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192 § 20. Adela als Heilige. Bestand hatte. Engere Beziehungen zwischen Ören und Pfalzel sind auch darin erkennbar, daß ein Teil der Pfalzeler Nonnen nach ihrer Vertreibung durch Erzbischof Poppo 1016 dem Örener Konvent beitraten. Vermutlich wurde in dieser Zeit Irmina von Ören auch bereits als Heilige verehrt, so daß die "Kanonisation" Adelas - als Tochter oder Schwester Irminas und somit (wie vermeintlich Irmina) ebenfalls einer Gründerin eines Frauenklosters - gar nicht so abwegig schien. Über den vermeintlichen Nachweis eines Adela- Patroziniums der Filial-Kapelle Morbach zu 1374 vgl. § 29 bei Morbach. Der Protest gegen die Vertreibung der Nonnen hat aber deren Wiederansiedlung nicht durchsetzen können, sondern lediglich die Über- bzw. Herausgabe des (noch verfügbaren) Besitzes an ein neu gegründetes Kanonikerstift erreicht. Die Kanoniker haben mit den Klostergebäuden natürlich auch die Kirche und damit auch das Grab der heiligen Adela übernommen, deren Kult aber offensichtlich nicht gefördert. Jedenfalls ist nichts darüber bekannt, daß das Stift Pfalzel die Verehrung dieser Hausheiligen besonders gepflegt und sich mit ihr an der in Trier gerade im 11./12. Jahrhundert sehr eifrigen Heiligen-Propagierung (Kanonisation Simeons, Trierer Märtyrer in St. Paulin, Matthias-Grab etc.) beteiligt hätte. Die St. Marien-Kirche des Kanonikerstiftes Pfalzel war nie ein Wallfahrts- und nicht einmal ein überörtlich besuchter Anbetungs- oder Verehrungsort am Grab der heiligen Adela. Als man zu Anfang des 13. Jahrhunderts die Vierung der Kirche um eine Apsis erweiterte und damit der Hochaltar einen anderen Platz erhielt, rückte man das Hochgrab der heiligen Adela von seiner bisherigen, sehr wahrscheinlich zentralen Stelle (in der Vierung) - im wörtlichen Sinne - an die (Evangelien-)Seite, halb in die Außenmauer integriert. St. Adela war auch nie (Zweit-)Patronin der Stiftskirche, geschweige denn, daß ihr Name (und Kult) den Namen der Erst-Patronin im öffentlichen Bewußtsein verdrängt hätte (wie in Trier z. B. Paulinus, Irmina, Simeon, Maximin, Matthias). Ob das für Pfalzel im 15. Jahrhundert bezeugte St. Agritius- (Zweit-)Patrozinium (vgl. § 6) in diesem Zusammenhang zu sehen ist, mag dahingestellt sein. So blieb im Stift Pfalzelletztlich nur ein Gedächtnis, das - nach Ausweis des Pfalzeler Memorienverzeichnisses des 15. Jahrhunderts (vgl. § 23) - verbunden mit einem Totenamt (missa animarum) am Freitag nach der Dezember- Quatember (= Mittwoch nach dem 3. Adventssonntag) begangen wurde und mit der Verteilung von einem Ohm Wein und einem Malter Weizen an die Armen verbunden war. Dieser Brauch wurde (nach Ausweis der Rechnungen) bis zur Aufhebung des Stiftes beibehalten. Er ist auch im Prozessionale von 1708 beschrieben (vgl. § 24 Abschn. 4). - Franz Tobias Müller zitiert zwar einige Autoren und Proprien, in denen Adela als Heilige bezeichnet wird, moniert dann aber (S. 468): Wegen diesem wunderte es mich, daß man im hiesigen Stift nicht ein-

