Kindertheater - elementargermanistik.uni-bremen.de - Universität ...
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BA Fachbezogene Bildungswissenschaft<br />
Hochschuldidaktische Handreichungen<br />
Sprach- und Literaturdidaktik<br />
im Elementarbereich<br />
<strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong><br />
Prof. Dr. Johannes G. Pankau<br />
Geför<strong>de</strong>rt durch die Robert-Bosch-Stiftung<br />
Herausgegeben<br />
von<br />
Jochen Hering<br />
und<br />
Sven Nickel
Hochschuldidaktische Handreichung<br />
<strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong><br />
Prof. Dr. Johannes G. Pankau<br />
Handreichungen zur Entwicklung <strong>de</strong>r<br />
Sprach- und Literaturdidaktik<br />
im Elementarbereich<br />
BA Fachbezogene Bildungswissenschaft<br />
Impressum<br />
Herausgegeben von<br />
Jochen Hering<br />
und<br />
Sven Nickel<br />
Text<br />
Johannes G. Pankau<br />
Layout<br />
Birte Meyer-Wülfing<br />
Foto Titelbild<br />
Photocase<br />
Geför<strong>de</strong>rt durch die<br />
Robert-Bosch-Stiftung<br />
Bremen, Oktober 2007
Ein guter Schauspieler hat immer seine Kindheit in <strong>de</strong>r Hosentasche.<br />
Karl Kraus<br />
Kooperatives <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> Ohmste<strong>de</strong>
Vorwort<br />
Die Reihe<br />
Die „Hochschuldidaktischen Handreichungen“ zur Entwicklung <strong>de</strong>r Sprach- und Literaturdidaktik in <strong>de</strong>r Elementarbildung<br />
sind Teil <strong>de</strong>r Arbeit an <strong>de</strong>r Studiengangsentwicklung „Bachelor of Arts (BA) Fachbezogene Bildungswissenschaften“<br />
an <strong>de</strong>r <strong>Universität</strong> Bremen. In diesem polyvalenten Studiengang können sich Studieren<strong>de</strong> für eine<br />
Tätigkeit im Elementarbereich und/o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Schule qualifizieren. Dieser Studiengang entstand in Zusammenarbeit<br />
eines Hochschulverbun<strong>de</strong>s mit <strong>de</strong>r Robert-Bosch-Stiftung (PiK: Profis in Kitas). Die vorliegen<strong>de</strong>n Bremer<br />
Handreichungen skizzieren ein professionorientiertes Curriculum für die sprachdidaktische und literarischästhetische<br />
Arbeit im Elementarbereich.<br />
www.<strong>elementargermanistik</strong>.<strong>uni</strong>-<strong>bremen</strong>.<strong>de</strong>.<br />
Die Handreichungen sind digital erhältlich unter<br />
Dr. Jochen Hering ist Professor für Literatur- und Mediendidaktik an <strong>de</strong>r <strong>Universität</strong> Bremen.<br />
Dr. Sven Nickel ist Dozent für Didaktik <strong>de</strong>r Schriftsprache an <strong>de</strong>r <strong>Universität</strong> Bremen.<br />
Johannes G. Pankau<br />
Johannes G. Pankau lehrt Germanistik und Rhetorik an <strong>de</strong>n <strong>Universität</strong>en Ol<strong>de</strong>nburg<br />
und Bremen. Er studierte Germanistik, Anglistik, Philosophie und Psychologie in<br />
Münster, Freiburg i. Br. und Berlin; nach <strong>de</strong>m Referendariat in Krefeld arbeitete er<br />
als Lehrer in Berlin. Er wur<strong>de</strong> 1982 an <strong>de</strong>r <strong>Universität</strong> Freiburg i. Br. im Fach Germanistik<br />
promoviert und war von 1983 bis 1987 als Assistant Professor an <strong>de</strong>r University<br />
of Waterloo, Kanada tätig. Ab 1987 war er Dozent an <strong>de</strong>r <strong>Universität</strong> Ol<strong>de</strong>nburg<br />
und habilitierte sich 1993 in Neuerer Deutscher Literaturwissenschaft.<br />
In Lehre und Forschung ist er beson<strong>de</strong>rs interessiert an Kin<strong>de</strong>r- und Jugendliteratur,<br />
Medien, Gegenwartsliteratur und praktischer Rhetorik. In diesen Bereichen legte er<br />
zahlreiche Veröffentlichungen vor.<br />
Johannes G. Pankau: pankau@<strong>uni</strong>-<strong>bremen</strong>.<strong>de</strong>.<br />
Die Herausgeber<br />
Der Autor<br />
Kontakt
Inhalt<br />
Programm <strong>de</strong>s Handbuches_____________________________________________________________ 5<br />
Möglicher Verlauf <strong>de</strong>r Lehrveranstaltung, Medienästhetische und rezeptionsästhetische Grundfragen für die<br />
Arbeit mit Kin<strong>de</strong>rn im Elementar- und Grundschulbereich - Schwerpunkt <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> ________________ 6<br />
1. Einleitung__________________________________________________________________________ 7<br />
Zur Diskussion___________________________________________________________________________ 11<br />
2. Zusammenstellung _________________________________________________________________ 12<br />
Erfahrungen mit Theater und Spiel, Text zur Medienkonkurrenz<br />
3. Was ist ästhetische Erfahrung – was ästhetische Bildung?________________________________ 14<br />
Theoretischer Text, Ästhetische Erziehung im Kin<strong>de</strong>rgarten<br />
4. Spiel – Spieltheorie _________________________________________________________________ 19<br />
Der Stellenwert ästhetischer Bildung in Kin<strong>de</strong>rgarten und Schule und im Kanon <strong>de</strong>r Fächer<br />
5. Drama und Theater _________________________________________________________________ 21<br />
Versuch von Begriffsbestimmungen, Was sind Drama und Theater?<br />
6. Entwicklungsstationen <strong>de</strong>s Theaters und speziell <strong>de</strong>s <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>s _______________________ 28<br />
7. Beispiel __________________________________________________________________________ 33<br />
Arbeit mit einem neueren Stück <strong>de</strong>s <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>s, Vorstellung, Rezension<br />
8. Theaterpädagogik und was man damit machen kann _____________________________________ 36<br />
9. Konzepte: <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> und Emanzipation_____________________________________________ 40<br />
Brecht, GRIPS THEATER<br />
10. Neuere Konzepte__________________________________________________________________ 42<br />
Paul Maar, F.K. Waechter<br />
11. Märchentehater ___________________________________________________________________ 45<br />
Märchenerzähltheater im Kin<strong>de</strong>rgarten<br />
12. Formen <strong>de</strong>s Spiels in Kin<strong>de</strong>rgarten und Grundschule ___________________________________ 47<br />
Rollenspiel, Szenisches Spiel, Jeux Dramatiques, Child Drama<br />
13. Formen <strong>de</strong>s Spiels ________________________________________________________________ 53<br />
Fingerpuppen, Maskenspiel, Pantomime, Improvisation<br />
Anhang_____________________________________________________________________________ 58<br />
Formen <strong>de</strong>s Spiels in Kin<strong>de</strong>rgarten und Grundschule<br />
Merkmale eines Theaters für die Kleinsten<br />
Wichtige Begriffe<br />
Ausgewählte Literatur zum Thema __________________________________________________________ 62<br />
Nützliche Adressen und Weblinks ___________________________________________________________ 65<br />
3
PROGRAMM DES HANDBUCHES<br />
I. Das vorliegen<strong>de</strong> Handbuch verfolgt mehrere Ziele<br />
1. Drama und Theater sollen nicht isoliert dargestellt<br />
wer<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn<br />
a) als Teil <strong>de</strong>r ästhetischen Bildung in schulischer<br />
und vorschulischer Perspektive,<br />
b) im Ensemble <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Medien,<br />
die heute für Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche relevant<br />
sind.<br />
2. In einer theoretischen Darstellung wer<strong>de</strong>n aus<br />
historischer und gattungstheoretischer Sicht<br />
Grundlagen <strong>de</strong>s Dramas und <strong>de</strong>s Theaters in<br />
knapper Form vorgestellt (Einführung in die Gattung<br />
Drama).<br />
3. Die Beschreibung umfasst in beson<strong>de</strong>rem Maße<br />
Formen <strong>de</strong>s Theaterspielens und <strong>de</strong>r Theaterrezeption,<br />
Inszenierungsformen, Technik, Spezifika<br />
<strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>r- und Jugendtheaters, Spielformen<br />
II. Das Handbuch enthält<br />
1. Beschreibungen <strong>de</strong>r relevanten theoretischen<br />
Aspekte<br />
2. Materialien zur Theaterpädagogik, zum darstellen<strong>de</strong>n<br />
und szenischen Spiel<br />
3. Texte zu Motivation, psychologischen Aspekten,<br />
Medienkonkurrenz etc.<br />
4. Beispiele für Texte und Inszenierungen aus verschie<strong>de</strong>nen<br />
Phasen <strong>de</strong>r Entwicklung von <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong><br />
(Einführung in die theaterwissenschaftlichen<br />
Grundlagen).<br />
4. Dies wird auf die heutigen Bedürfnisse und Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
im schulischen und vorschulischen<br />
Bereich bezogen und insbeson<strong>de</strong>re auf die Qualifikationen,<br />
die Lehrer und Erzieher in diesem<br />
Feld brauchen.<br />
5. Einführend wer<strong>de</strong>n bestimmte Stücke und<br />
Stücktypen, Aufführungsformen, Übungsmöglichkeiten<br />
u.ä. an Beispielen vorgestellt.<br />
5. Beispiele zu Strukturelementen <strong>de</strong>s Spiels und<br />
Theateraufführungen (Regie, Darstellung,<br />
Schauspieler, Requisiten, Bühnenbild etc.)<br />
Ein Hinweis zum Gebrauch: Bestimmt sind nicht alle<br />
im Handbuch behan<strong>de</strong>lten Themen und Problemkreise<br />
innerhalb eines Semesters zu bewältigen – die Auswahl<br />
und Schwerpunktbildung durch <strong>de</strong>n Lehren<strong>de</strong>n<br />
ist <strong>de</strong>shalb wesentlich.<br />
5
Möglicher Verlauf <strong>de</strong>r Lehrveranstaltung<br />
Medienästhetische und rezeptionsästhetische Grundfragen für die Arbeit mit Kin<strong>de</strong>rn im<br />
Termin<br />
1.<br />
2.<br />
3.<br />
4.<br />
5.<br />
6.<br />
7.<br />
8.<br />
9.<br />
10.<br />
11.<br />
12.<br />
13.<br />
14.<br />
Thema/Gegenstand<br />
Anhang im Handbuch<br />
Elementar- und Grundschulbereich - Schwerpunkt <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong><br />
Einführung: Vorläufige Begriffsklärung, Ziele <strong>de</strong>r Veranstaltung<br />
Erfahrungen mit Theater und Spiel<br />
Was ist ästhetische Erfahrung – was ästhetische Bildung?<br />
SPIEL – Spieltheorie – <strong>de</strong>r Stellenwert ästhetischer Bildung in Kin<strong>de</strong>rgarten und Schule<br />
Drama und Theater: Versuch von Begriffsbestimmungen<br />
Entwicklungsstationen <strong>de</strong>s Theaters und speziell <strong>de</strong>s <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>s<br />
Beispiel: Suchen von je einem neueren Stück <strong>de</strong>s <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>s: Vorstellung, Rezension<br />
Vorschläge:<br />
� Rudolf Herfurtner: Spatz Fritz. Schauspiel<br />
� Ingeborg von Zadow: Besuch bei Katt und Fredda<br />
� Luis Murschetz: Der Maulwurf Grabowski (Puppentheater)<br />
� Astrid Lindgren: Karlsson vom Dach (Puppentheater)<br />
� Gertrud Pigor: Die zweite Prinzessin<br />
Theaterpädagogik und was man damit machen kann / Konzepte <strong>de</strong>s <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>s (jeweils<br />
mit Vorstellung)<br />
Konzepte: <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> und Emanzipation: Brecht – GRIPS Theater<br />
Neuere Konzepte: Paul Maar, F.K. Waechter<br />
Vorschläge:<br />
� Paul Maar: Kikerikiste<br />
� Friedrich K. Waechter: Der Teufel mit <strong>de</strong>n drei gol<strong>de</strong>nen Haaren (Märchen nach Grimm)<br />
Märchentheater - Märchenerzähltheater im Kin<strong>de</strong>rgarten<br />
� Hänsel und Gretel. Märchenspiel in drei Bil<strong>de</strong>rn. Text von A<strong>de</strong>lheid Wette, Bremer Fassung<br />
von Elke Hei<strong>de</strong>nreich<br />
� Hanna Krall: Das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Märchen<br />
Formen <strong>de</strong>s Spiels in Kin<strong>de</strong>rgarten und Grundschule<br />
a) Rollenspiel, Szenisches Spiel, Jeux Dramatiques, child drama<br />
Formen <strong>de</strong>s Spiels<br />
b) Fingerpuppen, Maskenspiel, Pantomime – Improvisation<br />
Schlussdiskussion: Bilanz und weiterführen<strong>de</strong> Fragen<br />
Formen <strong>de</strong>s Spiels in Kin<strong>de</strong>rgarten und Grundschule: Merkmale eines Theaters für die kleinsten: Wichtige Begriffe<br />
6
Theater? Ein schwieriges Kapitel, gera<strong>de</strong> heutzutage<br />
