechtsprechung 3-133 und LG Wuppertal, CR 2000,<br />

358 f. m.Anm. <strong>Erben</strong> = Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*300 m.Anm. <strong>Erben</strong>; a.A.: OLG<br />

Düsseldorf, Beschluss vom 22.3.2000, zur Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt<br />

(Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

237 Ebenso LG Hanau, Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*43.<br />

65


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

Es spricht mithin viel für die Auffassung des ArbG Köln 238 , nach der vom<br />

erklärten Parteiwillen auszugehen sei, so dass sich die inhaltliche Ausgestaltung<br />

des Vertragsverhältnisses gegen den erklärten Parteiwillen nur dann<br />

durchsetze, wenn diese eindeutig und überzeugend die wesentlichen Züge<br />

eines Arbeitsverhältnisses trage. Dafür, den Willen des Freiberuflers zu berücksichtigen,<br />

spricht zudem, dass nach einer Entscheidung des BAG 239<br />

rechtsmissbräuchlich handelt, wer freiberuflich tätig sein wollte und sich<br />

den Versuchen des Dienstgebers widersetzt hat, ein Anstellungsverhältnis<br />

einzugehen.<br />

Demgegenüber ist zu berücksichtigen, dass sich nach Sinn und Zweck des<br />

AÜG weder Unternehmensberatung und Freiberufler der Anwendung des<br />

AÜG entziehen dürfen, wenn der Freiberufler tatsächlich persönlich abhängig<br />

beschäftigt wird 240 . Die Gesetzesanwendung darf nämlich dann in keiner<br />

Richtung zur Disposition der Vertragspartner stehen, wenn sich die praktizierte<br />

Vertragskonstruktion tatsächlich als Arbeitnehmerüberlassung erweist.<br />

Das ist aber nur dann der Fall, wenn der Einsatz der Freiberufler des Auftragnehmers<br />

vom Besteller gesteuert wird. Insoweit ist es richtig, die Frage<br />

der sozialen Schutzbedürftigkeit von objektiven Kriterien abhängig zu machen,<br />

nicht vom Willen der beteiligten Vertragspartner 241 .<br />

(2) Ergebnis<br />

Wenn der Freiberufler persönlich abhängig beschäftigt wird, ist § 9 AÜG<br />

zwingend anwendbar. Der Freiberufler handelt dann nicht rechtsmissbräuchlich,<br />

weil das Recht in § 9 AÜG eine Schutzregelung zu Gunsten persönlich<br />

abhängig beschäftigter Mitarbeiter enthält. Im Umkehrschluss gilt: Wenn<br />

der Freiberufler nicht persönlich abhängig beschäftigt wird, muss er sich<br />

entgegenhalten lassen, dass er sich auf gesetzliche Regelungen beruft, deren<br />

238 ArbG Köln, Zahrnt, DV-Rechtsprechung 3-133; LG Wuppertal, CR 2000, 358 f.<br />

m.Anm. <strong>Erben</strong> = Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*300 m.Anm. <strong>Erben</strong>; a.A. OLG Düsseldorf,<br />

Beschluss vom 22.3.2000 zur Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.),<br />

ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>; LAG Düsseldorf, Urteil vom 26.4.1999, 18 Sa 1941/98, zur<br />

Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>; LAG Köln, Urteil<br />

vom 2.6.1999, 2 Sa 138/99, zur Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.),<br />

ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

239 BAG Urteil vom 11.12.1996, 5 AZR 708/95, unveröffentlicht.<br />

240 Ähnlich – allerdings für Arbeitnehmer – Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 220.<br />

241 Vgl. LAG Düsseldorf, Urteil vom 26.4.99, 18 Sa 1941/98, zur Veröffentlichung vorgesehen<br />

in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>: Das Bestehen der sozialen Schutzbedürftigkeit<br />

sei von objektiven Kriterien abhängig und nicht davon, ob sich die betreffende<br />

Person für sozial schutzbedürftig halte: Deshalb könne es auf Wünsche von<br />

DV-Spezialisten nicht ankommen.<br />

66


Verstoß gegen § 9 AÜG bzw. § 1 Abs. 2 AÜG i.V.m. §§ 134 BGB, 4 AFG<br />

Voraussetzungen er im Übrigen nicht gelten lassen will: Ein solches Handeln<br />

ist rechtsmissbräuchlich.<br />

III. Neuregelung zur Bekämpfung der Scheinselbständigkeit<br />

Nach Inkrafttreten der Neuregelung zur Bekämpfung der Scheinselbständigkeit<br />

stellt sich im Hinblick auf die Einfügung des § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV<br />

durch das Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999 die<br />

Frage, ob diese Neuregelung eine andere Bewertung der arbeitsrechtlichen<br />

Einstufung des Status´ des Freiberuflers erfordert und ob die arbeitsrechtliche<br />

Abgrenzung von Arbeitnehmern und selbständig Tätigen in Folge dessen<br />

neu überdacht werden muss 242 . Insbesondere stellt sich die Frage, ob das<br />

Wettbewerbsverbot unwirksam ist, weil der Freiberufler aufgrund der sozialversicherungsrechtlichen<br />

Neuregelung als scheinselbständig Beschäftigter<br />

und damit gegebenenfalls arbeitsrechtlich als Arbeitnehmer einzustufen ist.<br />

1. Meinungsstand in der Literatur<br />

Es ist ungeklärt, ob bzw. inwieweit die gesetzliche Neuregelung arbeitsrechtliche<br />

Bedeutung hat. Nach überwiegender Auffassung ist die Vorschrift<br />

des § 7 Abs. 4 SGB IV auf die arbeitsrechtliche Abgrenzung nicht anzuwenden<br />

243 . Auch die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger gehen im<br />

Ergebnis davon aus, dass Auswirkungen auf die arbeitsrechtliche Abgrenzung<br />

derzeit nicht angezeigt seien 244 . Einige Autoren weisen indessen darauf<br />

hin, dass insbesondere die Instanzgerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit dazu<br />

neigen könnten, die Arbeitnehmereigenschaft zu bejahen, wenn sozialversicherungsrechtlich<br />

die Vermutung des § 7 Abs. 4 SGB IV vorliege 245 .<br />

2. Stellungnahme<br />

Der sozialversicherungsrechtliche und der arbeitsrechtliche Begriff der<br />

nichtselbständigen Arbeit sind nach ständiger Rechtsprechung nicht de-<br />

242 Vgl. Worzalla, in Schiefer/Worzalla/Will, Arbeits-, sozial- und lohnsteuerrechtliche<br />

Änderungen 1999, Rdnr. 338.<br />

243 Worzalla, in Schiefer/Worzalla/Will, Arbeits-, sozial- und lohnsteuerrechtliche Änderungen<br />

1999, Rdnr. 340, 343; Bauer/Diller/Lorenzen, NZA 1999, 174; Buchner, DB<br />

1999, 151; Reiserer, BB 1999, 368; Leuchten/Zimmer, DB 1999, 381; Hohmeister,<br />

NZA 1999, 338; Richardi, DB 1999, 858.<br />

244 Rundschreiben, BB 1999, 636; Richardi, DB 1999, 858; Worzalla, in Schiefer/Worzalla/Will,<br />

Arbeits-, sozial- und lohnsteuerrechtliche Änderungen 1999, Rdnr. 340<br />

und 343.<br />

245 Worzalla, in Schiefer/Worzalla/Will, Arbeits-, sozial- und lohnsteuerrechtliche Änderungen<br />

1999, Rdnr. 342; Bauer/Diller/Lorenzen, NZA 1999, 174.<br />

67


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

ckungsgleich 246 . Die Tatsache, dass § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG, der den Begriff<br />

des Arbeitnehmers für den arbeitsrechtlichen Bereich legal definiert, im Zuge<br />

der Neuregelung nicht verändert worden ist, spricht im Ansatz dafür, dass<br />

die sozialversicherungsrechtliche Neuregelung keine arbeitsrechtliche Wirkung<br />

zeitigt 247 .<br />

Dafür spricht ferner, dass die Erwägungen des Gesetzgebers, die der Neuregelung<br />

zur Bekämpfung der Scheinselbständigkeit zugrunde gelegen haben,<br />

auf Freiberufler in der IT-Branche kaum bis gar nicht zutreffen 248 . Denn bei<br />

dem der Neuregelung zugrunde liegenden Gesetzesentwurf 249 wird zur Begründung<br />

ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Scheinselbständigkeit insbesondere<br />

im Bereich der Medien, des Baugewerbes, des gewerblichen Güterverkehrs,<br />

des Handels, der Fleischwirtschaft und der Gastronomie anzutreffen<br />

sei. Betroffen von Scheinselbständigkeit seien dabei in großem Maß<br />

auch Frauen. Die Neuregelungen seien notwendig, weil den Vorteilen der<br />

Auftraggeber/Arbeitgeber keine echten Vorteile für die Scheinselbständigen<br />

gegenüberstünden. Vermeintliche Vorteile lägen in einem Statusgewinn<br />

durch formale Selbständigkeit und einer vagen Chance des Besserverdienens.<br />

Ein etwaiges höheres Nettoeinkommen werde aber in aller Regel nur<br />

um den Preis einer fehlenden oder unzureichenden sozialen Absicherung erzielt.<br />

Dementsprechend sollte das Gesetz geändert werden, und zwar unter anderem,<br />

um damit Ausnahmen für die IT-Branche zu treffen. Denn insbesondere<br />

im Hinblick auf die IT-Branche, den freien Beruf Ingenieure sowie freie<br />

Mitarbeiter in der Werbebranche erscheine die Prüfung, ob der einzelne Erwerbstätige<br />

im wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sei, nicht<br />

(mehr) zeitgemäß 250 . Diese Gesetzesänderung ist in der Zwischenzeit in<br />

Kraft getreten. Sie gilt rückwirkend zum 1.1.1999. Die Neuregelung gibt allerdings<br />

keine Antworten auf die im Rahmen dieser Arbeit aufgeworfenen<br />

Fragen.<br />

246 Küttner-Voelzke, Personalbuch 2000, Nichtselbständige Arbeit, Rdnr. 10.<br />

247 Im Prozess des LG Wuppertal, Urteil vom 15.6.99, CR 1999, 269 f. m.Anm. <strong>Erben</strong> =<br />

Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*300 m.Anm. <strong>Erben</strong>, hatte sich der Freiberufler darauf berufen,<br />

auf ihn träfen sämtliche – damaligen – vier Kriterien für die Scheinselbständigkeit<br />

zu. Mithin sei das Wettbewerbsverbot wegen Verstoßes gegen § 74 Abs. 2 HGB<br />

unwirksam, weil es keine Zusage einer Karenzentschädigung enthalte. Das LG Wuppertal<br />

ist darauf nicht eingegangen.<br />

248 Ebenso Zahrnt, Vertragsrecht für DV-Fachleute, Kapitel 12.3 (5).<br />

249 Gesetzesantrag der Länder Hessen und Nordrhein-Westfalen vom 23.10.1996, Bundesrat<br />

<strong>Dr</strong>ucksache 793/96.<br />

250 Vgl. F.A.Z. vom 17.6.1999, Nr. 137: „Scheinselbständigkeitsgesetz wird geändert“.<br />

68


Verstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB mangels Zusage einer Karenzentschädigung<br />

Weil weder die Auslegung nach dem Wortlaut, die systematische, die historische<br />

noch die Auslegung nach Sinn und Zweck einen rechtlich begründeten<br />

Anlass geben, den IT-Freiberufler arbeitsrechtlich als Arbeitnehmer einzustufen,<br />

bleibt es mithin bei dem Ergebnis, dass eine entsprechende Anwendung<br />

von § 74 Abs. 2 HGB auf IT-Freiberufler auch im Zuge der sozialversicherungsrechtlichen<br />

Neuregelung nicht geboten ist.<br />

Damit gelten für das Arbeitsrecht weiterhin die traditionellen Abgrenzungsmerkmale<br />

251 . – Es spricht allerdings nichts Durchgreifendes dagegen, die in<br />

§ 7 Abs. 1 SGB IV normierten Abgrenzungskriterien bei der Entscheidung<br />

der Frage, ob tatsächlich eine abhängige Beschäftigung durchgeführt wird,<br />

als Indizien heranzuziehen.<br />

IV. Ergebnis<br />

Der Gedanke des Arbeitnehmerschutzes greift im Hinblick auf Freiberufler<br />

in der IT-Branche im Regelfall kaum ein. Deshalb besteht kein rechtliches<br />

Bedürfnis dafür, das AÜG auf das Vertragsverhältnis zwischen der Unternehmensberatung<br />

und dem Freiberufler anzuwenden, es sei denn, der Freiberufler<br />

unterliegt arbeitsbezogenen Weisungen des Endkunden und wird<br />

deshalb persönlich abhängig beschäftigt. Der Freiberufler wird nur dann abhängig<br />

beschäftigt, wenn der Endkunde, bei dem die Unternehmensberatung<br />

den Freiberufler einsetzt, die Arbeitsleistung des Freiberufler steuert, indem<br />

er ein arbeitsbezogenes Weisungsrecht ausübt 252 . Das ist in der IT-Branche<br />

regelmäßig nicht der Fall.<br />

B) Verstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB mangels Zusage einer<br />

Karenzentschädigung<br />

Das Wettbewerbsverbot kann mangels Zusage einer Karenzentschädigung<br />

unwirksam sein. Eine ausdrückliche dahingehende gesetzliche Regelung für<br />

Verträge mit Freiberuflern gibt es nicht 253 . Deshalb ist auf die vorhandenen<br />

gesetzlichen Regelungen, die die Wirksamkeit eines Wettbewerbsverbots an<br />

die Zusage einer Karenzentschädigung knüpfen, zurückzugreifen und zu<br />

fragen, ob diese auf Verträge mit Freiberuflern Anwendung finden (können).<br />

Da § 90a Abs. 1 S. 3 HGB auf Wettbewerbsverbote mit Freiberuflern weder<br />

251 Ebenso Worzalla, in Schiefer/Worzalla/Will, Arbeits-, sozial- und lohnsteuerrechtliche<br />

Änderungen 1999, Rdnr. 341.<br />

252 Schüren, AÜG, § 1, Rdnr. 223 f.<br />

253 Zu Grenzen und Inhalt eines Wettbewerbsverbots mit Festangestellten im Hinblick<br />

auf § 74 Abs. 2 HGB siehe Bauer-Diller, DB 1997, 94; Grunewald, NZA 1994, 441;<br />

Gaul, DB 1995, 874; Hoß, DB 1997, 1818.<br />

69


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

unmittelbar noch entsprechend anwendbar ist 254 , kommt nur eine unmittelbare<br />

oder entsprechende Anwendung von § 74 Abs. 2 HGB in Betracht.<br />

I. Einführung<br />

Die Rechtsprechung hat die Frage, ob das Wettbewerbsverbot zwischen der<br />

IT-Unternehmensberatung und dem IT-Freiberufler wegen Verstoßes gegen<br />

§ 74 Abs. 2 HGB unwirksam ist, weil es keine Zusage einer Karenzentschädigung<br />

vorsieht, nicht einheitlich beurteilt 255 .<br />

Der Teil der Rechtsprechung, der einen Verstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB annimmt,<br />

begründet das im wesentlichen damit, dass der Leitgedanke des § 74<br />

Abs. 2 HGB dem Schutz des wirtschaftlich schwächeren Handlungsgehilfen<br />

gegen die übermäßige Einschränkung seiner Freiheit diene. Dieser Leitgedanke<br />

finde auf den Fall des Wettbewerbsverbots zwischen der Unternehmensberatung<br />

und dem Freiberufler entsprechende Anwendung 256 .<br />

Vor der Anwendung des § 74 Abs. 2 HGB sind zwei Fragen zu klären. Die<br />

erste besteht darin zu entscheiden, ob es auf die ausdrückliche Zusage einer<br />

Karenzentschädigung im Wettbewerbsverbot überhaupt ankommt. Das wäre<br />

dann nicht der Fall, wenn das Wettbewerbsverbot implizit eine Karenzentschädigung<br />

enthielte. Das liegt nahe, weil man argumentieren kann, dass die<br />

Karenzentschädigung in die gegenüber dem Einkommen des Festangestellten<br />

extrem erhöhte Vergütung einkalkuliert ist 257 . Das bedeutete, dass das<br />

254 Vgl. § 7 B) I.<br />

255 Einen Verstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB haben angenommen: OLG München, BB<br />

1997, 224 = Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*293 m.Anm. <strong>Erben</strong>; OLG München GmbHR<br />

1997, 310 = DB 1997, 923 = EWiR 1997, 467 mit kritischer Anm. Zimmermann, zur<br />

Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>; LAG Düsseldorf,<br />

Urteil vom 26.4.99, 18 Sa 1941/98, zur Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt<br />

(Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>; LAG Köln, Urteil vom 2.6.99, 2 Sa 138/99, zur Veröffentlichung<br />

vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>. Zum Teil haben die<br />

Gerichte einen Verstoß gegen § 9 AGBG bzw. § 138 BGB angenommen und im Urteil<br />

ausgeführt, dass sich deshalb Ausführungen zu § 74 Abs. 2 HGB erübrigten, das<br />

Wettbewerbsverbot aber auch insoweit auf Bedenken stoße: OLG Frankfurt am<br />

Main, Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*269 m.Anm. <strong>Erben</strong>; LG Gießen, Zahrnt (Hrsg.),<br />

ECR LG*259 m.Anm. <strong>Erben</strong>. – Einen Verstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB abgelehnt haben:<br />

OLG München, Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*272 m.Anm. <strong>Erben</strong>; LG Heilbronn,<br />

Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*278 m.Anm. <strong>Erben</strong>; LG Wuppertal, CR 2000, 358 f.<br />

m.Anm. <strong>Erben</strong> = Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*300 m.Anm. <strong>Erben</strong>; LG Darmstadt,<br />

Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*269 m.Anm. <strong>Erben</strong>; AG Hanau, Urteil vom 9.11.1999, 34<br />

C 2419/99, zur Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

256 Vgl. OLG München, BB 1997, 224 = Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*293 m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

257 Vgl. § 7 B) IV. 4. d) aa) (3).<br />

70


Verstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB mangels Zusage einer Karenzentschädigung<br />

Wettbewerbsverbot auch ohne Zusage der Karenzentschädigung wirksam<br />

wäre.<br />

Es fragt sich allerdings, ob diese Argumentation zulässig ist. Denn man lässt<br />

bei dieser Auslegung außer Acht, dass es für die Frage der Beurteilung der<br />

Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots nicht auf den – möglichen – Willen<br />

der Unternehmensberatung ankommt, sondern allein auf die Frage, ob das<br />

Wettbewerbsverbot gegen gesetzliche Vorschriften verstößt, nach denen die<br />

Karenzentschädigung ausdrücklich schriftlich zugesagt sein muss. Daran<br />

muss sich die Unternehmensberatung festhalten lassen, so dass sie die Karenzentschädigung<br />

im Ergebnis nicht verdeckt geben darf.<br />

Die zweite Frage ist die, ob das Wettbewerbsverbot zwischen dem Freiberufler<br />

und der Unternehmensberatung überhaupt eine Wettbewerbsabrede<br />

i.S.d. § 74 HGB enthält. Das wird im Folgenden untersucht.<br />

II. Wettbewerbsabrede i.S.d. § 74 Abs. 2 HGB<br />

Man kann sich aus zwei Gründen fragen, ob das Wettbewerbsverbot überhaupt<br />

eine Wettbewerbsabrede i.S.d. § 74 HGB beinhaltet. Der erste ist, dass<br />

der Zweck des Wettbewerbsverbots für die Unternehmensberatung darin besteht,<br />

sich vor unlauterem Wettbewerb seitens des Freiberuflers zu schützen.<br />

Diese Frage wird in § 10 B) I. 4 behandelt, weil es dabei bei genauer Betrachtungsweise<br />

darum geht, zu entscheiden, ob die Unternehmensberatung<br />

an der Verfolgung dieses Zwecks ein rechtlich anerkennenswertes Interesse<br />

hat: Diese Frage ist im Rahmen des § 138 BGB zu prüfen.<br />

Der zweite Grund knüpft an die Rechtsprechung des BAG 258 an: Danach<br />

stellen Unterlassungsverpflichtungen des Arbeitnehmers, die wirtschaftlich<br />

nicht zu einer relevanten Beschränkung der Betätigungsfreiheit führen, kein<br />

Wettbewerbsverbot i.S.d. § 74 Abs. 1 HGB dar. Eine solche irrelevante Beschränkung<br />

der Betätigungsfreiheit des Freiberuflers liegt beim Muster-<br />

Wettbewerbsverbot nahe, weil dieses dem Freiberufler nur verbietet, für diejenigen<br />

Kunden tätig zu werden, für die er im Auftrag der Unternehmensberatung<br />

tätig geworden ist. Wenn der Freiberufler beispielsweise nur für einen<br />

Kunden der Unternehmensberatung tätig wird, ist nur dieser eine Kunde<br />

für ihn gesperrt.<br />

Allerdings besteht die Möglichkeit, dass der Freiberufler im Zeitablauf für<br />

viele Kunden der Unternehmensberatung tätig wird 259 . Weil der Freiberufler<br />

258 BAG Urteil vom 15.12.1987, 3 AZR 476/86, unveröffentlicht.<br />

259 Vgl. LAG Köln, Urteil vom 2.6.99, 2 Sa 138/99, zur Veröffentlichung vorgesehen in<br />

Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

71


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

im Zeitablauf für viele Kunden tätig werden kann, besteht durch das Wettbewerbsverbot<br />

die Möglichkeit einer relevanten Beschränkung der Betätigungsfreiheit<br />

des Freiberuflers. Diese objektiv bestehende Möglichkeit muss<br />

dafür genügen, dass das Wettbewerbsverbot eine Wettbewerbsabrede i.S.d.<br />

§ 74 Abs. 1 HGB enthält, weil die Auswirkungen auf die Berufsausübungsfreiheit<br />

des Freiberufler gerade in diesem Fall enorm sind 260 .<br />

Es stellt sich dann die Folgefrage, ob das Wettbewerbsverbot möglicherweise<br />

schon deshalb unwirksam ist, weil man nach dem Rahmenvertrag damit<br />

rechnen muss, dass der Freiberufler wegen einer größeren Zahl von Kundenkontakten<br />

in seiner beruflichen Betätigungsfreiheit in nicht nur unerheblichem<br />

Maße eingeschränkt sein wird, wenn er das Wettbewerbsverbot beachtet<br />

261 .<br />

Dagegen spricht, dass die bloße Möglichkeit einer erheblichen Einschränkung<br />

der beruflichen Betätigungsfreiheit des Freiberuflers angesichts des vitalen<br />

Interesses der Unternehmensberatung an Kundenschutz nicht die Unwirksamkeit<br />

des Wettbewerbsverbots generell bewirken darf. Freilich<br />

kommt in Ausnahmefällen in Betracht, dass das Vorgehen aus dem Wettbewerbsverbot<br />

unbillig ist, z.B. wenn der Freiberufler im Zeitablauf durch das<br />

Wettbewerbsverbot von vielen (sehr) großen Endkunden abgeschnitten wird.<br />

Dass der Freiberufler über die gleiche Unternehmensberatung für viele<br />

(sehr) große Endkunden tätig wird, ist aber nicht der Regelfall, sondern ein<br />

Sonderfall. Es ist nicht sachgerecht, die Beurteilung der Wirksamkeit des<br />

Wettbewerbsverbots anhand eines Sonderfalls auszurichten.<br />

Dem kann man mit dem LAG Köln 262 entgegenhalten, diese Argumentation<br />

enthalte eine unzulässige ex-post-Betrachtung. Das LAG Köln folgert das<br />

aus dem Gebot der Klarheit: Wer sich zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichte,<br />

müsse bereits zu diesem Zeitpunkt beurteilen können, ob die Abrede<br />

wirksam getroffen worden sei und was ihm deshalb aufgrund des Strafversprechens<br />

in Zukunft untersagt sei 263 . Gegen diese Auffassung ist einzuwenden,<br />

dass der Sonderfall, in dem der Freiberufler im Zeitablauf für viele<br />

(sehr) große Endkunden tätig wird, so behandelt werden kann, dass die Unternehmensberatung<br />

sich in diesem Fall nicht auf das Wettbewerbsverbot<br />

260 Im Ergebnis ebenso LAG Köln, Urteil vom 2.6.99, 2 Sa 138/99, zur Veröffentlichung<br />

vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

261 So LAG Köln, Urteil vom 2.6.99, 2 Sa 138/99, zur Veröffentlichung vorgesehen in<br />

Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

262 LAG Köln, Urteil vom 2.6.99, 2 Sa 138/99, zur Veröffentlichung vorgesehen in<br />

Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

263 Unter Hinweis auf BAG NJW 1998, 99 sowie BAG EzA § 74 HGB Nr. 57.<br />

72


Verstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB mangels Zusage einer Karenzentschädigung<br />

berufen darf 264 . Es besteht mithin für die im Ansatz berechtigten Bedenken<br />

des LAG Köln nur im Ausnahmefall Anlass. Die Ausnahme darf aber nicht<br />

die Regel dominieren.<br />

Im Ergebnis bedeutet das, dass das Wettbewerbsverbot zwischen der Unternehmensberatung<br />

und dem IT-Freiberufler zwar eine Wettbewerbsabrede<br />

i.S.d. § 74 Abs. 2 HGB beinhaltet. Es ist allerdings nicht unwirksam, weil es<br />

den Freiberufler von vielen Endkunden abschneidet. Die Wirksamkeit ist<br />

damit anhand der Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 HGB zu prüfen.<br />

III. Keine unmittelbare Anwendbarkeit des § 74 Abs. 2 HGB<br />

Die Regelungen des Sechsten Abschnitts im Ersten Buch des HGB enthalten<br />

auf den Handlungsgehilfen anzuwendendes Sonderarbeitsrecht 265 . Sie sollen<br />

das allgemeine Arbeitsrecht für die Gruppe der Handlungsgehilfen ergänzen<br />

266 . Dabei kommt neben einigen Einzelregeln zum Arbeitsvertrag (§§ 60<br />

bis 65, 73 HGB) vor allem dem Wettbewerbsverbot für die Zeit nach Beendigung<br />

des Vertrags (§§ 74 ff. HGB) besondere Bedeutung zu. Die §§ 74 ff.<br />

HGB gelten deshalb nach einhelliger Auffassung nicht unmittelbar für freie<br />

Mitarbeiter 267 .<br />

Dem ist zuzustimmen, weil eine unmittelbare Anwendung von § 74 Abs. 2<br />

HGB bereits vom Wortlaut der Vorschrift nicht (mehr) gedeckt ist: Wer<br />

Handlungsgehilfe i.S.d. § 74 Abs. 2 HGB ist, ist in § 59 HGB legal definiert:<br />

„Wer in einem Handelsgewerbe zur Leistung<br />

kaufmännischer Dienste gegen Entgelt angestellt<br />

ist (Handlungsgehilfe), [...]“<br />

Für die Frage der unmittelbaren Anwendung der §§ 59, 74 Abs. 2 HGB gilt,<br />

dass man sich über den klaren Wortlaut des § 59 HGB hinwegsetzt, wenn<br />

man die Tätigkeit der freien Mitarbeit unter den Begriff „gegen Entgelt an-<br />

264 Vgl. § 10 B) IV. 6.<br />

265 Ruß in HK-HGB, § 59 Rdnr. 1.<br />

266 Daneben bleiben die allgemeinen arbeitsrechtlichen Schutzregelungen wie z.B. das<br />

Kündigungsschutzgesetz, Bundesurlaubsgesetz, Berufsbildungsgesetz, Mutterschutzgesetz<br />

anwendbar, ferner Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen, vgl. Ruß in HK-<br />

HGB, § 59 Rdnr. 1.<br />

267 OLG Köln, OLGZ 67, 394; OLG München GmbHR 1997, 310 = DB 1997, 923 =<br />

EWiR 1997, 467 mit kritischer Anm. Zimmermann, zur Veröffentlichung vorgesehen<br />

in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>; LG Frankfurt am Main, Urteil vom 13.1.92,<br />

2/21 O 311/91, unveröffentlicht; Bauer-Diller, Wettbewerbsverbote, Rdnr. 776; Büsken<br />

MDR 1985, 899; Grunsky, Wettbewerbsverbote für Arbeitnehmer, S. 55; Kunz,<br />

DB 1993, 2487.<br />

73


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

gestellt“ subsumiert. Weil der Freiberufler arbeitsrechtlich nicht als Arbeitnehmer<br />

einzustufen ist 268 und auch nicht wie ein Arbeitnehmer zu behandeln<br />

ist 269 , ist § 74 Abs. 2 HGB mithin jedenfalls nicht unmittelbar auf Freiberufler<br />

anzuwenden.<br />

IV. Entsprechende Anwendbarkeit des § 74 Abs. 2 HGB<br />

Schwierig zu beurteilen ist die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen<br />

eine entsprechende Anwendung von § 74 Abs. 2 HGB in Betracht<br />

kommt. Eine Rechtsanalogie setzt voraus, dass das Gesetz eine planwidrige<br />

Regelungslücke enthält und dass eine vergleichbare Interessenlage zwischen<br />

der analog anzuwendenden gesetzlichen Regelung und dem konkreten Fall<br />

besteht. Es ist zweifelhaft, ob das im Fall des Wettbewerbsverbots zwischen<br />

der Unternehmensberatung und dem IT-Freiberufler der Fall ist.<br />

1. Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur<br />

Die Regelung in § 74 Abs. 2 HGB schützt nach dem ausdrücklichen Wortlaut<br />

nur Handlungsgehilfen. Fraglich ist zunächst, wer „Handlungsgehilfe“<br />

i.S.d. § 74 Abs. 2 HGB ist. „Kaufmännische Dienste“ sind solche, die bei<br />

überwiegend geistiger statt körperlicher Tätigkeit nach der Verkehrsauffassung<br />

und ohne Rücksicht auf Art und Umfang der vorherigen Ausbildung<br />

ein gewisses Maß an kaufmännischer Übung erfordern 270 . Dabei kommt es<br />

auf die tatsächlich und dauerhaft ausgeübten Dienste an 271 . Handlungsgehilfen<br />

sind deshalb z.B. kaufmännische Angestellte, Buchhalter, Sekretäre, Vertreter<br />

– soweit sie nicht Handelsvertreter sind –, Filialleiter, Bezirksdirektoren<br />

272 . Keine Handlungsgehilfen i.S.d. § 59 HGB sind die Organe der Handelsgesellschaften<br />

oder sonstiger juristischer Personen, insbesondere nicht<br />

der GmbH-Geschäftsführer 273 . Keine Handlungsgehilfen sind ferner Ingenieure<br />

und Chemiker, die technische Leistungen erbringen 274 . Streitig ist, unter<br />

welchen Voraussetzungen Ärzte, Juristen und freie Mitarbeiter Handlungsgehilfen<br />

sein können 275 .<br />

268 Siehe § 7 A) II.<br />

269 Siehe § 6 C) IV.<br />

270 Ruß in HK-HGB, § 59 Rdnr. 2.<br />

271 Ruß in HK-HGB, § 59 Rdnr. 2.<br />

272 Vgl. Ruß in HK-HGB, § 59 Rdnr. 2.<br />

273 BGHZ 91, 1, 3 = NJW 1984, 2366 = DB 1984, 1717.<br />

274 Ruß in HK-HGB § 59 Rdnr. 2.<br />

275 BAG AP Nr. 4 zu § 59 HGB; a.A. Ruß in HK-HGB § 59 Rdnr. 2, der diese als Handlungsgehilfen<br />

einordnet, wenn sie eine kaufmännische Tätigkeiten ausüben.<br />

74


Verstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB mangels Zusage einer Karenzentschädigung<br />

Ursprünglich hatte die Rechtsprechung nachvertragliche Wettbewerbsverbote<br />

anhand von § 138 BGB kontrolliert und den Inhalt der guten Sitten anhand<br />

der Maßstäbe der §§ 74 ff. HGB konkretisiert 276 . Die neuere Rechtsprechung<br />

wendet die §§ 74 ff. HGB weitgehend nunmehr nicht nur auf<br />

kaufmännische Angestellte, sondern analog auch auf nicht-kaufmännische<br />

Arbeitnehmer an 277 . Die Beschränkungen der §§ 74 ff. HGB gälten zudem<br />

unabhängig von der Höhe des Einkommens, also auch für „Hochbesoldete“<br />

278 , sowie unabhängig davon, ob es sich um Kundenschutzklauseln 279 o-<br />

der Mandantenschutzklauseln 280 handle. Allerdings müsse das Wettbewerbsverbot<br />

einem berechtigten Interesse des Arbeitgebers dienen und dürfe dem<br />

Arbeitnehmer das berufliche Fortkommen nicht unbeträchtlich erschweren<br />

281 . Nach einer weiteren Entscheidung des BAG 282 gälten die handelsrechtlichen<br />

Vorschriften auch für abhängige freie Mitarbeiter entsprechend<br />

283 .<br />

Auch das OLG München 284 hat entschieden, dass § 74 Abs. 2 HGB auf<br />

Wettbewerbsverbote mit Freiberuflern anwendbar sei. Zur Begründung hat<br />

es auf ein Urteil des BAG 285 verwiesen. Dieser Verweis geht fehl: Das Urteil<br />

276 BAG BB 1958, 1245; AP Nr. 1 zu § 611 BGB Abwerbung; AP Nr. 21 zu § 611 BGB<br />

Konkurrenzklausel; AP Nr. 22 zu § 611 BGB Konkurrenzklausel; vgl. Hueck/Nipperdey,<br />

Arbeitsrecht, § 38; Sandrock AcP 159, 521, jeweils m.w.N.<br />

277 BAGE 22, 125 = NJW 1970, 626 = AP § 611 BGB – Konkurrenzklausel Nr. 24<br />

m.Anm. Idemann-Steinberg; Erman-Palm, BGB, § 138, Rdnr. 182a m.w.N. für verschiedene<br />

Berufsgruppen: BAGE 22, 6 = NJW 1970, 443, BAGE 22, 324 = NJW<br />

1971, 74, BAG WM 1976, 21 = AP § 74 HGB Nr. 35, BAG AP § 74 HGB Nr. 39 für<br />

technische Angestellte, technische Leiter und Ingenieure; BAGE 23, 382, BAG NJW<br />

1976, 342 sowie AP § 74 HGB Nr. 37 und 36 = WM 1978, 911 für Verkaufsleiter,<br />

Vertriebsleiter und Marketingleiter; BAG AP § 74 HGB Nr. 38 für Friseure; BAGE<br />

13, 62 für Verkaufsfahrer; BAGE 17, 340 für Taxifahrer; BAG NJW 1971, 2245 sowie<br />

AP § 611 - Konkurrenzklausel Nr. 27 für angestellte Steuerfachkräfte und Steuerberater;<br />

BAG BB 1972, 447 und 1974, 1531; BGHZ 88, 264 für Wettbewerbsabreden<br />

zu Lasten nicht-kaufmännischer Angestellter; OLG Karlsruhe WM 1986, 1473<br />

für einen Prokuristen, der zugleich Gesellschafter war.<br />

278 BAG NJW 1976, 342, vgl. § 6 A) I.<br />

279 BAG NJW 1988, 1686.<br />

280 BAG NJW 1971, 2245; 1975, 79.<br />

281 BAG NJW 1996, 1364.<br />

282 BAG AP 44 zu § 611 BGB Konkurrenzklausel = NZA 1997, 1284 ff. = BB 1997,<br />

1797 = NJW 1998, 99.<br />

283 Ebenso OLG München GmbHR 1997, 310 = DB 1997, 923 = EWiR 1997, 467 mit<br />

kritischer Anm. Zimmermann, zur Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.),<br />

ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

284 OLG München, BB 1997, 224 = Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*293 m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

285 BAG BB 1970, 1176.<br />

75


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

des BAG bezieht sich auf ein Wettbewerbsverbot, das eine Brauerei mit dem<br />

Angestellten des Verwalters eines Depots dieser Brauerei vereinbart hatte.<br />

Dabei ging es wie bereits im Urteil des BAG vom 13.9.1969 286 um die Frage,<br />

ob § 74 Abs. 2 HGB entsprechend auf nicht-kaufmännische Angestellte<br />

anwendbar ist. Die Analogie zu nicht-kaufmännischen Festangestellten<br />

passt nicht, weil das nichts darüber aussagt, ob ein Wettbewerbsverbot mit<br />

einem Freiberufler wirksam ohne Zusage einer Karenzentschädigung vereinbart<br />

werden darf.<br />

Das OLG München 287 hat in einer weiteren Entscheidung die Auffassung<br />

vertreten, dass die Karenzregelung der §§ 74, 90a HGB auch bei Vereinbarungen<br />

mit sozial abhängigen freien Mitarbeitern gelten müssten. § 74<br />

Abs. 2 HGB setze zwar seinem Wortlaut nach eine Vereinbarung zwischen<br />

„Prinzipal“ und „Gehilfen“ hinaus, gälte aber entsprechend für Vereinbarungen<br />

zwischen dem „Gehilfen“ und demjenigen, dem das Ergebnis der Arbeit<br />

„letztlich zugute komme“ 288 .<br />

Der dieser Entscheidung zugrunde liegende Fall betraf eine Einmann-<br />

GmbH. Eine soziale Abhängigkeit der geschäftsführenden Gesellschafterin<br />

habe vorgelegen, weil diese allein für die Unternehmensberatung tätig geworden<br />

sei. Dadurch wäre sie an den Rand ihrer Existenz geraten, wenn ihr<br />

der vereinbarte Lohn versagt worden wäre. Es gäbe für sie nämlich keine<br />

Möglichkeit, diesen Ausfall durch anderweitige Geschäftstätigkeit zu kompensieren.<br />

– Das sind Erwägungen, die mit der Frage, ob eine soziale Abhängigkeit<br />

vorliegt, wenig zu tun haben, sondern sachgerecht bei der Frage<br />

der wirtschaftlichen Abhängigkeit abzuhandeln sind.<br />

Der wohl überwiegende Teil der Literatur befürwortet eine analoge Anwendung<br />

von § 74 Abs. 2 HGB: Ruß ist der Ansicht, § 74 Abs. 2 HGB sehe zu<br />

Gunsten des Handlungsgehilfen als dem in der Regel schwächeren Vertragspartner<br />

bestimmte Grenzen vor, die bei ihrer Nichtbeachtung die Vereinbarung<br />

eines Wettbewerbsverbots nichtig oder unverbindlich machten. Aufgrund<br />

dieser Zielsetzung seien die §§ 74 ff. nicht nur auf den Handlungsgehilfen,<br />

sondern auf Arbeitnehmer jeder Art entsprechend anwendbar 289 , so-<br />

286 BAG BB 1970, 35 f.<br />

287 OLG München, GmbHR 1997, 310 = DB 1997, 923 = EWiR 1997, 467 mit kritischer<br />

Anm. Zimmermann, zur Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.), ECR<br />

m.Anm. <strong>Erben</strong> 1997, 310.<br />

288 Vgl. BAG BB 1970, 1176.<br />

289 BAG BB 1974, 1531; BAG NJW 1990, 1870.<br />

76


Verstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB mangels Zusage einer Karenzentschädigung<br />

wie auf freie Mitarbeiter, die faktisch in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis<br />

zum Arbeitgeber stünden 290 .<br />

Bauer-Diller 291 sind der Auffassung, im Zweifel könne man für die rechtliche<br />

Bewertung der Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots die für Organmitglieder<br />

entwickelten Grundsätze heranziehen. Das bedeute insbesondere,<br />

dass bei wirtschaftlich 292 und/oder sozial 293 abhängigen freien Mitarbeitern<br />

ein umfassendes Wettbewerbsverbot in Anlehnung an die §§ 90a, 74 HGB<br />

grundsätzlich eine angemessene Karenzentschädigung voraussetze 294 .<br />

Baumbach/Hopt 295 sind ebenfalls der Auffassung, dass die §§ 74 ff. HGB<br />

auch für wirtschaftlich bzw. sozial abhängige freie Mitarbeiter gälten.<br />

Putzo 296 hält Wettbewerbsverbote für freie Mitarbeiter für zulässig, allerdings<br />

ohne das näher zu begründen. Nach Konzen/Weber 297 baue das Regelungsmodell<br />

der §§ 74 ff. auf dem Leitgedanken des Arbeitnehmerschutzes<br />

auf, der für alle Arbeitnehmergruppen gleichmäßig zum Tragen kommen<br />

müsse, auch wenn der Gesetzgeber selbst diese Gleichstellung noch nicht<br />

ausdrücklich vollzogen habe. Auf die Frage, ob Wettbewerbsverbote mit<br />

Freiberuflern den § 74 ff. HGB unterfielen, wird von Konzen/Weber nicht<br />

eingegangen.<br />

290 Ruß in HK-HGB, § 74 Rdnr. 1 unter Hinweis auf BAG BB 1970, 1176; OLG München<br />

BB 1997, 224 = Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*293 m.Anm. <strong>Erben</strong>, und BAG BB<br />

1997, 1797. Zu diesen drei Urteilen ist klarzustellen, dass die beiden des BAG sich<br />

nicht auf Wettbewerbsverbote mit Freiberuflern in der IT-Branche beziehen. Im Übrigen<br />

gilt für diese Entscheidungen: Das Urteil des BAG in BB 1970, 1176 passt, wie<br />

soeben dargestellt, nicht für Wettbewerbsverbote mit Freiberuflern. – Das Urteil des<br />

BAG in BB 1997, 1797 ist zwar richtig, betrifft aber, wie in § 2 A) dargestellt, nicht<br />

den Fall des Wettbewerbsverbots in Form einer Kundenschutzvereinbarung. Das<br />

gleiche gilt für das Urteil des OLG München.<br />

291 Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rdnr. 776.<br />

292 Unter Hinweis auf BAG AP 44 zu § 611 BGB Konkurrenzklausel = NZA 1997, 1284<br />

ff. = BB 1997, 1797 = NJW 1998, 99, vgl. § 2 A).<br />

293 Unter Hinweis auf OLG München GmbHR 1997, 310 = DB 1997, 923 = EWiR<br />

1997, 467 mit kritischer Anm. Zimmermann, zur Veröffentlichung vorgesehen in<br />

Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>, vgl. § 2 A).<br />

294 Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rdnr. 776.<br />

295 Baumbach/Hopt, HGB, § 74 Anm. 1 unter Hinweis auf BAG AP 44 zu § 611 BGB<br />

Konkurrenzklausel = NZA 1997, 1284 ff. = BB 1997, 1797 = NJW 1998, 99, und auf<br />

OLG München, GmbHR 1997, 310 = DB 1997, 923 = EWiR 1997, 467 mit kritischer<br />

Anm. Zimmermann, zur Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.), ECR<br />

m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

296 Palandt-Putzo, BGB, § 611, Rdnr. 42.<br />

297 Konzen/Weber, in GK-HGB § 74, Rdnr. 17.<br />

77


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

Etzel 298 vertritt unter Hinweis auf die Legaldefinition der arbeitnehmerähnlichen<br />

Person in § 12a Abs. 1 Nr. 1 TVG die Auffassung, dass Mitarbeiter, die<br />

von einem Kaufmann aufgrund eines Dienst- oder Werkvertrags beschäftigt<br />

werden, als arbeitnehmerähnliche Personen einzustufen seien, wenn sie<br />

zwar keine Arbeitnehmer seien, aber wirtschaftlich von dem Kaufmann abhängig<br />

und damit vergleichbar einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig<br />

seien. Auf solche Mitarbeiter sei § 74 Abs. 2 HGB anwendbar.<br />

Auch Erman-Palm 299 billigt die Tendenz der Rechtsprechung zur analogen<br />

Anwendung der §§ 74 ff. HGB jedenfalls im Grundsatz, weil das Ergebnis<br />

gegenüber der Nichtigkeitsfolge des § 138 BGB den Vorzug verdiene. Canaris<br />

300 befürwortet ebenfalls eine analoge Anwendung von § 74a HGB auf<br />

freie Mitarbeiter. Schröder 301 und Grunsky 302 nehmen grundsätzlich ein Anstellungsverhältnis<br />

als Voraussetzung für die Anwendbarkeit von § 74 HGB<br />

an. In besonderen Ausnahmefällen sei aber in Anlehnung an die Rechtsprechung<br />

des BAG 303 eine entsprechende Anwendung möglich, allerdings nur<br />

für Handlungsgehilfen, nicht für nicht-kaufmännische Angestellte.<br />

Die folgenden Autoren stehen einer Anwendung von § 74 Abs. 2 HGB kritisch<br />

gegenüber: Sack 304 ist im Hinblick auf die Grundsatzentscheidung des<br />

BGH 305 der Ansicht, dass die Wirksamkeit von Mandantenschutzklauseln<br />

bzw. entsprechenden Wettbewerbsverboten zu Lasten von Freiberuflern<br />

nicht von einer Karenzentschädigung abhängig gemacht werden dürfe 306 .<br />

Das ist im Ergebnis zu begrüßen, allerdings in der Begründung im Hinblick<br />

auf die Entscheidung des BGH unscharf: In der Entscheidung des BGH ging<br />

es um ein Wettbewerbsverbot zwischen Steuerberatern, d.h. zwischen<br />

Gleichgesinnten auf gleicher Ebene. Beim Wettbewerbsverbot zwischen der<br />

Unternehmensberatung und dem Freiberufler geht es um etwas anderes, weil<br />

diese sich nicht zusammenschließen, um einen gemeinsamen Zweck zu erreichen,<br />

sondern weil die Unternehmensberatung dem Freiberufler ihren<br />

Kunden vermittelt und das Wettbewerbsverbot wegen der Gefahr der Abwerbung<br />

vereinbart.<br />

298 Etzel, in HGB, Gemeinschaftskommentar, § 74 Rdnr. 2 und Einf. vor §§ 59-83, Rdnr.<br />

16.<br />

299 Erman-Palm, BGB, § 138, Rdnr. 182a.<br />

300 Canaris JuS 1989, 164 f.<br />

301 Schröder-Schlegelberger, HGB, § 74, Rdnr. 1 a und 3.<br />

302 Grunsky, Wettbewerbsverbote, S. 55.<br />

303 BAG AP 44 zu § 611 BGB Konkurrenzklausel = NZA 1997, 1284 ff. = BB 1997,<br />

1797 = NJW 1998, 99.<br />

304 Staudinger-Sack, BGB, § 138, Rdnr. 308.<br />

305 BGHZ 91, 1 = NJW 1984, 2366 = DB 1984, 1717.<br />

306 Unter Hinweis auf BGHZ 91, 1, 4 = NJW 1984, 2366 = DB 1984, 1717.<br />

78


Verstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB mangels Zusage einer Karenzentschädigung<br />

Sack 307 begründet seine Auffassung im Weiteren damit, die Anwendung der<br />

§§ 74 ff. HGB hätte einen entscheidenden Nachteil: Wenn keine angemessene<br />

Karenzentschädigung vereinbart worden sei, sei das Wettbewerbsverbot<br />

unwirksam und könne nicht geltungserhaltend reduziert und mit der Zusage<br />

einer angemessenen Karenzentschädigung aufrecht erhalten werden 308 . Das<br />

sei unbillig angesichts dessen, dass das Fehlen der angemessenen Karenzentschädigung<br />

für den Vorwurf der Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nicht<br />

ausreiche 309 .<br />

Von Hoyningen-Huene 310 hält eine analoge Anwendung der §§ 74 ff. auf<br />

nicht-kaufmännische Angestellte nur dann für gerechtfertigt, wenn ein<br />

gleichliegendes Schutzbedürfnis ihrer Berufsausübungsfreiheit vorliege. Das<br />

gelte auch für arbeitnehmerähnliche Personen: Diese seien zwar keine Arbeitnehmer.<br />

Wirtschaftlich seien sie aber vom Arbeitgeber abhängig und daher<br />

vergleichbar einem Arbeitnehmer schutzbedürftig. Bei freien Mitarbeitern<br />

komme der Schutz der §§ 74 ff. allerdings nicht in Betracht, soweit diese<br />

ihre Tätigkeit nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erbrächten.<br />

Ähnlicher Auffassung ist Wagner 311 : Es liege ein Rechtsformzwang vor,<br />

wenn die Vertragspartner zwar freie Mitarbeit vereinbart hätten, diese aber<br />

nicht praktizierten, so dass ein Arbeitsverhältnis vorliege. Wagner 312 ist deshalb<br />

der Auffassung, dass die §§ 74 ff. HGB auf freie Mitarbeiter nur dann<br />

Anwendung fänden, wenn diese sozial abhängig und rechtlich als Arbeitnehmer<br />

einzuordnen seien. Im Ergebnis ebenso sieht das Reinfeld 313 .<br />

Wagner 314 begründet seine Ansicht damit, dass mit technischen Angestellten<br />

im Wirtschaftsleben Wettbewerbsverbote ebenso wichtig seien wie mit<br />

kaufmännischen Angestellten. Maßgeblich sei deshalb nicht die Einordnung<br />

als kaufmännischer Angestellter, sondern die fachliche Qualifikation 315 .<br />

Zwischen Arbeitnehmern und Selbständigen stünden Personen, die zwar die<br />

Fähigkeit zur eigenverantwortlichen Disposition über ihre Arbeitskraft nicht<br />

307 Staudinger-Sack, BGB, § 138, Rdnr. 303.<br />

308 Ebenso Staudinger-Sack, BGB, § 138, Rdnr. 303.<br />

309 Vgl. Staudinger-Sack, BGB, § 138, Rdnr. 303.<br />

310 V.Hoyningen-Huene, in MüKo-HGB, § 74 Rdnr. 8.<br />

311 Wagner, in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, § 59, Rdnr. 5 f.<br />

312 Wagner, in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, § 74, Rdnr. 40 und § 59 Rdnr. 5.<br />

313 Reinfeld, Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot im Arbeits- und Wirtschaftsrecht,<br />

S. 111, m.w.N.<br />

314 Wagner, in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, § 74, Rdnr. 40 und § 59 Rdnr. 5.<br />

315 Unter Hinweis auf BAGE 22,1257 = NJW 1970, 626.<br />

79


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

verloren hätten, aber in besonderer Weise wirtschaftlich von ihrem Auftraggeber<br />

abhängig seien 316 .<br />

2. Stellungnahme<br />

Rechtsprechung und Literatur lassen die Berücksichtigung sämtlicher Besonderheiten<br />

des Einzelfalls vermissen: Möglicherweise lässt sich diese<br />

Rechtsfrage nicht pauschal über freie Mitarbeit in allen gesellschaftlichen<br />

Gruppen hinweg einheitlich entscheiden. Außerdem wird die Frage, unter<br />

welchen Voraussetzungen ein Mitarbeiter als „sozial abhängig“ beschäftigt<br />

einzustufen ist, letztlich ebenso wenig behandelt und damit erst recht nicht<br />

geklärt, wie die Frage, wann ein Freiberufler als „wirtschaftlich abhängig“<br />

einzustufen ist.<br />

Wirtschaftliche Abhängigkeit allein darf nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung<br />

