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An diesem Morgen, kurz nach Acht, sind<br />

ein junger Mann und eine sehr alte Frau<br />

die einzigen Kunden im Bäckerladen an<br />

der Hauptstraße von Guben, der alten Wilhelm-Pieck-Stadt.<br />

Sie sitzen ganz hinten<br />

auf einer Eckbank und trinken Beuteltee.<br />

An der Tresenrückwand stapeln sich die<br />

Waren, daneben hängen Hüte in allerlei<br />

Farben und Formen. Sie erinnern an eine<br />

andere, bessere Zeit. <strong>Der</strong> „Gubener Hut”<br />

war einmal eine Marke, er zierte Köpfe in<br />

ganz Deutschland.<br />

Das war vor dem Zweiten Weltkrieg. 1945<br />

wurde die Stadt geteilt, so hatte es die Konferenz<br />

von Jalta beschlossen. Guben verlor<br />

sein Zentrum an den polnischen Stadtteil<br />

Gubin, von seinen 45.000 Einwohnern<br />

blieben gerade 26.000. Später, in der DDR,<br />

wurde das, was von der Stadt übrig blieb,<br />

für eine kurze Zeit zum Zentrum der staatseigenen<br />

Textil- und Chemiefaserindustrie.<br />

Eingang zum Plastinarium in Guben<br />

Jeder Fünfte findet keine Arbeit, wer kann, sucht<br />

eine Zukunft im Westen, andere suchen sie bei<br />

den Rechtsextremisten.<br />

Wie viele andere ostdeutsche Städte leidet<br />

Guben heute unter den Folgen der massiven<br />

Deindustrialisierung, die nach dem<br />

Ende der DDR einsetzte. Innerhalb weniger<br />

Jahre verringerte sich die Zahl der Einwohner<br />

um ein Drittel. Jeder Fünfte findet keine<br />

Arbeit, wer kann, sucht eine Zukunft im<br />

scripten 12 Neue und alte Hüte<br />

Westen, andere suchen sie bei den Rechtsextremisten.<br />

Guben ist eine sterbende Stadt. <strong>Der</strong> Tod<br />

wurde hier zur Metapher für den wirtschaftlichen<br />

und demografischen Niedergang. Ist<br />

es <strong>als</strong>o Zufall, dass das Plastinarium gerade<br />

hier seinen Standort fand?<br />

Die Frau, die mit ihrem Sohn im Gubener<br />

Bäckerladen Tee trinkt, fällt durch ein<br />

grünes Abzeichen auf, das sie am Mantel<br />

trägt. Ihren Körper, so geht aus ihm hervor,<br />

möchte sie Gunther von Hagens spenden,<br />

deshalb ist sie heute nach Guben gekommen.<br />

Sie lächelt und erklärt: „Ich habe eine<br />

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