in Zeiten <strong>de</strong>r Finanznot und <strong>de</strong>r Medienkonkurrenz.<br />
Eine ehrwürdige Institution mit jahrtausen<strong>de</strong>alter Geschichte,<br />
zentrales Unterhaltungs- und Belehrungsmedium<br />
vor <strong>de</strong>m Aufkommen <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Massenmedien<br />
(zunächst <strong>de</strong>s Films seit <strong>de</strong>m späten 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt),<br />
Mittel <strong>de</strong>r ‚höheren’ gymnasialen Bildung<br />
(mit gemeinsamen Besuchen <strong>de</strong>r ‚Klassiker’ im Anschluss<br />
an die Besprechung); Theater ist aber auch<br />
Erinnerung an das Weihnachtsmärchen in <strong>de</strong>r Kindheit,<br />
an das eigene Puppentheater als Geschenk,<br />
Freu<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Laienspielgruppe – also schwierig, teuer,<br />
bildungsbeflissen einerseits, Mittel zum Spaß und zur<br />
kreativen Selbstäußerung an<strong>de</strong>rerseits.<br />
Geht man heute ins ‚normale’ Stadttheater, stellt man<br />
fest: Es überwiegen die älteren Jahrgänge, die sich<br />
<strong>de</strong>m Anlass entsprechend herausgeputzt und vielleicht<br />
auch vorbereitet haben. Den zum Teil auf grelle<br />
Schockeffekte abzielen<strong>de</strong>n Regisseuren, Dramaturgen<br />
und Schauspielern zum Trotz wirkt das Theater<br />
manchmal doch ein wenig verstaubt, Reminiszenz an<br />
eine Zeit, in <strong>de</strong>r es noch eine ‚funktionieren<strong>de</strong>’ (bildungs-)<br />
bürgerliche Öffentlichkeit gab. Als es – für die<br />
bildungsbeflissenen ‚Eliten’ je<strong>de</strong>nfalls – noch ein<br />
‚Muss’ war, ab und zu auch das Theater zu frequentieren.<br />
Das Theater also eine Institution von gestern o<strong>de</strong>r<br />
vorgestern, die ‚moralische Anstalt’ (in Schillers Sinne)<br />
lediglich noch eine Erwähnung in Handbüchern wert?<br />
An<strong>de</strong>rerseits: Spricht man mit jungen Leuten, stellt<br />
man fest, dass das Theater durchaus noch eine gewisse<br />
Faszinationskraft hat, selbst wenn die Sprechen<strong>de</strong>n<br />
es nicht mehr häufig besuchen. Und immer<br />
wie<strong>de</strong>r weisen sie auf <strong>de</strong>n Zugang von Kin<strong>de</strong>rn hin:<br />
beim Spielen überhaupt, beim Kasperle- o<strong>de</strong>r Marionettentheater;<br />
sie sprechen von <strong>de</strong>r Begeisterung bei<br />
Theateraufführungen von Gruppen, von <strong>de</strong>n Möglichkeiten<br />
<strong>de</strong>r Improvisation. In <strong>de</strong>n Blick tritt, was so nur<br />
im theatralen Spiel möglich zu sein scheint, dort wo<br />
nicht einfach eine Geschichte erzählt o<strong>de</strong>r filmisch<br />
vorgeführt wird, son<strong>de</strong>rn eine leibhaftige Aktion stattfin<strong>de</strong>t,<br />
eine Komm<strong>uni</strong>kation <strong>de</strong>r nahen Körper, wo es<br />
je<strong>de</strong>s Mal, selbst bei vorgegebenem Spieltext, etwas<br />
an<strong>de</strong>rs ist.<br />
Offensichtlich hat die Fähigkeit, theatrales Spiel zu<br />
genießen und selbst lustvoll ausüben zu können, etwas<br />
mit Erfahrung zu tun, mit Sozialisation, mit Erziehung<br />
schon im frühen Kin<strong>de</strong>salter. Es gibt zahlreiche<br />
1. EINLEITUNG<br />
Ansätze in <strong>de</strong>r Pädagogik und speziell <strong>de</strong>r Theaterpädagogik,<br />
in Schulen und Kin<strong>de</strong>rgärten, in freien Gruppen<br />
und etablierten Theatern, das Theater für die<br />
Kleinen und Kleinsten zu entwickeln, theoretisch zu<br />
begrün<strong>de</strong>n und praktisch durchzuführen. Und für die<br />
in <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Institutionen Tätigen – LehrerInnen,<br />
ErzieherInnen vor allem – ist es eine spannen<strong>de</strong><br />
Möglichkeit, eine Sphäre zu entwickeln, die neben<br />
<strong>de</strong>r reinen Bildungsfunktion vor allem auch Spaß bereiten<br />
und zu<strong>de</strong>m das künstlerisch-ästhetische Empfin<strong>de</strong>n<br />
von Kin<strong>de</strong>rn ausdrücken und entwickeln kann.<br />
Dies konsequent und systematisch zu tun, ist jedoch<br />
nicht einfach, es braucht die Bereitschaft zum spontanen<br />
Ausprobieren, aber auch Kenntnisse <strong>de</strong>r Voraussetzungen<br />
und Bedürfnisse von Kin<strong>de</strong>rn, ebenso auch<br />
Kenntnisse <strong>de</strong>r Geschichte und <strong>de</strong>r vielfältigen Ansätze<br />
einer uralten Kunst. Dies soll in diesem Handbuch<br />
durch die Vermittlung theoretischen Wissens, durch<br />
Erwägungen und praktische Hinweise, auch durch<br />
Beispiele geschehen.<br />
Bei <strong>de</strong>r Beschäftigung mit diesem Gegenstandsbereich<br />
ist jeweils zu fragen:<br />
1. Wie ist meine eigene Haltung zum Theater – wo<br />
liegen meine Gefühle von Abwehr, Zuneigung,<br />
meine Hemmungen, meine Experimentier- und<br />
Improvisierlust? Theater und Theaterspiel hat<br />
immer – für Mitspieler wie Zuschauer – zu tun<br />
mit inneren Befindlichkeiten und individuellen<br />
Entwicklungen, <strong>de</strong>nn beim Spiel ‚entblößen’ wir<br />
uns, geben einen Teil von uns preis – ob wir wollen<br />
o<strong>de</strong>r nicht.<br />
2. Was kann ich über die Dispositionen, Ängste,<br />
Neigungen <strong>de</strong>rjenigen erfahren, mit <strong>de</strong>nen zusammen<br />
ich Theater spiele (o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Formen<br />
<strong>de</strong>s Spiels ausprobiere)? Wie kann ich spezielle<br />
Formen verstehen und neue Formen erproben?<br />
Auf welche Formen <strong>de</strong>r Motivation o<strong>de</strong>r<br />
auch <strong>de</strong>r Abwehr ist zu achten.<br />
Wir wer<strong>de</strong>n uns in diesen Zusammenhängen auch mit<br />
<strong>de</strong>m Begriff <strong>de</strong>s Spiels beschäftigen: Denn nicht je<strong>de</strong>s<br />
Spiel ist auch Theaterspiel, aber zwischen <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen<br />
Formen – vom frühen kindlichen Rollenspiel<br />
bis zur Aufführung <strong>de</strong>s „Faust“ bestehen doch<br />
Korrespon<strong>de</strong>nzen und innere Bezüge, die erst in <strong>de</strong>r<br />
Entfaltung <strong>de</strong>s Spielbegriffs durchsichtig wer<strong>de</strong>n.<br />
Was spricht <strong>de</strong>nn nun für und gegen das Theater?<br />
Ergebnisse aus Gesprächen zu diesem Thema mit<br />
Studieren<strong>de</strong>n in verschie<strong>de</strong>nen Kursen:<br />
7
Was gegen das Theater spricht (Vorurteile)<br />
Dass Schule, Lesen, Bildung überhaupt bis heute in<br />
starkem Maße schichtenspezifischen Bedingungen<br />
und Selektionsprinzipien folgt, ist bekannt. Ebenso,<br />
dass dies in Deutschland wesentlich stärker ist als in<br />
an<strong>de</strong>ren Län<strong>de</strong>rn.<br />
In beson<strong>de</strong>rs engem Maße ist das Theater als Institution<br />
und <strong>de</strong>ssen Rezeption mit <strong>de</strong>r Entwicklung bildungsbürgerlicher<br />
Sozialisations- und Lebensformen<br />
verknüpft. Das Stadttheater, das Abonnement – trotz<br />
aller Versuche einer Verbreiterung <strong>de</strong>r Basis kann man<br />
sich auch heute noch je<strong>de</strong>n Abend davon überzeugen,<br />
dass es sich hier um eine mehr o<strong>de</strong>r weniger exklusive<br />
Bildungs- und auch Repräsentationsinstitution han<strong>de</strong>lt.<br />
Um einen Zugang zu <strong>de</strong>n vielfältigen Spielarten<br />
Gera<strong>de</strong> unter Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen steht das<br />
Theater oft im Geruch, eine Institution ‚von gestern’ zu<br />
sein, etwas für ältere Leute, Erwachsene im Allgemeinen,<br />
Lehrer und Erzieher. Auch dies kann zu einer<br />
Schwellenangst <strong>de</strong>r potentiellen Rezipienten führen,<br />
die wir bei <strong>de</strong>n meisten hochkulturellen Produkten und<br />
Institutionen antreffen, beim Museum, <strong>de</strong>r Galerie,<br />
<strong>de</strong>m Konzertsaal.<br />
Dieses Gefühl, mit etwas ‚Gestrigem’ konfrontiert zu<br />
sein, hat sich seit <strong>de</strong>m Aufkommen <strong>de</strong>r ‚neuen Medien’,<br />
Internet, DVD, Vi<strong>de</strong>ospiele etc. noch gesteigert.<br />
Bereits mit <strong>de</strong>m Aufkommen <strong>de</strong>s Kinofilms im späten<br />
19. Jahrhun<strong>de</strong>rt trat dieses neue Vermittlungsmedien<br />
in Konkurrenz zum ‚traditionellen’ Theater, an <strong>de</strong>ssen<br />
Gestaltungsprinzipien <strong>de</strong>r Film sich <strong>de</strong>nnoch lange<br />
orientierte (zum Teil bis heute: ‚drama’ ist die englische<br />
Bezeichnung für konventionelle, gefühlsbetonte<br />
Spielfilme). Beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>utlich ist <strong>de</strong>r Prozess von<br />
Medieninter<strong>de</strong>pen<strong>de</strong>nz und –emanzipation am Fernsehen<br />
zu beobachten, das in Deutschland zu Beginn<br />
<strong>de</strong>r 1950er Jahre aufkam. Hier entstand nicht nur<br />
<strong>de</strong>m Kino eine ernsthafte Konkurrenz, son<strong>de</strong>rn noch<br />
einmal auch <strong>de</strong>m Theater. Allerdings war das Fernsehen<br />
zunächst nur eine Form <strong>de</strong>r Unterhaltung und<br />
Belehrung für eine Min<strong>de</strong>rheit, da erst im Verlaufe <strong>de</strong>r<br />
1960er Jahre eine flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong> Versorgung mit<br />
Geräten stattfand. In dieser Entstehungszeit fungierte<br />
das öffentlich-rechtliche Fernsehen noch in starkem<br />
Maße als Vermittler sowohl <strong>de</strong>s klassischen Bühnenrepertoires<br />
als auch <strong>de</strong>s <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>s (Puppenspiel).<br />
Theater und Drama begegnen <strong>de</strong>n meisten Menschen<br />
schulisch fast ausschließlich über das Pensum <strong>de</strong>s<br />
Deutschunterrichts, in selteneren Fällen gibt es eine<br />
Ein Vergnügen für die gebil<strong>de</strong>te Oberschicht<br />
<strong>de</strong>s Theatralischen zu gewinnen, braucht es im Normalfall<br />
Bildung, Muße – und Geld.<br />
Diese ‚Abgehobenheit’ <strong>de</strong>s Theaters gab es nicht immer<br />
– und in <strong>de</strong>n Abschnitten zur Geschichte <strong>de</strong>s<br />
Theaters wer<strong>de</strong>n wir auf die wichtigen Verän<strong>de</strong>rungen<br />
eingehen. An dieser Stelle ist die Feststellung wichtig,<br />
weil die Verwendung von Dramen und Theater insgesamt<br />
für die Arbeit mit Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen, in<br />
Schulen und Kin<strong>de</strong>rgärten mit <strong>de</strong>n bestehen<strong>de</strong>n Bedingungen<br />
rechnen muss, d.h. auch einer spontanen<br />
Abwehrstellung sowohl gegen <strong>de</strong>n Theaterbesuch als<br />
auch gegen das Theaterspielen bei <strong>de</strong>n hier in Frage<br />
stehen<strong>de</strong>n Zielgruppen.<br />
Eine veraltete Kunstform<br />
Verstand sich das Fernsehen zunächst noch primär<br />
als Bildungsmittel und setzte <strong>de</strong>shalb häufig auf ‚abfotografiertes’<br />
Theater in verschie<strong>de</strong>nen Ausprägungen<br />
– von <strong>de</strong>r Staatstheater Schiller-Aufführung bis zum<br />
trivialen Millowitsch-Theater aus Köln - so verschwand<br />
diese Funktion durch das Entstehen <strong>de</strong>r privaten TV-<br />
Kanäle und <strong>de</strong>s Kabel-, bzw. Satellitenfernsehens<br />
zunehmend. Ins Fernsehen gebrachte Theateraufführungen<br />
sind heute nur noch vereinzelt auf Bildungskanälen<br />
wie 3-SAT, ARTE o<strong>de</strong>r manchmal in <strong>de</strong>n Dritten<br />
Programmen <strong>de</strong>r öffentlich-rechtlichen Sen<strong>de</strong>r zu sehen.<br />
Dass das Theater in Deutschland immer noch auf<br />
einem – verhältnismäßig! – gesicherten Bo<strong>de</strong>n steht,<br />
ist nur einem überkommenen staatlichen Subventionierungssystem<br />
zuzuschreiben, das allerdings immer<br />
brüchiger wird, wie jüngst etwa die Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen<br />
<strong>de</strong>s Bremer Intendanten Klaus Pierwoß mit<br />
<strong>de</strong>n Kulturbehör<strong>de</strong>n zeigten.<br />
Wer heute Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche mit Formen <strong>de</strong>s<br />
Theatralischen als Konsumenten wie Akteure bekannt<br />
machen will, muss <strong>de</strong>n hier ange<strong>de</strong>uteten Sachverhalt<br />
