Passwort Nr. 1 vom Mai 2012 - Kantonale Mittelschule Uri
Passwort Nr. 1 vom Mai 2012 - Kantonale Mittelschule Uri Passwort Nr. 1 vom Mai 2012 - Kantonale Mittelschule Uri
ollegi ollegi passwort Zeitschrift der Kantonalen Mittelschule Uri Nr. 1 Mai 2012 1
- Seite 2 und 3: 2 Thema Vermessen 4 10 OL Deborah S
- Seite 4 und 5: 4 Ruhig und gelassen sitzen sie da:
- Seite 6 und 7: 6 Im August wird der Vier-Quellen-W
- Seite 8 und 9: 8 KollegiStoryWettbewerb Im vergang
- Seite 10 und 11: 10 Schlechter Tag? Im Kollegi, 5. M
- Seite 12 und 13: 12 Brückenschlag zum Geografi eunt
- Seite 14 und 15: 14 Eltern& Ehema Der traditionelle
- Seite 16 und 17: 16 Tücken des Messens von Urs Alle
- Seite 18 und 19: 18 Der vermessen(d)e Mensch Ein Bes
- Seite 20 und 21: 20 Hätten Sie es gewusst?... Auch
- Seite 22 und 23: 22 13. Er soll einmal mehr vermesse
- Seite 24: 24 Titel Die Erde ist eine Kartoffe
ollegi ollegi<br />
passwort<br />
Zeitschrift der <strong>Kantonale</strong>n <strong>Mittelschule</strong> <strong>Uri</strong> <strong>Nr</strong>. 1 <strong>Mai</strong> <strong>2012</strong><br />
1
2<br />
Thema<br />
Vermessen<br />
4 10<br />
OL<br />
Deborah Stadler und Sven Püntener<br />
sind in ihrer Freizeit mit<br />
Karte und Kompass unterwegs.<br />
Von kollegi zu passwort<br />
Die Zeitschrift der <strong>Kantonale</strong>n <strong>Mittelschule</strong> <strong>Uri</strong> gibt<br />
sich ein neues Gesicht und einen neuen Namen.<br />
Geschätzte Leserinnen und Leser<br />
Sie halten die erste Ausgabe unserer neu gestalteten<br />
Zeitschrift in den Händen und wir hoffen,<br />
dass sie Ihnen gefällt. Seit <strong>Mai</strong> 2006 erschien<br />
unsere Zeitschrift unter dem Namen „kollegi“ und<br />
dem vertrauten Layout. Es schien uns an der Zeit,<br />
ihr mit einem modernen Layout und einem pfi ffi<br />
gen Namen klare Konturen zu verleihen. Zweck<br />
unserer Zeitschrift ist es, Ehemaligen und Freunden<br />
einen Zugang zur Schule und ihrem Alltag zu<br />
öffnen und den Austausch zwischen Schüler/innen,<br />
Lehrpersonen und Ehemaligen und Freunden<br />
der Schule zu ermöglichen. Der neue Name „pass-<br />
Geodäsie<br />
Kollegischülerinnen und -schüler<br />
wissen über die Erdgestalt<br />
Bescheid. Sie lernen, sich im<br />
Koordinatensystem der Erde<br />
zurechtzufinden und können<br />
bei einem Flug in die USA die<br />
Zeitverschiebung nachvollziehen.<br />
wort“ soll diese Funktion der Zeitschrift nun noch<br />
stärker betonen. „Pass“ und „Wort“ wecken verschiedenste<br />
Assoziationen: Passwörter sind in vielfacher<br />
Art und Weise Teil unseres Alltags geworden,<br />
sie gewähren Eintritt, ermöglichen Zugang,<br />
schaffen Identität und Gemeinschaft, sowohl in<br />
realen wie in virtuellen Welten. Nicht zuletzt steht<br />
unsere Schule geografi sch am Scheideweg von<br />
zwei Pässen, dem Klausen- und dem Gotthardpass.<br />
Der neue Name soll also über die Schule<br />
hinaus auch einen Bezug zum Verkehrs-, Wirtschafts-<br />
und Lebensraum <strong>Uri</strong> schaffen. Es freut<br />
uns, wenn Sie Ihr persönliches „passwort“ nützen<br />
und sich zwei Mal pro Jahr bei uns einloggen!<br />
Ihre Redaktion<br />
16Werte<br />
messen<br />
Nicht alles misst sich so leicht<br />
wie Temperatur, Geschwindigkeit<br />
und Masse.
Schulleitung<br />
von Dr. Ivo Frey, Rektor<br />
Wer nicht die Komplexität kennt, wer sich nicht der Stofffülle<br />
und der Weite der Wissenschaft bewusst ist, wer nicht<br />
ahnt, dass hinter dem Augenscheinlichen Rätselhaftes<br />
und Unbekanntes verborgen ist und sich immer wieder<br />
neue Räume öffnen, der wird vorschnell simplifi zieren.<br />
„Von der Strenge der Wissenschaft“<br />
lautet der Titel folgender kurzen, rätselhaften Parabel von Jorge Luis Borges:<br />
„In jenem Reich erlangte die Kunst der Kartographie eine solche Vollkommenheit, dass<br />
die Karte einer einzigen Provinz den Raum einer Stadt einnahm und die Karte des Reichs<br />
den einer Provinz. Mit der Zeit befriedigten diese masslosen Karten nicht länger und die<br />
Kollegs der Kartographen erstellten eine Karte des Reichs, die die Grösse des Reichs<br />
besass und sich mit ihm in jedem Punkt deckte. Die nachfolgenden Geschlechter, die<br />
dem Studium der Kartographie nicht mehr so ergeben waren, waren der Ansicht, diese<br />
ausgedehnte Karte sei unnütz, und überliessen sie, nicht ohne Verstoss gegen die<br />
Pietät, den Unbilden der Sonne und der Winter. In den Wüsten des Westens überdauerten<br />
zerstückelte Ruinen der Karte, behaust von Tieren und von Bettlern, im ganzen<br />
Land gibt es keine anderen Überreste der geographischen Lehrwissenschaften.“<br />
Vollständigkeit und Universalität der Wissenschaft mögen vielleicht ein Ideal der Wissenschaft<br />
sein. Genauigkeit und enzyklopädisches Wissen sind immer noch – und nicht zu<br />
Unrecht – Richtschnur der Arbeit der Gymnasiallehrperson. Wer nicht die Komplexität<br />
kennt, wer sich nicht der Stofffülle und<br />
der Weite der Wissenschaft bewusst<br />
ist, wer nicht ahnt, dass hinter dem<br />
Augenscheinlichen Rätselhaftes und<br />
Unbekanntes verborgen ist und sich<br />
immer wieder neue Räume öffnen, der<br />
wird vorschnell simplifi zieren. Nein,<br />
„Vereinfacher“ können nicht differenzieren,<br />
gerade weil sie die Vertraktheit einer Problematik nicht sehen.<br />
Und doch: Eine Karte im Massstab 1:1 ist vielleicht eine reizvolle, aber paradoxe Vorstellung.<br />
Ja, sie ist der Inbegriff der „Hybris“, der übermütigen Vermessenheit des menschlichen,<br />
rationalen Ehrgeizes: alles zu wissen und alles im Griff zu haben, alles zu beherrschen.<br />
Auswahl ist notwendig! Gerade die Lehrpersonen müssen aus der scheinbar unüberschaubaren<br />
Fülle die Fakten und Beispiele herausgreifen, die relevant und typisch sind.<br />
Indem die Lehrenden Wesentliches von Unwesentlichem unterscheiden und die Komplexität<br />
reduzieren, können sie den Schülerinnen und Schülern einen Überblick und<br />
eine Orientierung im für sie unbekannten Gelände vermitteln. Wie Kartographen sollen<br />
zugleich auch die Schülerinnen und Schüler aus der Fülle der Daten lernen, die<br />
wichtigen oder typischen auszuwählen und für ihre Interessen nutzbar zu machen.<br />
Selektionskompetenz eignen sich die Lernenden indessen nur an, wenn sie die Kriterien<br />
der Auswahl refl ektieren und diskutieren können, wie dies bei der Kartogra-<br />
3
4<br />
Ruhig und gelassen sitzen sie da: Deborah Stadler<br />
und Sven Püntener, Klasse 2c. Sie konzentrieren<br />
sich auf den Inhalt des Gesprächs, Sachlichkeit<br />
steht im Vordergrund. Die Worte wählen sie<br />
sorgfältig, Unnötiges fällt von Anfang an weg.<br />
Erst nach zehn Minuten Gespräch erfahre ich,<br />
dass sie eben das Wochenende an einer OL-<br />
Schweizermeisterschaft verbracht haben. Wie<br />
viele Wochenenden davor. Eigentlich sind sie fast<br />
alle Wochenenden für einen OL-Lauf unterwegs,<br />
in irgendeinem Gelände der Schweiz, und suchen<br />
sich ihren Weg den Posten entlang. Warum? Die<br />
Natur erleben, meint Deborah, und alle Gedanken<br />
sind nur auf den einen Punkt ausgerichtet: das<br />
nächste Ziel fi nden. Dazu komme das Erfolgserlebnis,<br />
so Sven, im Ziel anzukommen und zu<br />
wissen, dass er keinen Fehler gemacht habe.<br />
Normalerweise müssen die Posten in einer vorgegebenen<br />
Reihenfolge abgelaufen werden. Auf<br />
dem persönlichen Badge wird die Postennummer<br />
jeweils elektronisch registriert. Nur bei Team-OLs<br />
phie deutlich ist: Karten werden im Hinblick auf ihre Funktion entworfen, sie verkleinern<br />
etwa die Darstellungsfl äche, um das Original abbilden zu können, eine<br />
Wanderkarte verknüpft andere Elemente miteinander als eine Autokarte.<br />
Karten sind immer auch „Karten im Kopf“, „mental maps“ oder „kognitive Karten“.<br />
Karten prägen das Bild von der Welt, zugleich repräsentieren sie eine bestimmte Weltsicht.<br />
Ich erinnere hier nur an den Aufruf von Papst Urban II. zum Kreuzzug im November<br />
1095: „Jerusalem ist der Nabel der Welt (...) die königliche Stadt, in der Mitte<br />
des Erdkreises gelegen“. Oder an kolonialistische Darstellungen des Globus, die die<br />
Welt um Europa herumgruppieren. Nein, Karten sind nicht neutral. Sie erzählen viel<br />
über diejenigen, die sie zeichnen, resp. zeichnen lassen. Sie sind nicht zuletzt auch politisch<br />
und suggestiv. Selten wohl haben politische Karten so schnell so alt ausgesehen<br />
wie in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg. Und dass das Eigene, Vertraute,<br />
