29.12.2014 Aufrufe

Download

Download

Download

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

106 § 7. Vorgeschichte des Gebäudes und Gründung des Stiftes<br />

weitere Entwicklung in Pfalzel sein, daß diese ,,60 Präbenden" von Erzbischof<br />

Poppo nicht veräußert oder auf Dauer, sondern befristet an "Waffenträger"<br />

ausgegeben wurden und somit nach Ablauf dieser Fristen wieder weitestgehend<br />

zur Verfügung standen.<br />

In den sogenannten Additamenta, den (wenig jüngeren) Rezensionen B<br />

und C der Gesta Trevirorum wird die Sache mit Pfalzel anders berichtet: Auslösendes<br />

Ereignis ist nun ein Liebeszauber, den eine der Pfalzeler Nonnen mit<br />

einem von ErzbischofPoppo in Auftrag gegebenen (liturgischen) Schuh (oder<br />

Stiefel) verbunden hatte und der beim Erzbischof und (bei einer Prüfung)<br />

auch bei anderen Klerikern und Laien sexuelle Begierde weckte. Das veranlaßte<br />

den Erzbischof, von den Nonnen zu Pfalzel nicht nur zu verlangen, die<br />

schuldige Nonne, die den Zauber ausgeübt hatte, aus dem Konvent auszuschließen<br />

und zu vertreiben, sondern auch eine Reform des ganzen Konventes<br />

derart zu verlangen, daß sie ihren bisher weißen Habit durch einen schwarzen<br />

zu ersetzen und eine strengere Lebensweise (conversatio) anzunehmen hätten.<br />

Der Ausschluß der "Zauberin" erfolgte, den Verzicht auf ihren weißen bzw.<br />

die Annahme eines schwarzen Habits und die Änderung der conversatio aber<br />

lehnten die übrigen Mitglieder des Konventes ab. Erzbischof Poppo ordnete<br />

an, daß sie dann das Kloster in Pfalzel zu verlassen hätten. Ein Teil der Nonnen<br />

ging in das Kloster zu Ören in Trier, andere in andere Orte ihres habitus.<br />

Das Kloster Pfalzel war verwaist.<br />

Die von Erzbischof Poppo verlangte Annahme des schwarzen habitus und<br />

der Änderung der conversatio entspricht Forderungen von Anhängern und Anhängerinnen<br />

strengerer Lebensführung, die es zu allen Zeiten gegeben hat<br />

und die man nicht unbedingt den "Reformern" oder gar bestimmten Reformbewegungen<br />

zuzählen sollte. Die Regula Benedicti läßt bekanntlich Art und<br />

Farbe der Kleidung ausdrücklich offen (Kap. 55) und für die Mitte des 12. Jahrhunderts<br />

- anderthalb Jahrhunderte nach der Auseinandersetzung in Pfalzelsei<br />

an die Kontroverse zwischen Hildegard von Bingen und Tenxwind von<br />

Andernach wegen der leuchtend weißen, seidenen Gewänder der Nonnen auf<br />

dem Disibodenberg erinnert (vgl. mit Nachweisen Alfred Haverkamp in Festschrift<br />

Fleckenstein 1984 S. 515-548). Im konkreten Fall der Schließung des<br />

Klosters Pfalzel bzw. der Vertreibung der Nonnen durch Erzbischof Poppo<br />

mag deshalb auch schon im Verständnis des Autors der Gesta Trevirorum<br />

diese Reform-Argumentation - zumal im Zusammenhang mit dem Liebeszauber<br />

- eher als vorgeschobene Begründung gegolten haben.<br />

Die Aufhebung des Nonnen-Klosters in Pfalzel ist schließlich die Voraussetzung<br />

für die schon in der ersten Fassung der Gesta berichtete Verwendung<br />

von 60 Präbenden als "Besoldung" von Kriegern in der Auseinandersetzung<br />

zwischen Poppo und dessen Rivalen Adalbero. Hier einen Zusammenhang<br />

zwischen Reform und Einsatz für eine strengere Lebensführung einerseits

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!