in Rechnung ziehen: vor allem die noch immer zunehmen<strong>de</strong><br />
Beeinflussung <strong>de</strong>r Seh- und Hörgewohnheiten<br />
von Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen durch die elektronischen<br />
Medien, die mit ihre oft grellen Reizen <strong>de</strong>m auf<br />
einen Ort und die menschliche Repräsentanz beschränkten<br />
Theater überlegen scheinen.<br />
Etwas, das einem durch die Schule verlei<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong><br />
Theater-AG (meist in <strong>de</strong>n Oberstufen <strong>de</strong>r Gymnasien),<br />
eine Min<strong>de</strong>rheit von Schülern (und Lehrern) engagiert<br />
sich in Amateurtheatern o<strong>de</strong>r bei entsprechen<strong>de</strong>n<br />
8
Projekten. In <strong>de</strong>n Schulen gibt es das „Darstellen<strong>de</strong><br />
Spiel“ (dazu später) erst seit einiger Zeit und vereinzelt,<br />
in <strong>de</strong>n meisten Fällen in <strong>de</strong>r Sekundarstufe II.<br />
Ansonsten gilt es für die <strong>de</strong>utsche Situation (im Gegensatz<br />
etwa zu <strong>de</strong>n angelsächsischen Län<strong>de</strong>rn, wo es<br />
an <strong>Universität</strong>en, Colleges und High Schools meist<br />
eigene ‚Drama Departments’ gibt) festzuhalten: Die<br />
Möglichkeiten <strong>de</strong>s Theatralischen wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Besprechung<br />
von Dramen im Deutschunterricht kaum je<br />
ausgelotet, vielmehr rezipiert man dort Theaterstücke<br />
weitgehend wie epische o<strong>de</strong>r lyrische literarische Tex-<br />
Was für das Theater spricht (Argumente, Erfahrungen)<br />
Erschweren auch die hier angesprochenen Ten<strong>de</strong>nzen<br />
in Deutschland eine Arbeit mit <strong>de</strong>m Drama und <strong>de</strong>m<br />
Theater auf <strong>de</strong>r Ebene von Schul- und Vorschuleinrichtungen<br />
zunächst, so heißt dies keineswegs, dass es<br />
unmöglich ist, Lust an theatralen Erfahrungen zu wecken.<br />
Es kommt aber darauf an, Motivation und Lust<br />
zu wecken sowohl für <strong>de</strong>n Genuss am Theater als<br />
auch für die eigenen theatralen Aktivitäten. Aufbauen<br />
kann man hier auf eine Voraussetzung, die schon viele<br />
Menschen an sich erfahren haben und die <strong>de</strong>r bekannte<br />
Theatermann Max Reinhardt so formulierte:<br />
„Ich glaube an die Unsterblichkeit <strong>de</strong>s Theater. Es ist<br />
<strong>de</strong>r seligste Schlupfwinkel für diejenigen, die ihre<br />
Kindheit heimlich in die Tasche gesteckt und sich<br />
damit auf und davon gemacht haben, um bis an ihr<br />
Lebensen<strong>de</strong> weiterzuspielen.“ 1<br />
Das ist etwas poetisch, aber sehr plastisch ausgedrückt,<br />
die Äußerung schafft eine Verbindung auch<br />
zum Thema dieses Handbuchs. Offensichtlich han<strong>de</strong>lt<br />
es sich bei <strong>de</strong>r Lust am Theater um etwas, das – so<br />
könnte man sagen – anthropologisch fundiert ist: um<br />
die eigentlich kindliche Lust am Spielen, am körperlichen<br />
und sprachlichen Ausdruck, um das, was Schiller<br />
so fasste:<br />
„Denn, um es endlich auf einmal herauszusagen, <strong>de</strong>r<br />
Mensch spielt nur, wo er in voller Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s<br />
Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo<br />
er spielt.“ 2<br />
Wir wer<strong>de</strong>n auf diese anthropologische Grundlegung<br />
<strong>de</strong>s Spiels später noch einmal im Zusammenhang mit<br />
Schillers Vorstellung <strong>de</strong>r ästhetischen Bildung zu sprechen<br />
kommen, im Augenblick soll es genügen darauf<br />
hinzuweisen, dass das Spiel allgemein und das<br />
theatrale Spiel als Son<strong>de</strong>rfall in <strong>de</strong>r Kindheit, aber in<br />
gewissen Grenzen auch immer wie<strong>de</strong>r später im Leben,<br />
geweckt und geför<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Übrigens lässt sich die beson<strong>de</strong>re Affinität <strong>de</strong>s Spiels<br />
und <strong>de</strong>s Theaters mit <strong>de</strong>m Persönlichen und Menschlichen<br />
von vielen Seiten her begrün<strong>de</strong>n, etwa auch von<br />
<strong>de</strong>r psychologischen. So verband Sigmund Freud in<br />
te, auch wenn sie manchmal gemeinsam gelesen o<strong>de</strong>r<br />
einige Teile szenisch vorgeführt wer<strong>de</strong>n. Gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>n<br />
sogenannten Klassikern haftet durch diese Behandlung<br />
im Deutschunterricht meist etwas Papierenes,<br />
Totes an. Übrigens sind in <strong>de</strong>n meisten Fällen die<br />
Deutschlehrer auch gar nicht in <strong>de</strong>r Lage, das Theatralische<br />
eines dramatischen Textes zum Vorschein zu<br />
bringen, <strong>de</strong>nn sie selbst sind durch ihre philologische<br />
Ausbildung eher ‚Buchstabengelehrte’, es sei <strong>de</strong>nn,<br />
sie hätten individuell hier ein Rüstzeug erworben.<br />
seinem Aufsatz „Psychopathische Personen auf <strong>de</strong>r<br />
Bühne“ von 1904, nun auf <strong>de</strong>n Zuschauer bezogen,<br />
„das Austoben <strong>de</strong>r eigenen Affekte“ 3 qua I<strong>de</strong>ntifizierung<br />
mit <strong>de</strong>r traditionellen Kategorie <strong>de</strong>r kathartischen<br />
Wirkung (s. später zur Dramentheorie). Das Theater ist<br />
für Autor wie Zuschauer von <strong>de</strong>n Affektrestriktionen<br />
<strong>de</strong>s Alltags weitgehend befreit und bietet so die Möglichkeit,<br />
in einem gefahrlosen, d. h. spielerischen<br />
Raum die unterdrückten Strebungen, Größen- und<br />
Allmachtsphantasien auszuagieren, da <strong>de</strong>r Illusionscharakter<br />
<strong>de</strong>m Bewusstsein stets präsent bleibt.<br />
Das Spielen im Theater und im Drama hat also etwas<br />
Kompensatorisches, es erlaubt in einem kontrollierten<br />
Rahmen etwas, das im ‚wirklichen’ Leben uns allen –<br />
und auch bereits <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn – in größerem Ausmaß<br />
verwehrt bleibt, das Ausleben von Phantasien und<br />
Gefühlen. In Freuds Sprache:<br />
„Der Zuschauer erlebt zu wenig, [...] er hat seinen<br />
Ehrgeiz, als Ich im Mittelpunkt <strong>de</strong>s Weltgetriebes zu<br />
stehen, längst dämpfen, besser verschieben müssen,<br />
er will fühlen, wirken, alles so gestalten, wie er möchte,<br />
kurz Held sein, und die Dichter-Schauspieler ermöglichen<br />
ihm das, in<strong>de</strong>m sie ihm die I<strong>de</strong>ntifizierung<br />
mit einem Hel<strong>de</strong>n gestatten.“ 4<br />
Hier kann auch die beson<strong>de</strong>re Relevanz <strong>de</strong>s Theatralischen<br />
für eine ‚neue’ Schule liegen, die in ihrer Normalform<br />
immer noch – und vielleicht nach PISA sogar<br />
in steigen<strong>de</strong>m Maße – die rein intellektuell-kognitive<br />
Seite betont und einseitig schult, das Wissen gegenüber<br />
<strong>de</strong>m Können und Aneignen. Zur Situation etwa<br />
im Kin<strong>de</strong>rgarten stellt dazu die Lan<strong>de</strong>sarbeitsgemeinschaft<br />
Theaterpädagogik Ba<strong>de</strong>n-Württemberg fest:<br />
„Auf die Erzieherinnen kommen nach „Pisa“ durch die<br />
Eltern und Gesellschaft immer weitere Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
zu. So sollen jetzt Vorschulprogramme zum Deutschlernen<br />
hergestellt wer<strong>de</strong>n, damit die Kin<strong>de</strong>r einen<br />
besseren Start in <strong>de</strong>r Grundschule haben. Hier besteht<br />
die Gefahr, schulisches Lernen schon auf <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rgartenbereich<br />
anzuwen<strong>de</strong>n und die wun<strong>de</strong>rbaren<br />
Fähigkeiten <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r, sich <strong>de</strong>r Welt spielerisch und<br />
ganzheitlich zu nähern, zu vergessen. Kin<strong>de</strong>r lernen<br />
9
spielerisch, sie lernen mit allen Sinnen, sie setzen sich<br />
im Spiel aktiv mit ihrer Umwelt auseinan<strong>de</strong>r und erweitern<br />
ihren Wortschatz. Sie trainieren Konzentrationsfähigkeit<br />
und Phantasie, weil sie im Spiel ganz bei <strong>de</strong>r<br />
Sache sind.“ 5<br />
Es fällt also nicht beson<strong>de</strong>rs schwer, gera<strong>de</strong> heute die<br />
Relevanz <strong>de</strong>r ästhetischen Bildung und vor allem <strong>de</strong>s<br />
Theaterspielens und –sehens für Bildungsprozesse zu<br />
begrün<strong>de</strong>n. Auch für die sogenannte ‚Medienkonkurrenz’<br />
gilt dies – und zwar in zweifacher Weise. Wie <strong>de</strong>r<br />
Theaterwissenschaftler Patrick Primavesi jüngst feststellte,<br />
kann sich diese Reaktionsbildung in zweifacher<br />
Weise vollziehen: als Inter<strong>de</strong>pen<strong>de</strong>nz o<strong>de</strong>r aber auch<br />
als ‚Gegenmo<strong>de</strong>ll’:<br />
„Das Theater wird immer mehr <strong>de</strong>n medialen Kontext<br />
reflektieren. Dieser Kontext bestimmt die ‚Sprachen<br />
<strong>de</strong>r Bühne’. Theater greift also die Medien auf, das<br />
erleben wir ja schon öfter. Aber es gibt auch einen<br />
an<strong>de</strong>ren Weg. Man wird in Zukunft nicht nur Räume<br />
brauchen, die sich von <strong>de</strong>r Medienwelt inspirieren<br />
lassen, son<strong>de</strong>rn auch solche, die gera<strong>de</strong> nicht durch<br />
die Geschwindigkeit <strong>de</strong>r Medien <strong>de</strong>finiert sind, son<strong>de</strong>rn<br />
durch ungewohnte Konzentration.“ 6<br />
Anmerkungen<br />
1Max Reinhardt: Re<strong>de</strong> über <strong>de</strong>n Schauspieler (veröff. 1947).<br />
2Friedrich Schiller: Über die ästhetische Erziehung <strong>de</strong>s Menschen, in einer Reihe von Briefen. In: Schillers Werke. IV. Bd. Frankfurt/M.,<br />
S. 238.<br />
3Sigmund Freud: Studienausgabe. Bd. 10. Frankfurt/M. 1969, S. 163.<br />
4Ebd.<br />
5Deutsch durch Theater. Qualifizierungsmo<strong>de</strong>ll für Erzieherinnen <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarbeitsgemeinschaft Theaterpädagogik Ba<strong>de</strong>n-<br />
Württemberg zur ganzheitlichen Sprachför<strong>de</strong>rung im Vorschulalter (http://www.lag-theater-paedagogik.<strong>de</strong>/PDF/Deutsch).<br />
6Perspektiven <strong>de</strong>s Theaters. Ein Fest, das sich selbst zuschaut. Interview mit Hans-Thies Lehmann. In: Frankfurter Rundschau v.<br />
26.09.2007.<br />
10
Ein prominenter Theatermann polemisiert gegen das heutige Theater<br />
Frank-Patrick Steckel<br />
Zur Diskussion<br />
Die Bremer Tageszeitung „Weser Kurier“ berichtete unter <strong>de</strong>m Titel „Wir wer<strong>de</strong>n immer dümmer“ in ihrer Ausgabe<br />
vom 21. Januar 2008 über das Theatertreffen <strong>de</strong>r Hansestadt und referierte provokative Äußerungen <strong>de</strong>s ehemaligen<br />
Oberspielleiters Schauspiel Frank-Patrick Steckel, <strong>de</strong>ssen Inszenierung von Brechts „Die heilige Johanna <strong>de</strong>r<br />
Schlachthöfe“ gera<strong>de</strong> im Theater am Goetheplatz läuft. Hier einige Auszüge:<br />
„Steckel nutzte <strong>de</strong>n Abend als Generalabrechnung mit theatralen, wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen<br />
Entwicklungen. ‚Das Theater beteiligt sich heutzutage an <strong>de</strong>m Verblödungsprozess, <strong>de</strong>r Theater überflüssig<br />
macht’, prangerte Steckel die ‚Unmündigkeit <strong>de</strong>s Publikums’ an. Diejenigen unter <strong>de</strong>n Theatermachern,<br />
die keine Überzeugungstäter, son<strong>de</strong>rn Opport<strong>uni</strong>sten seien, wür<strong>de</strong>n sofort die Theaterrichtung<br />
än<strong>de</strong>rn, sobald das Publikum wegbleibe.<br />
‚Aber heute ist ja nur das gutes Theater, das in <strong>de</strong>r Presse Erfolg hat’, monierte <strong>de</strong>r gebürtige Berliner ‚<strong>de</strong>n<br />
Gleichschaltungsprozess in <strong>de</strong>n Feuilletons’. We<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Publikum noch <strong>de</strong>n Feuilletonisten wür<strong>de</strong> offenbar<br />
auffallen, dass viele Schauspieler und Regisseure überhaupt nicht mehr ihr Handwerk beherrschen. ‚Die<br />
Texte wer<strong>de</strong>n nicht dümmer, wir wer<strong>de</strong>n dümmer. Es gab eine Zeit, in <strong>de</strong>r Shakespeare-Stücke noch verstan<strong>de</strong>n<br />
wur<strong>de</strong>n, insofern ist mein Theaterplanet schon längst aus dieser Galaxie verschwun<strong>de</strong>n’, so Frank-<br />
