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166 § 12. Dignitäten und Ämter auf Lebzeit 5. Der Kantor Obwohl ein Kantor urkundlich erst zum Jahre 1271 bezeugt ist (vgl. § 34), ist auch für dieses Amt anzunehmen, daß es seit Beginn des Stiftes bestand. Die Aufgabe des Kantors, den Chorgesang zu leiten, ergibt sich schon aus dem Namen. Da aber auch in Pfalzel das Amt auf Lebzeit vergeben wurde, sind auch hier die üblichen Klagen über das Nichtvermögen älter gewordener Kantoren überliefert (vgl. § 34). In den Reformbestimmungen nach der Visitation von 1701 (vgl. § 10) wird ausdrücklich betont, daß er die Rubriken des Breviers und des Offitiums beachten müsse und darauf zu achten habe, daß keine confllsiones bei den Gebeten entstünden und bei den Versikeln der Psalmen-Lesungen in den Kanonischen Stunden angemessene Pausen (paIIsa decens) eingehalten würden. Ob es sich da um eine admonitio aus gegebenem Anlaß oder um ein allgemeines Anliegen des Visitators handelt, mag dahingestellt sein. Über eine Amtsausstattung des Kantors sind Einzelheiten nicht überliefert. Auch die Besetzung des Amtes des Kantors war strittig, wobei es sich bei dem nachstehend geschilderten Fall um eine andere Form der Umgehung bzw. der Ausschaltung des vom Kapitel beanspruchten Rechtes, die Ämter des Dekans, Scholsters, Kustos und Kantors immer frei zu vergeben, handelt (vgl. zur Problematik die Vorbemerkung zu diesem Paragraphen und andere Beispiele in Abschn. 3, Scholaster), die 1651 mit Erfolg und diesmal durch ein Mitglied des Kapitels selbst praktiziert wurde. Kantor war (seit wann und wie ernannt, ist nicht bekannt; vgl. § 34) Stephan Blondel, der um 1651/52 in den Dienst des Domdekans von Köln, Franz von Lothringen, trat und - offensichtlich um eine Residenzbefreiung für sein Kanonikat zu erlangen - vom Erzbischof von Trier als Kaplan angenommen wurde. Hinsichtlich seiner Rechtsstellung als canoniclis capitlilaris residens konnte das Kapitel somit nichts einwenden. Es hat aber anscheinend verlangt, daß Blondel sein Amt als Kantor niederlege. Blondel tat dies auch, aber nicht durch Resignation zugunsten des Kapitels, sondern zugunsten des Anton Kasel. Diesen "Tausch" lehnte das Kapitel am 8. August 1651 ab, weil er gegen das Recht des Kapitels verstoße, und wählte am 12. August den Kanoniker Franz Theoderich von Villesuryon zum Kantor. Wie wenig sicher das Kapitel jedoch seiner Sache war, geht daraus hervor, daß es Villesuryon auftrug, nichts ohne Zustimmung des Kapitels zu unternehmen, falls es wegen dieser Besetzung zu einem Prozeß komme. Offenbar fürchtete man weitere Unkosten. Blondel und Kasel hatten nämlich inzwischen die römische Kurie eingeschaltet: Blondel hatte dort in die Hände des Papstes zugunsten des Anton Kasel verzichtet. Und als Papst Innozenz X. mit Bulle vom 18. August 1651 die durch die Resignation des Stephan Blondel vakante Kantorie dem Anton Kasel verlieh (K Best. 157

