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180 § 17. Die familia des Stiftes. Stiftsbedienstete, Personal, Schule<br />

bestimmungen nach der Visitation von 1701 (vgl. § 10): Nos autem multis quere/is<br />

capituli et communitatis affligamur, doch ist das nicht weiter ausgeführt.<br />

Bei 131 Häusern des Dorfes bzw. der Pfarrei Pfalzel (ohne den Anteil der<br />

Pfarrei an Biewer) im Jahre 1786 gab es 65 Kinder im Alter zwischen sieben<br />

und zwölf Jahren. Die Schule, deren Lehrer 1759 und 1763 der Frühmesser<br />

der Pfarrei war (s. unten), hatte Unterricht von Allerheiligen (1. November)<br />

bis St. Johann (24. Juni); in den anderen Monaten mußten die Kinder wohl in<br />

der Landwirtschaft helfen bzw. mitarbeiten (Angaben nach Becker wie Anm.).<br />

Bei den oben genannten Auseinandersetzungen 1763 ging es darum, daß der<br />

Pfarrer bzw. die Gemeinde mit dem Frühmesser Johann Peter Reichert einen<br />

eigenen Schulmeister eingestellt hatten, sodaß dem Schulmeister des Stiftes<br />

Einkünfte verloren gingen. Das Stift schlug deshalb 1780/81 vor, die Stiftsschule<br />

solle die Knaben und die Pfarrschule die Mädchen erhalten. Darauf<br />

ging der Pfarrer aber nicht ein. Offenbar argumentierte er, daß es gut wäre,<br />

"wenn die Kinder die Freiheit nicht hätten, in die chorale Stiftsschule zu gehen"<br />

O. Becker S. 200), womit praktisch ein Monopol der "Pfarrschule" beansprucht<br />

wurde. Dem entspricht (als vermeintliches Entgegenkommen), daß<br />

der Pfarrer am 30. September 1782 zusicherte, dem Stift sollten sechs Knaben<br />

für dessen Chordienst verbleiben und es solle auch Holz aus der Pfarrschule<br />

erhalten (so mit verschiedenen Eintragungen im KP). Vielleicht darf man es<br />

als "Gegenaktion" des Stiftes interpretieren, daß dieses am 30. Mai 1788 dem<br />

bisherigen Pfalzeier Magister Johann Peter Reichert, also dem Lehrer der<br />

"Pfarrschule", die stiftische Pfarrei Ittel übertrug (so KP) und damit aus Pfalzel<br />

"wegbeförderte". An der Pfarrschule Pfalzel wurde 1790 (als Nachfolger<br />

Reicherts) der Laie Georg Knopp Schulmeister O. Becker).<br />

Man wird diesen Nachrichten gewiß soviel entnehmen dürfen, daß das Stift<br />

seine Knaben für den Chordienst - man würde heute sagen: Meßdiener - aus<br />

der Bevölkerung der Siedlung Pfalzel rekrutierte, und daß damit auch eine (allgemeine)<br />

Ausbildung verbunden war, zumindest in den Grundkenntnissen des<br />

Schreibens und Lesens. Der Angabe, daß mit der Einrichtung einer Pfarr- bzw.<br />

Gemeindeschule dem Schulmeister des Stiftes Einnahmen verloren gingen,<br />

ist eindeutig zu entnehmen, daß zumindest in dieser Zeit die Stiftsschule auch<br />

über die Ausbildung für den Chordienst hinaus "allgemeinen" Unterricht erteilte<br />

und daß dieser - vermutlich von den Eltern der Kinder - bezahlt wurde.<br />

Insofern war diese Stiftsschule für die Gemeinde Pfalzel und womöglich auch<br />

für Kinder benachbarter Siedlungen eine "öffentliche" Schule (wobei die Konfessionsfrage<br />

in dieser Zeit einer konfessionell geschlossenen Gesellschaft<br />

nicht gestellt war). Natürlich gab es noch keine allgemeine Schulpflicht, aber<br />

daß auch Mädchen diese Schule besuchen konnten und offensichtlich auch<br />

besuchten, sei für das allgemeine Bild der Alphabetisierung und die Funktion<br />

solcher Stiftsschulen für die Gesellschaft dieser Zeit unterstrichen.

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