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120 § 8. Geschichte des Stiftes von der Einrichtung bis zur Aufhebung Aussage Erzbischof Johanns 11. von 1461 (vgl. weiter unten) - die Residenzpflicht von Scholaster, Kustos und Kantor verfügt haben, doch ist nicht sicher, ob es sich dabei um eine spezielle Anordnung für das Stift Pfalzel oder eine allgemein gedachte Verfügung handelt. Für das Stift St. Florin in Koblenz ist der am 29. November 1427 von Erzbischof Otto verfügte Eid des Dekans überliefert, in dem sich dieser zur residentia continua et personalis verpflichtet (vgl. Diederich, St. Florin/Koblenz S. 93), im Stift Pfalzel sind diese Bemühungen um eine bessere Residenz namentlich der Inhaber von Dignitäten und Ämtern aber erst - offensichtlich in enger Kooperation zwischen dem Erzbischof und dem Kapitel- für die Jahre 1459/61 bezeugt (vgl. weiter unten). Auch von den Erzbischöfen Raban von Helmstätt (1430-1439) bzw. dessen Gegenkandidat Ulrich von Manderscheid (1430-1436) sind keine unmittelbaren Beziehungen zum Stift überliefert, obwohl sie im "Residenzort" Pfalzel durchaus häufiger nachweisbar sind (vgl. § 3 Abschn. A 6a). C. Die Reformen des 15. Jahrhunderts Auch bei Erzbischof Jako b von Sierck (1439-1456) kann man aus dessen häufigen und auch langfristigeren Aufenthalten in Pfalzel als Residenzund Verwaltungsplatz nicht zwingend auf engere Beziehungen zum Marienstift schließen. Zu kirchlichen Hochfesten jedenfalls fuhr (oder ritt) der Erzbischof zu seiner nahegelegenen Bischofsstadt Trier (vgl. dazu auch § 3 Abschn. A 6a). Das ist umso erstaunlicher, weil Erzbischof Jakob 1443 in St. Simeon/Trier eine tiefgreifende Reform vorgenommen hatte und 1452/54 auch in den Stiften des Niederstiftes Reformen durchsetzen wollte (vgl. dazu Heyen, GS NF 41, St. Simeon § 10 und § 18 Abschn. 6). Darauf ist hier aber nicht einzugehen. 1 ) 1) Zu den Angaben von Hans-Joachim SCHMIDT, Reform im 15. Jahrhundert S. 492, sei nur notiert, daß Papst Nikolaus V. mit Urkunde vom 15. Mai 1450 dem Erzbischof die Verleihung der Propsteien von St. Paulin/Trier, St. Florin/Koblenz, Münstermaifeld und Limburgüberläßt (KBest. 1 A Nr. 7716), und daß Erzbischof Jakob am 15.Janu ar 1452 Dekan und Kapitel des Stiftes St. Martin in überwesel mitteilt, Papst Nikolaus habe ihm mit Privileg vom 13. April 1451 (das Datum der Urkunde 1454, Id. Maii, pontif. anno 4 ist in der Urkunde offenbar falsch zitiert) erlaubt, 50 geeignete Personen nach seiner Wahl auf 50 kirchliche Benefizien der Diözese Trier, unabhängig von bestehenden Patronats- und Präsentations rechten, vorzuschlagen (K Best. 154 Nr. 30). Daß diese "Vollmachten auch zur Weiterführung der von ihm (d.h. Erzbischof Jakob) schon zuvor in Angriff genommenen Neuordnung im Stiftsklerus" dienten, kann man auch anders interpretieren. Die bei Schmidt angegebene Zahl von 500 Kanonikaten ist gewiß ein Druckfehler.