Nahe zum Nabel der Welt gemacht wird, ist nachvollziehbar. Aber dies gilt für alle Dörfer,<br />
wie für jeden Punkt auf der Kugel. Die Mitte wird defi niert durch die Perspektive.<br />
Gerade dieses Bewusstsein der Veränderlichkeit und der Relativität des Weltbildes,<br />
das Bewusstsein, dass es verschiedene „MIND-MAPS“ gibt, gerade das Wissen um<br />
die Vielfalt der wissenschaftlichen Methoden und ideologischen Weltdeutungen sind<br />
die Charakteristika gymnasialer Bildung. Und dies – so denke ich – müssen und können<br />
wir unseren jungen Menschen vermitteln. Dadurch unterstützen wir sie massgeblich<br />
beim „Erkunden“ und „Vermessen“ des weiten Geländes des Wissens.<br />
Schülerinnen<br />
...... An der Zeit und am Weg gemessen<br />
sieht das anders aus: Je nach Konstitution der drei<br />
Teammitglieder werden die Posten untereinander<br />
aufgeteilt. In einem Nebensatz vernehme ich, dass<br />
Sven in den diesjährigen Team-OL-Schweizermeisterschaften<br />
auf dem zweiten Platz gelandet ist,<br />
Deborah mit ihrem Team sogar auf dem ersten.<br />
Wie wird man so erfolgreich im OL-Sport? Wichtig<br />
sei, dass man die Posten fehlerfrei fi nden und<br />
schnell laufen könne. Gute Nerven scheint es<br />
aber auch zu brauchen: Was, wenn Deborah und<br />
Sven einen Posten einfach nicht fi nden können?<br />
Ja, dann sei es wichtig, ruhig zu bleiben, meinen<br />
beide: Am besten gehe man dann zurück an einen<br />
bekannten Ort und probiere es von da aus noch<br />
einmal. Ganz<br />
unangenehm<br />
sind<br />
Strecken, bei<br />
denen eine<br />
fast undurchdringliche Vegetation herrscht. „Oh,<br />
davon gibt es ganze Wälder!“, ruft da Deborah<br />
spontan. „Einmal war nur wenig auf der OL-Karte<br />
davon eingezeichnet, aber es war alles bis zur<br />
von Sarah Weber<br />
Brusthöhe voll mit stacheligem Grünzeugs. Da<br />
fi el mir auch noch die Karte hinein! Autsch, war<br />
das unangenehm, als ich sie mit der Hand wieder<br />
herausholen musste!“ Auch Zecken können<br />
zum OL-Alltag gehören – je nach Region sammle<br />
man schon so zwischen 10 bis 15 Bisse pro<br />
Jahr. Trotz professioneller Ausrüstung: Ganz feine,<br />
aber reissfeste Kleidung sowie Stulpen helfen<br />
gegen Dornen und Zecken. An den Schuhsohlen<br />
sind Dopp-Spikes von etwa einem Millimeter<br />
Länge für den besseren Halt angebracht.<br />
Deborah und Sven sind Mitglieder bei der OLG<br />
KTV Altdorf. Sie kamen als Zehnjährige per Zufall<br />
beim Urner<br />
Es ist einfach ein einzigartiges Gefühl, durch die<br />
zum Teil fast unberührten Wälder zu springen.<br />
OL-Cup in<br />
Attinghausen<br />
vorbei,<br />
haben sich<br />
näher nach dieser Sportart erkundigt und durften<br />
sogleich mitmachen. Wie sie jetzt in unserem<br />
Gespräch erst übereinander herausfi nden. Nach<br />
einem OL-Lager, in welchem es vor allem um das
&Schüler<br />
Einüben von technischen Fertigkeiten ging, wie etwa<br />
um das Laufen mit dem Kompass oder den Höhenkurven<br />
entlang, meldeten sich dann beide unabhängig<br />
voneinander beim Club an. Deborah und Sven trainieren<br />
einmal die Woche technische Fertigkeiten im Club-Training,<br />
„für die Ausdauer sind wir jedoch selber zuständig,<br />
wir halten uns mit regelmässigem Joggen fi t“.<br />
Wenn man den gesuchten Posten schon<br />
von Weitem sieht, dann ist das für mich das<br />
schönste Erlebnis im Orientierungslauf.<br />
Auch der Winter hält für OL-Fans Herausforderungen<br />
bereit: Obwohl weder in Wäldern noch in Städten OL-<br />
Läufe organisiert werden, nehmen Deborah und Sven<br />
an Lagern teil und versuchen sich an Ski-OLs, die man<br />
mit Langlauf absolviert. „Das ist aber eigentlich eine<br />
andere Disziplin“, präzisiert Sven. So bleiben sie jedoch<br />
in Form. Denn beide planen, im Frühling an den drei bis<br />
vier Qualifi kationsläufen teilzunehmen, um sich für die<br />
Junioren-Europameisterschaft im Sommer <strong>2012</strong> zu qualifi<br />
zieren. Und wer weiss: Vielleicht reicht es mit 18 Jahren<br />
sogar ins hoch dotierte Juniorenkader der Schweiz!<br />
Viele fragen sich bestimmt: Was ist denn so toll<br />
am OL? Genau kann ich es auch nicht beschreiben,<br />
es ist einfach ein so tolles Gefühl. Man springt<br />
durch den Wald, über Stock und Stein, immer voll<br />
konzentriert, auf der Suche nach seinem Kontrollposten.<br />
Geschwind stempelt man den Posten und<br />
schaut schon wieder auf die Karte um die beste<br />
Route rauszufi nden. Es bleiben einem nur wenige<br />
Sekunden Zeit um zu reagieren, denn wenn man<br />
keine Zeit verlieren will, muss man schnell sein.<br />
Es ist einfach ein einzigartiges Gefühl, durch die<br />
zum Teil fast unberührten Wälder zu springen. Mit<br />
hohem Tempo vorbei an weichem Moor, über den<br />
<strong>vom</strong> letzten Sturm geknickten Baum, vorbei an<br />
eigenartig dreinschauenden Touristen, die einem<br />
verdutzt durch die Dornen nachschauen. Für mich<br />
ist und bleibt es einfach die vielfältigste, atemberaubendste<br />
und beste Sportart, die es gibt.<br />
Deborah Stadler<br />
Nachdem man einen Posten gestempelt hat, rennt<br />
man in die Richtung des nächsten Postens. Wenn man<br />
nahe am Posten ist, wird man immer langsamer und<br />
schaut sich nach ihm um. Deshalb ist es gut und ein<br />
schönes Gefühl, wenn man ihn schon von Weitem sieht<br />
und in einem höheren Tempo darauf losrennen kann.<br />
Sven Püntener<br />
5
6<br />
Im August wird der Vier-Quellen-Weg eröffnet. Er verbindet die Ursprünge<br />
von Rhein, Rhone, Reuss und Ticino. Auch Kollegischüler und<br />
ein ehemaliger Rektor waren beim Bau des Wanderwegs beteiligt.<br />
Von Elias Bricker<br />
Der Gotthard ist eine der wichtigsten Nord-Süd-<br />
Achsen Europas. Nun erhält der Alpenübergang<br />
auch eine Ost-West-Verbindung. Denn in diesem<br />
Jahr, am 1. August <strong>2012</strong>, wird der Vier-Quellen-<br />
Weg eröffnet. Der neue Wanderweg ist 90 Kilometer<br />
lang. Er führt <strong>vom</strong> Oberalppass über den<br />
Gotthardpass via Nufenenpass nach Ulrichen<br />
VS und von dort schliesslich auf den Furkapass.<br />
Das Spezielle dabei: Der hochalpine Weg verbindet<br />
die Quellgebiete vier bedeutender Schweizer<br />
Flüsse bzw. europäischer Ströme. Während sich<br />
die Reuss im Mittelland in den Rhein ergiesst<br />
und der Ticino in der Lombardei in den Po, speisen<br />
die Quellen des Rheins und der Rhone zwei<br />
der bedeutendsten Ströme Mitteleuropas.<br />
Riesige Steinblöcke verschoben<br />
Die Route kann man in fünf Tagesetappen zurücklegen.<br />
Man kann aber auch nur auf einem<br />
Teilabschnitt wandern. Denn überall gibt es<br />
wieder Anschlüsse an den öffentlichen Verkehr.<br />
80 Prozent des Vier-Quellen-Wegs führen<br />
über bestehende Wanderrouten. Es geht also<br />
nun darum, die Teilabschnitte zu verbinden, die<br />
Wege bei gefährlichen Passagen umzuleiten oder<br />
schlechte Abschnitte aufzuwerten. Denn das<br />
Ziel ist es, dass sowohl ein 10-jähriger Schüler<br />
wie auch ein fi ttes, 80-jähriges Grosi Freude am<br />
Wandern auf dem Vier-Quellen-Weg haben.<br />
Und so haben sich in den vergangenen Jahren<br />
Zivildienstler, Zivilschützer, private Unternehmen,<br />
die Forstgruppen Erstfeld, Seedorf und Obergoms<br />
sowie freiwillige Helfer für den Wegbau ins<br />
Zeug gelegt. Im vergangenen Herbst packte auch<br />
eine Gruppe Kollegischüler während der Projektwoche<br />
tatkräftig mit an. Mathematik-Lehrer<br />
Peter Fleischmann schwärmt noch immer von<br />
seiner „besten Projektwoche“, die er an der <strong>Mittelschule</strong><br />
<strong>Uri</strong> jemals geleitet habe. Die rund zehn<br />
Schüler aus den 4. und 5. Klassen seien topmotiviert<br />
gewesen und hätten alles gegeben. Die<br />
Gruppe hat aus einem kleinen Trampelpfad, der<br />
<strong>vom</strong> Gotthardhospiz Richtung Sellapass führt,<br />
einen richtigen Wanderweg erstellt. „Als wir mit<br />
der Arbeit angefangen haben, habe ich mir nicht<br />
richtig vorstellen können, dass hier einmal ein<br />
Wanderweg durchgehen soll“, sagt Fleischmann.<br />
„Wir haben riesige Steinblöcke verschoben.“<br />
Bekannte Politiker sind dabei<br />
Hinter dem Projekt steckt der 67-jährige Paul<br />
Dubacher aus Seedorf – der Vater von Kollegilehrer<br />
John Dubacher. Dubacher senior war bereits<br />
1991 am Bau des „Wegs der Schweiz“ rund um<br />
den Urnersee sowie 2007 am Bau des Bahnwanderwegs<br />
entlang der Gotthardstrecke massgeblich<br />
beteiligt. Beide Wegprojekte wurden ein<br />
Erfolg. Vor allem der Weg der Schweiz erfreut<br />
