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§ 5. Bibliothek 99<br />

Hildegard-Handschrift angeblich aus Pfalzel<br />

In der Literatur zu den erhaltenen Schriften Hildegards von Bingen wird<br />

der in der Handschrift der Staats bibliothek Berlin/Preußischer Kulturbesitz<br />

Ms. lat. quart. 674 überlieferte Besitzvermerk des 14. Jahrhunderts auf Blatt 1<br />

recto<br />

(Lib. monasterij) Sce Me de Palatol[is]<br />

auf das St. Marienstift in Pfalzel bezogen.<br />

Aufgrund dieser Identifizierung des "monasterium sancte Marie de Palatolis"<br />

mit dem Kollegiatstift Pfalzel wird dann der Brief eines<br />

H . sancte Marie inutiliter dictus abbas<br />

an Hildegard von 1173 ebenfalls - wenn auch mit Fragezeichen - auf Pfalzel<br />

bezogen (L. van Acker, Hildegardis Bingensis Epistolarium, Pars secunda.<br />

Turnholt 1993, Brief 182 S. 411 f.; Walburga Storch, Hildegard von Bingen. Im<br />

Feuer der Taube. Die Briefe. 1997. Brief 182 S. 343 f.).<br />

Daß der "Vorsteher" der unter dem Patronat Marias stehenden Kommunität<br />

in Pfalzel den Titel eines Abtes - dazu auch noch mit einer Devotionsformel-<br />

geführt haben sollte, ist absurd. Der Vorsteher des St. Marien-Stiftes in<br />

Pfalzel des 12. Jahrhunderts war der Propst (prepositus). Welche St. Marien-Abtei<br />

für den abbas Hals Briefschreiber in Betracht kommt, ist hier nicht zu erörtern.<br />

Das gilt ähnlich für den Besitzvermerk in der genannten Berliner Handschrift.<br />

Die Titulatur des Stiftes Pfalzellautet im 13./14. Jahrhundert ecclesia<br />

Beate Marie Virginis Palatiolensis oder ähnlich, jedenfalls gewiß nicht monasterium<br />

und ebenso gewiß nicht Palatolis, schon allein weil in Pfalzel über alle Jahrhunderte<br />

hin bewußt war, daß es sich um einen kleinen Palast, ein palatiolum handelte.<br />

Besitzvermerke nennen den korrekten ("amtlichen") Namen, keine wie<br />

auch immer zu interpretierende "Umformulierung". Die Berliner Handschrift<br />

kann somit nicht dem Kollegiatstift Pfalzel zugewiesen werden.<br />

Deshalb ist die Besitzgeschichte dieser Handschrift, die sich im späten<br />

17. Jahrhundert im Jesuitenkolleg Agen an der Garonne befand (Collegij Aginen[sis]<br />

Societ[atis] Jesu catalogo inscript[us]) und auf Umwegen 1912 an die Königliche<br />

Bibliothek in Berlin kam, hier nicht zu erörtern. Für Hinweise und Überprüfungen<br />

der Handschrift danke ich den Herren Michael Embach/Trier und<br />

Kurt Heydeck/Berlin.

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