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114 § 8. Geschichte des Stiftes von der Einrichtung bis zur Aufhebung B. Das Stift von der Mitte des 11 . bis zum 15. Jahrhundert Diese mehr allgemeinen und gewiß auch nur als Vermutungen zu bezeichnenden Überlegungen sind notwendige Voraussetzungen für das Verständnis der rund einhundert Jahre später einsetzenden Entwicklung in diesem Klosterund Stiftsbering. Um 1131/32 nämlich läßt Erzbischof Albero (1131-1152) in seinen Auseinandersetzungen mit seinem Trierer "Burggrafen" Ludwig von der Brücke das palatiolum im Weichbild Triers eo lempore situ el veluslale dirulum el inhabilabilem mit hohen Kosten wieder aufbauen, verlegt dorthin seine Residenz und bestimmt den Platz auch als Zielort der Lieferungen und Leistungen an ihn. Nach drei Jahren, 1135, ist Ludwig auf diese Weise materiell und auch im Führungsanspruch "ausgehungert" und muß kapitulieren. Erzbischof Albero zieht zurück nach Trier (Einzelheiten in § 3, Abschn. A 6a). Bei diesem wieder aufgebauten und von Erzbischof Albero in Nutzung genommenen palatiolum ist ohne Zweifel der römische Palast - bzw. ein Teil davon (s. unten) - gemeint, den Adela erworben und in dem sie das Frauenkloster eingerichtet hatte, das dann rund einhundert Jahre zuvor von Erzbischof Poppo durch ein Kanonikerstift ersetzt worden war. Ein Jahrzehnt nach Alberos Rückkehr nach Trier, 1146, läßt Graf Heinrich von Namur in einer Auseinandersetzung mit dem Erzbischof die Kirche des Kanonikerstiftes anzünden, weil er hoffte, daß das Feuer auf die (benachbarte) Anlage des Erzbischofs übergreifen und diese zerstören könnte. Das gelang zwar nicht, zeigt aber, daß der Erzbischof seine "Ausweich-Residenz" weiter in Besitz und Nutzung hatte und daß diese so unmittelbar an die Gebäude des Stiftes angrenzte, daß ein Feuer von der Kirche auf diese übergreifen konnte. Es ist in der Forschung auch nie in Zweifel gezogen worden, daß es sich bei diesem 1132/35 von Erzbischof Albero wieder aufgebauten, als Residenz genutzten und auch später weiter verwendeten Gebäude um den westlichen Trakt des römischen Quadrums mit kleinen Teilen der anschließenden nördlichen und südlichen Gebäudeflügel handelte, die dann als "Burg" ausgebaut wurden. Die entscheidende, aber ungeklärte und wohl auch nie klärbare Frage ist, wie Erzbischof Albero in den Besitz dieses rund die Hälfte des römischen Palatiolums umfassenden Gebäudeteiles gekommen ist. Heinz Cüppers geht davon aus, daß ErzbischofPoppo bei seiner "Wiedergutmachung" und Einrichtung des Kleriker-Stiftes diesem nur eine Hälfte der Palast- bzw. Kloster-Anlage mit der Kirche überließ und die andere Hälfte behielt. Er nimmt nämlich an, "daß auch Erzbischof Poppo wenigstens die Erhaltung des Baubestandes des ihm zugefallenen Teiles der antiken Palastanlage veranlaßt hat und vor allem Mauerabbruch und Nutzung als Steinbruch zu verhindern wußte" (pfalzel 1989 S. 40). Das mag hinsichtlich der Erhaltungsmaßnahmen richtig beobachtet sein, setzt aber mit dem "zugefallenen
B. Das Stift von der Mitte des 11. bis zum 15. Jahrhundert 115 Teil" eine Teilung voraus, von der in den überlieferten schriftlichen Nachrichten keine Rede ist und die mit der berichteten Sühne und Wiedergutmachung auch schwerlich in Einklang zu bringen ist, zumal dann, wenn dieses "Teil" von Poppo (und dessen unmittelbaren Nachfolgern) nicht einmal genutzt wurde. Man sollte daher - wie es bisher in den übrigen Darstellungen auch unausgesprochen geschieht - davon ausgehen, daß Erzbischof Poppo um 1028/30 die ganze Anlage den Kanonikern restituierte. Daß Erzbischof Albero sich ein Jahrhundert später in dem westlichen Trakt des Quadrums eine Ausweich-Residenz einrichtete und diesen Flügel auch nach seiner Rückkehr nach Trier weiter nutzte, steht dem nicht entgegen. Zum einen dürfte sich nämlich schon in den ersten Jahrzehnten des Stiftes gezeigt haben, daß die offensichtlich deutlich kleinere Zahl der Kanoniker - wie sie in Stiften wohl immer deutlich kleiner ist als in monastischen Kommunitäten und auch bei diesen im 11./12. Jahrhundert in Anpassung an veränderte Lebensweisen abnahm - den weiträumigen Gebäudekomplex von mehr als 3000 qm Raumfläche in drei Stockwerken gar nicht nutzen konnte, auch wenn man Wohnungen für das Personal und Wirtschaftsräume einschließt. Es ist daher eher anzunehmen und macht eine Erklärung für einen von Erzbischof Poppo zurückbehaltenen Anteil entbehrlich, daß der westliche Flügel des Quadrums praktisch ungenutzt war und deshalb von Erzbischof Albero als Ausweich-Residenz ohne Beeinträchtigung des Stiftes restauriert und in Anspruch genommen werden konnte. Daraus ist freilich keineswgs der Übergang in eine Dauernutzung dieses Gebäudeteiles durch die Erzbischöfe von Trier zu folgern. Hier wird man vielmehr einen wie auch immer formal vollzogenen Rechtsakt einer Übereignung annehmen müssen. Konkrete Nachrichten dazu gibt es nicht. Seit dem späten 12. und im 13. Jahrhundert sind aber Baurnaßnahmen und verschiedene Förderungen durch die Erzbischöfe bekannt, die eine Aktivierung des Stiftes erkennen lassen. Zu nennen sind der Anbau der Chorapsis und die damit verbundene Neugestaltung des Chorraumes vor 1207 (vgl. § 3 Abschn. A 2, Punkt 6) sowie die wohl unmittelbar anschließende Einwölbung der Vierung und des Schiffes (ebenda Punkt 7). 