sich noch heute – mehr als zwanzig Jahre nach<br />
der Eröffnung – riesiger Beliebtheit. Nun erfüllt<br />
sich Dubacher mit dem Vier-Quellen-Weg einen<br />
weiteren Traum: einen Wanderweg im hochalpinen<br />
Gebirge. 2009 hat er mit dem Bau begonnen.<br />
Und im vergangenen Jahr konnte er bereits die<br />
ersten Wegabschnitte eröffnen – nämlich jene<br />
Teile, die durch die Kantone <strong>Uri</strong> und Tessin führen.<br />
Für die Realisierung des Vier-Quellen-Wegs<br />
hat Dubacher eine Stiftung ins Leben gerufen.<br />
Präsident der Stiftung ist der Urner alt Ständerat<br />
Hansheiri Inderkum. Zudem sitzen auch<br />
Josef Dittli (Urner Regierungsrat), Sigrid Fischer-Willa<br />
(Stadträtin Brig), Christoffel Brändli<br />
(Ständerat Graubünden) und Fabio Pedrina<br />
(Tessiner alt Nationalrat) im Stiftungsrat.<br />
Auch Josef Arnold, der ehemalige Rektor der<br />
<strong>Kantonale</strong>n <strong>Mittelschule</strong> <strong>Uri</strong>, hat nach seiner<br />
Pensionierung mit dem Vier-Quellen-Weg eine<br />
neue Aufgabe gefunden. Er kümmert sich in der<br />
dreiköpfi gen Geschäftsstelle, die von Paul Dubacher<br />
geleitet wird, um die Administration. Für die<br />
Finanzen ist hingegen Sigmund Gisler zuständig.<br />
Beitrag für die Volkswirtschaft<br />
Insgesamt kostet das Projekt 3 Millionen Franken.<br />
Die grössten Geldgeber sind der Stromkonzern<br />
Axpo und alt Bundesrat Christoph Blocher. Der<br />
Zürcher Politiker und seine Frau Silvia wanderten<br />
selber bereits auf Abschnitten des Vier-Quellen-<br />
Wegs. Und der Millionär war derart begeistert<br />
<strong>vom</strong> Projekt – und vor allem von den unzähligen<br />
Kuhherden, die am Wegrand weiden – dass er<br />
Schüler mü<br />
sein Portemonnaie zückte. Weitere Geldgeber<br />
sind die Kantone <strong>Uri</strong>, Wallis, Graubünden, Tessin<br />
und Luzern. Aber auch Banken, Stiftungen und<br />
Private zahlen namhafte Summen an den Weg.<br />
Der Vier-Quellen-Weg kostet zwar eine grosse<br />
Stange Geld. Doch Initiant Paul Dubacher ist<br />
überzeugt, dass sich diese Investition lohne.<br />
„Man muss mit dieser Region doch einfach etwas<br />
machen“, sagt er. „Die Gotthardregion hat<br />
Potential, das man ausschöpfen sollte. Denn<br />
mit einer schönen Landschaft alleine verdient<br />
man noch kein Geld.“ Der Weg werde aber neue<br />
Touristen anlocken, welche die öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln nutzen, in der Region Proviant<br />
einkaufen, in Restaurants essen, in Hütten<br />
übernachten und am Abend vielleicht noch ein
en sich für Wanderer ab<br />
Gläschen Wein trinken werden. „Laut einer Studie<br />
geben Wanderer im Schnitt täglich 100 Franken<br />
aus“, weiss Dubacher. „Werden in Zukunft nur<br />
10‘000 Wanderer pro Jahr die fünf Tagesetappen<br />
zurücklegen, generiert der Vier-Quellen-Weg für<br />
die Region rund 5 Millionen Franken jährlich.“<br />
So gesehen haben Peter Fleischmann und<br />
seine Schüler in der Projektwoche eigentlich<br />
nichts anderes gemacht als die Volkswirtschaft<br />
angekurbelt – zumindest ein bisschen.<br />
7
8<br />
KollegiStoryWettbewerb<br />
Im vergangenen Herbst des laufenden Schuljahres wurde erstmals ein interner Schreibwettbewerb durchgeführt.<br />
Die Schülerinnen und Schüler aller Klassen wurden aufgefordert, eine Kurzgeschichte zu schreiben.<br />
Vorgaben waren ein Bezug zum Kollegi und die Anzahl der Wörter.<br />
Initiantinnen dieses Wettbewerbs waren die beiden Bibliothekarinnen Anja Dahinden und Monika Herger.<br />
Die beiden Bibliothekarinnen sind der Überzeugung, dass kluge Leute Bücher lesen, und zwar nicht nur<br />
wissenschaftliche, sondern auch Romane, Fiction, Gedichte und andere literarische Texte.<br />
Aber Bücher müssen auch geschrieben werden: Kein Wunder, wenn die klugen Bibliothekarinnen das Schreiben<br />
von Text fördern, nicht unbedingt das Schreiben von Protokollen, sondern das „Kreative Schreiben“, das<br />
Schreiben von Geschichten, das Schreiben fi ktionaler Text. Daher haben sie diesen Wettbewerb initiiert.<br />
Und die kreativen Schülerinnen und Schüler haben geschrieben: 144 Texte wurden eingereicht!<br />
Die Texte wurden alle anonymisiert, nummeriert und von einer Jury begutachtet.<br />
Diese setzte sich aus folgenden Personen zusammen:<br />
Thomas Huwyler langjähriger Journalist bei der Neuen Luzerner Zeitung, dort auch befasst mit der Beurteilung<br />
des Wettbewerbs „Club der Jungen Dichter“. Heute ist er Texter bei Herger Imholz Werbeagentur AG.<br />
Ralph Aschwanden, Redaktor Urner Wochenblatt. Er ist Historiker, hat unter anderem<br />
auch an unserer Schule als Stellvertretung gearbeitet.<br />
Die beiden Bibliothekarinnen Anja Dahinden und Monika Herger.<br />
Der Rektor Dr. Ivo Frey.<br />
Auffallend war das hohe Niveau der eingereichten Text. Es fi el der Jury nicht leicht, eine Rangierung vorzunehmen.<br />
Schliesslich wurden sechs Geschichten prämiert. Insgesamt stand eine schöne Preissumme zur Verfügung,<br />
so winkte z.B. als erster Preis ein Netbook im Wert von Fr. 500.00. Die Lehrperson Miranda Sciarra – sie unterrichtet<br />
am Kollegi Biologie und Deutsch – sponserte die Auszeichnungen, dank eines Legats eines nahen Verwandten.<br />
Die sechs Gewinnerinnen heissen:<br />
1. Preis Julia Walker Klasse 6d<br />
2. Preis Céline Gisler Klasse 4b<br />
3. Preis Elena Dittli Klasse 4b<br />
Anerkennungspreise:<br />
Sonja Würsten Klasse 2b<br />
Jasmin Ziegler Klasse 3d<br />
Barbara Zimmermann Klasse 5a<br />
An einem milden Herbstabend im vorigen Jahr<br />
ging eine ältere Dame mit ihrem Hund im Kollegipark<br />
spazieren. Vor dem grossen, schmiedeeisernen<br />
Tor blieb sie kurz stehen und bei dieser<br />
Gelegenheit entwischte ihr verspielter Cockerspaniel<br />
ins Gebüsch. Alles Rufen war vergebens und<br />
so drückte sie mühsam einige Zweige zur Seite<br />
und stand plötzlich vor einem Stein, auf dem eine<br />
in Bronze gegossene Eule zu sehen war. Stirnrunzelnd<br />
betrachtete sie diese und der Hund war<br />
Siegertext von Julia Walker 6d<br />
für einen Augenblick vergessen. Eine Erinnerung<br />
drängte sich an die Oberfl äche ihres Bewusstseins...<br />
Vor langer Zeit, als sie noch ein kleines<br />
Mädchen war, wohnte ihre Familie in einem roten<br />
Backsteinhaus neben dem Kollegium. Zusammen<br />
mit einigen Jungs aus der Nachbarschaft spielte<br />
sie jeden Tag im Park. „Ach, wie unbekümmert wir<br />
damals waren!“ Langsam erinnerte sie sich wieder.<br />
Wenn abends die Schatten länger wurden und<br />
jeder knackende Ast sie zusammenzucken liess,<br />
Portal der schlafen<br />
stellten sie sich vor, dass rund um die verzauberte<br />
Schule die Geisterwelt zum Leben erwache. Alles<br />
begann am „Portal der schlafenden Eule“, mit genau<br />
dem Stein, vor dem sie jetzt stand. Wenn die<br />
Eule die Augen öffnete, begannen die Windgeister<br />
in den Orgelpfeifen der Kapelle sich zu räkeln<br />
und schon bald sausten sie durch alle Ritzen,<br />
Spalten und Schlüssellöcher. Ab und zu trauten<br />
sich einige Feuerfunkenelfen aus ihren Verstecken<br />
und wenn sie sich mal ganz sicher fühlten,
den Eule<br />
versammelten sie sich und tanzten Ringelreihe<br />
im Takt, den die Raschelgespenster vorgaben.<br />
Amüsiert schüttelte die Dame den Kopf und fand<br />
sich in der Wirklichkeit wieder. Der Cockerspaniel<br />
schnüffelte an ihren Schnürsenkeln und zog<br />
ungeduldig an ihrem Hosenbein. Das ungleiche<br />
Pärchen spazierte weiter durch die anbrechende<br />
Nacht. In dem Moment verschwand der letzte<br />
Sonnenstrahl hinter den Bergen und Dunkelheit<br />
breitete sich aus. Die Eule schlug die Augen auf.<br />
9
10<br />
Schlechter Tag?<br />
Im Kollegi, 5. März 1953<br />
Liebes Tagebuch, kennst du sie, die schlechten<br />
Tage? Jeder kennt sie, jeder hat sie. Manche<br />
mehr, manche weniger. Heute war so einer<br />
dieser schlechten Tage, oder doch nicht?<br />
Es fi ng schon früh morgens an: Ich hörte<br />
den Wecker nicht und verschlief, schüttete<br />
den heissen Kaffee über meine Kleider und<br />
konnte mich wieder umziehen, kam viel zu<br />
spät in die Schule und hatte all meine Hefte<br />
und Bücher in der Hektik vergessen.<br />
Können sich solche Tage noch zum Guten wenden?<br />
Als ich den Gang zum nächsten Zimmer<br />
hinunterhetzte, jede Menge loser Blätter und<br />
Stifte in der Hand, rempelte mich jemand an.<br />
Ein Blick zurück -<br />
Erdvermessung von der Antike bis zur Neuzeit<br />
Ist die Erde eine Scheibe – oder ist sie rund?<br />
Drehen sich die Planeten um die Sonne – oder<br />