Patrick Steckel. ‚Ohnehin wer<strong>de</strong>n die bun<strong>de</strong>s<strong>de</strong>utschen Spielpläne immer synchroner. Wo, bitte, ist heute<br />
noch ein Stück von Hans Henny Jahnn, Ernst Barlach o<strong>de</strong>r August Strindberg auf <strong>de</strong>r Bühne zu sehen?’<br />
[…]<br />
Die ‚Heilige Johanna’ hält Steckel für brennend aktuell. […] Das Stück han<strong>de</strong>le von <strong>de</strong>r ‚ökonomischen Degradierung<br />
<strong>de</strong>s Menschen’, so Steckel. Und das Theater führe sich selbst ad absurdum, wenn es nicht<br />
mehr Position gegen die Menschenverachtung beziehe.“<br />
11
2. Zusammenstellung<br />
Erfahrungen mit Theater und Spiel<br />
Die heutige Situation: Medienkonkurrenz<br />
Je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r sich heute mit <strong>de</strong>n Möglichkeiten <strong>de</strong>s Theaters<br />
und <strong>de</strong>s Theaterspielens für Kin<strong>de</strong>r ernsthaft<br />
beschäftigt, muss eine Situation ins Auge fassen, in<br />
<strong>de</strong>r diese alte Form <strong>de</strong>s kreativen Ausdrucks nur eine<br />
unter vielen ist, dies gilt für die Produktion, vor allem<br />
aber für die Rezeption.<br />
Nur ein kurzer Blick auf die Geschichte: Bücher (und<br />
Zeitschriften) speziell für Kin<strong>de</strong>r erscheinen seit <strong>de</strong>m<br />
18. Jahrhun<strong>de</strong>rt, und nicht nur in <strong>de</strong>r Entstehungszeit<br />
<strong>de</strong>r Aufklärung waren sie häufig von pädagogischen<br />
Implikationen <strong>de</strong>r Autoren bestimmt – erfüllten aber<br />
gleichzeitig auch die Unterhaltungsbedürfnisse <strong>de</strong>s<br />
jugendlichen Publikums. Theater für Kin<strong>de</strong>r war als<br />
Schultheater bereits seit <strong>de</strong>m Humanismus bekannt,<br />
vom Puppentheater berichten Goethe und viele an<strong>de</strong>re<br />
Dichter in ihren Erinnerungen (darauf wer<strong>de</strong>n wir<br />
später eingehen), von einem eigenständigen <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>,<br />
das die Bedürfnisse und Erfahrungen <strong>de</strong>s<br />
Publikums ernst nahm, kann man jedoch eigentlich<br />
Mediatisierung <strong>de</strong>r Kindheit<br />
Text zur Medienkonkurrenz<br />
erst seit <strong>de</strong>n 1920er Jahren, stärker noch nach 1945<br />
re<strong>de</strong>n.<br />
Immer größere Be<strong>de</strong>utung erhielten seit Beginn <strong>de</strong>s<br />
20. Jahrhun<strong>de</strong>rts die technischen, audiovisuellen<br />
Medien, zunächst das Kino, das lange Zeit hindurch<br />
für Kin<strong>de</strong>r vor allem Märchen adaptierte, später dann<br />
natürlich das Fernsehen, Vi<strong>de</strong>o, heute in immer noch<br />
zunehmen<strong>de</strong>m Maße Computerspiele und das Internet.<br />
Alle diese Medien, die vor allem mächtigen kommerziellen<br />
Interessen unterworfen sind, haben eines<br />
gemeinsam: Sie sind bunt, häufig grell, schnell in <strong>de</strong>r<br />
Bil<strong>de</strong>rfolge, oft sensationalistisch im Aufbau, höchst<br />
attraktiv auch für kleinere Kin<strong>de</strong>r. Es ist selbstverständlich,<br />
dass Produktion wie Rezeption von Theater<br />
davon nicht unbeeinflusst bleiben kann. In wie starkem<br />
Maße die neuen Medien Erlebnis- und Lernformen<br />
<strong>de</strong>r Kindheit bestimmen, zeigt ein Artikel <strong>de</strong>s<br />
Medienwissenschaftlers Heidtmann, <strong>de</strong>n wir hier auszugsweise<br />
vorstellen:<br />
In kaum mehr als zwei Jahrzehnten hat sich die gesellschaftliche Komm<strong>uni</strong>kation –und damit auch die Medienlandschaft<br />
- drastisch verän<strong>de</strong>rt. Neue Medien sind zur Aufrechterhaltung komplexer Komm<strong>uni</strong>kationsstrukturen,<br />
sind für das Funktionieren von Politik, Wirtschaft und Kultur notwendig gewor<strong>de</strong>n. Für die Bewußtseins-<br />
und Meinungsbildung sind die Printmedien schon längst nicht mehr die Leitmedien. Entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Zäsuren waren für uns in Westeuropa die etwa 1981 beginnen<strong>de</strong> Nutzung von Micro- o<strong>de</strong>r Personalcomputern,<br />
war die Vernetzung von Computern durch das WorldWi<strong>de</strong>Web, das seit 1982 auch Bild- und<br />
Audiodateien transportieren kann, und war die Einführung <strong>de</strong>s dualen Rundfunksystems Mitte <strong>de</strong>r 1980er<br />
Jahre, die eine seit<strong>de</strong>m stetig steigen<strong>de</strong> Zahl von TV-Programmen zur Folge hatte. Kin<strong>de</strong>r wachsen heute in<br />
einer audiovisuell und multimedial geprägten Umwelt auf. In praktisch allen Haushalten sind Fernseh- wie<br />
Audiogeräte mehrfach vorhan<strong>de</strong>n. Mehr als 90 % <strong>de</strong>r bun<strong>de</strong>s<strong>de</strong>utschen Haushalte können über Kabelanschluß<br />
o<strong>de</strong>r Satellit auf mehrere Dutzend TV-Programme zugreifen. Familien mit Kin<strong>de</strong>rn verfügen im<br />
Regelfall über Vi<strong>de</strong>orecor<strong>de</strong>r und zunehmend auch DVD-Player. Mehr als die Hälfte aller <strong>de</strong>utschen Haushalte<br />
besitzt En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jahres 2001 min<strong>de</strong>stens einen Personalcomputer. Haushalte mit schulpflichtigen<br />
Kin<strong>de</strong>rn weisen eine überdurchschnittliche Ausstattung mit PCs und an<strong>de</strong>rer Medienhardware auf. So liegt -<br />
laut GfK [Gesellschaft für Konsumforschung e. V.]- <strong>de</strong>r PC-Besitz in Haushalten mit Kin<strong>de</strong>rn bei gegenwärtig<br />
75 Prozent, in Haushalten mit Kin<strong>de</strong>rn, die das Gymnasium besuchen, noch knapp 10 Prozent höher.4 Die<br />
Zahl <strong>de</strong>r Internetnutzer verdoppelt sich gegenwärtig weltweit jährlich. Mehr als 30 Prozent <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />
Haushalte waren En<strong>de</strong> 2000 online. Weltweit haben mehr als 400 Millionen Menschen einen Online-<br />
Zugang. Die technologischen Grundlagen für die vollständige Digitalisierung <strong>de</strong>r Telekomm<strong>uni</strong>kation sind<br />
<strong>de</strong>rzeit bereits vorhan<strong>de</strong>n.<br />
[...]<br />
12
Mediale Freizeitbeschäftigungen von Kin<strong>de</strong>rn<br />
Bei Jugendlichen ist die Attraktivität <strong>de</strong>s Fernsehbildschirms gegenwärtig zwar etwas rückläufig, im Kin<strong>de</strong>ralltag<br />
spielt dieser nach wie vor eine dominante Rolle als Unterhaltungsmedium und Sozialisationsfaktor.<br />
Für Kin<strong>de</strong>r im Kleinkind- und Vorschulalter ist das Fernsehen seit Jahren <strong>de</strong>r wichtigste Geschichtenerzähler.<br />
Täglich bekommen sie kurze Episo<strong>de</strong>n, Geschichten in Form von Serienfolgen und Spielfilmen erzählt,<br />
unter Umstän<strong>de</strong>n mehr als 1.000 Geschichten im Jahr. Nur noch ein Bruchteil <strong>de</strong>r bis zum Beginn <strong>de</strong>r<br />
Schulzeit rezipierten Geschichten erreicht Kin<strong>de</strong>r durch die gemeinsame Lektüre von Büchern in <strong>de</strong>r Familie<br />
o<strong>de</strong>r durch Vorlesen.<br />
Quelle<br />
Horst Heidtmann: Aufwachsen im Mediendschungel. Aktuelle Ten<strong>de</strong>nzen <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rmedienentwicklung. In: Aktion Jugendschutz Ba<strong>de</strong>n-Württemberg<br />
(Hg.): Gewalt in <strong>de</strong>n Medien. Stuttgart 2002, S. 33-51.<br />
Dass das <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> angesichts <strong>de</strong>r Medienkonkurrenz<br />
heute eher in <strong>de</strong>n Hintergrund gerät, stellt ebenfalls<br />
Heidtmann fest: „Wichtiger als das weihnachtliche<br />
Bühnenmärchen sind seit langem die kommerziellen<br />
Leinwandspektakel, die aufwendig beworbenen<br />
Erstaufführungen von Hollywoodgroßproduktionen in<br />
<strong>de</strong>r Weihnachtszeit, von Disney- und Spielberg-Filmen,<br />
die heute die ganze Familie in die Kinos locken.“ 7<br />
Nicht nur übernehmen Medien wie das Fernsehen<br />
Bühneninszenierungen (etwa aus <strong>de</strong>m Puppen- und<br />
Figurentheater). Die audiovisuellen Medien sind selber<br />
stark von dramatischen und dramaturgischen Prinzipien<br />
bestimmt, die aus <strong>de</strong>m traditionellen Drama und<br />
Theater stammen, durch die technischen Produktionsbedingungen<br />
und die Zurichtung auf ein Massenpublikum<br />
jedoch verän<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n (und teilweise<br />
wie<strong>de</strong>rum zurückwirken auf die Gestaltung in <strong>de</strong>n<br />
Theatern). Festzustellen ist dies schon früh beim Märchen:<br />
Diese wur<strong>de</strong>n bereits im 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt im<br />
Theater erfolgreich für Kin<strong>de</strong>r aufbereitet, zu Beginn<br />
<strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong>de</strong>rts dann zunehmend vom Film, <strong>de</strong>r<br />
7Vgl. Horst Heidtmann. Kin<strong>de</strong>rmedien. Stuttgart 1992, S. 33.<br />
natürlich eine größere Massenwirksamkeit erreichen<br />
konnte und neue Mittel <strong>de</strong>r Illusionswirkung einsetzte.<br />
Neben <strong>de</strong>r Konkurrenz gibt es zunehmend auch das<br />
Phänomen <strong>de</strong>s Medienverbun<strong>de</strong>s: Bestimmte Stoffe –<br />
etwa aus <strong>de</strong>m Märchen, aber auch Kin<strong>de</strong>rbücher wie<br />
etwa die von Janosch o<strong>de</strong>r Astrid Lindgren – erscheinen<br />
als Buch, Film, Fernsehadaption und zugleich<br />
auch als Theaterstück. <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> versuchen mit<br />
ihren spezifischen Mitteln als Medium ästhetischer<br />
Komm<strong>uni</strong>kation die Aufmerksamkeit von Kin<strong>de</strong>rn,<br />
aber auch Eltern und Erziehern zu erringen, in<strong>de</strong>m sie<br />
aus <strong>de</strong>n Massenmedien bekannte Stoffe verwen<strong>de</strong>n<br />
und umformulieren. „Harry Potter“ etwa gibt es nicht<br />
nur als Buch und Film, son<strong>de</strong>rn auch als Musical-<br />
Adaption. Und es ist bekannt, dass gera<strong>de</strong> die weltweit<br />
nach wie vor bekannteste Kin<strong>de</strong>rbuchautorin, Astrid<br />
Lindgren, bewusst Einfluss auf die ‚Verbundproduktion<br />
und –Distribution’ ihrer Werke nahm. Lindgrens Figuren<br />
und Werke liegen als Bil<strong>de</strong>rbücher, Erzählungen,<br />
Hörspiel, Cassette, Film/DVD/Vi<strong>de</strong>o, zum Teil als Theaterstück,<br />
einschließlich Computerspielen und Merchandising-Produkten<br />
vor.<br />
Anmerkung<br />
13
Theoretischer Text<br />
3. Was ist ästhetische Erfahrung<br />
– was ästhetische Bildung?<br />
Seit <strong>de</strong>n 1980er Jahren ist eine Zunahme <strong>de</strong>s Interesses<br />
an ästhetischen Fragen und Verfahren nicht nur<br />
im Bereich <strong>de</strong>r darauf spezialisierten Wissenschaften<br />
(Kunst- und Literaturwissenschaft, Philosophie) feststellbar,<br />
son<strong>de</strong>rn gera<strong>de</strong> auch in <strong>de</strong>n vermitteln<strong>de</strong>n<br />
Disziplinen, also <strong>de</strong>n Didaktiken und <strong>de</strong>r Pädagogik,<br />
im hier vorliegen<strong>de</strong>n Fall insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>r Theaterpädagogik.<br />
8<br />
Zu nennen ist hier beson<strong>de</strong>rs Gun<strong>de</strong>l Mattenklotts<br />
Buch „Grundschule <strong>de</strong>r Künste. Vorschläge zur Musisch-Ästhetischen<br />
Erziehung“ von 1998, in <strong>de</strong>m die<br />
Autorin versucht, neben <strong>de</strong>n Grundlagen (etwa in <strong>de</strong>r<br />
Antike bei Plato und an<strong>de</strong>ren Denkern) und <strong>de</strong>n wesentlichen<br />
historischen Entwicklungen (etwa <strong>de</strong>r Reformpädagogik<br />
o<strong>de</strong>r auch <strong>de</strong>n Ten<strong>de</strong>nzen nach <strong>de</strong>m 2.<br />
Weltkrieg) Möglichkeiten einer didaktisch reflektierten<br />
ästhetischen Bildung in Didaktik und Erziehungsprozessen<br />
in <strong>de</strong>r Gegenwart zu entwickeln.<br />
Wesentlich ist die Erkenntnis, dass sich die ästhetische<br />
Bildung als Versuch einer ganzheitlichen Bildung<br />
<strong>de</strong>s Menschen schon früh in Konkurrenz zu jener parzellieren<strong>de</strong>n,<br />
fragmentierten und spezialisierten Ausbildungskonzeption<br />
