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112 § 8. Geschichte des Stiftes von der Einrichtung bis zur Aufhebung Eifel und der unteren Mosel einerseits und mit den in deren und ihrer beider Söhne Nutzung gegebenen Gütern des Erzstiftes um Trier anderseits heißt es ausdrücklich zu dem in die Prekarie gegebenen Trierer Besitz in Pfalzel excepta congregatione s(ancte) Dei genitrici Marie in eadem viJ/a servienti omnibusque ad eandem congregationem iure pertinentibus (MrhUB 1 Nr. 338 S. 393; MrhR 1 S. 384 Nr. 1350). Das ist nicht nur ein Nachweis dafür, daß die congregatio hier faktisch und mit wirtschaftlicher Nutzung einer materiellen Ausstattung bestand, sondern indirekt auch, daß diese kirchliche Institution bzw. deren Besitzungen der (letztlich freien) Verfügung des Erzbischofs unterlagen. In verschiedenen anderen Orten sind nämlich auch Besitzungen und Rechte des Domstiftes und des Trierer Stiftes St. Simeon als Anteil des Erzbischofs in die Prekarie eingegeben, die nach Ablauf des "Lebzeit-Vertrages", d.h. nach dem Tod von Walram und Adelheid und deren Söhnen, mitsamt einem Teil der mit dieser Prekarie für das Erzstift gewonnenen Güter restituiert worden sind (vgl. Heyen, GS NF 41, St. Simeon S. 673 zu Igel und S. 684 zu Lehmen). Die Nutzung der Güter des Pfalzeler Stiftes in Pfalzel sollte also ausdrücklich ausgeschlossen werden, d. h. der Prekarie-Vertrag betraf nur Rechte und Besitzungen in Pfalzel, die unmittelbar in der Verfügung des Erzbischofs standen. Zur Geschichte des St. Marien-Stiftes in Pfalzel ist in diesem Prekarie-Vertrag von 1052 konkret nichts gesagt. Jedenfalls dürfte die Ausgrenzung der Besitzungen des Stiftes nicht der Anlaß gewesen sein, Erzbischof Eberhard in das Memorienverzeichnis aufzunehmen, wie es geschehen ist. Diesem Eintrag ist vielmehr zu entnehmen, daß Eberhard als besonderer Förderer der jungen Niederlassung der Kanoniker galt, wie das im übrigen auch für diesen umittelbaren Nachfolger Erzbischof Poppos gegenüber anderen Klöstern und z. B. den beiden Trierer Stiften St. Paulin und St. Simeon gilt. Offensichtlich war Eberhard bemüht, Kontroversen und Übergriffe aus der Zeit seines Vorgängers Poppo zu bereinigen und auszugleichen, so wie sein Nachfolger Erzbischof Udo (1066-1078) bei der Rückgabe von Gütern in Enkirch, die das Stift anscheinend durch Ungeschicklichkeit (minus diligenter) an einen Ripo verloren hatte (vgl. § 28), 1071 sagt, daß er sich (nachdrücklich) der Sicherung der Rechte und Besitzungen seiner Kirchen annehme (MrhUB 1 Nachtrag Nr. 4 S. 719). Dennoch muß die Frage offen bleiben, ob bei der Wiedereinrichtung einer Kommunität in Pfalzel durch Erzbischof Poppo alle Rechte und Güter des aufgelösten Frauenklosters den neu eingesetzten Kanonikern übergeben wurden bzw. was durch Erzbischof Poppo in der Zwischenzeit an Laien ausgegeben war und ihm deshalb nicht mehr verfügbar war, oder ob der Erzbischof sogar verfügbare Rechte und Besitzungen zurückbehalten hat. In Betracht zu ziehen ist dabei natürlich auch, daß Erzbischof Poppo oder/und seine Nachfolger als Ersatz für nicht übergebene Rechte und Güter andere aus dem Be-

A. Einsetzung einer Klerikergemeinschaft 113 sitz des Erzstiftes oder auch neu erworbenen Güter dem Stift übergeben haben. Die Quellenlage läßt dazu sowohl für die Besitzgeschichte des Frauenklosters wie auch des Kanonikerstiftes keine exakten Angaben zu, sodaß es bei gelegentlichen Vermutungen bleiben muß. Von besonderem Interesse sind diese Fragen hinsichtlich der Kloster- und Stiftsgebäude im engeren Sinne in Pfalzel selbst. An der Siedlung Pfalzel mit einer vergleichsweise weiträumigen Gemarkung hatte das Stift später einen Anteil von einem Fünftel. Die übrigen vier Fünftel gehörten (mit geringeren, wohl vom angrenzenden Biewer ausgehenden Anrechten der Abtei St. Marien ad martyres vor Trier) einschließlich der Pfarrei St. Martin dem Erzbischof von Trier. Sehr wahrscheinlich ist dies auch der Besitzanteil, den Adela um 700 für ihr Kloster erworben hatte, wobei zu beachten bleibt, daß zu diesem einen Fünftel in dem links der Mosel gelegenen Pfalzel die weiträumige Grundherrschaft Eitelsbach-Mertesdorf-Kasel auf dem jenseitigen rechten Moselufer entlang der Ruwer gehörte (vgl. § 28). Der ganze, im frühen 8. Jahrhundert offensichtlich weitgehend erhaltene Gebäudekomplex des römischen palatiolum (vgl. § 3 Abschn. A 2) war Teil und Kern des "Adela-Fünftels". In ihm konnten ohne größere Umbauten die Räume für die Klosterfrauen und deren Personal, eine Kirche, der liturgische Umgang (Kreuzgang) sowie die für die Wirtschaftsführung benötigten Gebäude und Anlagen eingerichtet werden. Es ist anzunehmen, daß dieser ganze Gebäudekomplex in dem Zustand, wie ihn die Klosterfrauen verlassen mußten, den neu eingesetzten Kanonikern übergeben wurde. Augenfällig ist das für die mit Sicherheit weiter genutzte (und im Kern als solche noch bestehende) Kirche. Für die Verwendung eines Teiles der Palastanlage durch den Erzbischof oder durch dessen damit belehnte Laien ist nichts bekannt. Problematischer ist die Frage nach der Nutzung dieser relativ großen quadratischen, dreistöckigen Anlage durch die Kanoniker. Erzbischof Poppo soll den Klosterfrauen 60 Präbenden entzogen und anderen gegeben haben. Das muß nicht besagen, daß es zu Beginn des 11. Jahrhunderts mehr als 60 Nonnen/Klosterfrauen in Pfalzel gab. Man wird aber schon einen zahlenmäßig großen Konvent anzunehmen haben, wenn auch die Raum- und Lebensverhältnisse damals gewiß andere waren als in nachfolgenden Jahrhunderten. Die Kommunität der um 1030 eingesetzten Kanoniker war aber offensichtlich deutlich kleiner. Konkrete Zahlen sind erst aus sehr viel späterer Zeit bekannt und haben 12 Kanoniker und 6 Vikare nie überschritten. Auch die Lebensweise der über Privatbesitz verfügenden Kanoniker war jedenfalls in späterer Zeit anders. Es ist daher durchaus möglich, daß sie nicht den ganzen Gebäudekomplex des römischen Palatiolum bzw. des Frauenklosters nutzten, sondern sich auf einen kleineren Teilbereich beschränkten, und zwar sehr wahrscheinlich auf den an die Kirche angrenzenden Flügel.