C. Die Reformen des 15. Jahrhunderts 121 Anderseits zeigt aber das Testament des Jakob von Sierck vom 30. Januar 1456 (K Best. 1 A Nr. 7899, Entwurf () Best. 1 D Nr. 1171; vgl. auch Miller, Jakob von Sierck S. 255) recht anschaulich ein sehr persönliches Verhältnis Jakobs zum Stift Pfalzel. Um dies zu verdeutlichen ist es freilich notwendig, den Aufbau dieses in Pfalzel wenige Monate vor dem Tod erstellten Testaments wenigstens kurz zu skizzieren, abgesehen davon, daß es nicht nur viel über die Mentalität dieses Erzbischofs aussagt, sondern auch deutlich macht, wie schwierig es noch in dieser Zeit des endenden Mittelalters ist, über Itinerarund Datierungsnotizen hinaus einen Einblick in individuell-persönliche Lebens- und Denkvorstellungen zu gewinnen. Neben sehr umfangreichen und detaillierten Verfügungen zu Nachlaß- und Erbschaftsreglungen im Umfeld der Familie, betrifft nämlich ein großer Teil der Bestimmungen des Testamentes sogenannte "fromme" Stiftungen, namentlich Anniversarien und Memoden. An erster Stelle werden genannt die Grabstätten der Vorfahren (u. a. Kloster Marienfloß und die Kartause Rettel) sowie Kirchen, zu denen Jakob unmittelbar zu seinen Lebzeiten bzw. nach seinem Tod in Beziehung stand (Trierer Dom, Kapelle in der Burg Meinsberg, wo er die Bischofsweihe empfing, Liebfrauen in Trier, wo sein Leib, und die Abtei Mettlach, wo die Eingeweide begraben werden sollten; in Mettlach war auch der Vater begraben). Als nächstes folgt dann aber eine Stiftung von 10 fl. jährlich zu Ostern an Dekan und Kapitel des Liebfrauenstiftes in Pfalzel mit der Auflage, jährlich an allen Fronfasten (d. h. jeweils mittwochs bis samstags nach Invocavit, Pfingsten, Kreuzerhöhung und Lucia) sein Anniversar Uahrgezeit) mit Vigil, Seelenmesse (missa animarum) und Kerzen zu feiern. Erst danach folgen eine größere Verfügung für den Dom zu Metz, wo sein Herz begraben werden soll, und die übliche allgemeine Reihe mit Stiftungen in Klöstern und Stiften, die hier nach Orden gegliedert ist (erst die Benediktiner in Prom, St. Maximin, St. Matthias, St. Marien ad martyres, Laach; dann die Zisterzienser in Himmerod, die Augustiner in Springiersbach, die Kartausen in Trier und Koblenz etc.; die Liste ist auch eine Aussage über die "Bewertung" der Kommunitäten durch den Erzbischof). Diese Positionierung des Stiftes Pfalzel zeigt, daß dieses für Erzbischof Jakob von Sierck offensichtlich der zentrale Ort der Fürbitten für seine Seele war, der Ort, von dem er bei der Niederschrift seines Testamentes wohl wußte, daß er dort auch sterben werde. Über diese letzten Monate Jakobs von Sierck in Pfalzel berichtet die Gesta Trevirorum (hier zitiert nach der Fassung von Wyttenbach -"Bd 2 S. 327 f., etwas anders die Fassung in der Übersetzung von Zenz, Taten 6 S. 32): Inftrmitas o/us ineoepit in mense Novembri et duravit usque ad mensam Mo/i quasi ad ftnem. Lieet medio tempore multotiens dicebatur mortuus Confluentiae et alibi in partibus eirea Rhenum, quia inftrmabatur in Palatiolo, in seholastria ibidem, quam pro tune habuit et adhue dominus Syfridus Dreekenaeh, seeretarius ipsius domini Jaeobi arehiepiseopi. Et inftrmitas o/us fuit
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Anderseits zeigt aber das Testament des Jakob von Sierck vom 30. Januar<br />