befand, die auch heute noch (und<br />
vielleicht stärker <strong>de</strong>nn je) die Bildungspläne beherrscht.<br />
Die mo<strong>de</strong>rne Bildung als Teil <strong>de</strong>r neuzeitlichen<br />
Zivilisation sei zwar potentiell in <strong>de</strong>r Lage, Wissen<br />
und Qualifikationen für die Lebensbewältigung<br />
und die berufliche Praxis zu vermitteln, lasse aber<br />
Ästhetische Erziehung im Kin<strong>de</strong>rgarten<br />
letztlich das Individuum unausgefüllt und verhin<strong>de</strong>re<br />
die Entfaltung <strong>de</strong>r in ihm angelegten Fähigkeiten,<br />
insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>s kreativen Potentials. Die musischästhetischen<br />
Bildungskonzeptionen wur<strong>de</strong>n vor allem<br />
rückgebun<strong>de</strong>n an bestimmte angenommene Eigenschaften<br />
<strong>de</strong>s Kindseins, die im Erwachsenenalter<br />
verschüttet wür<strong>de</strong>n. Mattenklott stellt hier vor allem<br />
fest:<br />
� „die Dominanz <strong>de</strong>s Gefühls vor <strong>de</strong>m rationalen<br />
Denken,<br />
� die Eindrucksfähigkeit, die aus <strong>de</strong>r Erstmaligkeit<br />
von Wahrnehmungen und Erlebnissen resultiert,<br />
� eine physiognomisch geprägte Wahrnehmung,<br />
die in Welt und Dingen ein Antlitz erkennt,<br />
� konkretes und inklusives Denken, das die Welt<br />
eher in Bil<strong>de</strong>rn und Gegenstän<strong>de</strong>n als in abstrakten<br />
Symbolen repräsentiert.“ 9<br />
Es ist leicht auszumachen, dass hier eine Affinität zu<br />
ästhetisch gerichteten Anschauungen und <strong>de</strong>r ästhetischen<br />
Bildung überhaupt besteht. Dies führte dazu,<br />
dass vor allem für <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>r vorschulischen<br />
Erziehung und <strong>de</strong>r Elementarbildung das Ästhetische<br />
einen großen Stellenwert einnahm, während es in <strong>de</strong>n<br />
Formen <strong>de</strong>r höheren Bildung (Sekundarstufe II, Gymnasium)<br />
eher zurückgedrängt wur<strong>de</strong>.<br />
Aufgabe: Rezension eines Kapitels aus <strong>de</strong>m Buch<br />
� Gun<strong>de</strong>l Mattenklott: Grundschule <strong>de</strong>r Künste. Vorschläge zur Musisch-Ästhetischen Erziehung. Hohengehren<br />
1998<br />
� Musisch-Ästhetische Erziehung, S. 25-29<br />
� Das Theater, S. 81-88<br />
� S. auch Gun<strong>de</strong>l Mattenklott: Kin<strong>de</strong>r machen Theater. Ein Arbeitsbuch. Berlin 1983.<br />
Heute wird die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r ästhetischen Bildung<br />
theoretisch kaum je in Zweifel gezogen, in <strong>de</strong>r gesellschaftlichen<br />
Praxis scheint diese Bildung aber doch in<br />
Gefahr gegenüber <strong>de</strong>r Dominanz medial bestimmter<br />
(und nur zum Teil ‚künstlerischer’) Erfahrungswelten,<br />
<strong>de</strong>n Ansprüchen von Wirtschaft, Beruf o<strong>de</strong>r Technik<br />
ins Hintertreffen zu geraten.<br />
Der Bereich <strong>de</strong>s theatralen Spiels – neben Musik und<br />
bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Kunst das Kernstück ästhetisch bewusster<br />
curricularer Vorstellungen – entwickelt sich auf <strong>de</strong>r<br />
Basis <strong>de</strong>s anthropologisch fundierten kindlichen Zugangs<br />
zur Welt, <strong>de</strong>r im folgen<strong>de</strong>n Beitrag erklärt wird:<br />
14
Zum kindlichen Lernen<br />
Das Kind nähert sich <strong>de</strong>r Welt, unvoreingenommen, voller Neugier<strong>de</strong> und Lebenslust. Es ist konzentriert,<br />
aufmerksam, sensitiv. Entsprechend seinen Erfahrungen wird es Selbst- und Welt-Vertrauen entwickeln o<strong>de</strong>r<br />
ängstlich, unsicher sich verhalten lernen. Es will lernen, sich erproben, erfahren, geben, nehmen. Es hat<br />
seinen individuellen Lebens- und Lernrhythmus, seine unvergleichliche Antriebs- und Temperamentsstruktur.<br />
Es muss sich angenommen, geborgen, verstan<strong>de</strong>n, ernstgenommen fühlen können. Seine Befindlichkeiten,<br />
Stimmungen und Körpersensationen beeinflussen sein Verhalten. Es lebt und entwickelt sich, in<strong>de</strong>m<br />
es in seiner Umwelt komm<strong>uni</strong>ziert, in einen wechselseitigen, lebendigen Austausch tritt. Es produziert,<br />
variiert, kombiniert und entwickelt seine Ausdrucksformen. Das Kind kann und will zu <strong>de</strong>r alltäglichen (Re-)<br />
Produktion seines Umfelds beitragen. In seinem Spiel, in seiner Tätigkeit, seiner sozialen Beziehung zu an<strong>de</strong>ren,<br />
<strong>de</strong>r Inszenierung von Materialien und Gegenstän<strong>de</strong>n drückt es seine Weitsicht, seine Gefühle, Bedürfnisse<br />
und Interessen aus, bearbeitet und klärt seinen Bezug zu sich selbst und <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren. Es ist<br />
darauf angewiesen, dass seine Ausdrucksformen und seine Gestaltungen als Signale wahrgenommen, aufgegriffen,<br />
einbezogen wer<strong>de</strong>n und so zu Elementen eines fortwähren<strong>de</strong>n, wechselseitigen Komm<strong>uni</strong>kationsprozesses<br />
wer<strong>de</strong>n. Allerdings erschwert die allgemeine kulturelle Situation es <strong>de</strong>m Kind (und uns) häufig,<br />
sich als Subjekt seiner Entwicklung und als Gestalter seiner Umwelt zu erfahren. Beispiele: Das Kind<br />
wird einem von außen diktierten Tagesrhythmus (Arbeitswelt) unterworfen; es wird häufig im Auto als bewahren<strong>de</strong>r,<br />
versorgen<strong>de</strong>r Organisation passiv beför<strong>de</strong>rt; lebenssichern<strong>de</strong> Tätigkeiten sind vom Ort seiner<br />
Betreuung (Gruppenraum) ausgelagert o<strong>de</strong>r doch in aller Regel undurchsichtig gewor<strong>de</strong>n. Anschaulich begreifbare,<br />
nachvollziehbare Erfahrungszusammenhänge haben sich reduziert; die freien bespielbaren Flächen<br />
sind rar, reglementierte und normierte Spielplätze sind an ihre Stelle getreten. Das Kind ist in seiner<br />
Umwelt in vielfältiger Form damit konfrontiert, wie die Menschen ihre Verhältnisse zueinan<strong>de</strong>r und zur Natur<br />
und Technik gestaltet haben: Verkehrssysteme, Versorgungseinrichtungen, Gebäu<strong>de</strong>, Maschinen und<br />
Geräte legen Zeugnis für Etappen menschlicher und technologischer Entwicklung ab. Die in komplexen<br />
Umwelten enthaltenen Botschaften liegen häufig nicht offen und können ohne Hilfestellung und Anleitung<br />
zumeist nicht aufge<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n. Die Kin<strong>de</strong>r bedürfen ihrer Augen, Hän<strong>de</strong> und all ihrer an<strong>de</strong>ren Sinne, um<br />
sich die sie umgeben<strong>de</strong> Welt anzueignen. Dies geschieht facettenweise, prozesshaft. Sie benötigen Brücken<br />
zwischen Teilen ihrer inneren und <strong>de</strong>r äußeren Welt. Sie pen<strong>de</strong>ln zwischen Realität und Phantasie; sie<br />
verwan<strong>de</strong>ln Realitäten spielerisch, gestalten Metamorphosen und ent<strong>de</strong>cken dabei phänomenologisch Naturgesetze<br />
ebenso wie die Mehr<strong>de</strong>utigkeit vor Gegenstän<strong>de</strong>n. Sie gewinnen Interpretations-Spiel-Räume,<br />
in<strong>de</strong>m sie Perspektiven wechseln, von <strong>de</strong>r Nahaufnahme zur Totalen "Springen". Das Kind als forschen<strong>de</strong>s<br />
und ent<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>s Subjekt begibt sich in einen Prozess, <strong>de</strong>r durch Spontaneität, Neugier<strong>de</strong>, Abenteuerlust,<br />
Lernbegier<strong>de</strong>, Wi<strong>de</strong>rsprüchlichkeiten angetrieben und durch selbstgesteuerte Tätigkeiten gespeist wird.<br />
Spiel-, Lern- und Lebensraum Kin<strong>de</strong>rgarten<br />
Die Freiräume für ungebärdige, offene, abenteuerliche, durchmischte Welt – und Selbsterfahrungen wer<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>r Ten<strong>de</strong>nz nach insbeson<strong>de</strong>re für Stadtkin<strong>de</strong>r zugebaut. Der institutionalisierten Erziehung wachsen<br />
hier historisch neue Aufgaben zu; nämlich etwas von <strong>de</strong>n neugierigen Welt-Erkundungen zu erhalten, die<br />
einer technischen, rationalen und effektiven Perspektive unnütz erscheinen mögen. Das oben beschriebene<br />
Lernverhalten ist nicht ohne weiteres durchschnittlich in Kin<strong>de</strong>rgärten zu beobachten. Spielräume<br />
scheinen <strong>de</strong>mgegenüber unzulänglich genutzt. Arrangement und pädagogische Arbeitsweisen kommen<br />
nicht immer <strong>de</strong>r Entfaltung kindlicher Lernlust entgegen. Dafür kann es recht unterschiedliche Grün<strong>de</strong> geben:<br />
Konzeptionen für die praktische Umsetzung von "Träumen vom ganz an<strong>de</strong>ren Lernen" wer<strong>de</strong>n u. U. in<br />
<strong>de</strong>r Mühle routinierter und isolierter Arbeitsformen verschlissen. In Ermangelung offensiver, praktischer<br />
Konzeptionen, die auf die Nutzung von Bewegungsmöglichkeiten und -räumen in <strong>de</strong>r Institution zielen, ist<br />
die Wahrnehmung umso eher auf die Hür<strong>de</strong>n tatsächlich o<strong>de</strong>r vermeintlich behin<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>r Vorschriften o<strong>de</strong>r<br />
Sachzwänge fixiert. Erzieherinnen sind vielleicht auf normieren<strong>de</strong>s Basteln hin ausgebil<strong>de</strong>t o<strong>de</strong>r festgelegt:<br />
Die von <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn hergestellten Pappblumen, die von <strong>de</strong>r Gruppenraum<strong>de</strong>cke herunterhängen, sind<br />
nach Schablonen gefertigt. Das Kind erkennt sich nicht in seiner BIUME und fin<strong>de</strong>t die eigene nicht aus <strong>de</strong>r<br />
Vielzahl <strong>de</strong>r gleichen heraus: Homogenisierung statt Individualisierung vermittelt die Technik erfahrungsneutral<br />
zum Gegenstand "Blume"; das Ergebnis <strong>de</strong>r Techniken Malen, Kleben, Schnei<strong>de</strong>n steht schon im<br />
voraus fest, und mit ihnen können keine Experimente stattfin<strong>de</strong>n. Der vom einzelnen Kind zurückgelegte<br />
Weg ist im hergestellten Produkt nicht unverwechselbar wie<strong>de</strong>rzuerkennen. Für an<strong>de</strong>re Erzieherinnen gestalten<br />
sich Lernprozesse vorrangig verbal und ihre Aufmerksamkeit ist auf die Entfaltung und Entwicklung<br />
<strong>de</strong>r Beziehungsdynamik gerichtet Die physische Umwelt und Gegen-Stän<strong>de</strong> riskieren ausgeblen<strong>de</strong>t zu wer<strong>de</strong>n.<br />
Die in <strong>de</strong>r gegenständlichen Umwelt enthaltenen Anstöße und Herausfor<strong>de</strong>rungen für das erfahrungs-<br />
15
ezogene Lernen und für die Vermittlung und Entwicklung sozialer Beziehungen wer<strong>de</strong>n als Folge häufig<br />
unterschätzt.<br />
[...]<br />
Anliegen <strong>de</strong>r Ästhetischen Erziehung [...]<br />
Den übergreifen<strong>de</strong>n Rahmen bil<strong>de</strong>t die umfassen<strong>de</strong> Ausbildung menschlicher Sinne und Gestaltungsfähigkeiten<br />
als ein Erziehungsziel für alle Kin<strong>de</strong>r. Die folgen<strong>de</strong>n Gesichtspunkte sind beson<strong>de</strong>rs be<strong>de</strong>utsam:<br />
Kin<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n darauf vorbereitet, neuen Situationen frei zu begegnen und darauf bezogen, Antworten zu<br />
konzipieren und zu erproben. Deshalb muss die schöpferische Kraft <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s gestärkt wer<strong>de</strong>n. Das Mittel<br />
ist die Erziehung zur Kreativität.<br />
Schöpferische Kraft entsteht aus <strong>de</strong>r transzendieren<strong>de</strong>n Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit <strong>de</strong>n gera<strong>de</strong> herrschen<strong>de</strong>n<br />
I<strong>de</strong>en, <strong>de</strong>n oft bedrohlich einengen<strong>de</strong>n Konformismen. Ästhetische Erziehung als virulente Kraft zur Überwindung<br />
von Grenzen, als Metho<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Aneignung <strong>de</strong>s Unerforschten kann das Kind in seinem individuellen,<br />
kreativen Prozess unterstützen. Grundlage für das Forschen <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r bil<strong>de</strong>n in diesem Zusammenhang<br />
u.a. verschie<strong>de</strong>nartige, intensive Materialerfahrungen und -angebote. Die Fähigkeit, sich aktiv wahrnehmend<br />