dreht sich die Sonne um die Planeten? Wie sieht<br />
es aus in den Tiefen der Ozeane – gibt es Gebirge,<br />
Ebenen und tiefe Täler, genau wie an der<br />
Erdoberfl äche? Wohin führen die Weiten des<br />
Universums? Die Frage nach der Beschaffenheit<br />
unserer Umgebung, unseres Lebensraumes<br />
im weitesten Sinne hat den Menschen seit jeher<br />
beschäftigt und tut es auch heute noch. Selbstverständlich,<br />
einige der eingangs erwähnten<br />
Fragestellungen scheinen heute überholt und<br />
beschäftigen die Gemüter kaum mehr. Vergessen<br />
wir aber nicht: Erst die Entwicklung tiefgreifender<br />
mathematischer und technischer Fertigkeiten<br />
ermöglichte es, Antworten zu fi nden und<br />
Hypothesen zu beweisen. Erst 1961 schliesslich<br />
von Céline Gisler 4b<br />
„Entschuldige, ich hab dich nicht gesehen,<br />
schlechter Tag“, höre ich eine männliche Stimme<br />
sagen. Eine Hand streckt sich mir entgegen<br />
und hilft mir auf. Ehe ich mich versehe, sehe ich<br />
in die schönsten braunen Augen der Welt…<br />
In Gedanken versunken gehe ich den Gang entlang<br />
und lese den Tagebucheintrag meiner Grossmutter<br />
wieder und wieder. Die erste Begegnung<br />
mit meinem Grossvater… „Entschuldige, ich<br />
hab dich nicht gesehen, schlechter Tag“, höre<br />
ich eine männliche Stimme sagen. Eine Hand<br />
streckt sich mir entgegen und hilft mir wieder<br />
auf die Beine und ehe ich mich versehe, sehe<br />
ich in die schönsten grünen Augen der Welt…<br />
Vom Weltbild der alten Ägypter<br />
zur Darstellung der Erde als Karto<br />
eine Annäherung ans Jahresmotto a<br />
Von Adrian Zgraggen der Perspektive eines Erdkundlers<br />
konnte sich der sowjetische Kosmonaut Juri Gagarin<br />
als erster Mensch im All mit eigenen Augen<br />
von der Kugelgestalt der Erde überzeugen!<br />
Ein Rückblick in die Geschichte zeigt bemerkenswerte<br />
Eigenschaften und Funktionen des Vermessungswesens<br />
verschiedener Kulturen vorchristlicher<br />
Zeit. So war beispielsweise die Landes- und<br />
Ingenieursvermessung der Ägypter auf einem<br />
hohen Stand, was sich an Tempeln, Pyramiden,<br />
städtischen<br />
Anlagen,<br />
vor allem<br />
aber an<br />
einem bereits<br />
zu jener Zeit ausgeklügelten System der Be-<br />
und Entwässerung von Landwirtschaftsfl ächen<br />
eindrücklich belegen lässt. Die Erdvermessung<br />
hingegen steckte noch in den Kinderschuhen. Um<br />
ca. 1500 v. Chr. herrschte im Niltal gemeinhin<br />
der Konsens, die Erde sei eine <strong>vom</strong> Nil durchfl<br />
ossene Scheibe, umgeben von einem Meer.<br />
Vier Stützen trugen nach damaliger Sichtweise<br />
das Himmelszelt und diskutiert wurde die Frage,<br />
ob die Erdscheibe rund oder viereckig sei.<br />
Mit wissenschaftlichen Verfahren der Naturphilosophie<br />
gelangten die Griechen – die kulturellen<br />
Nachfolger der Ägypter und Mesopotamier – zu<br />
bahnbrechenden<br />
neuen<br />
Erkenntnissen<br />
in der Erdvermessung. Im 6. Jahrhundert v. Chr.<br />
erklärte Pythagoras von Samos, die Erde sei eine<br />
Kugel, doch beweisen konnte er seine These nicht.<br />
Anlass zur Diskussion gab vor allem die Frage,<br />
Ein Rückblick in die Geschichte zeigt bemerkenswerte<br />
Eigenschaften und Funktionen des Vermessungswesens<br />
verschiedener Kulturen vorchristlicher Zeit.
Das Tagebuch<br />
Als ich dieses Jahr einen Sommerjob am Kollegi<br />
ergatterte, musste ich den Dachstock aufräumen.<br />
Dabei stiess ich in der hintersten Ecke auf eine verstaubte<br />
Schachtel. Aus Neugierde öffnete ich sie<br />
und ein Tagebuch aus dem Jahre 1907 tauchte auf:<br />
Ich hatte es satt, immer schuften zu müssen!<br />
Jeden Tag von Schattdorf nach Altdorf zu laufen,<br />
nur um dem Alten von Hofstätten die Milch auf<br />
den Tisch zu stellen. Aber etwas ändern konnte<br />
ich schlecht, ich stamme nun mal aus einer armen<br />
Schattdorfer Bauernfamilie, in der es üblich ist<br />
anzupacken, obwohl man etwas Besseres verdient<br />
hätte, auch wenn man es als Frau sehr schwierig<br />
hat!<br />
von Elena Dittli 4b<br />
Der Gewohnheit nach durchquere ich das Kollegium,<br />
um danach wieder auf den Weg nach Altdorf<br />
zu gelangen. Wie jedes Mal versuche ich die stechende<br />
Eifersucht auf die Schüler zu kontrollieren,<br />
versuche einen kurzen Blick auf die Gelehrten<br />
während des Unterrichts zu erhaschen, versuche<br />
dem Bedürfnis hier zu bleiben zu widerstehen.<br />
Wie es der Zufall will, verlässt ein Schüler das Klassenzimmer.<br />
Dem Anschein nach hat er sich beim<br />
Zeichenunterricht beschmutzt und muss seine<br />
Uniform ausziehen. Mir schiesst nur ein Gedanke<br />
durch den Kopf: Ich brauche seine Schuluniform!<br />
Ich schleiche mich geräuschlos von hinten an ihn<br />
heran, hole mit der Milchkanne aus und schlage<br />
ffelSchule<br />
us<br />
sie ihm über den Kopf. Er ist sofort bewusstlos.<br />
Augenblicklich schnappe ich mir seine Schuluniform,<br />
ziehe meine eigenen Kleider aus, werfe<br />
mir seine Kutte über und ziehe die Kapuze bis<br />
tief in die Stirn. Ich betrete ein fremdes Klassenzimmer<br />
mit geschätzten 50 Schülern. Dicht<br />
nebeneinandergedrängt und versuchend, sich<br />
nicht mit ihrer Tinte zu beschmutzen, bemalen<br />
sie ihre Blätter und so falle ich glücklicherweise<br />
nicht auf. Ich setze mich behutsam auf<br />
einen Platz und spüre das Glück in mir aufsteigen.<br />
Ich habe es geschafft, bin, wenn auch nur<br />
vorläufi g, in die Männerwelt eingedrungen!<br />
wie am gegenüberliegenden Punkt der Erde, dem<br />
Antipoden, die am Kopf stehenden Menschen<br />
existieren können. Den Beweis für die Kugelgestalt<br />
der Erde erbrachte Aristoteles etwa 200 Jahre<br />
später anhand von drei praktischen Beispielen:<br />
• Nur eine Kugel kann bei Mondfi nsternis stets<br />
einen runden Schatten auf den Mond werfen.<br />
• Bei einer Reise in nord-südlicher Richtung<br />
kann das Auftauchen neuer Gestirne nur<br />
durch die Kugelform der Erde erklärt werden.<br />
• Alle fallenden Gegenstände streben<br />
einen gemeinsamen Mittelpunkt<br />
an, nämlich den Erdmittelpunkt.<br />
Äusserst kreativ war auch die Gradmessung des<br />
Eratosthenes zwischen Alexandria und Syene<br />
(heutiges Assuan) um 240 v. Chr. Er beobachtete<br />
einen um 7,2 Grad unterschiedlichen Sonnenstand<br />
und konnte daraus den Erdumfang<br />
hochrechnen. Trotz ungenauer Datengrundlage<br />
kam er dem effektiven Wert bis auf eine Abweichung<br />
von 10% nahe! Eratosthenes erbrachte<br />
weitere grosse geodätische Leistungen. Dazu<br />
gehören die Messung der Schiefe der Ekliptik, die<br />
Größe von Mond und Sonne und ihre Entfernung<br />
von der Erde, die Unterschiede der Tageslängen<br />
in Abhängigkeit von der geographischen Breite<br />
und der Jahreszeit, die Abstände der Wende-<br />
11
12<br />
Brückenschlag zum Geografi eunterricht<br />
Im Geografi eunterricht am Kollegi ist Geodäsie für sich kein Kernthema. Sehr wohl ist es uns<br />
aber ein Anliegen, zusammen mit anderen Fachgebieten wie Mathematik oder Physik die<br />
Grundlagen zu vermitteln, um die grundlegenden Elemente und Errungenschaften geodätischer<br />
Forschung zu verstehen und in Bezug auf unser Weltbild einordnen zu können. Es<br />
gehört zum geografi schen Rüstzeug eines Mittelschülers, über die Erdgestalt im Allgemeinen<br />
und über verschiedene Darstellungsmöglichkeiten der Erdoberfl äche Bescheid zu wissen,<br />
sich im Koordinatensystem der Erde oder einer Landkarte zurechtzufi nden und bei einem<br />
Flug in die USA die Zeitverschiebung nachvollziehen zu können. Ein sicherer Umgang mit<br />
topografi schen (wie thematischen) Karten, deren Basis in der Regel geodätische Messungen<br />
und Aufnahmen sind, gehören ebenso dazu wie die Fähigkeit, Satellitenbilder deuten zu können,<br />
mit Karte und Kompass zu navigieren oder die Funktionsweise eines GPS zu verstehen.<br />
Nicht zuletzt geht es im Geografi eunterricht aber auch darum, technische Errungenschaften<br />
und Entwicklungen unserer Gesellschaft kritisch zu hinterfragen, Wissen aus verschiedenen<br />
Fachgebieten miteinzubeziehen und zu vernetzen (unter anderem) mit Erkenntnissen<br />
aus der Geodäsie. Denn kaum ein Wissenschaftsbereich hat unser Weltbild und unser<br />
Selbstverständnis stärker geprägt und beeinfl usst als die Vermessung und die Erkundung<br />
der Erde und des sie umgebenden Raums. Yuri Gagarin und andere Kosmonauten<br />
bzw. Astronauten waren sich der Begrenztheit unserer räumlichen Ressourcen mit grosser<br />
Wahrscheinlichkeit bewusst, als sie unseren blauen Planeten aus dem All erblickten.<br />
