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144 § 11. Das Kapitel<br />

rücksichtigen, so wurde der Turnusberechtigte nicht übersprungen, sondern die<br />

Benennungsreihenfolge wurde verschoben (Statut von 1463).<br />

Bemerkenswert ist eine Notiz im Testament des Dekans Anton Reuß von<br />

1735/37. Reuß schreibt darin, daß er dem Sohn seines Stiefbruders Heinrich<br />

Reuß, nämlich Gerhard Reuß, ein Kanonikat gratis conferiert habe, da doch<br />

von ein oder anderen pro gratiftcatione ein merkliches hätte haben kiinnen (K Best. 157<br />

Nr. 186/187). Das zeigt, daß das Nominationsrecht nicht nur regelrechte Familienpfründen,<br />

wie man sie in jedem Stift über Generationen hin feststellen<br />

kann, zur Folge hatte, sondern offensichtlich auch materiell von Bedeutung<br />

war. Dies als Simonie zu bezeichnen, sei dahingestellt.<br />

Bei einer Vakanz in den ungeraden Monaten wurde - seit dem Hohen<br />

Mittelalter - das Besetzungsrecht an frei werdenden Kanonikaten vom Pa ps t<br />

durch Kollation oder Provision in Anspruch genommen (daher Vakanz<br />

im "päpstlichen" Monat), ebenso bei Tod des Kanonikats-Inhabers an bzw.<br />

im Weichbild der Kurie. Das ist als allgemeines Kirchenrecht hier nicht zu<br />

erörtern.<br />

Mit diesem päpstlichen Anspruch wäre - bei weiterer Anerkennung der<br />

Kooptation in geraden Monaten - ein Besetzungsrecht des Erz bis c hof s als<br />

ordinarius Iod ausgeschlossen gewesen. In der Praxis kam der Komprorniß zustande,<br />

daß der Papst auf sein Kollationsrecht zugunsten des Erzbischofs z. B.<br />

bei einem Amtswechsel, auf Zeit oder auch für eine Amtsperiode verzichtete<br />

bzw. es dem Erzbischof übertrug. Für die Kanonikate des Stiftes Pfalzel erhielten<br />

der Trierer ErzbischofJohann II. von Baden und dessen Nachfolger 1477<br />

das gewiß ungewöhnliche päpstliche Privileg, mit dem ihnen alle der päpstlichen<br />

Besetzung reservierten Kanonikate im Stift Pfalzel sowie an einem<br />

Altar in der Burg Limburg und an zwei Altären in Ehrenbreitstein übertragen<br />

wurden (mit Nachweisen ausführlich dargestellt in § 8). Diese Delegierung des<br />

päpstlichen Besetzungsrechtes hat offensichtlich bis zum Ende des Stiftes bestanden.<br />

Die Erzbischöfe beriefen sich zwar später meist in der für Privilegierungen<br />

üblichen Terminologie auf ein indultum apostolicum (vgl. Beispiele in<br />

§ 35), doch sind anderseits päpstliche Verleihungen - abgesehen davon, daß<br />

sie in der Neuzeit ohnehin oft übertragen wurden - nicht mehr bekannt. Als<br />

Begründung für den päpstlichen Verzicht von 1477 wird nicht nur bei den beiden<br />

Burgen, sondern auch bei Pfalzel die "militärische" Funktion gegenüber<br />

feindlich gesonnenen Nachbarn genannt, sondern auch darauf hingewiesen,<br />

daß die Erzbischöfe von Trier die zehn Kanonikate des Stiftes gestiftet hätten.<br />

Das würde gewiß auch für andere Kollegiatstifte gegolten haben - genannt sei<br />

nur das benachbarte, kaum ältere Stift St. Simeon in Trier -, sodaß dies nur ein<br />

vorgeschobenes Argument gewesen sein kann. Eher war da wohl die Burgund<br />

Residenz-Funktion Pfalzels das Motiv und damit ein Vergleich zu Residenz-Stiften<br />

weltlicher und auch geistlicher Herrschaften.

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