A. Einsetzung einer Klerikergemeinschaft 113<br />

sitz des Erzstiftes oder auch neu erworbenen Güter dem Stift übergeben haben.<br />

Die Quellenlage läßt dazu sowohl für die Besitzgeschichte des Frauenklosters<br />

wie auch des Kanonikerstiftes keine exakten Angaben zu, sodaß es bei gelegentlichen<br />

Vermutungen bleiben muß.<br />

Von besonderem Interesse sind diese Fragen hinsichtlich der Kloster- und<br />

Stiftsgebäude im engeren Sinne in Pfalzel selbst. An der Siedlung Pfalzel mit<br />

einer vergleichsweise weiträumigen Gemarkung hatte das Stift später einen<br />

Anteil von einem Fünftel. Die übrigen vier Fünftel gehörten (mit geringeren,<br />

wohl vom angrenzenden Biewer ausgehenden Anrechten der Abtei St. Marien<br />

ad martyres vor Trier) einschließlich der Pfarrei St. Martin dem Erzbischof<br />

von Trier. Sehr wahrscheinlich ist dies auch der Besitzanteil, den Adela um 700<br />

für ihr Kloster erworben hatte, wobei zu beachten bleibt, daß zu diesem einen<br />

Fünftel in dem links der Mosel gelegenen Pfalzel die weiträumige Grundherrschaft<br />

Eitelsbach-Mertesdorf-Kasel auf dem jenseitigen rechten Moselufer<br />

entlang der Ruwer gehörte (vgl. § 28).<br />

Der ganze, im frühen 8. Jahrhundert offensichtlich weitgehend erhaltene<br />

Gebäudekomplex des römischen palatiolum (vgl. § 3 Abschn. A 2) war Teil und<br />

Kern des "Adela-Fünftels". In ihm konnten ohne größere Umbauten die<br />

Räume für die Klosterfrauen und deren Personal, eine Kirche, der liturgische<br />

Umgang (Kreuzgang) sowie die für die Wirtschaftsführung benötigten Gebäude<br />

und Anlagen eingerichtet werden. Es ist anzunehmen, daß dieser ganze<br />

Gebäudekomplex in dem Zustand, wie ihn die Klosterfrauen verlassen mußten,<br />

den neu eingesetzten Kanonikern übergeben wurde. Augenfällig ist das<br />

für die mit Sicherheit weiter genutzte (und im Kern als solche noch bestehende)<br />

Kirche. Für die Verwendung eines Teiles der Palastanlage durch den<br />

Erzbischof oder durch dessen damit belehnte Laien ist nichts bekannt.<br />

Problematischer ist die Frage nach der Nutzung dieser relativ großen quadratischen,<br />

dreistöckigen Anlage durch die Kanoniker. Erzbischof Poppo soll<br />

den Klosterfrauen 60 Präbenden entzogen und anderen gegeben haben. Das<br />

muß nicht besagen, daß es zu Beginn des 11. Jahrhunderts mehr als 60 Nonnen/Klosterfrauen<br />

in Pfalzel gab. Man wird aber schon einen zahlenmäßig<br />

großen Konvent anzunehmen haben, wenn auch die Raum- und Lebensverhältnisse<br />

damals gewiß andere waren als in nachfolgenden Jahrhunderten. Die<br />

Kommunität der um 1030 eingesetzten Kanoniker war aber offensichtlich<br />

deutlich kleiner. Konkrete Zahlen sind erst aus sehr viel späterer Zeit bekannt<br />

und haben 12 Kanoniker und 6 Vikare nie überschritten. Auch die Lebensweise<br />

der über Privatbesitz verfügenden Kanoniker war jedenfalls in späterer<br />

Zeit anders. Es ist daher durchaus möglich, daß sie nicht den ganzen Gebäudekomplex<br />

des römischen Palatiolum bzw. des Frauenklosters nutzten, sondern<br />

sich auf einen kleineren Teilbereich beschränkten, und zwar sehr wahrscheinlich<br />

auf den an die Kirche angrenzenden Flügel.

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