Dank moderner Technik können wir es ihnen in Gedanken gleichtun und sind uns unserer<br />
Verantwortung für den einzigartigen Lebensraum Erde vielleicht noch mehr bewusst.<br />
kreise und Polarkreise sowie Fragen der totalen<br />
und partiellen Sonnen- und Mondfi nsternisse.<br />
Claudius Ptolemäus lieferte im 2. Jahrhundert n.<br />
Chr. die wohl umfassendste und kompetenteste<br />
Darstellung des astronomischen Systems der<br />
Griechen und schuf mit „Mathematike Syntaxis“<br />
das Standardwerk der mathematischen Astronomie<br />
<strong>vom</strong> 2. bis zum 17. Jahrhundert. Praktisch<br />
unverändert wurden seine Schriften von den<br />
Arabern unter dem Titel „al-madschisti“ übersetzt<br />
und übernommen und fanden schliesslich als Almagest<br />
den Weg in den heutigen Sprachgebrauch.<br />
Im antiken Griechenland, in Ägypten, im römischen<br />
Reich sowie auch in China<br />
hat die Erd-, Landes- und Ingenieursvermessung<br />
bedeutsame<br />
bis bahnbrechende Entwicklungen<br />
erfahren. Nicht nur war dies<br />
der Grundstein für verbesserte<br />
Land- und Weltkarten, sondern<br />
auch für die geistige Entwicklung, für die<br />
Entwicklung des menschlichen Selbstbildes im<br />
Speziellen. Neue Erkenntnisse im Vermessungswesen<br />
führten zum Einbezug neuer Lebensräume<br />
und Umweltbereiche und ermöglichten<br />
erst deren Nutzung für unsere Bedürfnisse (mit<br />
allen positiven wie negativen Konsequenzen).<br />
Mit dem Untergang der antiken Welt im Zuge der<br />
Völkerwanderung und der Verbreitung des Christentums<br />
kamen in Europa die naturwissenschaftliche<br />
Forschung und somit auch die Weiterentwicklung<br />
des Vermessungswesens weitgehend zum<br />
Stillstand. Mittelalterliche Kartographen stellten<br />
die Erde in der Regel wieder in Form einer Scheibe<br />
dar. Im Zentrum der Darstellungen standen<br />
dabei die biblischen Orte der Heilsgeschichte.<br />
Erst die Renaissance führte ca. ab dem 16. Jh.<br />
auch in der Vermessung zu neuen Erkenntnissen<br />
und zur Entwicklung neuer Verfahren. Letztere<br />
wurde im Wesentlichen angetrieben durch neue<br />
Im Bereich der Naturgefahrenprävention sind geodätische<br />
Methoden nicht mehr wegzudenken. So lassen sich instabile<br />
Berghänge mit hochpräzisen Lasergeräten oder mittels GPS<br />
überwachen, welche Bewegungen zentimetergenau registrieren.<br />
Bedürfnisse in Kartografi e und Navigation und<br />
fällt zusammen mit der Zeit der grossen Seefahrer<br />
und Entdecker. Man darf geradezu von einer<br />
stürmischen Entwicklung neuer Theorien und für<br />
die praktische Vermessung nötiger Instrumente<br />
sprechen, die bis heute anhält. Zu Beginn der<br />
Neuzeit waren die Erkenntnisse von Kepler, Galilei<br />
oder Newton wegweisend und die Entwicklung des<br />
Fernrohrs, des Sextanten und präziser mechanischer<br />
Uhren Innovationen, die neue Entwicklungsschritte<br />
ermöglichten. Heute sind beispielsweise<br />
die Satellitennavigation mit GPS, leistungsfähige<br />
Teleskope im All (Hubble) oder neue Erkenntnisse<br />
an grossen Forschungseinrichtungen wie<br />
dem Cern für neue Perspektiven unserer Sicht<br />
auf die Welt und für Veränderungen im Umgang<br />
mit unserem Lebensraum mitverantwortlich.<br />
Vermessung heute in Wissenschaft und Praxis<br />
Mit der Wissenschaft der Ausmessung und Abbildung<br />
der Erdoberfl äche beschäftigt sich heute der<br />
Fachbereich der Geodäsie. An Universitäten und<br />
technischen Hochschulen ist Geodäsie mehrheitlich<br />
den Fakultäten des Ingenieurwesens<br />
(Bauingenieurwesen, Geomatik)<br />
in Teilbereichen aber auch<br />
den Erdwissenschaften<br />
(Geophysik) und<br />
der Geografi e<br />
(Fernerkundung<br />
mit<br />
Luft- bzw.<br />
Satellitenbildern)angegliedert.<br />
Die<br />
Geodäsie<br />
ist<br />
Bindeglied<br />
zwischen Ingenieurwesen<br />
und Naturwissenschaften<br />
und liefert<br />
mit ihren Vermessungsergebnissen<br />
wichtige Grundlagen<br />
für zahlreiche weitere Fachgebiete<br />
und Tätigkeiten. Gerade im Bereich der<br />
Naturgefahrenprävention sind geodätische Methoden<br />
nicht mehr wegzudenken. So lassen sich instabile<br />
Berghänge oder<br />
Oberfl ächenveränderungen<br />
an den Flanken<br />
eines Vulkans heute<br />
mit hochpräzisen Lasergeräten<br />
oder mittels<br />
GPS überwachen, welche<br />
Bewegungen zentimetergenau registrieren. Mit<br />
modernen geodätischen Methoden werden immer<br />
genauere Darstellungen der Erdoberfl äche möglich.<br />
Digitale Höhenmodelle ermöglichen, die Erdoberfl<br />
äche dreidimensional darzustellen und bilden<br />
beispielsweise die Grundlage für die Modellierung
von Hochwasserereignissen. Die Bedeutung der<br />
Geodäsie im Ingenieurswesen lässt sich im Kanton<br />
<strong>Uri</strong> an den zahlreichen Tunnelbauten eindrücklich<br />
veranschaulichen, denn ohne viel Know-How<br />
und präzise Instrumente wäre beispielsweise die<br />
Zusammenführung der Neat-Tunnelabschnitte<br />
Amsteg und Erstfeld mit nur wenigen Zentimetern<br />
Abweichung kaum möglich gewesen. Die<br />
amtliche Vermessung hingegen beschäftigt sich<br />
mit der exakten Bestimmung von Grundstücks-<br />
Gemeinde-, Kantons- oder Landesgrenzen.<br />
Was hat eine Kartoffel mit der Form der<br />
Erde zu tun?<br />
Die meisten von uns haben in der Schule gelernt,<br />
dass die Erde annähernd die Gestalt einer Kugel<br />
zeigt, bei näherer Betrachtung aber ein an<br />
den Polen abgeplattetes Rotationsellipsoid<br />
darstellt. Das ist<br />
vereinfacht gesagt korrekt.<br />
Moderne Geodäten haben<br />
aber eine weit<br />
genauere Vorstellung<br />
von der Gestalt<br />
der Erde.<br />
Die Beschleunigung,<br />
die<br />
ein Körper im<br />
freien Fall an<br />
der Oberfl äche<br />
eines Körpers<br />
erfährt,<br />
wird Erdschwerebeschleunigung<br />
genannt. Geophysiker<br />
können mit speziellen<br />
Messinstrumenten<br />
die Schwerebeschleunigung auf<br />
der Erdoberfl äche bestimmen. Dabei<br />
sind (für uns nicht wahrnehmbare) regionale und<br />
lokale Unterschiede feststellbar. Diese Unterschiede<br />
beruhen zum Teil auf Dichteunterschieden<br />
im Erdmantel, aber auch auf Unterschieden in<br />
der Topografi e an der Erdoberfl äche und können<br />
mit der Darstellung der Erde als Geoid sichtbar<br />
gemacht werden. Man kann sich das Geoid vereinfacht<br />
als unter den Kontinenten weiterführende<br />
Meeresoberfl äche vorstellen, auf welcher das Erdschwerepotential<br />
überall gleich gross ist. Werden<br />
Abweichungen des Geoids zum mathematisch<br />
errechneten Rotationsellipsoid auf einem Globus<br />
dargestellt und stark überhöht, ergeben sich Dellen<br />
und Hügel, die als Ganzes in etwa der Form<br />
einer Kartoffel entsprechen. Das Geoid dient heute<br />
als Referenzfl äche für die Höhenbestimmung.<br />
13
14<br />
Eltern&<br />
Ehema<br />
Der traditionelle Karlstag am Kollegium Karl Borromäus<br />
hat eine neue Form erhalten. Bis anhin<br />
organisierte der Verein Ehemalige & Freunde der<br />
<strong>Kantonale</strong>n <strong>Mittelschule</strong> <strong>Uri</strong> alle zwei Jahre eine<br />
Podiumsveranstaltung. Am Samstag führte der<br />
Verein nun erstmals den öffentlichen «Kollegi-<br />
Träff» durch – im Anschluss an die Vereins-<br />
GV. Das Konzept: Ehemalige Schüler, die sich<br />
in ihrer Sparte einen Namen gemacht haben,<br />
kehren zu ihren Wurzeln zurück. Beim ersten<br />
«Kollegi-Träff» drehte sich alles um das Thema<br />
Musik. Acht ehemalige Gymnasiasten, die heute<br />
voll oder teilweise von der Musik leben, gaben<br />
sich in der Kollegikapelle ein Stelldichein.<br />
Bruno Arnold, Redaktionsleiter der Neuen Urner<br />
Zeitung, führte durch die unterhaltsame Talkshow.<br />
Jeder der acht Gäste gab etwas auf seinem Instrument<br />
zum Besten. Dann nahm einer nach dem andern<br />
bei Bruno Arnold auf dem Polstersessel Platz.<br />
«Etwas Rechtes machen»<br />
Bruno Arnold verstand es, die Leute abzuholen. So<br />
sprach die Pianistin Gisela Horat ganz offen über<br />
ihre Krankheit Multiple Sklerose. Und die Sängerin<br />
Franziska Dahinden erinnerte sich an ihre ersten<br />
Schultage am Kollegi und an die Streiche ihrer Mitschüler.<br />
Geiger Christian Zgraggen erzählte, wie es<br />
ist, immer im Schatten seiner bekannten Schwester,<br />
der Starsolistin Simone zu stehen: «Ich bin<br />
Christian Zgraggen spielte auf der Violine.<br />
Gisela Horat sprach über ihren Werdegang als Musiker.<br />
Franziska Dahinden stellte ihre Stimme unter Beweis.
