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146 § 11. Das Kapitel gunsten des Papstes verzichtete und für die erbetene Wiederbesetzung einen Kandidaten vorschlug (auch dazu Beispiele in § 35). c. Die Aufnahme als solche Die Aufnahme in das Kapitel erfolgte durch Präsentation (durch einen Kanoniker im Turnus nominandi oder durch Kollation bzw. Preces) im Kapitel. Nach Ablauf der drei Karenzjahre (s. nachstehend) wurde der canonicus extracapitularis ins Kapitel aufgenommen und erhielt stal/um in choro et votum in capitulo. In den Vollgenuß der Pfründe gelangte er - nach der Statutenänderung von 1387 - jedoch nur dann, wenn er auch der Residenzpflicht genügte. Bei der Aufnahme war mit einem Eid die Wahrung und Verteidigung der Rechte, Freiheiten und Besitzungen des Stiftes sowie die Beachtung der Statuten zu geloben. Einzelheiten sind für Pfalzel nicht überliefert. Beim Eintritt in das Kapitel waren als "Aufnahmegebühr" die sogenannten Statutengelder in Höhe von 29 fl. zu zahlen (z.B. bezeugt 1471: StadtBi Trier Hs 1680/341; für spätere Zeit Nachweise in den Rechnungen). Sie wurden z. T. an die Kanoniker verteilt, z. T. an die Fabrik gegeben (vgl. Mischbd StadtBi BI. 72). d. Wartezeiten. Karenz- und Exspektanzjahre Zwischen der formalen Aufnahme in das Kapitel und der vollberechtigten Mitgliedschaft bestanden Wartejahre in unterschiedlicher Anzahl. Die Kanoniker in Wartejahren erhielten nur einen geringen Anteil an den Einkünften ihres Kanonikates (Einzelheiten sind für Pfalzel nicht ermittelt) und hatten kein Stimmrecht im Kapitel. Sie waren deshalb auch oft nicht im Stift anwesend; es bestand keine Residenzpflicht. Sie wurden meist als Extra-Kapitulare bezeichnet. Der vollberechtigte Kanoniker als Mitglied des Kapitels hieß deshalb Kapitularkanoniker. Karenzjahre. Nach dem Tod eines Kapitularkanonikers wurde über dessen Nachfolge alsbald durch Nomination, Kollation oder Provision entschieden. Der vom Kapitel angenommene Kandidat wurde aber damit nicht auch sofort als vollberechtigtes Mitglied in das Kapitel aufgenommen, sondern hatte die sogenannten Karenzjahre (Warte- oder Sperrjahre) abzuwarten. In dieser Zeit war er Extra-Kapitularkanoniker. Für die Verwendung der generellen (Grund-) Einkünf te einer Kanonikerpfründe - natürlich nicht auch die Präsenzgelder - dieser Karenzjahre galten unterschiedliche Bestimmungen:

A Id. Wartezeiten. Karenz- und Exspektanzjahre 147 Die Einkünfte des ersten Karenzjahres erhielten die Erben des Verstorbenen. Sie werden meist als Einkünfte des Gnadenjahres bezeichnet und waren im Trierischen allgemein üblich (vgl.hier Abschn. A 3t). - Ein zweites Karenzjahr wurde für das Stift Pfalzel 1223 von Erzbischof Theoderich mit Rat (consilium) prelatorum Trevirensium (worunter wohl die Führungskräfte des Trierer Domkapitels und der trierischen Stifte zu verstehen sind) und auf Bitten (ad petitionem) des Pfalzeler Kapitels eingeführt mit der Bestimmung, die Einkünfte für die dringend notwendigen Reparaturen der Kirche und zur Anschaffung von Kirchengewändern (ornamenta) zu verwenden. Diese Urkunde wurde vom Erzbischof, vom Domkapitel und vom Kapitel des Stiftes Pfalzel besiegelt, was die ihr beigemessene Bedeutung unterstreicht (nur in Abschrift des 18. Jahrhunderts überliefert: K Best. 157 Nr. 301 Stück 2; MrhUB 3 Nr. 216 S. 180, MrhR 2 S. 441 Nr. 1628). Diese Verfügung wurde 1229 in einer Urkunde, die den Text von 1223 wörtlich wiederholt, dahingehend ergänzt bzw. präzisiert, daß dann, wenn ein Kanoniker (frater) freiwillig auf seine Pfründe verzichtet und in ein anderes Stift oder eine andere Gemeinschaft (aliam ecclesiam vel religionem) eintritt, die Einkünfte seiner Pfründe von zwei Jahren für die Gebäude und Kirchengewänder des Stiftes zu verwenden seien (Abschrift wie vor Stück 3; MrhUB 3 Nr. 377 S. 302, MrhR 2 S. 509 f. Nr. 1fJ14). Konkret heißt das, daß bei einem Verzicht die Einkünfte des dann ja nicht - wie bei einem Todesfall- anfallenden Gnadenjahres ebenfalls für die Kirche zu verwenden seien. - Dieses zweite Karenzjahr wurde nicht etwa nach Abschluß der "Sofortmaßnahmen" für Bau und Gewänder wieder rückgängig gemacht, sondern bis zum Ende des Stiftes beibehalten. Die Einkünfte fielen an die (wohl formal erst später eingerichtete) Fabrik. - Ein drittes Karenzjahr ist später als feste (und normale) Ordnung überliefert. Wann es eingeführt wurde, konnte nicht festgestellt werden. Die Einkünfte fielen ebenfalls an die Fabrik. An dieser Reglung hat sich bis zur Aufhebung des Stiftes nichts geändert. So ist z. B. in einem Gutachten von 1698 ausdrücklich bezeugt, daß die Karenzjahre auch bei Resignation zugunsten eines anderen einträten (K Best. 157 Nr. 304). Diese Karenzjahre konnten, wenn Kanonikate kurz hintereinander neu zu besetzen waren, zu einer erheblichen Minderung des ohnehin schon kleinen Kapitels führen. So ist z. B. zum Jahre 1731 bezeugt, daß das Kapitel sechs Kapitularkanoniker und vier Extrakapitulare (also in Karenzjahren befindliche Kanoniker) zählte. Von den Kapitularkanonikern aber waren der Dekan meist krank, der Kanoniker Lanser ebenfalls krank und zudem meist in Trier, der Kanoniker Hofmann als Kellner vielfach abwesend und der Kanoniker Puriselli als Pagen-Hofmeister meist am kurfürstlichen Hof. Es blieben also noch die Kapitularkanoniker Ebentheuer und Meyer. Die vier Extrakapitulare baten