§ 20. Adela als Heilige. 193 mal jährlich sich der gottseligen Adhela als einer Heiligen in der Kirch erinnerte. Nur ware es Brauch, nach vollendeten Jahrsämtern auch eins für die seelige Stifterinn (ergänzt: in schwarzem Meßgewande), und ifVar mit dieser ersten Collekte Zu singen: Propitiare Domine animae famulae tuae Adhelae; et praesta, ut quae de suis in hoc loco peroigili cura nomini tuo quotidiana praeparavit obsequia, cum sanctis tuis peifrui mereaturlaetitias, Per Dominum etc. Nach einer Übersetzung dieses Gebetes notiert F. T. Müller, daß dieses auch jährlich in St. Simeon in Trier am 16. Juni für Erzbischof Poppo verwandt werde. Aber in Betrej unser Adhela mag daßelbige wohl noch eine strenge Beibehaltung des uralten Brauches sryn, wie er bei Petrus Lombardus überliefert sei: Es ist Urbild für einen Martyrer Zu bethen, durch deßen Gebeth wir müßen empholen werden; und beifüget:für andere Verstorbene aber wird gebethet. Er zitiert dann weiter Beispiele von Gebeten zu Päpsten, die (auch) nicht Märtyrer waren, aber als Heilige verehrt wurden. Als Todestag Adelas ist der 2. November überliefert: Hau sanctaAdela plena dierum migravit ad Christum quarta - die Omnium Animarum - Nonas Novembris (so im Mischbd StadtBi BI. 166v in der Überschrift zu einer Abschrift des Testamentes der Adela, 16. Jahrh.; gedruckt Wampach, UrkQLuxemburg 1 Nr. 19 S. 20 Anm. 12). Es scheint, daß dieser Todestag in der Liturgie des Stiftes nicht berücksichtigt wurde. Diese geringe Förderung - um nicht zu sagen: wegen dieser Vernachlässigung - des Kultes einer heiligen Adela durch die Kanoniker des Stiftes Pfalzel hatte auch zur Folge, daß Adela keine wie auch immer verbürgte Vita erhielt und selbst in den trierischen Kalendaren keinen eigenen Gedenktag hatte. Lediglich lokal wurde die memoratio der heiligen Adela aus der geschilderten Verbindung mit der Wirkungsgeschichte Irminas dann - nicht eben einfallsreich - mit dem Gedenktag Irminas am 24. Dezember verbunden. In den verbreiteten Trierer Kalendaren des Mittelalters ist aber auch zum 24. Dezember nur Irmina genannt (vgI. Miesges, Festkalender S. 112). Das gilt selbst für das Martyrologium Romanum in der letzten Fassung vor der Reform des 2. Vaticanums, das zum 24. Dezember für Trier sancta /rmina, virgo,ftlia Dagoberti regismit Nennung von Plektrud und Adela als Töchter im Kommentar - nennt (Ausgabe AA SS von 1940). Für das 19. Jahrhundert stellt A. J. I. Liehs (Leben und Thaten der Heiligen, 1837/1861) lapidar fest, daß die von ihm als "heilige Adela" unter dem 24. Dezember beschriebene Adela (Irmina am 18. Dezember; vgI. dazu Miesges, Festkalender S. 111: celebratio sanctissimae /rminae am 18. Dezember im Offitium der Abtei St. Irminen aus der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts) weder in Pfalzel noch in einer anderen Kirche "eine öffentliche Verehrung gehabt" habe (S. 308). Der Versuch einer Reaktivierung eines Kultes hat anscheinend der 1936-1950 in Pfalzel amtierende Pfarrer Jakob Kiefer (oder schon dessen Vorgänger 1925-1936 Johann Baptist Kunzen) versucht (vgI. die Angaben über die "Wiederauffindung" der Reli-

§ 20. Adela als Heilige. 193<br />

mal jährlich sich der gottseligen Adhela als einer Heiligen in der Kirch erinnerte. Nur ware<br />

es Brauch, nach vollendeten Jahrsämtern auch eins für die seelige Stifterinn (ergänzt: in<br />

schwarzem Meßgewande), und ifVar mit dieser ersten Collekte Zu singen: Propitiare Domine<br />

animae famulae tuae Adhelae; et praesta, ut quae de suis in hoc loco peroigili cura nomini<br />

tuo quotidiana praeparavit obsequia, cum sanctis tuis peifrui mereaturlaetitias, Per<br />