Erinnerungen werden wach<br />
lige<br />
lieber bei meinen Kindern als ständig im Flugzeug<br />
wie meine Schwester.» Florian Arnold, Handorgelspieler<br />
beim «Echo <strong>vom</strong> Poschtsack», Kirchenorganist,<br />
Funkpianist und Mitglied einer Rockband,<br />
erklärte, dass er die Vielfalt in der Musik brauche.<br />
Posaunenspieler Patrik Stadler sprach über den<br />
Musikgeschmack seiner Oberstufenschüler, die<br />
nicht nur moderne Hits hören. Klarinettist und<br />
Dirigent Michel Truniger erzählte hingegen von seinen<br />
Projekten. Pianistin Rebekka Mattli, die trotz<br />
diverser musikalischen Ausbildungen in Altdorf die<br />
Matura nachholte und dann Jus studierte, erklärte,<br />
warum sie nun noch «etwas Rechtes» machen<br />
wollte. Und Schlagzeuger Patrik Horat meinte,<br />
dass ein Musiker am Morgen meist ausschlafe. Bei<br />
den acht Musikern wurden aber auch Erinnerungen<br />
an ihre Schulzeit an der <strong>Mittelschule</strong> <strong>Uri</strong> wach.<br />
Für das musikalische Programm zeichnete<br />
Mittelschullehrer Urs Zenoni verantwortlich.<br />
Nach dem Unterhaltungsblock sassen die<br />
Teilnehmer bis in alle Nacht in der Raclettestube<br />
oder an der «Träff»-Bar zusammen.<br />
Diese wurden von der Klasse 5c und Mathematiklehrer<br />
Peter Fleischmann betrieben.<br />
von Elias Bricker<br />
Am Samstag, 5. November fand an der <strong>Mittelschule</strong> erstmals der «Kollegi-Träff» statt.<br />
Er wurde <strong>vom</strong> Verein Ehemalige & Freunde der <strong>Mittelschule</strong> organisiert.<br />
Dabei kehrten acht Musiker, die früher in Altdorf das Kollegi besuchten,<br />
zu ihren Wurzeln zurück und plauderten aus dem Nähkästchen.<br />
Florian Arnold trat mit dem „Echo <strong>vom</strong> Poschtsack“ auf.<br />
15
16<br />
Tücken des Messens<br />
von Urs Allenspach<br />
Messen ist im Alltag eine meist verhältnismässig<br />
wenig problematische Angelegenheit. Wir legen<br />
den Sellerie vertrauensvoll auf die Waage des<br />
Detaillisten, schenken während des Autofahrens<br />
dem Tacho gelegentlich Beachtung oder werfen<br />
einen ungläubigen Blick auf das Thermometer,<br />
um dann kräftig die Heizung aufzudrehen.<br />
Nicht alles misst sich so leicht wie Temperatur,<br />
Geschwindigkeit und Masse. Die Messtheorie<br />
– nicht zu verwechseln mit der rein mathematischen<br />
Masstheorie – ist die Grundlagendisziplin,<br />
die systematisch untersucht und axiomatisiert,<br />
was wie zu messen ist und welche<br />
Merkmale ein bestimmtes Mass aufweist.<br />
Eine solche Eigenschaft ist zum Beispiel die<br />
additive Verknüpfbarkeit, welche der Masse zukommt,<br />
nicht aber der Temperatur: Legt man<br />
zwei Sellerie auf die Waage, so bemisst sich<br />
deren Masse als Summe der Einzelmassen der<br />
Gemüse; verbindet man hingegen zwei bewegte<br />
Körper, so werden mitnichten beide schneller.<br />
Der Prozess des Messens besteht darin, Objekten<br />
auf Grund einer Eigenschaft, die sie aufweisen,<br />
je eine Zahl zuzuordnen. Solche Zuordnungen<br />
sind jedoch bedeutungslos ohne eine<br />
Skala, die Aufschluss darüber gibt, in welchem<br />
Verhältnis diese Zahlen zueinander stehen.<br />
Angenommen die Raumtemperatur beträgt angenehme<br />
20°C, während draussen 40°C im Schatten<br />
herrschen, so hängt<br />
es von der involvierten<br />
Skala ab – hier Celsius<br />
–, ob die Interpretation<br />
korrekt ist,<br />
dass es an der Sonne<br />
doppelt so warm ist wie drinnen. Die Interpretation<br />
ist falsch, was darauf zurückgeht, dass die<br />
Celsius-Skala einen bezogen auf die thermodynamische<br />
Eigenschaft der Wärme willkürlichen<br />
Nullpunkt hat, die Temperatur des schmelzenden<br />
Eises. Gemessen in Fahrenheit, einer anderen<br />
Temperaturskala mit willkürlichem Nullpunkt,<br />
betragen die Temperaturen 68°F bzw. 104°F.<br />
Einsichten darüber, wie viele Male wärmer es an<br />
einem Ort ist als an einem anderen, lassen sich<br />
nur mit einer Skala gewinnen, die hinsichtlich der<br />
gemessenen Eigenschaft ihren absoluten Nullpunkt<br />
hat. Für die Wärme liegt dieser da, wo die<br />
mittlere kinetische Energie 0 ist. Die Temperatureinheit<br />
Kelvin hat gerade dort ihren Nullpunkt,<br />
also ist es korrekt, das Verhältnis von 293.15°K<br />
und 313.15°K dahingehend zu interpretieren, dass<br />
es draussen rund 7% wärmer ist als drinnen.<br />
Die Möglichkeit der Quantifi zierung von Eigenschaften<br />
hat in der philosophischen Neuzeit<br />
grossen Eindruck hinterlassen. Die Objektivierung,<br />
die durch wissenschaftliches Arbeiten in<br />
diesem Fall erreicht wird, bestehe eben darin,<br />
das aufzuweisen, was wirklich dem Objekt<br />
eigen und nicht <strong>vom</strong> Subjekt abhängig<br />
sei – so eine verbreitete Ansicht. Wahrhaftige<br />
Eigenschaften statt fl üchtiger Relationen.<br />
Eine Gefahr, die von dieser Ansicht ausgeht,<br />
besteht darin, jedes Messverhalten für bare<br />
Münze zu nehmen. Das heisst zu glauben, dass<br />
jede Messung gelingen müsse, bei der Wissenschafter<br />
ein Messverhalten an den Tag legen,<br />
das allen Regeln der Messkunst entspricht.<br />
Ein Gegenbeispiel dafür haben bereits die Pythagoreer<br />
geliefert: Man kann einen Massstab<br />
konstruieren, wie man will, nie wird es im Allgemeinen<br />
gelingen, die Hypotenuse eines rechtwinkligen<br />
Dreiecks damit zu messen, wenn man<br />
mit ihm die Länge der Katheten hat messen<br />
können. Angenommen die Längen der Katheten<br />
Angenommen die Längen der Katheten betragen 1, so kann<br />
man den Massstab noch so fein skaliert konstruieren, die Länge<br />
der Hypotenuse wird immer zwischen zwei Strichen liegen.<br />
betragen 1, so kann man den Massstab noch so<br />
fein skaliert konstruieren, die Länge der Hypotenuse<br />
wird immer zwischen zwei Strichen liegen.<br />
Allerdings täuscht man sich darüber leicht.<br />
Dieses historische Messproblem hat den Begriff<br />
der Inkommensurabilität geprägt, der<br />
längst ein Eigenleben angenommen und in<br />
allen möglichen Kontexten verwendet wird,<br />
in denen man zwei Dinge nicht mit demselben<br />
Mass messen könne oder solle.<br />
Wert<br />
Ein solcher Kontext ist die manchmal behauptete<br />
Inkommensurabilität von Werten. Die Frage des<br />
Schwangerschaftsabbruchs ist darum kontrovers,<br />
weil darin der Schutz menschlichen Lebens<br />
mit der Handlungsfreiheit der schwangeren Frau<br />
und deren Lebensumständen konfl igiert. Inkommensurabel<br />
– unverrechenbar – wären diese<br />
drei Werte dann, wenn kein Grad an besserer<br />
Verwirklichung des einen, eine graduell schlechtere<br />
Verwirklichung des anderen rechtfertigte.<br />
Der Umstand, dass die Schweizer Bevölkerung<br />
2002 einer ziemlich fl exiblen Fristenlösung zugestimmt<br />
hat, deutet allerdings darauf hin, dass<br />
sie diese Werte nicht für unverrechenbar hält.<br />
Vielmehr gilt: Je stärker die Schwangere aufgrund<br />
ihrer Lebensumstände leiden würde und<br />
je geringer das heranwachsende Leben entwickelt<br />
ist, desto weniger Schutz verdient dieses<br />
vor der Handlungsfreiheit der Schwangeren.<br />
Eindeutigere Beispiele inkommensurabler Werte<br />
fi nden sich in der omnipräsenten Debatte über<br />
nachhaltige Entwicklung. Werte wie Biodiversität<br />
und Beschäftigung sind insofern bis zu einem<br />
gewissen Schwellenwert inkommensurabel, als<br />
sie beide bis zu diesem Schwellenwert systemkritisch<br />
sind: Weder ist uns ein dauerhaft gelungenes<br />
Zusammenleben möglich, wenn das Ökosystem<br />
zusammenbricht, noch wenn das Wirtschaftssystem<br />
kollabiert. Bevor nicht sicher-<br />
gestellt ist, dass beides abgewendet<br />
werden kann, ist nicht zu ermessen,<br />
wie viel an Biodiversität ein<br />
zusätzlicher Arbeitsplatz wert ist.<br />
Die Qualität unseres Zusammenlebens, das lässt<br />
sich aus der Nachhaltigkeitsdiskussion lernen,<br />
kann man nicht an einer einzigen Grösse ermessen.<br />
Der Druck, solche Grössen zu generieren,<br />
selbst wenn der Sache unangemessen, ist<br />
allerdings in vielen Lebensbereichen enorm.<br />
So versucht man heute mit Demokratiebarometern<br />
die Güte von Demokratien zu messen, mit<br />
Spitalindizes, die Qualität von Spitälern über einen<br />
Leisten zu schlagen oder mit Universitätsrankings
e<br />
die Hochschulen zu evaluieren.<br />
Dabei zeigen Wissenschafter<br />
bestes Messverhalten. Was<br />
sie messen ist allerdings in<br />
dem Sinne willkürlich, als es kein lebensweltliches<br />
Äquivalent für die erzeugten Daten<br />
gibt. Das Ziel dieser Übungen scheint einzig<br />
darin zu liegen, Ranglisten zu erstellen.<br />
Selbst wenn das, was sich messen<br />
lässt, in bestem Sinn real ist, lässt<br />
beliebiges Messverhalten nicht<br />
auf Reales schliessen. Kurz:<br />
Was nicht ist, lässt sich nicht<br />
messen. Daran ändert auch<br />
nichts, dass die erhobenen<br />
Daten und die erstellten<br />
Ranglisten zum<br />
Teil eine erstaunliche<br />
(politische) Wirkung<br />
entfalten. Die Daten<br />
sind bedeutungslos,<br />
aber<br />
offenbar<br />
nicht unbedeutend.<br />
17
18<br />
Der vermessen(d)e Mensch<br />
Ein Besuch mit der Klasse 2b in de<br />