317 für die Anwendung des § 74 Abs. 2 HGB nicht ausreichen,<br />

weil zu der wirtschaftlichen Abhängigkeit die einem Arbeitnehmer vergleichbare<br />

soziale Schutzbedürftigkeit hinzutreten muss. Dieser Rechtsprechung<br />

ist zuzustimmen, weil § 74 Abs. 2 HGB nicht dem Schutz des wirtschaftlich<br />

abhängig Beschäftigten dient, sondern dem Schutz des typisch<br />

Schwächeren gegen die übermäßige Einschränkung seiner Freiheit 318 . Entscheidend<br />

ist mithin, wann der Freiberufler vergleichbar einem Arbeitnehmer<br />

sozial schutzbedürftig ist oder wird. Die Voraussetzungen dafür gilt es<br />

herauszuarbeiten. Dabei müssen sämtliche Umstände des Einzelfalls berücksichtigt<br />

werden.<br />

Bei der Frage, ob der Freiberufler vergleichbar sozial schutzbedürftig wie<br />

ein Arbeitnehmer ist, muss man sich vergegenwärtigen, dass es im Hinblick<br />

auf die Anwendung von § 74 Abs. 2 HGB darum geht zu entscheiden, ob die<br />

für eine Rechtsanalogie erforderliche vergleichbare Interessenlage im Fall<br />

des IT-Freiberuflers vorliegt: Nur dann ist es gerechtfertigt, § 74 Abs. 2<br />

HGB auf den IT-Freiberufler als arbeitnehmerähnliche Person entsprechend<br />

anzuwenden. Auf die Frage der vergleichbaren Interessenlage wird deshalb<br />

im Folgenden als Erstes eingegangen.<br />

3. Vergleichbare Interessenlage<br />

Die Interessenlage des Freiberuflers ist im Ansatz eine andere als die, die<br />

§ 74 Abs. 2 HGB in Ausfüllung von Art. 12 GG zugunsten des Festangestellten<br />

vorsieht: Zum Schutz des Handlungsgehilfen muss die Gegenleis-<br />

316 Unter Hinweis auf BAG DB 1993, 1622.<br />

317 BGH NJW 1999, 218 ff.; BAG DB 1993, 1622.<br />

318 So treffend LG Darmstadt, Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*269 m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

80


Verstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB mangels Zusage einer Karenzentschädigung<br />

tung des Arbeitgebers für die vom Handlungsgehilfen übernommene Beschränkung<br />

seiner gewerblichen Tätigkeit mindestens die Hälfte der zuletzt<br />

vertragsgemäß bezogenen Jahresleistung für jedes Jahr des Verbots betragen.<br />

Anderenfalls verstößt die Beschränkung der Freiheit der Berufsausübung<br />

gegen Art. 12 GG und ist mithin verfassungswidrig.<br />

Diese Wertung ist in bezug auf Festangestellte plausibel und geboten: Der<br />

Festangestellte darf in der Freiheit seiner Berufsausübung nicht beeinträchtigt<br />

werden, weil er abhängig beschäftigt ist und während der Dauer der Beschäftigung<br />

an seinen Arbeitgeber gebunden wird. Also muss er seinen Arbeitgeber<br />

uneingeschränkt wählen und jederzeit unter Beachtung der Kündigungsfristen<br />

wechseln dürfen. Deshalb sind Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit<br />

der Arbeitnehmer durch das Gesetz dahingehend Schranken<br />

gesetzt, dass der Festangestellte Anspruch auf eine Gegenleistung hat, wenn<br />

der Arbeitgeber diese Freiheit beschränken will.<br />

Im Ergebnis bedeutet das, dass eine vergleichbare Interessenlage nur dann<br />

vorliegen kann, wenn der Freiberufler arbeitsrechtlich als arbeitnehmerähnliche<br />

Person einzustufen ist. Diese Frage wird im Folgenden behandelt.<br />

4. Abgrenzung Freiberufler / Arbeitnehmerähnliche Person<br />

Arbeitnehmerähnliche Person ist nach der Legaldefinition in § 12a TVG eine<br />

Person, die wirtschaftlich abhängig und vergleichbar einem Arbeitnehmer<br />

sozial schutzbedürftig ist, wenn sie aufgrund eines Dienst- oder Werkvertrags<br />

für andere Personen tätig ist, die geschuldeten Leistungen persönlich<br />

und im wesentlichen ohne Mitarbeit von Arbeitnehmer erbringt, sowie wenn<br />

sie überwiegend für eine Person tätig ist oder ihnen von einer Person im<br />

Durchschnitt mehr als die Hälfte des Entgelts zusteht, das ihr für ihre Erwerbstätigkeit<br />

insgesamt zusteht.<br />

Dementsprechend gibt es eine Tendenz in der IT-spezifischen Rechtsprechung<br />

und Literatur, den Freiberufler dann als arbeitnehmerähnliche Person<br />

einzustufen, wenn dieser im wesentlichen für einen Auftraggeber tätig wird<br />

und die hieraus fließende Vergütung seine Existenzgrundlage darstellt 319 . Im<br />

Folgenden werden die Entscheidung des LG Wuppertal sowie des Berufungsgerichts<br />

OLG Düsseldorf zu der Frage, ob der IT-Freiberufler aufgrund<br />

seiner wirtschaftlichen Unselbständigkeit arbeitnehmerähnliche Person<br />

i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG ist, aus zwei Gründen ausführlich wiedergegeben.<br />

Der erste Grund besteht darin, dass der dieser Entscheidung zugrunde<br />

319 LAG Saarbrücken, Urteil vom 8.11.1967, AP Nr. 7 zu § 611 BGB – Abhängigkeit;<br />

ArbG Köln, Zahrnt, DV-Rechtsprechung 3-133; Hromadka, NZA 1997, 577; ebenso<br />

KR-Rost, Arbeitnehmerähnliche Personen § 12a Abs. 1r. 1 TVG, Rdnr. 17.<br />

81


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

liegende Sachverhalt als klassischer Fall für das Thema dieser Arbeit bezeichnet<br />

werden kann.<br />

Der zweite Grund besteht darin, dass die Vorgehensweise des Freiberuflers<br />

in diesem Fall deutlich zeigt, in welchem Maße sich der Freiberufler im<br />

konkreten Fall rechtsmissbräuchlich verhalten hat: Nachdem die Unternehmensberatung<br />

die ihr zustehende Verlängerungsoption ausgeübt hatte, hat<br />

der Freiberufler sich um eine Aufhebung des Vertragsverhältnisses bemüht.<br />

Die Unternehmensberatung war darauf eingegangen. Sofort im Anschluss an<br />

die Aufhebung des Vertragsverhältnisses in beiderseitigem Einvernehmen<br />

wurde der Freiberufler direkt beim Endkunden tätig.<br />

Dieser Rechtsstreit ist nach der Verweisung des OLG Düsseldorf derzeit am<br />

ArbG Wuppertal anhängig 320 .<br />

a) Die Entscheidungen des LG Wuppertal und des OLG Düsseldorf<br />

Zwischen Unternehmensberatung und Freiberufler war das Muster-<br />

Wettbewerbsverbot vereinbart mit dem einzigen Unterschied, dass die Mindestvertragsstrafe<br />

DM 10.000,– betrug. Der Freiberufler fakturierte DM<br />

130,– zuzüglich Mehrwertsteuer. Es bestand eine Option auf eine Verlängerung.<br />

Die Arbeitszeit sollte sich aus dem Umfang der Aufgabenstellung ergeben.<br />

Der Freiberufler wurde verpflichtet, bei Bedarf mindestens 40 Stunden<br />

pro Woche zu arbeiten.<br />

Die Unternehmensberatung nahm gegenüber dem Freiberufler die vereinbarte<br />

Option auf die Verlängerung des Vertrags in Anspruch. Der Freiberufler<br />

wollte den Vertrag mit der Unternehmensberatung allerdings nicht mehr<br />

fortführen. Nach Abstimmung mit dem Endkunden vereinbarte die Unternehmensberatung<br />

daraufhin mit dem Freiberufler die Aufhebung des Vertragsverhältnisses<br />

in beiderseitigem Einvernehmen. Unmittelbar darauf war<br />

der Freiberufler auf eigene Rechnung beim Endkunden wiederum als Freiberufler<br />

tätig.<br />

Der Freiberufler hatte beantragt, den Rechtsstreit an das zuständige Arbeitsgericht<br />

zu verweisen, hilfsweise, die Klage abzuweisen. Er war der Ansicht,<br />

das angerufene Landgericht sei für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht<br />

320 Das ArbG Wuppertal hat im Gütetermin zur vergleichsweisen Beilegung des Rechtsstreits<br />

Zahlung von DM 40.000,– seitens des Freiberuflers vorgeschlagen. Der Vorschlag<br />

basierte auf der Hochrechnung der Unternehmensberatung, nach der diese auf<br />

die Dauer von zwei Jahren gerechnet einen Anspruch in Höhe von DM 89.600,– als<br />

Vertragsstrafe (= 20 % des erzielten Umsatzes des Freiberuflers bezogen auf einem<br />

Stundensatz von DM 140,– netto) zusteht. Der Freiberufler hat dem Vergleichsvorschlag<br />

nicht zugestimmt und stattdessen Zahlung von DM 5.000,– angeboten.<br />

82


Verstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB mangels Zusage einer Karenzentschädigung<br />

zuständig. Die Rechtswegzuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen ergäbe<br />

sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG: Er sei<br />

jedenfalls arbeitnehmerähnliche Person, wenn nicht sogar Arbeitnehmer<br />

gewesen, weil er wirtschaftlich unselbständig und von der Unternehmensberatung<br />

abhängig gewesen sei.<br />

Außerdem hat der Freiberufler die Ansicht vertreten, es sei bei der Prüfung<br />

der Wirksamkeit eines Wettbewerbsverbotes danach zu unterscheiden, ob<br />

sich der Kunde an den Arbeitnehmer gewandt habe oder der Arbeitnehmer<br />

von sich aus aktiv geworden sei 321 . Insoweit habe bereits das Wettbewerbsverbot<br />

selbst als Voraussetzung seiner Wirksamkeit diese Unterscheidung zu<br />

enthalten 322 . Zudem nehme der Freiberufler beim Endkunden nunmehr eine<br />

völlig andere Aufgabe wahr. Deshalb liege überhaupt keine Konkurrenzsituation<br />

vor 323 .<br />

Das LG Wuppertal 324 hat entschieden, dass der Freiberufler weder als Arbeitnehmer<br />

noch als arbeitnehmerähnliche Person einzustufen sei. Der Freiberufler<br />

sei als freier Mitarbeiter Dienstverpflichteter und nicht Arbeitnehmer<br />

oder arbeitnehmerähnliche Person gewesen. Der Freiberufler sei nicht<br />

als abhängig Beschäftigter in die betriebliche Organisation bei der Unternehmensberatung<br />

eingebunden gewesen. Vielmehr habe er je nach angefallenem<br />

Arbeitsaufwand seine Stunden monatlich zu dem vereinbarten Stundensatz<br />

bei der Unternehmensberatung abgerechnet.<br />

Hinzu komme, dass der Freiberufler bei der Ausführung seiner Tätigkeit<br />

nicht an Weisungen der Unternehmensberatung gebunden gewesen sei. Deshalb<br />

könne nicht von einer persönlichen Abhängigkeit des Freiberuflers von<br />

der Unternehmensberatung ausgegangen werden. Stattdessen habe der Freiberufler,<br />

eingesetzt im Betrieb des Endkunden, höherwertige Leistungen zu<br />

erbringen gehabt, bei denen es auf Selbständigkeit und Kreativität angekommen<br />

sei. Das widerspreche einer arbeitnehmertypischen persönlichen<br />

Abhängigkeit.<br />

Im Übrigen sei bei der Auslegung des rechtlichen Charakters des Beschäftigungsverhältnisses<br />

zumindest als Indiz auch vom Parteiwillen auszugehen,<br />

wie er in dem zwischen den Parteien geschlossenen Dienstvertrag Niederschlag<br />

gefunden habe. In den Allgemeinen Vertragsbedingungen werde ausdrücklich<br />

auf den dienstvertraglichen Charakter des Beschäftigungsverhält-<br />

321 Vgl. § 12 C) IV.<br />

322 Vgl. § 12 A).<br />

323 Vgl. § 10 B) IV. 7.<br />

324 LG Wuppertal, CR 2000, 358 f. m.Anm. <strong>Erben</strong> = Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*300<br />

m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

83


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

nisses abgestellt. Auch der Wortlaut des Projekteinzelauftrags lasse erkennen,<br />

dass die Parteien konkrete Einzelaufträge als Dienstverträge und nicht<br />

ein Arbeitsverhältnis gewollt hätten.<br />

Der Einordnung als Dienstvertrag stehe auch nicht entgegen, dass der Freiberufler<br />

beim Endkunden derart in den Betriebsablauf eingebunden gewesen<br />

sei, dass er seine Arbeitszeiten mit einer Stempeluhr habe festhalten müssen,<br />

und dass er sich Urlaub und Freizeiten habe genehmigen lassen müssen 325 .<br />

Gerade der Umstand, dass seine Arbeitszeiten unterschiedlich und abhängig<br />

vom anfallenden Arbeitsaufwand gewesen seien, lasse nämlich erkennen,<br />

dass der Freiberufler nicht in einem Arbeitsverhältnis gestanden habe.<br />

Der Freiberufler sei auch nicht als so genannte arbeitnehmerähnliche Person<br />

in den Betrieb der Unternehmensberatung eingebunden gewesen. Für eine<br />

derartige Einordnung fehle es an der erforderlichen wirtschaftlichen Unselbständigkeit<br />

des Freiberuflers sowie an dessen sozialer Schutzbedürftigkeit.<br />

Allein aufgrund seines erheblichen Einkommens von monatlich zwischen<br />

DM 20.000,– und 25.000,– zuzüglich Mehrwertsteuer könne weder von einer<br />

wirtschaftlichen Abhängigkeit noch von einer sozialen Schutzbedürftigkeit<br />

des Freiberuflers ausgegangen werden. Auch spiele insoweit eine Rolle,<br />

dass der Freiberufler selbst von einem freien Dienstverhältnis bei der Unternehmensberatung<br />

ausgegangen sei und dementsprechend die Mehrwertsteuer<br />

gegenüber der Unternehmensberatung gesondert ausgewiesen habe.<br />

Das OLG Düsseldorf 326 hat das Urteil des LG Wuppertal aufgehoben und<br />

den Rechtsstreit an das ArbG Wuppertal verwiesen. Die Frage, ob der Freiberufler<br />

Arbeitnehmer der Unternehmensberatung gewesen sei, könne dahinstehen,<br />

da der Freiberufler in seiner Beziehung zu dieser jedenfalls als<br />

arbeitnehmerähnliche Person i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG anzusehen sei,<br />

was die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für den vorliegenden Rechtsstreit<br />

begründet habe.<br />

Zur Frage der Arbeitnehmerähnlichkeit des Freiberuflers sei auf die jüngere<br />

Rechtsprechung des BAG abzustellen 327 , der sich der BGH angeschlossen<br />

habe 328 . Danach sei als arbeitnehmerähnliche Person auch anzusehen, wer<br />

325 Der Tatbestand des LG Wuppertal ist in diesem Punkt zu berichtigen: Die Unternehmensberatung<br />

hatte die Behauptung des Freiberuflers bestritten, dass dieser sich Urlaub<br />

und Freizeit habe genehmigen lassen müssen. Beweis wurde über diesen Punkt<br />

nicht erhoben.<br />

326 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.3.2000, 15 U 127/99 zur Veröffentlichung vorgesehen<br />

in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

327 Unter Hinweis auf BAG NJW 1997, 2973 f.<br />

328 Unter Hinweis auf BGH NJW 1999, 218.<br />

84


Verstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB mangels Zusage einer Karenzentschädigung<br />

zwar nicht oder nur geringfügig weisungsgebunden oder nicht oder nur geringfügig<br />

in eine betriebliche Organisation eingegliedert sei, wer aber sowohl<br />

wirtschaftlich abhängig als auch einem Arbeitnehmer vergleichbar sozial<br />

schutzbedürftig sei. Für diese Beurteilung seien die gesamten Umstände<br />

des jeweiligen Einzelfalls unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung<br />

maßgeblich 329 . Gemessen an diesen Grundsätzen sei der Freiberufler für die<br />

Unternehmensberatung als arbeitnehmerähnliche Person tätig gewesen.<br />

Eine wirtschaftliche Abhängigkeit des Freiberuflers von der Unternehmensberatung<br />

habe allein schon aufgrund der Art der vertraglichen Verbindung<br />

der Parteien bestanden. Die Ausgestaltung des Vertrags habe den Freiberufler<br />

in einem solchen Umfang zur Arbeitsleitung („bei Bedarf mindestens 40<br />

Stunden pro Woche“) verpflichtet, dass er daneben keine nennenswerte weitere<br />

Erwerbstätigkeit mehr habe ausüben können. Die Vergütung des Freiberuflers<br />

durch die Unternehmensberatung habe deshalb die wesentliche wirtschaftliche<br />

Existenzgrundlage des Freiberufler dargestellt.<br />

Der Freiberufler habe auch nicht etwa für die Zeit nach dem Ablauf des jeweiligen<br />

befristeten Einzelauftrags disponieren können, weil er nach den<br />

Vertragsbedingungen bis zu drei Wochen vor Auftragsablauf der Optionsausübung<br />

der Unternehmensberatung auf Fortsetzung des Vertrags ausgesetzt<br />

gewesen sei. Der Freiberufler sei danach faktisch wie ein ausgeliehener<br />

Programmierer bzw. Softwareentwickler für die Unternehmensberatung tätig<br />

gewesen.<br />

Die einem Arbeitnehmer vergleichbare soziale Schutzbedürftigkeit des Freiberuflers<br />

sei trotz der – nicht unbeachtlichen – Höhe seiner Bezüge gegeben,<br />

weil diese Bezüge allein auf der Tätigkeit für die Unternehmensberatung beruhten<br />

und bei Nichteinsatz durch die Unternehmensberatung sofort wieder<br />

entfielen. Die Tätigkeit des Freiberuflers als ausgeliehener Programmierer<br />

bzw. Softwareentwickler hätte ebenso gut von einem festangestellten Arbeitnehmer<br />

der Unternehmensberatung ausgeübt werden können, dessen arbeitsrechtliche<br />

Schutzbedürftigkeit ebenfalls nicht von der Höhe seines Einkommens<br />

abhängig gewesen wäre.<br />

Für die Schutzbedürftigkeit des Freiberuflers sprächen weiter die ersichtlich<br />

nicht sachlich aus dem Inhalt der jeweiligen Aufträge begründbaren Befristungen<br />

der „Einzelaufträge“ auf zumeist sechs Monate mit Option auf weitere<br />

sechs Monate, im Ergebnis also ähnlich Kettenarbeitsverhältnissen. Ein<br />

Indiz für die soziale Schutzbedürftigkeit des Freiberuflers habe schließlich<br />

auch noch der eigene Vortrag der Unternehmensberatung geboten, demzu-<br />

329 Unter Hinweis auf BGH NJW 1999, 218.<br />

85


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

folge sie ein Wettbewerbsverbot bei ihren Kunden „am Markt“ nicht habe<br />

durchsetzen können und es deshalb ihren „Auftragnehmern“ wie dem Freiberufler<br />

habe auferlegen müssen 330 .<br />

Nach alledem sei der Rechtsstreit an das im Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten<br />

örtlich zuständige Arbeitsgericht zu verweisen gewesen. Für eine<br />

Zulassung der sofortigen Beschwerde an den BGH habe der Senat keinen<br />

Anlass gesehen, weil die einschlägigen Rechtsfragen sämtlich geklärt seien<br />

331 .<br />

b) Einstufung als arbeitnehmerähnliche Person<br />

Das OLG Düsseldorf stellt in seiner Entscheidung zutreffend fest, dass für<br />

die Einstufung des Freiberuflers als arbeitnehmerähnliche Person zweierlei<br />

erfüllt sein muss: Wirtschaftliche Abhängigkeit und die einem Arbeitnehmer<br />

vergleichbare soziale Schutzbedürftigkeit. Diese Begriffe werden im Folgenden<br />

behandelt.<br />

c) Wirtschaftliche Abhängigkeit des Freiberuflers<br />

Das BAG 332 hat in einer Entscheidung die Auffassung vertreten, wirtschaftliche<br />

Abhängigkeit i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG liege schon dann vor, wenn<br />

ein auf längere Dauer angelegtes Rechtsverhältnis zu einer solchen Organisationseinbindung<br />

führe, dass daneben eine anderweitige Erwerbstätigkeit in<br />

nennenswertem Umfang nicht möglich sei.<br />

Das Hessische LAG 333 hat an diese Entscheidung angeknüpft und zur Begründung<br />

der wirtschaftlichen Abhängigkeit darauf abgestellt, dass der Umfang<br />

der Tätigkeit des Freiberuflers so gestaltet gewesen sei, dass die von<br />

ihm entfaltete Tätigkeit im Rahmen des Vertragsverhältnisses der Parteien<br />

die einzige Erwerbsquelle des Freiberuflers habe darstellen müssen. Da der<br />

Freiberufler nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ohne Zustimmung<br />

der Unternehmensberatung nicht berechtigt gewesen sei, eine Er-<br />

330 Das Gericht hat den Vortrag der Unternehmensberatung nicht korrekt wiedergegeben:<br />

Die Unternehmensberatung hatte nicht vorgetragen, sie habe dem Freiberufler ein<br />

Wettbewerbsverbot auferlegen „müssen“.<br />

331 Unter Hinweis auf BGH NJW 1996, 1890 f.; 1998, 2057 f.; 1999, 211; 1999, 651;<br />

BAG NJW 1997, 2973 f.<br />

332 Unter Hinweis auf BAG NZA 1997, 1302.<br />

333 Hessisches LAG, Beschluss vom 22.1.1999, 8 Ta 499/98, zur Veröffentlichung vorgesehen<br />

in Zahrnt, (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

86


Verstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB mangels Zusage einer Karenzentschädigung<br />

satzkraft zu stellen und selbst anderweitige Tätigkeiten aufzunehmen, sei<br />

dieser wirtschaftlich von der Unternehmensberatung abhängig gewesen 334 .<br />

Diese Entscheidungen sind bedenklich, weil die Tatsache der Zahlung der<br />

Vergütung durch nur einen Auftraggeber keinen zwingenden Schluss auf eine<br />

wirtschaftliche Abhängigkeit beinhaltet. Es kommt eher in Betracht, einen<br />

Beschäftigter nur dann als wirtschaftlich abhängig einzustufen, wenn er<br />

nur mit einem Auftraggeber zusammenarbeitet und wenn er keine freie Entscheidung<br />

darüber hat, für welche Auftraggeber und in welchem Umfang er<br />

sonst noch tätig sein darf 335 .<br />

aa) 40-Stunden-Tätigkeit für die Unternehmensberatung<br />

Die Vertragsbedingungen zwischen der Unternehmensberatung und dem<br />

Freiberufler enthalten regelmäßig eine Regelung dahingehend, dass der<br />

Freiberufler bei Bedarf mindestens 40 Stunden pro Woche für die Unternehmensberatung<br />

tätig sein muss. Das geschieht vor dem Hintergrund, dass<br />

es in der IT-Branche üblich ist, dass der Freiberufler seine gesamte Tätigkeit<br />

in einem Projekt bei einem Endkunden ausübt. Aus der objektiven Tatsache<br />

der 40-Stunden-Tätigkeit für sich gesehen kann man schließen, dass die Unternehmensberatung<br />

den Freiberufler an sich binden will, so dass dieser<br />

wirtschaftlich von der Unternehmensberatung abhängig wird.<br />

Nach einem Urteil des LG München I 336 ergebe sich die wirtschaftliche Abhängigkeit<br />

des Freiberuflers sogar allein aus den von den Parteien genannten<br />

Einsatzzeiten, nämlich der Leistung von hundert Stunden in den ersten zwei<br />

Wochen des Monats. Für die Abhängigkeit des Freiberuflers spreche, dass<br />

dieser aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation auf die Verwertung seiner<br />

Arbeitskraft angewiesen sei, so dass die längerfristig geplante Bindung an<br />

die Unternehmensberatung für ihn die wirtschaftliche Existenzgrundlage<br />

darstelle 337 . Indem die Unternehmensberatung den Freiberufler durch die 40-<br />

334 Hessisches LAG, Beschluss vom 22.1.1999, 8 Ta 499/98, zur Veröffentlichung vorgesehen<br />

in Zahrnt, (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>. Auch dem OLG München, GmbHR<br />

1997, 310 = DB 1997, 923 = EWiR 1997, 467 mit kritischer Anm. Zimmermann, zur<br />

Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong> hat es genügt,<br />

dass die Geschäftsführerin ihrer Einmann-GmbH, die mit der Person ihrer alleinigen<br />

Gesellschafterin und Geschäftsführerin „stehe und falle“, allein für die Unternehmensberatung<br />

tätig gewesen sei, weil sie an den Rand ihrer Existenz gerate, wenn ihr<br />

der vereinbarte Lohn versagt werde: Es gäbe für sie nämlich keine Möglichkeit, diesen<br />

Ausfall durch anderweitige Geschäftstätigkeit zu kompensieren.<br />

335 Küttner (Hrsg.), Personalbuch 2000, Arbeitnehmerähnliche Personen, Rdnr. 9.<br />

336 LG München I, Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*274 m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

337 LG München I, BB-Beilage 1991, Beil. 7, 7 = Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*74.<br />

87


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

Stunden-Tätigkeit an sich binde, sei der Freiberufler nicht mehr in der Lage,<br />

neben seiner Tätigkeit für die Unternehmensberatung noch für andere Auftraggeber<br />

zu arbeiten 338 .<br />

bb) Stellungnahme<br />

Es liegt zwar nahe, aufgrund der umfangreichen Beschäftigung des Freiberuflers<br />

für die Unternehmensberatung wirtschaftliche Abhängigkeit anzunehmen.<br />

Das liegt noch näher, wenn die Tätigkeit des Freiberuflers für die<br />

Unternehmensberatung dessen einzige Einnahmequelle ist. Dabei darf man<br />

allerdings nicht übersehen, dass der Freiberufler die 40-Stunden-Tätigkeit<br />

aus freien Stücken und guten Gründen übernimmt, nämlich eines sehr hohen<br />

Einkommens: Das ArbG Köln 339 hat zutreffend ausgeführt, dass der Freiberufler<br />

aufgrund seines sehr hohen Einkommens ohne weiteres eine Pause<br />

von mehreren Monaten hätte einlegen können.<br />

Das Einkommen des IT-Freiberuflers reicht mithin nicht nur aus, um diesem<br />

seine wirtschaftliche Existenzgrundlage zu sichern, sondern verschafft dem<br />

Freiberufler darüber hinaus Freiräume. Es ist deshalb fraglich, aufgrund der<br />

40-Stunden-Tätigkeit allein für einen Auftraggeber wirtschaftliche Abhängigkeit<br />

anzunehmen.<br />

Dazu kommt, dass der Freiberufler nicht nur für eine Unternehmensberatung<br />

tätig zu werden braucht. Wenn er das allerdings tut, ist es berechtigt, in bezug<br />

auf die Frage der wirtschaftlichen Abhängigkeit des Freiberuflers von<br />

der Unternehmensberatung die Vergütung des Freiberuflers zu betrachten,<br />

die er durch die alleinige Tätigkeit für die Unternehmensberatung erzielt.<br />

Ein Aspekt, auf den es dabei ankommt, ist die Frage, ob das Einkommen,<br />

das der Freiberufler aus dieser freiwilligen einzigen Einnahmequelle erzielt,<br />

ausreicht, um ihm seine wirtschaftliche Existenzgrundlage zu sichern.<br />

Der zweite, entscheidende Aspekt ist die Frage, ob es aufgrund der Höhe des<br />

Einkommens erforderlich bzw. geboten ist, den Schutzzweck des § 74<br />

Abs. 2 HGB auf selbständig tätige Freiberufler anzuwenden. Dabei ist zu<br />

berücksichtigen, dass § 74 Abs. 2 HGB persönlich abhängig beschäftigte<br />

Arbeitnehmer und diesen vergleichbare Personen schützen will. Beim zweiten<br />

Aspekt ist weiterhin zu berücksichtigen, dass es dem Wunsch des Freiberuflers<br />

entspricht, bei Bedarf mindestens 40 Stunden wöchentlich für die<br />

Unternehmensberatung tätig zu werden. Wer wirtschaftliche Abhängigkeit<br />

annimmt, ignoriert deshalb den Willen des Freiberuflers und den für die<br />

Praxis entscheidenden Punkt – der den Grund für den Willen des Freiberuf-<br />

338 LG München I, Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*77 m.Anm. Zahrnt.<br />

339 ArbG Köln, Zahrnt, DV-Rechtsprechung 3-133.<br />

88


Verstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB mangels Zusage einer Karenzentschädigung<br />

lers bildet: Denn nach der in § 4 dargestellten Studie 340 haben Freiberufler<br />

als zweitgrößtes Problem ihrer Tätigkeit angegeben, stets eine ausreichende<br />

Kapazitätsauslastung zu haben.<br />

Die Tätigkeit allein für einen Auftraggeber ist damit im Ergebnis kein Grund<br />

dafür, wirtschaftliche Abhängigkeit des Freiberuflers von der Unternehmensberatung<br />

anzunehmen, sondern sie nimmt dem Freiberufler die Angst,<br />

nicht genügend Kapazitätsauslastung zu haben, und verschafft ihm damit ein<br />

gesichertes, hohes Einkommen.<br />

cc) Sozialversicherungsrechtliche Neuregelung zum<br />

arbeitnehmerähnlichen Selbständigen<br />

Im Hinblick auf die Frage, ob der Freiberufler arbeitnehmerähnliche Person<br />

i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG ist, kann man in Erwägung ziehen, die sozialversicherungsrechtliche<br />

Neuregelung in § 2 Nr. 9 SGB VI heranzuziehen.<br />

Danach ist arbeitnehmerähnlicher Selbständiger, wer regelmäßig und im<br />

wesentlichen für einen Auftraggeber tätig ist und keine versicherungspflichtigen<br />

Arbeitnehmer beschäftigt.<br />

In § 7 A) ist ausführlich dazu Stellung genommen worden, dass und warum<br />

die sozialversicherungsrechtlichen Neuregelungen auf die arbeitsrechtliche<br />

Würdigung nicht durchschlagen. Diese Ausführungen gelten nicht nur im<br />

Hinblick auf die Änderung in § 7 Abs. 4 SGB IV, sondern gleichermaßen<br />

auch auf die im Zuge der Neuregelung geänderte Regelung in § 2 Nr. 9 SGB<br />

VI. Es bleibt mithin bei den traditionellen arbeitsrechtlichen Abgrenzungsmerkmalen<br />

341 .<br />

d) Soziale Schutzbedürftigkeit<br />

Das Merkmal der einem Arbeitnehmer vergleichbaren sozialen Schutzbedürftigkeit<br />

muss zusätzlich zu der wirtschaftlichen Abhängigkeit des Freiberufler<br />

erfüllt sein, damit der Freiberufler arbeitsrechtlich als arbeitnehmerähnliche<br />

Person einzustufen ist 342 : Der Freiberufler ist nur dann als arbeitnehmerähnliche<br />

Person i.S.d. § 5 Abs. 1, S. 2 ArbGG einzustufen, wenn er<br />

wirtschaftlich abhängig beschäftigt wird und sozial schutzbedürftig vergleichbar<br />

wie ein Arbeitnehmer ist.<br />

In bezug auf die Frage, ob ein Freiberufler als sozial schutzbedürftig einzustufen<br />

ist, herrscht keine Klarheit. Zum Teil wird angenommen, eine einem<br />

340 Siehe § 4.<br />

341 Ebenso Worzalla, in Schiefer/Worzalla/Will, Arbeits-, sozial- und lohnsteuerrechtliche<br />

Änderungen 1999, Rdnr. 341.<br />

342 BGH NJW 1999, 218 ff.; BAG DB 1993, 1622.<br />

89


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

Arbeitnehmer vergleichbare soziale Schutzbedürftigkeit liege dann vor,<br />

wenn das Ausmaß der (wirtschaftlichen) Abhängigkeit nach der Verkehrsanschauung<br />

einen solchen Grad erreiche, wie das im allgemeinen nur in einem<br />

Arbeitsverhältnis vorkomme und wenn die geleisteten Dienste nach ihrer<br />

soziologischen Typik mit denen eines Arbeitnehmers vergleichbar seien 343 .<br />

Das LG Darmstadt 344 hat einen IT-Freiberufler dagegen nicht als arbeitnehmerähnliche<br />

Person eingestuft und das damit begründet, dass der Freiberufler<br />

nur dann als sozial abhängig eingestuft werden dürfe, wenn er als der typisch<br />

Schwächere gegen die übermäßige Einschränkung seiner Freiheit geschützt<br />

werden müsse. Daran fehle es, weil der Freiberufler bewusst und<br />

gewollt als selbständiger Unternehmer tätig geworden sei.<br />

aa) Eigener Ansatz<br />

Bei der Annahme, der IT-Freiberufler sei vergleichbar sozial schutzbedürftig<br />

wie ein Arbeitnehmer, stößt man auf zwei gravierende Probleme: Das eine<br />

besteht darin, dass der IT-Freiberufler frei entscheiden kann, für wen er tätig<br />

sein will, weil es in der IT-Branche nach wie vor ein Unterangebot an Freiberuflern<br />

gegenüber der Nachfrage gibt 345 , so dass deshalb der Wille des<br />

Freiberuflers, freiberuflich tätig zu sein, zu respektieren ist – weil es keinen<br />

rechtlich anerkennenswerten Grund gibt, den Freiberufler unter diesen Umständen<br />

zu schützen wie einen Arbeitnehmer 346 . Das andere Problem besteht<br />

in dem sehr hohen Einkommen des IT-Freiberuflers. Diese Fragen werden<br />

im Folgenden erörtert.<br />

(1) Der Eismann-Fall<br />

Die Problematik lässt sich treffend anhand der Entscheidung des BGH 347<br />

(Eismann-Fall) verdeutlichen: Der BGH hat entschieden, dass ein selbständiger<br />

Franchisenehmer unter bestimmten Voraussetzungen arbeitsrechtlich<br />

als Arbeitnehmer eingestuft werden könne. In dem dieser Entscheidung zugrunde<br />

liegenden Fall war der Eismann zunächst als Festangestellter als<br />

Verkaufsfahrer für Tiefkühlkost tätig. Sodann hat er die Tiefkühlkost als<br />

Franchisenehmer auf eigene Rechnung und im eigenen Namen verkaufen<br />

343 Küttner-Bauer, Personalbuch 2000, Arbeitnehmerähnliche Personen, Rdnr. 15<br />

m.w.N.<br />

344 LG Darmstadt, Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*269 m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

345 Siehe § 4.<br />

346 A.A. LAG Düsseldorf, Urteil vom 26.4.99, 18 Sa 1941/98, zur Veröffentlichung vorgesehen<br />

in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

347 BGH NJW 1999, 218 ff.<br />

90


Verstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB mangels Zusage einer Karenzentschädigung<br />

müssen. Seine Tätigkeit hatte sich also nicht verändert, nur deren rechtliche<br />

Bezeichnung.<br />

Dieser Fall unterscheidet sich grundlegend von dem des IT-Freiberuflers,<br />

weil der Eismann in die Selbständigkeit getrieben worden ist und sich nicht<br />

freiwillig dafür entschieden hat. Die Selbständigkeit hatte für ihn zur Folge,<br />

dass er einen höheren zeitlichen persönlichen Einsatz fahren musste, als er<br />

das als Arbeitnehmer gemusst hatte. Dazu kam, dass der Verkaufsfahrer<br />

nunmehr vollständig das unternehmerische Risiko des Erfolgs seiner Tätigkeit<br />

tragen musste, ohne dass ihm dadurch nennenswerte wirtschaftliche<br />

Vorteile in Form eines höheren Einkommens gegenüber dem, das ein Arbeitnehmer<br />

in der gleichen Stellung erzielte, eröffnet wurden.<br />

Das ist beim IT-Freiberufler ganz anders. Während der Eismann ein Jahreseinkommen<br />

in Höhe von DM 51.679,72 vor Steuern hatte, erzielt der IT-<br />

Freiberufler nach Abzug der Kosten ein jährliches zu versteuerndes Einkommen<br />

von mindestens DM 200.000,–.<br />

(2) Eismann-Fall contra IT-Freiberufler<br />

Der Unterschied im Einkommen zeigt, dass der Verkaufsfahrer (Eismann)<br />

mit dem Freiberufler in der IT-Branche bei der erforderlichen Abwägung aller<br />

Umstände jedenfalls dann nicht verglichen werden darf, wenn der IT-<br />

Freiberufler als Konzeptersteller 348 tätig ist. Anders kann das beim reinen<br />

PC-Programmierer sein. Deshalb ist das Urteil des LAG Köln 349 vertretbar:<br />

Hier hatte der Freiberufler als PC-Programmierer lediglich ein Einkommen<br />

von zunächst netto DM 50,– sodann von netto DM 57,50 pro Stunde. Es<br />

stellt sich damit die Frage der Abgrenzung: Wann ist der Freiberufler noch<br />

PC-Programmierer und wann wird er zum Konzeptersteller<br />

Für diese Abgrenzung bietet sich als Kriterium – anstelle der Tätigkeit – die<br />

Höhe der Vergütung an. Denn das erlaubt es, die Fälle im Graubereich anhand<br />

einer objektiv feststellbaren Größe zu beurteilen. Gegen diese Überlegung<br />

kann man einwenden, auf die Höhe des Einkommens dürfe es nicht<br />

ankommen: Schließlich könne die Tätigkeit ebenso gut von einem Festangestellten<br />

ausgeübt werden, dessen arbeitsrechtliche Schutzbedürftigkeit ebenfalls<br />

nicht von der Höhe seines Einkommens abhänge 350 . Dieser Einwand ist<br />

bedenklich. Diese Bedenken werden im Folgenden dargestellt.<br />

348 Vgl. § 7 A) II. 2. c) bb).<br />

349 LAG Köln, Urteil vom 2.6.99, 2 Sa 138/99, zur Veröffentlichung vorgesehen in<br />

Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

350 Vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.3.2000, 15 U 127/99, zur Veröffentlichung<br />

vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

91


Verstoß gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften<br />

(3) Vergütung deckt Einhaltung des Wettbewerbsverbots ab<br />

Es ist zwar richtig, dass die Höhe der Vergütung nicht für oder gegen ein<br />

Arbeitsverhältnis spricht 351 . Wenn es aber um die Frage der Gleichbehandlung<br />

von Arbeitnehmer und Freiberufler geht, ist ein Vergleich zwischen<br />

dem Vergütungssatz des Freiberuflers und dem eines angeblich gleichbehandelten<br />

Angestellten geradezu geboten 352 . Denn die bei weitem höhere<br />

Vergütung sichert dem Freiberufler eine persönliche Selbständigkeit 353 . Außerdem<br />

macht die gegenüber dem Festangestellten extrem erhöhte Vergütung<br />

des Freiberuflers die Annahme sehr plausibel, dass das Einhalten des<br />

Wettbewerbsverbots durch die höhere Vergütung abgegolten ist.<br />

Die Höhe der Vergütung wird damit zum entscheidenden Kriterium für die<br />

Frage der arbeitsrechtlichen Würdigung 354 . In bezug auf die Frage der Wirksamkeit<br />

des Wettbewerbsverbots ohne Zusage einer Karenzentschädigung<br />

reicht das allerdings für sich gesehen nicht aus, sondern die Vergütung muss<br />

in Relation zu dem Einkommen beurteilt werden, das ein Festangestellter<br />

erzielt, der die gleiche Tätigkeit ausübt.<br />

(4) Vergütung des Freiberuflers in Relation zum Einkommen des<br />

Festangestellten<br />

Der IT-Freiberufler als Konzeptersteller ein Einkommen von mindestens<br />

DM 200.000,– pro Jahr vor Steuern. Ein Festangestellter, der die gleiche Tätigkeit<br />

ausübt, erzielt ein Einkommen von ca. DM 100.000,–. Der Freiberufler<br />

erzielt damit als Konzeptersteller ein mehr als doppelt so hohes Einkommen<br />

wie ein Festangestellter, der die gleiche Tätigkeit ausübt.<br />

Bei einem derart hohen Einkommen ist fraglich, ob der Begriff der arbeitnehmerähnlichen<br />

Person überhaupt erfüllt sein kann 355 . Diese Frage braucht<br />

351 Vgl. LG Hanau, Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*43 m.Anm. Zahrnt.<br />

352 LG Hanau, Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*43 m.Anm. Zahrnt.<br />

353 Vgl. LG Hanau, Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*43 m.Anm. Zahrnt.<br />

354 Auf die Höhe der Vergütung stellen auch ab: BGH NJW 1999, 218 ff.; ArbG Köln,<br />

Zahrnt, DV-Rechtsprechung 3-133; LG Wuppertal, CR 2000, 358 f. m.Anm. <strong>Erben</strong> =<br />

Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*300 m.Anm. <strong>Erben</strong> LAG Köln, Urteil vom 2.6.99, 2 Sa<br />

138/99, zur Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>;<br />

LAG Düsseldorf, Urteil vom 26.4.99, 18 Sa 1941/98, zur Veröffentlichung vorgesehen<br />

in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>. – Das LAG Düsseldorf und das LAG<br />

Köln haben den Freiberufler ungeachtet dessen als arbeitnehmerähnliche Person eingestuft.<br />

355 Vgl. ArbG Köln, Zahrnt, DV-Rechtsprechung 3-133; LG Wuppertal, CR 2000, 358 f.<br />

m.Anm. <strong>Erben</strong> = Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*300 m.Anm. <strong>Erben</strong> LAG Köln, Urteil<br />

92


Verstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB mangels Zusage einer Karenzentschädigung<br />

letztlich nicht entschieden zu werden. Denn unabhängig davon, ob der Freiberufler<br />

als arbeitnehmerähnliche Person einzustufen ist, gilt die folgende<br />

Überlegung: § 74 Abs. 2 HGB darf wegen seines klaren Wortlauts auf Selbständige<br />

– wenn überhaupt – nur in Ausnahmefällen angewandt werden. Der<br />

(IT-)Freiberufler, der sich auf § 74 Abs. 2 HGB beruft, muss deshalb darlegen,<br />

dass und warum er infolge des Wettbewerbsverbots schlechter stehe als<br />

ein Festangestellter 356 : Nur dann darf er berechtigt geltend machen, er werde<br />

durch das Wettbewerbsverbot in der Freiheit seiner Berufsausübung übermäßig<br />

benachteiligt. Ein solcher Ausnahmefall liegt aber beim IT-<br />

Freiberufler regelmäßig nicht vor, weil die gegenüber dem Festangestellten<br />

drastisch erhöhte Vergütung die Nachteile des Wettbewerbsverbots abgilt.<br />

bb) Zusammenfassung<br />

Der Freiberufler darf aufgrund der Besonderheiten in der IT-Branche nicht<br />

als arbeitnehmerähnliche Person eingestuft werden. Weil Freiberufler in der<br />

IT-Branche bei gleicher Tätigkeit erheblich mehr verdienen als Festangestellte,<br />

darf es nicht sein, dass diese sich, wenn sie freiberuflich tätig sein<br />

wollen und deshalb zugunsten des erheblich höheren Einkommens bewusst<br />

auf den Schutz des Gesetzes in § 74 Abs. 2 HGB verzichten, in bezug auf<br />

die Frage der Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots auf den Schutz eben<br />

dieser gesetzlichen Regelung berufen – deren Anwendungsbereich der Freiberufler<br />

im Übrigen nicht für sich gelten lassen will 357 .<br />

Außerdem darf gleiche Tätigkeit nur gleich bewertet werden 358 . Wenn der<br />

Freiberufler beim Endkunden wiederum als Freiberufler tätig ist, handelt er<br />

rechtsmissbräuchlich, wenn er gegenüber der Unternehmensberatung geltend<br />

macht, das Wettbewerbsverbot sei wegen Verstoßes gegen § 74 Abs. 2<br />

HGB unwirksam, weil der Freiberufler als arbeitnehmerähnliche Person einzustufen<br />

sei. Eine analoge Anwendung von § 74 Abs. 2 HGB auf Freiberufler<br />

ist mithin abzulehnen.<br />

vom 2.6.99, 2 Sa 138/99, zur Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.), ECR<br />

m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

356 Auch das OLG Köln, OLGZ 67, 397, stellt entscheidend auf die Gegenleistung ab.<br />

357 Vgl. § 7 B) V.<br />

358 Siehe § 7 A) II. 2. c).<br />

93


Teil 2<br />

Das Wettbewerbsverbot im Lichte der<br />

wettbewerbsrechtlichen und privatrechtlichen<br />

Regelungen sowie ausgewählte Probleme aus der<br />

Viererkonstellation<br />

In Teil 1 dieser Arbeit ist die Frage der Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots<br />

in erster Linie im Hinblick auf die Interessen des Freiberuflers und der<br />

Unternehmensberatung innerhalb deren Vertragsverhältnisses behandelt<br />

worden. Auch der Endkunde hat indessen ein Interesse daran, dass er den<br />

Freiberufler nach dessen Beendigung des Vertrags mit der Unternehmensberatung<br />

uneingeschränkt weiter beschäftigen darf. Das Wettbewerbsverbot<br />

hat mithin Außenwirkung auf den Endkunden und ist deshalb an den speziellen<br />

wettbewerbsrechtlichen Regelungen zu messen. In Betracht kommt<br />

ein Verstoß gegen § 1 GWB. Diese Frage wird in § 8 behandelt.<br />

Sodann wird in diesem Teil 2 die Frage behandelt, ob das Wettbewerbsverbot<br />

gegen privatrechtliche Regelungen verstößt. Dabei wird in § 9 zunächst<br />

geprüft, ob das Wettbewerbsverbot den Freiberufler unangemessen in dessen<br />

Freiheit der Berufsausübung benachteiligt und deshalb wegen Verstoßes gegen<br />

§ 9 AGBG unwirksam ist. Das setzt voraus, dass das Wettbewerbsverbot<br />

in AGB vereinbart worden ist und dass das AGB-Gesetz auf Wettbewerbsverbote<br />

überhaupt anwendbar ist. Die zweite Frage ist schwerer zu beurteilen,<br />

als das zunächst den Anschein hat.<br />

§ 10 setzt sich mit der Frage auseinander, ob das Wettbewerbsverbot wegen<br />

Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 BGB unwirksam ist. Hier<br />

wird besonderer Wert darauf gelegt, das rechtlich anerkennenswerte Interesse<br />

der Unternehmensberatung an dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot<br />

mit dem Freiberufler herauszuarbeiten. Denn nur wenn die Unternehmensberatung<br />

ein rechtlich anerkennenswertes Interesse am Wettbewerbsverbot<br />

hat, stellen sich die weiteren Fragen, inwieweit das Wettbewerbsverbot zeitlich,<br />

örtlich und sachlich beschränkt sein muss.<br />

In § 11 wird die Frage behandelt, ob ein wegen Verstoßes gegen privatrechtliche<br />

Regelungen übermäßiges Wettbewerbsverbot zeitlich, örtlich oder<br />

sachlich zu weit gehendes Wettbewerbsverbot geltungserhaltend reduziert<br />

werden darf bzw. muss.<br />

95


Teil 2<br />

§ 12 behandelt drei spezielle Problemkreise, die in der Praxis häufig für die<br />

Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots angeführt werden: Der erste ist das<br />

Argument, das Wettbewerbsverbot sei unwirksam, weil es Ausnahmefälle,<br />

für die es nicht gelten solle, nicht ausdrücklich regle. Der zweite ist die Frage,<br />

was bei unklaren Regelungen im Wettbewerbsverbot gilt. Der dritte betrifft<br />

das Argument, das Wettbewerbsverbot sei unwirksam, weil die Unternehmensberatung<br />

die Möglichkeit habe, ein Abwerbungsverbot mit dem<br />

Endkunden zu vereinbaren.<br />

§ 13 behandelt die Frage der Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots wegen<br />

der Vertragsstrafe als Rechtsfolge. Hier wird zunächst untersucht, ob die<br />

Zahlung von DM 20.000,– als Mindestvertragsstrafe zulässig ist. Sodann<br />

wird die Frage behandelt, ob eine unverhältnismäßig hohe Vertragsstrafe automatisch<br />

die Gesamtnichtigkeit des Wettbewerbsverbots bewirkt.<br />

Zum Abschluss werden in den §§ 14 bis 17 ausgewählte Probleme aus der<br />

Viererkonstellation behandelt: § 14 beschäftigt sich damit, wer mit dem Begriff<br />

„Kunde“ im Wettbewerbsverbot gemeint ist. Dieser Begriff ist in der<br />

Viererkonstellation unklar: Das können die übergeordnete Unternehmensberatung<br />

oder der Endkunde sein, möglicherweise auch beide.<br />

§ 15 enthält zwei Problemkreise: Zunächst wird die Frage behandelt, ob die<br />

untergeordnete Unternehmensberatung ein Wettbewerbsverbot, das die ü-<br />

bergeordnete Unternehmensberatung ihr auferlegt hat, an den von ihr eingesetzten<br />

Freiberufler weiterleiten muss. Sodann wird der umgekehrte Fall behandelt:<br />

Ist die untergeordnete Unternehmensberatung berechtigt, dem von<br />

ihr eingesetzten Freiberufler ein Wettbewerbsverbot aufzuerlegen, wenn sie<br />

selbst nicht seitens der übergeordneten Unternehmensberatung an ein Wettbewerbsverbot<br />

gebunden ist<br />

In § 16 wird untersucht, ob die übergeordnete Unternehmensberatung und<br />

die untergeordnete Unternehmensberatung kumulativ gegen den Freiberufler<br />

vorgehen dürfen, wenn beide Unternehmensberatungen den Freiberufler<br />

durch ein Wettbewerbsverbot gebunden haben.<br />

§ 17 schließlich behandelt den in der Praxis häufig vorkommenden Fall,<br />

dass die untergeordnete Unternehmensberatung und der Freiberufler versuchen,<br />

die übergeordnete Unternehmensberatung zu umgehen, indem der untergeordnete<br />

Freiberufler über einen Strohmann unter Ausschaltung der ü-<br />

bergeordneten Unternehmensberatung weiter beim Endkunden tätig wird. In<br />

dieser Konstellation teilen sich die untergeordnete Unternehmensberatung,<br />

der Freiberufler und gegebenenfalls auch der Strohmann die Marge, die sie<br />

durch die Ausschaltung der übergeordneten Unternehmensberatung gewonnen<br />

haben.<br />

96


Schutzzweck des § 1 GWB in Abgrenzung zu § 138 BGB<br />

In diesem Zusammenhang ist materiellrechtlich zu entscheiden, ob die übergeordnete<br />