Dominum etc. Nach einer Übersetzung dieses Gebetes notiert F. T. Müller, daß<br />

dieses auch jährlich in St. Simeon in Trier am 16. Juni für Erzbischof Poppo<br />

verwandt werde. Aber in Betrej unser Adhela mag daßelbige wohl noch eine strenge Beibehaltung<br />

des uralten Brauches sryn, wie er bei Petrus Lombardus überliefert sei:<br />

Es ist Urbild für einen Martyrer Zu bethen, durch deßen Gebeth wir müßen empholen werden;<br />

und beifüget:für andere Verstorbene aber wird gebethet. Er zitiert dann weiter Beispiele<br />

von Gebeten zu Päpsten, die (auch) nicht Märtyrer waren, aber als Heilige<br />

verehrt wurden.<br />

Als Todestag Adelas ist der 2. November überliefert: Hau sanctaAdela plena<br />

dierum migravit ad Christum quarta - die Omnium Animarum - Nonas Novembris (so<br />

im Mischbd StadtBi BI. 166v in der Überschrift zu einer Abschrift des Testamentes<br />

der Adela, 16. Jahrh.; gedruckt Wampach, UrkQLuxemburg 1 Nr. 19<br />

S. 20 Anm. 12). Es scheint, daß dieser Todestag in der Liturgie des Stiftes nicht<br />

berücksichtigt wurde.<br />

Diese geringe Förderung - um nicht zu sagen: wegen dieser Vernachlässigung<br />

- des Kultes einer heiligen Adela durch die Kanoniker des Stiftes Pfalzel<br />

hatte auch zur Folge, daß Adela keine wie auch immer verbürgte Vita erhielt<br />

und selbst in den trierischen Kalendaren keinen eigenen Gedenktag hatte.<br />

Lediglich lokal wurde die memoratio der heiligen Adela aus der geschilderten<br />

Verbindung mit der Wirkungsgeschichte Irminas dann - nicht eben einfallsreich<br />

- mit dem Gedenktag Irminas am 24. Dezember verbunden. In den verbreiteten<br />

Trierer Kalendaren des Mittelalters ist aber auch zum 24. Dezember<br />

nur Irmina genannt (vgI. Miesges, Festkalender S. 112). Das gilt selbst für das<br />

Martyrologium Romanum in der letzten Fassung vor der Reform des 2. Vaticanums,<br />

das zum 24. Dezember für Trier sancta /rmina, virgo,ftlia Dagoberti regismit<br />

Nennung von Plektrud und Adela als Töchter im Kommentar - nennt<br />

(Ausgabe AA SS von 1940). Für das 19. Jahrhundert stellt A. J. I. Liehs (Leben<br />

und Thaten der Heiligen, 1837/1861) lapidar fest, daß die von ihm als "heilige<br />

Adela" unter dem 24. Dezember beschriebene Adela (Irmina am 18. Dezember;<br />

vgI. dazu Miesges, Festkalender S. 111: celebratio sanctissimae /rminae<br />

am 18. Dezember im Offitium der Abtei St. Irminen aus der 2. Hälfte des<br />

15. Jahrhunderts) weder in Pfalzel noch in einer anderen Kirche "eine öffentliche<br />

Verehrung gehabt" habe (S. 308). Der Versuch einer Reaktivierung<br />

eines Kultes hat anscheinend der 1936-1950 in Pfalzel amtierende Pfarrer<br />

Jakob Kiefer (oder schon dessen Vorgänger 1925-1936 Johann Baptist<br />

Kunzen) versucht (vgI. die Angaben über die "Wiederauffindung" der Reli-

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