ausstellung des Technoramas Winte<br />
Schülerinnen und Schüler sind es gewohnt „vermessen“ zu werden<br />
- allerdings eher bezüglich ihrer schulischen Leistungen mittels<br />
regelmässiger Prüfungen und Lernzielkontrollen. Das Ergebnis<br />
liegt dann meistens als Note vor, oft aber auch in Form<br />
von qualitativen Beschreibungen. Im Science Center Technorama<br />
in Winterthur konnten sich die Schülerinnen und Schüler<br />
der Klasse 2b für einmal ganz anders vermessen lassen.<br />
von Hans Kehrli und Ulrich Köchli<br />
In der medizinischen Vermessung oder Diagnose<br />
hat ein Toleranzbereich den Idealwert ersetzt;<br />
beim Blutdruck etwa spricht man nicht mehr nur<br />
von 120/80 – die Toleranz wurde breiter angesetzt.<br />
Genauso verhält es sich mit den Blutwerten<br />
für Cholesterin, Blutzucker, Hämoglobin sowie<br />
Immunglobuline – solange alles<br />
innerhalb der Toleranz liegt, ist<br />
alles bestens. Auf die Zukunft der<br />
genetischen Vermessung, wer<br />
welche Genvarianten und damit<br />
Krankheitswahrscheinlichkeit<br />
zeigt, sei nur nebenbei verwiesen.<br />
Die Vermessung des Körpers beschränkt<br />
sich im Alltag weitgehend<br />
auf Nützliches: Die Körperhöhe gilt als Mass<br />
für die Pyjamagrösse oder die Länge der Walkingstöcke,<br />
der Umfang von Hüfte und Hals lässt<br />
uns die passende Weite von Hosen und Hemden<br />
fi nden, die Fusslänge liefert den passenden Schuh<br />
und die Gewichtsmessung zwingt uns, Ernährungsgewohnheiten<br />
und –sünden zu überdenken.<br />
Im Science Center Technorama hat man noch<br />
bis im Herbst <strong>2012</strong> die Gelegenheit an über 30<br />
Stationen den eigenen menschlichen Körper<br />
auf eher ungewohnte Art und Weise zu vermessen.<br />
Schülerinnen und Schüler der Klasse 2b<br />
haben anlässlich einer Exkursion im Fach Biologie<br />
davon regen Gebrauch gemacht. Ausgewählte<br />
Stationen werden hier vorgestellt.<br />
Wer weiss noch, wie viel Blut ein Herz im Ruhezustand<br />
pumpt? Nach einer Minute angestrengter<br />
Betätigung der Handpumpe erkennen die Schüler<br />
verblüfft, dass schon diese fünf Liter eine regelrechte<br />
Arbeitleistung bedingen. Kaum vorstellbar,<br />
wie das mit dem vierfachen Bedarf bei sportlichen<br />
Leistungen gelingen sollte! Ausserdem pumpt<br />
das Herz (zumeist) klaglos Milliarden Male im<br />
ganzen Leben! Aus dem Unterricht ist eher noch<br />
bekannt, wie viel Luft unsere Lungen auszupressen<br />
vermögen; je nach Alter sind das 2.5 bis 3.5<br />
Science<br />
Liter. So dauerte es nicht lange und man sah die<br />
Schülerinnen und Schüler mit rot angelaufenen<br />
Köpfen die letzten Luftquäntchen aus der Lunge<br />
pressen, mit dem Ziel, die andern in der Vitalkapazität<br />
doch noch zu überbieten. Lautes Geschrei<br />
verschwindet dezent in einem schalldichten Raum<br />
– gegen aussen dringt nur das Videobild des Erzeugers<br />
mit offener Kehle und der Anzeige „125<br />
Dezibel“. Wahrlich, im Schulzimmer wäre dies<br />
bereits hörschädigend! Katzengleich geschmeidig<br />
lässt sich nebenan eine Schülerin auf eine<br />
Glasplatte fallen – wie knieschonend man auch<br />
vorgeht, unter das 1.5-fache des Körpergewichts<br />
schafft es niemand. Ein harter Sprung läge weit<br />
über der begrenzten Skala von Faktor 4. Verblüfft<br />
stehen andere Beobachter neben der Weitsprungbahn.<br />
Egal, wie die aktuelle Athletin abspringt, ob<br />
neckisch kurz oder kraftvoll weit – noch im Flug<br />
zeigt eine Einblendung, wo sie landen wird. Ist
Sonderthur<br />
das noch Vermessung oder doch Zauberei? Die<br />
Kraftmessplatte misst Gewicht, Abstosskraft und<br />
–richtung und errechnet so die wahrscheinliche<br />
Sprungweite. Eine verblüffende Vermessung!<br />
Aufhänger der Ausstellung sind Abhandlungen des<br />
römischen Architekten Marcus Vitruvius Pollio<br />
(1. Jh. v. Chr.). Er stellte die These der vollkommenen<br />
menschlichen Schönheit auf, mit<br />
einem idealen Verhältnis der Körperteile zueinander<br />
(Homo bene fi guratus). Die berühmte<br />
Zeichnung von Leonardo da Vinci (1452-1519)<br />
illustriert diese These: Der ideale Mensch, auf-<br />
recht stehend, fügt sich sowohl in ein Quadrat<br />
als auch in einen Kreis. Die Höhe des Menschen<br />
sei also gleich dem Abstand zwischen<br />
den Fingerspitzen bei ausgesteckten Armen.<br />
Mit Schiebern lassen sich diese Idealwerte an<br />
sich überprüfen. Ergänzend werden alte Masseinheiten<br />
wie Elle, Spanne oder Fuss portraitiert.<br />
Während uns über Beobachtungen im Bad das eigene<br />
Körpervolumen in etwa bekannt ist, ungefähr<br />
so viele Liter wie Kilogramm, wissen wir kaum etwas<br />
über unsere Oberfl äche. Über eine Videoprojektion<br />
wird der Wert eingeblendet: über zwei m2.<br />
Wie viel Wärme die Haut als Oberfl äche abstrahlt,<br />
wird beim gemeinsamen Klassenvergleich vor<br />
der Wärmebildkamera klar. Hitzige Köpfe haben<br />
wohl eine kalte „blaue“ Nase, aber eine glühend<br />
„rote“ Stirn. Wer dünn bekleidet ist, strahlt auch<br />
über den Bauch reichlich Wärme ab. Heissgeriebene<br />
Hände leuchten dann natürlich hellrot – die<br />
ewig kalten Hände der Kollegin erkennt man am<br />
„blau“ von Fenstern mit Dreifachverglasung.<br />
Fallstäbe möglichst schnell packen zu können, sind<br />
ein Indikator für unser Reaktionsvermögen. Auch<br />
wenn man das Fallen augenblicklich sieht, braucht<br />
das Gehirn fast 1/10 s, um die Hand zum Zupacken<br />
zu veranlassen. Schnelle bewusste Reaktionen<br />
von 0.15 s bleiben jedoch weit hinter jenen<br />
Zeiten zurück, die ein Refl ex auszulösen vermag<br />
– strengt man sich noch so verbissen an. Eine vorausschauende<br />
Vermessung eröffnet sich mit LED-<br />
Lampen. Ein Lichtfl uss verschwindet und man<br />
soll durch Tastendruck angeben, wann die Ziellinie<br />
überschritten würde. Wie sonderbar schwer fällt<br />
es uns, Voraussagen für Raum und Zeit zu machen!<br />
Erst nach einiger Übung gelingen Treffer.<br />
Ein weitere Apparatur entspricht einem komplexen<br />
Sporttraininggerät. Es dient der Förderung<br />
der Reaktionsfähigkeit, der Koordination zwischen<br />
Händen und Augen sowie der Geschicklichkeit und<br />
Beweglichkeit. Es gilt, innerhalb von 30 Sekunden<br />
möglichst viele der aufl euchtenden Knöpfe zu<br />
drücken. Während die Schülerinnen und Schüler<br />
der Klasse 2b fl eissig schlangengleiche Bewegungen<br />
durchführen, um individuell ein möglichst<br />
gutes Ergebnis zu erzielen, macht es sich eine<br />
Zürcher Klasse einfach: Jeder steht vor zwei Lampen,<br />
welche dann effektiv gedrückt werden, wohl<br />
nach dem Motto „Gemeinsam ist man stark…“<br />
So bietet die Sonderausstellung eine faszinie-<br />
Verblüfft stehen Beobachter neben der Weitsprungbahn.<br />
Egal, wie die Athletin abspringt, ob neckisch kurz oder kraftvoll<br />
weit – noch im Flug zeigt eine Einblendung, wo sie landen<br />
wird. Ist das noch Vermessung oder doch Zauberei?<br />
rende Ergänzung zu den vielen Experimenten,<br />
welche man im permanenten Ausstellungsteil<br />
„Licht und Sicht“ schon immer erfahren konnte.<br />
Die Versuche zeigen: Der Vermessung des<br />
menschlichen Körpers sind fast keine kreativen<br />
Grenzen gesetzt – die Klasse 2b ist<br />
um einige Erkenntnisse reifer. Dieser Gewinn<br />
wird jedoch nicht mit Noten „vermessen“.<br />
19
20<br />
Hätten Sie es gewusst?...<br />
Auch im letzten Dezember waren die Schülerinnen und Schüler der <strong>Kantonale</strong>n <strong>Mittelschule</strong><br />
wieder im Quizfi eber. Jeden Tag galt es, eine Weihnachtsquizfrage zum Jahresmotto „Vermessen“<br />
zu lösen und jeden Tag wurde unter den richtigen Antworten ein kleiner Preis verlost. Hätten<br />
Sie die kniffl igen Fragen unseres Rätselmeisters Dr. Philipp Arnold beantworten können?Rä<br />
tsel<br />
5.<br />
Überheblichkeit (Hybris) führt in griechischen<br />
Tragödien zum Fall vieler Hauptfi guren.<br />
„Hochmut kommt vor dem Fall“ und „Kommt<br />
Vermessenheit, so kommt Schande, aber<br />
dem Demütigen eignet Weisheit“, heisst es<br />
auch in der Bibel. Hochmut (Eitelkeit, Stolz,<br />
Hoffart, Übermut, Überheblichkeit, Arroganz,<br />
Einbildung, Selbstüberschätzung) oder<br />
lateinisch „Superbia“ ist die älteste Sünde.<br />
Die folgende „Superbia“-Darstellung ist im<br />
Kanton <strong>Uri</strong> zu besichtigen. Wo genau?<br />
22<br />
13.<br />
Er soll einmal mehr vermessen werden.<br />
Die Engländer massen einst fast<br />
dreieinhalb Meter mehr als später die<br />
Chinesen. Die Amerikaner wiederum<br />
kamen auf gut zwei Meter mehr als die<br />
Engländer. Jetzt wollen es die Einheimischen<br />
genau wissen. Worum geht es?<br />
1. Triangulation<br />
Schon in früheren Zeiten, lange vor der Entwicklung<br />
computergestützter Messmethoden,<br />
war es mit etwas angewandter Geometrie bereits<br />
möglich, erstaunlich genaue Messwerte<br />
zu erzielen. Die klassische Methode der Geodäsie<br />
(Wissenschaft von der Ausmessung und<br />
Abbildung der Erdoberfl äche) ist die Triangulation,<br />
die Aufteilung einer Fläche in Dreiecke<br />
- ein Vorgehen, das auf den mathematischen<br />
Erkenntnissen der Trigonometrie beruht.<br />