Unternehmensberatung aus ihrem Wettbewerbsverbot mit der untergeordneten<br />

Unternehmensberatung gegen diese vorgehen darf. Prozessrechtlich<br />

fragt sich, ob der übergeordneten Unternehmensberatung Beweiserleichterungen<br />

zugute kommen dürfen.<br />

§ 8 Verstoß gegen § 1 GWB<br />

Das Wettbewerbsverbot kann wegen Verstoßes gegen § 1 GWB unwirksam<br />

sein, weil es dem Freiberufler für die Dauer von zwei Jahren nach Vertragsbeendigung<br />

den Zugang zu denjenigen Kunden verbietet, für die er im<br />

Rahmen des Vertrags mit der Unternehmensberatung tätig geworden ist. Insoweit<br />

kann man argumentieren, das Wettbewerbsverbote verbiete dem<br />

Freiberufler den Zugang zu einem bestimmten Marktsegment im wettbewerblichen<br />

Sinne, nämlich dem bestimmten Endkunden. Das Muster-<br />

Wettbewerbsverbot betrifft damit nicht nur die Vertragspartner, sondern<br />

auch <strong>Dr</strong>itte. Es hat mithin eine bestimmte Außenwirkung und ist deshalb an<br />

§ 1 GWB zu messen.<br />

A) Schutzzweck des § 1 GWB in Abgrenzung zu § 138 BGB<br />

Die Wirtschaftsverfassung lebt aus dem Spannungsverhältnis der verfassungsrechtlichen<br />

Grundsatzentscheidungen: Dieses Spannungsverhältnis erfordert<br />

ein ständiges Ausbalancieren zwischen Individual- und Gemeinschaftsinteresse<br />

1 . Diese Balance wird im Hinblick auf Wettbewerbsverbote<br />

über die §§ 138 BGB, 1 GWB erreicht. Fraglich ist, wie der Anwendungsbereich<br />

des § 1 GWB von dem des § 138 BGB abzugrenzen ist.<br />

Zielsetzung des § 1 GWB ist es, die Freiheit des Wettbewerbs als Institution<br />

und damit den Zugang zum Markt zu schützen 2 . Denn § 1 GWB erfasst nur<br />

Vereinbarungen, Beschlüsse und Verhaltensweisen, die nicht nur zwischen<br />

den Vertragspartnern wirken, sondern eine Außenwirkung haben 3 . Vereinbarungen,<br />

die sich am Markt nicht auswirken und die Marktverhältnisse mithin<br />

nicht spürbar beeinträchtigen, unterliegen nicht dem Kartellverbot 4 .<br />

1 Vgl. Böx, Typik und Zulässigkeit von Wettbewerbsregeln (§ 28, Abs. 2 GWB), S. 3.<br />

2 Bechtold, GWB, § 1, Rdnr. 37.<br />

3 Bechtold, GWB, § 1, Rdnr. 37.<br />

4 BGHZ 68, 11; BGH NJW-RR 1988, 51; Bechtold, GWB, § 1, Rdnr. 37; kritisch: Emmerich,<br />

Kartellrecht, § 5, Rdnr. 8b.<br />

97


Verstoß gegen § 1 GWB<br />

Daraus folgt, dass bei Wettbewerbsbeschränkungen, die von § 1 GWB erfasst<br />

sind, die Wirtschaftsfreiheit unter besonderer Berücksichtigung des<br />

wirtschaftlichen Gesamtgefüges im Vordergrund steht, während sich im<br />

Anwendungsbereich des § 138 BGB die Vertragsfreiheit in einem Maße<br />

durchsetzen kann, das bei Anwendung der Maßstäbe zur Wirtschaftsfreiheit<br />

nicht der Fall wäre 5 . Daraus ergibt sich, dass bei Anwendung von § 138<br />

BGB die internen Beziehungen zwischen den Vertragspartnern das entscheidende<br />

Kriterium der rechtlichen Würdigung ist, während es bei § 1 GWB<br />

die externen Wirkungen auf die Wettbewerbssituation ist 6 .<br />

Dementsprechend kann ein wegen Verstoßes gegen § 138 BGB übermäßiges<br />

Wettbewerbsverbot zwar gleichzeitig wegen Verstoßes gegen § 1 GWB unwirksam<br />

sein 7 . Allerdings greift § 1 GWB als wettbewerbsrechtliche Sonderregelung<br />

8 für kartellrechtliche Vereinbarungen vorrangig vor § 138 BGB<br />

ein, weil der Schutzzweck des Kartellrechts ein anderer ist als der des § 138<br />

BGB 9 . § 138 BGB hat mithin neben dem Kartellverbot des § 1 GWB nur<br />

dann praktische Bedeutung, wenn das Wettbewerbsverbot zwar wegen Ü-<br />

bermaßes sittenwidrig ist, jedoch den Wettbewerb als Institution nicht spürbar<br />

beeinträchtigt 10 .<br />

B) Die Voraussetzungen des Kartellverbots<br />

§ 1 GWB findet nach seinem ausdrücklichen Wortlaut nur Anwendung,<br />

wenn „Unternehmen“ miteinander „in Wettbewerb“ stehen. Fraglich ist zunächst,<br />

ob der Freiberufler „Unternehmen“ i.S.d. § 1 GWB ist.<br />

I. Freiberufler als „Unternehmen“ i.S.d. § 1 GWB<br />

Für das Tatbestandsmerkmal „Unternehmen“ i.S.d. § 1 GWB gilt der sogenannte<br />

funktionale Unternehmensbegriff. Erforderlich und ausreichend ist<br />

dafür eine Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr 11 , d.h. jede selbständige,<br />

nicht rein private und außerhalb des Erwerbslebens liegende Tätigkeit einer<br />

5 Wilhelm, ZHR 150, 86; 320, 343.<br />

6 Vgl. Lammel AcP 189, 272; Emmerich in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 18, Rdnr.<br />

272; Schmidt, Kartellverfahrensrecht, S. 221 f.; Michalski BB 1991, 1877.<br />

7 BGHZ 112, 218; BGH NJW 1994, 384.<br />

8 Erman-Palm, BGB, 10. Auflage, § 138 Rdnr. 117; a.A.: Schlegelberger-Schröder,<br />

HGB, § 74 Rdnr. 1b: Auf Wettbewerbsverbote mit freien Mitarbeitern seien die Vorschriften<br />

des GWB nicht anwendbar.<br />

9 BGH NJW 1979, 1605; NJW-RR 1989, 900; NJW 1994, 384.<br />

10 Vgl. BGH NJW-RR 1989, 900; BGH NJW 1982, 2001; NJW 1994, 386; Staudinger-<br />

Sack, BGB, § 138, Rdnr. 313.<br />

11 BGHZ 36, 103; WM 1978, 796; NJW 1990, 1531, 2817.<br />

98


Die Voraussetzungen des Kartellverbots<br />

Person in der Erzeugung oder Verteilung von Waren oder gewerblichen<br />

Leistungen erfüllt den Unternehmensbegriff i.S.d. § 1 GWB 12 . Auch freiberuflich<br />

tätige Privatpersonen sind deshalb grundsätzlich Unternehmen 13 . Angesichts<br />

der erheblichen Bedeutung der Freiberufler innerhalb der IT-<br />

Branche 14 besteht kein Anlass, IT-Freiberufler vom Anwendungsbereich des<br />

§ 1 GWB auszunehmen.<br />

II. Wettbewerbsverhältnis zwischen Freiberufler und<br />

Unternehmensberatung<br />

Tatbestandsmerkmal des § 1 GWB ist ferner, dass Unternehmensberatung<br />

und Freiberufler miteinander „in Wettbewerb stehen“ 15 . Für ein Wettbewerbsverhältnis<br />

ist Voraussetzung, dass Unternehmensberatung und Freiberufler<br />

auf dem selben sachlich relevanten Markt tätig sind (aktuelle Wettbewerber)<br />

oder ihre Tätigkeit kaufmännisch sinnvoll möglich wäre (potentielle<br />

Wettbewerber) 16 .<br />

Es ist aus verschiedenen Gründen zweifelhaft, ob der Freiberufler mit der<br />

Unternehmensberatung um potentielle Kunden konkurriert. Einer dieser<br />

Gründe ist die Tatsache, dass der Freiberufler sich regelmäßig darauf beruft,<br />

er sei wie ein abhängig Beschäftigter der Unternehmensberatung zu behandeln.<br />

In der Praxis argumentieren Freiberufler häufig ungeachtet dessen mit<br />

beiden Argumenten gleichzeitig: Das Wettbewerbsverbot sei wegen Verstoßes<br />

gegen § 1 GWB und wegen Verstoßes gegen § 74 Abs. 2 HGB unwirksam<br />

17 . Das ist materiellrechtlich ein Widerspruch 18 , weil das eine das andere<br />

ausschließt: Der Freiberufler kann nicht gleichzeitig selbständiger Unternehmer<br />

sein und unselbständig Beschäftigter.<br />

12 BGHZ 36, 102; BGH NJW-RR 1988, 1070; Emmerich, Kartellrecht, § 4, 1.<br />

13 Bechtold, GWB, § 1, Rdnr. 5.<br />

14 Vgl. § 4.<br />

15 Vgl. zur Frage, ob ein Wettbewerbsverhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer<br />

im Allgemeinen vorliegt, Bauer, Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs, S. 15<br />

ff.<br />

16 BGH BB 1984, 1826 m.Anm. Schwarz; BGH WM 1986, 1424 = BB 1986, 2010<br />

m.Anm. Hootz; NJW-RR 1989, 120; BB 1986, 1456; Bechtold, GWB, § 1, Rdnr. 21;<br />

Emmerich, Kartellrecht § 5, 5c; Steindorff, BB 1981, 377, 380; Ulmer, NJW 1982,<br />

1975; Michalski, BB 1991, 1875; a.A. Baums, JuS 1990, 608.<br />

17 Im Fall des LG Wuppertal, CR 1999, 269 f. m.Anm. <strong>Erben</strong> = Zahrnt (Hrsg.), ECR<br />

LG*300 m.Anm. <strong>Erben</strong> hatte der Freiberufler Verweisung an das zuständige Arbeitsgericht<br />

beantragt und gleichzeitig die Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots wegen<br />

Verstoßes gegen § 1 GWB gerügt.<br />

18 Prozessrechtlich ist das zwar zulässig. Es zeigt aber, dass der Freiberufler sich (zumindest<br />

auch) als selbständigen Unternehmer sieht.<br />

99


Verstoß gegen § 1 GWB<br />

Wenn der Freiberufler sich nicht darauf beruft, er sei tatsächlich als Arbeitnehmer<br />

der Unternehmensberatung einzustufen, bestehen gleichwohl erhebliche<br />

Zweifel daran, dass ein Wettbewerbsverhältnis zwischen Unternehmensberatung<br />

und Freiberufler vorliegt, weil der Freiberufler in der Praxis<br />

keine unternehmerische Tätigkeit dahingehend entwickelt, dass er eigene<br />

Projekte bei Endkunden akquiriert, sondern sich lediglich über die Unternehmensberatung<br />

an Endkunden vermitteln lässt 19 .<br />

1. Auftreten als Einheit<br />

In der Praxis treten Freiberufler und Unternehmensberatung gegenüber dem<br />

Endkunden regelmäßig als Kombination bzw. Einheit unter Federführung<br />

der Unternehmensberatung auf 20 . Das geschieht auf Wunsch des Endkunden,<br />

der sich der Verantwortung der Unternehmensberatung bedient, insbesondere<br />

für den Fall, dass er mit dem ausgesuchten Freiberufler nicht zufrieden<br />

ist. Denn der Endkunde will während der kostenlosen Einarbeitungszeit sehen,<br />

ob der gewünschte Freiberufler wirklich zu ihm passt 21 .<br />

Der Kunde hat also zunächst Vorteile durch die Zwischenschaltung der Unternehmensberatung.<br />

Das muss bei der rechtlichen Wertung berücksichtigt<br />

werden: Wenn der Kunde die Vorteile der Beauftragung einer Unternehmensberatung<br />

in Anspruch nimmt, ist es nicht sachgerecht, ihn als unangemessen<br />

benachteiligt anzusehen, wenn er den Freiberufler dann nicht direkt<br />

beauftragen darf, nachdem dieser sich als tauglich erwiesen hat 22 . Wenn der<br />

Endkunde die Verantwortung der Unternehmensberatung im Zeitpunkt des<br />

Vertragsabschlusses aber ausdrücklich gewollt hat, muss es dabei auch im<br />

Zuge der Vertragsdurchführung bleiben, weil der Endkunde kein rechtlich<br />

anerkennenswertes Interesse daran hat, die Kombination bzw. Einheit, die er<br />

bei Vertragsabschluss gewollt hat, später zu widerrufen.<br />

2. Ergebnis<br />

Das Auftreten als Einheit ist ein Grund dafür, dass der Freiberufler nicht in<br />

Konkurrenz mit der Unternehmensberatung um Kunden am Markt tritt, so<br />

dass kein Wettbewerbsverhältnis i.S.d. § 1 GWB vorliegt. § 1 GWB ist auf<br />

das Wettbewerbsverbot zwischen der Unternehmensberatung und dem Freiberufler<br />

deshalb nicht anwendbar.<br />

19 Vgl. § 10 B) IV.<br />

20 Vgl. die in der Praxis häufige Regelung im Rahmenvertrag, die den Freiberufler verpflichtet,<br />

im Namen der Unternehmensberatung aufzutreten, siehe § 7 A) II. 2. a) jj).<br />

21 Vgl. § 8 B) II. 3.<br />

22 Vgl. § 8 B) III. 2.<br />

100


Die Voraussetzungen des Kartellverbots<br />

III. Spürbare Außenwirkung<br />

Wenn man gleichwohl ein Wettbewerbsverhältnis i.S.d. § 1 GWB annimmt,<br />

ist für die Anwendung des § 1 GWB Voraussetzung, dass das Wettbewerbsverbot<br />

eine spürbare Außenwirkung hat: Die Marktverhältnisse müssen<br />

durch die wettbewerbliche Vereinbarung spürbar beeinträchtigt werden.<br />

Das Erfordernis der Außenwirkung ergab sich in der bis zum 31.12.1998<br />

geltenden Fassung des § 1 GWB aus dem Tatbestandsmerkmal der Eignung<br />

zur Beeinflussung der Marktverhältnisse 23 . Dieses Tatbestandsmerkmal gibt<br />

es seit der ab dem 1.1.1999 geltenden Neufassung des § 1 GWB ebenso wie<br />

in Art. 81 Abs. 1 EGV nicht mehr 24 . Das Erfordernis der Außenwirkung lässt<br />

sich aber in der Neufassung an dem Tatbestandsmerkmal: Bewirken einer<br />

Einschränkung des Wettbewerbs festmachen. Denn die Vereinbarung der<br />

Vertragspartner muss eine Außen- oder <strong>Dr</strong>ittwirkung haben, weil anderenfalls<br />

angesichts der Zielsetzung des GWB, die Freiheit des Wettbewerbs als<br />

Institution zu schützen, kein Anlass für staatliche Sanktionen bestünde 25 .<br />

Um eine spürbare Beeinträchtigung der Marktverhältnisse festzustellen, ist<br />

zunächst der relevante Markt sachlich, räumlich und zeitlich abzugrenzen.<br />

Zum Markt im wettbewerblichen Sinne gehören alle „Waren“, die aus der<br />

Sicht des Kunden ohne weiteres austauschbar sind 26 . Entscheidend für das<br />

Thema dieser Arbeit ist der Markt in sachlicher Hinsicht, weil es um die Beurteilung<br />

der Frage geht, ob der Freiberufler bei einem bestimmten Endkunden<br />

tätig werden darf und deshalb der Endkunde im wettbewerblichen Sinne<br />

der „Markt“ in sachlicher Hinsicht ist. Auf Wettbewerbsverbote mit Freiberuflern<br />

bezogen muss die Frage mithin lauten, ob der von der Unternehmensberatung<br />

eingesetzte Freiberufler für den konkreten Endkunden austauschbar<br />

ist.<br />

1. Zugang zum Markt im wettbewerbsrechtlichen Sinne<br />

Das LG Frankfurt am Main 27 hat die Auffassung vertreten, dem Freiberufler<br />

dürfe nicht bereits vor Vertragsabschluss durch die Unternehmensberatung<br />

verboten werden, nach Beendigung des Vertrags mit der Unternehmensberatung<br />

für den Endkunden unmittelbar tätig zu werden, weil im Zeitpunkt vor<br />

Vertragsabschluss noch gar nicht absehbar sei, ob es tatsächlich zu einer Be-<br />

23 Bechtold, GWB, § 1, Rdnr. 37.<br />

24 Vgl. Baums, ZIP 1998, 233.<br />

25 Bechtold, GWB, § 1, Rdnr. 37.<br />

26 Emmerich, Kartellrecht § 5, 8a bb.<br />

27 LG Frankfurt am Main, BB 1992, 2459 = NJW-RR 1993, 803.<br />

101


Verstoß gegen § 1 GWB<br />

schäftigung des Freiberuflers über die Unternehmensberatung kommen werde.<br />

Es fragt sich, ob diese Ansicht vertretbar ist.<br />

Der Freiberufler hatte vor Abschluss des Vertrags mit der Unternehmensberatung<br />

nicht den Zugang zu dem bestimmten Marktsegment im wettbewerblichen<br />

Sinne, dessen (weiteren) Zugang ihm die Unternehmensberatung<br />

mit dem Wettbewerbsverbot für einen bestimmten Zeitraum nach Vertragsbeendigung<br />

abschneidet. Erst der Abschluss des Vertrags, in dem das Wettbewerbsverbot<br />

enthalten ist, eröffnet dem Freiberufler also den Zugang zu<br />

dem relevanten Markt im wettbewerbsrechtlichen Sinne. Denn nur der jeweilige<br />

bestimmte Endkunde darf der relevante Markt im wettbewerbsrechtlichen<br />

Sinne sein, weil nur dieser vom Wettbewerbsverbot umfasst ist 28 .<br />

Man kann argumentieren, weil die Unternehmensberatung ihre „Geschäftsgeheimnisse“,<br />

nämlich ihre Kunden, dem Freiberufler „enthülle“, habe sie<br />

ein berechtigtes Interesse daran, diese Kunden für einen bestimmten Zeitraum<br />

zu ihren Gunsten zu schützen. Dafür spricht, dass die Kunden das Kapital<br />

der Unternehmensberatungen sind 29 : Deshalb geben Unternehmensberatungen<br />

den Namen des Kunden erst bekannt, nachdem der Freiberufler ein<br />

vorvertragliches Wettbewerbsverbot unterzeichnet hat. Das Wettbewerbsverbot<br />

ist deshalb in der Praxis eine notwendige Bedingung dafür, dass die<br />

Unternehmensberatung den Vertrag mit dem Freiberufler über dessen Einsatz<br />

bei dem bestimmten Endkunden schließt. Die Ausführungen im Urteil<br />

des LG Frankfurt am Main 30 , das Unterzeichnen des Vertrags mit dem vorvertraglichen<br />

Wettbewerbsverbot benachteilige den Freiberufler unangemessen,<br />

sind deshalb nicht vertretbar 31 .<br />

Der Umstand, dass nur die Kunden, für die der Freiberufler im Auftrag der<br />

Unternehmensberatung tätig geworden ist, durch das Wettbewerbsverbot<br />

zugunsten der Unternehmensberatung geschützt ist, hat vielmehr zwingend<br />

zur Folge, dass das Wettbewerbsverbot im Hinblick auf § 1 GWB wirksam<br />

ist. Denn bei Wettbewerbsverboten mit Freiberuflern in Form von Kundenschutzklauseln<br />

ist der Freiberufler frei, seine Dienste allen anderen Marktbeteiligten<br />

(Kunden) anzubieten. Die Unternehmensberatung versperrt mithin<br />

28 Anderenfalls ist das Wettbewerbsverbot wegen Verstoßes gegen § 138 BGB unwirksam,<br />

siehe § 8 II. 3.<br />

29 Vgl. Zahrnt, in Zahrnt (Hrsg.), CVR, § 10.1.3 (2).<br />

30 LG Frankfurt am Main, BB 1992, 2459 = NJW-RR 1993, 803.<br />

31 Das gleiche gilt für die Ausführungen des LAG Köln, Urteil vom 2.6.99, 2 Sa 138/99,<br />

zur Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>: Allein die<br />

Kontaktaufnahme habe die Verpflichtung des Freiberuflers zur Karenz nach dem<br />

Wettbewerbsverbot auslösen sollen. Das sei ohne Zusage einer Karenzentschädigung<br />

nicht zulässig.<br />

102


Die Voraussetzungen des Kartellverbots<br />

dem Freiberufler nicht den Zugang zum „Markt“ im wettbewerblichen Sinne.<br />

2. Keine Unersetzlichkeit des Freiberuflers<br />

Für eine Austauschbarkeit und damit gegen eine Unersetzlichkeit des Freiberuflers<br />

kann eine bestimmte Spezialisierung des Freiberuflers sprechen, so<br />

dass man zugunsten des Endkunden argumentieren kann, dieser benötige<br />

zwingend den bestimmten Freiberufler 32 . Zugunsten des Freiberuflers kann<br />

man in diesem Fall argumentieren, dass gerade der Personenkreis der Spezialisten<br />

besonders von einem Wettbewerbsverbot betroffen sei, da Spezialisten<br />

– bedingt durch die Spezialkenntnisse – nur in bestimmten Tätigkeitsfeldern<br />

seiner Qualifikation entsprechend effektiv eingesetzt werden könnten 33 .<br />

Ob diese Argumentation vertretbar ist, ist angesichts der in Deutschland<br />

nach einer amtlichen Statistik 34 lautenden Anzahl von mindestens 15.000<br />

Freiberuflern zweifelhaft 35 . Weil die Außenwirkung des Wettbewerbsverbots<br />

nicht nur unmerklich sein darf, reichen Bagatellen oder nur theoretische Außenwirkungen<br />

nicht aus 36 . Vielmehr müssen die Auswirkungen in einer<br />

fühlbaren, praktisch ins Gewicht fallenden Weise zu einer Veränderung der<br />

Marktverhältnisse führen können 37 . Sie dürfen nicht nur unbedeutend sein 38 ,<br />

weil die Wahlmöglichkeiten der Marktgegenseite durch das Wettbewerbsverbot<br />

spürbar beeinträchtigt werden müssen 39 . Die Beeinträchtigung muss<br />

allerdings keine wesentliche sein; es genügt, dass sie merklich ist 40 .<br />

Diese Voraussetzungen liegen im Fall des Wettbewerbsverbots zwischen<br />

Unternehmensberatung und Freiberufler angesichts der Vielzahl der Freiberufler<br />

nicht vor. Der Endkunde wird deshalb durch das Wettbewerbsverbot<br />

32 Das ist der Ansatz für das in der Praxis häufige Argument, das Wettbewerbsverbot<br />

zwischen Unternehmensberatung und Freiberufler sei unwirksam, weil es den Endkunden,<br />

der auf die Dienste des Freiberuflers zwingend angewiesen sei, unangemessen<br />

benachteilige, vgl. § 6 A) II.<br />

33 So LG Frankfurt am Main, BB 1992, 2459 = NJW-RR 1993, 803.<br />

34 Siehe aber § 10 B) IV. 4.<br />

35 Ähnlich LG Stuttgart, Urteil vom 8.2.2000, 17 O 611/99, zur Veröffentlichung vorgesehen<br />

in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>: Ausweichmöglichkeiten wegen eines<br />

angeblich des „sterbenden Marktes“ bestünden nicht. Denn es habe nach dem von der<br />

Unternehmensberatung vorgelegten Datenverzeichnis ca. 1.200 weitere Anbieter mit<br />

einem dem Freiberufler ähnlichen Tätigkeitsprofil gegeben.<br />

36 Bechtold, GWB, § 1 Rdnr. 38.<br />

37 Vgl. BGH WuW/E 2469 f.<br />

38 BGH GRUR 1998, 743.<br />

39 Vgl. OLG Stuttgart WuW/E 4000.<br />

40 Timm, Handels- und Wirtschaftsrecht, II, S. 151 f.<br />

103


Verstoß gegen § 1 GWB<br />

nur unbedeutend in seiner Auswahlfreiheit eingeschränkt. Damit hat das<br />

Wettbewerbsverbot auf die Marktverhältnisse lediglich marginale Bedeutung<br />

und im Ergebnis keine im wettbewerblichen Sinne maßgebliche Auswirkung.<br />

3. Austauschbarkeit in Einarbeitungszeit ist vom Endkunden gewollt<br />

Gegen die Auffassung, der Freiberufler sei unersetzlich, spricht zudem, dass<br />

die Austauschbarkeit des Freiberuflers während der Einarbeitungszeit vom<br />

Endkunden gewollt ist; also so lange der Freiberufler sich noch nicht bewährt<br />

hat. Dementsprechend leben Freiberufler gerade von dem Umstand,<br />

dass die Unternehmensberatungen Mitarbeiter auf Wunsch des Endkunden<br />

während der Einarbeitungszeit zeitnah austauschen (müssen) 41 . Denn die<br />

Unternehmensberatungen erhalten Ersatzmitarbeiter weitgehend nur über<br />

externe Mitarbeiter, weil ihre Festangestellten regelmäßig in Projekten eingesetzt<br />

und deshalb nicht verfügbar sind. – Das gilt insbesondere für<br />

Spezialisten.<br />

Die Praxis zeigt mithin, dass die Austauschbarkeit vom Endkunden gewollt<br />

ist. Es ist deshalb nicht vertretbar, wenn man im Hinblick auf § 1 GWB einerseits<br />

zugunsten des Kunden argumentiert, der Freiberufler, der sich bewährt<br />

hat, sei anschließend nicht mehr austauschbar, während es vorher der<br />

gleiche Kunde war, der die kostenlose Einarbeitungsphase verlangt hatte –<br />

während derer er entscheiden wollte und durfte, ob er den Freiberufler dauerhaft<br />

in seinem Projekt einsetzen oder diesen gegen einen anderen Freiberufler<br />

austauschen wollte.<br />

4. Ergebnis<br />

Im Ergebnis gibt es damit kein durchgreifendes Argument dafür, dass der<br />

Freiberufler unersetzlich sei. Damit werden die Marktverhältnisse durch das<br />

Wettbewerbsverbot zwischen der Unternehmensberatung und dem Freiberufler<br />

nicht spürbar beeinträchtigt, so dass das Wettbewerbsverbot auch aus<br />

diesem Grund nicht wegen Verstoßes gegen § 1 GWB unwirksam ist.<br />

IV. Entscheidung des LG Gießen<br />

Es gibt eine gerichtliche Entscheidung zu einem Wettbewerbsverbot mit einem<br />

IT-Freiberufler, die sich ausführlich mit der Anwendung von § 1 GWB<br />

41 Vgl. § 10 B) I. 1.<br />

104


Die Voraussetzungen des Kartellverbots<br />

befasst: Das LG Gießen 42 hat das Wettbewerbsverbots mit einem IT-<br />

Freiberufler wegen Verstoßes gegen § 1 GWB für unwirksam erklärt.<br />

Das LG Gießen hat seine Entscheidung im wesentlichen mit den folgenden<br />

zwei Begründungen versehen: Zum Ersten sei das Interesse der Unternehmensberatung<br />

an einem angemessen begrenzten Wettbewerbsverbot im<br />

Hinblick auf die Fälle der Unternehmensübertragung anderer Art und Intensität<br />

als dasjenige eines beliebigen Generalunternehmers. Zum zweiten habe<br />

der Freiberufler den Auftrag des Endkunden nur passiv entgegengenommen.<br />

Deshalb liege kein Verstoß gegen § 1 GWB vor. In der Praxis wird insbesondere<br />

das zweite Argument häufig als Ansatzpunkt dafür verwendet, das<br />

Wettbewerbsverbot sei unwirksam 43 .<br />

1. Der Vergleich mit der Unternehmensveräußerung<br />

Fraglich ist, ob das Wettbewerbsverbots zwischen Freiberufler und Unternehmensberatung<br />

mit den Fällen der Unternehmensveräußerung verglichen<br />

werden darf. Dagegen spricht, dass die Unternehmensberatung (Generalunternehmer<br />

i.S.d. LG Gießen) dem Freiberufler dessen wirtschaftliches Betätigungsfeld<br />

bei dem bestimmten Kunden erst ermöglicht hatte. Deshalb<br />

müsste die Unternehmensberatung im Rahmen des Vergleichs die Rolle des<br />

Unternehmensveräußerers spielen. Die Interessenlage ist aber eine andere:<br />

Die Unternehmensberatung hat ein Interesse wie ein Unternehmenserwerber<br />

daran, dass der Freiberufler ihr für einen angemessenen Zeitraum nach Beendigung<br />

des Vertrags (Veräußerung des Unternehmens) keine Konkurrenz<br />

macht.<br />

Bei der Unternehmensveräußerung ist es der Veräußerer, der den Wert (die<br />

Kunden) geschaffen hat, während der Erwerber schutzbedürftig ist, weil der<br />

Veräußerer den Kontakt zu den Kunden durch die Veräußerung für einen bestimmten<br />

Zeitpunkt nach Veräußerung insgesamt aufgeben muss. Denn anderenfalls<br />

bringt die Veräußerung dem Erwerber nicht den gewünschten Erfolg.<br />

Der Freiberufler hat indessen diesen Wert nicht geschaffen, weil nicht<br />

er die Kunden akquiriert hat, sondern die Unternehmensberatung. Deshalb<br />

hinkt der Vergleich.<br />

Freilich kann man die Interessen des Unternehmenserwerbers mit denen der<br />

Unternehmensberatung vergleichen: Die Unternehmensberatung hat dem<br />

Freiberufler den Kontakt zu ihrem Kunden vermittelt. Also soll der Freibe-<br />

42 LG Gießen, NJW-RR 1994, 1388.<br />

43 In der Praxis wird damit regelmäßig ein Verstoß gegen § 9 AGBG bzw. § 138 BGB<br />

gerügt. Der richtige Ansatzpunkt ist allerdings ein Verstoß gegen § 1 GWB, weil diese<br />

Rüge in erster Linie an das Handeln des Endkunden anknüpft.<br />

105


Verstoß gegen § 1 GWB<br />

rufler für einen bestimmten Zeitraum diesen Kontakt nicht allein zu seinen<br />

Gunsten ausnutzen dürfen. Dafür zahlt die Unternehmensberatung dem<br />

Freiberufler eine sehr viel höhere Vergütung als einem Festangestellten, mit<br />

dem sie ein Wettbewerbsverbot nur gegen Zusage einer Karenzentschädigung<br />

wirksam vereinbaren darf 44 . Das legt nahe, dass das Einhalten des<br />

Wettbewerbsverbots durch den Freiberufler durch die Vergütung abgegolten<br />

ist 45 .<br />

Ähnlich liegt es im Fall der Unternehmensveräußerung: Der Unternehmenserwerber<br />

bezahlt mit dem Preis für den Erwerb der Geschäftsmöglichkeiten<br />

des Unternehmens, nämlich der Kunden, gleichzeitig das Unterlassen des<br />

Wettbewerbs durch den Unternehmensveräußerer für einen bestimmten Zeitraum<br />

nach der Veräußerung. Das Unterlassen von Wettbewerb ist mithin in<br />

beiden Fällen der Hauptvertragszweck, der sich im vereinbarten Wettbewerbsverbot<br />

manifestiert, und zwar innerhalb der vereinbarten Vergütung 46 .<br />

2. Unterscheidung nach dem „Anstoß“ des Wettbewerbsverstoßes<br />

Das LG Gießen hat seine Entscheidung weiterhin damit begründet, der<br />

BGH 47 habe keinen Verstoß gegen § 1 GWB angenommen, weil das Wettbewerbsverbot<br />

den Vertragspartnern nur verbot, aktiv in den Kundenkreis<br />

des Partners einzudringen, während die passive Entgegennahme solcher<br />

Aufträge erlaubt gewesen sein solle 48 . Das LG Gießen wollte daraus wohl<br />

einen Umkehrschluss derart ziehen, dass ein Wettbewerbsverbot, das auch<br />

das passive Entgegennehmen von Aufträgen umfasst, wegen Verstoßes gegen<br />

§ 1 GWB unwirksam sei.<br />

Fraglich ist, ob diese Überlegung zulässig ist. Denn das hätte zur Folge, dass<br />

jedes Wettbewerbsverbot unwirksam ist, das nicht ausdrücklich danach unterscheidet,<br />

ob nur das aktive Zugehen auf geschützte Kunden verboten ist,<br />

44 Vgl. § 7 B).<br />

45 Vgl. § 7 B) IV. 4. d) bb) (3).<br />

46 Ähnlich Pelster, Wettbewerbsverbote in Unternehmensveräußerungsverträgen nach<br />

EG-Recht, S. 31: Unabhängig von einem vertraglichen Wettbewerbsverbot ergebe sich<br />

beim Verkauf eines Unternehmens ein gesetzliches Wettbewerbsverbot in der Regel<br />

bereits unmittelbar aus dem zu Grunde liegenden Kaufvertrag, weil es Bestandteil der<br />

Pflicht des Verkäufers sei, das zur Erreichung des Leistungsaustauschs Erforderliche<br />

zu unternehmen. Weil das gesetzliche Konkurrenzverbot sachlich zur Erreichung des<br />

Vertragszwecks durch Wettbewerbshandlungen des Veräußerers vereitelt oder in unzumutbarer<br />

Weise gefährdet werde, sei das Wettbewerbsverbot vertragsimmanent und<br />

ergebe sich aus dem Gesetz als Kehrseite der Überleitungspflichten.<br />

47 BGH DB 1957, 441.<br />

48 LG Gießen, NJW-RR 1994, 1388, unter Hinweis auf BGH BB 1975, 442 sowie OLG<br />

Hamburg, WuW/E OLG, 1785, 1788.<br />

106


Die Voraussetzungen des Kartellverbots<br />

während das passive Entgegennehmen von Aufträgen erlaubt sein müsse. In<br />

der Praxis wird dieses Argument häufig vorgetragen und damit begründet,<br />

dem Freiberufler sei kein Vorwurf zu machen, wenn der Endkunde auf ihn<br />

zukomme und ihn aktiv abwerbe.<br />

Diese Argumentation ist bedenklich. Für die Ansicht, der Endkunde habe<br />

den Anstoß für den Vertragsverstoß des Freiberuflers gesetzt, so dass dieser<br />

gar nichts anderes habe machen können, als gegen das Wettbewerbsverbot<br />

zu verstoßen, spricht zwar, dass es in der Praxis relativ häufig geschieht,<br />

dass der Endkunde den Freiberufler „zwingt“, unmittelbar für ihn tätig zu<br />

werden, damit er – der Endkunde – Kosten spart. Das ist allerdings keine<br />

Rechtfertigung für den Freiberufler, gegen das Wettbewerbsverbot mit der<br />

Unternehmensberatung zu verstoßen. Schließlich muss dieser sich nicht nötigen<br />

lassen.<br />

Das Argument, das Wettbewerbsverbot sei nur dann wirksam, wenn es ausdrücklich<br />

danach unterscheide, ob der Freiberufler den Anstoß setze oder ob<br />

das seitens des Kunden geschehe 49 , ist auch aus einem anderen Grund bedenklich.<br />

Es ist zwar richtig, dass der Kunde häufig ein starkes Interesse<br />

daran hat, sich die Fähigkeiten des Freiberuflers auf Dauer zu sichern, wenn<br />

dieser sich als tüchtig erwiesen hat. Das ändert aber nichts an der grundsätzlichen<br />

Interessenbewertung: Der Kunde hatte einen Vertrag mit der Unternehmensberatung<br />

über den Einsatz desjenigen Freiberuflers geschlossen,<br />

den er sich gewünscht hatte. Der Kunde bekam innerhalb dieses Vertrags<br />

das, was er bekommen wollte, und kann das solange bekommen, wie er will.<br />

Es besteht also kein rechtlich anerkennenswertes Interesse daran, den Kunden<br />

zu schützen.<br />

Es darf noch aus einem weiteren Grund keinen Unterschied machen, wer<br />

den Anstoß für den Vertragsverstoß setzt 50 . Denn anderenfalls wäre das unmittelbare<br />

Tätigwerden des Freiberuflers immer dann erlaubt, wenn der<br />

Kunde auf ihn zukommt 51 . Das darf nicht richtig sein, weil es um Kunden-<br />

49 Vgl. LG Gießen, NJW-RR 1994, 1388.<br />

50 Ähnlich LG Stuttgart, Urteil vom 8.2.2000, 17 O 611/99, zur Veröffentlichung vorgesehen<br />

in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>: Es komme bei der Beurteilung des<br />

Wettbewerbsverbots nicht entscheidend auf das Verhalten bzw. die Belange <strong>Dr</strong>itter an,<br />

sondern auf das künftige Verhalten des Freiberuflers.<br />

51 Ähnlich LG Heilbronn, Zahrnt (Hrsg.), ECR, LG*278 m.Anm. <strong>Erben</strong>: Das Wettbewerbsverbot<br />

sei nicht unwirksam, weil der Endkunde die Dienste des Freiberuflers<br />

nicht mehr annehmen könne, wenn er nicht am Vertragsverstoß des Freiberuflers teilnehmen<br />

wolle. Der Endkunde sei dadurch nicht wirklich behindert, weil er sich weiterhin<br />

der Dienste der übergeordneten Unternehmensberatung bedienen könne, die ihn<br />

mit anderen Mitarbeitern versorgen werde, die sich vertragstreu verhielten.<br />

107


Verstoß gegen § 1 GWB<br />

schutz geht und die Unternehmensberatung im Grundsatz ein rechtlich anerkennenswertes<br />

Interesse daran hat, ihre Kunden für sich zu schützen – das<br />

Wettbewerbsverbot liefe allerdings faktisch leer, wenn der Freiberufler sich<br />

darauf berufen dürfte, der Endkunde habe ihn abgeworben.<br />

Dieses Ergebnis wird durch eine prozessrechtliche Überlegung unterstützt:<br />

Es ist nahezu unmöglich für die Unternehmensberatung zu beweisen, dass es<br />

nicht der Freiberufler gewesen ist, der den Anstoß gesetzt hat 52 . Die Unternehmensberatung<br />

darf deshalb nur die Beweislast für den objektiven Verstoß<br />

gegen das Wettbewerbsverbot tragen, nicht die Beweislast für den Anstoß<br />

der Verletzung des Wettbewerbsverbots.<br />

3. Ergebnis<br />

Weder der Vergleich mit den Fällen der Unternehmensveräußerung noch das<br />

Argument, der Freiberufler nehme den Auftrag des Endkunden lediglich<br />

passiv entgegen, haben zur Folge, dass das Wettbewerbsverbot wegen Verstoßes<br />

gegen § 1 GWB als unwirksam einzustufen ist.<br />

C) Ungeschriebene Ausnahmetatbestände im Rahmen<br />

des § 1 GWB<br />

Wenn man ungeachtet dessen einen Verstoß gegen den Wortlaut des § 1<br />

GWB annimmt, muss man sich mit der Folgefrage auseinandersetzen, ob<br />

nicht einer der in der Rechtsprechung anerkannten ungeschriebenen Ausnahmetatbestände<br />

im Rahmen des § 1 GWB eingreift. Diese Ausnahmetatbestände<br />

werden im Folgenden im Hinblick darauf untersucht, ob sie auf das<br />

Wettbewerbsverbot zwischen Unternehmensberatung und IT-Freiberufler<br />

entsprechend Anwendung finden können.<br />

I. Vergleich mit dem Gesellschaftsrecht<br />

Es ist in der Rechtsprechung für Wettbewerbsverbote in Gesellschaftsverträgen<br />

anerkannt, dass diese vom Anwendungsbereich des § 1 GWB ausgenommen<br />

sind, soweit sie Nebenbestimmungen eines im Übrigen kartellrechtsneutralen<br />

Vertrags sind und soweit sie erforderlich sind, um den Vertragszweck<br />

zu gewährleisten 53 .<br />

Es liegt zwar zwischen der Unternehmensberatung und dem Freiberufler<br />

kein Gesellschaftsvertrag vor. Es fragt sich aber, ob die Rechtsprechung für<br />

52 Vgl. § 17 zur Problematik der Beweisführung in den Strohmann-Fällen.<br />

53 BGH NJW 1994, 384; NJW 1982, 939; Schlegelberger-Martens, HGB, § 112, Rdnr.<br />

35; Heymann/Emmerich, HGB, § 112, Rdnr. 4.<br />

108


Ungeschriebene Ausnahmetatbestände im Rahmen des § 1 GWB<br />

Wettbewerbsverbote in Gesellschaftsverträgen auf das Wettbewerbsverbot<br />

zwischen der Unternehmensberatungen und dem Freiberufler übertragen<br />

werden kann. Das bedeutete, dass § 1 GWB auf Wettbewerbsverbote zwischen<br />

der Unternehmensberatung und dem Freiberufler nicht anwendbar<br />

wäre.<br />

In den Fällen der Gesellschaftsverträge soll die Gesellschaft durch das Wettbewerbsverbot<br />

davor geschützt werden, dass ihre Mitglieder sich selbständig<br />

machen und die Kontakte, die der Gesellschaft zugute kommen sollen, illoyal<br />

zu ihren Gunsten verwerten. Ähnliches gilt im Hinblick auf Wettbewerbsverbote<br />

zwischen der Unternehmensberatung und dem Freiberufler:<br />

Das Wettbewerbsverbot ist erforderlich, damit der Vertragszweck für die<br />

Unternehmensberatung gewährleistet wird. Anderenfalls schlösse die Unternehmensberatung<br />

den Vertrag mit dem Freiberufler nicht.<br />

So wie die Rechtsprechung für Wettbewerbsverbote in Gesellschaftsverträgen<br />

die Gesellschaft schützt, muss deshalb bei Wettbewerbsverboten zwischen<br />

Unternehmensberatungen und Freiberuflern der Gedanke im Vordergrund<br />

stehen, dass die Unternehmensberatung durch das Wettbewerbsverbot<br />

ihren Fortbestand schützen will und das auch tun darf. Da die gleiche Interessenlage<br />

besteht, können diese Ausführungen auch für das Wettbewerbsverbot<br />

zwischen der Unternehmensberatung und dem Freiberufler gelten, so<br />

dass § 1 GWB auf das Wettbewerbsverbot zwischen der Unternehmensberatung<br />

und dem Freiberufler nicht anwendbar ist.<br />

II. Der Leistungsaustausch im Wettbewerbsverbot<br />

Das Wettbewerbsverbot im Vertrag zwischen der Unternehmensberatung<br />

und dem Freiberufler beinhaltet einen Austausch von Leistung und Gegenleistung<br />

und ist damit ein Austauschvertrag 54 . Für Austauschverträge gilt,<br />

dass diese dann nicht unter § 1 GWB fallen, wenn die vereinbarte Wettbewerbsbeschränkung<br />

Bestandteil des Leistungsaustauschs geworden ist und<br />

zur Erreichung des mit dem Austauschvertrag gewollten Zwecks sachlich<br />

geboten ist, so dass nur auf diese Weise der kartellrechtsneutrale Hauptzweck<br />

des Vertrags erreicht werden kann 55 .<br />

Die Frage ist dann, ob die Wettbewerbsbeschränkung im Hinblick auf die<br />

Endkunden, die § 1 GWB schützen will und auf deren Sicht es deshalb an-<br />

54 BAG BB 1968, 1288; 1984, 535; DB 1986, 178.<br />

55 Vgl. BGH NJW 1982, 2001; BB 1984, 1827; WM 1986, 1424; NJW-RR 1989, 122;<br />

Köhler, ZHR 148, 490; Schmidt DB 1979, 1174; Steindorff, BB 1981, 380; v.Gamm,<br />

NJW 1988, 1247; Michalski, BB 1991, 1877; BGH NJW-RR 1998, 1509 = ZIP 1998,<br />

1161.<br />

109


Verstoß gegen § 9 AGBG<br />

kommt 56 , Bestandteil des Leistungsaustauschs geworden ist. Dafür spricht<br />

zum Ersten, dass ein derartiger Leistungsaustausch häufig in der Praxis im<br />

Wettbewerbsverbot selbst ausdrücklich geregelt wird: Wettbewerbsverbote<br />

enthalten z.B. Formulierungen dahingehend, dass die Vergütung für die Tätigkeit<br />

des Freiberuflers so bemessen ist, dass damit auch das Wettbewerbsverbot<br />

abgegolten sei. Dafür spricht zum zweiten, dass die Unternehmensberatung<br />

den Vertrag mit dem Freiberufler ohne das Wettbewerbsverbot nicht<br />

schlösse.<br />

Das Wettbewerbsverbot ist mithin nicht wegen Verstoßes gegen § 1 GWB<br />

unwirksam. Denn es beinhaltet einen Leistungsaustausch derart, dass die<br />

Unternehmensberatung dem Freiberufler einen Kunden vermittelt und der<br />

Freiberufler dafür im Gegenzug für einen bestimmten Zeitraum nach Beendigung<br />

seines Vertrags mit der Unternehmensberatung den Wettbewerb zu<br />

diesem Kunden unterlässt.<br />

D) Ergebnis<br />

Im Hinblick auf die ordnungspolitische und die wirtschaftspolitische Steuerungsfunktion<br />

des § 1 GWB 57 wird dem Freiberufler durch das Wettbewerbsverbot<br />

nur ein unbedeutendes Marktsegment versperrt. Daran hat die<br />

Unternehmensberatung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse, weil sie<br />

dem Freiberufler den Zugang zu diesem bestimmten Marktsegment erst ermöglicht<br />

hat. Also darf sie dafür als Gegenleistung verlangen, dass der Freiberufler<br />

diese Marktchance erst nach Ablauf einer bestimmten Zeit eigenständig<br />

verwerten darf 58 .<br />

§ 9 Verstoß gegen § 9 AGBG<br />

Das Wettbewerbsverbot kann wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam<br />

sein, weil es den Freiberufler unangemessen in der Freiheit seiner Berufsausübung<br />

benachteiligt. Das setzt voraus, dass das Wettbewerbsverbot in<br />

AGB vereinbart ist und dass § 9 AGBG auf Wettbewerbsverbote überhaupt<br />

anwendbar ist. Dabei ist die unangemessene Benachteiligung allein im Verhältnis<br />

der Vertragspartner untereinander zu prüfen 59 .<br />

56 Vgl. Michalski, BB 1991, 1877 m.w.N.<br />

57 Vgl. Timm, Handels- und Wirtschaftsrecht, II, § 5, Rdnr. 4; Bechtold, GWB, Einführung,<br />

Rdnr. 41 f.<br />

58 Ähnlich BGH NJW-RR 1998, 1509 = ZIP 1998, 1161.<br />

59 § 9 hat nur im Hinblick auf die Vertragspartner untereinander Bedeutung, vgl. Brandner,<br />

in Ulmer/Brandner/Hensen, § 9, Rdnr. 32.<br />

110


Verhältnis von § 9 AGBG zu § 74 Abs. 2 HGB<br />

A) Verhältnis von § 9 AGBG zu § 74 Abs. 2 HGB<br />

In der Praxis findet sich häufig das Argument, ein nachvertragliches Konkurrenzverbot<br />

könne „entschädigungslos jedenfalls nicht wirksam in Allgemeinen<br />

Geschäftsbedingungen“ vereinbart werden. Bei dieser Argumentation<br />

wird die Tatsache, dass das Wettbewerbsverbot keine Zusage einer Karenzentschädigung<br />

enthält und deshalb möglicherweise wegen Verstoßes<br />

gegen § 74 Abs. 2 HGB unwirksam ist, mit der Frage vermengt, ob das<br />

Wettbewerbsverbot wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam ist, weil<br />

es den Freiberufler unangemessen benachteilige.<br />

Dadurch wird der Eindruck suggeriert, die Unternehmensberatung benachteilige<br />

den Freiberufler in ganz besonders unangemessenem Maße. Diese<br />

Argumentation ist nicht zulässig, weil die unangemessene Benachteiligung<br />

i.S.d. § 9 AGBG 60 nur aus Umständen hergeleitet werden darf, die nicht<br />

bereits in den Schutzbereich der §§ 74 ff. HGB fallen 61 . Für die Anwendung<br />

von § 9 AGBG oder § 138 BGB ist deshalb nur Raum, wenn das Wettbewerbsverbot<br />

nicht bereits wegen Verstoßes gegen § 74 Abs. 2 HGB unwirksam<br />

ist 62 .<br />

B) § 9 AGBG als lex specialis zu § 138 BGB<br />

Das Verhältnis von § 9 AGBG und § 138 BGB wird nicht einheitlich beurteilt.<br />

Ein möglicher Verstoß des Wettbewerbsverbots gegen die §§ 9 ff.<br />

AGBG wird nach einer Ansicht dann als vorrangig gegenüber einem möglichen<br />

Verstoß gegen § 138 BGB angesehen, wenn die Gründe der Sittenwidrigkeit<br />

nach § 138 BGB innerhalb des Schutzbereichs der §§ 9 ff. AGBG lägen<br />

63 , weil die speziellen Maßstäbe des AGBG nur dem Schutz des Vertragspartners<br />

dienten 64 . Daraus kann man folgern, dass die unmittelbare Anwendung<br />

von § 138 BGB auf Wettbewerbsverbote insoweit ausgeschlossen<br />

sei, als für die Sittenwidrigkeit daran angeknüpft wird, dass der Verwender<br />

gerade den Vertragspartner durch seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

unangemessen benachteiligt 65 . Nach dieser Ansicht sind die §§ 9 ff. AGBG<br />

leges speciales gegenüber § 138 BGB.<br />

60 Vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, § 138, Rdnr. 105.<br />

61 BAG NJW 1970, 626; 1971, 74; AP HGB § 74 Nr. 24.<br />

62 Ebenso Staudinger-Sack, BGB, § 138, Rdnr. 304.<br />

63 Mayer-Maly in MüKo-BGB, § 138, Rdnr. 8; Palandt-Heinrichs, § 138, Rdnr. 16; Erman-Palm,<br />

BGB, § 138, Rdnr. 8.<br />

64 BGH NJW 1994, 1798.<br />

65 Erman-Palm, BGB, § 138, Rdnr. 8.<br />

111


Verstoß gegen § 9 AGBG<br />

Nach der Gegenansicht ist § 138 BGB neben den §§ 9 ff. AGBG anwendbar,<br />

wenn die jeweiligen Voraussetzungen der Regelungen erfüllt sind 66 . Das<br />

wird damit begründet, dass die Wirksamkeitsschranke der Generalklausel<br />

des § 9 AGBG erheblich vor der des § 138 BGB einsetze 67 . Nach dieser Ansicht<br />

sind die §§ 9 ff. AGBG selbst dann nicht leges speciales gegenüber<br />

§ 138 BGB, wenn es um die Beurteilung von AGB-Klauseln geht, die eine<br />

unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners zum Gegenstand haben<br />