1456 (K Best. 1 A Nr. 7899, Entwurf () Best. 1 D Nr. 1171; vgl. auch Miller,<br />
Jakob von Sierck S. 255) recht anschaulich ein sehr persönliches Verhältnis<br />
Jakobs zum Stift Pfalzel. Um dies zu verdeutlichen ist es freilich notwendig,<br />
den Aufbau dieses in Pfalzel wenige Monate vor dem Tod erstellten Testaments<br />
wenigstens kurz zu skizzieren, abgesehen davon, daß es nicht nur viel über die<br />
Mentalität dieses Erzbischofs aussagt, sondern auch deutlich macht, wie<br />
schwierig es noch in dieser Zeit des endenden Mittelalters ist, über Itinerarund<br />
Datierungsnotizen hinaus einen Einblick in individuell-persönliche Lebens-<br />
und Denkvorstellungen zu gewinnen. Neben sehr umfangreichen und<br />
detaillierten Verfügungen zu Nachlaß- und Erbschaftsreglungen im Umfeld<br />
der Familie, betrifft nämlich ein großer Teil der Bestimmungen des Testamentes<br />
sogenannte "fromme" Stiftungen, namentlich Anniversarien und Memoden.<br />
An erster Stelle werden genannt die Grabstätten der Vorfahren (u. a. Kloster<br />
Marienfloß und die Kartause Rettel) sowie Kirchen, zu denen Jakob<br />
unmittelbar zu seinen Lebzeiten bzw. nach seinem Tod in Beziehung stand<br />
(Trierer Dom, Kapelle in der Burg Meinsberg, wo er die Bischofsweihe empfing,<br />
Liebfrauen in Trier, wo sein Leib, und die Abtei Mettlach, wo die Eingeweide<br />
begraben werden sollten; in Mettlach war auch der Vater begraben). Als<br />
nächstes folgt dann aber eine Stiftung von 10 fl. jährlich zu Ostern an Dekan<br />
und Kapitel des Liebfrauenstiftes in Pfalzel mit der Auflage, jährlich an allen<br />
Fronfasten (d. h. jeweils mittwochs bis samstags nach Invocavit, Pfingsten,<br />
Kreuzerhöhung und Lucia) sein Anniversar Uahrgezeit) mit Vigil, Seelenmesse<br />
(missa animarum) und Kerzen zu feiern. Erst danach folgen eine größere Verfügung<br />
für den Dom zu Metz, wo sein Herz begraben werden soll, und die übliche<br />
allgemeine Reihe mit Stiftungen in Klöstern und Stiften, die hier nach<br />
Orden gegliedert ist (erst die Benediktiner in Prom, St. Maximin, St. Matthias,<br />
St. Marien ad martyres, Laach; dann die Zisterzienser in Himmerod, die Augustiner<br />
in Springiersbach, die Kartausen in Trier und Koblenz etc.; die Liste<br />
ist auch eine Aussage über die "Bewertung" der Kommunitäten durch den<br />
Erzbischof). Diese Positionierung des Stiftes Pfalzel zeigt, daß dieses für Erzbischof<br />
Jakob von Sierck offensichtlich der zentrale Ort der Fürbitten für<br />
seine Seele war, der Ort, von dem er bei der Niederschrift seines Testamentes<br />
wohl wußte, daß er dort auch sterben werde.<br />
Über diese letzten Monate Jakobs von Sierck in Pfalzel berichtet die Gesta<br />
Trevirorum (hier zitiert nach der Fassung von Wyttenbach -"Bd 2 S. 327 f., etwas<br />
anders die Fassung in der Übersetzung von Zenz, Taten 6 S. 32): Inftrmitas o/us<br />
ineoepit in mense Novembri et duravit usque ad mensam Mo/i quasi ad ftnem. Lieet medio<br />
tempore multotiens dicebatur mortuus Confluentiae et alibi in partibus eirea Rhenum, quia<br />
inftrmabatur in Palatiolo, in seholastria ibidem, quam pro tune habuit et adhue dominus<br />
Syfridus Dreekenaeh, seeretarius ipsius domini Jaeobi arehiepiseopi. Et inftrmitas o/us fuit