2. Bob Beamon<br />
Berühmt machte ihn sein Weltrekordsprung mit<br />
der sensationellen Weite von 8,90 m, der ihm beim<br />
Weitsprungwettbewerb der Olympischen Sommerspiele<br />
in Mexiko-Stadt am 18. Oktober 1968<br />
im ersten Versuch gelang. Dieser als „Sprung ins<br />
21. Jahrhundert“ gefeierte Rekord bedeutete eine<br />
Verbesserung des zuvor von Ralph Boston und<br />
Igor Ter-Owanesjan gehaltenen Weltrekords um 55<br />
Zentimeter. Mehrere Faktoren kamen Beamon bei<br />
seinem Sprung zugute: Zum einen begünstig-te die<br />
dünne Höhenluft von Mexiko-Stadt (2240 m ü. M.)<br />
Sprinter und Springer; zudem war im Stadion erstmals<br />
bei Olympischen Spielen ein der Schnelligkeit<br />
zugute kommender Tartanbelag verlegt worden.<br />
3. Bertillonage<br />
Die Bertillonage ist die Bezeichnung für ein<br />
von Alphonse Bertillon (1853-1914) entwickeltes<br />
anthropometrisches System zur Identifi<br />
zierung von Personen anhand von Körpermassen.<br />
Es handelt sich hierbei um ein<br />
frühes biometrisches Erkennungsverfahren.<br />
Das System wurde nur in einigen Ländern<br />
eingesetzt und aufgrund seiner Fehleranfälligkeit<br />
weltweit nach wenigen Jahrzehnten<br />
durch die Daktyloskopie (Fingerabdruckverfahren)<br />
als Identifi zierungssystem abgelöst.<br />
4. Ludwig XIV.<br />
Giovanni Domenico Cassini<br />
Ludwig XIV. hat die erste exakte Landvermessung<br />
der Geschichte beauftragt. Mithilfe der Triangulation<br />
gelang diese bahnbrechende Leistung -<br />
obwohl das Ergebnis damals eine unangenehme<br />
Überraschung zutage brachte: Frankreichs Fläche<br />
schrumpfte um 20 Prozent. Der Sonnenkönig<br />
soll entsetzt ausgerufen haben: „Ihre Landvermessung<br />
hat mich mehr Land gekostet, als alle<br />
meine Feinde mir bisher nehmen konnten!“<br />
5. Mr Ollivander<br />
(Figur aus „Harry Potter“)<br />
verkauft Zauberstäbe<br />
Ollivander (Ollivander's) ist ein sehr altes (seit 382<br />
v. Chr. bestehendes) Geschäft für Zauberstäbe<br />
in der Winkelgasse. Es wird als eng und schäbig<br />
beschrieben. Über der Eingangstür sieht man<br />
einen abblätternden, goldenen Schriftzug und im<br />
Schaufenster liegt ein einzelner Zauberstab auf<br />
einem verblassten roten Kissen. Im Inneren des<br />
kleinen Ladens stapeln sich tausende längliche<br />
Schachteln mit Zauberstäben bis unter die Decke.<br />
6. Im Beinhaus<br />
von Unterschächen<br />
Schon im Alten Testament gilt Hochmut<br />
als „aller Laster Anfang“ (Eccl. 10, 15).<br />
Vielschichtig wie eine wortgewaltige Barockpredigt<br />
verkündet das Bildprogramm des kleinen Beinhauses<br />
von Unterschächen die katholische Lehre<br />
von Sünde und Gnade, Lohn und Strafe, Höllenangst<br />
und Auferstehungshoffnung. Thematisiert<br />
werden die „Vier letzten Dinge“ (Sterben, Gericht,<br />
Himmel und Hölle), das Fegefeuer und die gegenseitige<br />
Hilfe der Lebenden und der Toten. Die<br />
„Sieben Todsünden“ an der Kapellendecke erläutern<br />
den Zusammenhang von persönlicher Schuld<br />
und ewiger Verdammnis. Die Botschaft lautet: Das<br />
Leben ist vergänglich, eitel, nichtig - und doch von<br />
ausschlaggebender Bedeutung; denn es entscheidet<br />
über ewige Seligkeit oder ewige Höllenqual.<br />
7. 50 Meter<br />
Lösungsweg siehe<br />
www.kollegi-uri.ch<br />
8. Gardemass<br />
Als Garden bezeichnet man allgemein die Leibwachen<br />
eines Herrschers, Elitetruppen etc. Gemeint<br />
ist hier eine ganz spezielle Garde, nämlich<br />
das Leibregiment des Preussenkönigs Friedrich<br />
Wilhelm I., welches landläufi g als „Potsdamer<br />
Riesengarde“ und „Lange Kerls“ bezeichnet<br />
wurde. Keiner der „Langen Kerls“ sollte weniger<br />
als sechs Fuss (circa 1,88 Meter) messen.<br />
9. Sailing<br />
to Philadelphia<br />
(von Mark Knopfl er)<br />
Mason-Dixon-Linie<br />
Die Mason-Dixon-Linie, benannt nach dem As-<br />
tronomen Charles Mason und dem Geometer<br />
Jeremiah Dixon, bildet die traditionelle Grenze<br />
zwischen den Nord- und den Südstaaten der USA.<br />
Mark Knopfl er (Songwriter, Gitarrenvirtuose)<br />
veröffentlichte 2000 den Song „Sailing<br />
to Philadelphia“, der die Geschichte<br />
der beiden Landvermesser erzählt:<br />
„We are sailing to Philadelphia<br />
A world away from the coaly Tyne<br />
Sailing to Philadelphia<br />
To draw the line<br />
The Mason-Dixon line“<br />
10. Guillaume-Henri Dufour<br />
Guillaume-Henri Dufour (* 1787 in Konstanz, †<br />
1875) war ein Schweizer Humanist, General, Politiker,<br />
Kartograf und Ingenieur. Als Kartograf erwarb<br />
er insbesondere Verdienste durch die Erstellung der<br />
ersten detaillierten topografi schen Karte der Schweiz<br />
(Dufour-Karte). Darüber hinaus war er einer der Gründer<br />
des Internationalen Komitees <strong>vom</strong> Roten Kreuz<br />
und von 1863 bis 1864 dessen erster Präsident. Der<br />
mit 4634 Metern höchste Punkt der Schweiz, die<br />
Dufourspitze im Monte-Rosa-Massiv an der italienischen<br />
Grenze, ist seit 1863 nach ihm benannt.<br />
11. Digedags / DDR<br />
Die Digedags waren ab 1955 die Haupthelden<br />
der in der DDR erschienenen Comiczeitschrift<br />
„Mosaik“. Die drei Protagonisten Dig,<br />
Dag und Digedag erlebten in mehreren grossen<br />
Serien Abenteuer in Raum und Zeit.<br />
12. Heliotrop<br />
Ein Heliotrop (griechisch, „zur Sonne gewandt“)<br />
ist ein von Carl Friedrich Gauss entwickelter<br />
Sonnenspiegel zum Sichtbarmachen<br />
entfernter Vermessungspunkte.<br />
„Die Vermessung der Welt“ ist ein 2005 auf<br />
Deutsch erschienener Roman von Daniel<br />
Kehlmann. Thema ist die fi ktive Doppelbiografi<br />
e des Mathematikers Carl Friedrich<br />
Gauss (1777–1855) und des Naturforschers<br />
Alexander von Humboldt (1769–1859).<br />
13. Mount Everest<br />
(Höhe)<br />
Dass der Mount Everest der höchste Berg der<br />
Erde ist, weiss fast jedes Kind – doch wie hoch<br />
ist er wirklich? Um das herauszufi nden, lässt<br />
die Regierung von Nepal den Koloss im Himalaya<br />
neu vermessen. Das Ergebnis werde<br />
in etwa zwei Jahren vorliegen, berichtete<br />
die amtliche Nachrichtenagentur RSS.<br />
23
24<br />
Titel<br />
Die Erde ist eine Kartoffel. Wir lernten in den<br />
Siebzigerjahren, sie sei eine Kugel. Und die<br />
Lehrer des Mittelalters brachten ihren Schülern<br />
bei, sie sei eine Platte, an deren Rand das<br />
Wasser dickfl üssiger werde. Wer dann nicht<br />
aufhöre zu segeln, der kippe wohl oder übel von<br />
der Platte und verschwände auf Nimmerwiedersehen,<br />
wenn er nicht vorher von den dort<br />
sehr verbreiteten Seeungeheuern verschlungen<br />
werde. Solcherart mit guten Ratschlägen versehen<br />
hielten sich die Segler bis ins 15. Jahrhundert<br />
wohlweisslich <strong>vom</strong> Rand der Erde fern.<br />
Wer sich auf den Weg macht, muss wissen, in<br />
welcher Richtung sein Ziel liegt, wenn er dieses<br />
innert nützlicher Frist erreichen will. Der Magnetkompass,<br />
wie man ihn in Europa seit dem ausgehenden<br />
12. Jahrhundert kennt, macht es möglich,<br />
von irgendeinem Standpunkt aus die Nordrich-<br />
Impressum <strong>Passwort</strong><br />
Aufl age 1050<br />
Erscheint zweimal im Jahr<br />
Herausgeber<br />
Verein der Ehemaligen und Freunde<br />
der <strong>Kantonale</strong>n <strong>Mittelschule</strong> <strong>Uri</strong><br />
<strong>Kantonale</strong> <strong>Mittelschule</strong> <strong>Uri</strong><br />
Redaktion<br />
Verein der Ehemaligen<br />
Adrian Zurfl uh<br />
Elias Bricker<br />
<strong>Kantonale</strong> <strong>Mittelschule</strong> <strong>Uri</strong><br />
Dr. Ivo Frey, Rektor<br />
Marcel Huwyler Prorektor<br />
Ulrich Köchli, Lehrer<br />
Sarah Weber, Lehrerin<br />
Anja Dahinden, Bibliothekarin<br />
Layout und Gestaltung<br />
Anja Dahinden<br />
Korrektorat<br />
Ulrich Köchli<br />
Druck<br />
Gamma Druck AG<br />
6460 Altdorf<br />
Bild<br />
tung und somit auch alle anderen Himmelsrichtungen<br />
zu bestimmen. Kolumbus, der sich so<br />
über den Rand hinauswagte (und dabei auch die<br />
Kartoffel entdeckte), hatte die korrekte Richtung<br />
eingeschlagen. Dass er trotzdem nicht an sein<br />
Ziel gelangte, lag nicht an seinem Kompass!<br />
In Kombination mit einer guten Landkarte kann<br />
heute jedermann mit einem Kompass seinen<br />
eigenen Standpunkt im unbekannten Gelände<br />
bestimmen. Wer sich nicht mehr an seine<br />
Kompassexperimente aus der Pfadi- oder der<br />
Militärzeit erinnert, kann sich im Internet unter<br />
dem Stichwort „Kompass“ einfache Anleitungen<br />
herunterladen und sogleich mit Experimentieren<br />
anfangen. Die Treffsicherheit soll dabei immer<br />
noch besser sein als die von GPS. Kein Kompass<br />
vorhanden? Auch da hilft das Internet: Kompass-<br />
App auf das Smartphone laden und fertig!<br />
von Marcel Huwyler, Prorektor<br />
Wem mehr daran liegt, sein Inneres als sein<br />
Äusseres zu vermessen, dem sei das Alethiometer<br />
(„Wahrheitsmesser“) aus Philip Pullmans<br />
„The Golden Compass“ ans Herz gelegt.<br />
Wer dieses wundersame Instrument richtig zu<br />
handhaben weiss, der erhält Antworten auf alle<br />
nur erdenklichen Fragen. Die Erde eine Kartoffel?<br />
Pah! Welche Kartoffelsorte denn?