68 . Das folge aus dem unterschiedlichen Schutzzweck der Regelungen:<br />

Während die §§ 9 ff. AGBG nur den Schutz des Vertragspartners bezweckten<br />

69 , ermögliche § 138 Abs. 1 BGB einen umfassenden Schutz aller<br />

schutzwürdigen Interessen, also auch der Interessen <strong>Dr</strong>itter und der<br />

Allgemeinheit 70 .<br />

Für die zuletzt genannte Ansicht spricht entscheidend, dass die Annahme der<br />

§§ 9 ff. AGBG als leges speciales gegenüber § 138 BGB unnötige und unauflösbare<br />

Schwierigkeiten bereitet, wenn ein Vertrag sowohl Interessen des<br />

Vertragspartners als auch solche der Allgemeinheit und <strong>Dr</strong>itter verletzt 71 .<br />

Das ist beim Wettbewerbsverbot zwischen Unternehmensberatung und Freiberufler<br />

der Fall. Deshalb verdient die Ansicht, die Regelungen nebeneinander<br />

anzuwenden, den Vorzug.<br />

C) Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes<br />

Die Rechtsprechung wendet § 9 AGBG dann an, wenn die Unternehmensberatung<br />

nicht bestreitet, dass das Wettbewerbsverbot in AGB vereinbart wor-<br />

66 Brandner, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, § 9, Rdnr. 32; Soergel-Hefermehl,<br />

BGB, § 138, Rdnr. 66; Soergel-Stein, BGB, vor § 8 AGBG, Rdnr. 11; Staudinger-Sack,<br />

§ 138, Rdnr. 161 ff.; Wolff, in Wolff/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, § 9,<br />

Rdnr. 22; wohl auch Jauernig, BGB, § 138, Rdnr. 5.<br />

67 Brandner, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, § 9, Rdnr. 32.<br />

68 A.A. BGB-RGRK-Krüger-Lilandt/Zöller, § 138, Rdnr. 18, Bruse, BB 1986, 482 ff.,<br />

Bunte, WM 1984, Sonderbeilage 1, S. 3, 10 f., Erman-Brox, BGB, § 138, Rdnr. 7; Erman-Hefermehl,<br />

BGB, vor §§ 8, 9 AGBG, Rdnr. 5; Hübner, AT Rdnr. 497, Mayer-<br />

Maly in Mü-Ko-BGB, § 138 Rdnr. 8, Palandt-Heinrichs, BGB, § 138, Rdnr. 16.<br />

69 BGH NJW 1994, 1798; NJW 1987, 838; NJW 1991, 354; BB 1995, 1555; Wolf, in<br />

Festschrift für Baur, S. 153 ff., 168; Palandt-Heinrichs, BGB, § 9 AGBG, Rdnr. 7;<br />

Soergel-Hefermehl, BGB, § 138, Rdnr. 66; Habersack, Vertragsfreiheit und<br />

<strong>Dr</strong>ittinteressen, S. 176 ff.<br />

70 Wolf, in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, § 9 Rdnr. 18; Brandner, in Ulmer/Brandner/Hensen,<br />

AGB-Gesetz, § 9 Rdnr. 32; Staudinger-Sack, BGB, § 138, Rdnr. 161.<br />

71 Vgl. Staudinger-Sack, BGB, § 138, Rdnr. 161.<br />

112


Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes<br />

den sei. Fraglich ist allerdings, ob § 9 AGBG auf Wettbewerbsverbote überhaupt<br />

anwendbar ist 72 .<br />

Gegenüber der Anwendung von § 9 AGBG auf Wettbewerbsverbote ist aus<br />

verschiedenen Gründen Skepsis geboten: So beinhaltet das Wettbewerbsverbot<br />

einen Austausch von Leistung und Gegenleistung und ist damit gegenseitiger<br />

Vertrag im Sinne der §§ 320 ff. BGB 73 . Deshalb fragt sich, ob die<br />

Anwendung von § 9 AGBG nicht wegen § 8 AGBG gesperrt ist.<br />

Weiterhin ist § 9 AGBG möglicherweise nicht anzuwenden, weil die Unternehmensberatung<br />

jeden von ihr eingesetzten Freiberufler durch ein Wettbewerbsverbot<br />

binden muss, so dass das Wettbewerbsverbot notwendigerweise<br />

vorformuliert ist und deshalb möglicherweise eine Besonderheit gegenüber<br />

den allgemeinen Grundsätzen der Anwendung des AGB-Gesetzes gilt. Außerdem<br />

fragt sich, in welchem Verhältnis die Anwendung von § 9 AGBG<br />

und die von § 138 BGB zueinander stehen, sowie ob bzw. inwieweit der<br />

Prüfmaßstab im Hinblick auf die Anwendung dieser Regelungen unterschiedlich<br />

ist. Diese Fragen werden im Folgenden behandelt.<br />

I. Leistungsaustausch i.S.d. § 8 AGBG<br />

§ 8 AGBG sieht ausdrücklich vor, dass Klauseln, die Leistung und Gegenleistung<br />

betreffen, von der Inhaltskontrolle nicht umfasst sind 74 . Die Unternehmensberatung<br />

vermittelt dem Freiberufler dessen Tätigkeit bei ihrem<br />

Kunden und verlangt dafür als Gegenleistung die Einhaltung des Wettbewerbsverbots.<br />

Das Wettbewerbsverbot beinhaltet damit zwar einen Austausch<br />

von Leistung und Gegenleistung 75 . Fraglich ist aber, ob das Wettbe-<br />

72 Einen Verstoß gegen § 9 AGBG angenommen haben: LG München I, CR 1993, 766 =<br />

BB-Beilage 1993, Beil. 13, 14 m.Anm. Zahrnt = Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*121; LG<br />

München I, BB-Beilage 1996, Beil. 9, 10 m.Anm. Zahrnt = Zahrnt (Hrsg.), ECR<br />

LG*213 m.Anm. Zahrnt; OLG Frankfurt am Main, Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*269<br />

m.Anm. <strong>Erben</strong>. Einen Verstoß gegen § 9 AGBG abgelehnt haben: LG Darmstadt,<br />

Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*269 m.Anm. <strong>Erben</strong>; OLG München, Zahrnt (Hrsg.), ECR<br />

OLG*272 m.Anm. <strong>Erben</strong> unter Bestätigung der Vorinstanz: LG München I, Zahrnt<br />

(Hrsg.), ECR OLG*272 m.Anm. <strong>Erben</strong>; LG Heilbronn, Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*278<br />

m.Anm. <strong>Erben</strong>; LG Wuppertal, CR 1999, 269 f. m.Anm. <strong>Erben</strong> = Zahrnt (Hrsg.), ECR<br />

LG*300 m.Anm. <strong>Erben</strong>; LG München II, Versäumnisurteil vom 23.6.1999, 11 O<br />

3222/99, zur Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>; AG<br />

Hanau, Teil-Urteil vom 9.11.1999, 34 C 2419/99-14, zur Veröffentlichung vorgesehen<br />

in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>; LG Stuttgart, Urteil vom 8.2.2000, 17 O<br />

611/99, zur Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

73 BAG BB 1968, 1288; DB 1986, 178.<br />

74 Siehe Brandner, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, § 8 Rdnr. 8 m.w.N.<br />

75 BAG BB 1968, 1288; DB 1986, 178; Ruß in HK-HGB, § 74 Rdnr. 3.<br />

113


Verstoß gegen § 9 AGBG<br />

werbsverbot einen Austausch von Leistung und Gegenleistung im Sinne des<br />

§ 8 AGBG enthält.<br />

Ein solcher Austausch läge dann nicht vor, wenn das Wettbewerbsverbot nur<br />

eine Preisnebenabrede und keine reine Preisabrede enthielte. Gegen die Annahme<br />

einer Preisnebenabrede spricht allerdings, dass die Unternehmensberatung<br />

mit dem Wettbewerbsverbot den Kernbereich ihrer vertraglichen Tätigkeit<br />

mit dem Freiberufler regelt. Es ist fraglich, ob der Kernbereich eine<br />

bloße Nebenabrede darstellen kann.<br />

Gegen eine reine Preisabrede spricht auf der anderen Seite entscheidend,<br />

dass das Wettbewerbsverbot isoliert betrachtet keinerlei Preisabrede beinhaltet,<br />

sondern nur im Zusammenhang mit dem Vertragsverhältnis insgesamt.<br />

Diese Tatsache darf man nicht ignorieren, so dass die richtige Lösung darin<br />

besteht, Wettbewerbsverbote zwar als Austausch von Leistung und Gegenleistung<br />

im synallagmatischen Sinne anzusehen, allerdings nicht als Preisnebenabrede<br />

i.S.d. § 8 AGBG. Bei Preisnebenabreden ist die Anwendung<br />

von § 9 AGBG nicht wegen § 8 AGBG gesperrt 76 . Wettbewerbsverbote sind<br />

deshalb der Inhaltskontrolle anhand der §§ 9 ff. AGBG zugänglich.<br />

II. Notwendigkeit der Vorformulierung des Wettbewerbsverbots<br />

Die gesetzliche Voraussetzung des „Verwenden[s] für eine Vielzahl von Verträgen<br />

vorformulierter Vertragsbedingungen“ ist im Hinblick auf Wettbewerbsverbote<br />

regelmäßig erfüllt, weil die Unternehmensberatung jedem der<br />

von ihr eingesetzten Freiberufler das Wettbewerbsverbot in der identischen<br />

Formulierung auferlegt.<br />

Es stellt sich deshalb die Frage, ob § 9 AGBG auf Wettbewerbsverbote angewendet<br />

werden darf. Denn die Unternehmensberatung müsste das Wettbewerbsverbot<br />

z.B. einmal aktivisch, das andere Mal passivisch formulieren,<br />

damit dieses nicht als ”vorformulierte Vertragsbedingung” i.S.d. AGB-<br />

Gesetzes einzustufen wäre. Da es aber nur eine begrenzte Anzahl an Gestaltungsmöglichkeiten<br />

für die Unternehmensberatung gibt, hat diese faktisch<br />

im Ergebnis keine andere Möglichkeit, als eine bestimmte Formulierung<br />

standardmäßig zu verwenden. Denn die typische Unternehmensberatung in<br />

der IT-Branche arbeitet mit mindestens 60 % Freiberuflern.<br />

1. Abwägung<br />

Der tatsächliche Umstand, dass die Unternehmensberatung alle von ihr eingesetzten<br />

Freiberufler durch ein identisch formuliertes Wettbewerbsverbot<br />

76 Brandner, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, § 8 Rdnr. 21 f.<br />

114


Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes<br />

bindet, darf in rechtlicher Hinsicht nicht ignoriert werden. Deshalb bleibt es<br />

nach dem Buchstaben des Gesetzes zwar zunächst bei der Verwendung von<br />

„für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen“ (§ 1<br />

Abs. 1 S. 1 AGBG) und damit beim Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

im Rechtssinne selbst dann, wenn das Wettbewerbsverbot im<br />

individuellen Vertragsteil oder – beim vorvertraglichen Wettbewerbsverbot –<br />

als insgesamt eigenständiger Vertrag vereinbart wird.<br />

Fraglich ist aber, ob die Notwendigkeit der Vorformulierung eine andere<br />

rechtliche Bewertung erfordert. Dafür spricht, dass die Unternehmensberatung<br />

mit dem Wettbewerbsverbot den Kernbereich ihrer vertraglichen Tätigkeit<br />

mit dem Freiberufler regelt und deshalb alle von ihr eingesetzten Freiberufler<br />

wirksam binden können muss. Denn anderenfalls läuft sie Gefahr,<br />

dass die Freiberufler beim Kunden im eigenen Auftrag tätig werden. Dieser<br />

Umstand zeitigte allerdings dann keine Auswirkung, wenn der Sinn und<br />

Zweck des AGB-Gesetzes seine Anwendung auf Wettbewerbsverbote zwingend<br />

erforderten – weil der Schutzzweck des AGB-Gesetzes nicht untergraben<br />

werden darf.<br />

Der Sinn und Zweck des AGB-Gesetzes besteht darin, dem Missbrauch der<br />

Vertragsfreiheit durch Verwendung einseitig vorformulierter Vertragsbedingungen<br />

seitens des (meist) verhandlungsstärkeren Vertragspartners vorzubeugen<br />

77 . Bei der Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots zwischen Unternehmensberatung<br />

und Freiberufler besteht gegenüber dieser Interessenlage<br />

die Besonderheit, dass die Unternehmensberatung ein rechtlich anerkennenswertes<br />

Interesse an dem Wettbewerbsverbot hat. Die Unternehmensberatung<br />

will deshalb die Vertragsfreiheit nicht missbrauchen.<br />

Diese Besonderheit tritt vor Vertragsabschluss eindrucksvoll zu Tage: Das<br />

Wettbewerbsverbot ist wegen der Gefahr eines direkten Vertragsabschlusses<br />

zwischen Freiberufler und Kunde die für die Unternehmensberatung wichtigste<br />

Regelung. Die Unternehmensberatung muss deshalb mit dem Freiberufler<br />

sofort den Rahmenvertrag schließen. Das ist in der Praxis allerdings<br />

regelmäßig nicht durchführbar, weil der Freiberufler dem Kunden zeitnah<br />

vorgestellt werden muss, der Freiberufler aber den Rahmenvertrag berechtigterweise<br />

erst im Einzelnen prüfen will.<br />

Deshalb verbleibt regelmäßig nur die Möglichkeit, dass die Unternehmensberatung<br />

mit dem Freiberufler vor dem Abschluss des Rahmenvertrags ein<br />

vorvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart. Das ist der Grund dafür,<br />

dass vorvertragliche Wettbewerbsverbote in der Praxis häufig allein aus der<br />

77 Ulmer, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, Einl., Rdnr. 22 ff. m.w.N.<br />

115


Verstoß gegen § 9 AGBG<br />

Regelung des Wettbewerbsverbots bestehen. Dieses ist deshalb – naturgemäß<br />

– von der Unternehmensberatung vorformuliert und damit AGB im<br />

Rechtssinne.<br />

2. Ergebnis<br />

§ 9 AGBG ist auf das Wettbewerbsverbote einer IT-Unternehmensberatung<br />

mit den von ihr eingesetzten Freiberuflern nicht anzuwenden, wenn die Unternehmensberatung<br />

weitgehend mit Freiberuflern arbeitet, weil die Unternehmensberatung<br />

in dieser Konstellation aufgrund der Interessenlage berechtigt<br />

sein muss, alle von ihr eingesetzten Freiberufler wirksam zu binden.<br />

Deshalb ist das Wettbewerbsverbot notwendigerweise vorformuliert. Dieser<br />

tatsächliche Zwang darf der Unternehmensberatung nicht zum Nachteil geraten.<br />

Es stellt sich die Folgefrage, ob die Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes im<br />

Übrigen unberührt bleibt. Das ist angesichts dessen zu bejahen, dass auch<br />

reine Preisabreden i.S.d. § 8 AGBG lediglich von der Inhaltskontrolle der<br />

§§ 9 ff. AGBG auszunehmen sind, während die Vorschriften des AGB-<br />

Gesetzes im Übrigen anwendbar bleiben 78 . Im Hinblick auf Wettbewerbsverbote<br />

muss das erst recht gelten, weil diese nur Preisnebenabreden i.S.d.<br />

§ 8 AGBG enthalten.<br />

D) Zum Prüfmaßstab von § 9 AGBG im Verhältnis zu<br />

§ 138 BGB<br />

Es ist umstritten, ob das Merkmal der Sittenwidrigkeit i.S.d. § 138 BGB lediglich<br />

eine Form gesteigerter Rechtswidrigkeit beinhaltet und die Inhaltskontrolle<br />

nach den §§ 9 ff. AGBG im Übrigen als strenger einzustufen ist 79 .<br />

Dagegen wird eingewandt, damit werde § 138 BGB zu eng interpretiert,<br />

weil eine treuwidrige Benachteiligung eines Vertragspartners nicht gleichzeitig<br />

als vereinbar mit den guten Sitten im Sinne derselben guten Rechtsordnung<br />

angesehen werden dürfe 80 .<br />

78 Siehe Brandner, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, § 8 Rdnr. 2.<br />

79 BGHZ 94, 112 = NJW 1985, 1836; BGHZ 120, 303; BGHZ 124, 384; Brandner, in<br />

Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, § 9 Rdnr. 32; Erman-Hefermehl, BGB, vor<br />

§§ 8, 9 AGB, Rdnr. 5; Graba, in Schlosser-Coester-Waltjen/Graba, AGB-Gesetz, § 9,<br />

Rdnr. 8; Soergel-Hefermehl, BGB § 138, Rdnr. 66; Wolf in FS Baur, S. 148 f. und 168;<br />

ders. in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, § 9, Rdnr. 16.<br />

80 Staudinger-Sack, BGB, § 138, Rdnr. 163; im Ergebnis wohl auch Jauernig, BGB,<br />

§ 138, Rdnr. 5.<br />

116


Zum Prüfmaßstab von § 9 AGBG im Verhältnis zu § 138 BGB<br />

Dem begegnet die Ausgangsansicht mit dem Argument, die Sittenwidrigkeitsklausel<br />

des § 138 BGB habe in ihrem Anwendungsbereich eine umfassende<br />

Funktion, die keine mit § 9 AGBG zu füllende Lücken zulasse 81 . Daraus<br />

folge, dass die Inhaltskontrolle nach den §§ 9 ff. AGBG strenger sei als<br />

die Prüfung der Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB – allerdings beinhalte jeder<br />

Verstoß gegen § 9 AGBG erst Recht einen Verstoß gegen § 138 BGB.<br />

Der Ausgangsansicht ist zuzustimmen. Es ist vorzugswürdig, dass sich die<br />

Regelungen des AGB-Gesetzes immer, aber auch nur dann, durchsetzen,<br />

wenn diese strenger sind 82 , weil das AGB-Gesetz gegenüber der allgemeinen<br />

Regelung in § 138 BGB strengere Rechtsfolgen vorsieht: Insbesondere lässt<br />

das AGB-Gesetz nach der Rechtsprechung keine geltungserhaltende Reduktion<br />

von Vertragsklauseln zu, die wegen Übergemäßheit gegen die §§ 9 ff.<br />

AGBG verstoßen 83 .<br />

Diese Überlegung hat wichtige Folgen: Während zum Beispiel ein Bierlieferungsvertrag,<br />

der die Voraussetzungen des § 1 AGBG erfüllt, nach dem<br />

AGBG insgesamt nichtig ist, wenn er eine übermäßig lange Bezugsbindung<br />

vorsieht, wirkt sich die Tatsache, dass der gleichzeitig verwirklichte Verstoß<br />

gegen § 138 BGB nur eine geltungserhaltende Reduktion der sittenwidrig<br />

langen zeitlichen Bindung zur Folge hätte, nicht aus, weil sich insoweit die<br />

strengere Regelung des § 9 AGBG durchsetzt 84 .<br />

Allerdings fragt sich, ob der Prüfmaßstab bei der Beurteilung der Wirksamkeit<br />

von Wettbewerbsverboten bei Anwendung von § 138 BGB nicht der<br />

Gleiche ist wie bei der Anwendung von § 9 AGBG. Denn der BGH hat die<br />

Anforderungen an den Begriff der Sittenwidrigkeit bei Anwendung von<br />

§ 138 BGB auf Wettbewerbsverbote gegenüber den sonst für die Anwendung<br />

von § 138 BGB üblichen Anforderungen stark gesenkt: Nach ständiger<br />

Rechtsprechung des BGH ist ein Wettbewerbsverbot bereits dann zulässig,<br />

soweit es sich im örtlichen, zeitlichen und sachlichen Umfang im Rahmen<br />

des Angemessenen hält und durch ein schutzwürdiges Interesse des Berechtigten<br />

gefordert wird 85 .<br />

Damit ist zu fragen, wie ein Wettbewerbsverbot formuliert sein müsste, damit<br />

es einer Überprüfung anhand des AGB-Gesetzes standhielte: Wenn man<br />

nämlich die Vorgaben des BGH korrekt umsetzte, müsste das Wettbewerbs-<br />

81 Staudinger-Sack, BGB, § 138, Rdnr. 163; Hönn, JZ 1983, 677.<br />

82 Ebenso Staudinger-Sack, BGB, § 138, Rdnr. 162.<br />

83 BGHZ 84, 114 ff.; NJW 1983, 1321; WM 1985, 32; BGHZ 98, 311.<br />

84 Vgl. Staudinger-Sack, BGB, § 138, Rdnr. 162.<br />

85 BGHZ 91, 1, 6 = NJW 1984, 2366 = DB 1984, 1717; NJW 1986, 2944; BGH NJW-<br />

RR 1996, 741.<br />

117


Verstoß gegen § 138 BGB<br />

verbot mehr als auf das örtliche, zeitliche und gegenständlich notwendige<br />

Maß beschränkt sein. Die Unternehmensberatung müsste den Freiberufler<br />

also mit Samthandschuhen anfassen. Das ist im Falle eines Wettbewerbsverbots<br />

aber kaum möglich, weil das Wettbewerbsverbot dadurch seinen Sinn<br />

verlöre. Daraus folgt, dass ein Wettbewerbsverbot, das die vom BGH im<br />

Hinblick auf § 138 BGB gesteckten Anforderungen einhält, den Freiberufler<br />

nicht gleichzeitig gemäß § 9 AGBG unangemessen benachteiligen kann.<br />

Deshalb ist der Maßstab des § 9 AGBG im Hinblick auf Wettbewerbsverbote<br />

der Gleiche wie der des § 138 BGB.<br />

§ 10 Verstoß gegen § 138 BGB<br />

Die Wirksamkeit vertraglicher Wettbewerbsverbote ist zunächst nach den<br />

einschlägigen Spezialvorschriften zu beurteilen 86 . Daneben bleibt § 138<br />

BGB selbständig anwendbar. Allerdings ist die gesetzliche Wertung der<br />

Spezialvorschriften auch bei der inhaltlichen Ausführung des Begriffs „sittenwidrig“<br />

und bei der Bestimmung der Rechtsfolgen zu berücksichtigen 87 .<br />

Insbesondere darf die Sittenwidrigkeit nicht aus Umständen hergeleitet werden,<br />

die bereits in den Schutzbereich der §§ 74 ff. HGB fallen 88 . Denn das<br />

Fehlen einer angemessenen Karenzentschädigung kann zwar die Nichtigkeitsfolge<br />

nach § 74 Abs. 2 HGB herbeiführen, genügt allerdings nicht für<br />

den Vorwurf der Sittenwidrigkeit im Rahmen des § 138 BGB 89 .<br />

Im Folgenden wird die Frage behandelt, ob das Muster-Wettbewerbsverbot<br />

die Anforderungen der Rechtsprechung an die Wirksamkeit von Wettbewerbsverboten<br />

90 einhält und damit im Hinblick auf § 138 BGB wirksam ist.<br />

Die Frage, ob vom Muster-Wettbewerbsverbot abweichende Regelungen eines<br />

Wettbewerbsverbots wirksam sind bzw. wie solche Regelungen zu behandeln<br />

sind, wird nur ansatzweise behandelt. Stattdessen werden bestimmte<br />

Sonderfragen behandelt, die sich bei der Beurteilung der Wirksamkeit eines<br />

Wettbewerbsverbots aufdrängen. Dazu gehört z.B. die Frage, ob bzw.<br />

welche Ausnahmen vom Verbot der geltungserhaltenden Reduktion zulässig<br />

oder geboten sind 91 , sowie die Frage, ob ein Wettbewerbsverbot Ausnahme-<br />

86 Erman-Palm, BGB, § 138, Rdnr. 182.<br />

87 Erman-Palm, BGB, § 138, Rdnr. 182.<br />

88 BAG NJW 1970, 626; 1971, 74 AP HGB § 74 Nr. 24; Palandt/Heinrichs, BGB, § 138<br />

Rdnr. 105.<br />

89 Staudinger-Sack, BGB, § 138, Rdnr. 303.<br />

90 BGHZ 91, 1 = NJW 1984, 2366 = DB 1984, 1717; BGH NJW 1986, 2944; BGH<br />

NJW-RR 1996, 741.<br />

91 Siehe § 11.<br />

118


Spannungsfeld: Nichtigkeit de lege lata contra Rechtsgestaltung de lege ferenda<br />

fälle, für die es nicht gelten soll, ausdrücklich regeln muss und also unwirksam<br />

wäre, wenn das nicht der Fall ist 92 .<br />

A) Spannungsfeld: Nichtigkeit de lege lata contra<br />

Rechtsgestaltung de lege ferenda<br />

Der Kern der Problematik bei der Beurteilung der Wirksamkeit von Wettbewerbsverboten<br />

liegt darin zu bestimmen, wann die Grenze zur Sittenwidrigkeit<br />

bzw. unangemessenen Benachteiligung de lege lata gemäß § 138<br />

BGB überschritten wird, sowie darin, unter welchen Voraussetzungen die<br />

Rechtsprechung im Wege der Rechtsgestaltung de lege ferenda Ausnahmen<br />

vom grundsätzlichen Verbot der geltungserhaltenden Reduktion machen<br />

darf.<br />

Daraus ergibt sich im Hinblick auf die Prüfung nach § 138 BGB eine Untersuchung<br />

in drei Teilen: Es muss zum Ersten die Grenze der Zulässigkeit von<br />

Wettbewerbsverboten bestimmt werden. Es muss zum zweiten untersucht<br />

werden, unter welchen Voraussetzungen die Rechtsprechung überhaupt<br />

rechtsgestaltend tätig werden darf, wenn ein Wettbewerbsverbot die zulässige<br />

Grenze überschreitet. Es muss zum <strong>Dr</strong>itten untersucht werden, welchen<br />

Spielraum die Rechtsprechung bei der Rechtsgestaltung hat, ohne dabei den<br />

Grundsatz der Vertragsfreiheit auszuhöhlen.<br />

B) Notwendige Einschränkungen<br />

Nach dem BGH 93 sind Wettbewerbsverbote im Hinblick auf § 138 BGB nur<br />

dann wirksam, wenn sie durch ein schutzwürdiges Interesse des Berechtigten<br />

gefordert werden und sich nach ihrem örtlichen, zeitlichen und gegenständlichen<br />

Umfang im Rahmen des Angemessenen halten. Die Rechtsprechung<br />

der Instanzgerichte zur Frage, ob Wettbewerbsverbote mit IT-<br />

Freiberuflern wegen Verstoßes gegen § 138 BGB unwirksam sind, ist nicht<br />

einheitlich 94 .<br />

92 Siehe § 12 A).<br />

93 BGHZ 91, 1 = NJW 1984, 2366 = DB 1984, 1717; BGH NJW 1986, 2944; BGH<br />

NJW-RR 1996, 741 – in Palandt-Heinrichs, BGB, § 138, Rdnr. 104 nunmehr zu Recht<br />

als ständige Rechtsprechung bezeichnet.<br />

94 Einen Verstoß gegen § 138 BGB angenommen haben: LG Frankfurt am Main, BB<br />

1992, 2459 = NJW-RR 1993, 803; LG Gießen, Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*259 m.Anm.<br />

<strong>Erben</strong>. Einen Verstoß gegen § 138 BGB abgelehnt haben: LG Darmstadt, Zahrnt<br />

(Hrsg.), ECR OLG*269 m.Anm. <strong>Erben</strong>; LG Heilbronn, Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*278<br />

m.Anm. <strong>Erben</strong>; LG Wuppertal, CR 1999, 269 f. m.Anm. <strong>Erben</strong> = Zahrnt (Hrsg.), ECR<br />

119


Verstoß gegen § 138 BGB<br />

I. Rechtlich anerkennenswertes Interesse der<br />

Unternehmensberatung<br />

Es fragt sich, ob das Wettbewerbsverbot durch ein rechtlich anerkennenswertes<br />

Interesse der Unternehmensberatung gefordert wird. Die Unternehmensberatung<br />

kann ein rechtlich anerkennenswertes Interesse daran haben,<br />

dass die von ihr an den Freiberufler vermittelten Kunden vom Freiberufler<br />

für einen bestimmten Zeitraum nach Vertragsbeendigung nicht vom Freiberufler<br />

wirtschaftlich allein zu seinen Gunsten ausgenutzt werden. Allerdings<br />

ist bei der erforderlichen Abwägung zu berücksichtigen, dass der Schutz vor<br />

Konkurrenz allein kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot rechtfertigt 95 .<br />

Deshalb ist genau zu prüfen, ob ein Wettbewerbsverbot nach Zeit oder Gegenstand<br />

über das Maß hinausgeht, das zum Schutz der berechtigten Interessen<br />

des Begünstigten erforderlich ist 96 .<br />

1. Das Risiko der Einarbeitungszeit<br />

Unternehmensberatungen sind moderne Dienstleistungsunternehmen, die<br />

Lösungen für Projekte ihrer Kunden entwickeln. Diese Lösungen können in<br />

der kompletten und verantwortlichen Entwicklung von DV-Anwendungen<br />

bestehen, aber auch in der personellen Ergänzung von bestehenden Entwicklungsteams<br />

bei Kunden um bestimmtes Fachwissen, das bei diesen Kunden<br />

intern nicht vorhanden ist. Dabei tragen die Unternehmensberatungen im<br />

Verhältnis zum Kunden das Haftungsrisiko und das Risiko der Einarbeitungszeit<br />

für die von ihr beim Endkunden eingesetzten Mitarbeiter. Denn zu<br />

den Aufgaben einer Unternehmensberatung gehört es, dafür zu sorgen, dass<br />

ihre Kunden zeitnah Ersatz bekommen, wenn ein Mitarbeiter nicht mehr zur<br />

Verfügung steht.<br />

LG*300 m.Anm. <strong>Erben</strong>; LG München II, Versäumnisurteil vom 23.6.1999, 11 O<br />

3222/99, zur Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

95 Ständige Rechtsprechung: BGH NJW 1979, 1606, m.Anm. Ulmer NJW 1979, 1585;<br />

1986, 2944; 1991, 699; 1994, 386 = LM § 1 GWB Nr. 46; NJW-RR 1990, 226; 1996,<br />

741; DB 1989, 1621; BAG AP § 74a HGB Nr. 2; AP § 133 f. GewO Nr. 21, 23; NJW<br />

1996, 1365; Canaris JuS 1989, 164.<br />

96 BGH NJW 1964, 2203; NJW 1979, 1606; BGHZ 91, 1, 5 = NJW 1984, 2366 = DB<br />

1984, 1717; DB 1989, 1620, 1621; NJW 1991, 699; OLG Karlsruhe WM 1986, 1475;<br />

Melullis WRP 1994, 690 Mayer-Maly in MüKo-BGB, § 138, Rdnr. 72; Soergel-Hefermehl,<br />

BGB, § 138, Rdnr. 164; zu weitgehend Staudinger-Sack, BGB, § 138, Rdnr.<br />

304: Bei der Feststellung, ob ein Wettbewerbsverbot nach Art, Dauer und räumlichem<br />

Geltungsbereich angemessen ist, seien die wirtschaftlichen und persönlichen Belange<br />

des Verpflichteten zu berücksichtigen, insbesondere sein Alter, die beruflichen Chancen<br />

nach Ablauf des Wettbewerbsverbots, die Möglichkeit, andernorts im bisherigen<br />

Beruf weiterarbeiten zu können und Ähnliches.<br />

120


Notwendige Einschränkungen<br />

Schließlich hat der Kunde eine (seriöse) Unternehmensberatung beauftragt:<br />

Diese soll geeignete Mitarbeiter stellen. Der Kunde will sich um die Auswahl<br />

nicht kümmern. Hält der Kunde den ausgewählten Freiberufler für ungeeignet,<br />

verlangt er einen Austausch. Es ist dann Sache der Unternehmensberatung,<br />

sich um einen Nachfolger zu bemühen. Dementsprechend verlangen<br />

die Kunden häufig eine kostenlose Einarbeitungszeit zwischen vier und<br />

sechs Wochen. Dieses Risiko macht sich finanziell stark zu Lasten der Unternehmensberatungen<br />

bemerkbar. Denn kleine Unternehmensberatungen<br />

können gegenüber den von ihnen eingesetzten Freiberuflern häufig weder<br />

eine kostenlose Einarbeitungszeit durchsetzen noch eine Einarbeitungszeit,<br />

innerhalb derer sie z.B. nur 50 % der Vergütung an den Freiberufler zahlen:<br />

Der Freiberufler braucht das nicht zu akzeptieren, weil die Nachfrage größer<br />

ist als das Angebot 97 .<br />

Solange das Verlangen nach dem – kostenlosen – Austausch eines Freiberuflers<br />

nicht zur Regel wird, nimmt die Unternehmensberatung den Wunsch<br />

des Kunden hin, auch wenn dieser nicht oder nur wenig berechtigt ist: Die<br />

Unternehmensberatung will schließlich ihren Kunden nicht verlieren. Den<br />

Freiberufler kann die Unternehmensberatung häufig bei einem kurzfristigen<br />

Abbruch durch den Kunden in einem anderen Projekt bei einem anderen<br />

Kunden unterbringen.<br />

Die Endkunden arbeiten in aller Regel nur ungern direkt mit Freiberuflern<br />

zusammen, die ihre Leistungen – sei es als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer<br />

einer GmbH oder sei es als natürliche Person – allein erbringen:<br />

Es kann nämlich bei einem Ausfall des Freiberuflers zu erheblichen<br />

Termingefährdungen innerhalb eines Projekts kommen. Eine Unternehmensberatung<br />

hat für einen derartigen Fall aufgrund der langjährigen Präsenz<br />

und Tätigkeit am Markt und ihrer vielfältigen Kontakte bessere Möglichkeiten<br />

als eine Einzelperson, diese Projektsituation für den Kunden zu<br />

retten. Die Unternehmensberatungen müssen sich daran in Konkurrenz zu<br />

anderen Unternehmensberatungen messen lassen.<br />

2. Keine reine Maklertätigkeit<br />

In der Praxis wird argumentiert, das Wettbewerbsverbot sei unwirksam, weil<br />

die Unternehmensberatung mit ihrer Tätigkeit eine reine Maklertätigkeit<br />

betreibe (auch „Body-Leasing“ genannt). Dabei bleibt unklar, aufgrund welcher<br />

rechtlicher Regelung das Wettbewerbsverbot deshalb unwirksam sein<br />

soll. Denkbar ist, dass die Maklertätigkeit den Freiberufler unangemessen<br />

benachteilige, weil die Unternehmensberatung letztlich nur einen Kontakt<br />

97 Vgl. § 4.<br />

121


Verstoß gegen § 138 BGB<br />

vermittle und diese Tätigkeit sie nicht zu einem angeblich derart weitgehenden<br />

Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung des Freiberuflers berechtigen<br />

dürfe, so dass das Wettbewerbsverbot wegen Verstoßes gegen § 138<br />

BGB bzw. § 9 AGBG als unwirksam einzustufen sei.<br />

Zu dieser Argumentation ist zunächst klarzustellen, dass die Unternehmensberatungen<br />

über eigene persönliche und sachliche Mittel verfügen, mit denen<br />

sie für ihre Kunden tätig werden könnten. Denn die Unternehmensberatungen<br />

haben in aller Regel neben den Freiberuflern auch festangestellte<br />

Mitarbeiter. Diese Mitarbeiter sind allerdings häufig in bestimmten Projekten<br />

tätig und deshalb nicht zu jedem Zeitpunkt verfügbar. Unter anderem<br />

von diesem Umstand leben allerdings die Freiberufler. Deshalb darf man<br />

dieses Argument nicht gleichzeitig zu Gunsten der Freiberufler verwerten,<br />

indem man argumentiert, das Wettbewerbsverbot benachteilige den Freiberufler<br />

unangemessen.<br />

Das Argument reiner Maklertätigkeit mit der Folge einer angeblich unangemessenen<br />

Benachteiligung des Freiberuflers geht zudem aus dem Grund<br />

fehl, dass der Kontakt zum Endkunden über die Unternehmensberatung zustande<br />

kommt: Diese hat den Endkunden akquiriert. Der Freiberufler hat dafür<br />

keine Leistungen erbracht. Die Unternehmensberatung betreibt deshalb<br />

keine reine Maklertätigkeit in Form des Leasings von Personal, das sich in<br />

der einmaligen Vermittlung des Kontakts erschöpft<br />

Demgegenüber spricht einiges dafür, dass der Freiberufler das Ergebnis der<br />

Arbeit der Unternehmensberatung illoyal verwertet, wenn er die von der Unternehmensberatung<br />

begründeten und an ihn vermittelten Geschäftskontakte<br />

in der Weise ausnutzt, dass diese wirtschaftlich letztlich nur noch ihm zugute<br />

kommen 98 . Deshalb gilt zu Recht auch bei Anwendung von § 9 AGBG,<br />

dass das Verbot, vertragliche Beziehung zu anderen Auftragnehmern aufzunehmen,<br />

keine unangemessene Benachteiligung und auch keine nicht hinnehmbare<br />

Beeinträchtigung der Handlungs- und Berufsausübungsfreiheit<br />

des Freiberuflers bedeutet 99 .<br />

Der Vorwurf angeblich reiner Maklertätigkeit ändert daran nichts, sondern<br />

ist im Gegenteil bei genauer Betrachtung noch nicht einmal schlüssig: Denn<br />

selbst wenn sich die Tätigkeit der Unternehmensberatung darauf beschränkte,<br />

dem Freiberufler eine Tätigkeit zu vermitteln, hätte die Unternehmensberatung<br />

das gleiche rechtlich anerkennenswertes Interesse daran, dass der<br />

98 Ebenso OLG München, Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*272 m.Anm. <strong>Erben</strong>; LG Wuppertal,<br />

CR 1999, 269 f. m.Anm. <strong>Erben</strong> = Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*300 m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

99 BGH NJW-RR 1998, 1509 = ZIP 1998, 1161; LG Stuttgart, Urteil vom 8.2.2000, 17 O<br />

611/99, zur Veröffentlichung vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

122


Notwendige Einschränkungen<br />

Freiberufler die von ihr begründeten und an ihre Auftragnehmer vermittelten<br />

Geschäftskontakte nicht derart ausnutzt, dass diese wirtschaftlich letztlich<br />

nur ihm zugute kommen.<br />

3. Sinn und Zweck des Wettbewerbsverbots<br />

Das Wettbewerbsverbot soll die Akquisitionstätigkeit zugunsten der Unternehmensberatung<br />

absichern. Nach der in § 4 wiedergegebenen Studie haben<br />

Freiberufler als größtes Problem ihrer Tätigkeit die Akquisition von Aufträgen<br />

angegeben. Das zeigt, wie wichtig die Akquisitionsleistung der Unternehmensberatung<br />

ist. Deshalb ist es berechtigt anzunehmen, die Unternehmensberatung<br />

verfolge mit der Kundenschutzvereinbarung das legitime Ziel<br />

und rechtlich anerkennenswerte Interesse, den von ihr aufgebauten Kundenstamm<br />

zu schützen. Denn die Unternehmensberatung hat als Hauptauftragnehmer<br />

die Aufgabe der Akquisition übernommen.<br />

Der Freiberufler ist demgegenüber im Verhältnis zum Endkunden (nur) Unterauftragnehmer<br />

und hat für die Akquisition der Kunden in aller Regel keine<br />

Leistung erbracht. Könnte die Unternehmensberatung den Freiberufler<br />

nicht wirksam binden, bestünde für sie als Hauptauftragnehmer uneingeschränkt<br />

die Gefahr, dass der Freiberufler dem Kunden seine Dienste direkt<br />

anbietet oder dass der Endkunde von sich aus den Freiberufler selbständig<br />

beauftragt. Die Gefahr des unmittelbaren Tätigwerdens des Freiberuflers<br />

beim Kunden besteht bereits vor der Vorstellung des Freiberuflers beim<br />

Kunden, also noch vor Unterzeichnung des in der Praxis üblichen Rahmenvertrags<br />

zwischen der Unternehmensberatung und dem Kunden. Sie besteht<br />

während der Laufzeit des Rahmenvertrags fort – und sie besteht weiterhin<br />

nach der Beendigung des Rahmenvertrags.<br />

In allen drei Varianten hätte das unmittelbare Tätigwerden des Freiberuflers<br />

beim Kunden zur Folge, dass dieser die Dienste des Freiberuflers zumindest<br />

um den Aufschlag günstiger erhielte, den die Unternehmensberatung für ihren<br />

Aufwand und für ihre Risiken vorgesehen hat. Der Kunde wird die direkten<br />

Dienste des Freiberuflers deshalb kaum ablehnen. Er hat im Gegenteil<br />

ein starkes eigenes Interesse an einem direkten Vertragsabschluss mit<br />

dem Freiberufler, wenn dieser sich als tüchtig erwiesen hat. Schließlich spart<br />

ihm das Kosten.<br />

Gegen ein rechtlich anerkennenswertes Interesse der Unternehmensberatung<br />

am Wettbewerbsverbot kann man einwenden, dass der Freiberufler derjenige<br />

sei, der die Arbeit im Projekt beim und für den Kunden leistet: Der Freiberufler<br />

kann argumentieren, der Kunde habe den Auftrag der Unternehmensberatung<br />

nur erteilt, weil der Kunde einen Spezialisten wie den Freiberufler<br />

123


Verstoß gegen § 138 BGB<br />

gesucht habe. Die Tatsache, dass der Kunde die Dienste des Freiberuflers<br />

über die in der Praxis übliche Einarbeitungszeit hinaus wünsche, verstärkt<br />

bei dieser Betrachtungsweise das Argument, nicht die Unternehmensberatung,<br />

sondern der Freiberufler sei schutzwürdig, weil die (Weiter-<br />

)Beauftragung der Unternehmensberatung durch den Kunden allein auf der<br />

Tätigkeit des Freiberuflers im Projekt beruhe. Dementsprechend wird der<br />

Einsatz des bestimmten Freiberuflers von den Kunden in der Praxis häufig<br />

als unumstößlich angesehen 100 .<br />

Allerdings ist es die Unternehmensberatung, die das Risiko einer Schlechtleistung<br />

des Freiberuflers bis zum Ablauf der Einarbeitungszeit trägt: Der<br />

Kunde verweigert bei Schlechtleistung die Zahlung, tritt unter Umständen<br />

sogar vom Vertrag zurück oder verlangt Schadensersatz. Deshalb ist es nicht<br />

vertretbar, das Überwinden der Einarbeitungszeit als Argument zugunsten<br />

des Freiberuflers anzusehen.<br />

Ein anderes Argument zugunsten des Freiberuflers besteht nach Auffassung<br />

des LG Frankfurt am Main 101 darin, der Freiberufler werde durch das Wettbewerbsverbot<br />

unangemessen benachteiligt, weil er keinen Anspruch auf eine<br />

Beschäftigung bzw. deren Vermittlung durch die Unternehmensberatung<br />

habe. Weil er einerseits erheblichen Einschränkungen hinsichtlich seiner Berufsfreiheit<br />

unterliege, andererseits aber von der Unternehmensberatung<br />

nichts zu beanspruchen habe, weder eine Beschäftigung noch eine Entschädigung,<br />

müsse das Wettbewerbsverbot unwirksam sein.<br />

Diese Argumentation überzeugt nicht: Der Freiberufler verzichtet durch seine<br />

Freiberuflichkeit im Gegensatz zum Festangestellten auf einen Rechtsanspruch<br />

auf Beschäftigung. Weil er aber einen solchen Anspruch nicht hat,<br />

bedarf es auch keines Ausgleichs dafür in Form einer Entschädigung.<br />

4. Ausbeutung der Akquisitionsleistung<br />

Die Problematik der Akquisitionstätigkeit ist der Anknüpfungspunkt für die<br />

Frage, ob der Freiberufler gegen § 1 UWG verstößt, wenn er unter Ausschaltung<br />

der Unternehmensberatung beim Endkunden tätig wird. Nimmt<br />

man das an, wäre die Unternehmensberatung nicht auf die Wirksamkeit des<br />

mit dem Freiberufler vertraglich vereinbarten Wettbewerbsverbots angewiesen,<br />

sondern sie könnte gesetzliche Ansprüche gegen den Freiberufler geltend<br />

machen.<br />

100 Siehe § 8 B) III.<br />

101 So LG Frankfurt am Main, BB 1992, 2459 = NJW-RR 1993, 803.<br />

124


Notwendige Einschränkungen<br />

Die Unternehmensberatung müsste dann darlegen, dass das Verhalten des<br />

Freiberuflers, nämlich das Übernehmen fremder Akquisitionstätigkeit allein<br />

zu eigenen wirtschaftlichen Zwecken geschehe, so dass der Freiberufler die<br />

Akquisitionstätigkeit der Unternehmensberatung ausbeute und diese letztlich<br />

bewusst als Werkzeug be- und ausnutze 102 . In bezug auf die Beweislast<br />

könnten der Unternehmensberatung in diesem Fall Beweiserleichterungen<br />

hinsichtlich der subjektiven Tatseite dazukommen 103 . Bei dieser Auffassung<br />

verstieße der Freiberufler gegen die guten Sitten. Diese Ansicht steht mithin<br />

diametral im Gegensatz zu den Entscheidungen der Rechtsprechung, die einen<br />

Verstoß gegen die guten Sitten durch das Wettbewerbsverbot der Unternehmensberatung<br />

angenommen haben.<br />

Die Auffassung, dass der Freiberufler durch das unmittelbare Tätigwerden<br />

beim Kunden gegen § 1 UWG verstoße, ist jedenfalls dann sehr vertretbar,<br />

wenn der Freiberufler nur kurz oder gar nicht für die Unternehmensberatung<br />

bei deren Endkunden tätig wird. Anknüpfungspunkt für einen Verstoß gegen<br />

die guten Sitten i.S.d. § 1 UWG ist, dass der Freiberufler eine fremde Leistung,<br />

nämlich die Akquisitionstätigkeit der Unternehmensberatung, bewusst<br />

und gezielt ausbeutet. Die Ausbeutung fremder Leistung bzw. die Ausnutzung<br />

eines Vertragsbruchs ist eine der fünf anerkannten Fallgruppen im<br />

Rahmen des § 1 UWG 104 .<br />

5. Ergebnis<br />

Diese Überlegungen zeigen, dass die Unternehmensberatung ein erhebliches<br />

rechtlich anerkennenswertes Interesse am Wettbewerbsverbot hat: Denn<br />

selbst wenn das Handeln des Freiberuflers zwar für einen Verstoß gegen § 1<br />

UWG nicht ausreicht, ist das ein starkes Indiz dafür, dass vertragliche Regelungen<br />

eines Wettbewerbsverbots im Grundsatz erlaubt sein müssen, und<br />

zwar insbesondere auch als AGB-Regelungen.<br />

II. Zeitliche Einschränkung<br />

Wettbewerbsverbote werden entweder im Rahmenvertrag zwischen der Unternehmensberatung<br />

und dem Freiberufler vereinbart oder in einem separaten<br />

Dokument. Weil der Rahmenvertrag in der Praxis häufig erst von beiden<br />

Seiten unterzeichnet wird, wenn die Projekttätigkeit bereits begonnen hat<br />

und weil die Gefahr des unmittelbaren Tätigwerdens des Freiberuflers für<br />

102 Ähnlich BGH NJW-RR 1998, 1509 = ZIP 1998, 1161, OLG München, Zahrnt<br />

(Hrsg.), ECR OLG*272 m.Anm. <strong>Erben</strong>, unter Bestätigung des Urteils der Vorinstanz<br />

LG München I, a.a.O.; Huber/Baums in FK zum GWB, § 1, Rdnr. 581.<br />

103 Köhler/Piper, UWG, § 1, Rdnr. 306.<br />

104 Baumbach/Hefermehl, UWG, Einleitung, Rdnr. 160 ff.<br />

125


Verstoß gegen § 138 BGB<br />

den Kunden, bei dem ihn die Unternehmensberatung vorstellt, bereits bei<br />

der Bekanntgabe des konkreten Projekts beim konkreten Kunden besteht,<br />

wird das Wettbewerbsverbot häufig in einem separaten Dokument noch vor<br />

Abschluss des Rahmenvertrags vereinbart. Dieses ist das vorvertragliche<br />

Wettbewerbsverbot, jenes das hauptvertragliche. Diese Fälle werden im Folgenden<br />

getrennt behandelt.<br />

1. Zeitliche Beschränkung beim hauptvertraglichen<br />

Wettbewerbsverbot<br />

Die zulässige Grenze der zeitlichen Bindung bei einem hauptvertraglichen<br />

Wettbewerbsverbot liegt nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des<br />

BGH 105 bei zwei Jahren. Zunächst hatte der BGH Wettbewerbsverbote, die<br />

in zeitlicher oder räumlicher Hinsicht wegen Übermaßes sittenwidrig seien,<br />

insgesamt für nichtig erklärt und nicht auf das zulässige Maß reduziert, es<br />

sei denn, diese enthielten eine salvatorische Klausel 106 .<br />

Der neueren Rechtsprechung ist zuzustimmen: Die Unternehmensberatung<br />

hat zwar im Grundsatz ein rechtlich anerkennenswertes Interesse daran, den<br />

Freiberufler von den ihr akquirierten Kunden abzuschneiden, damit der<br />

Freiberufler an diesen Kunden nicht nach Beendigung des Vertrags mit der<br />

Unternehmensberatung wirtschaftlich allein verdient 107 . Dieser Zeitraum<br />

muss allerdings in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit dem Wettbewerbsverbot<br />

verfolgten Zweck stehen.<br />

Der Zweck des Wettbewerbsverbots besteht darin, den Freiberufler davon<br />

abzuhalten, unmittelbar nach Beendigung des Vertrags mit der Unternehmensberatung<br />

im eigenen Auftrag beim Endkunden tätig zu werden. Dieser<br />

Zweck wird im Zeitablauf erreicht, weil der Kontakt zwischen Freiberufler<br />

und Endkunde sich verflüchtigt 108 . Deshalb verliert die Unternehmensberatung<br />

dann das rechtlich anerkennenswerte Interesse an dem Wettbewerbsverbot,<br />

wenn der Zeitraum nicht mehr nur dazu dient, den Zweck abzusichern.<br />

Wenn der Freiberufler gute Arbeit geleistet hat, ist es möglich, dass<br />

105 BGH NJW 1994, 384; NJW-RR 1990, 226; 96, 741; unklar, ob eine Anpassung in<br />

der Bindungsdauer gemäß §§ 139, 242 zu erwägen ist, noch: BGH NJW 1979, 1606,<br />

vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, § 139 Rdnr. 13 und Wernicke BB 1990, 2209.<br />

106 BGH DB 1989, 1621 = GRUR 1989, 535; BGH NJW 1986, 2945; NJW-RR 1989,<br />

900 = DB 1989, 1621; Michalski/Römermann, NJW 1994, 886; Ulmer, in FS Steindorff<br />