2. Die Universitätspfründe 167 Nr. 163), gab das Kapitel nach. Villesuryon trat zurück und das Kapitel wählte Kasel zum Kantor (Mischbd StadtBi S. 3). Das Recht des Kapitels auf freie Verfügung über die offttia war damit formell gewahrt, in Wirklichkeit aber war bewiesen, daß es auf dem Umweg über eine Resignation zugunsten des Papstes leicht umgangen werden konnte. § 13. Kanoniker mit besonderer Rechtsstellung 1. Der Kaplan des Erzbischofs Der Erzbischof von Trier war als ordinarius Iod berechtigt, einen Kanoniker zu seinem capellanus zu ernennen. Dieser war für die Dauer dieser jederzeit widerrufbaren Ernennung von der Residenz befreit (Statuten von 1463 und 1480). In der Regel handelt es sich hierbei um Personen, die in der erzbischöflich-kurfürstlichen Verwaltung beschäftigt waren, doch kam es auch vor, daß der Erzbischof einen in Diensten anderer stehenden Kanoniker auf diese Weise von der Residenz freistellte (vgl. Stephan Blondel, 1652, in § 34). Im 17. Jahrhundert erhält der erzbischöfliche Kaplan an Stelle der Natural- und Getreideanteildseiner Pfründe vom Kapitel ein jährliches Fixum (1653/54 jährlich 30 Imp.; vgl. bei Blondel). 2. Die Universitätspfründe Allgemein vgl. Heyen, GS NF 41, St. Simeon S. 368. Zur Ablösung der Pfründen durch jährliche Zahlungen 1655 vgl. Diederich, St. Florin/Koblenz S. 213 f. Zu den 1474 zur Dotation der neu gegründeten Universität Trier bestimmten geistlichen Pfründen gehörte auch ein Kanonikat des Stiftes Pfalzel. Es scheint aber, daß Pfalzel wie andere die Bereitstellung bzw. Beanspruchung einer Pfründe verhindern konnte. Vielleicht ist der von der Universität und dem Lic. theol. Johann Gurschke 1478 an der Kurie geführte Prozeß gegen Franz Colbehum wegen eines Kanonikates im Stift Pfalzel (vgl. § 35) in diesem Zusammenhang zu sehen. Dabei mag mitgesprochen haben, daß Pfalzel bei aller Nähe zu Trier - neben den fünf anderen Stiften mit solchen Universitätspfründen, nämlich St. Simeon/Trier, St. Florin/Koblenz, St. Kastor/ Koblenz, Münstermaifeld und Dietkirchen - doch nur ein kleines Stift mit nur wenigen und keineswegs hoch dotierten Pfründen war. Erst mit der durch Erzbischof Kar! Kaspar 1655 verfügten Verpflichtung der Stifte zu einem festen Betrag von 60 Rt. anstelle der Bereitstellung eines Ka-

2. Die Universitätspfründe 167<br />

Nr. 163), gab das Kapitel nach. Villesuryon trat zurück und das Kapitel wählte<br />

Kasel zum Kantor (Mischbd StadtBi S. 3). Das Recht des Kapitels auf freie<br />

Verfügung über die offttia war damit formell gewahrt, in Wirklichkeit aber war<br />

bewiesen, daß es auf dem Umweg über eine Resignation zugunsten des Papstes<br />

leicht umgangen werden konnte.<br />

§ 13. Kanoniker mit besonderer Rechtsstellung<br />

1. Der Kaplan des Erzbischofs<br />

Der Erzbischof von Trier war als ordinarius Iod berechtigt, einen Kanoniker<br />

zu seinem capellanus zu ernennen. Dieser war für die Dauer dieser jederzeit<br />

widerrufbaren Ernennung von der Residenz befreit (Statuten von 1463 und<br />

1480). In der Regel handelt es sich hierbei um Personen, die in der erzbischöflich-kurfürstlichen<br />

Verwaltung beschäftigt waren, doch kam es auch vor, daß<br />

der Erzbischof einen in Diensten anderer stehenden Kanoniker auf diese<br />

Weise von der Residenz freistellte (vgl. Stephan Blondel, 1652, in § 34). Im<br />

17. Jahrhundert erhält der erzbischöfliche Kaplan an Stelle der Natural- und<br />

Getreideanteildseiner Pfründe vom Kapitel ein jährliches Fixum (1653/54<br />

jährlich 30 Imp.; vgl. bei Blondel).<br />

2. Die Universitätspfründe<br />

Allgemein vgl. Heyen, GS NF 41, St. Simeon S. 368. Zur Ablösung der<br />

Pfründen durch jährliche Zahlungen 1655 vgl. Diederich, St. Florin/Koblenz<br />

S. 213 f.<br />

Zu den 1474 zur Dotation der neu gegründeten Universität Trier bestimmten<br />

geistlichen Pfründen gehörte auch ein Kanonikat des Stiftes Pfalzel. Es<br />

scheint aber, daß Pfalzel wie andere die Bereitstellung bzw. Beanspruchung<br />

einer Pfründe verhindern konnte. Vielleicht ist der von der Universität und<br />

dem Lic. theol. Johann Gurschke 1478 an der Kurie geführte Prozeß gegen<br />

Franz Colbehum wegen eines Kanonikates im Stift Pfalzel (vgl. § 35) in diesem<br />

Zusammenhang zu sehen. Dabei mag mitgesprochen haben, daß Pfalzel<br />

bei aller Nähe zu Trier - neben den fünf anderen Stiften mit solchen Universitätspfründen,<br />

nämlich St. Simeon/Trier, St. Florin/Koblenz, St. Kastor/<br />

Koblenz, Münstermaifeld und Dietkirchen - doch nur ein kleines Stift mit nur<br />

wenigen und keineswegs hoch dotierten Pfründen war.<br />

Erst mit der durch Erzbischof Kar! Kaspar 1655 verfügten Verpflichtung<br />

der Stifte zu einem festen Betrag von 60 Rt. anstelle der Bereitstellung eines Ka-

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