in die Dinge und in das Geschehen hineinzuversenken und dieses feinfühlig aufzunehmen, gilt es<br />
zu erhalten (wie<strong>de</strong>r zu erlangen) und zu entwickeln. In diesem Prozess entsteht ein stimulieren<strong>de</strong>r Strom<br />
von Emotionen, Bil<strong>de</strong>rn, Stimmungen, Interaktionen und Be<strong>de</strong>utungen.<br />
Kreative Prozesse sind sozial vermittelt und bedürfen <strong>de</strong>r Rückbeziehung wie<strong>de</strong>rum auf die das Kind bestimmen<strong>de</strong>n<br />
sozialen Zusammenhänge. Im Zentrum steht daher, die Fähigkeit <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s zur Produktion<br />
"komm<strong>uni</strong>kativer Gegenstän<strong>de</strong>" zu erweitern. Hiermit ist die Vergegenständlichung von Komm<strong>uni</strong>kation ebenso<br />
gemeint wie die Herstellung von symbolischen Gegenstän<strong>de</strong>n, die Komm<strong>uni</strong>kation herausfor<strong>de</strong>rn.<br />
Dabei bedürfen die Kin<strong>de</strong>r unterstützen<strong>de</strong>r Begleitung und <strong>de</strong>r produktiven Wegweisung durch "Spielregeln",<br />
die mobilisieren und auf Horizonte <strong>de</strong>s Imaginären zuführen, das Feld <strong>de</strong>r Phantasie also erweitern.<br />
Dabei gilt es nicht zu verkennen, dass das Umfeld <strong>de</strong>r meisten Kin<strong>de</strong>r (je<strong>de</strong>nfalls außerhalb <strong>de</strong>r pädagogisch<br />
wohlbedachten Strukturen) eher karg und auf die Reproduktion von Stereotypen hin sozialisiert ist<br />
Die Gleichförmigkeit von Produkten "freischaffen<strong>de</strong>r" Kin<strong>de</strong>r lässt die bereits früh einsetzen<strong>de</strong>n Begrenzungen<br />
ahnen, die z.B. mit einer antiautoritären Erziehung nicht aufhebbar sind. Die Fähigkeit <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s zur<br />
kulturellen Teilhabe, Kompetenz und Genussfähigkeit ist zu för<strong>de</strong>rn. Diese entschei<strong>de</strong>t sich über die vielfältige<br />
Entfaltung verschie<strong>de</strong>ner Ausdrucksformen und <strong>de</strong>ren Verständnis. Es gilt, die vielen verschie<strong>de</strong>nen<br />
Sprachen von Kin<strong>de</strong>rn zuzulassen, ihnen Gelegenheit zu geben, sie weiter auszubil<strong>de</strong>n und miteinan<strong>de</strong>r so<br />
zu verweben, dass sie sich ergänzen und wechselseitig för<strong>de</strong>rn mögen. Dies gilt für darstellen<strong>de</strong>s Spiel, Malerei,<br />
Tanz und Musik z.B. ebenso wie für individuell differieren<strong>de</strong> Sprachmuster o<strong>de</strong>r interkulturell variieren<strong>de</strong><br />
Be<strong>de</strong>utungsgehalte von Sprache und Bild. Dieser interaktive Prozess bedarf aller Zugänge <strong>de</strong>r Annäherung,<br />
<strong>de</strong>r Erforschung. Er bewirkt wie<strong>de</strong>rum die Verbreiterung und Intensivierung <strong>de</strong>r Wahrnehmung, beför<strong>de</strong>rt<br />
ein differenziertes Verständnis <strong>de</strong>r Um- und Innenwelt, <strong>de</strong>r Abbil<strong>de</strong>r und <strong>de</strong>s Selbst-Bildnisses. Die<br />
die Kin<strong>de</strong>r begleiten<strong>de</strong>n Spielregeln sichern im übrigen eine weitläufige Anbindung <strong>de</strong>r phantasievollen und<br />
phantastischen Exkursionen an die Realität: Gegenstän<strong>de</strong>n wird Leben eingehaucht, das Kind animiert sie,<br />
erforscht sie, gebraucht und verbraucht sie. In diesem Prozess <strong>de</strong>r Aneignung wer<strong>de</strong>n Gegenstän<strong>de</strong> tatsächlich<br />
o<strong>de</strong>r auch nur in ihrer Be<strong>de</strong>utung verän<strong>de</strong>rt und dies bewirkt, dass sich parallel dazu die innere<br />
Welt <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s weiter ausdifferenziert. Dies trifft sowohl auf <strong>de</strong>r kognitiven wie auf <strong>de</strong>r emotionalen Ebene<br />
zu. Dieser Prozess ist ein innerer und muss zugleich ein nach außen in Produkten und in <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rung<br />
von Gegenstän<strong>de</strong>n und Abläufen sich ausdrücken<strong>de</strong>r sein.<br />
Text<br />
Ästhetische Erziehung im Kin<strong>de</strong>rgarten. Entwicklung von pädagogischen Projekten zur För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r sinnlichen Wahrnehmung Ausdrucks-<br />
und Gestaltungsfähigkeit Kreativität - Sonnengarten e.V. [http://psychosozialepraxis.<strong>de</strong>/sonnengarten/pdf/Aesthetische_Erzie-hung_im_Kin<strong>de</strong>rgarten.pdf]<br />
(gekürzt).<br />
Die Rückwendung zum Ästhetischen ist Ausdruck<br />
einer intensivierten Sensibilität für die Probleme Heranwachsen<strong>de</strong>r,<br />
ist zugleich Folge eines Mangelbewusstseins,<br />
das sich gera<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Arbeit mit Kin<strong>de</strong>rn<br />
und Jugendlichen ausdrückt, nämlich<br />
� einer zunehmen<strong>de</strong>n Dominanz durch Medien<br />
vermittelter Bil<strong>de</strong>r, die keine wirkliche Beschäftigung<br />
mit ihren Inhalten o<strong>de</strong>r die Freisetzung<br />
imaginativer Energien erfor<strong>de</strong>rn,<br />
� <strong>de</strong>m zunehmen<strong>de</strong>n Verschwin<strong>de</strong>n genuin kulturell-künstlerischer<br />
Erfahrungen, die innerhalb<br />
16
eines bildungsbürgerlichen Horizonts als<br />
selbstverständlich vorausgesetzt wur<strong>de</strong>n.<br />
Immer mehr geht es – gera<strong>de</strong> wenn man die kulturelle<br />
Mangelsituation vieler Kin<strong>de</strong>r und Jugendlicher in<br />
‚bildungsfernen’ Umgebungen sieht – um eine Art<br />
‚kompensatorischer’ ästhetischer Früherziehung, die<br />
bereits im Kin<strong>de</strong>rgarten und in <strong>de</strong>r Vorschulerziehung<br />
beginnen sollte. Deren Erfolg ist allerdings nicht garantiert,<br />
und die bisher vorliegen<strong>de</strong>n Untersuchen lassen<br />
keine ein<strong>de</strong>utigen Schlüsse zu.<br />
Die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ästhetischer<br />
Bildung wird insgesamt meist nicht bezweifelt o<strong>de</strong>r<br />
hinterfragt, ist aber ein Problem, das insbeson<strong>de</strong>re in<br />
<strong>de</strong>r (post-) mo<strong>de</strong>rnen Gesellschaft auftritt, wo traditionelle<br />
Bildungsgüter (Buch, Theater, ‚E-Musik’ etc.)<br />
zumin<strong>de</strong>st für weite Bevölkerungskreise an Geltung<br />
verloren haben und vielfach durch neue Formen <strong>de</strong>r<br />
Unterhaltungskultur verdrängt o<strong>de</strong>r wenigstens bedroht<br />
sind: Fernsehen, Vi<strong>de</strong>ospiele, Internet etc.<br />
Häufig hat <strong>de</strong>shalb die Reflexion über ästhetische<br />
Bildung in <strong>de</strong>r Gegenwart <strong>de</strong>fensiven Charakter o<strong>de</strong>r<br />
ist mit stark kulturkritischen Untertönen versehen.<br />
Bildung erscheint als ein bedrohtes, <strong>de</strong>shalb zu<br />
‚schützen<strong>de</strong>s’ Gut. Allerdings wäre zu fragen, ob sich<br />
nicht auch <strong>de</strong>r Begriff <strong>de</strong>s Ästhetischen durch die<br />
neueren Entwicklungen verän<strong>de</strong>rn müsste, d.h. neu zu<br />
reflektieren und zu erweitern wäre. Dies beträfe etwa<br />
die Frage, ob und inwieweit die Popkultur mit all ihren<br />
verschie<strong>de</strong>nen Ausprägungen zum Bereich <strong>de</strong>s Ästhetischen<br />
gehört und in <strong>de</strong>n ‚Bildungskanon’ integriert<br />
wer<strong>de</strong>n müsste.<br />
Begründungen für die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Ästhetischen in<br />
<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rerziehung lassen sich auf verschie<strong>de</strong>nen<br />
Ebenen fin<strong>de</strong>n. Wur<strong>de</strong> früher <strong>de</strong>r Bildungswert <strong>de</strong>r<br />
Kulturgüter häufig <strong>de</strong>m Selbstverständnis <strong>de</strong>r Eliten<br />
entsprechend aus sich selbst heraus – als autonomer<br />
Wert - festgestellt (untermauert etwa durch die ästhetischen<br />
Theorien seit <strong>de</strong>m 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt von Schiller<br />
über Kant bis schließlich noch <strong>de</strong>r Kritischen Theorie<br />
bei Adorno u.a.), so ist eine an<strong>de</strong>re Begründungsdimension<br />
wahrscheinlich noch wichtiger: die psychologische<br />
aus <strong>de</strong>n Voraussetzungen <strong>de</strong>r kindlichen Persönlichkeit<br />
heraus.<br />
Ausgegangen wird hier von einem quasi natürlichen<br />
Spielbedürfnis <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s, das sich mit einer elementaren<br />
Neugier verbin<strong>de</strong>t. Bereits das Kleinkind hat<br />
neben <strong>de</strong>m Anlehnungs- und Geborgenheitsbedürfnis<br />
an nahe Bezugspersonen (meist die Mutter) bereits<br />
Selbständigkeitsbedürfnisse, d.h. es versucht, innerhalb<br />
bestimmter Grenzen die es umgeben<strong>de</strong> Welt<br />
selbst zu erkun<strong>de</strong>n. Dies be<strong>de</strong>utet, dass das Kind<br />
nicht – wie früher oft angenommen wur<strong>de</strong> – lediglich<br />
ein Spiegel seiner Umwelt ist – o<strong>de</strong>r ein Gefäß, son<strong>de</strong>rn<br />
dass es bereits früh (nämlich schon im Stadium<br />
<strong>de</strong>r frühkindlichen Mutter-Kind-Symbiose) in eine aktive<br />
Komm<strong>uni</strong>kationsbeziehung zu <strong>de</strong>n Gegenstän<strong>de</strong>n<br />
und Personen <strong>de</strong>r äußeren Welt tritt. Dies läuft parallel<br />
zu körperlichen Vorgängen, insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>r Verfeinerung<br />
und Vervollkommnung <strong>de</strong>r Körperfunktionen<br />
und Sinnesorgane. Von beson<strong>de</strong>rer Be<strong>de</strong>utung dabei<br />
ist natürlich die Sprachentwicklung, die eine Differenzierung<br />
<strong>de</strong>r Komm<strong>uni</strong>kation ermöglicht und es <strong>de</strong>m<br />
Kind erlaubt, aktiv an seiner Umwelt teilzunehmen.<br />
Für das kleine Kind ergibt sich ein Wechselspiel zwischen<br />
Realitätswahrnahme und Phantasieproduktion,<br />
wobei bei<strong>de</strong> Bereiche bekanntlich auf dieser Stufe<br />
noch nicht ein<strong>de</strong>utig geschie<strong>de</strong>n sind. Kin<strong>de</strong>r nehmen<br />
die Objekte ihrer Umwelt spielerisch-imaginativ wahr<br />
und sie gestalten sie häufig in einem kreativen Sinne<br />
um.<br />
Aufgabe<br />
� Bitte entwickeln Sie wahlweise aus <strong>de</strong>m Buch von Baacke o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m von Zollinger zehn Thesen zur<br />
ästhetischen Bildung.<br />
� Bestimmen Sie <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>s kreativen Spiels im Anschluss an diese Ansätze näher und mit Beispielen.<br />
Literatur zur Auswahl<br />
Dieter Baacke: Die 0- bis 5-jährigen. Einführung in die Probleme <strong>de</strong>r frühen Kindheit. 2. Aufl. Weinheim 1999.<br />
Barbara Zollinger, Hg.: Kin<strong>de</strong>r im Vorschulalter. Erkenntnisse, Beobachtungen und I<strong>de</strong>en zur Welt <strong>de</strong>r Drei- bis Siebenjährigen. Bern<br />
2000.<br />
Die hier ange<strong>de</strong>uteten Prozesse spielen sich natürlich<br />
nicht autonom, in einem quasi von <strong>de</strong>r Erwachsenenwelt<br />
isolierten Freiraum ab (es gibt also keine Robinson-<br />
o<strong>de</strong>r Kaspar-Hauser-Situation). Vielmehr greifen<br />
im Bereich <strong>de</strong>r ästhetischen Bildung von Anfang an<br />
gesellschaftliche Instanzen ein: zunächst die Eltern,<br />
<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rgarten, Schule, peer groups, in zunehmen<strong>de</strong>m<br />
Maße heute auch Medien, die insbeson<strong>de</strong>re die<br />
Wahrnehmungs- und Geschmacksbildung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r<br />
beeinflussen.<br />
Ästhetische Bildungsziele wer<strong>de</strong>n letztlich von außen<br />
gesetzt, d.h. von <strong>de</strong>n Zielvorstellungen <strong>de</strong>r Gesellschaft.<br />
Heute ließe sich vielleicht als kleinster Nenner<br />
die ganzheitliche Bildung <strong>de</strong>r Sinne und <strong>de</strong>r Wahrnehmungs-<br />
und Gestaltungsfähigkeiten als Erzie-<br />
17
hungsziel nennen, auch die Fähigkeit zur Dechiffrierung<br />
wie zur spielerischen Anwendung/Vermittlung<br />
ästhetischer Symbolisierungen. Konkrete und ten<strong>de</strong>nziell<br />