799, 804 f.; Soergel-Hefermehl, BGB, § 138, Rdnr. 166; Staudinger-Sack, BGB,<br />

§ 138, Rdnr. 312.<br />

107 Siehe aber § 10 B) IV. 6 zu dem Sonderfall, dass der Freiberufler im Zeitablauf für<br />

viele Kunden der Unternehmensberatung tätig wird.<br />

108 So auch BGH NJW 1991, 699 m.w.N.; BGH NJW-RR 1998, 1509 = ZIP 1998, 1161.<br />

126


Notwendige Einschränkungen<br />

der Kontakt zwischen Freiberufler und Endkunde sich erst nach zwei Jahren<br />

verflüchtigt. Deshalb ist der Zeitraum von zwei Jahren noch angemessen.<br />

Darüber hinausgehende zeitliche Einschränkungen führen allerdings dazu,<br />

dass das Wettbewerbsverbot in zeitlicher Hinsicht übermäßig ist 109 .<br />

2. Geltung der Sperrfrist für länger als zwei Jahre<br />

zurückliegende Projekte<br />

Es stellt sich die Frage, ob die zweijährige Sperrfrist auch in bezug auf solche<br />

Kunden gilt, für die der Freiberufler vor über zwei Jahren im Auftrag<br />

der Unternehmensberatung tätig gewesen ist. Nimmt man das an, kommt in<br />

Betracht, dass das Wettbewerbsverbot wegen Verstoßes gegen § 138 BGB<br />

unwirksam ist 110 .<br />

Der Wortlaut des Muster-Wettbewerbsverbots enthält keine Einschränkung<br />

für diesen Fall. Dieses gilt nach seinem Wortlaut vielmehr für alle Kunden,<br />

für die der Freiberufler im Rahmen des Vertrags mit der Unternehmensberatung<br />

tätig geworden ist. Fraglich ist, wie das Wettbewerbsverbot im Hinblick<br />

auf diese Frage auszulegen ist. Dabei gibt es zwei hauptsächliche Argumentationslinien.<br />

a) Pro und contra<br />

Einerseits kommt in Betracht, dass die Sperrfrist mit der Beendigung des<br />

jeweiligen Projekts bei diesem Kunden für diesen bestimmten Kunden beginnt<br />

(Argumentationslinie Projektschutz). Das bedeutete, dass das Wettbewerbsverbot<br />

für diesen Kunden nach Ablauf der Sperrfrist nicht mehr gälte,<br />

auch wenn der Rahmenvertrag mit der Unternehmensberatung noch ungekündigt<br />

bestünde.<br />

Das Muster-Wettbewerbsverbot sieht allerdings vor, dass der Freiberufler<br />

während der Dauer des Rahmenvertrags nicht für solche Kunden tätig werden<br />

darf, für die er im Auftrag der Unternehmensberatung tätig geworden<br />

ist. Bei dieser Auslegung dürfte der Freiberufler mithin entgegen dem Wortlaut<br />

des Wettbewerbsverbot nach Ablauf der Sperrfrist bei diesem bestimmten<br />

Kunden tätig werden.<br />

Für diese Argumentationslinie spricht, dass der Kunde anderenfalls für die<br />

gesamte Laufzeit des Rahmenvertrags gesperrt wäre, unter Umständen also<br />

für 10 Jahre oder noch länger. Das hätte zur Folge, dass dieser bestimmte<br />

Kunde zugunsten der Unternehmensberatung für einen weit längeren Zeitraum<br />

als zwei Jahre geschützt wäre, mithin also über den Zeitraum hinaus,<br />

109 Was dann gilt, wird in § 11 A) behandelt.<br />

110 BGH NJW 1991, 699; OLG Celle, OLGZ 90, 464.<br />

127


Verstoß gegen § 138 BGB<br />

der nach der Rechtsprechung die zulässige Grenze für die Dauer des Wettbewerbsverbots<br />

bildet.<br />

Fraglich ist, ob das zulässig ist. Wenn man nämlich auf das einzelne Projekt<br />

bei einem bestimmten Kunden abstellt, kann man argumentieren, dass ein<br />

Kunde zugunsten der Unternehmensberatung und damit zu Lasten des Freiberuflers<br />

nur so lange geschützt sein dürfe, wie die Unternehmensberatung<br />

ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an dem Schutz habe: Dieses Interesse<br />

bestehe aber nur für zwei Jahre ab Beendigung des konkreten Projekts<br />

mit dem Kunden.<br />

Wenn man dagegen den Aspekt des Kundenschutzes in den Vordergrund<br />

stellt (Argumentationslinie Kundenschutz), kann man das zunächst mit dem<br />

klaren Wortlaut des Wettbewerbsverbots begründen: Dieses schützt den<br />

„Kunden“, nicht das Projekt 111 . Gegen die Argumentationslinie „Projektschutz“<br />

spricht weiterhin, dass in der Branche in der Praxis üblicherweise<br />

bei der Formulierung des Wettbewerbsverbots klargestellt wird, dass es nur<br />

„projektbezogen“ gelten soll, wenn das der Fall sein soll.<br />

b) Resultat<br />

Bei der Argumentationslinie Kundenschutz sind gemäß dem Wortlaut des<br />

Wettbewerbsverbots alle Kunden, für die der Freiberufler während der Dauer<br />

des Rahmenvertrags mit der Unternehmensberatung im Auftrag der Unternehmensberatung<br />

tätig gewesen ist, für die Dauer von zwei Jahren ab der<br />

Beendigung des Rahmenvertrags geschützt. Für diese Argumentationslinie<br />

spricht entscheidend, dass die Unternehmensberatung nicht nur das konkrete<br />

Projekt, sondern den Kunden als solchen akquiriert hat und dass sie deshalb<br />

tatsächlich ihre Akquisitionsleistung „Kunde“ schützen will, nicht nur die<br />

Akquisition des Projekts.<br />

Daran hat sie ein rechtlich anerkennenswertes Interesse, weil sie sich durch<br />

die Akquisition des Kunden die Möglichkeit geschaffen hat, Folgeaufträge<br />

dieses Kunden zu erhalten. Es geht deshalb in wirtschaftlicher Hinsicht nicht<br />

nur um das konkrete Projekt, sondern um die Geschäftsbeziehung. Das<br />

rechtfertigt es, dass die Unternehmensberatung den Kunden insgesamt für<br />

die Dauer von zwei Jahren ab Beendigung des Rahmenvertrags für sich<br />

schützt.<br />

111 Zur Unklarheit des Begriffs „Kunde“ in der Viererkonstellation siehe § 14.<br />

128


Notwendige Einschränkungen<br />

3. Zeitliche Grenze beim vorvertraglichen Wettbewerbsverbot<br />

Bei vorvertraglichen Wettbewerbsverboten stellt sich die Frage, ob der Zeitraum<br />

von zwei Jahren zu weit geht, weil bei vorvertraglichen Wettbewerbsverboten<br />

die Möglichkeit besteht, dass es zur Durchführung des Projekts ü-<br />

berhaupt nicht kommt. Denn der Kunde braucht schließlich den Auftrag<br />

nicht an die Unternehmensberatung zu erteilen und tut das in der Praxis<br />

dann nicht, wenn der Freiberufler, den die Unternehmensberatung ihm vorgestellt<br />

hat, ihm nicht geeignet erscheint, und wenn der Kunde schnell einen<br />

Freiberufler einer anderen Unternehmensberatung einsetzen kann. Deshalb<br />

muss bei vorvertraglichen Wettbewerbsverboten eine kürzere Frist gelten als<br />

bei hauptvertraglichen Wettbewerbsverboten.<br />

In der Praxis kommt es entweder sehr schnell nach Vorstellung des Freiberuflers<br />

beim Endkunden zum Vertragsabschluss zwischen der Unternehmensberatung<br />

und dem Endkunden oder gar nicht mehr. Im Hinblick darauf<br />

kann man bei vorvertraglichen Wettbewerbsverboten die Grenze, bei deren<br />

Überschreiten das rechtlich anerkennenswerte Interesse des Berechtigten an<br />

Kundenschutz im Hinblick auf § 138 BGB überschritten wird, bei sechs<br />

Monaten ziehen 112 .<br />

Das gilt auch, wenn das vorvertragliche Wettbewerbsverbot ausdrücklich<br />

nur das Projekt schützt, nicht den Kunden, weil kein rechtlicher Grund dafür<br />

ersichtlich ist, diese Fälle unterschiedlich zu behandeln. – Allerdings darf<br />

der Freiberufler in diesem Fall in einem anderen Projekt dieses Endkunde<br />

sofort unmittelbar oder über eine dritte Unternehmensberatung tätig werden.<br />

Denn in diesem Fall hat die Unternehmensberatung auf den Schutz des<br />

Kunden insgesamt erkennbar verzichtet.<br />

III. Örtliche Einschränkung<br />

Fraglich ist, ob die fehlende örtliche Beschränkung in einem Wettbewerbsverbot<br />

zu dessen Unwirksamkeit führt.<br />

112 Das LG Heilbronn, Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*278 m.Anm. <strong>Erben</strong> hatte einen Sachverhalt<br />

zu beurteilen, bei dem das vorvertragliche Wettbewerbsverbot für zwei Jahre<br />

gelten sollte. Das LG Heilbronn hat dazu im Urteil keine Stellung genommen. Richtig<br />

dürfte es sein, in einem solchen Fall die Grundsätze der Rechtsprechung über die<br />

Ausnahmen vom Verbot der geltungserhaltenden Reduktion anzuwenden. Diese gehen<br />

dahin, dass ein Wettbewerbsverbot, das nur in zeitlicher Hinsicht zu weit geht,<br />

auf das zeitliche zulässige Maß reduziert werden darf, vgl. § 11 A).<br />

129


Verstoß gegen § 138 BGB<br />

1. Örtliche Einschränkung kraft Auslegung<br />

In der Praxis enthalten Wettbewerbsverbote regelmäßig keine örtliche Beschränkung.<br />

Für die Rechtsfolge Unwirksamkeit spricht im Ansatz, dass örtliche<br />

Einschränkungen notwendig sind. Allerdings ergibt sich die örtliche<br />

Einschränkung regelmäßig kraft Auslegung des Wettbewerbsverbots durch<br />

den Sitz des Kunden. Bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen als Kunden<br />

ist eine ausdrückliche Regelung deshalb entbehrlich.<br />

Das Argument der Auslegung anhand des Sitzes des Kunden wirkt allerdings<br />

auch in die andere Richtung: Weil es (sehr) große Kunden als Endkunden<br />

gibt und weil es den Freiberufler übermäßig in der Freiheit der Berufsausübung<br />

einschränkte, wenn diese (sehr) großen Kunden für ihn insgesamt<br />

gesperrt wären, kann man auch argumentieren, dass das Muster-<br />

Wettbewerbsverbot unwirksam ist, wenn es für solche Kunden keine ausdrückliche<br />

Einschränkung enthält 113 .<br />

Die Problematik soll an folgendem Beispiel verdeutlicht werden: Die Deutsche<br />

Post AG hat 1999 eine interne Untergliederung in ‚Frachtpost‘ und<br />

‚Briefpost‘ gehabt. Beide haben IT-Abteilungen, die Frachtpost in Darmstadt<br />

und Trier, die Briefpost u.a. in München und Hannover (so genannte<br />

Anwendungsentwicklungszentren). Es gab also innerhalb des Kunden im<br />

Sinne des Wettbewerbsverbots „Deutsche Post AG“ zunächst einmal die<br />

große Aufteilung in Frachtpost und Briefpost, sodann die untergeordnete<br />

Aufteilung in verschiedene Anwendungsentwicklungszentren.<br />

Bezogen auf das Wettbewerbsverbot stellt sich die Frage, ob ein Freiberufler,<br />

der innerhalb der Frachtpost im Anwendungsentwicklungszentrum Trier<br />

tätig gewesen ist, einen Auftrag über eine andere Unternehmensberatung<br />

bzw. direkt bei der Deutschen Post im Anwendungsentwicklungszentrum<br />

Darmstadt innerhalb der Frachtpost übernehmen darf. Es stellt sich weiterhin<br />

die Frage, ob der Freiberufler nach Beendigung seiner Tätigkeit innerhalb<br />

der Frachtpost anschließend innerhalb der Briefpost – also unabhängig<br />

vom Sitz des Anwendungsentwicklungszentrums – tätig werden darf. Dürfte<br />

er beides nicht, wäre die Deutsche Post AG bundesweit für zwei Jahre gesperrt.<br />

2. Stellungnahme<br />

Die Unternehmensberatung hat zwar ein starkes Interesse an einer bundesweiten<br />

Sperrung auch (sehr) großer Endkunden. Die Existenzgrundlage des<br />

Freiberuflers wird dadurch indessen empfindlich eingeschränkt. Es geht<br />

113 Vgl. § 12 A).<br />

130


Notwendige Einschränkungen<br />

deshalb zu weit, wenn solche (sehr) großen Endkunden insgesamt für den<br />

Freiberufler gesperrt wären.<br />

In der Praxis wird das Problem nur teilweise dadurch entschärft, dass (sehr)<br />

große Endkunden ihre IT-technischen Organisationseinheiten häufig bundesweit<br />

nur an einer bzw. an wenigen Stellen konzentriert bzw. zentralisiert<br />

haben. Denn dann stellt sich die Frage, ob das Wettbewerbsverbot innerhalb<br />

eines Standortes – z.B. innerhalb von Frankfurt am Main – gilt, wenn der<br />

große Endkunde seine IT-Abteilung in verschiedene Abteilungen und damit<br />

verschiedene Standorte (Adressen) innerhalb des Standorts Frankfurt am<br />

Main aufgegliedert hat 114 . In diesem Fall darf das Wettbewerbsverbot den<br />

obigen Ausführungen entsprechend nur für die jeweilige Abteilung gelten,<br />

für die der Freiberufler tätig geworden ist, weil es ansonsten eine übermäßige<br />

Benachteiligung des Freiberuflers beinhaltete.<br />

Die Lösung darf andererseits nicht darin bestehen, dass die Unternehmensberatung<br />

im Wettbewerbsverbot selbst alle Kunden mit ihrem Sitz bzw. der<br />

Abteilung aufführen müsse, für die das Wettbewerbsverbot gelten solle.<br />

Denn es muss genügen, wenn die Unternehmensberatung diese Klarstellung<br />

im jeweiligen projektbezogenen Einzelauftrag vornimmt. Das ist ihr zuzumuten,<br />

weil die Konsequenzen für den Freiberufler für den Fall, dass die<br />

Unternehmensberatung diese Aufzählung unterlässt, gravierend sind. Weil<br />

der Unternehmensberatung diese Aufzählung im Einzelauftrag zuzumuten<br />

ist, ist als Kunde jeweils nur die im Wettbewerbsverbot genannte juristische<br />

Person mit ihrem Sitz geschützt, nicht aber deren Tochterunternehmen,<br />

wenn die Unternehmensberatung die Konkretisierung im Einzelauftrag unterlässt.<br />

Dieses Ergebnis kann man auch über die Grundsätze der Ausnahme vom<br />

grundsätzlichen Verbot der geltungserhaltenden Reduktion begründen. Es<br />

besteht nämlich für den Fall der örtlichen Übergemäßheit die gleiche Interessenlage<br />

wie bei der notwendigen und anerkannten geltungserhaltenden<br />

Reduktion bei einer zeitlichen Übergemäßheit des Wettbewerbsverbots 115 .<br />

IV. Sachliche (gegenständliche) Einschränkung<br />

Rechtsprechung und Literatur verwenden für Beschränkungen, die nicht rein<br />

zeitlicher oder örtlicher Art sind, entweder den Begriff „sachliche“ oder<br />

„gegenständliche“ Beschränkung. Im folgenden wird für Beschränkungen<br />

114 Das kommt in der Praxis häufig vor: Die IT-Tochter der Deutschen Bank – GEFM –<br />

z.B. hat 1999 in Frankfurt vier verschiedene Abteilungen gehabt.<br />

115 Vgl. Melullis, WRP 1994, 692; Traub, WRP 1994, 802, 805 f.; OLG Hamm NJW-RR<br />

1993, 1314; Staudinger-Sack, BGB, § 138, Rdnr. 312.<br />

131


Verstoß gegen § 138 BGB<br />

dieser Art einheitlich der Begriff „sachliche“ Beschränkung verwendet. Das<br />

Muster-Wettbewerbsverbot enthält eine bestimmte sachliche Beschränkung,<br />

nämlich die, dass es nur für solche Kunden gilt, für die der Freiberufler im<br />

Rahmen des Vertrags mit der Unternehmensberatung tätig geworden ist.<br />

1. Fehlen sachlicher Einschränkung<br />

Fehlt eine sachliche (und örtliche) Beschränkung insgesamt, ist nach einem<br />

Urteil des OLG Hamm bereits eine zeitliche Dauer von ein oder zwei Jahren<br />

unzulässig 116 . Dem ist zuzustimmen. Denn ohne sachliche Beschränkung<br />

gälte das Wettbewerbsverbot für alle Kunden der Unternehmensberatung.<br />

An einem derart weitgehenden Kundenschutz besteht für die Unternehmensberatung<br />

kein rechtlich anerkennenswertes Interesse. Wettbewerbsverbote,<br />

die überhaupt keine sachliche Einschränkung enthalten, sind deshalb<br />

wegen Übergemäßheit und damit wegen Verstoßes gegen § 138 BGB unwirksam.<br />

Eine geltungserhaltende Reduktion kommt in diesem Fall nicht in<br />

Betracht, weil derjenige, der seinen Vertragspartner derart stark benachteiligt,<br />

keinen Schutz verdient 117 .<br />

2. Der Fall des OLG München<br />

Fraglich ist, ob Wettbewerbsverbote wirksam sind, wie das, das dem vom<br />

OLG München 118 entschiedenen Sachverhalt zugrunde lag: Die Unternehmensberatung<br />

hatte dem Freiberufler ein Wettbewerbsverbot auferlegt, nach<br />

dem dieser nicht ohne schriftliches Einverständnis der Unternehmensberatung<br />

in dem Bereich dieses Projekts (Mobilfunk D1) und gleicher Mitbewerberprojekte<br />

beim Kunden der Unternehmensberatung sowie deren Auftraggeber<br />

tätig werden durfte.<br />

Es besteht zwar für die Unternehmensberatung ein Interesse daran, nicht nur<br />

diejenigen Kunden zu ihren Gunsten zu schützen, für die der Freiberufler im<br />

Rahmen des Vertrags mit der Unternehmensberatung tätig gewesen ist, sondern<br />

darüber hinaus auch alle anderen Auftraggeber. Allerdings weiß der<br />

Freiberufler gar nicht, welche anderen Auftraggeber die Unternehmensberatung<br />

hat. Schon das spricht gegen die Wirksamkeit dieses Wettbewerbsverbots.<br />

Die Einschränkung des Wettbewerbsverbots, dass es nur für das Projekt<br />

Mobilfunk D1 und gleiche Mitbewerberprojekte gelten solle, ändert nichts<br />

116 OLG Hamm ZIP 1988, 1255.<br />

117 Vgl. BGH WiB 1997, 1028; Römermann, Nachvertragliche Wettbewerbsverbote bei<br />

Freiberuflern, BB 1998, 1490.<br />

118 OLG München, BB 1997, 224 = Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*293 m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

132


Notwendige Einschränkungen<br />

an dieser Beurteilung. Denn der Bereich Mobilfunk D1 ist ein eng begrenzter<br />

Bereich. Dieser Bereich wird für den Freiberufler im konkreten Fall insbesondere<br />

deshalb im Ergebnis insgesamt gesperrt, weil auch Mitbewerberprojekte<br />

unter den Schutz des Wettbewerbsverbots fallen sollen. Der Freiberufler<br />

hätte deshalb in diesem Bereich faktisch für die Dauer des Wettbewerbsverbots<br />

überhaupt nicht tätig werden dürfen. An einem derart weitgehenden<br />

Schutz hat die Unternehmensberatung kein rechtlich anerkennenswertes<br />

Interesse.<br />

3. Sachliche Beschränkung im Muster-Wettbewerbsverbot<br />

Die Interessenabwägung führt zu dem Ergebnis, dass die Unternehmensberatung<br />

an einem Wettbewerbsverbot, das dem Freiberufler verbietet, für<br />

Kunden tätig zu werden, für die er im Auftrag der Unternehmensberatung<br />

tätig geworden ist, ein rechtlich anerkennenswertes Interesse hat 119 . Dem<br />

trägt das Muster-Wettbewerbsverbot Rechnung. Die Einschränkung auf bestimmte<br />

Kunden enthält mithin bereits eine starke Einschränkung für ein<br />

Wettbewerbsverbot.<br />

Dieses rechtlich anerkennenswerte Interesse der Unternehmensberatung am<br />

Schutz derjenigen Kunden, für die der Freiberufler im Auftrag der Unternehmensberatung<br />

tätig gewesen ist, beinhaltet damit bereits die notwendige<br />

sachliche Einschränkung des Wettbewerbsverbots, so dass die folgende kausale<br />

Verknüpfung besteht: Weil die Unternehmensberatung ein rechtlich anerkennenswertes<br />

Interesse am Schutz derjenigen Kunden hat, für die der<br />

Freiberufler im Auftrag der Unternehmensberatung tätig geworden ist, ist<br />

die sachliche Beschränkung des Wettbewerbsverbots auf diese Kunden<br />

zwingend wirksam.<br />

Keine sachliche Einschränkung enthält demgegenüber die in der Praxis häufig<br />

vorkommende Regelung, dass das Wettbewerbsverbot den Freiberufler<br />

nur insoweit binde, wie es schutzwürdige, berechtigte Interessen der Unternehmensberatung<br />

berührte: Das ist keine Einschränkung eines Wettbewerbsverbots,<br />

sondern Voraussetzung für die Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots.<br />

Es fragt sich, ob für bestimmte Fälle Ausnahmen von dem Grundsatz geboten<br />

sind, dass das Muster-Wettbewerbsverbot eine wirksame sachliche Beschränkung<br />

enthält. Der erste Fall geht dahin, dass der Freiberufler auf einen<br />

bestimmten Bereich spezialisiert ist. Weiterhin ist zu fragen, ob eine nur<br />

sehr kurze Tätigkeit nur für einen Endkunden der Unternehmensberatung<br />

eine Ausnahme gebietet; außerdem, ob eine Einschränkung bei einer sehr<br />

119 Siehe § 10 B) I.<br />

133


Verstoß gegen § 138 BGB<br />

langen Tätigkeit für sehr viele Endkunden der Unternehmensberatung gefordert<br />

ist. Schließlich fragt sich, wie es zu bewerten ist, dass der Freiberufler<br />

beim Endkunden im Zuge der unmittelbaren Tätigkeit für diesen eine andere<br />

Tätigkeit ausübt als er das bis dahin im Auftrag der Unternehmensberatung<br />

getan hatte. Diese Fragen werden im Folgenden behandelt.<br />

a) Spezialisierung des Freiberuflers<br />

Das Argument, die Spezialisierung des Freiberuflers führe dazu, dass dieser<br />

durch das Wettbewerbsverbot mit der Unternehmensberatung in besonderem<br />

Maße benachteiligt werde, ist zu hinterfragen. Denn aus der Spezialisierung<br />

folgt gerade nicht automatisch die Schutzbedürftigkeit des Freiberuflers, wie<br />

man auf den ersten Blick annehmen könnte: Schließlich ist niemand gezwungen,<br />

sich zu spezialisieren. Insbesondere wird niemand gezwungen,<br />

sich hochgradig zu spezialisieren und damit nur noch einen ganz bestimmten<br />

Tätigkeitsbereich effektiv ausüben zu können.<br />

Es ist deshalb kontraproduktiv, wenn man die bewusst gewollte hochgradige<br />

Spezialisierung des Freiberuflers als Argument dafür verwertet, das Wettbewerbsverbot<br />

benachteilige den Freiberufler unangemessen und sei deshalb<br />

unwirksam, zumal die hochgradige Spezialisierung typischerweise mit einem<br />

(sehr) viel höheren Einkommen verbunden ist.<br />

Außerdem ist vom Tatsächlichen her zweifelhaft, ob ein Freiberufler derart<br />

hochgradig spezialisiert ist, dass man ihn als „unersetzlich“ für den Endkunden<br />

einstufen müsste 120 . Dafür, dass Spezialisten unersetzlich sein können,<br />

spricht zwar, dass der bei einem Endkunden eingesetzte Freiberufler die<br />

Verhältnisse beim Kunden kennt. Andererseits ist es gerade Merkmal eines<br />

jeden Spezialisten, dass dieser sich innerhalb einer – kurzen – Zeit in die<br />

konkreten Probleme bei einem bestimmten Kunden einarbeiten kann. Der<br />

Kunde darf das in einer modernen Dienstleistungsgesellschaft von einem<br />

Spezialisten auch erwarten, so dass aus diesem Gesichtspunkt kaum eine<br />

Unersetzlichkeit des Freiberuflers hergeleitet werden darf.<br />

b) Kurze Tätigkeit für einen Endkunden<br />

Es fragt sich, wie es zu bewerten ist, dass der Freiberufler nur sehr kurz und<br />

nur für einen Kunden der Unternehmensberatung tätig gewesen ist 121 . Für<br />

die Unternehmensberatung macht es im Hinblick auf ihr Interesse an Kundenschutz<br />

keinen Unterschied, ob der Freiberufler nur sehr kurz oder sehr<br />

lange bei einem ihrer Kunden eingesetzt war. Denn die Gefahr der Abwer-<br />

120 Vgl. § 8 B) III. 1.<br />

121 Vgl. LG Frankfurt am Main, DB 1992, 2459 = NJW-RR 1993, 803.<br />

134


Notwendige Einschränkungen<br />

bung des Freiberuflers besteht auch, wenn dieser nur sehr kurz bei einem<br />

Endkunden tätig war, wie der dem Urteil des OLG München 122 zugrunde gelegene<br />

Sachverhalt eindrucksvoll zeigt: Hier hatte der Freiberufler an einer<br />

zweiwöchigen Schulung im Hinblick auf das geplante Projekt beim Endkunden<br />

teilgenommen. Nach Beendigung der Schulung – also noch vor<br />

Durchführung des eigentlichen Projekts – wurde er direkt beim Endkunden<br />

tätig 123 .<br />

Die nur sehr kurze Tätigkeit für nur einen Endkunden gebietet mithin keine<br />

Ausnahme im Hinblick auf die sachliche Einschränkung des Wettbewerbsverbots.<br />

Dieses gilt vielmehr vollumfänglich auch für diesen Sonderfall.<br />

c) Lange Tätigkeit für viele Endkunden<br />

Wenn der Freiberufler über die gleiche Unternehmensberatung unmittelbar<br />

nach Beginn seiner Tätigkeit für die Unternehmensberatung oder im Zeitablauf<br />

für viele verschiedene Endkunden tätig wird, fragt sich, ob diese alle<br />

vom Wettbewerbsverbot umfasst sind. Zu Recht hat das LG Frankfurt am<br />

Main 124 ausgeführt, dass zu berücksichtigen sei, dass die Tätigkeit des Freiberuflers<br />

zur gleichen Zeit bei mehreren Endkunden möglich ist.<br />

Diese Frage ist in § 7 B) II. im Hinblick auf einen möglichen Verstoß des<br />

Wettbewerbsverbots gegen § 74 Abs. 2 HGB behandelt worden. Im Hinblick<br />

auf einen möglichen Verstoß gegen § 138 BGB gelten demgegenüber keine<br />

Besonderheiten: Die grundsätzliche Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots<br />

wird dadurch nicht berührt. Allerdings darf sich die Unternehmensberatung<br />

in diesem Fall dann nicht auf ihr Wettbewerbsverbot berufen, wenn der<br />

Freiberufler für viele (sehr) große Endkunden tätig wird 125 .<br />

d) Freiberufler übt andere Tätigkeit beim Endkunden aus<br />

Freiberufler argumentieren in der Praxis häufig, sie nähmen beim Endkunden<br />

nunmehr eine andere Aufgabe wahr: Für die Unternehmensberatung liege<br />

deshalb (gar) keine Konkurrenzsituation vor. Dieses Argument setzt voraus,<br />

dass man der Argumentationslinie Projektschutz folgt 126 . Es ist allerdings<br />

der Argumentationslinie Kundenschutz der Vorzug zu geben 127 , weil<br />

122 OLG München, Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*272 m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

123 Vgl. § 13 A) I für die ähnliche Argumentation, das Wettbewerbsverbot sei unwirksam,<br />

weil die hohe Mindestvertragsstrafe auch für nur geringfügige Verstöße fällig<br />

werde.<br />

124 LG Frankfurt am Main, DB 1992, 2459 = NJW-RR 1993, 803.<br />

125 Vgl. § 7 B) II.<br />

126 Siehe § 10 B) II. 2. a).<br />

127 Vgl. § 10 B) II. 2. b).<br />

135


Zulässigkeit von Ausnahmen vom Verbot der geltungserhaltenden Reduktion<br />

das Wettbewerbsverbot den Kunden schützt, wenn es nicht ausdrücklich auf<br />

das Projekt beschränkt ist. Aus diesem Grund kommt es nicht darauf an, ob<br />

der Freiberufler nunmehr eine andere Tätigkeit ausübt 128 .<br />

4. Ergebnis<br />

Die Spezialisierung des Freiberuflers führt nicht dazu, dass das Wettbewerbsverbot<br />

diesen übermäßig benachteiligt. Das gleiche gilt im Hinblick<br />

darauf, dass der Freiberufler eine andere Tätigkeit bei dem vom Wettbewerbsverbot<br />

geschützten Endkunden ausübt. Auch die weiteren dargestellten<br />

Anknüpfungspunkte für eine mögliche übermäßige Beeinträchtigung der<br />

Berufsausübungsfreiheit des Freiberuflers greifen im Ergebnis nicht durch.<br />

Die sachliche Einschränkung im Muster-Wettbewerbsverbot, das dieses nur<br />

für diejenigen Kunden gilt, für die der Freiberufler im Rahmen des Vertrags<br />

mit der Unternehmensberatung tätig geworden ist, enthält mithin eine angemessene<br />

sachliche Beschränkung.<br />

§ 11 Zulässigkeit von Ausnahmen vom Verbot der<br />

geltungserhaltenden Reduktion<br />

Es stellt sich die Frage, ob ein wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG oder gegen<br />

§ 138 BGB zu weitgehendes Wettbewerbsverbot auf das zulässige Maß<br />

reduziert werden darf oder ob es bei der Rechtsfolge Gesamtnichtigkeit<br />

bleibt. Problematisch ist das insbesondere im Hinblick auf § 9 AGBG. Nach<br />

der Rechtsprechung und einem Teil der Literatur ist die geltungserhaltende<br />

Reduktion als regelmäßige Rechtsfolge der Kontrolle anhand des AGB-<br />

Gesetzes im nicht-kaufmännischen und kaufmännischen Geschäftsverkehr<br />

abzulehnen 129 . Nach der Gegenansicht sind Ausnahmen vom Verbot der geltungserhaltenden<br />

Reduktion auch im Rahmen der §§ 9 ff. AGBG möglich 130 .<br />

128 Ebenso LG Wuppertal, CR 1999, 269 f. m.Anm. <strong>Erben</strong> = Zahrnt (Hrsg.), ECR<br />

LG*300 m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

129 BGHZ 84, 114 ff. = NJW 1982, 2309; BGHZ 90, 73 = NJW 1984, 1177; BGHZ 92,<br />

314 = NJW 1985, 319; BGHZ 96, 25 = NJW 1986, 1610; BGHZ 115, 326; BGH<br />

WM 1993, 26; WM 1996, 1050; Sorgel-Hefermehl, BGB, § 139, Rdnr. 61; Ulmer,<br />

NJW 1981, 2028; Schmidt, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, § 6, Rdnr. 14<br />

ff. m.w.N.<br />

130 Canaris, FS Steindorff, S. 547 ff.; Hager, Gesetzes- und sittenkonforme Auslegung<br />

und Aufrechterhaltung von Rechtsgeschäften, S. 72 f., 200 f.; ders., JuS 1985, 267;<br />

ders., JZ 1996, 175; von Mettenheim, FS Piper, S. 950; Witte, Inhaltskontrolle und<br />

deren Rechtsfolgen im System der Überprüfung Allgemeiner Geschäftsbedingungen,<br />

136


Gründe für das grundsätzliche Verbot der geltungserhaltenden Reduktion<br />

A) Gründe für das grundsätzliche Verbot der<br />

geltungserhaltenden Reduktion<br />

In Rechtsprechung und Literatur werden im wesentlichen drei Gründe für<br />

das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion angeführt. Zum Ersten widerspreche<br />

es dem Konzept des § 138 BGB, den gegen die guten Sitten Handelnden<br />

einen Teilerfolg zu belassen, weil man nicht unterstellen dürfe, dass<br />

sich die Vertragspartner bei Kenntnis der Nichtigkeit ihrer Regelung auf eine<br />

ihrer Ansicht nach zulässige Regelung geeinigt hätten, wenn hierfür kein<br />

mutmaßlicher übereinstimmender Wille festzustellen sei 131 . Zum zweiten<br />

mildere die Möglichkeit von Umdeutungen das Risiko der Eingehung sittenwidriger<br />

Geschäfte; das dürfe nicht sein 132 . Zum <strong>Dr</strong>itten solle die missbilligte<br />

privatautonome Regelung nicht durch richterliche Gestaltung ersetzt<br />

werden 133 .<br />

B) Anerkannte Ausnahmen<br />

Es gibt bestimmte Bereiche, in denen Ausnahmen vom Verbot der geltungserhaltenden<br />

Reduktion ausdrücklich anerkannt sind. Bei Verstößen gegen<br />

Preisvorschriften erhält die Rechtsprechung z.B. das Rechtsgeschäft grundsätzlich<br />

mit dem zulässigen Preis aufrecht 134 . In § 8 Abs. 2 Wohnungsbindungsgesetz<br />

135 ist die Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der geltungserhaltenden<br />

Reduktion die gesetzliche Regel. Aufrechterhalten wird nach<br />

der Rechtsprechung auch ein Mietvertrag, bei dem die Höhe des Mietzinses<br />

gegen § 138 BGB verstößt 136 . Das gleiche gilt für überhöhte Prämien der<br />

Kfz-Versicherer sowie bei Abweichungen von den Prämien der Kraftfahrzeugpflichtversicherung<br />

137 .<br />

Diss. Münster 1983, S. 98 ff.; Schmidt, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz,<br />

§ 6, Rdnr. 14 ff.<br />

131 OLG Celle NJW 1959, 1972.<br />

132 BGHZ 68, 207.<br />

133 Flume, AT, § 18, 9.<br />

134 Siehe Palandt-Heinrichs, BGB § 134, Rdnr. 27 m.w.N.<br />

135I.d.F. vom 19.8.1994, BGBl. I 2166 und in § 4 der Honorarordnung für Architekten<br />

und Ingenieure i.d.F. vom 4.3.1991, BGBl. I 533 HOAI.<br />

136 BGH NJW 1984, 722 m.Anm. Hager; Hager JuS 1985, 264; LG Köln, NJW 1965,<br />

157.<br />

137 OLG Koblenz, Versicherungsrecht 1976, 977. Palandt-Heinrichs, BGB, § 134, Rdnr.<br />

27, gibt einen Überblick über weitere Ausnahmen: An die Stelle der unwirksamen<br />

Miete tritt (allerdings nicht die gerade noch zulässige, sondern) die ortsübliche Miete.<br />

Bei Überschreitung der Sätze der HOAI gelten deren Höchstsätze (BGH NJW-RR<br />

1990, 276, KG NJW-RR 1990, 91). Das gleiche gilt bei Honorarvereinbarungen von<br />

137


Zulässigkeit von Ausnahmen vom Verbot der geltungserhaltenden Reduktion<br />

Eine geltungserhaltende Reduktion kommt auch bei Scheindienst- oder<br />

Scheinwerkverträgen in Betracht: Solche Verträge können unter Heranziehung<br />

von § 139 BGB als Arbeitsverträge zu den im Beschäftigungsunternehmen<br />

geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen reduziert werden.<br />

Dabei werden die durch nichtige Bestimmungen entstehenden Lücken durch<br />

gesetzliche Regelungen oder die Verkehrssitte ausgefüllt, soweit nicht Tarifnormen<br />

oder eine Betriebsvereinbarung eingreifen 138 .<br />

Bei Wettbewerbsverboten können in zeitlicher Hinsicht zu weitgehende<br />

Wettbewerbsverbote auf das zeitlich angemessene Maß zurückgeführt werden,<br />

allerdings nur, wenn allein das zeitliche Maß unangemessen ist 139 . Die<br />

schwierige und ungeklärte Frage ist die, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen<br />

sachlich zu weitgehende und damit wegen Verstoßes gegen § 138<br />

BGB nichtige Regelungen möglicherweise geltungserhaltend reduziert werden<br />

dürfen 140 .<br />

C) Eigener Ansatz<br />

Dafür, dass Ausnahmen vom Verbot der geltungserhaltenden Reduktion in<br />

bezug auf das Wettbewerbsverbot zwischen Unternehmensberatung und<br />

Freiberufler zulässig sind, spricht zunächst der Wortlaut verschiedener gesetzlicher<br />

Regelungen zum Wettbewerbsrecht.<br />

I. Wettbewerbsrechtliche Regelungen<br />

In § 74a HGB heißt es für das Wettbewerbsverbot mit Arbeitnehmern:<br />

„Das Wettbewerbsverbot ist insoweit unverbindlich,<br />

als es nicht zum Schutze eines berechtigten<br />

geschäftlichen Interesses des Prinzipals dient. Es<br />

ist ferner unverbindlich, soweit es unter Berücksichtigung<br />

der gewährten Entschädigung nach<br />

Rechtsanwälten (BGHZ 18, 349; NJW 1980, 2407) sowie bei Erschließungsabreden,<br />

die gegen die in § 129 BauGB enthaltene Kostenbeteiligung der Gemeinde verstoßen<br />

(BGHZ 65, 370).<br />

138 Schaub, Arbeitsrecht, § 35 II 6; MünchArbR/Richardi § 44, Rdnr. 71.<br />

139 BGH NJW 1964, 2203; 1968, 1717; NJW 1979, 1606; 1991, 699; DB 1990, 2588,<br />

NJW-RR 1996, 742; OLG Zweibrücken, NJW-RR 1990, 483; OLG München NJW-<br />

RR 1997, 873; OLG Hamm, NJW-RR 1993, 1314; LAG Düsseldorf, NZA-RR 1998,<br />

58; Hirte, ZHR 154, 449 f.; Melullis, WRP 1994, 692; Staudinger-Sack, BGB, § 138,<br />

Rdnr. 182; Traub, WRP 1994, 805 f.; Erman-Palm, BGB, § 138, Rdnr. 182.<br />

140 Bei Konzernen kann das Wettbewerbsverbot auch in örtlicher Hinsicht zu weit gehen.<br />

Dieser Sonderfall ist sachgerecht im Wege der objektiven Auslegung zu lösen,<br />

vgl. § 10 B) III. 2.<br />

138


Eigener Ansatz<br />

Ort, Zeit oder Gegenstand eine unbillige Erschwerung<br />

des Fortkommens des Gehilfen enthält.“<br />

(Hervorhebung vom Autor.)<br />

Im Hinblick auf die Regelung in Satz 2 dieser Vorschrift ist anerkannt, dass<br />

das Wettbewerbsverbot mit dem abgemilderten Maß wirksam bleiben<br />

kann 141 .<br />

In § 16 GWB 142 ist vorgesehen, dass die Kartellbehörde Vertriebsbeschränkungen<br />

für unwirksam erklären kann, „soweit“ sie einen Vertragsbeteiligten<br />

unter bestimmten weiteren Voraussetzungen beschränken „und soweit durch<br />

das Ausmaß solcher Beschränkungen der Wettbewerb auf dem Markt für<br />

diese oder andere Waren oder gewerbliche Leistungen wesentlich beeinträchtigt<br />

wird“. Die Eingriffsbefugnis besteht mithin nur insoweit, als das<br />

Übermaß zur Beeinträchtigung führt. Die Bezugsbindungen können damit<br />

auf das zulässige Maß reduziert und müssen nicht vollkommen beseitigt<br />

werden 143 .<br />

II. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit<br />

Es ist zweifelhaft, ob die Ansicht, zu weitgehende Wettbewerbsverbote seien<br />

unwirksam, vertretbar ist. Denn diese Auffassung trägt den Gestaltungsschwierigkeiten<br />

der Unternehmensberatung aufgrund der Notwendigkeit der<br />

Vorformulierung des Wettbewerbsverbots 144 in der täglichen Praxis nicht<br />

hinreichend Rechnung. Zudem berücksichtigt sie nicht hinreichend die Besonderheit<br />

bei Wettbewerbsverboten, dass der Maßstab des § 9 AGBG für<br />

die Beurteilung der Wirksamkeit von Wettbewerbsverboten im Ergebnis der<br />

Gleiche ist wie der des § 138 BGB 145 .<br />

1. Bedeutung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit<br />

Der Grundsatz der Vertragsfreiheit hat höchste Bedeutung: Es ist richtig,<br />

dass gesetzliche Regelungen, die den Grundsatz der Vertragsfreiheit miss-<br />

141 Vgl. Ruß in HK-HGB, § 74a Rdnr. 2.<br />

142 = § 18 GWB a.F.<br />

143 Ebenso Lammel, AcP 189, 273: Allerdings sei damit keine Befugnis zur inhaltlichen<br />

Umgestaltung der Bindung gegeben, sondern unterliege nur die formelle, „messbare“<br />

Seite der Eingriffsbefugnis, während im Übrigen vom materiellen Gehalt des Vertrags<br />

auszugehen sei. – Überträgt man diese Überlegung auf Wettbewerbsverbote mit<br />

IT-Freiberuflern, bedeutet das, dass ein Gericht von dem, was die Vertragspartner<br />

vereinbart haben, ausgehen müsse und nur das „Messbare“, insbesondere also die<br />

zeitliche Dauer eines Wettbewerbsverbots reduzieren dürfe.<br />

144 Vgl. § 9 C) II.<br />

145 Vgl. § 9 D).<br />

139


Zulässigkeit von Ausnahmen vom Verbot der geltungserhaltenden Reduktion<br />

achten, die privatrechtliche Wirtschaftsfreiheit empfindlich stören. Deshalb<br />

ist der U.S.-amerikanischen Philosophin Rand zuzustimmen:<br />

„Congress shall make no law abridging the<br />

freedom of production and trade.“ 146<br />

Es ist weiterhin richtig, dass bei Eingriffen in die Vertragsfreiheit durch die<br />

Rechtsprechung Zurückhaltung geboten ist, weil anderenfalls von der Vertragsfreiheit<br />

nicht mehr viel übrig bleibt 147 . Der Grundsatz der Vertragsfreiheit<br />

ist damit das konstituierende Element des BGB und mithin der deutschen<br />

Privatrechtsordnung 148 .<br />

Hoeren 149 ist deshalb zu Recht der Auffassung, dass das BGB von dem Leitbild<br />

ausgehe, dass die Vertragspartner selbst privatautonom bestimmte Regelungen<br />

festlegen könnten und dass diese Regelungen aufgrund des Grundsatzes<br />

der Vertragsfreiheit per se angemessen seien – so dass eine Inhaltskontrolle<br />

im Rahmen von § 138 BGB nur aufgrund eines besonders groben<br />

Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung in Betracht komme.<br />

2. Besonderheit beim Wettbewerbsverbot zwischen<br />

IT-Unternehmensberatung und IT-Freiberufler<br />

Beim Wettbewerbsverbot zwischen IT-Unternehmensberatung und IT-<br />

Freiberufler liegt allerdings ein Sonderfall vor: Hier muss eine geltungserhaltende<br />

Reduktion auch und sogar im Rahmen des § 9 AGB möglich sein,<br />

weil ein Wettbewerbsverbot, das sich sachlich, zeitlich und örtlich im angemessenen<br />

Rahmen hält und damit die Anforderungen der Rechtsprechung<br />

146 Rand, Atlas Shrugged, S. 1168. Das kann auf Deutsch etwa wie folgt übersetzt werden:<br />

„Der Kongress darf kein Gesetz verabschieden, das die Freiheit der Produktion<br />

und des Handels einschränkt.“<br />

147 Der Gedanke, dass staatliche Instanzen nicht (mehr) gestaltend auf die Privatrechtsverhältnisse<br />

einwirken sollen, ist historisch bedingt. Erst nach und nach hat sich im<br />

deutschen Recht die Auffassung durchgesetzt, die Auffassung der Vertragspartner<br />

von einem gerechten Preis dürfe nicht durch staatliche Instanzen, also auch nicht<br />

durch die Rechtsprechung, modifiziert werden, vgl. Lammel AcP 189, 255; Raiser,<br />

Festschrift Deutscher Juristentag, S. 130; Sandrock, AcP 159, 490; Rebe, Privatrecht<br />

und Wirtschaftsordnung, S. 62; Flume, AT II, § 32, 2 d; Wilhelm, ZHR 150, 343.<br />

148 Vgl. Lammel AcP 189, 255.<br />

149 Vgl. Hoeren, MMR 2000, 449: Diese Überlegungen betreffen den neu eingeführten<br />

gesetzlichen Vergütungsanspruch im Urhebervertragsrecht: Von der Rechtsfolge her<br />

führe § 138 BGB zwar zur Gesamtnichtigkeit des Geschäfts. In Anlehnung an die<br />

Rechtsprechung zum Mietwucher sei jedoch eine Aufrechterhaltung des Vertrags mit<br />

angemessener Gegenleistung unter den genannten Voraussetzungen möglich.<br />

140


Eigener Ansatz<br />

im Hinblick auf die Beurteilung der Wirksamkeit nach § 138 BGB erfüllt 150 ,<br />

den Freiberufler nicht gleichzeitig unangemessen benachteiligen kann.<br />

Es ist deshalb im Hinblick auf Wettbewerbsverbote auch bei Anwendung<br />

des § 9 AGBG zu prüfen, ob eine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot<br />

der geltungserhaltenden Reduktion in Betracht kommt.<br />

III. Abwägung und Ergebnis<br />

Man kann argumentieren, die Unternehmensberatung habe die Möglichkeit,<br />

z.B. mit abgestuften Wettbewerbsverboten zu arbeiten; etwa zunächst einmal<br />

die Tätigkeit für die Branche zu verbieten, hilfsweise diejenige für solche<br />

Unternehmen, die sich mit der Herstellung oder dem Vertrieb von Software-Produkten<br />

beschäftigen, weiter hilfsweise die Beschäftigung für namentlich<br />

benannte unmittelbare Konkurrenzunternehmen. Durch eine solche<br />

Regelung könnten rechtsgestaltende Abstufungen, die die Rechtsprechung<br />

vornehmen könnte, bereits von vornherein zum Regelungsinhalt des Wettbewerbsverbots<br />

werden, d.h. das Gericht müsste nur noch darüber befinden,<br />

welche der vereinbarten Stufen als noch wirksam anzusehen ist.<br />

Wenn die Unternehmensberatung das oder Ähnliches nicht tue, so kann man<br />

weiter argumentieren, sei es ihr zuzumuten, dass das Wettbewerbsverbot<br />

insgesamt als unwirksam eingestuft wird. Nach dieser Ansicht wäre es gerechtfertigt,<br />

dass die Unternehmensberatung das Risiko der Gesamtnichtigkeit<br />

des Wettbewerbsverbots voll trägt. Es ist zweifelhaft, ob es der Unternehmensberatung<br />

zumutbar ist, mit derartig abgestuften Vertragsbedingungen<br />

zu arbeiten.<br />

Denn zum Ersten hat die Unternehmensberatung im Grundsatz ein rechtlich<br />

anerkennenswertes Interesse an dem Wettbewerbsverbot. Zum zweiten hat<br />

die Rechtsprechung die Wirksamkeitsvoraussetzungen für Wettbewerbsverbote,<br />

die anhand der verschiedenen Berufe und der vertraglichen Beziehungen<br />

im Einzelfall festzulegen sind, für IT-Freiberufler bisher nicht einheitlich<br />

festzulegen vermocht – obwohl das erste Urteil aus der IT-Branche bereits<br />

aus dem Jahr 1990 datiert und in der BB-Beilage 1991 mit kritischer<br />

Anmerkung von Zahrnt veröffentlicht worden ist 151 .<br />

Stattdessen darf man von der Rechtsprechung erwarten, dass diese eine bereits<br />

länger bekannte Rechtsfrage einheitlich entscheidet, weil widersprechende<br />

Urteile zu der gleichen Rechtsfrage ein Affront für die Rechtsgenos-<br />

150 BGHZ 91, 1, 6 = NJW 1984, 2366 = DB 1984, 1717; NJW 1986, 2944; BGH NJW-<br />

RR 1996, 741, vgl. § 10 B).<br />

151 LG München I, BB-Beilage 1991, Beil. 7, 7 = Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*74.<br />

141


Zulässigkeit von Ausnahmen vom Verbot der geltungserhaltenden Reduktion<br />

sen sind. Hoeren/Queck 152 sind zu Recht der Ansicht, es sei mittlerweile eine<br />

Binsenweisheit, dass das Zeitalter der Informationsgesellschaft einen geeigneten<br />

rechtlichen Rahmen benötigt. Zu einem geeigneten rechtlichen Rahmen<br />

gehört aber auch eine einheitliche Rechtsprechung zu einer bereits länger<br />

bekannten Rechtsfrage.<br />

Die uneinheitliche Rechtsprechung hat deshalb eine wichtige Folge: Man<br />

darf von der Unternehmensberatung nicht mehr verlangen als von der<br />

Rechtsprechung. Das tut man indessen, wenn man der Auffassung ist, die<br />

Unternehmensberatung müsse wissen, wie ein Wettbewerbsverbot zu formulieren<br />

sei, damit es wirksam ist. Deshalb trifft die Unternehmensberatung<br />

das Risiko und das rigorose und kompromisslose Ergebnis der Gesamtnichtigkeit<br />

des Wettbewerbsverbots zu hart.<br />

Die Rechtsfolge Gesamtnichtigkeit widerspräche deshalb bei konsequenter<br />

Anwendung nicht nur im Hinblick auf einen möglichen Verstoß gegen § 138<br />

BGB, sondern auch im Hinblick auf einen möglichen Verstoß gegen § 9<br />

AGBG dem Grundsatz der Vertragsfreiheit; es sei denn, man ist der Auffassung,<br />

die Vertragspartner missbrauchten die Vertragsfreiheit, indem sie sittenwidrige<br />