146 § 11. Das Kapitel<br />

gunsten des Papstes verzichtete und für die erbetene Wiederbesetzung einen<br />

Kandidaten vorschlug (auch dazu Beispiele in § 35).<br />

c. Die Aufnahme als solche<br />

Die Aufnahme in das Kapitel erfolgte durch Präsentation (durch einen<br />

Kanoniker im Turnus nominandi oder durch Kollation bzw. Preces) im Kapitel.<br />

Nach Ablauf der drei Karenzjahre (s. nachstehend) wurde der canonicus extracapitularis<br />

ins Kapitel aufgenommen und erhielt stal/um in choro et votum in capitulo.<br />

In den Vollgenuß der Pfründe gelangte er - nach der Statutenänderung<br />

von 1387 - jedoch nur dann, wenn er auch der Residenzpflicht genügte.<br />

Bei der Aufnahme war mit einem Eid die Wahrung und Verteidigung der<br />

Rechte, Freiheiten und Besitzungen des Stiftes sowie die Beachtung der Statuten<br />

zu geloben. Einzelheiten sind für Pfalzel nicht überliefert.<br />

Beim Eintritt in das Kapitel waren als "Aufnahmegebühr" die sogenannten<br />

Statutengelder in Höhe von 29 fl. zu zahlen (z.B. bezeugt 1471: StadtBi<br />

Trier Hs 1680/341; für spätere Zeit Nachweise in den Rechnungen). Sie wurden<br />

z. T. an die Kanoniker verteilt, z. T. an die Fabrik gegeben (vgl. Mischbd<br />

StadtBi BI. 72).<br />

d. Wartezeiten. Karenz- und Exspektanzjahre<br />

Zwischen der formalen Aufnahme in das Kapitel und der vollberechtigten<br />

Mitgliedschaft bestanden Wartejahre in unterschiedlicher Anzahl. Die Kanoniker<br />

in Wartejahren erhielten nur einen geringen Anteil an den Einkünften ihres<br />

Kanonikates (Einzelheiten sind für Pfalzel nicht ermittelt) und hatten kein<br />

Stimmrecht im Kapitel. Sie waren deshalb auch oft nicht im Stift anwesend; es<br />

bestand keine Residenzpflicht. Sie wurden meist als Extra-Kapitulare bezeichnet.<br />

Der vollberechtigte Kanoniker als Mitglied des Kapitels hieß deshalb Kapitularkanoniker.<br />

Karenzjahre. Nach dem Tod eines Kapitularkanonikers wurde über dessen<br />

Nachfolge alsbald durch Nomination, Kollation oder Provision entschieden.<br />

Der vom Kapitel angenommene Kandidat wurde aber damit nicht auch<br />

sofort als vollberechtigtes Mitglied in das Kapitel aufgenommen, sondern<br />

hatte die sogenannten Karenzjahre (Warte- oder Sperrjahre) abzuwarten. In<br />

dieser Zeit war er Extra-Kapitularkanoniker. Für die Verwendung der generellen<br />

(Grund-) Einkünf te einer Kanonikerpfründe - natürlich nicht auch die<br />

Präsenzgelder - dieser Karenzjahre galten unterschiedliche Bestimmungen:

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