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254 § 27. Gliederung der Besitzungen, Rechte und Einkünfte in Einzeltitel<br />

b) Gottesdienst-Präsenz (praesentia communis)<br />

Diese hatte als Ziel eine Verbesserung der Teilnahme und ist insofern<br />

dem Wesen nach eine Reformmaßnahme, aber keineswegs eines spezifischen<br />

Pfalzeler Problems,-sondern eher ein allgemeines Dauerthema. Der Ansatzpunkt<br />

ist aber vielleicht doch eine in die Zeit reiner Naturalwirtschaft zurückreichende<br />

tägliche Ausgabe von Nahrungsmitteln (Getreide, Wein,<br />

Fleisch) nach dem gemeinsamen Gottedienst, die sogenannte distributio cottidiana.<br />

Bei der Inkorporation der Einkünfte der Propstei des Stiftes Pfalzel<br />

aus Cochem, Cond, Britten und Hinzert in das Kapitel 1379 wird z. B. bestimmt,<br />

daß diese für alle residierenden Kanoniker, Vikare und Altaristen<br />

nach der Ordnung der distributio cottidiana reserviert seien (K Best. 157 Nr. 55;<br />

vgI. § 12). Als Entschuldigungsgrund könne - wie allgemein üblich -<br />

nur Krankheit und Abwesenheit im Auftrag des Kapitels gelten. Über diese<br />

Propsteigüter bzw. die Verteilung der Einnahmen bestimmen nun die Statuten<br />

von 1463, daß diese an den Dekan und die Kanoniker in maioribus et minoribus<br />

ordinibus und die Vikare und Altaristen in sacerdotio existentes, die persönliche<br />

Residenz halten und an nächtlichen wie täglichen Gottesdiensten<br />

(divinis officiis) teilnehmen, zu verteilen seien. Ausgenommen sind lediglich<br />

32 fl. für die Gemeine Präsenz für Memorien (also die oben genannte Anniversarien-Präsenz)<br />

und ein Karat Wein aus Cond, das an die Kapitularkanoniker<br />

zu verteilen sei.<br />

Mit der im 18. Jahrhundert wieder deutlich verbesserten Residenz und damit<br />

auch der Präsenz der Kanoniker wurden diese Präsenzgelder praktisch ein<br />

Bestandteil der regelmäßigen Einkünfte eines Kanonikers. Das führte schießlich<br />

dazu, sie auch den Einkünften des den Erben eines verstorbenen Kanonikers<br />

zustehenden sogenannten Gnadenjahres (vgI. § 11) zuzuordnen. Für<br />

das Stift Pfalzel jedenfalls stellt das Kapitel auf eine Anfrage des Trierer Domkapitels<br />

(I) am 17. Mai 1753 fest, daß nach dem Tod eines Mitkanonikers dessen<br />

Erben auch das Präsenzgeld für das laufende Jahr ausgezahlt werde, und<br />

zwar im Umfang der tatsächlichen Präsenz des Verstorbenen im Vorjahr (KP<br />

zum genannten Datum).<br />

Die Bestimmung - oder auch Vereinbarung - dessen, an welchen Tageszeiten<br />

des Gottesdienstes eine Teilnahme zur Erfüllung der Präsenz erforderlich<br />

sei, stand zu allen Zeiten und in allen Stiften zur Diskussion. Die einfachere<br />

Lösung war, das "Tagesgeld" auf die einzelnen kanonischen Stunden (Matutin,<br />

Vigil etc.) aufzuteilen und nur den Anteil der Stunden auszuzahlen, an denen<br />

der einzelne teilgenommen hatte (so Kopiar StadtBi BI. 9v). Als gewiß unrealistische<br />

Extremforderung bestimmen die Statuten von 1623, daß auch<br />

diejenigen als abwesend zu betrachten seien, die zwar körperlich im Chor anwesend<br />

seien, animo autem vagantur.

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