Regelungen vereinbarten. Das ist allerdings nicht der Fall: Die<br />

Unternehmensberatung und der Freiberufler wollen keine sitten- und damit<br />

gesetzeswidrigen Regelungen vereinbaren. Insbesondere will die Unternehmensberatung<br />

ein wirksames Wettbewerbsverbot formulieren. Sie ist sich<br />

lediglich aufgrund der widersprüchlichen Rechtsprechung nicht sicher, wie<br />

dieses Wettbewerbsverbot im Einzelnen ausgestaltet sein darf bzw. muss 153 .<br />

Dieses Versäumnis der Rechtsprechung darf sich nicht zu Lasten der Unternehmensberatung<br />

auswirken.<br />

Es muss deshalb im Einzelfall auch bei einer sachlich zu weitgehenden Beschränkung<br />

die Möglichkeit bestehen, Ausnahmen vom grundsätzlichen<br />

Verbot der geltungserhaltenden Reduktion zu machen, weil man anderenfalls<br />

der Interessenlage im Grundsatz nicht gerecht wird: Weil für Wettbewerbsverbote<br />

grundsätzlich für die Unternehmensberatung ein rechtlich anerkennenswertes<br />

Interesse besteht, darf das Risiko der Unwirksamkeit nicht<br />

zu stark zu ihren Lasten gehen. Freilich darf dabei die Ausnahme nicht zur<br />

Regel werden.<br />

152 Hoeren/Queck (Hrsg.), Rechtsfragen, S. V, unter Hinweis auf die Entschließung des<br />

Rates der Europäischen Union vom 21.11.1996 über die neuen politischen Prioritäten<br />

im Hinblick auf die Informationsgesellschaft, ABl. EG C 376/1, 12.12.1996.<br />

153 Vgl. die Nachweise aus der Rechtsprechung: Im Hinblick auf § 74 Abs. 2 HGB in § 7<br />

B) I., in bezug auf § 9 AGBG in § 9 C), sowie im Hinblick auf § 138 BGB in § 10<br />

B).<br />

142


Geltungserhaltende Reduktion beim vorvertraglichen Wettbewerbsverbot<br />

D) Geltungserhaltende Reduktion beim vorvertraglichen<br />

Wettbewerbsverbot<br />

Es fragt sich, ob auch ein vorvertragliches, in zeitlicher Hinsicht zu weit gehendes<br />

Wettbewerbsverbot auf das zulässige Maß zurückgeführt werden<br />

darf. Gegen die Wirksamkeit vorvertraglicher Wettbewerbsverbote wird<br />

häufig eingewandt, die Unternehmensberatung wolle sich den Freiberufler<br />

schon als anbietenden Konkurrenten fernhalten bzw. sei das Unterzeichnen<br />

des Wettbewerbsverbots Grundvoraussetzung dafür, dass der Freiberufler für<br />

die Unternehmensberatung tätig werden dürfe. Letzteres dürfe nicht sein,<br />

weil das den Freiberufler unangemessen benachteilige 154 .<br />

Dieser Einwand greift nicht durch: Gerade weil die Unternehmensberatung<br />

dem Freiberufler den Namen des Kunden nennt, muss sie vorher wirksam<br />

ein Wettbewerbsverbot mit dem Freiberufler vereinbaren dürfen. Denn anderenfalls<br />

könnte der Freiberufler seine Dienste dem Kunden direkt anbieten.<br />

Nähme der Kunde diese an, wäre die Unternehmensberatung um den<br />

Lohn ihrer Akquisitionstätigkeit schon vor der eigentlichen Durchführung<br />

des Auftrags gebracht. Diese Überlegung zeigt, dass die Vereinbarung eines<br />

vorvertraglichen Wettbewerbsverbots mit dem Freiberufler für die Unternehmensberatung<br />

zwingend notwendig ist.<br />

Stattdessen muss gelten, dass, wenn schon Ausnahmen beim hauptvertraglichen<br />

Wettbewerbsverbot gelten, diese erst recht für ein vorvertragliches<br />

Wettbewerbsverbot gelten müssen, weil das Risiko des unmittelbaren Vertragsabschlusses<br />

zwischen Endkunde und Freiberufler in diesem Stadium<br />

viel größer ist 155 . Die Unternehmensberatung hat also gerade in diesem Stadium<br />

ein vitales und rechtlich anerkennenswertes Interesse an dem Wettbewerbsverbot.<br />

Eine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der geltungserhaltenden<br />

Reduktion ist deshalb auch beim vorvertraglichen Wettbewerbsverbot<br />

zulässig und geboten.<br />

E) Objektive Auslegung contra geltungserhaltende Reduktion<br />

Gegen die objektive Auslegung wird eingewandt, dass diese eine unzulässige<br />

Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der geltungserhaltenden Reduktion<br />

beinhalte. Das ist problematisch, weil Wettbewerbsverbote auszulegen<br />

154 So z.B. LG Frankfurt am Main, BB 1992, 2459 = NJW-RR 1993, 803.<br />

155 Vgl. § 5 D).<br />

143


Zulässigkeit von Ausnahmen vom Verbot der geltungserhaltenden Reduktion<br />

sind wie andere vertragliche Regelungen auch 156 . Die Frage, ob die objektive<br />

Auslegung der geltungserhaltenden Reduktion vorgeht, wird allerdings in<br />

der Literatur kontrovers behandelt 157 . Für den Vorrang der Auslegung wird<br />

in der Literatur ins Feld geführt, die Rechtsprechung hätte sich um die Reduzierung<br />

übermäßiger Wettbewerbsverbote mit dem Argument bemüht,<br />

solches Übermaß sei etwas ganz Ungewöhnliches und daher einschränkend<br />

auszulegen 158 . Zum Teil wird zur Begründung auf die verfassungskonforme<br />

Auslegung verwiesen: Die Vertragspartner intendierten zum Erreichen ihres<br />

wirtschaftlichen Zwecks eine wirksame Regelung, nicht etwas Verbotenes<br />

159 .<br />

Gegen den Vorrang der Auslegung lässt sich einwenden, dass im Rahmen<br />

des § 138 Abs. 1 BGB nicht danach geforscht werden und dann das gelten<br />

soll, was die Vertragspartner gewollt hätten 160 , sondern dass es darum gehe<br />

zu entscheiden, ob das Gewollte vor der Rechtsordnung Bestand haben könne<br />

161 . Lammel 162 ist deshalb darin zuzustimmen, dass das liberale BGB zwar<br />

vom Grundsatz der Privatautonomie – der eigenverantwortlichen und selbstregulierenden<br />

Selbstverwirklichung – beherrscht sei, für den der Parteiwille<br />

oberster Maßstab sei, dass aber in den Grenzsituationen die subjektive Willensherrschaft<br />

ende und ein objektiver Anspruch in den Vordergrund trete.<br />

Damit ende für § 138 Abs. 1 BGB die Möglichkeit einer willensorientierten<br />

Auslegung 163 .<br />

Daraus folgt indessen nicht automatisch, dass das Konzept der Auslegung<br />

verworfen werden müsse, weil damit letztlich nur der Maßstab der Auslegung<br />

festgelegt wird. Dieser Maßstab ist im Rahmen des § 138 BGB ein objektiver<br />

und soll das auch sein, weil nur dieser objektive Maßstab den Weg<br />

zu einer sachgerechten und damit objektiven Auslegung bereitet. Eine derart<br />

156 Vgl. Etzel, in HGB, Gemeinschaftskommentar, vor §§ 74 bis 75d, Rdnr. 2: Wettbewerbsverbote<br />

seien gemäß §§ 133, 157 BGB nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung<br />

der Verkehrssituation und des wirklichen Willens der Parteien auszulegen.<br />

157 Siehe statt aller Ulmer bzw. Brandner, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, § 5,<br />

Rdnr. 42, § 9, Rdnr. 34 ff. m.w.N.<br />

158 Vgl. Lammel, AcP 189, 261.<br />

159 Hager, Gesetzes- und sittenkonforme Auslegung und Aufrechterhaltung von Rechtsgeschäften,<br />

S. 140.<br />

160 Lammel, AcP 189, 262.<br />

161 Lammel, AcP 189, 262.<br />

162 Lammel, AcP 189, 262.<br />

163 Hager, Gesetzes- und sittenkonforme Auslegung und Aufrechterhaltung von Rechtsgeschäften,<br />

S. 149 wendet dagegen ein, dass die Praxis anders entscheide. – Nichtigkeit<br />

bei bloßer Verwirklichung des objektiven Tatbestandes nimmt auch Schmidt-<br />

Futterer, JR 1972, 136 an.<br />

144


Objektive Auslegung contra geltungserhaltende Reduktion<br />

verstandene Auslegung erlaubt eine Bewertung unabhängig vom subjektiven<br />

Willen der Vertragspartner und ermöglicht damit eine objektive Bewertung<br />

des (subjektiven) Zwecks der Vereinbarung. So kommt man z.B. bereits auf<br />

der Stufe der objektiven Auslegung zu dem Ergebnis, dass sich die notwendige<br />

örtliche Einschränkung regelmäßig aus dem Sitz des Kunden ergibt 164 .<br />

Eine geltungserhaltende Reduktion ist deshalb weder notwendig noch geboten.<br />

Allerdings soll das grundsätzliche Verbot der geltungserhaltenden Reduktion<br />

verhindern, dass die Unternehmensberatung dadurch bevorteilt wird, dass<br />

das von ihr verwendete Wettbewerbsverbot trotz Verletzung des Übermaßverbots<br />

wirksam bleibt. Die Unternehmensberatung wird aber im Beispiel<br />

nicht bevorteilt, weil die objektive Auslegung den Interessen beider Vertragspartner<br />

gerecht wird. So begünstigt die sachgerechte einschränkende<br />

Auslegung im Fall der fehlenden örtlichen Beschränkung bei Konzernen<br />

(Großunternehmen) 165 beide Vertragspartner: Den Freiberufler, weil die<br />

Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots auf eine bestimmte IT-Abteilung in<br />

einer bestimmten Niederlassung des Kunden beschränkt wird, er also für alle<br />

anderen Stellen dieses Kunden während der Dauer des Wettbewerbsverbots<br />

tätig werden darf und die Unternehmensberatung, weil anderenfalls als<br />

Rechtsfolge nur die Alternative Gesamtnichtigkeit des Wettbewerbsverbots<br />

bliebe.<br />

§ 12 Spezielle Fragen<br />

Im Folgenden werden spezielle Fragen im Hinblick auf die Wirksamkeit des<br />

Wettbewerbsverbots behandelt, die in der Praxis häufig gegen die Wirksamkeit<br />

von Wettbewerbsverboten eingewandt werden: Das erste Argument geht<br />

dahin, das Wettbewerbsverbot sei unwirksam, weil es Ausnahmefälle, für<br />

die es nicht gelten soll, nicht ausdrücklich regle. Das zweite betrifft die Frage,<br />

ob unklare Regelungen im Wettbewerbsverbot die Unwirksamkeitsfolge<br />

herbeiführen bzw. was dann gilt. Der dritte Problemkreis beschäftigt sich<br />

mit dem in der Praxis häufig vorgebrachten Argument, das Wettbewerbsverbot<br />

sei unwirksam, weil die Unternehmensberatung die Möglichkeit habe,<br />

ein Abwerbungsverbot mit ihrem Kunden zu vereinbaren.<br />

164 Vgl. § 10 B) III. 2.<br />

165 Siehe § 10 B) III.<br />

145


Spezielle Fragen<br />

A) Keine ausdrückliche Regelung von Ausnahmefällen<br />

In der Praxis wird häufig die These vertreten, das Wettbewerbsverbot sei<br />

unwirksam, wenn es bestimmte Ausnahme- bzw. Sonderfälle, für die es<br />

nicht gelten soll, nicht ausdrücklich regle. Beispielsweise enthalte es keine<br />

Regelung für den Fall, dass der Freiberufler beim Kunden eine Festanstellung<br />

annimmt oder dass es dann nicht gelte, wenn der Freiberufler den Vertrag<br />

berechtigt außerordentlich kündigt.<br />

Dagegen kann man als Gegenthese einwenden, dass in solchen Fällen nicht<br />

das Wettbewerbsverbot unwirksam sei, sondern dass das Vorgehen aus dem<br />

Wettbewerbsverbot in solchen Fällen gegen Treu und Glauben verstoße.<br />

Diesem Einwand begegnet die Ausgangsthese damit, dass diese Auslegung<br />

eine geltungserhaltende Reduktion des unwirksamen Wettbewerbsverbots<br />

beinhalte 166 . Weil die geltungserhaltende Reduktion aber regelmäßig unzulässig<br />

sei, bleibe es bei der Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots. Bei<br />

diesem Problem geht es mithin um einen Sonderfall innerhalb des Spannungsfelds:<br />

Objektive Auslegung contra geltungserhaltende Reduktion.<br />

Im Folgenden wird der Fall der Festanstellung beim Endkunden an als Beispiel<br />

verwendet, weil der Fall der berechtigten außerordentlichen Kündigung<br />

kaum Probleme bereitet: In diesem Fall gilt, dass derjenige, der sich<br />

selbst nicht vertragstreu verhält, sich nicht auf das Wettbewerbsverbot berufen<br />

darf 167 .<br />

I. Abwägung<br />

Bei der objektiven Auslegung fragt sich im Beispiel der Festanstellung, ob<br />

Sinn und Zweck des Wettbewerbsverbots eingreifen, wenn der Freiberufler<br />

beim Kunden eine Festanstellung annimmt. Dagegen spricht, dass der Freiberufler<br />

der Unternehmensberatung keine Konkurrenz mehr bereitet, wenn<br />

er eine Festanstellung annimmt. In der <strong>Dr</strong>eierkonstellation ist dieser Fall<br />

deshalb so zu lösen, dass das Wettbewerbsverbot ohne ausdrückliche Regelung<br />

dieses Sonderfalls wirksam ist, die Unternehmensberatung sich aber für<br />

diesen Fall nicht auf das Wettbewerbsverbot berufen kann, weil die Vertragspartner<br />

diesen Fall nicht bedacht haben und das Wettbewerbsverbot<br />

diesen Fall nach der Auffassung beider Vertragspartner nicht umfassen<br />

soll 168 .<br />

166 Vgl. § 11 E).<br />

167 Vgl. OLG München, BB 1997, 224 = Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*293 m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

168 Vgl. Zahrnt/<strong>Erben</strong>, DV-Verträge, Kapitel 1.5 (5).<br />

146


Keine ausdrückliche Regelung von Ausnahmefällen<br />

Ein Sonderfall hierzu ist es, wenn der Freiberufler zunächst als Freiberufler<br />

beim Endkunden tätig wird und erst später eine Festanstellung annimmt. In<br />

diesem Fall kann die Unternehmensberatung für den Zwischenzeitraum bis<br />

zur Festanstellung aus dem Wettbewerbsverbot vorgehen. Das wäre die richtige<br />

Lösung im Fall des LAG Düsseldorf 169 gewesen, in dem der Freiberufler<br />

sich erst zu einem späteren Zeitpunkt hat fest anstellen lassen.<br />

In einer Viererkonstellation gibt es verschiedene Möglichkeiten, dass es zu<br />

einer Festanstellung kommt. Hier ist zu unterscheiden: Für den Fall, dass der<br />

Freiberufler beim Endkunden eine Festanstellung annimmt, gilt das gleiche<br />

wie in einer <strong>Dr</strong>eierkonstellation. Für den Fall, dass der Freiberufler eine<br />

Festanstellung bei der übergeordneten Unternehmensberatung annimmt, ist<br />

weiter danach zu unterscheiden, ob der Freiberufler für die übergeordnete<br />

Unternehmensberatung im gleichen oder in einem neuen Projekt tätig wird:<br />

Wird der Freiberufler in einem neuen Projekt tätig, setzt sich die Unklarheit<br />

des Begriffs „Kunde“ 170 durch, so dass sich der Freiberufler dann nach den<br />

Grundsätzen der objektiven Auslegung darauf berufen kann, dass nur der<br />

Endkunde durch das Wettbewerbsverbot geschützt sei, nicht auch die zwischengeschaltete<br />

Unternehmensberatung 171 .<br />

Das bedeutet für die Frage der Festanstellung im Ergebnis: Wenn der Freiberufler<br />

über die zwischengeschaltete Unternehmensberatung bei einem neuen<br />

Kunden tätig wird, greift das Wettbewerbsverbot ohnehin nicht ein, so dass<br />

es auf die Frage der Festanstellung nicht ankommt. Wird der Freiberufler im<br />

gleichen Projekt tätig, darf nichts anderes gelten als in dem Fall, in dem der<br />

Kunde den Freiberufler fest anstellt. Denn wenn der Kunde den Freiberufler<br />

fest einstellen darf, muss das auch die übergeordnete Unternehmensberatung<br />

tun dürfen. Schließlich gibt der Freiberufler auch in diesem Fall den Wettbewerb<br />

zur untergeordneten Unternehmensberatung auf. Deshalb ist der<br />

Umstand, dass die übergeordnete Unternehmensberatung mit der untergeordneten<br />

Unternehmensberatung in Wettbewerb steht, für die Frage unerheblich,<br />

ob die untergeordnete Unternehmensberatung gegen den Freiberufler<br />

vorgehen darf.<br />

II. Resultat<br />

Diese Überlegungen zeigen, dass die Auffassung, in der objektiven Auslegung<br />

liege ein Verstoß gegen das grundsätzliche Verbot der geltungserhal-<br />

169 LAG Düsseldorf, Urteil vom 26.4.99, 18 Sa 1941/98, zur Veröffentlichung vorgesehen<br />

in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

170 Vgl. § 14.<br />

171 Siehe § 14.<br />

147


Spezielle Fragen<br />

tenden Reduktion, zumindest bedenklich ist. Sie stößt außerdem auf rein tatsächliche<br />

Bedenken: Wettbewerbsverbote werden sonst sehr lang. Schließlich<br />

müsste, wenn die Unternehmensberatung nur einen Ausnahmefall in der<br />

Aufführung vergäße, das konsequenterweise automatisch die Unwirksamkeit<br />

des Wettbewerbsverbots bedeuten. Das darf nicht richtig sein. Die Auffassung,<br />

dass die objektive Auslegung nach Treu und Glauben die<br />

Rechtsausübung in solchen Ausnahmefällen verbietet, ist deshalb vorzugswürdig.<br />

Danach sind Wettbewerbsverbote nur danach zu beurteilen, ob sie<br />

sich nach ihrem auslegungsfähigen und auslegungsbedürftigen Wortlaut im<br />

Rahmen des Angemessenen halten.<br />

Diese Auffassung verstößt nicht gegen das Verbot der geltungserhaltenden<br />

Reduktion, weil nicht das Wettbewerbsverbot als solches reduziert wird,<br />

sondern Fälle vom Anwendungsbereich des Wettbewerbsverbots ausgenommen<br />

werden, die von den Vertragspartnern nicht beabsichtigt bzw. bedacht<br />

worden sind und für die das Verbot also nach der übereinstimmenden<br />

Vorstellung beider Vertragspartner nicht gelten soll. Das bedeutet, dass das<br />

Wettbewerbsverbot als solches wirksam ist, dass die Unternehmensberatung<br />

aber daraus in derartigen Ausnahme- bzw. Sonderfällen nicht gegen den<br />

Freiberufler vorgehen darf.<br />

B) Unklare Regelungen<br />

Es stellt sich die Frage, ob die Unternehmensberatung sich bei Fällen, die<br />

das Wettbewerbsverbot nicht oder nur unklar regelt, auf das Wettbewerbsverbot<br />

berufen darf oder ob das Wettbewerbsverbot solche Fälle mit umfasst<br />

und für diese also nicht gilt. Als Beispiel dafür sei das Wettbewerbsverbot<br />

wie folgt formuliert:<br />

„Der Auftragnehmer verpflichtet sich, bis zu 2<br />

Jahre nach Beendigung dieses Vertrags weder<br />

unmittelbar noch mittelbar für solche Kunden tätig<br />

zu werden, für die er im Rahmen dieses Vertrages<br />

tätig geworden ist. Für jeden Verstoß zahlt<br />

der Auftragnehmer 20 % des bei diesen Kunden<br />

erzielten Umsatzes, mindestens jedoch DM<br />

20.000,–.”<br />

Gegenüber dem Muster-Wettbewerbsverbot fehlen bei dieser Formulierung<br />

in Zeile 1 die Worte „während der Dauer dieses Vertrags [und]“.<br />

Fraglich ist, ob die Unternehmensberatung dann aus dem Wettbewerbsverbot<br />

vorgehen darf, wenn sie den Rahmenvertrag noch nicht gekündigt hat.<br />

148


Unklare Regelungen<br />

Nach dem Wortlaut des Wettbewerbsverbots ist das nicht der Fall. Die Frage<br />

kann man allerdings bejahen, wenn man die Auffassung vertritt, die objektive<br />

Auslegung des Wettbewerbsverbots lasse das zu.<br />

I. Pro und contra<br />

Nach dem ausdrücklichen Wortlaut liegt nur ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot<br />

vor. In der Praxis wird argumentiert, die Unternehmensberatung<br />

meine das tatsächlich so: Sie müsse erst den Rahmenvertrag kündigen,<br />

damit das Wettbewerbsverbot wirksam werde. Während der Dauer des<br />

Wettbewerbsverbots dürfe der Freiberufler der Unternehmensberatung auch<br />

bei deren Kunden Konkurrenz bereiten, weil die Unternehmensberatung dadurch,<br />

dass sie den Rahmenvertrag nicht kündige, zeige, dass sie dieses Verhalten<br />

des Freiberuflers dulde bzw. hinnehme.<br />

Diese Auffassung ist nicht vertretbar: Die Vertragspartner wissen, dass es<br />

der Unternehmensberatung bei dem Wettbewerbsverbot darum geht, ihren<br />

Kundenstamm zu schützen. Die Unternehmensberatung duldet es deshalb<br />

nicht, wenn der Freiberufler unter Ausschaltung der Unternehmensberatung<br />

bei ihrem Kunden tätig wird und nimmt das auch nicht hin. Die sachgerechte<br />

Auslegung dieses unklaren Falls ergibt vielmehr, dass ein nachvertragliches<br />

Wettbewerbsverbot ein Mehr gegenüber dem Wettbewerbsverbot während<br />

der Dauer des Rahmenvertrags beinhaltet: Wenn deshalb ein nachvertragliches<br />

Wettbewerbsverbot vereinbart worden ist, bedeutet das a maiore<br />

ad minus, dass das Wettbewerbsverbot für die Dauer des Rahmenvertrags<br />

erst recht gelten soll.<br />

Dieses Ergebnis wird in der Viererkonstellation durch die folgende Überlegung<br />

unterstützt: Die übergeordnete Unternehmensberatung will unter Umständen<br />

den Rahmenvertrag mit der untergeordneten Unternehmensberatung<br />

nicht kündigen (müssen), etwa dann nicht, wenn die untergeordnete Unternehmensberatung<br />

nur in einem Fall der Wettbewerbsvereinbarung zuwidergehandelt<br />

hat. In der Praxis passiert das z.B. dann, wenn nur ein von der untergeordneten<br />

Unternehmensberatung eingesetzter Freiberufler unter Verstoß<br />

gegen das Wettbewerbsverbot direkt beim Endkunden tätig wird.<br />

In der Regel hat die übergeordnete Unternehmensberatung in der Praxis<br />

mehrere Freiberufler der untergeordneten Unternehmensberatung bei verschiedenen<br />

Kunden im Einsatz. Für all diese gilt der gleiche Rahmenvertrag.<br />

Wenn die übergeordnete Unternehmensberatung aufgrund des Verstoßes des<br />

einen Freiberuflers den Rahmenvertrag mit der untergeordneten Unternehmensberatung<br />

kündigen müsste, damit das Wettbewerbsverbot wirksam<br />

werde, wäre damit der Rahmenvertrag für die gesamte Zusammenarbeit ge-<br />

149


Spezielle Fragen<br />

kündigt, also auch im Hinblick auf die anderen über die untergeordnete Unternehmensberatung<br />

eingesetzten Freiberufler. Das ist kein sachgerechtes<br />

Ergebnis.<br />

II. Ergebnis<br />

Die objektive Auslegung ergibt, dass das Tätigwerden des Freiberuflers bei<br />

einem vom Wettbewerbsverbot geschützten Kunden unter Ausschaltung der<br />

Unternehmensberatung einen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot beinhaltet,<br />

auch wenn das Wettbewerbsverbot nicht ausdrücklich regelt, dass das<br />

Wettbewerbsverbot auch während der Dauer des Vertrags gilt. Freilich stößt<br />

die zulässige objektive Auslegung an Grenzen, wenn eine bestimmte Regelung<br />

einen klaren Wortlaut hat und damit auslegungsfeindlich ist.<br />

C) Zur Möglichkeit der Vereinbarung eines Abwerbungsverbots<br />

mit dem Endkunden<br />

In der Praxis wird häufig argumentiert, die Unternehmensberatung könne<br />

sich gegen ein Tätigwerden des Freiberuflers bei ihrem Kunden „einfacher<br />

und effektiver“ durch ein Abwerbungsverbot mit ihrem Kunden schützen.<br />

Weil dem so sei, dürfe sich die Unternehmensberatung nicht am Freiberufler<br />

schadlos halten, indem sie diesem als dem schwächsten Glied in der Kette<br />

binde, an Stelle das ihr Naheliegende und Zumutbare zu tun, nämlich ein<br />

Abwerbungsverbot mit dem Endkunden zu vereinbaren 172 .<br />

Bei dieser Argumentation bleibt offen, ob das Wettbewerbsverbot deshalb<br />

wegen Verstoßes gegen § 1 GWB oder § 138 BGB unwirksam sein soll.<br />

Beides kommt in Betracht. Ein Verstoß gegen § 138 BGB liegt aufgrund der<br />

Stoßrichtung der Argumentation „schadlos halten“ näher, weil das einen<br />

Verstoß gegen die guten Sitten indiziert, der den Endkunden weitestgehend<br />

außer Betracht lässt.<br />

I. Für und Wider<br />

Es ist erlaubt, Wettbewerbsverbote zu vereinbaren 173 . Diese Erlaubnis besteht<br />

unabhängig von der Frage, ob die Unternehmensberatung im Verhältnis<br />

zu ihrem Kunden ein Abwerbungsverbot vereinbaren muss. Es ist schon<br />

deshalb kaum ein rechtfertigender Grund dafür ersichtlich, warum das Vorgehen<br />

aus dem Wettbewerbsverbot gegen den Freiberufler nicht zulässig<br />

sein dürfe, weil die Unternehmensberatung ein Abwerbungsverbot mit ihrem<br />

172 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.3.2000, 15 U 127/99, zur Veröffentlichung vorgesehen<br />

in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

173 BGHZ 91, 1 = NJW 1984, 2366 = DB 1984, 1717.<br />

150


Möglichkeit der Vereinbarung eines Abwerbungsverbots mit dem Endkunden<br />

Kunden hätte vereinbaren können. Denn anderenfalls wäre das Wettbewerbsverbot<br />

zwischen der Unternehmensberatung und dem Freiberufler immer<br />

und bereits dann unwirksam, wenn diese kein Abwerbungsverbot mit<br />

ihrem Kunden vereinbart hätte. Das darf nicht richtig sein und entspricht<br />

auch nicht den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung.<br />

Die dargelegte Argumentation baut vom Tatsächlichen her darauf auf, es sei<br />

der Unternehmensberatung problemlos möglich, ein Abwerbungsverbot mit<br />

ihrem Kunden zu vereinbaren. Diese Argumentation ist angesichts der tatsächlichen<br />

Verhältnisse in der Praxis höchst bedenklich und im Ergebnis<br />

nicht aufrechtzuerhalten: Die Praxis zeigt, dass große Kunden regelmäßig<br />

kein Abwerbungsverbot akzeptieren und das wegen des Grundsatzes der<br />

Vertragsfreiheit unter dem Hinweis darauf, sie seien schließlich der Auftraggeber,<br />

auch nicht zu tun brauchen.<br />

II. Resultat<br />

Das Wettbewerbsverbot, das die Unternehmensberatung mit ihrem Freiberufler<br />

vereinbart, benachteiligt die Interessen des Endkunden nicht unangemessen.<br />

Im Gegenteil hat die Unternehmensberatung ein rechtlich anerkennenswertes<br />

Interesse daran, den direkten Vertragsabschluss zwischen dem<br />

Freiberufler und dem Endkunden zu verhindern. Der Endkunde hat ein Interesse<br />

daran, sich die Dienste desjenigen Freiberuflers dauerhaft und zu einem<br />

günstigen Stundensatz zu sichern, wenn dieser sich als tüchtig erwiesen<br />

hat. Der Endkunde will sich diese Möglichkeit offen halten und vereinbart<br />

deshalb gerade kein Abwerbungsverbot mit der Unternehmensberatung.<br />

Weil die Unternehmensberatung aber gegenüber ihrem Kunden ein Abwerbungsverbot<br />

nicht durchsetzen kann, ist das Wettbewerbsverbot mit dem<br />

Freiberufler für die Unternehmensberatung das einzige Mittel, ihre Interessen<br />

an Kundenschutz zu sichern.<br />

§ 13 Die Rechtsfolgenregelung: Vertragsstrafe<br />

Das Muster-Wettbewerbsverbot sieht als Rechtsfolge die Zahlung einer bestimmten<br />

Vertragsstrafe vor. Es kommt aus verschiedenen Gründen in Betracht,<br />

dass das Wettbewerbsverbot aufgrund dieser Rechtsfolgenregelung<br />

unwirksam ist: Die Zahlung von DM 20.000,– als Mindestvertragsstrafe<br />

kann den Freiberufler im Einzelfall unangemessen benachteiligen. Weiterhin<br />

fragt sich, ob die Regelung, dass der Freiberufler über den Betrag der Vertragsstrafe<br />

hinaus 20 % des erzielten Umsatzes an die Unternehmensberatung<br />

zahlen soll, wirksam ist. Außerdem wird geprüft, ob das Wettbewerbsverbot<br />

wegen Verstoßes gegen §§ 11 Nr. 5, 9 AGBG unwirksam ist, wenn es<br />

151


Die Rechtsfolgenregelung: Vertragsstrafe<br />

in der Rechtsfolgenregelung nicht ausdrücklich den Zusatz erhält, der Betrag,<br />

den der Freiberufler zahlen soll, sei „als Vertragsstrafe“ zu zahlen.<br />

Schließlich wird untersucht, ob das Wettbewerbsverbot automatisch unwirksam<br />

ist, wenn die Rechtsfolgenregelung wegen Unverhältnismäßigkeit des<br />

mit ihr verfolgten Zwecks unwirksam ist, oder ob das Wettbewerbsverbot<br />

derart in eine Tatbestands- und eine Rechtsfolgenregelung aufgespalten<br />

werden darf oder muss, dass bei einer unverhältnismäßig hohen und damit<br />

unwirksamen Rechtsfolgenregelung die gesetzliche Rechtsfolgenregelung:<br />

Schadensersatz eintritt.<br />

A) Zahlung von DM 20.000,– als Mindestvertragsstrafe<br />

Das Muster-Wettbewerbsverbot sieht als Rechtsfolgenregelung bei Verstoß<br />

gegen die Unterlassungsverpflichtung vor, dass der Freiberufler als Mindestbetrag<br />

eine Vertragsstrafe in Höhe von DM 20.000,– zahlt. Es fragt sich<br />

zum Ersten, ob dieser Betrag unangemessen hoch ist und zum zweiten, welche<br />

Rechtsfolge gilt, falls dieser Betrag unverhältnismäßig hoch ist. In bezug<br />

auf die zweite Frage kommt in Betracht, dass entweder nur die Sanktion:<br />

Vertragsstrafe als Rechtsfolge unwirksam ist, mit der Folge, dass dann<br />

nur die gesetzliche Rechtsfolge: Schadensersatz wegen Vertragsverletzung<br />

eintritt. Es kommt aber auch in Betracht, dass aufgrund des unangemessen<br />

hohen Betrags der Vertragsstrafe das Wettbewerbsverbot insgesamt unwirksam<br />

ist. Dann wäre der Freiberufler auch nicht an das Unterlassungsgebot<br />

gebunden.<br />

I. Mindestbetrag wird auch bei geringfügigen Verstößen fällig<br />

Der Mindestbetrag in Höhe von DM 20.000,– kann wegen Übergemäßheit<br />

und damit wegen Verstoßes gegen § 138 BGB bzw. § 9 AGBG unwirksam<br />

sein, weil die Vertragsstrafe nach dem Wortlaut des Wettbewerbsverbots bei<br />

allen Verstößen, mithin auch bei so genannten „nur geringfügigen Verstößen“<br />

fällig wird. Allerdings ist zweifelhaft, ob es beim Thema Kundenschutz<br />

lediglich „geringfügige“ Verstöße gibt 174 . Denn jeder und damit auch<br />

der angeblich nur geringfügige Verstoß begründet die Gefahr des unmittelbaren<br />

Tätigwerdens für den Kunden, sei es, dass dieser den Freiberufler abwirbt,<br />

sei es, dass der Freiberufler selbst den Anstoß für die unmittelbare Tä-<br />

174 Ebenso LG Heilbronn, Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*278 m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

152


Zahlung von DM 20.000,– als Mindestvertragsstrafe<br />

tigkeit für den Kunden setzt. Gerade die Abwerbung soll aber durch das<br />

Wettbewerbsverbot verhindert werden 175 .<br />

Dazu kommt, dass die Vertragsstrafe vertragswidriges Verhalten des Freiberuflers<br />

bewusst pönalisieren will. Das vertragswidrige Verhalten liegt in dem<br />

Verstoß gegen den Tatbestand des vertraglichen Wettbewerbsverbots, nämlich<br />

dem Unterlassen des Wettbewerbs. Das gilt unabhängig davon, welche<br />

Rechtsfolge eintritt, sei es die vertraglich vereinbarte Rechtsfolge: Vertragsstrafe<br />

oder die gesetzliche Rechtsfolge: Schadensersatz. Deshalb darf die<br />

Frage, welche Rechtsfolge bei Verstoß gegen das Unterlassungsgebot im<br />

Falle einer unangemessen hohen Vertragsstrafe eintritt, grundsätzlich keine<br />

Rückwirkung auf die Beurteilung der Wirksamkeit des Unterlassungsgebots<br />

des Wettbewerbsverbots haben 176 .<br />

II. Vergleich mit der gesetzlichen Rechtsfolge: Schadensersatz<br />

Als Ansatzpunkt für die Beurteilung der Frage, ob der Betrag in Höhe von<br />

DM 20.000,– möglicherweise unangemessen hoch ist, kommt ein Vergleich<br />

damit in Betracht, welchen Betrag der Freiberufler bei der gesetzlich vorgesehenen<br />

Rechtsfolge: Schadensersatz zu zahlen hätte.<br />

Wie dieser Betrag zu berechnen ist, ist schwer zu sagen. Auf der einen Seite<br />

kann man diesen an der Gesamtlaufzeit des Wettbewerbsverbots ausrichten,<br />

da ein Freiberufler häufig bis zu zwei Jahre bei einem Kunden eingesetzt ist,<br />

entweder in einem Projekt oder in verschiedenen Projekten. Auf der anderen<br />

Seite besteht für die Unternehmensberatung das Risiko, dass der Freiberufler<br />

ausfällt, sei es krankheitsbedingt oder weil er nur ein Projekt für die Unternehmensberatung<br />

durchführen möchte.<br />

Als Ausgangspunkt für die Überlegungen ist deshalb im Ergebnis der volle<br />

Zeitraum von zwei Jahren anzusetzen, weil das Wettbewerbsverbot für diesen<br />

Zeitraum gelten soll und weil die genannten Risiken der Unternehmensberatung<br />

im Einzelfall ohnehin schadensmindernd zu berücksichtigen sind.<br />

1. Berechnung des entgehenden Gewinns<br />

Geht man von einer durchschnittlichen Vergütung in Höhe von netto DM<br />

145,– pro Stunde aus, die der Freiberufler bei einem unmittelbaren Tätigwerden<br />

beim Kunden der Unternehmensberatung umsetzt 177 , muss der Frei-<br />

175 Ebenso LG Heilbronn, Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*278 m.Anm. <strong>Erben</strong>; LG Wuppertal,<br />

CR 1999, 269 f. m.Anm. <strong>Erben</strong> = Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*300 m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

176 Vgl. § 13 E).<br />

177 Siehe § 4: Durchschnittlich netto DM 135,– pro Stunde bei Tätigwerden über eine<br />

Unternehmensberatung. Beim unmittelbaren Tätigwerden wird die Gewinn-Marge<br />

153


Die Rechtsfolgenregelung: Vertragsstrafe<br />

berufler als Rechtsfolge aus dem Wettbewerbsverbot davon 20 % an die Unternehmensberatung<br />

abführen. Auf einen Stundensatz von DM 145,– bezogen,<br />

macht das einen Anspruch von DM 29,– netto pro Stunde. Der Vertragsstrafenanspruch<br />

in Höhe von DM 29,– pro Stunde ergibt auf die Dauer<br />

von zwei Jahren gerechnet einen Vertragsstrafeanspruch in Höhe von DM<br />

92.800,– (2 x 1.600 Stunden pro Jahr = 160 Stunden pro Monat x 10 Monate).<br />

2. Abzug ersparter Aufwendungen<br />

Bei der gesetzlichen Rechtsfolge: Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzung<br />

ist für die Berechnung des der Unternehmensberatung entgehenden<br />

Gewinns unter Berücksichtigung von § 252 BGB der der Unternehmensberatung<br />

entgangene Deckungsbeitrag abzüglich ersparter Aufwendungen<br />

maßgeblich.<br />

Welchen Betrag die Unternehmensberatung an Aufwendungen erspart, ist<br />

schwer zu beurteilen. Denn wenn der Freiberufler sich erst einmal bewährt<br />

hat, hat die Tatsache, dass die Unternehmensberatung durch den Ausfall des<br />

Freiberuflers insgesamt einen Freiberufler weniger einsetzt, kaum Auswirkungen:<br />

Die Unternehmensberatung muss insbesondere sämtliche Festangestellten<br />

in gleicher Höhe weiterhin bezahlen. Sie erspart damit letztlich nur<br />

Portokosten für Rechnungsschreiben und Ähnliches, wenn überhaupt: Wenn<br />

die Unternehmensberatung nämlich mehrere Freiberufler bei einem Kunden<br />

im Einsatz hat, wird die Rechnung nur um eine Position gekürzt.<br />

III. Ergebnis<br />

Zieht man die Vergütung, die der Freiberufler von der Unternehmensberatung<br />

erhält, von derjenigen ab, die die Unternehmensberatung von ihrem<br />

Kunden erhält, verbleibt in der Regel eine Marge von etwa netto DM 20,–<br />

pro Stunde 178 zugunsten der Unternehmensberatung. Auf die Dauer von zwei<br />

Jahren gerechnet ergibt das einen Anspruch auf Schadensersatz in Form entgangenen<br />

Gewinns in Höhe von DM 64.000,– (2 x 1.600 Stunden pro Jahr =<br />

160 Stunden pro Monat x 10 Monate).<br />

Daraus folgt: Der Betrag von netto DM 89.600,– bei Zugrundelegung der<br />

Vertragsstrafenansprüche entspricht fast dem 4,5-fachen des Mindestbetrags<br />

der Vertragsstrafe von DM 20.000,–; der Betrag von netto DM 64.000,– bei<br />

der Unternehmensberatung zwischen dem Endkunden und dem Freiberufler aufgeteilt.<br />

178 Bei SAP-Projekten liegt die Marge häufig deutlich höher: DM 50,– an Gewinn-Marge<br />

sind keine Seltenheit.<br />

154


Rechtsfolge bei unverhältnismäßig hoher Mindestvertragsstrafe<br />

– alternativer – Zugrundelegung der Schadensersatzansprüche entspricht<br />

mehr als dem 3-fachen des Betrags der Mindestvertragsstrafe von DM<br />

20.000,–. Beide Beträge liegen weit über dem des Mindestbetrags der Vertragsstrafe.<br />

Damit verstößt der Mindestbetrag der Vertragsstrafe von DM<br />

20.000,– weder gegen § 138 BGB noch gegen § 9 AGBG.<br />

B) Rechtsfolge bei unverhältnismäßig hoher<br />

Mindestvertragsstrafe<br />

Es fragt sich, welche Rechtsfolge bei einer unverhältnismäßig hohen Mindest-Vertragsstrafe<br />

eintritt. Dabei geht es, wie in § 11 C) III. dargestellt, weniger<br />

um die Frage der abstrakten Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots,<br />

als um die Frage, wie dieser Fall sachgerecht zu behandeln ist. Allerdings ist<br />

die Rechtsfolge: Gesamtnichtigkeit ausnahmsweise möglich 179 .<br />

I. Möglichkeit der Herabsetzung<br />

Die Problematik der unverhältnismäßig hohen Vertragsstrafe betrifft einen<br />

Unterfall zu dem Problemkreis, ob eine Ausnahme vom grundsätzlichen<br />

Verbot der geltungserhaltenden Reduktion zulässig ist 180 . Dabei ist allerdings<br />

die Besonderheit zu berücksichtigen, dass es für den nichtkaufmännischen<br />

Verkehr und damit beim Wettbewerbsverbot mit einem<br />

Freiberufler eine ausdrückliche gesetzliche Regelung gibt: § 343 BGB sieht<br />

vor, dass eine verwirkte unverhältnismäßig hohe Vertragsstrafe auf Antrag<br />

des Schuldners durch Urteil auf den angemessenen Betrag herabgesetzt<br />

werden kann.<br />

Die Frage ist deshalb, ob die Unternehmensberatung dem Freiberufler durch<br />

eine unverhältnismäßig hohe Vertragsstrafe das Prozessrisiko überbürdet, so<br />

dass die unverhältnismäßig hohe Vertragsstrafe auf das angemessene Maß<br />

herabgesetzt wird. Dieses Problem stellt sich auch im kaufmännischen Verkehr.<br />

Zwar gilt für Kaufleute wegen §§ 348, 351 HGB die Regelung des<br />

§ 343 BGB nicht. Auch bei Kaufleuten ist aber eine Herabsetzung der Vertragsstrafe<br />

gemäß § 242 BGB möglich 181 .<br />

179 Siehe § 13 E).<br />

180 Siehe § 10.<br />

181 BGH NJW 1954, 998; LG Berlin NJW 1996, 1142; Palandt-Heinrichs, BGB, § 343,<br />

Rdnr. 9.<br />

155


Die Rechtsfolgenregelung: Vertragsstrafe<br />

II. Prozess- und Kostenrisiko des Freiberuflers<br />

Das LG München I 182 hat entschieden, dass die Möglichkeit des Freiberuflers,<br />

eine Herabsetzung der Strafe nach § 343 BGB zu fordern, diesen mit<br />

einem erheblichen Prozess- und Kostenrisiko belaste, so dass hierdurch die<br />

unangemessene Benachteiligung des Freiberuflers durch das Wettbewerbsverbot<br />

i.S.d. § 9 Abs. 1 AGBG nicht entfalle. Das LG München I bleibt allerdings<br />

die Begründung dafür schuldig, warum der Freiberufler durch die<br />

Forderung der Herabsetzung der Strafe ein erhebliches Prozess- und Kostenrisiko<br />

tragen solle. Das ist bei genauer Betrachtung nicht zwingend der Fall.<br />

Denn der Freiberufler kann einen herabgesetzten, von ihm als angemessen<br />

erachteten Betrag außergerichtlich zahlen bzw. Zahlung eines derartigen Betrags<br />

anerkennen. Wenn die Unternehmensberatung dann den darüber hinausgehenden<br />

Betrag einklagt, geht das daraus entstehende Prozess- und<br />

Kostenrisiko zu ihren Lasten. Die Argumentation des LG München I überzeugt<br />

deshalb nicht.<br />

III. Rechtsprechung zu § 343 BGB<br />

Der BGH 183 hat zur Frage der Herabsetzung der Vertragsstrafe gemäß § 343<br />

BGB ausgeführt, dass Vertragsstrafeklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

typischerweise einseitig gestaltet seien. Sie unterlägen der an<br />

Treu und Glauben orientierten richterlichen Inhaltskontrolle, die nicht erst<br />

an die verwirkte, sondern bereits an die vereinbarte Strafe anknüpfe und von<br />

Amts wegen vorzunehmen sei. Darüber hinaus erstrecke sich die Billigkeitsprüfung<br />

gerade nicht auf die Besonderheiten der jeweiligen Vertragsbeziehung.<br />

Vielmehr habe sie in erster Linie die allgemeinen Verhältnisse der<br />

üblicherweise an dem jeweiligen Vertrag Beteiligten zu berücksichtigen.<br />

Damit änderten sich nach Auffassung des BGH zugleich die Rechtsfolgen:<br />

Ebenso wie unangemessene Geschäftsbedingungen allgemein als nichtig anzusehen<br />

seien, führe das Argument des erhöhten Schuldnerschutzes zur Unwirksamkeit<br />

überzogener Vertragsklauseln 184 . Dabei ergäben sich keine Abweichungen<br />

im Rechtsverkehr mit Kaufleuten, da diese ebenfalls durch<br />

§ 242 BGB gegen unbillige Geschäftsbedingungen geschützt seien. Eine an<br />

§ 343 BGB ausgerichtete Herabsetzung der vereinbarten Vertragsstrafe<br />

scheide somit aus.<br />

182 LG München I, CR 1993, 766 = Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*121 = BB-Beilage 1993,<br />

Beil. 13, 14 m.Anm. Zahrnt.<br />

183 BGHZ 85, 312.<br />

184 Vgl. Lindacher, AcP 173, 124 ff.<br />

156


Rechtsfolge bei unverhältnismäßig hoher Mindestvertragsstrafe<br />

Der BGH 185 hat in einer weiteren Entscheidung für den Fall eines Wettbewerbsverbots<br />

zwischen Gebäudereinigern die entgangene Gewinnerwartung<br />

186 bei Verlust eines Auftrags (DM 3.856,32) und die Vertragsstrafe (DM<br />

10.000,–) ins Verhältnis gesetzt und aufgrund dessen entschieden, dass die<br />

Vertragsstrafenklausel als Allgemeine Geschäftsbedingung wegen Verstoßes<br />

gegen § 9 AGBG unwirksam sei. Da es sich um eine formularmäßig vereinbarte<br />

Vertragsstrafe handle, scheide eine Herabsetzung der Vertragsstrafe<br />

gemäß § 343 BGB nach der ständigen Rechtsprechung des BGH aus 187 .<br />

Das LG Darmstadt 188 hat die im konkreten Fall verwirkte Vertragsstrafe in<br />

Höhe von DM 25.000,– gemäß § 343 BGB auf das vom Gericht angesichts<br />

der Auftragssumme von ca. DM 47.500,– als angemessen angesehene Maß<br />

von DM 15.000,– herabgesetzt. Das LG Darmstadt hat dabei die Rechtsprechung<br />

für Bauverträge, nach der die Höchstgrenze der Vertragsstrafe zwischen<br />

20 bis 40 % der Auftragssumme liegt, als Anhaltspunkt für seine Beurteilung<br />

genommen.<br />

IV. Stellungnahme<br />

Zu dem ersten Urteil des BGH ist klarzustellen, dass es sich nicht auf Wettbewerbsverbote<br />

mit Auftragnehmern bezieht, sondern auf den Fall des Verzugs<br />

des Auftragnehmers mit Bauleistungen. Im konkreten Fall sollte der<br />

Auftragnehmer pro Kalendertag 0,5 % der Auftragssumme (= DM<br />

828.305,15) zahlen. Danach hätte der Auftragnehmer bereits bei einem Verzug<br />

von wenig mehr als drei Monaten die Hälfte seines Werklohns eingebüßt<br />

und ab ca. 6 ½ Monaten das Bauwerk vollkommen unentgeltlich entrichten<br />

müssen.<br />

Das benachteiligte den Bauunternehmer im Fall des BGH in der Tat derart<br />

stark, dass die Klausel bei verständiger Würdigung wegen Verstoßes gegen<br />

§ 138 BGB bzw. § 9 AGBG als insgesamt unwirksam einzustufen war. Das<br />

Urteil des BGH ist deshalb für den konkreten Fall richtig. Für den Fall des<br />

Wettbewerbsverbots mit einem Freiberufler, das 20 % des Umsatzes als<br />

Gewinnabschöpfung vorsieht, greifen die Ausführungen des BGH indessen<br />

nicht durch. Denn diese Regelung ist nicht derart überzogen, dass sie wegen<br />

der Höhe der Vertragsstrafe als insgesamt unwirksam eingestuft werden<br />

müsste, sondern entspricht im Gegenteil in etwa dem Betrag, der der Unternehmensberatung<br />

an Gewinn durch das unmittelbare Tätigwerden des Frei-<br />

185 BGH NJW-RR 1998, 1508 f. = ZIP 1998, 1159 ff.<br />

186 Unter Hinweis auf BGHZ 85, 305, 312 f. = NJW 1983, 385 = LM § 341 BGB Nr. 9.<br />

187 Unter Hinweis auf BGHZ 85, 305, 314 f. = NJW 1983, 385 = LM § 341 BGB Nr. 9<br />

m.w.N.; BGH NJW-RR 1990, 1076 = LM H. 7/1991 § 9 AGBG Nr. 15.<br />

188 LG Darmstadt, Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*269 m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

157


Die Rechtsfolgenregelung: Vertragsstrafe<br />

beruflers beim Endkunden entgeht. Das muss zulässig sein, weil die Unternehmensberatung<br />

durch das Wettbewerbsverbot auch etwas vom Gewinn<br />

abschöpfen darf, den der Endkunde durch die unmittelbare Tätigkeit des<br />

Freiberuflers bei diesem erzielt.<br />

Das zweite Urteil des BGH und das des LG Darmstadt haben Vertragsstrafe<br />

und Auftragssumme ins Verhältnis gesetzt. Das ist im Ansatz gewiss korrekt.<br />