1212 überträgt Erzbischof J ohann I. (1189-1212) mit Zustimmung des Propstes von Pfalzel und des zuständigen Archidiakons die eura pastoralis der Pfarrei Ittel dem Kapitel des Stiftes, das einen Vikar einzusetzen und aus Teilen des ihm nun zufallenden Zehnten zu besolden hat (vgl. § 29).1217 überträgt Erzbischof Theoderich (1212-1242), verbunden mit der Stiftung seines Anniversars, dem Stift die Pfarrei Cochem, die einem der Kanoniker des Stiftes übertragen werden solle; in der weiteren Entwicklung bedeutete das praktisch die vollständige finanzielle Ausstattung eines Kanonikates, also eine sehr bedeutende Förderung des Stiftes (vgl. § 29). Der gleiche Theoderich, der 1217 vom Stift sagt, daß es
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B. Das Stift von der Mitte des 11. bis zum 15. Jahrhundert 115<br />
Teil" eine Teilung voraus, von der in den überlieferten schriftlichen Nachrichten<br />
keine Rede ist und die mit der berichteten Sühne und Wiedergutmachung<br />
auch schwerlich in Einklang zu bringen ist, zumal dann, wenn dieses "Teil"<br />
von Poppo (und dessen unmittelbaren Nachfolgern) nicht einmal genutzt<br />
wurde.<br />
Man sollte daher - wie es bisher in den übrigen Darstellungen auch unausgesprochen<br />
geschieht - davon ausgehen, daß Erzbischof Poppo um 1028/30<br />
die ganze Anlage den Kanonikern restituierte. Daß Erzbischof Albero sich ein<br />
Jahrhundert später in dem westlichen Trakt des Quadrums eine Ausweich-Residenz<br />
einrichtete und diesen Flügel auch nach seiner Rückkehr nach Trier<br />
weiter nutzte, steht dem nicht entgegen. Zum einen dürfte sich nämlich schon<br />
in den ersten Jahrzehnten des Stiftes gezeigt haben, daß die offensichtlich<br />
deutlich kleinere Zahl der Kanoniker - wie sie in Stiften wohl immer deutlich<br />
kleiner ist als in monastischen Kommunitäten und auch bei diesen im<br />
11./12. Jahrhundert in Anpassung an veränderte Lebensweisen abnahm - den<br />
weiträumigen Gebäudekomplex von mehr als 3000 qm Raumfläche in drei<br />
Stockwerken gar nicht nutzen konnte, auch wenn man Wohnungen für das<br />
Personal und Wirtschaftsräume einschließt. Es ist daher eher anzunehmen<br />
und macht eine Erklärung für einen von Erzbischof Poppo zurückbehaltenen<br />
Anteil entbehrlich, daß der westliche Flügel des Quadrums praktisch ungenutzt<br />
war und deshalb von Erzbischof Albero als Ausweich-Residenz ohne<br />
Beeinträchtigung des Stiftes restauriert und in Anspruch genommen werden<br />
konnte. Daraus ist freilich keineswgs der Übergang in eine Dauernutzung dieses<br />
Gebäudeteiles durch die Erzbischöfe von Trier zu folgern. Hier wird man<br />
vielmehr einen wie auch immer formal vollzogenen Rechtsakt einer Übereignung<br />
annehmen müssen. Konkrete Nachrichten dazu gibt es nicht.<br />
Seit dem späten 12. und im 13. Jahrhundert sind aber Baurnaßnahmen und<br />
verschiedene Förderungen durch die Erzbischöfe bekannt, die eine Aktivierung<br />
des Stiftes erkennen lassen. Zu nennen sind der Anbau der Chorapsis<br />
und die damit verbundene Neugestaltung des Chorraumes vor 1207 (vgl. § 3<br />
Abschn. A 2, Punkt 6) sowie die wohl unmittelbar anschließende Einwölbung<br />
der Vierung und des Schiffes (ebenda Punkt 7). 1212 überträgt Erzbischof<br />
J ohann I. (1189-1212) mit Zustimmung des Propstes von Pfalzel und des<br />
zuständigen Archidiakons die eura pastoralis der Pfarrei Ittel dem Kapitel des<br />
Stiftes, das einen Vikar einzusetzen und aus Teilen des ihm nun zufallenden<br />
Zehnten zu besolden hat (vgl. § 29).1217 überträgt Erzbischof Theoderich<br />
(1212-1242), verbunden mit der Stiftung seines Anniversars, dem Stift die<br />
Pfarrei Cochem, die einem der Kanoniker des Stiftes übertragen werden solle;<br />
in der weiteren Entwicklung bedeutete das praktisch die vollständige finanzielle<br />
Ausstattung eines Kanonikates, also eine sehr bedeutende Förderung<br />
des Stiftes (vgl. § 29). Der gleiche Theoderich, der 1217 vom Stift sagt, daß es