einheitliche Bildungsziele sind angesichts <strong>de</strong>r<br />
Ausdifferenzierung und Individualisierung in <strong>de</strong>r Postmo<strong>de</strong>rne<br />
verbindlich kaum mehr zu formulieren. Als<br />
Bedingungsfaktoren für die Entwicklung von Zielen für<br />
die ästhetische Bildung sind insbeson<strong>de</strong>re zu be<strong>de</strong>nken:<br />
� starker Medienkonsum,<br />
� Einschränkung <strong>de</strong>r Ent<strong>de</strong>ckungsmöglichkeiten<br />
durch die Stadtkultur,<br />
� neuartige Entwicklungsbedingungen durch <strong>de</strong>n<br />
Zerfall <strong>de</strong>r traditionellen Familie und neue Mo<strong>de</strong>lle<br />
<strong>de</strong>s Zusammenlebens,<br />
� Zunehmen<strong>de</strong> Segregation gesellschaftlicher Milieus<br />
und Teilbereiche.<br />
Anmerkungen<br />
8Vgl. Ulrike Hentschel: Theaterspielen als ästhetische Bildung. Über einen Beitrag produktiven künstlerischen Gestaltens zur Selbstbildung.<br />
Weinheim 1996, S. 25.<br />
9Gun<strong>de</strong>l Mattenklott: Grundschule <strong>de</strong>r Künste. Vorschläge zur Musisch-Ästhetischen Erziehung. Hohengehren 1998, S. 34.<br />
18
4. Spiel – Spieltheorie<br />
Der Stellenwert ästhetischer Bildung<br />
in Kin<strong>de</strong>rgarten und Schule und im Kanon <strong>de</strong>r Fächer<br />
Der Pädagoge Gerd E. Schäfer fasst in einem aktuellen Text die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Spiels für die Bildung in <strong>de</strong>r frühen<br />
Kindheit zusammen:<br />
Die wesentlichen bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Momente <strong>de</strong>s Spiels liegen nicht so sehr in <strong>de</strong>n Funktionen, die Kin<strong>de</strong>r im<br />
Rahmen ihrer Spiele üben, son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r Art und Weise <strong>de</strong>r Welterfahrung, die Spielen ermöglicht:<br />
Im Spiel wen<strong>de</strong>t sich das Kind seiner Um- und Mitwelt freiwillig zu. Es verfügt selbst darüber, wie und wie<br />
weit es sich einlässt.<br />
Kin<strong>de</strong>r verbin<strong>de</strong>n immer einen Sinn mit <strong>de</strong>m, was sie spielen. Sie können nicht sinnlos spielen (wohl aber<br />
sinnlos und oberflächlich etwas lernen).<br />
Im Spiel gebrauchen Kin<strong>de</strong>r alle Formen körperlich-sinnlicher Erfahrung, szenischer o<strong>de</strong>r bildhafter Vorstellungen,<br />
subjektiver Fantasien, sprachlichen o<strong>de</strong>r nichtsprachlichen Denkens, sowie <strong>de</strong>s sozialen Austausches<br />
und <strong>de</strong>r Verständigung. Sie wer<strong>de</strong>n im Spiel zu einem zusammenhängen<strong>de</strong>n Prozess.<br />
Spiel gestaltet sich als zeitliche Ordnung mit Anfang und En<strong>de</strong>, Höhepunkten und Phasen <strong>de</strong>s Dahingleitens,<br />
<strong>de</strong>r Aufregung wie Entspannung, <strong>de</strong>s Versunkenseins o<strong>de</strong>r körperlichen Agierens, <strong>de</strong>s Alleinseins o<strong>de</strong>r<br />
Zusammenfin<strong>de</strong>ns mit an<strong>de</strong>ren. Auf diese Weise fin<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>r ihre eigene Zeitgestaltung, ihren eigenen<br />
Rhythmus, Dinge zu tun. [...]<br />
Spiel bil<strong>de</strong>t <strong>de</strong>n Prototyp einer vielsinnlichen, komplexen Erfahrung und steht so im Gegensatz zu einem<br />
Lernverständnis, das auf <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rung einzelner Kompetenzen beruht.<br />
Am Spiel können sich Gleichaltrige – zuweilen auch Erwachsene – beteiligen, in<strong>de</strong>m sie eigene Fassetten<br />
ihrer Wahrnehmungs-, Auffassungs-, Handlungs- und Denkmöglichkeiten im Rahmen gegenseitiger Verständigung<br />
anbieten.<br />
Spiel ist ein Bereich, in <strong>de</strong>m nicht nur Erfahrungen gemacht, son<strong>de</strong>rn auch ausprobiert, neu zusammengesetzt<br />
und in ihren Möglichkeiten und Folgerungen ausgedacht und ausgetestet wer<strong>de</strong>n. Spiel ist <strong>de</strong>shalb<br />
nicht nur rezeptiv verarbeitend, son<strong>de</strong>rn auch produktiv schöpferisch, in<strong>de</strong>m es die Bedingungen schafft,<br />
unter <strong>de</strong>nen verschie<strong>de</strong>nste – selbst wi<strong>de</strong>rsprüchlich erscheinen<strong>de</strong> – Lebenserfahrungen sich mit einan<strong>de</strong>r<br />
verbin<strong>de</strong>n lassen.<br />
Gerd E. Schäfer: Spiel – Raum – Bildung. Konzeptüberlegungen zur frühkindlichen Bildung.<br />
[http://www.kigaweb.<strong>de</strong>/elvis_img/0000241122_0001.pdf].<br />
Aufschlussreich ist es, diesen zeitgenössischen Ansatz<br />
mit einem klassischen Text von Friedrich Schiller zu<br />
vergleichen, <strong>de</strong>r bereits im 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt die Be<strong>de</strong>utung<br />
<strong>de</strong>s Spiels für <strong>de</strong>n ‚mo<strong>de</strong>rnen’ Menschen her-<br />
Text<br />
ausarbeitete – einige <strong>de</strong>r bereits von Schiller formulierten<br />
I<strong>de</strong>en lassen sich bei Schäfer (und an<strong>de</strong>ren<br />
Pädagogen) wie<strong>de</strong>r fin<strong>de</strong>n.<br />
Denn, um es endlich auf einmal herauszusagen, <strong>de</strong>r Mensch spielt nur, wo er in voller Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s<br />
Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt. Dieser Satz, <strong>de</strong>r in diesem Augenblicke vielleicht<br />
paradox erscheint, wird eine große und tiefe Be<strong>de</strong>utung erhalten, wenn wir erst dahin gekommen<br />
sein wer<strong>de</strong>n, ihn auf <strong>de</strong>n doppelten Ernst <strong>de</strong>r Pflicht und <strong>de</strong>s Schicksals anzuwen<strong>de</strong>n; er wird, ich verspreche<br />
es Ihnen, das ganze Gebäu<strong>de</strong> <strong>de</strong>r ästhetischen Kunst und <strong>de</strong>r noch schwierigern Lebenskunst tragen.<br />
Aber dieser Satz ist auch nur in <strong>de</strong>r Wissenschaft unerwartet; längst schon lebte und wirkte er in <strong>de</strong>r Kunst<br />
und in <strong>de</strong>m Gefühle <strong>de</strong>r Griechen, ihrer vornehmsten Meister; nur, daß sie in <strong>de</strong>n Olympus versetzten, was<br />
auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> sollte ausgeführt wer<strong>de</strong>n. Von <strong>de</strong>r Wahrheit <strong>de</strong>sselben geleitet, ließen sie sowohl <strong>de</strong>n Ernst<br />
und die Arbeit, welche die Wangen <strong>de</strong>r Sterblichen furchen, als die nichtige Lust, die das leere Angesicht<br />
glättet, aus <strong>de</strong>r Stirne <strong>de</strong>r seligen Götter verschwin<strong>de</strong>n, gaben die Ewigzufrie<strong>de</strong>nen von <strong>de</strong>n Fesseln je<strong>de</strong>s<br />
Zweckes, je<strong>de</strong>r Pflicht, je<strong>de</strong>r Sorge frei und machten <strong>de</strong>n Müßiggang und die Gleichgültigkeit zum benei<strong>de</strong>ten<br />
Loose <strong>de</strong>s Götterstan<strong>de</strong>s: ein bloß menschlicherer Name für das freieste und erhabenste Sein. Sowohl<br />
<strong>de</strong>r materielle Zwang <strong>de</strong>r Naturgesetze, als <strong>de</strong>r geistige Zwang <strong>de</strong>r Sittengesetze verlor sich in ihrem hö-<br />
19
hern Begriff von Nothwendigkeit, <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong> Welten zugleich umfaßte, und aus <strong>de</strong>r Einheit jener bei<strong>de</strong>n<br />
Nothwendigkeiten ging ihnen erst die wahre Freiheit hervor. Beseelt von diesem Geiste, löschten sie aus<br />
<strong>de</strong>n Gesichtszügen ihres I<strong>de</strong>als zugleich mit <strong>de</strong>r Neigung auch alle Spuren <strong>de</strong>s Willens aus, o<strong>de</strong>r besser, sie<br />
machten bei<strong>de</strong> unkenntlich, weil sie bei<strong>de</strong> in <strong>de</strong>m innigsten Bund zu verknüpfen wußten. Es ist we<strong>de</strong>r Anmuth,<br />
noch ist es Wür<strong>de</strong>, was auf <strong>de</strong>m herrlichen Antlitz einer Juno Ludovisi zu uns spricht; es ist keines<br />
von bei<strong>de</strong>n, weil es bei<strong>de</strong>s zugleich ist. In<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r weibliche Gott unsre Anbetung heischt, entzün<strong>de</strong>t das<br />
gottgleiche Weib unsre Liebe; aber, in<strong>de</strong>m wir uns <strong>de</strong>r himmlischen Holdseligkeit aufgelöst hingeben,<br />
schreckt die himmlische Selbstgenügsamkeit uns zurück. In sich selbst ruhet und wohnt die ganze Gestalt,<br />
eine völlig geschlossene Schöpfung, und als wenn sie jenseits <strong>de</strong>s Raumes wäre, ohne Nachgeben, ohne<br />
Wi<strong>de</strong>rstand; da ist keine Kraft, die mit Kräften kämpfte, keine Blöße, wo die Zeitlichkeit einbrechen könnte.<br />
Durch jenes unwi<strong>de</strong>rstehlich ergriffen und angezogen, durch dieses in <strong>de</strong>r Ferne gehalten, befin<strong>de</strong>n wir uns<br />
zugleich in <strong>de</strong>m Zustand <strong>de</strong>r höchsten Ruhe und <strong>de</strong>r höchsten Bewegung, und es entsteht jene wun<strong>de</strong>rbare<br />
Rührung, für welche <strong>de</strong>r Verstand keinen Begriff und die Sprache keinen Namen hat. [...]<br />
Mitten in <strong>de</strong>m furchtbaren Reich <strong>de</strong>r Kräfte und mitten in <strong>de</strong>m heiligen Reich <strong>de</strong>r Gesetze baut <strong>de</strong>r ästhetische<br />
Bildungstrieb unvermerkt an einem dritten, fröhlichen Reiche <strong>de</strong>s Spiels und <strong>de</strong>s Scheins, worin er<br />
<strong>de</strong>m Menschen die Fesseln aller Verhältnisse abnimmt und ihn von allem, was Zwang heißt, sowohl im<br />
Physischen als im Moralischen entbin<strong>de</strong>t.<br />
Friedrich Schiller: Über die ästhetische Erziehung <strong>de</strong>s Menschen, in einer Reihe von Briefen<br />
Fragen zu <strong>de</strong>n Texten<br />
� Was könnte an <strong>de</strong>m Satz, <strong>de</strong>r Mensch sei nur da ganz Mensch, wo er spielt, ‚paradox’ erscheinen?<br />
Warum ist <strong>de</strong>r Satz nach Schiller aber doch sinnvoll?<br />
� Was versteht Schiller unter <strong>de</strong>m ’ästhetischen Bildungstrieb’?<br />
� Vergleichen Sie Schäfers Begriff <strong>de</strong>r ‚vielsinnigen Erfahrung’ mit ähnlichen Formulierungen bei Schiller.<br />
� Versuchen Sie Schillers Konzept <strong>de</strong>s (ästhetischen) Spiels auf einen Bereich <strong>de</strong>r heutigen Früherziehung<br />
zu beziehen und zu konkretisieren.<br />
Das Ziel einer ganzheitlichen För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r in<br />
all ihren individuellen und sozialen Bedürfnissen und<br />
Fähigkeiten sollte für alle Bildungsprozesse oberstes<br />
Gebot sein. Für <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>r ästhetischen Bildung<br />
können bereits im Kin<strong>de</strong>rgarten elementare Erfahrungen<br />
gemacht wer<strong>de</strong>n, da die Bereitschaft <strong>de</strong>r jungen<br />
Kin<strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>rs groß ist, sich mit ihren kreativen<br />
Fähigkeiten frei einzubringen und spielerisch in jenem<br />
Sinne zu lernen, <strong>de</strong>r bereits vorher durch die Erwähnung<br />
<strong>de</strong>r i<strong>de</strong>alistischen Ästhetik angesprochen wur<strong>de</strong>:<br />
<strong>de</strong>r Zweckfreiheit. Der Kin<strong>de</strong>rgarten eignet sich beson<strong>de</strong>rs<br />
für solche Prozesse, da hier Leistungs- und<br />
Konkurrenzdruck die kreativen Potenzen noch nicht so<br />
sehr einschränken o<strong>de</strong>r in bestimmte Richtungen<br />
leiten wie später in <strong>de</strong>r Schule.<br />
Die umfassen<strong>de</strong> Ausbildung <strong>de</strong>r menschlichen Sinne<br />
als zentrales Ziel kann synästhetisch auf allen Ebenen<br />
und in allen Kunstformen geför<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n: <strong>de</strong>r bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
und darstellen<strong>de</strong>n Kunst, <strong>de</strong>r Musik, auch<br />
schon <strong>de</strong>s Wortes. Dabei kommt es darauf an, die<br />
schöpferischen Kräfte <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r zu stärken und dies<br />
Text<br />
be<strong>de</strong>utet, dass nicht nur die Rezeption künstlerischer<br />
Produkte erlernt wer<strong>de</strong>n soll, son<strong>de</strong>rn soweit wie möglich<br />