Fraglich ist aber, ob dieser Ansatz nicht zu ergänzen ist und im Ergebnis aus<br />

den folgenden Gründen zu korrigieren ist.<br />

1. Pönaler Charakter der Vertragsstrafe<br />

Die Vertragsstrafe hat bewusst und gewollt pönalen Charakter. Denn anderenfalls<br />

erhielte die Unternehmensberatung bei einem unmittelbaren Tätigwerden<br />

des Freiberuflers nur die Kehrseite dessen, was sie faktisch durch<br />

das konkrete Projekt verloren hat. Die Unternehmensberatung hat aber in<br />

der Regel mehr als nur das konkrete Projekt verloren, so dass der Schaden,<br />

der der Unternehmensberatung tatsächlich im kaufmännischen Sinne entsteht,<br />

weit höher ist 189 .<br />

2. Gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der Herabsetzung<br />

Das Gesetz sieht in § 343 BGB ausdrücklich die Möglichkeit der Herabsetzung<br />

einer unverhältnismäßig hohen Vertragsstrafe ausdrücklich vor. Das<br />

ebnet der Rechtsprechung den Weg, die Vertragsstrafe auf das angemessene<br />

Maß herabzusetzen. § 343 BGB enthält damit eine vom Gesetzgeber für die<br />

Rechtsprechung vorgesehene Billigkeitskontrolle, d.h. die Gerichte dürfen<br />

in diesem Fall ausdrücklich eine übermäßig hohe Vertragsstrafe im Wege<br />

der Rechtsgestaltung auf den angemessenen Betrag herabsetzen 190 .<br />

Die Regelung des § 343 BGB fungiert damit für den Fall der Vereinbarung<br />

einer unverhältnismäßig hohen Vertragsstrafe zwar im nicht-kaufmännischen<br />

Verkehr als vom Gesetzgeber eingebaute Schranke bei der Anwendung<br />

des § 138 BGB. Diese Schranke findet indessen ihrerseits ihre Schranke<br />

in Treu und Glauben (§ 242 BGB). Damit hat die Rechtsprechung auch<br />

die Möglichkeit, eine unverhältnismäßig hohe Vertragsstrafe wegen Verstoßes<br />

gegen § 138 BGB gemäß § 139 BGB als insgesamt unwirksam einzustufen.<br />

Diese Möglichkeit darf die Rechtsprechung allerdings nur dann nutzen,<br />

wenn die Vertragsstrafe drastisch unverhältnismäßig hoch ist, weil anderenfalls<br />

die Regelung des § 343 BGB sinnlos wäre 191 .<br />

189 Siehe § 13 C) I.<br />

190 Palandt-Heinrichs, BGB, § 343 Rdnr. 1.<br />

191 Im Ergebnis ebenso Kaiser, Die Vertragsstrafe im Wettbewerbsrecht, S. 162.<br />

158


Zahlung von 20 % des erzielten Umsatzes über den Mindestbetrag der Vertragsstrafe<br />

3. Zusammenfassung<br />

Eine Unwirksamkeit wegen Verstoßes gegen § 138 BGB kommt nicht nur in<br />

Betracht, sondern ist zwingend von der Systematik des Gesetzes vorgegeben.<br />

Denn anderenfalls dürfte die Unternehmensberatung im Vertrauen darauf,<br />

dass ein Gericht die Höhe der Vertragsstrafe herabsetzen wird, immer<br />

eine stark unverhältnismäßig hohe Vertragsstrafe vereinbaren. Das darf nicht<br />

richtig sein, weil das nicht im Sinne der in § 138 BGB enthaltenen Regelung<br />

ist: Wenn derjenige, der seinen Vertragspartner in sittenwidriger Weise übervorteilt,<br />

nur damit zu rechnen brauchte, schlimmstenfalls durch gerichtliche<br />

Festsetzung diejenige gerade noch vertretbare und damit sittengemäße Regelung<br />

zu bekommen, verlöre das sittenwidrige Rechtsgeschäft für diesen<br />

das Risiko, mit dem es durch die vom Gesetz angedrohte Nichtigkeitsfolge<br />

gerade behaftet sein soll 192 .<br />

Im Ergebnis bedeutet das: Wenn der Betrag der Vertragsstrafe offensichtlich<br />

unverhältnismäßig hoch ist, ist das Prozessrisiko des Freiberuflers ohnehin<br />

gering, so dass dieses Risiko dem Freiberufler in diesem Fall zumutbar ist.<br />

Wenn die Höhe der Vertragsstrafe im Grenzbereich der zulässigen Höhe<br />

liegt, ist dem Freiberufler dieses Prozessrisiko zumutbar. Denn der Freiberufler<br />

ist als selbständiger Unternehmer geschäftserfahrener als derjenige,<br />

dessen Schutz § 343 BGB bezweckt. Außerdem hat der Freiberufler den<br />

Prozess durch sein Verhalten bewusst herausgefordert.<br />

C) Verpflichtung zur Zahlung von 20 % des erzielten Umsatzes<br />

über den Mindestbetrag der Vertragsstrafe hinaus<br />

Es wird in der Praxis argumentiert, die Regelung, der Freiberufler müsse<br />

über den ohnehin schon hohen Betrag von DM 20.000,– hinaus noch 20 %<br />

des von ihm erzielten Umsatzes abführen, benachteilige ihn unangemessen,<br />

so dass das Wettbewerbsverbot wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG bzw.<br />

§ 138 BGB unwirksam sei.<br />

Diese Rechtsfolgenregelung des Wettbewerbsverbots hat zum Zweck, den<br />

Gewinn, den der Freiberufler und der Endkunde durch den Wettbewerbsverstoß<br />

erzielen, der Unternehmensberatung zuzuführen 193 . Der Betrag von<br />

20 % über die Mindestvertragsstrafe hinaus kann zu diesem Zweck kaum als<br />

192 BGH NJW 1986, 2944, BGH NJW 1991, 699, OLG Hamm NJW-RR 1993, 1315.<br />

193 Ähnlich LG Heilbronn, Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*278 m.Anm. <strong>Erben</strong>: Die Vertragsstrafe<br />

in Höhe von 20 % des Umsatzes solle den rechtswidrig erlangten Gewinn abschöpfen.<br />

Deshalb könne die Vertragsstrafe nicht ins Unermessliche wachsen, sondern<br />

sie orientiere sich an der Schwere des Vertragsverstoßes, die im wesentlichen an<br />

dem Umsatz hänge.<br />

159


Die Rechtsfolgenregelung: Vertragsstrafe<br />

unangemessen hoch eingestuft werden, wie die folgende Überlegung veranschaulicht:<br />

Der Mindestbetrag der Vertragsstrafe von DM 20.000,– ist bei<br />

einem Stundensatz von netto DM 140,– und Abführung von 20 % des erzielten<br />

Umsatzes bereits nach 18 Wochen erreicht: 20 % von DM 140,– = DM<br />

28,–/Stunde x 8 Stunden/Tag x 5 Tage/Woche x 18 Wochen = DM 20.160,–.<br />

Das bedeutet, dass der Freiberufler nach 18 Wochen insgesamt sanktionslos<br />

gestellt wäre, wenn der über den Betrag der Mindestvertragsstrafe hinausgehende<br />

Betrag die Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots bewirkte. Das<br />

hätte zur Folge, dass der Freiberufler den Mehrbetrag, den er durch die unmittelbare<br />

Tätigkeit für den Kunden erzielt, bereits ab der 19. Woche seines<br />

Wettbewerbsverstoßes insgesamt sanktionslos für sich verbuchen dürfte.<br />

Der Freiberufler hätte dann nahezu ohne Einbußen einen neuen Kunden für<br />

sich gewonnen. Denn während des Zeitraums, während dessen der Freiberufler<br />

20 % des Umsatzes abführen muss, hat er ebenfalls bereits mehr Einnahmen<br />

als bei der vorherigen Tätigkeit über die Unternehmensberatung,<br />

weil er bei der unmittelbaren Tätigkeit in aller Regel einen höheren Stundensatz<br />

umsetzt und damit die Berechnungsbasis für die Vertragsstrafe eine<br />

höhere ist. Setzt man das zueinander ins Verhältnis, wird der Zeitraum von<br />

18 Wochen noch geringer.<br />

Der Betrag der Mindestvertragsstrafe in Höhe von DM 20.000,– ist mithin<br />

nur ein Tropfen auf den heißen Stein für die Unternehmensberatung. Die<br />

Regelung des Abführens von 20 % des erzielten Umsatzes über den Mindestbetrag<br />

der Vertragsstrafe hinaus begegnet deshalb keinen Bedenken.<br />

I. Deckungsgleichheit zwischen Vertragsstrafe und dem Betrag<br />

der Gewinnabschöpfung<br />

Der Betrag der Vertragsstrafe ist im Muster-Wettbewerbsverbot höher als<br />

der konkrete Schaden, der der Unternehmensberatung entsteht 194 . Es fragt<br />

sich, ob die Rechtsfolgenregelung aus dem Wettbewerbsverbot aus diesem<br />

Grund unwirksam ist.<br />

Für das Schadensersatzrecht ist die Rechtsfolgenregelung unter dem Gesichtspunkt<br />

des Bereicherungsverbots bedenklich. Beim Muster-Wettbewerbsverbot<br />

ist allerdings die Rechtsfolgenregelung ausdrücklich als Vertragsstrafe<br />

definiert. Diese soll das vertragswidrige Verhalten des Freiberuflers,<br />

nämlich den Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung, pönalisieren.<br />

Deshalb darf Deckungsgleichheit jedenfalls kein unbedingtes Erfordernis<br />

für die Beurteilung der Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots sein. Au-<br />

194 Siehe § 12 B) II.<br />

160


Zahlung von 20 % des erzielten Umsatzes über den Mindestbetrag der Vertragsstrafe<br />

ßerdem ist das Instrument der Vertragsstrafe gesetzlich anerkannt. Verlangte<br />

man unbedingte Deckungsgleichheit, entzöge das dem Rechtsinstitut der<br />

Vertragsstrafe im Verhältnis zum Schadensersatz die Grundlage.<br />

Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Unternehmensberatung durch das<br />

vertragswidrige Verhalten des Freiberuflers Gefahr läuft, ihren Kunden insgesamt<br />

zu verlieren, also einschließlich anderer dort eingesetzter Mitarbeiter<br />

und einschließlich von Folgeaufträgen. Diese Gefahr besteht in der Viererkonstellation<br />

in besonderem Maße: Verstößt der Freiberufler gegen das mit<br />

der untergeordneten Unternehmensberatung vereinbarte Wettbewerbsverbot<br />

und wird er unmittelbar beim Endkunden tätig, schaltet er damit nicht nur<br />

die untergeordnete Unternehmensberatung, sondern auch die übergeordnete<br />

Unternehmensberatung aus. Wenn sich dieser Fall häuft, führt das in der<br />

Praxis dazu, dass die übergeordnete Unternehmensberatung die Zusammenarbeit<br />

mit der untergeordneten Unternehmensberatung insgesamt kündigt.<br />

Die untergeordnete Unternehmensberatung trifft zwar kein Verschulden am<br />

Verhalten des Freiberuflers, weil sie den Vertragsverstoß des Freiberuflers<br />

nicht verhindern kann. Dieser Fall zeigt aber, dass der tatsächliche Schaden,<br />

der der untergeordneten Unternehmensberatung im Beispiel entsteht und<br />

theoretisch bei jedem Wettbewerbsverstoß eines Freiberuflers entstehen<br />

kann, um ein Vielfaches größer sein kann als der Betrag der Gewinnabschöpfung<br />

in Höhe von 20 %. Auch deshalb darf Deckungsgleichheit keine<br />

unbedingte Voraussetzung für die Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots<br />

sein.<br />

Ein weiteres Argument fußt in der Besonderheit des deutschen Schadensersatzrechts.<br />

Nach diesem kann der Berechtigte regelmäßig nur den Ersatz des<br />

tatsächlich entstandenen Schadens verlangen. Dieser Schaden ist häufig gering:<br />

So kann man zugunsten des Freiberuflers argumentieren, der Kunde<br />

hätte den Einzelauftrag mit der Unternehmensberatung ohnehin jederzeit<br />

gemäß § 627 BGB kündigen können. Man kann weiterhin argumentieren,<br />

der Freiberufler hätte den Vertrag doch seinerseits ebenfalls jederzeit kündigen<br />

können. Man kann schließlich argumentieren, worin denn überhaupt der<br />

Schaden der Unternehmensberatung liegen solle, wenn der Kunde ohnehin<br />

nach dem Vertrag mit der Unternehmensberatung in der Einarbeitungszeit<br />

ein außerordentliches Kündigungsrecht bzw. nach der Einarbeitungszeit ein<br />

ordentliches Kündigungsrecht ohne Angabe von Gründen habe.<br />

II.<br />

Stellungnahme<br />

Die Gegenargumente geben dem kaufmännischen Schaden, den die Unternehmensberatung<br />

erleidet, zu wenig Gewicht. Dieser Schaden ist weit grö-<br />

161


Die Rechtsfolgenregelung: Vertragsstrafe<br />

ßer als der Betrag, den die Unternehmensberatung durch den Betrag der<br />

Gewinnabschöpfung vom Freiberufler im Wege der Vertragsstrafe verlangt.<br />

Das Rechtssystem der Vereinigten Staaten berücksichtigt diese Überlegung<br />

in Form der Strafschadensersatzansprüche (punitive damages). Eine U.S.-<br />

amerikanische Jury hätte kaum Probleme damit, Schadensersatzansprüche in<br />

Höhe des Zehnfachen oder mehr des Betrags der Vertragsstrafe zuzuerkennen,<br />

wenn die Unternehmensberatung nachweist, dass der Freiberufler vorsätzlich<br />

gegen das vereinbarte Wettbewerbsverbot verstoßen hat.<br />

Die Konzeption der punitive damages ist im deutschen Recht ansatzweise in<br />

dem Rechtsinstitut der Vertragsstrafe enthalten. Weil das so ist, ist es kontraproduktiv,<br />

wenn man fordert, dass der Betrag der Gewinnabschöpfung<br />

nicht höher sein dürfe als der Gewinn, der der Unternehmensberatung entgehe.<br />

Im Ergebnis spricht deshalb nichts Durchgreifendes dagegen, dass der<br />

Betrag der Vertragsstrafe höher ist als der tatsächliche Schaden, den die Unternehmensberatung<br />

durch den Wettbewerbsverstoß des Freiberuflers erleidet.<br />

D) Rechtsfolge enthalte unzulässige Regelung pauschalierten<br />

Schadensersatzes<br />

Viele Wettbewerbsverbote in der Praxis sind so formuliert wie das Muster-<br />

Wettbewerbsverbot, allerdings ohne den ausdrücklichen Zusatz, dass der<br />

Mindestbetrag von DM 20.000,– und das Abführen von 20 % des erzielten<br />

Umsatzes darüber hinaus ausdrücklich „als Vertragsstrafe“ zu zahlen sind. –<br />

Manche Wettbewerbsverbote in der Praxis sind auch so formuliert, dass die<br />

Beträge „als Entschädigung“ zu zahlen sind.<br />

In diesen Fällen fragt sich, ob die Rechtsfolgenregelung des Wettbewerbsverbots<br />

als Regelung eines pauschalierten Schadensersatzes zu lesen ist. Als<br />

solche wäre die Rechtsfolgenregelung wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 5<br />

AGBG unwirksam, weil sie nicht die über § 9 AGBG auch im kaufmännischen<br />

Verkehr 195 zwingend erforderliche Formulierung enthält, dass der<br />

Freiberufler nur einen geringeren Betrag als Schadensersatz zahlen muss,<br />

wenn er nachweist, dass ein Schaden überhaupt nicht entstanden oder<br />

wesentlich niedriger als die Pauschale ist.<br />

Wenn die Regelung einen pauschalierten Schadensersatz beinhaltete, bestünden<br />

berechtigte Bedenken gegen die Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots.<br />

Denn dann hätte die Unternehmensberatung theoretisch selbst dann<br />

195 Die Wertungen des § 11 AGBG sind auch im kaufmännischen Verkehr zu berücksichtigen,<br />

vgl. Brandner, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, § 9, Rdnr. 13.<br />

162


Aufspaltung in Tatbestand und Rechtsfolge<br />

Ansprüche gegen den Freiberufler, wenn ihr kein Schaden entstanden ist 196 .<br />

Das begründete zugunsten der Unternehmensberatung einen Schadensersatzanspruch<br />

ohne das Erfordernis der Kausalität. Eine solche Regelung wäre<br />

in der Tat wegen Verstoßes gegen §§ 9, 11 Nr. 5 AGBG unwirksam. Diese<br />

Fragen stellen sich allerdings nur, wenn man der Ansicht ist, es handle sich<br />

in diesen Fällen tatsächlich um eine Regelung eines pauschalierten Schadensersatzes.<br />

Das ist durch Auslegung zu ermitteln.<br />

Bei der Formulierung „als Entschädigung“ liegt die Annahme einer pauschalierten<br />

Schadensersatzregelung zwar nach dem Wortlaut näher als bei der<br />

Formulierung, in der die Worte „als Vertragsstrafe“ fehlen. In beiden Fällen<br />

soll die Regelung allerdings den Freiberufler ersichtlich dazu anhalten, nicht<br />

gegen die Vereinbarung zu verstoßen. Außerdem soll sie der Unternehmensberatung<br />

im Verletzungsfall die Möglichkeit einer erleichterten Schadloshaltung<br />

eröffnen. Nach diesen beiden Kriterien grenzt die Rechtsprechung die<br />

Vertragsstrafe vom pauschalierten Schadensersatz ab 197 .<br />

Im Fall des Wettbewerbsverbots zwischen Unternehmensberatung und Freiberufler<br />

greift insbesondere das zweite Kriterium durch: Der Freiberufler<br />

soll einen bestimmten Betrag zahlen, ohne dass die Unternehmensberatung<br />

einen Schaden konkret nachweisen muss 198 . Das ist Sinn und Zweck der<br />

Sanktion (Rechtsfolge) aus dem Wettbewerbsverbot. Denn anderenfalls hätte<br />

es der Regelung der Sanktion nicht bedurft, weil die Rechtsfolge: Schadensersatz<br />

per Gesetz eintritt. Die genannten Formulierungen sind mithin<br />

nicht wegen Verstoßes gegen §§ 9, 11 Nr. 5 AGBG unwirksam.<br />

E) Aufspaltung in Tatbestand und Rechtsfolge<br />

In § 13 C) ist die Frage behandelt worden, ob eine unverhältnismäßig hohe<br />

Mindestvertragsstrafe als Rechtsfolgenregelung auf das zulässige Maß reduziert<br />

werden darf oder gegebenenfalls muss. Dabei ist als conditio sine qua<br />

non davon ausgegangen worden, dass sich das Wettbewerbsverbot in Tatbestand<br />

(Unterlassungsverpflichtung) und Rechtsfolge (Vertragsstrafe) aufspalten<br />

lässt. Es fragt sich, ob das überhaupt zulässig ist.<br />

I. Die Regelung des § 343 BGB<br />

Eine solche Aufteilung lässt sich zwar dem Gesetz aus § 343 BGB entnehmen,<br />

weil diese Regelung ausdrücklich vorsieht, dass eine unverhältnismä-<br />

196 Praktisch ist das kaum möglich, weil immer ein Schaden in Form entgangenen Gewinns<br />

entsteht.<br />

197 Vgl. Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, § 11 Nr. 5 Rdnr. 7 m.w.N.<br />

198 Weil dieser Nachweis schwer zu führen ist, vgl. § 13 A) II.<br />

163


Die Rechtsfolgenregelung: Vertragsstrafe<br />

ßig hohe Vertragsstrafe auf das angemessene Maß herabgesetzt werden<br />

kann. Die Zulässigkeit dieser Teilbarkeit ist allerdings nicht selbstverständlich.<br />

Man kann auch annehmen, dass die Rechtsfolge: Vertragsstrafe mit<br />

dem Tatbestand eine Einheit bilde. Das hätte zur Folge, dass nur die Einheit<br />

als solche überprüft werden dürfe. Das wiederum hätte zur Folge, dass das<br />

Wettbewerbsverbot automatisch unwirksam wäre, wenn die Rechtsfolge das<br />

zulässige Maß überschritte.<br />

Diese Frage ist bei einer Individualvereinbarung gemäß § 139 BGB zu beurteilen:<br />

Wenn das Vertragsstrafeversprechen gemäß § 138 BGB nichtig ist,<br />

kann das über § 139 BGB auch die Nichtigkeit der Hauptverbindlichkeit, also<br />

der Unterlassungsverpflichtung begründen 199 . Bei einer formularmäßigen<br />

Vereinbarung des Wettbewerbsverbots ist diese Frage anhand von § 9<br />

AGBG zu beurteilen: Danach führt die unverhältnismäßige Höhe der Strafe<br />

nach einer Entscheidung des BGH 200 automatisch zur Unwirksamkeit der<br />

Vertragsstrafenklausel insgesamt 201 .<br />

II. Pro und contra<br />

Die Rechtsfolge: Gesamtnichtigkeit bedeutete, dass der Freiberufler auch<br />

nicht an die Unterlassungsverpflichtung gebunden wäre. Dann hätte die Unternehmensberatung<br />

weder Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe, noch<br />

könnte sie Unterlassung des – dann nämlich nicht – wettbewerbswidrigen<br />

Handelns des Freiberuflers verlangen. Gegen das Ergebnis der Gesamtnichtigkeit<br />

spricht zunächst, dass das Risiko der Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots<br />

zu stark zu Lasten der Unternehmensberatung verschoben<br />

wird 202 . Gegen dieses Ergebnis spricht, dass die Unternehmensberatung einen<br />

Wettbewerbsvorteil, den sie sich geschaffen hat, für einen bestimmten<br />

Zeitraum für sich sichern will. Deshalb vereinbart sie ein Wettbewerbsverbot<br />

mit dem Freiberufler. Das muss sie im Ansatz tun dürfen, weil sonst<br />

niemand mehr Akquisition betriebe.<br />

Gegen dieses Ergebnis spricht ferner, dass die Unternehmensberatung die<br />

Wahl hat, ob sie allein aus der Unterlassungsverpflichtung gegen den Freiberufler<br />

vorgehen möchte. Das LG München II 203 hat im Einstweiligen Verfügungsverfahren<br />

durch Versäumnisurteil entschieden, dass der Freiberufler<br />

für die Dauer des Wettbewerbsverbots nicht beim durch das Wettbewerbs-<br />

199 Palandt-Heinrichs, BGB, § 343, Rdnr. 3 unter Hinweis auf RG 158, 301.<br />

200 BGHZ 85, 31.<br />

201 Ebenso Palandt-Heinrichs, BGB, § 343, Rdnr. 9.<br />

202 Siehe § 11 C) III.<br />

203 LG München II, Versäumnisurteil vom 23.6.99, 11 O 3222/99, zur Veröffentlichung<br />

vorgesehen in Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

164


Aufspaltung in Tatbestand und Rechtsfolge<br />

verbot geschützten Endkunden als Software-Entwickler, Software-Berater<br />

oder in sonstiger Weise unterstützend in Software-Angelegenheiten tätig<br />

sein bzw. werden dürfe. Dieses Urteil enthält zwar keine Begründung. Das<br />

mindert aber nicht seinen rechtlichen Wert, weil einem Versäumnisurteil eine<br />

Schlüssigkeitsprüfung vorangehen muss. Denn wenn das LG München II<br />

der Auffassung gewesen wäre, das Wettbewerbsverbot sei unwirksam, hätte<br />

es die Einstweilige Verfügung nicht erlassen (dürfen).<br />

Auch das LG Stuttgart 204 hat dem Antrag der Unternehmensberatung, der<br />

Freiberufler möge die unmittelbare Tätigkeit beim Kunden der Unternehmensberatung<br />

bis zum Ablauf der im Wettbewerbsverbot vereinbarten 18-<br />

monatigen Schutzfrist unterlassen, im Einstweiligen Verfügungsverfahren<br />

stattgegeben und diese Entscheidung im Hauptsacheverfahren bestätigt.<br />

Nach diesen Entscheidungen kommt es mithin auf die Frage der Rechtsfolge<br />

in bezug auf die Unterlassungsverpflichtung nicht an.<br />

Für die Rechtsfolge: Gesamtnichtigkeit spricht allerdings, dass die Unternehmensberatung<br />

beliebige Rechtsfolgen wählen dürfte, wenn die Unterlassungsverpflichtung<br />

ungeachtet dessen wirksam bliebe. Das darf nicht richtig<br />

sein. Es ist deshalb ein angemessener Interessenausgleich zu finden. Für<br />

diesen Interessenausgleich hilft es, sich die synallagmatische Verknüpfung<br />

zwischen Leistung und Gegenleistung 205 zu vergegenwärtigen. Diese bildet<br />

die Grundlage und die Rechtfertigung für das Wettbewerbsverbot: Die Leistung<br />

der Unternehmensberatung besteht darin, dass sie den Kunden akquiriert<br />

hat und sich deshalb davor schützen will, dass der Freiberufler diesen<br />

Kunden abwirbt, und dass sie das – wie die Praxis der zahlreichen Wettbewerbsverstöße<br />

zeigt – auch tun muss.<br />

Die Fragestellung lautet deshalb bezogen auf das Synallagma 206 bei Wettbewerbsverboten<br />

wie folgt: Berechtigt die Tatsache, dass die Unternehmensberatung<br />

den Endkunden akquiriert hat und damit dem Freiberufler dessen Tätigkeit<br />

bezogen auf den konkreten Auftrag erst ermöglicht hat, die Unternehmensberatung<br />

dazu, dafür als Gegenleistung jedenfalls das Einhalten der<br />

Unterlassungsverpflichtung zu verlangen 207 <br />

Das Unterlassen des Wettbewerbs ist die Gegenleistung, die die Unternehmensberatung<br />

fordert. Die Unternehmensberatung hat ihre Leistung also be-<br />

204 LG Stuttgart, Urteil vom 8.2.2000, 17 O 611/99, zur Veröffentlichung vorgesehen in<br />

Zahrnt (Hrsg.), ECR m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

205 Siehe § 9 A) I.<br />

206 Das Wettbewerbsverbot ist gegenseitiger Vertrag im Sinne der §§ 320 ff. BGB, vgl.<br />

BAG BB 1968, 1288; 1984, 535; DB 1986, 178; Ruß, in HK-HGB, § 74 Rdnr. 3.<br />

207 Vgl. § 13 E).<br />

165


Die Rechtsfolgenregelung: Vertragsstrafe<br />

reits erbracht. Als Gegenleistung fordert sie ein zukünftiges Unterlassen.<br />

Diese Gegenleistung bildet als Unterlassungsverpflichtung damit den Tatbestand<br />

des Wettbewerbsverbots. Die Rechtsfolgenseite des Wettbewerbsverbots<br />

regelt dagegen zumindest in bezug auf die Vertragsstrafenregelung etwas,<br />

das gar nicht geschehen soll, weil das nicht Teil des synallagmatischen<br />

Leistungsaustauschs zwischen der Unternehmensberatung und dem Freiberufler<br />

ist. Der Leistungsaustausch wird nämlich allein durch das Bereitstellen<br />

des Kunden und das Unterlassen des Wettbewerbs vollzogen.<br />

III. Ergebnis<br />

Die Vertragsstrafenregelung bildet als Sanktion nur die Sekundärpflicht, die<br />

bei Verletzung der Primärpflicht (Unterlassen des Wettbewerbs) eintreten<br />

soll. Daraus folgt, dass die Unternehmensberatung grundsätzlich Anspruch<br />

darauf hat, dass auch der Freiberufler seine Primärpflicht erfüllt und also die<br />

Unterlassungsverpflichtung einhält – zunächst einmal unabhängig davon,<br />

welche Rechtsfolge die Unternehmensberatung als Sekundärpflicht für einen<br />

Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung angesetzt hat. Schließlich soll<br />

der Freiberufler den Wettbewerb unterlassen und nicht gegen Zahlung der<br />

Vertragsstrafe berechtigt sein, beim bisherigen Kunden der Unternehmensberatung<br />

tätig zu werden 208 .<br />

Daraus folgt im Grundsatz: Wenn die Rechtsfolge sich nicht mehr im Rahmen<br />

des Zulässigen hält, ist allein die vertragliche Rechtsfolgenregelung als<br />

solche unwirksam. Die Unterlassungsverpflichtung bleibt davon unberührt<br />

und ist damit selbst dann wirksam, wenn die Rechtsfolgenregelung gegen<br />

§ 138 BGB bzw. gegen § 9 AGBG verstößt 209 .<br />

An die Stelle der unwirksamen Rechtsfolgenregelung tritt grundsätzlich die<br />

gesetzlich vorgesehene Rechtsfolge: Schadensersatz. Das bedarf allerdings<br />

einer Einschränkung für solche Fälle, in denen die Rechtsfolgenregelung in<br />

hohem Maß den Vorwurf rechtfertigt, sie verstoße gegen § 138 BGB bzw.<br />

208 Im Wege einer betriebswirtschaftlichen Rechnung, vgl. § 1 C).<br />

209 Ähnlich im Ergebnis das OLG Stuttgart als Berufungsinstanz zum Urteil des LG<br />

Heilbronn, abgedruckt in der Anm. zum Urteil des LG Heilbronn in Zahrnt (Hrsg.),<br />

ECR LG*278 m.Anm. <strong>Erben</strong>: Das OLG Stuttgart hat als Einleitung zum Vergleich<br />

zu Protokoll formuliert, dass die Parteien darauf hingewiesen werden, die Unterlassungsverpflichtung<br />

stelle nach vorläufiger Auffassung des Senats eine wirksame „individuale<br />

Verpflichtung“ dar. Allerdings seien in den dann vorgesehenen Sanktionen<br />

möglicherweise unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen zu sehen; diese Einschätzung<br />

hätte zur Folge, dass die Unternehmensberatung lediglich Ersatz ihres<br />

nachweislich eingetretenen Schadens zu beanspruchen hätte.<br />

166


Problematik<br />

§ 9 AGBG 210 . Denn es darf nicht sein, dass die Unternehmensberatung in<br />

der Rechtsfolgenregelung frei ist und diese also beliebig ausgestalten dürfte<br />

211 . Ein genereller Leitsatz dahingehend, dass es für die Beurteilung der<br />

Wirksamkeit der Unterlassungsverpflichtung aus einem Wettbewerbsverbot<br />

unerheblich sei, welche Rechtsfolgenregelung vereinbart ist, ist allerdings<br />

abzulehnen.<br />

§ 14 Auslegung des Begriffs „Kunde“ im<br />

Wettbewerbsverbot<br />

In den §§ 14 bis 17 werden ausgewählte Probleme aus der Viererkonstellation<br />

behandelt. Es wird daran erinnert, dass die Unternehmensberatung, die<br />

den Endkunden akquiriert hat, in der Viererkonstellation der Hauptauftragnehmer<br />

ist und in dieser Arbeit „übergeordnete Unternehmensberatung“ genannt<br />

wird. Die weitere Unternehmensberatung ist Auftragnehmer der übergeordneten<br />

Unternehmensberatung und wird „untergeordnete Unternehmensberatung“<br />

genannt. Der Freiberufler ist in dieser Konstellation Unterauftragnehmer<br />

der übergeordneten Unternehmensberatung bzw. – im Verhältnis<br />

zum Endkunden – Unterunterauftragnehmer.<br />

Das Muster-Wettbewerbsverbot ist wie die meisten Wettbewerbsverbote in<br />

der Praxis unklar in bezug auf die Formulierung „Kunde“: Die Wettbewerbsverbote<br />

sind in der Regel so formuliert, dass der Freiberufler innerhalb<br />

einer bestimmten Dauer nicht bei solchen „Kunden“ (oder „Unternehmen“)<br />

tätig werden darf, für die er im Rahmen des Vertrags mit der untergeordneten<br />

Unternehmensberatung tätig geworden ist. Es stellt sich in der Viererkonstellation<br />

die Frage, wer „Kunde“ i.S.d. Wettbewerbsverbots ist. Gilt das<br />

Wettbewerbsverbot nur für den Endkunden, nur für die übergeordnete Unternehmensberatung<br />

– oder für beide<br />

A) Problematik<br />

Die Antwort auf diese Frage hat eine weitreichende Konsequenz: Wenn das<br />

Wettbewerbsverbot auch für die übergeordnete Unternehmensberatung gilt,<br />

darf der Freiberufler nicht für diese tätig werden. Das Wettbewerbsverbot,<br />

das die untergeordnete Unternehmensberatung mit dem Freiberufler vereinbart,<br />

beinhaltete in diesem Fall generell (zusätzlich) ein Abwerbungsverbot<br />

”zu Lasten” der übergeordneten Unternehmensberatung. Es fragt sich, ob<br />

210 Vgl. § 13 C) IV. 3.<br />

211 Vgl. § 13 C) IV. 3.<br />

167


Auslegung des Begriffs „Kunde“ im Wettbewerbsverbot<br />

das den Freiberufler und/oder die übergeordnete Unternehmensberatung unangemessen<br />

benachteiligt.<br />

B) Stellungnahme<br />

Die untergeordnete Unternehmensberatung setzt den Freiberufler über die<br />

übergeordnete Unternehmensberatung bei einem bestimmten Endkunden<br />

ein. Das legt nahe, dass mit der Formulierung „Kunde“ jedenfalls die Tätigkeit<br />

bei dem gleichen Endkunden verboten sein soll. Daraus folgt, dass die<br />

übergeordnete Unternehmensberatung den Freiberufler der untergeordneten<br />

Unternehmensberatung nicht abwerben und diesen bei dem Endkunden des<br />

betreffenden Projekts einsetzen darf.<br />

Möglicherweise darf die übergeordnete Unternehmensberatung den Freiberufler<br />

aber bei einem anderen Endkunden einsetzen. Nach dem Wortlaut des<br />

Wettbewerbsverbots ist das unklar: Mit der Formulierung „Kunde“ kann<br />

(nur) der Endkunde des betreffenden Projekts gemeint sein; es kann aber<br />

auch die übergeordnete Unternehmensberatung gemeint sein. Im zweiten<br />

Fall dürfte der Freiberufler nicht über die übergeordnete Unternehmensberatung,<br />

mit der er bisher keinen Vertrag hatte, bei anderen Endkunden tätig<br />

werden.<br />

Ist das Wettbewerbsverbot in AGB enthalten, gilt nach der Unklarheitenregel<br />

des § 5 AGBG, dass der Freiberufler sich auf die kundenfreundliche,<br />

mithin für ihn günstige Auslegung berufen darf. Dann darf er über die übergeordnete<br />

Unternehmensberatung bei anderen Endkunden der übergeordneten<br />

Unternehmensberatung tätig werden. Dieses Ergebnis wird durch die<br />

folgende Überlegung unterstützt: Wenn mit dem Begriff „Kunde“ auch die<br />

übergeordnete Unternehmensberatung gemeint sein solle, wäre diese für den<br />

Freiberufler insgesamt gesperrt, also nicht nur für den im konkreten Projekt<br />

benannten Endkunden.<br />

Die untergeordnete Unternehmensberatung hat zwar die übergeordnete Unternehmensberatung<br />

akquiriert und hat deshalb im Grundsatz ein rechtlich<br />

anerkennenswertes Interesse am Schutz ihres Kunden 212 . Es geht allerdings<br />

zu weit und benachteiligt den Freiberufler angesichts dessen, dass die großen<br />

Unternehmensberatungen den Markt beherrschen 213 , unangemessen in<br />

der Freiheit der Berufsausübung, wenn auch Projekte der übergeordneten<br />

Unternehmensberatung mit neuen Endkunden unter den Schutz des Wettbewerbsverbot<br />

fielen. Wenn nämlich der Freiberufler im Auftrag der unterge-<br />

212 Vgl. § 10 B) I.<br />

213 Vgl. § 6 B) II.<br />

168


Ergebnis<br />

ordneten Unternehmensberatung für mehrere große übergeordnete Unternehmensberatungen<br />

tätig wird, schränkte es die Möglichkeiten für den Freiberufler<br />

nach Beendigung des Vertrags mit der untergeordneten Unternehmensberatung<br />

zu stark ein, wenn alle übergeordneten Unternehmensberatungen<br />

für den Freiberufler gesperrt wären.<br />

Im Hinblick auf § 5 AGBG stellt sich die Frage, ob die Unklarheit für den<br />

Freiberufler im Ergebnis auch bedeutet, dass dieser beim gleichen Endkunden<br />

im identischen Projekt tätig werden darf. Insoweit kann man argumentieren,<br />

dass das Versäumnis der untergeordneten Unternehmensberatung, das<br />

ausdrücklich zu verbieten, zu ihren Lasten gehen müsse: Der Freiberufler<br />

könnte sich dann wegen § 5 AGBG auf die ihm im Einzelfall günstige Auslegung<br />

berufen und mithin argumentieren, das Wettbewerbsverbot schütze<br />

nur die übergeordnete Unternehmensberatung.<br />

Gegen diese Auslegung ist einzuwenden, dass es dem Verständnis der Branche<br />

entspricht, dass jedenfalls die Tätigkeit beim gleichen Endkunden vom<br />

Wettbewerbsverbot umfasst und damit verboten sein soll. Dieses Verständnis<br />

haben auch die Freiberufler: Sie fakturieren ihre Tätigkeit gegenüber der<br />

Unternehmensberatung regelmäßig dahingehend, die Unternehmensberatung<br />

möge „für beim Kunden x durchgeführte Tätigkeiten“ bezahlen. Der „Kunde<br />

x“ ist dabei in der Praxis immer der Endkunde, bei dem der Freiberufler<br />

tätig ist.<br />

Gegen diese Auslegung kann man weiter einwenden, dass in der Praxis regelmäßig<br />

mit Rahmenvertrag und diesen ausfüllenden Einzelverträgen gearbeitet<br />

wird. In diesen Einzelverträgen ist der „Kunde“ regelmäßig benannt.<br />

Der Freiberufler weiß also, auf wen sich das Wettbewerbsverbot bezieht,<br />

nämlich auf den Endkunden, bei dem er über die Unternehmensberatung im<br />

Einsatz ist.<br />

C) Ergebnis<br />

Trotz dieser Gegenargumente ist die Auslegung über § 5 AGBG plausibel.<br />

Ihr ist im Ergebnis der Vorzug zu geben, weil die Gegenansicht § 5 AGBG<br />

aushebelt. Das darf nicht sein, weil man damit den Willen des Gesetzgebers<br />

ignorierte.<br />

Daraus folgt für die zwei in der Praxis wichtigsten Fälle: Will der Freiberufler<br />

über die übergeordnete Unternehmensberatung in einem neuen Projekt<br />

beim gleichen Endkunden tätig werden, ist das bei sachgerechter Auslegung<br />

vom Wortlaut des Wettbewerbsverbots umfasst und damit verboten, wenn<br />

169


Pflicht zur Weiterleitung und Recht zur Auferlegung eines Wettbewerbsverbots<br />

man der Argumentationslinie Kundenschutz folgt 214 . Will der Freiberufler<br />

über die übergeordnete Unternehmensberatung bei einem neuen Endkunden<br />

tätig werden, ist das bei der gebotenen objektiven Auslegung nicht mehr<br />

vom Wortlaut des Wettbewerbsverbots umfasst und damit erlaubt.<br />

§ 15 Pflicht zur Weiterleitung und Recht zur Auferlegung<br />

eines Wettbewerbsverbots in der Viererkonstellation<br />

In diesem Abschnitt werden zwei Probleme behandelt: Zum Ersten die Frage,<br />

ob die untergeordnete Unternehmensberatung ein Wettbewerbsverbot,<br />

das die übergeordnete Unternehmensberatung ihr auferlegt hat, an den von<br />

ihr eingesetzten Freiberufler weiterleiten muss. Zum zweiten die Frage, ob<br />

die untergeordnete Unternehmensberatung berechtigt ist, dem von ihr eingesetzten<br />

Freiberufler ein Wettbewerbsverbot aufzuerlegen, wenn sie selbst<br />

nicht seitens der übergeordneten Unternehmensberatung an ein Wettbewerbsverbot<br />

gebunden ist.<br />

A) Weiterleitungspflicht der untergeordneten<br />

Unternehmensberatung<br />

Es kommt in der Praxis vor, dass ein Freiberufler gegenüber seinem Auftraggeber<br />

– der untergeordneten Unternehmensberatung – nicht an ein Wettbewerbsverbot<br />

gebunden ist, während diese im Verhältnis zu ihrem Auftraggeber<br />

– der übergeordneten Unternehmensberatung – an ein Wettbewerbsverbot<br />

gebunden ist. Dem steht nur auf den ersten Blick die Überlegung entgegen,<br />

das könne nicht sein, weil ein Wettbewerbsverbot in dieser Konstellation<br />

doch so nahe liege. Denn manche Freiberufler akzeptieren kein Wettbewerbsverbot;<br />

manche, insbesondere kleine Unternehmensberatungen,<br />

nehmen das hin. Es fragt sich, ob die untergeordnete Unternehmensberatung<br />

in dieser Konstellation verpflichtet ist, das Wettbewerbsverbot, das die übergeordnete<br />

Unternehmensberatung ihr auferlegt hat, an den von ihr eingesetzten<br />

Freiberufler weiterzugeben 215 .<br />

214 Vgl. § 10 B) II. 2. b).<br />

215 Der umgekehrte Fall lag dem Urteil des OLG Frankfurt am Main, Zahrnt (Hrsg.),<br />

ECR OLG*269 m.Anm. <strong>Erben</strong> zugrunde: Dort hatte die übergeordnete Unternehmensberatung<br />

kein Wettbewerbsverbot mit der untergeordneten Unternehmensberatung<br />

vereinbart. Diese hatte jedoch mit ihrem Freiberufler ungeachtet dessen ein<br />

Wettbewerbsverbot vereinbart, vgl. § 15 B).<br />

170


Eigenständiges Wettbewerbsverbot der untergeordneten Unternehmensberatung<br />

I. Abwägung<br />

In dieser Konstellation kann der Freiberufler ohne Wettbewerbsverstoß direkt<br />

beim Endkunden der übergeordneten Unternehmensberatung tätig werden.<br />

Nimmt man die dargestellte Verpflichtung der untergeordneten Unternehmensberatung<br />

an, hätte das zur Folge, dass diese schadensersatzpflichtig<br />

gegenüber der übergeordneten Unternehmensberatung wäre, wenn sie die<br />

„Weiterleitung“ des Wettbewerbsverbots unterließe – ohne dass sie dann<br />

Regressansprüche gegen den Freiberufler geltend machen kann.<br />

Für die Verpflichtung der untergeordneten Unternehmensberatung, ihre<br />

Freiberufler durch ein Wettbewerbsverbot zu binden, spricht, dass es um<br />

Kundenschutz geht und dass das alle Beteiligten wissen. Daraus kann man<br />

folgern, die untergeordnete Unternehmensberatung müsse die von ihr eingesetzten<br />

Freiberufler durch ein Wettbewerbsverbot vom Endkunden fernhalten.<br />

Gegen diese Argumentation spricht indessen zum Ersten, dass die übergeordnete<br />

Unternehmensberatung den Freiberufler ihrerseits bereits bei Vertragsanbahnung<br />

selbst unmittelbar wirksam durch ein vorvertragliches<br />

Wettbewerbsverbot binden kann.<br />

Dagegen spricht zum zweiten, dass die übergeordnete Unternehmensberatung<br />

die untergeordnete Unternehmensberatung durch eine garantiemäßige<br />

Einstandspflicht dahingehend verpflichten kann, diese möge ein Wettbewerbsverbot<br />

mit dem von ihr eingesetzten Freiberufler vereinbaren.<br />

II. Resultat<br />

Die übergeordnete Unternehmensberatung kann sich ohne großen Aufwand<br />

selbst schützen, indem sie ein eigenständiges Wettbewerbsverbot mit dem<br />

von der untergeordneten Unternehmensberatung eingesetzten Freiberufler<br />

vereinbart. Weil das der übergeordneten Unternehmensberatung aufgrund<br />

des relativ geringen Aufwands zumutbar ist, gibt es keinen rechtlich anerkennenswerten<br />

Grund dafür, dass die untergeordnete Unternehmensberatung<br />

aus Treu und Glauben verpflichtet sei, ein Wettbewerbsverbot, dem sie unterliegt,<br />

auch dem von ihr eingesetzten Freiberufler aufzuerlegen.<br />

B) Eigenständiges Wettbewerbsverbot der untergeordneten<br />

Unternehmensberatung<br />

In § 15 A) ist die Frage der „Weiterleitungspflicht“ des Wettbewerbsverbots<br />

behandelt worden. Das wirft die Frage auf, was gilt, wenn die untergeordnete<br />

Unternehmensberatung ihrerseits im Verhältnis zur übergeordneten Unternehmensberatung<br />

nicht durch ein Wettbewerbsverbot gebunden ist: Darf<br />

171


Pflicht zur Weiterleitung und Recht zur Auferlegung eines Wettbewerbsverbots<br />

sie dann dem von ihr eingesetzten Freiberufler ein Wettbewerbsverbot<br />

auferlegen<br />

Diese Frage ist Gegenstand einer Entscheidung des OLG Frankfurt am<br />

Main 216 gewesen: In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt<br />

hatte die untergeordnete Unternehmensberatung den von ihr eingesetzten<br />

Freiberuflern ein Wettbewerbsverbot auferlegt, während sie selbst im<br />

Verhältnis zur übergeordneten Unternehmensberatung nicht durch ein Wettbewerbsverbot<br />

gebunden war.<br />

I. Die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main<br />

Das OLG Frankfurt am Main hat entschieden, die untergeordnete Unternehmensberatung,<br />

die selbst nicht durch ein Wettbewerbsverbot durch die<br />

übergeordnete Unternehmensberatung gebunden war, habe ihrem Freiberufler<br />

ihrerseits kein Wettbewerbsverbot hinsichtlich des Endkunden auferlegen<br />

dürfen. Das Wettbewerbsverbot verstoße gegen Treu und Glauben, weil die<br />

Unternehmensberatung am Wettbewerb, von dem sie den Freiberufler ausschließen<br />

wollte, gar nicht mehr teilgenommen habe.<br />

II. Stellungnahme<br />

Es ist schwer zu beurteilen, ob das Ergebnis des OLG Frankfurt am Main<br />

vertretbar ist. Dafür spricht im Ansatz, dass die untergeordnete Unternehmensberatung<br />

den Endkunden nicht selbst akquiriert hat. Allerdings hat die<br />

untergeordnete Unternehmensberatung die übergeordnete Unternehmensberatung<br />

akquiriert. Letzteres hat Gewicht, weil es branchenüblich ist, dass auf<br />

Auftragnehmerseite häufig mehrere Unternehmensberatungen zwischengeschaltet<br />

sind 217 .<br />

Das OLG Frankfurt am Main verknüpft letztlich zwei Argumente, die nicht<br />

zueinander passen: Die Argumentation, die untergeordnete Unternehmensberatung<br />

nehme nicht mehr am Wettbewerb teil, weil der Endkunde den Vertrag<br />

mit der übergeordneten Unternehmensberatung und diese den Vertrag<br />

mit der untergeordneten Unternehmensberatung gekündigt hätte, überzeugt<br />

nicht. Denn die untergeordnete Unternehmensberatung konnte gerade deshalb<br />

nicht mehr am konkreten Wettbewerb für den bestimmten Endkunden<br />

teilnehmen, weil die Freiberufler über eine dritte Unternehmensberatung<br />

beim bisherigen Endkunden der Unternehmensberatung tätig geworden waren.<br />

216 OLG Frankfurt am Main, Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*269 m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

217 Vgl. § 6 B) II.<br />

172


Eigenständiges Wettbewerbsverbot der untergeordneten Unternehmensberatung<br />

Die Frage, ob der Endkunde den Vertrag mit der übergeordneten Unternehmensberatung<br />

ohnehin gekündigt hätte, hat mithin mit der Frage, ob das<br />

Wettbewerbsverbot wirksam sei, kaum etwas zu tun. Das OLG Frankfurt am<br />

Main verwechselt deshalb mit seiner Argumentation Ursache und Wirkung.<br />

Der Gedanke hinter der Entscheidung des OLG Frankfurt am Main dürfte<br />

der folgende gewesen sein: Darf die untergeordnete Unternehmensberatung,<br />

die selbst nicht durch ein Wettbewerbsverbot gebunden ist, ihre Unterauftragnehmer<br />

durch ein Wettbewerbsverbot binden<br />

Diese Frage kann man nur dann verneinen, wenn man argumentiert, die untergeordnete<br />

Unternehmensberatung habe den Endkunden nicht akquiriert<br />

und deshalb kein gleichwertiges, rechtlich anerkennenswertes Interesse an<br />

einem Wettbewerbsverbot wie die übergeordnete Unternehmensberatung:<br />

Wenn also die übergeordnete Unternehmensberatung auf ein Wettbewerbsverbot<br />

verzichte, müsse die untergeordnete Unternehmensberatung das auch<br />

tun. Schließlich dürfe diese nicht mehr von ihren Auftragnehmern (den Freiberuflern)<br />

verlangen als ihr Auftraggeber (die übergeordnete Unternehmensberatung)<br />

ihr selbst zumute.<br />

Auch diese Argumentation überzeugt indessen nicht. Dagegen spricht schon<br />

der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Außerdem ist es für die untergeordnete<br />

Unternehmensberatung unerheblich, ob der Hauptauftragnehmer (die übergeordnete<br />

Unternehmensberatung) auf Kundenschutz verzichtet, weil das<br />

nichts daran ändert, dass die untergeordnete Unternehmensberatung ein eigenes<br />

legitimes Interesse an Kundenschutz hat: Wenn der Freiberufler direkt<br />

beim Endkunden tätig wird, hat die untergeordnete Unternehmensberatung<br />

nämlich diesen Endkunden verloren.<br />

Ein weiteres Argument besteht darin, dass der Freiberufler die vollendete<br />

Tatsache des Verlusts des Projekts 218 schafft. Der Freiberufler weiß aber gar<br />

nicht, ob die übergeordnete Unternehmensberatung der untergeordneten Unternehmensberatung<br />

ein Wettbewerbsverbot auferlegt hat oder nicht. Es gibt<br />

deshalb im Ergebnis kein rechtlich anerkennenswertes Bedürfnis dafür, die<br />

beiden Fälle unterschiedlich zu behandeln.<br />

218 Möglicherweise auch des Endkunden insgesamt, wie im Fall des OLG Frankfurt am<br />

Main geschehen, siehe OLG Frankfurt am Main, Zahrnt (Hrsg.), ECR OLG*269<br />

m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

173


Kumulatives Vorgehen zweier Unternehmensberatungen gegen den Freiberufler<br />

§ 16 Kumulatives Vorgehen zweier Unternehmensberatungen<br />

gegen den Freiberufler<br />

Wenn die übergeordnete Unternehmensberatung und die untergeordnete Unternehmensberatung<br />

ein Wettbewerbsverbot mit dem Freiberufler vereinbart<br />

haben, stellt sich die Frage, ob beide Unternehmensberatungen kumulativ<br />

aus ihrem Wettbewerbsverbot gegen den Freiberufler vorgehen dürfen. Dieser<br />

Fall lag der Entscheidung des LG Heilbronn 219 zugrunde: Die übergeordnete<br />

Unternehmensberatung ging gegen den von der untergeordneten<br />

Unternehmensberatung eingesetzten Freiberufler aus dem Wettbewerbsverbot<br />

vor, das sie selbst mit dem Freiberufler vereinbart hatte.<br />

A) Keine doppelte Inanspruchnahme aus der gleichen Handlung<br />

Beim Muster-Wettbewerbsverbot bedeutete das, dass der Freiberufler beiden<br />

Unternehmensberatungen Zahlung der Vertragsstrafe und darüber hinaus<br />

jeweils 20 % des bei dem Endkunden unter Verletzung des Wettbewerbsverbots<br />

erzielten Umsatzes schuldete. Der Freiberufler hatte im Fall des LG<br />

Heilbronn geltend gemacht, er sei potentiell zwei Ansprüchen aus einem<br />

Lebenssachverhalt ausgesetzt und werde deshalb aus der gleichen Handlung<br />

doppelt in Anspruch genommen. Das dürfe nicht sein; das Wettbewerbsverbot<br />

sei deshalb unwirksam.<br />

Es ist fraglich, ob es richtig ist, dass der Freiberufler aus der gleichen Handlung<br />

doppelt in Anspruch genommen wird. Das wäre nur dann der Fall,<br />

wenn als Handlung allein die Tätigkeit beim Endkunden anzusehen wäre.<br />

Der Freiberufler hatte aber zwei Wettbewerbsverbote vereinbart und ist unter<br />

jeweiligem Verstoß gegen diese Wettbewerbsverbote beim Endkunden tätig<br />

geworden. Der Freiberufler wurde deshalb letztlich nicht aus der gleichen,<br />

sondern aus einer plus einer weiteren Handlung in Anspruch genommen,<br />

weil er zwei Wettbewerbsverbote vereinbart hatte: Zum Ersten der Tätigkeit<br />

beim Endkunden unter Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot mit der übergeordneten<br />

Unternehmensberatung vereinbarte Wettbewerbsverbot, und zum<br />

zweiten unter Verstoß gegen das mit der untergeordneten Unternehmensberatung<br />

vereinbarte Wettbewerbsverbot.<br />

219 LG Heilbronn, Zahrnt (Hrsg.), ECR LG*278 m.Anm. <strong>Erben</strong>.<br />

174


Freiberufler und Endkunde teilen doppelte Gewinn-Marge untereinander auf<br />

B) Freiberufler und Endkunde teilen doppelte Gewinn-Marge<br />

untereinander auf<br />

In diesem Fall werden durch das unmittelbare Tätigwerden des Freiberuflers<br />

beim Endkunden zwei Gewinn-Margen zugunsten des Endkunden und des<br />

Freiberuflers aufgeteilt: Angenommen, der Endkunde hatte an die übergeordnete<br />

Unternehmensberatung DM 140,– gezahlt. Diese habe an die untergeordnete<br />

Unternehmensberatung DM 120,– bezahlt, der Freiberufler habe<br />

DM 100,– bekommen.<br />

Bei einem unmittelbaren Tätigwerden müsste der Endkunde bei einem Aufteilen<br />

der Marge 50:50 DM 20,– weniger, also nur noch DM 120,– bezahlen,<br />

der Freiberufler bekäme DM 20,– mehr. Das spricht stark dafür, dass das<br />

Vorgehen beider Unternehmensberatungen zulässig sein muss.<br />

C) Zwischenergebnis<br />

Dafür, dass beide Unternehmensberatungen aus ihrem jeweiligen Wettbewerbsverbot<br />

gegen den Freiberufler vorgehen dürfen, spricht zudem, dass<br />

sowohl die übergeordnete Unternehmensberatung als auch die untergeordnete<br />

Unternehmensberatung Gewinneinbußen im konkreten Projekt haben,<br />

sowie, dass möglicherweise beide ihren jeweiligen Endkunden insgesamt<br />

verlieren, also nicht nur für das konkrete Projekt, sondern auch für zukünftige<br />

Projekte. Dafür spricht schließlich, dass in der Baubranche nach der<br />

Rechtsprechung 20 bis 40 % der Auftragssumme als Gewinnabschöpfung<br />

zulässig sind 220 . Schon diese Erwägungen führen zu dem Ergebnis, dass das<br />

kumulative Vorgehen beider Unternehmensberatungen gegen den Freiberufler<br />

im Grundsatz zulässig ist. Dazu kommt ein weiterer Grund: Wenn das<br />

Wettbewerbsverbot allein aufgrund des Umstands unwirksam wäre, dass es<br />

zwei (potentiell) Anspruchsberechtigte gibt, könnte sich der Freiberufler in<br />

beiden Prozessen gegen die jeweilige Unternehmensberatung darauf berufen.<br />

Dann dürfte der Freiberufler aber weder von der übergeordneten Unternehmensberatung<br />

noch von der untergeordnete Unternehmensberatung in<br />

Anspruch genommen werden. Das darf nicht richtig sein.<br />

Außerdem hat gerade die übergeordnete Unternehmensberatung in einer<br />

Viererkonstellation ein erhebliches rechtlich anerkennenswertes Interesse<br />

daran hat, ein eigenständiges Wettbewerbsverbot mit dem Freiberufler zu<br />

vereinbaren: Nur so kann sie sich nämlich wirksam davor schützen, dass der<br />

Freiberufler nicht direkt beim Endkunden tätig wird. Denn die untergeord-<br />

220 OLG Hamm NJW-RR 1992, 1206, OLG Zweibrücken NJW-RR 1994, 1365; Palandt-Heinrichs,<br />

BGB, § 343, Rdnr. 4.<br />

175


Kumulatives Vorgehen zweier Unternehmensberatungen gegen den Freiberufler<br />

nete Unternehmensberatung ist nicht verpflichtet, dem Freiberufler ein<br />

Wettbewerbsverbot aufzuerlegen 221 . Die übergeordnete Unternehmensberatung<br />

muss den Freiberufler deshalb wirksam binden dürfen – unabhängig<br />

davon, ob die untergeordnete Unternehmensberatung diesen auch bindet.<br />

Dem darf man nicht entgegenhalten, die übergeordnete Unternehmensberatung<br />

könne eine garantiemäßige Einstandspflicht der untergeordneten Unternehmensberatung<br />

für Verstöße der von dieser eingesetzten Freiberufler<br />

vereinbaren. Denn zum Ersten stellt sich die Frage nur, wenn die übergeordnete<br />

Unternehmensberatung das nicht getan hat. Zum zweiten wird die untergeordnete<br />

Unternehmensberatung durch den Verstoß des Freiberuflers<br />

nicht vertragsbrüchig im Verhältnis zur übergeordneten Unternehmensberatung,<br />

so dass die übergeordnete Unternehmensberatung die untergeordnete<br />

Unternehmensberatung gar nicht in Anspruch nehmen will, selbst wenn sie<br />

das könnte. Für diesen Fall hat die übergeordnete Unternehmensberatung<br />

nämlich gerade das eigenständige Wettbewerbsverbot mit dem Freiberufler<br />

vereinbart. Dann darf man sie nicht auf Ansprüche gegen die untergeordnete<br />

Unternehmensberatung verweisen.<br />

D) Folgefragen und Resultat<br />

Es bleibt zu entscheiden, ob bzw. wann die Grenze des Zulässigen überschritten<br />

wird, so dass gegebenenfalls das Vorgehen beider Unternehmensberatungen<br />

gegen den Freiberufler für diesen im Hinblick auf § 138 BGB<br />

nicht mehr zumutbar ist. Das ist dann der Fall, wenn die Addition der Zahlungsverlangen<br />

eine im Hinblick auf § 138 BGB unzumutbare Höhe erreicht:<br />

Denn alle Beteiligten wissen bereits im Vorhinein, dass eine Beschäftigung<br />

in einer Kette vorliegt.<br />

Es fragt sich dann weiterhin, was bei Überschreiten dieser Grenze gilt, z.B.<br />

in dem Sonderfall, in dem beide Unternehmensberatungen Zahlung von<br />

25 % des Umsatzes als Vertragsstrafe vereinbart haben. Diese Frage ist<br />

schwer zu beantworten. Man darf in dieser Konstellation jedenfalls nicht zu<br />

dem Ergebnis kommen, dass beide Wettbewerbsverbote für sich gesehen<br />

unwirksam seien und auch nicht zu dem Ergebnis, dass das Vorgehen beider<br />

Unternehmensberatungen gegen den Freiberufler unzulässig sei. Denn beide<br />

Wettbewerbsverbote sind jeweils für sich gesehen wirksam. Also darf der<br />

Umstand, dass sie gemeinsam das zulässige Maß überschreiten, keine<br />

Rückwirkung auf die Frage haben, ob eines oder gar beide Wettbewerbsverbote<br />

deshalb unwirksam sind.<br />

221 Siehe § 15 A).<br />

176


Folgefragen und Resultat<br />

Die sachgerechte Lösung kann deshalb nur dahin gehen, dass entweder beide<br />

Ansprüche voll durchgreifen oder der eine Anspruchsberechtigte sich<br />

Zahlungen, die der Freiberufler bereits an den anderen geleistet hat, in bestimmtem<br />

Umfang anrechnen lassen muss. Das hängt von der Entscheidung<br />

zu der Frage ab, welchen Prozentsatz man bei der Kumulation als – noch –<br />

zulässig ansieht. Wenn dieser bei 40 % liegt, kann der Freiberufler gegenüber<br />

beiden Unternehmensberatungen jeweils geltend machen, dass diese<br />

sich Ansprüche der jeweils anderen bis zur Grenze 40 % anrechnen lassen<br />

muss.<br />

Diese Erwägungen müssen unabhängig davon gelten, ob der Freiberufler<br />

tatsächlich zweimal in Anspruch genommen wird. Denn ob der Freiberufler<br />

zweimal in Anspruch genommen wird, ist ungewiss. Der Freiberufler hat<br />

demgegenüber aber ein rechtlich anerkennenswertes Interesse daran, dass er<br />

nicht insgesamt in unangemessen hoher Weise in Anspruch genommen wird<br />

und ist insoweit schutzwürdig.<br />

Der Fall, dass eines der beiden Wettbewerbsverbote bereits für sich gesehen<br />

die Grenze von 40 % überschreitet, ist wie folgt zu behandeln: Das betreffende<br />

Wettbewerbsverbot ist wegen Verstoßes gegen § 138 BGB unwirksam.<br />

Auf das andere Wettbewerbsverbot darf das wiederum keine Auswirkung<br />

haben, weil der Freiberufler nur gegenüber der ersten Unternehmensberatung<br />

darauf verweisen kann, dass das Wettbewerbsverbot unwirksam ist.<br />

Gegenüber der Unternehmensberatung mit dem zulässigen Wettbewerbsverbot<br />

darf er nicht argumentieren, die Wettbewerbsverbote seien gemeinsam<br />

unwirksam, weil das unwirksame Wettbewerbsverbot nicht in die Gesamtbetrachtung<br />

einzubeziehen ist. Denn anderenfalls brächte man erneut das wirksame<br />

Wettbewerbsverbot zu Fall, ohne dass es dafür einen rechtfertigenden<br />

Grund gibt.<br />

§ 17 Die Strohmann-Problematik<br />

In der Praxis wird häufig versucht, Wettbewerbsverbote wie folgt zu umgehen:<br />

Der Freiberufler wird über eine dritte, bisher nicht an den Vertragsverhältnissen<br />

beteiligte Unternehmensberatung beim Endkunden weiter tätig,<br />

nachdem er den Vertrag mit der Unternehmensberatung, die ihn bisher eingesetzt<br />

hatte, gekündigt hat. In der <strong>Dr</strong>eierkonstellation ist das ein klarer Verstoß<br />

gegen den Wortlaut des Wettbewerbsverbots, wenn dieses eine Formulierung<br />

enthält, die es dem Freiberufler verbietet, „mittelbar“ oder „unmittelbar“<br />

bzw. „weder im eigenen Namen noch über <strong>Dr</strong>itte“ bei dem Endkunden<br />

tätig zu werden, für den er im Rahmen des Vertrags mit der Unternehmensberatung<br />

tätig geworden ist.<br />

177


Die Strohmann-Problematik<br />

In der Viererkonstellation darf der Freiberufler allerdings nach Beendigung<br />

des konkreten Projekts über eine bisher nicht an den Vertragsverhältnissen<br />

beteiligte dritte Unternehmensberatung weiterhin beim bisherigen Endkunden<br />

der übergeordneten Unternehmensberatung tätig werden, wenn er nicht<br />

durch ein Wettbewerbsverbot mit der untergeordneten Unternehmensberatung<br />

gebunden ist.<br />

Ist der Freiberufler aber durch die untergeordnete Unternehmensberatung<br />

durch ein Wettbewerbsverbot gebunden, geschieht es in der Praxis, dass<br />

Freiberufler und untergeordnete Unternehmensberatung gemeinsame Sache<br />

zu Lasten der übergeordneten Unternehmensberatung machen, wenn die<br />

beiden folgenden Voraussetzungen vorliegen, was regelmäßig der Fall ist:<br />

Die übergeordnete Unternehmensberatung hat es unterlassen, ein direktes<br />

Wettbewerbsverbot mit dem Freiberufler der untergeordneten Unternehmensberatung<br />

zu vereinbaren und die übergeordnete Unternehmensberatung<br />

hat die untergeordnete Unternehmensberatung nicht zu einer garantiemäßigen<br />

Einstandspflicht verpflichtet.<br />

In dieser Konstellation kann die untergeordnete Unternehmensberatung mit<br />

dem Freiberufler vereinbaren, dass sie darauf verzichtet, aus dem Wettbewerbsverbot<br />

mit dem Freiberufler gegen diesen vorzugehen, wenn der Freiberufler<br />

unter Ausschaltung der übergeordneten Unternehmensberatung über<br />

eine dritte Unternehmensberatung weiter beim Endkunden tätig wird. Diese<br />

neue Unternehmensberatung gehört in der Praxis z.B. der Ehefrau des geschäftsführenden<br />

Gesellschafters der bisher an den Vertragsverhältnissen beteiligten<br />

untergeordneten Unternehmensberatung.<br />

A) Abwägung und materiellrechtliches Ergebnis<br />

Es kommt in dieser Konstellation darauf an, ob ein derart starker tatsächlicher<br />

Zusammenhang zwischen der bisher an den Vertragsverhältnissen beteiligten<br />

untergeordneten Unternehmensberatung und der dritten Unternehmensberatung<br />

besteht, dass rechtlich gesehen im Hinblick auf die dritte Unternehmensberatung<br />

eine Strohmann-Eigenschaft materiellrechtlich (zumindest)<br />

nahe liegt. Wenn die dritte Unternehmensberatung Strohmann wäre,<br />

bedeutete das, dass die übergeordnete Unternehmensberatung aus dem mit<br />

der bisher an den Vertragsverhältnissen beteiligten untergeordneten Unternehmensberatung<br />

vereinbarten Wettbewerbsverbot gegen die bisherige untergeordnete<br />

Unternehmensberatung vorgehen könnte. Die Frage ist mithin<br />

zum Ersten, wann materiellrechtlich ein derartiger tatsächlicher Zusammenhang<br />

vorliegt und zum zweiten, welche prozessrechtlichen Anforderungen<br />

an den Nachweis dieses tatsächlichen Zusammenhangs zu stellen sind.<br />

178


Abwägung und materiellrechtliches Ergebnis<br />

Gegen den Vorwurf der Strohmann-Eigenschaft kann die untergeordnete<br />

Unternehmensberatung einwenden, der Freiberufler sei über eine Unternehmensberatung<br />

zum Endkunden gelangt, mit der die untergeordnete Unternehmensberatung<br />

in keinerlei rechtlichem Zusammenhang stehe. Also<br />

könne ihr das Verhalten des Freiberuflers nicht wie eigenes Verhalten zugerechnet<br />

werden, mithin liege kein Verstoß der untergeordneten Unternehmensberatung<br />

gegen das Wettbewerbsverbot vor. Die untergeordnete Unternehmensberatung<br />

sei nicht für einen vom Wettbewerbsverbot geschützten<br />

Endkunden tätig geworden. Das seien aber nach dem ausdrücklichen Wortlaut<br />

des Wettbewerbsverbots Voraussetzungen dafür, dass die untergeordnete<br />

Unternehmensberatung gegen das Wettbewerbsverbot verstoße. Der Versuch,<br />

fremdes Verhalten unter die Voraussetzungen des Wettbewerbsverbots<br />

zu subsumieren, gehe über die Grenzen der zulässigen Auslegung hinaus,<br />

weil der Wortlaut die Grenze für die Auslegung sei.<br />

Diese Argumente sind zwar stark. Sie sind aber letztlich nur aus Beweisgründen<br />

schwer zu entkräften. Wenn kein rechtlicher Zusammenhang zwischen<br />

der untergeordneten Unternehmensberatung und der dritten Unternehmensberatung<br />

besteht, ist materiellrechtlich darauf abzustellen, ob die<br />

untergeordnete Unternehmensberatung die Tätigkeit des Freiberuflers beim<br />

gleichen Endkunden über die dritte Unternehmensberatung veranlasst hat.<br />

Das beinhaltet kraft Auslegung einen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot<br />

222 . Denn selbst wenn die Verpflichtung zu gegenseitiger Loyalität nicht<br />

ausdrücklich vertraglich geregelt ist, gilt die Verpflichtung zur eigenen Vertragstreue<br />

gemäß § 242 BGB als vertragliche Nebenpflicht aus dem Schuldverhältnis<br />

223 . Diese Pflicht beinhaltet es, den Vertragspartner nicht zu schädigen<br />

224 .<br />

Gegen diese Pflicht verstößt die untergeordnete Unternehmensberatung,<br />

wenn sie es veranlasst, bewirkt oder sonst wie dazu beiträgt, dass der Freiberufler<br />

unter Ausschaltung der übergeordneten Unternehmensberatung über<br />

eine dritte Unternehmensberatung beim bisherigen Kunden der übergeord-<br />

222 Vgl. de Angelis, Ungeschriebene Wettbewerbsverbote für Gesellschafter im GmbH-<br />

Recht, S. 9 ff. zur dogmatischen Begründung von Treuepflichten im GmbH-Recht für<br />

den Fall, dass ein Wettbewerbsverbot nicht ausdrücklich vereinbart ist.<br />

223 BGH NJW-RR 1998, 1509 = ZIP 1998, 1161; Palandt-Heinrichs, BGB, § 242, Rdnr.<br />

27 m.w.N.<br />

224 Vgl. Timm, Handels- und Wirtschaftsrecht, I, § 4 Rdnr. 103 ff. für den OHG-<br />

Gesellschafter: Für diesen bestehe eine besondere Ausprägung der allgemeinen personengesellschaftsrechtlichen<br />

Treuepflicht, nach der kein Gesellschafter einer Unternehmung<br />

nachgehen dürfe, die die Verfolgung und Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszwecks<br />

verhindern oder erschweren könne.<br />

179


Die Strohmann-Problematik<br />

neten Unternehmensberatung weiter tätig wird – unabhängig von der Frage,<br />

ob die untergeordnete Unternehmensberatung durch die Einsetzung des<br />

Strohmanns wirtschaftlich an der Marge partizipiert, die der übergeordneten<br />

Unternehmensberatung entgeht. Denn die untergeordnete Unternehmensberatung<br />

sorgt durch das Einsetzen des Strohmanns dafür, dass die übergeordnete<br />

Unternehmensberatung ihren Kunden verliert.<br />

Gegenüber diesem Ergebnis greift der Einwand nicht durch, diese Auslegung<br />

überschreite die Grenzen der zulässigen Auslegung, weil die Unternehmensberatung<br />

nicht alle Fälle, die vom Wettbewerbsverbot umfasst sind,<br />

ausdrücklich regeln muss 225 . Außerdem ist die Zurechnung fremden Verhaltens<br />

unter Berücksichtigung der Verletzung eigener Pflichten gemäß § 242<br />

BGB ein allgemeiner Rechtsgrundsatz 226 , der mithin auch im Fall der Auslegung<br />

von Wettbewerbsverboten zu beachten ist und der im konkreten Fall<br />

diese Auslegung aus den genannten Gründen zugunsten der übergeordneten<br />

Unternehmensberatung gebietet.<br />

Das Verhalten der dritten Unternehmensberatung ist der untergeordneten<br />

Unternehmensberatung bei Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen<br />

mithin materiellrechtlich wie eigenes Verhalten zuzurechnen, so dass die<br />

Rechtsfolgen aus dem Wettbewerbsverbot unmittelbar die untergeordnete<br />

Unternehmensberatung treffen.<br />

B) Prozessrechtliche Problematik<br />

Die Problematik in den Strohmann-Fällen besteht für die übergeordnete Unternehmensberatung<br />

darin, die Strohmann-Eigenschaft der dritten Unternehmensberatung<br />

im Prozess zu beweisen. Diese Arbeit ist zwar weitestgehend<br />

materiellrechtlicher Natur. Die Frage drängt sich allerdings aus Sicht<br />

des Autors auf und ist Gegenstand eines Prozesses am LG Stuttgart gewesen.<br />

In diesem Prozess hat das LG Stuttgart im eingangs geschilderten Ehegatten-Fall<br />

sehr hohe Anforderungen an die Beweisführung gestellt – obwohl<br />

die übergeordnete Unternehmensberatung unter anderem vorgetragen<br />

hatte, dass die untergeordnete Unternehmensberatung und die dritte Unternehmensberatung<br />

identische Adressen sowie Fax- und Mobiltelefonnummern<br />

hatten.<br />

225 Vgl. § 12 A).<br />

226 BGH NJW 1971, 1747; BAG DB 1974, 2357; Palandt-Heinrichs, BGB, § 242, Rdnr.<br />

46.<br />

180


Prozessrechtliche Problematik<br />

I. Strohmann-Eigenschaft ist Frage der rechtlichen Würdigung<br />

Die untergeordnete Unternehmensberatung hatte sich geweigert, zu den<br />

Ausführungen der übergeordneten Unternehmensberatung Stellung zu nehmen,<br />

weil die übergeordnete Unternehmensberatung nur unzulässige Beweisermittlungsanträge<br />

gestellt hätte. Das darf aus verschiedenen Gründen<br />

nicht sein. Denn die Frage, ob die dritte Unternehmensberatung als Strohmann<br />

eingestuft werden kann oder muss, ist eine Frage der rechtlichen<br />

Würdigung des zugrundeliegenden Sachverhalts. Von der übergeordneten<br />

Unternehmensberatung darf man deshalb nicht verlangen, dass diese den<br />

Vollbeweis führen müsse, dass die dritte Unternehmensberatung Strohmann<br />

im Rechtssinne ist, sondern nur, dass diese Tatsachen vortragen muss, aus<br />

denen zu schließen ist, dass eine Strohmann-Eigenschaft vorliegt.<br />

Die übergeordnete Unternehmensberatung muss also Tatsachen vortragen,<br />

aus denen sich ergibt, dass die untergeordnete Unternehmensberatung verursacht<br />

bzw. veranlasst oder sonst wie dazu beigetragen hat, dass der Freiberufler<br />

über die dritte Unternehmensberatung beim Endkunden tätig geworden<br />

ist. Dagegen kann man kaum einwenden, ein derartiger Vortrag beinhalte<br />

ausschließlich prozessrechtlich unzulässige Ausforschungsbeweisanträge.<br />

Denn mit dieser Annahme ist dann Zurückhaltung geboten, wenn dem Beweisführer<br />

substantiierte Tatsachenbehauptungen unmöglich oder unzumutbar<br />

sind. In diesem Fall genügt die Angabe der Gründe, auf die sich die Behauptung<br />

stützt 227 . Man darf also von der übergeordneten Unternehmensberatung<br />

nicht mehr verlangen, als dass sie diese Gründe angibt.<br />

II. Beweiserleichterungen zugunsten der übergeordneten<br />

Unternehmensberatung<br />

Es stellt sich mithin die Frage, ob der übergeordneten Unternehmensberatung<br />

in dieser Konstellation Beweiserleichterungen zugute kommen dürfen<br />

bzw. müssen 228 . Dafür sprechen verschiedene Ansatzpunkte: Wenn die übergeordnete<br />

Unternehmensberatung hinreichend Tatsachen vorgetragen hat,<br />

aus denen sich ergibt, dass eine Strohmann-Eigenschaft vorliegen kann,<br />

kann man z.B. fragen, ob auf die Regeln zum Beweis des ersten Anscheins<br />

zurückgegriffen werden kann.<br />

227 Zöller, ZPO vor § 284, Rdnr. 5a unter Hinweis auf BGH NJW-RR 1988, 1529; NJW<br />

1965, 1415; 1968, 1233; 1984, 2889; 1988, 315; 1991, 2707; 1995, 1160 f.<br />

228 Ähnlich Gruber, Unterwerfungsgrundsatz und Mehrfachverfolgungen im Wettbewerbsrecht,<br />

S. 32 ff. zur Frage der Beweiserleichterung im Hinblick auf die materiellrechtliche<br />

Anspruchsvoraussetzung der Wiederholungsgefahr bei<br />

Wettbewerbsverstößen.<br />

181


Die Strohmann-Problematik<br />

Die Regeln über den Beweis des ersten Anscheins setzen, bezogen auf den<br />

konkreten Fall, voraus, dass der Freiberufler zunächst über die untergeordnete<br />

Unternehmensberatung und sodann über die dritte Unternehmensberatung<br />

beim Endkunden der übergeordneten Unternehmensberatung tätig geworden<br />

ist und dass ein derartiges Vorgehen wiederholt durch die untergeordnete<br />

Unternehmensberatung so gehandhabt worden ist, so dass man von<br />

einem methodischen Vorgehen sprechen kann. Liegen diese Voraussetzungen<br />

vor, liegt es nahe, dass nach der Lebenserfahrung schon auf den ersten<br />

Blick ein durch Regelmäßigkeit, Üblichkeit und Häufigkeit geprägtes „Muster“<br />

vorliegt. Dieses ist nach der Rechtsprechung dafür erforderlich, dass die<br />

Regeln über den Anscheinsbeweis anwendbar sind 229 . In diesem Fall kann<br />

man einen typischen Geschehensablauf feststellen, bei dem nach der Lebenserfahrung<br />

auf eine bestimmte Ursache geschlossen werden kann.<br />

Es kommt auch in Betracht, die Beweislastumkehr des § 282 BGB anzuwenden.<br />

Denn das Schuldverhältnis zwischen der übergeordneten Unternehmensberatung<br />

und der untergeordneten Unternehmensberatung ist auf<br />

ein Unterlassen gerichtet; gegen die Unterlassungsverpflichtung hat die untergeordnete<br />

Unternehmensberatung verstoßen. Mithin ist ihr für die Vergangenheit<br />

durch Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungspflicht deren<br />

Erfüllung unmöglich geworden. Das gleiche ist für die Zukunft zu befürchten.<br />

Damit können die Voraussetzungen einer Beweislastumkehr i.S.d. § 282<br />

BGB im Einzelfall vorliegen. Denn Sinn und Zweck der in § 282 BGB geregelten<br />

Beweislastverteilung ist, dass die Umstände, die zur Unmöglichkeit<br />

geführt haben, sich regelmäßig in der Sphäre des Schuldners befinden. Da<br />

der Schuldner diesen Umständen näher steht als der Gläubiger, ist der<br />

Schuldner auch besser zu deren Aufklärung in der Lage 230 . Weil sich diese<br />

Ursachen regelmäßig in der Sphäre des Schuldners befinden, ist es sachgerecht,<br />

diesem insoweit die Beweislast aufzuerlegen 231 . Im konkreten Fall<br />

müsste deshalb die untergeordnete Unternehmensberatung den mit der Unmöglichkeit<br />

zusammenhängenden Sachverhalt aufklären und gegebenenfalls<br />

beweisen. Denn wenn feststeht, dass die Unterlassungsverpflichtung für die<br />

Vergangenheit unmöglich geworden ist und lediglich unklar ist, welcher<br />

Umstand dafür ursächlich gewesen ist, insbesondere ob eine Handlung der<br />

untergeordneten Unternehmensberatung für die eingetretene Unmöglichkeit<br />

ursächlich gewesen ist, spricht das dafür, dass es dieser obliegen müsse<br />

229 BGH NJW 1991, 231.<br />

230 Baumgärtel, Beweislast, § 282 Rdnr. 3.<br />

231 Baumgärtel, Beweislast, § 282 Rdnr. 5.<br />

182


C) Zusammenfassung<br />

nachzuweisen, dass sie die ernstlich in Betracht kommenden Umstände für<br />

die Unmöglichkeit nicht zu vertreten hat.<br />

Am sachgerechtesten wird die Strohmann-Problematik allerdings unter der<br />

so genannten sekundären Behauptungslast des Prozessgegners abgehandelt<br />

232 . Nach den Grundsätzen der sekundären Behauptungslast muss im<br />

Einzelfall geprüft werden, ob es dem Prozessgegner im Rahmen seiner Erklärungslast<br />

nach § 138 Abs. 2 ZPO ausnahmsweise zuzumuten ist, dem<br />

Beweispflichtigen eine prozessordnungsgemäße Darlegung durch nähere<br />

Angaben über die zu seinem Wahrnehmungsbereich gehörenden Verhältnisse<br />

zu ermöglichen 233 . Dazu gehören auch die Beweiserleichterungen beim<br />

Beweis negativer Tatsachen 234 . Danach gilt, dass der Beweispflichtige vom<br />

Prozessgegner im Rahmen des Zumutbaren das substantiierte Bestreiten der<br />

negativen Tatsachen unter Darlegung der für das Positive sprechenden Tatsachen<br />

und Umstände verlangen kann 235 .<br />

Wenn die übergeordnete Unternehmensberatung mithin substantiiert Tatsachen<br />

behauptet, aus denen sich ergibt, dass die untergeordnete Unternehmensberatung<br />

die dritte Unternehmensberatung als Strohmann eingesetzt<br />

hat, ist eine Beweisführung möglich. Deshalb darf die untergeordnete Unternehmensberatung<br />

sich nicht auf den Standpunkt stellen, sie brauche sich<br />

dazu nicht zu äußern, weil in den Beweisanträgen der übergeordneten Unternehmensberatung<br />

lediglich unzulässige Ausforschungsbeweise lägen.<br />

Denn damit genügt die untergeordnete Unternehmensberatung ihrer sekundären<br />

Behauptungslast nicht. Die Behauptungen der übergeordneten Unternehmensberatung<br />

sind in einem solchen Fall vielmehr als zugestanden i.S.d.<br />

§ 138 Abs. 3 ZPO zu werten 236 , wenn die untergeordnete Unternehmensberatung<br />

nicht darlegt und unter Beweis stellt, dass die von der übergeordneten<br />

Unternehmensberatung vorgetragenen Tatsachen nicht richtig seien.<br />

C) Zusammenfassung<br />

Im Ergebnis bedeutet das, dass die untergeordnete Unternehmensberatung<br />

verpflichtet ist, 20 % des Umsatzes, den die dritte Unternehmensberatung<br />

durch den Einsatz des Freiberuflers erzielt, an die übergeordnete Unternehmensberatung<br />

zu zahlen. Dem kann die untergeordnete Unternehmensberatung<br />

nicht mit der Auskunft entgegenwirken, sie habe DM 0,– (Null) an<br />

232 Zöller, ZPO, vor § 284, Rdnr. 5.<br />

233 Zöller, ZPO, vor § 284, Rdnr. 34.<br />

234 Zöller, ZPO, vor § 284, Rdnr. 34.<br />

235 Zöller, ZPO, vor § 284, Rdnr. 24 unter Hinweis auf BGH NJW-RR 1993, 746 f.<br />

236 Zöller, ZPO, vor § 284, Rdnr. 34.<br />

183


Umsatz durch die Einsätze des Freiberuflers beim bisherigen Endkunden der<br />

übergeordneten Unternehmensberatung erzielt. Denn diese Auskunft ist<br />

zwar formal korrekt, der Sache aber nicht dienlich und bewirkt deshalb für<br />

die übergeordnete Unternehmensberatung keinen effektiven Rechtsschutz.<br />

Die untergeordnete Unternehmensberatung kann allerdings darauf verweisen,<br />

sie könne keine Auskunft über den Umsatz eines dritten Unternehmens<br />

erteilen, insbesondere weil sie diesen nicht kenne. Die sachgerechte Lösung<br />

besteht dann darin, dass das Gericht die Höhe der Ansprüche gemäß § 287<br />

ZPO schätzt.<br />

184


Ergebnisse<br />

In der Einleitung ist die These aufgestellt worden, dass der Freiberufler die<br />

Akquisitionsleistung der Unternehmensberatung zu seinen Gunsten ausbeutet,<br />

indem er unter Ausschaltung der Unternehmensberatung bei einer Einkommenssteigerung<br />

direkt beim Kunden der Unternehmensberatung tätig<br />

wird. Diese These ist insbesondere in § 7 dahingehend begründet worden,<br />

dass der Freiberufler arbeitsrechtlich weder als Arbeitnehmer noch als arbeitnehmerähnliche<br />

Person eingestuft werden darf, weil er bewusst und gezielt<br />

zugunsten eines mehr als doppelt so hohen Einkommens gegenüber<br />

dem, das er als Festangestellter bei gleicher Tätigkeit erzielen kann, auf die<br />

Festanstellung und damit auf den Schutz des Gesetzes in § 74 Abs. 2 HGB<br />

verzichtet (hat), so dass er sich auf diese Regelung nicht berufen darf.<br />

Auf die Höhe des Einkommens kommt es entscheidend an, weil es in der IT-<br />

Branche eine Bandbreite der möglichen Tätigkeiten des Freiberuflers gibt,<br />

und weil das Einkommen eine Bewertung anhand einer objektiv feststellbaren<br />

Größe ermöglicht. Zur Beurteilung der Frage, ob der Freiberufler sozial<br />

schutzbedürftig wie ein Arbeitnehmer ist und damit als arbeitnehmerähnliche<br />

Person i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2 einzustufen ist, mit der Folge, dass auf ihn<br />

§ 74 Abs. 2 HGB Anwendung finde, ist die Vergütung des Freiberuflers mit<br />

dem Einkommen eines Festangestellten zu vergleichen, der die gleiche Tätigkeit<br />

ausübt. Nur wenn der Freiberufler lediglich unwesentlich mehr verdient<br />

als der Festangestellte, kommt in Betracht, ihn als sozial schutzbedürftig<br />

wie einen Arbeitnehmer anzusehen.<br />

Der Freiberufler ist deshalb im Ergebnis nur dann schutzwürdig, wenn er<br />

tatsächlich persönlich abhängig wie ein Arbeitnehmer beschäftigt wird. Nur<br />

in diesem Fall darf er sich auf die arbeitsrechtliche Schutzvorschrift des § 74<br />

Abs. 2 HGB berufen. Der IT-Freiberufler wird allerdings in aller Regel nicht<br />

persönlich abhängig beschäftigt und ist deshalb nicht schutzwürdig.<br />

Schutzwürdig ist im Gegenteil die Unternehmensberatung. Diese hat ein<br />

rechtlich anerkennenswertes Interesse daran, dass die von ihr geknüpften<br />

und an ihre Freiberufler vermittelten Kontakte für einen bestimmten Zeitraum<br />

nach Vertragsbeendigung nicht allein zu Gunsten des Freiberuflers und<br />

des Endkunden ausgenutzt werden, indem diese gemeinsame Sache zu Lasten<br />

der Unternehmensberatung machen. Denn der Freiberufler erzielt durch<br />

den Wettbewerbsverstoß eine Einkommenssteigerung, der Endkunde eine<br />

Ausgabenminderung. Diesen Schulterschluss zum eigenen Vorteil und zu<br />

Lasten der Unternehmensberatung will das Wettbewerbsverbot verhindern.<br />

185


Literaturverzeichnis<br />

Das muss die Unternehmensberatung tun dürfen, weil sie sonst ihre Kunden<br />

verlöre. Das Wettbewerbsverbot ist deshalb wirksam.<br />

186


Stichwortverzeichnis<br />

Stichwortverzeichnis<br />

Abgrenzung Dienst-/Werkvertrag § 7 A II 2 b cc<br />

Abhängigkeit des Freiberuflers, persönliche und/oder wirtschaftliche, siehe<br />

persönliche bzw. wirtschaftliche Abhängigkeit des Freiberuflers sowie<br />

Status des Freiberuflers<br />

Abhängige Beschäftigung des Freiberuflers siehe Abhängigkeit des Freiberuflers<br />

Abrechnung, monatliche § 7 A II 2 a hh<br />

Abwerbungsverbot § 12 C<br />

AGB-Gesetz<br />

– Leistungsbeschreibung § 9 C I<br />

– Unklarheitenregel § 9 D, § 12 B, § 14 B<br />

– Verstoß gegen § 9 AGB-Gesetz § 9 C<br />

Verhältnis zu § 138 BGB § 9 B, § 9 D<br />

Verhältnis zu § 74 Abs. 2 HGB § 9 A<br />

Akquisitionsleistung der Unternehmensberatung (siehe auch rechtlich anerkennenswertes<br />

Interesse der Unternehmensberatung) § 10 B I<br />

Anscheinsbeweis siehe Beweis des ersten Anscheins<br />

Anstoß für Wettbewerbsverstoß § 8 B IV 2<br />

Arbeitnehmer, Abgrenzung zum Freiberufler § 7 A II 2<br />

Arbeitnehmerähnliche Person, Abgrenzung zum Freiberufler § 7 B IV 4<br />

Arbeitnehmerüberlassungsgesetz<br />

– Anwendbarkeit auf Freiberufler § 7 A II 2 c cc<br />

– Verstoß gegen §§ 1 Abs. 2 AÜG i.V.m. 4 AFG, 134 BGB § 7 A<br />

– Verstoß gegen § 9 AÜG § 7 A<br />

Arbeitsergebnisse, Rechte an § 7 A II 2 a dd<br />

Arbeitsförderungsgesetz siehe unter Arbeitnehmerüberlassungsgesetz<br />

Arbeitsvermittlung siehe unter Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – Verstoß<br />

gegen §§ 1 Abs. 2 AÜG i.V.m. 4 AFG, 134 BGB<br />

Arbeitszeit, freie Einteilung § 7 A II 2 b aa<br />

Auslegung, objektive § 11 E, § 12 B<br />

Außerordentliche Kündigung (berechtigte) § 12 A<br />

Ausnahmefälle siehe unter Wettbewerbsverbot – Fehlende Regelung für<br />

Ausnahmefälle<br />

Ausspannen von Kunden siehe unter Sittenwidrigkeit – Verstoß gegen § 1<br />

UWG<br />

Austauschverträge (siehe auch Synallagma und Gegenleistungstheorie)<br />

§ 9 C I<br />

187


Stichwortverzeichnis<br />

Beeinträchtigung der Marktverhältnisse siehe GWB, Verstoß gegen § 1<br />

Berufsausübung, Freiheit der § 6 A I, § 6 C III 2<br />

Beweis des ersten Anscheins § 17 B II 1<br />

Beweiserleichterungen § 17 B II<br />

Dienste höherer Art § 7 A II 2 c bb<br />

Dienstvertrag, Abgrenzung zum Werkvertrag, siehe Abgrenzung Dienst-<br />

/Werkvertrag<br />

<strong>Dr</strong>eierkonstellation (Begriff) § 5 A<br />

Einarbeitungszeit § 10 B I 1<br />

Einmann-GmbH § 5 B<br />

Einschränkungen<br />

– gegenständliche siehe hier unter – sachliche<br />

– örtliche § 10 B III<br />

– sachliche § 10 B IV<br />

– keine Tätigkeit für andere Auftraggeber/Kunden § 2 A, § 10 B IV 2<br />

– auf bestimmten Kunden § 10 B IV 1<br />

– zeitliche § 10 B II<br />

– – Geltungsdauer für lange zurückliegende Projekte § 10 B II 2<br />

– – beim vorvertraglichen Wettbewerbsverbot § 10 B II 3<br />

Einstweilige Verfügung § 1 C<br />

Endkunde (Begriff) § 5 A<br />

– Benachteiligung des (siehe auch unter GWB – Verstoß gegen § 1 GWB)<br />

§ 6 A II, § 8 B III<br />

Entgangener Gewinn § 13 A II 1<br />

Entwicklungs- und Dokumentationsrichtlinien, Bindung an § 7 A II 2 a cc<br />

Festanstellung, Annehmen einer § 12 A<br />

Freie Zeiteinteilung siehe Arbeitszeit, freie Einteilung<br />

Freiberufler<br />

– Auftreten als GmbH § 5 B<br />

Freiheit der Berufsausübung siehe Berufsausübung, Freiheit der<br />

Fristlose Kündigung siehe außerordentliche Kündigung<br />

Gegenleistung (siehe auch Synallagma) § 9 C I, § 13 E<br />

Geltungsdauer siehe unter Einschränkungen – zeitliche<br />

Geltungserhaltende Reduktion (siehe auch Synallagma) § 11<br />

– Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot § 11 C<br />

– beim vorvertraglichen Wettbewerbsverbot § 11 D<br />

– contra Auslegung § 11 E<br />

Geringfügige Verstöße § 13 A I<br />

188


Stichwortverzeichnis<br />

Gesamtnichtigkeit (siehe auch geltungserhaltende Reduktion) § 11 C III<br />

Gesellschaftsverträge § 8 C 1<br />

Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit (siehe auch Scheinselbständigkeit)<br />

§ 7 A III, § 7 B IV 4 c cc<br />

Gewährleistung, Übernahme von § 7 A II 2 b cc<br />

Gewinnabschöpfung § 13 B<br />

Grundrechte<br />

– mittelbare <strong>Dr</strong>ittwirkung § 6 C II<br />

– Interessenabwägung § 6 C III<br />

Gute Sitten siehe Sittenwidrigkeit<br />

GWB, Verstoß gegen § 1 § 8<br />

– ungeschriebene Ausnahmetatbestände § 8 C<br />

Handelsvertreter<br />

– Freiberufler als § 6 C I<br />

Handlungsgehilfe, Freiberufler als (siehe auch) Karenzentschädigung<br />

§ 7 B III und IV<br />

Inhaltskontrolle siehe unter AGB-Gesetz – Verstoß gegen § 9 AGB-Gesetz<br />

Karenzentschädigung (Fehlen einer) § 7 B<br />

Kernbereich siehe unter Vertragsfreiheit<br />

Kettenarbeitsverhältnis § 7 A II 2 a aa (2)<br />

Kunde (Begriff im Wettbewerbsverbot bei Viererkonstellation) § 14 A<br />

Kündigungsfrist(en) § 7 A II 2 a bb<br />

Kündigung, fristlose/außerordentliche siehe außerordentliche Kündigung<br />

Kundenschutz, Interesse der Unternehmensberatung an (siehe auch rechtlich<br />

anerkennenswertes Interesse der Unternehmensberatung) § 10 B I<br />

Kundenschutzklausel (Begriff) § 2 A<br />

Leistungsbeschreibung siehe unter AGB-Gesetz<br />

Maklertätigkeit § 10 B I 2<br />

Mandantenschutzklausel (Begriff) § 2 A<br />

Mehrwertsteuer, Ausweis der, siehe unter Status des Freiberuflers – Wille<br />

des Freiberuflers<br />

Monatliche Abrechnung siehe unter Abrechnung<br />

Muster-Wettbewerbsverbot (Begriff) § 2 B<br />

Objektive Auslegung, siehe unter Auslegung<br />

Pauschalierter Schadensersatz § 13 D<br />

Persönliche Abhängigkeit des Freiberuflers § 7 A II 2 a<br />

189


Stichwortverzeichnis<br />

Privatautonomie siehe Vertragsfreiheit<br />

Probezeit siehe Einarbeitungszeit<br />

Projektbereich (Schutz des) § 10 B IV 2<br />

Projektschutz § 10 B II 2<br />

Prozessrisiko siehe unter Vertragsstrafe – Mindestvertragsstrafe – – zu hohe<br />

beinhalte Prozessrisiko für Freiberufler<br />

Rahmenvertrag (siehe auch Kettenarbeitsverhältnis) § 7 A II 2 a aa<br />

– Kündigung § 12 A I<br />

– Kündigungsfrist § 7 A II 2 a bb<br />

Rechtlich anerkennenswertes Interesse der Unternehmensberatung (siehe<br />

auch Kundenschutz, Interesse der Unternehmensberatung an) § 10 B I<br />

– beim vorvertraglichen Wettbewerbsverbot § 5 D, § 9 C II 1<br />

Rechtsfolgenregelung (siehe auch Gesamtnichtigkeit) § 10 A, § 11 C, § 13<br />

Rechtsmissbrauch Einl., § 7 A II 2 c cc (1), § 7 B IV 4 d aa und bb<br />

Rechts(un)sicherheit § 1 B<br />

Schadensersatz (siehe auch Gewinnabschöpfung) § 13 A II<br />

– pauschalierter § 13 D<br />

Scheinselbständigkeit (Neuregelung zur Bekämpfung der) § 7 A III,<br />

§ 7 B IV 4 c cc<br />

Sittenwidrigkeit<br />

– Verstoß gegen § 1 UWG § 1 B II, § 6 C III 1, § 10 B I 4<br />

– Verstoß gegen § 138 BGB § 10<br />

– Verhältnis zu § 9 AGB-Gesetz § 9 B und D<br />

Sonderfälle, Behandlung von, siehe auch unter Wettbewerbsverbot – Sonderfälle<br />

§ 12 A<br />

Soziale Schutzbedürftigkeit des Freiberuflers siehe Arbeitnehmerähnliche<br />

Person, Freiberufler als sowie wirtschaftliche Abhängigkeit des Freiberuflers<br />

Spezialisierung des Freiberuflers § 10 B IV 4<br />

Status des Freiberuflers<br />

– arbeits- und/oder sozialversicherungsrechtlicher § 3, § 7 A III,<br />

§ 7 B IV 4 c cc<br />

– Wille des Freiberuflers § 7 A II 2 c cc, § 7 B IV 4 d aa<br />

Stempeluhr § 7 A II 2 a gg, § 7 B IV 4 a<br />

Strohmann-Problematik § 17<br />

Stundenzettel siehe Tätigkeitsnachweise<br />

Subunternehmer siehe Unterauftragnehmer<br />

Synallagma (siehe auch Gegenleistungstheorie und Gesamtnichtigkeit und<br />

Rechtsfolgenregelung) § 9 C I, § 13 E<br />

190


Stichwortverzeichnis<br />

Tatbestand und Rechtsfolge (siehe auch Rechtsfolgenregelung sowie Synallagma)<br />

§ 13 E<br />

Tätigkeit beim Endkunden § 7 A II 2 b bb<br />

Tätigkeitsnachweise § 7 A II 2 a gg<br />

Unangemessene Benachteiligung des Freiberuflers siehe unter AGB-Gesetz<br />

– Verstoß gegen § 9 AGB-Gesetz<br />

Unklare Regelungen siehe unter Wettbewerbsverbot<br />

Unklare Fälle siehe unter Wettbewerbsverbot<br />

Unklarheitenregel siehe unter AGB-Gesetz und unter Wettbewerbsverbot –<br />

unklare Regelungen bzw. unklare Fälle<br />

Unterauftragnehmer, Verbot des Einsatzes von § 7 A II 2 a ii<br />

Unternehmensberatung<br />

– übergeordnete / untergeordnete (Begriff) § 5 A<br />

Unersetzlichkeit des Freiberuflers siehe Spezialisierung des Freiberuflers<br />

Unternehmensbezogenes Wettbewerbsverbot siehe unter Wettbewerbsverbot<br />

Unterlassungsverpflichtung (siehe auch Tatbestand und Rechtsfolge)<br />

§ 13 E<br />

Urlaub, Abstimmung von § 7 A II 2 c aa<br />

UWG siehe unter Sittenwidrigkeit – Verstoß gegen § 1 UWG<br />

Vergütung, Höhe der, siehe wirtschaftliche Abhängigkeit<br />

Verlängerungsoption (siehe auch Rahmenvertrag) § 7 A II 2 a aa (2)<br />

Vertragsbedingungen, abgestufte § 11 C III<br />

Vertragsfreiheit (siehe auch unter Status des Freiberuflers – Wille des Freiberuflers)<br />

§ 11 C II<br />

– Kernbereich § 9 C II, § 9 D, § 11 C II 1<br />

Vertragsstrafe § 13<br />

– Abgrenzung zum pauschalierten Schadensersatz § 13 E<br />

– Herabsetzung unverhältnismäßig hoher § 13 B und C<br />

– Mindestvertragsstrafe § 13 A<br />

– zu hohe beinhalte Prozessrisiko für Freiberufler § 13 C II<br />

Vertraulichkeit, Verpflichtung zur § 7 A II 2 a ee<br />

Viererkonstellation<br />

– Begriff § 5 A<br />

– Eigenständiges Wettbewerbsverbot § 15 B<br />

– Festanstellung in § 12 A<br />

– Garantiemäßige Einstandspflicht der untergeordneten Unternehmensberatung<br />

§ 15 A<br />

– Kumulatives Vorgehen beider Unternehmensberatungen § 16<br />

191


Stichwortverzeichnis<br />

– Prüfmaßstab des Wettbewerbsverbots in § 5 C<br />

– Weiterleitungspflicht § 15 A<br />

Vierzigstundenwoche § 7 B IV 4 c aa<br />

Vorgehen zweier Unternehmensberatungen gegen den Freiberufler § 16<br />

Vorvertragliches Wettbewerbsverbot siehe unter Wettbewerbsverbot – vorvertragliches<br />

Weisungen, projektbezogene (siehe auch persönliche Abhängigkeit)<br />

§ 7 A II 2 b dd und c aa<br />

Weisungsrecht siehe persönliche Abhängigkeit<br />

Werkvertrag, Abgrenzung zum Dienstvertrag, siehe Abgrenzung Dienst-<br />

/Werkvertrag<br />

Wettbewerbsverbot (Begriff) § 2 A<br />

– Angleichung an Arbeitsverhältnis durch Wettbewerbsverbot<br />

§ 7 A II 2 a ff<br />

– Fehlende Regelung für Ausnahmefälle § 10 B III 1, § 12 A<br />

– Geltung bei außerordentlicher Kündigung § 12 A I<br />

– Schutz eines Projektbereichs § 10 B IV 2<br />

– Geltungsdauer siehe Einschränkungen – zeitliche<br />

– Geltung auch während des Vertrags § 12 B<br />

– vorvertraglich (Begriff) § 5 D<br />

– Geltungsdauer § 10 II 2<br />

– Geltung für unklare Fälle/Regelungen § 12 B<br />

– Geltung bei Tätigkeit für viele Kunden § 7 B II, § 10 B IV 5<br />

– synallagmatische Verknüpfung siehe Synallagma<br />

– unternehmensbezogenes § 2 A<br />

– Weiterleitungspflicht in Viererkonstellation § 15 A<br />

Wettbewerbsverhältnis zwischen Unternehmensberatung und Freiberufler<br />

(siehe auch GWB, Verstoß gegen § 1) § 8 B II<br />

Wille des Freiberuflers siehe unter Status des Freiberuflers – Wille des Freiberuflers<br />

Wirtschaftliche Abhängigkeit des Freiberuflers § 7 B IV 4 c<br />

Wirtschaftsfreiheit (siehe auch GWB, Verstoß gegen § 1) § 8 A<br />

Zeiteinteilung, freie, siehe Arbeitszeit, freie Einteilung<br />

Zugang zum Markt (siehe auch GWB, Verstoß gegen § 1) § 8 A, § 8 B II 1<br />

192

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!