auch die selbständige Produktion auf <strong>de</strong>n jeweils<br />
möglichen Stufen.<br />
In unserem Zusammenhang relevante Lernfel<strong>de</strong>r in<br />
Kin<strong>de</strong>rgarten und Grundschule sind<br />
� Schulung <strong>de</strong>r Wahrnehmung und <strong>de</strong>s Ausdrucks,<br />
� Musische und rhythmische Ausbildung,<br />
� Werken, Zeichnen, Malen und an<strong>de</strong>re handwerklich-bildnerische<br />
Arbeiten,<br />
� Verschie<strong>de</strong>ne Formen <strong>de</strong>s Darstellen<strong>de</strong>n Spiel<br />
(theatrales Spiel, Pantomime, Kasperle u.ä.),<br />
� Sportliche und Bewegungsübungen.<br />
Diese Ziele lassen sich – wie in späteren Abschnitten<br />
gezeigt wird – mit <strong>de</strong>r Theatererziehung sinnvoll verbin<strong>de</strong>n.<br />
20
5. Drama und Theater<br />
Versuch von Begriffsbestimmungen<br />
Begriffliche Darstellungen (Schematische Form)<br />
Drama<br />
Was sind Drama und Theater?<br />
Mögliche klassifikatorische Bestimmungen:<br />
� poetischer Text, <strong>de</strong>r neben <strong>de</strong>r Lektüre die Inszenierung auf <strong>de</strong>r Bühne ermöglicht<br />
� Gattung von Texten mit <strong>de</strong>r Kombination von zwei Textsorten:<br />
1. fiktive direkte Re<strong>de</strong> (Haupttext)<br />
2. Textteile, die diese Re<strong>de</strong> arrangieren, situieren, kommentieren (Nebentext)<br />
Funktionale Bestimmung in <strong>de</strong>r griechischen Antike:<br />
� Mimetische Darstellung mit bestimmter Wirkungsabsicht: ARISTOTELES: Nachahmung von Han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n<br />
� HERODOT: Bühnenstück, das zu Tränen rührt<br />
Ausdifferenzierung <strong>de</strong>s Dramas als Grundform in:<br />
� Tragödie und Komödie – daraus folgen weitere Subgattungen (Genres)<br />
Definition <strong>de</strong>s Theaters 10<br />
Grundsätzliche Ausgangsbestimmung: A repräsentiert ein X, S schaut zu<br />
Verschie<strong>de</strong>ne Funktionen und Seinsweisen <strong>de</strong>s Theaters:<br />
1. Soziale Institution: Organisation, Produktion, Durchführung von Aufführungen<br />
2. Kunstform: Darstellen<strong>de</strong> Kunst, Verwendung heterogener Materialien: Körper, Stimme, Objekte, Licht,<br />
Musik, Sprache, Laute – Zweck: Hervorbringung von Aufführungen<br />
3. Produkt transitorischer Komm<strong>uni</strong>kation: Fehlen eines ablösbaren Artefakts<br />
4. Theater als Gebäu<strong>de</strong>: räumliche Glie<strong>de</strong>rung: Bühne, Technik, Zuschauerraum etc.<br />
5. Theater als beson<strong>de</strong>re Komm<strong>uni</strong>kationsform: Repräsentanz: Teilnehmer zur selben Zeit in einem<br />
Raum physisch präsent, unterschiedliche Funktionen: Akteur/ Zuschauer<br />
Historisch:<br />
� 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt: 1. öffentlich 2. auf moralische Wirkung bezogen<br />
� 20. Jahrhun<strong>de</strong>rt:<br />
1. Rhetorischer Theaterbegriff: Propaganda, Agitation, Belehrung<br />
2. Ästhetischer Theaterbegriff: autonomer Begriff <strong>de</strong>r Bühnenkunst<br />
Kennzeichen <strong>de</strong>r theatralen Komm<strong>uni</strong>kation 11<br />
� Transitorität<br />
keine übertragbare, wie<strong>de</strong>rholbare, eigenständige Existenz <strong>de</strong>r theatralen Aktion (gilt auch für an<strong>de</strong>re<br />
Formen <strong>de</strong>r Theatralität: Popkonzerte, Sport, Feste etc.)<br />
� Prozessualität<br />
prozessualer und dynamischer Vollzug im Gegensatz zur Statik schrift- und bildhafter Strukturen<br />
(theatrale Oralität / Literalität)<br />
� Korporalität<br />
Körperhaftigkeit o<strong>de</strong>r Körpergebun<strong>de</strong>nheit theatraler Prozesse: „Wie auch immer 'Theater' <strong>de</strong>finiert wer<strong>de</strong>n<br />
mag, unumstritten dürfte die Tatsache sein, dass es sehr wesentlich mit <strong>de</strong>r physischen Präsenz<br />
darstellen<strong>de</strong>r Personen verbun<strong>de</strong>n ist.“ 12<br />
21
Von <strong>de</strong>r Entwicklung <strong>de</strong>r Poetik und Literaturtheorie<br />
her gesehen ist das Drama eine <strong>de</strong>r drei Grundgattungen<br />
<strong>de</strong>r Literatur – neben <strong>de</strong>n erzählen<strong>de</strong>n und lyrischen<br />
Formen, epischen und lyrischen Texten (Gedichten)<br />
also. Zwar sind die Grenzen zwischen <strong>de</strong>n literarischen<br />
Gattungen seit <strong>de</strong>m 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt nicht mehr<br />
so festgefügt (Schillers „Don Carlos“ etwa trägt <strong>de</strong>n<br />
Untertitel „Dramatisches Gedicht“), aber <strong>de</strong>nnoch<br />
<strong>de</strong>uten die überkommenen Bestimmungen auf unterschiedliche<br />
Weisen, sich mit <strong>de</strong>r Realität in Text und<br />
Darstellung (Repräsentanz) auseinan<strong>de</strong>rzusetzen.<br />
Wir wollen kurz auf diese verschie<strong>de</strong>nen Formen eingehen,<br />
die sich bereits in <strong>de</strong>r nur fragmentarisch erhaltenen<br />
„Poetik“ <strong>de</strong>s ARISTOTELES fin<strong>de</strong>n. Dieser<br />
bestimmt die Dichtung insgesamt als ‚Nachahmung’<br />
(gr. Mimesis) von Charakteren und Handlungen. Dies<br />
geschehe auf verschie<strong>de</strong>ne Weise: lyrisch in einer<br />
musikalisch-rhythmischen Form, episch als eine durch<br />
<strong>de</strong>n Erzähler vermittelte Darstellung. Bei <strong>de</strong>r Gattung<br />
<strong>de</strong>s Dramas konzentriert Aristoteles sich auf <strong>de</strong>ren in<br />
<strong>de</strong>r Tradition höchste Ausprägung, die Tragödie (die<br />
an<strong>de</strong>re Hauptuntergattung ist die Komödie). Die Tragödie<br />
<strong>de</strong>finiert er in folgen<strong>de</strong>r Weise:<br />
Die Tragödie ist die Nachahmung [mimesis] einer edlen und abgeschlossenen Handlung [mythos] von einer<br />
bestimmten Größe in gewählter Re<strong>de</strong> [lexis], <strong>de</strong>rart, daß je<strong>de</strong> Form solcher Re<strong>de</strong> in geson<strong>de</strong>rten Teilen erscheint<br />
und daß gehan<strong>de</strong>lt und nicht berichtet wird und daß mit Hilfe von Mitleid [eleos] und Furcht [phobos]<br />
eine Reinigung von eben <strong>de</strong>rartigen Affekten [katharsis] bewerkstelligt wird.<br />
Aristoteles: Poetik, Kap. 6<br />
Diese Bestimmung war für die Entwicklung <strong>de</strong>s Dramas<br />
und auch <strong>de</strong>s Theaters von großer Be<strong>de</strong>utung, sie<br />
blieb durch die gesamte europäische Geschichte hindurch<br />
mehr o<strong>de</strong>r weniger gültig und beginnt erst im<br />
18. Jahrhun<strong>de</strong>rt – durch das Aufkommen <strong>de</strong>r autonomen<br />
o<strong>de</strong>r Genieästhetik – in <strong>de</strong>r Aufklärung und <strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>utschen Klassik an<strong>de</strong>ren Vorstellungen Platz zu<br />
machen. Dennoch sind wichtige Elemente <strong>de</strong>r Definition<br />
auch heute noch weitgehend gültig. Zum Beispiel<br />
die Feststellung, dass in <strong>de</strong>r Tragödie gehan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong><br />
und nicht berichtet. Diese einfache und uns eigentlich<br />
selbstverständliche Aussage hat weitreichen<strong>de</strong> Konsequenzen:<br />
� Die Akteure (etwa die Schauspieler) sind direkt<br />
in das Geschehen involviert: Zwar sind sie in<br />
Wirklichkeit nicht i<strong>de</strong>ntisch mit <strong>de</strong>n dargestellten<br />
Personen, aber für die Zeit <strong>de</strong>s Spiels wer<strong>de</strong>n<br />
sie mit ihnen sozusagen eins, bringen sich<br />
also mit ihrem gesamten Körper, mit Stimme,<br />
Gesten, Mimik etc. ein.<br />
� Die Zuschauer haben ebenfalls einen direkten<br />
Bezug, da sie (im traditionellen Theater) von<br />
<strong>de</strong>m Geschehen nur durch eine unsichtbare<br />
Wand getrennt sind. Es entfaltet sich jedoch<br />
(sieht man von mo<strong>de</strong>rnen Formen wie <strong>de</strong>m epischen<br />
Theater ab) eine große Illusionswirkung<br />
und ein spontanes Beteiligtsein, das theatrale<br />
Vorgänge als Mitspieler wie als Zuschauer gera<strong>de</strong><br />
für Kin<strong>de</strong>r wirksam macht.<br />
Quelle<br />
In <strong>de</strong>r Bestimmung <strong>de</strong>s Aristoteles erscheinen zwei<br />
zentrale Wesensmerkmale <strong>de</strong>s klassischen Dramas:<br />
die Konzentration auf <strong>de</strong>n Handlungsaspekt und die<br />
Wirkungsabsicht. Es geht bei Aristoteles immer um<br />
eine ‚reinigen<strong>de</strong>’ (kathartische) Einwirkung, die sich in<br />
<strong>de</strong>r Komm<strong>uni</strong>kation von im Theater Agieren<strong>de</strong>n und<br />
<strong>de</strong>n Zuschauern vollzieht; die dargestellte Handlung<br />
und die darstellen<strong>de</strong>n Personen (Schauspieler) müssen<br />
<strong>de</strong>shalb in beson<strong>de</strong>rs intensiver und emotionaler<br />
Weise erscheinen. Diese Maßgabe hatte ebenfalls<br />
eine intensive Wirkung, sie beeinflusste zum Beispiel<br />
das ‚Bürgerliche Trauerspiel’, das beson<strong>de</strong>rs LESSING<br />
im 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt in Deutschland gestaltete. Auch in<br />
SCHILLERS Vorstellung <strong>de</strong>r „Schaubühne als eine<br />
moralische Anstalt“ – so <strong>de</strong>r Titel seiner berühmten<br />
Re<strong>de</strong> von 1784 – geht es in starkem Maße um diesen<br />
Wirkungsaspekt, <strong>de</strong>r im Sinne einer moralischen ‚Vere<strong>de</strong>lung’<br />
<strong>de</strong>s Menschen gedacht wur<strong>de</strong>. Erst in <strong>de</strong>n<br />
mo<strong>de</strong>rnen Theaterformen <strong>de</strong>s späten 19. und <strong>de</strong>s 20.<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rts, beson<strong>de</strong>rs ausgeprägt im ‚Epischen<br />
Theater’ BRECHTS, löst man sich von <strong>de</strong>r Betonung<br />
<strong>de</strong>r affektiv-kathartischen Wirkfaktoren und betont<br />
zum Beispiel die Stimulation <strong>de</strong>s rationalen Erkenntnisvermögens<br />
<strong>de</strong>r Zuschauer.<br />
In Schillers Vortrag erscheint die Bühne als eine –<br />
gegenüber <strong>de</strong>r Kraft von Staat, Justiz und Religion –<br />
<strong>uni</strong>versell wirksame Institution zur Verbesserung <strong>de</strong>s<br />
Menschen – nicht nur vom Laster, son<strong>de</strong>rn auch von<br />
<strong>de</strong>r Dummheit:<br />
Wenn wir es unternehmen wollten, Lustspiel und Trauerspiel nach <strong>de</strong>m Maß <strong>de</strong>r erreichten Wirkung zu<br />
schätzen, so wür<strong>de</strong> vielleicht die Erfahrung <strong>de</strong>m ersten <strong>de</strong>n Vorrang geben. Spott und Verachtung verwun<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>n Stolz <strong>de</strong>r Menschen empfindlicher, als Verabscheuung sein Gewissen foltert. Vor <strong>de</strong>m Schrecklichen<br />
verkriecht sich unserer Feigheit, aber eben diese Feigheit überliefert uns <strong>de</strong>m Stachel <strong>de</strong>r Satire. Gesetz<br />
und Gewissen schützen uns oft vor Verbrechen und Lastern – Lächerlichkeiten verlangen einen eigenen<br />
feinern Sinn, <strong>de</strong>n wir nirgends mehr als vor <strong>de</strong>m Schauplatz üben. Vielleicht, daß wir einen Freund be-<br />
22
vollmächtigen, unsre Sitten und unser Herz anzugreifen, aber es kostet uns Mühe, ihm ein einziges Lachen<br />
zu vergeben. Unsere Vergehungen ertragen einen Aufseher und Richter, unsre Unarten kaum einen Zeugen.<br />
– Die Schaubühne allein kann unsre Schwächen belachen, weil sie unsrer Empfindlichkeit schont und<br />
<strong>de</strong>n schuldigen Thoren nicht wissen will. Ohne roth zu wer<strong>de</strong>n, sehen wir unsre Larve aus ihrem Spiegel fallen<br />
und danken insgeheim für die sanfte Ermahnung.<br />
Friedrich Schiller: Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet.<br />
Schiller sieht, wie das von ihm weiter unten verwen<strong>de</strong>te<br />
Bild <strong>de</strong>s Kanals zeigt, die theatrale Aktivität auch<br />
schon durchaus als einen komm<strong>uni</strong>kativen Prozess,<br />
<strong>de</strong>n er allerdings – im Sinne <strong>de</strong>s 18. Jahrhun<strong>de</strong>rts –<br />
Quelle<br />
eher als einen einseitig-pädagogischen (vom Lehren<strong>de</strong>n<br />
aus) versteht: Durch die Schaubühne sprechen<br />
die moralisch legitimierten Lehrmeister:<br />
„Die Schaubühne ist <strong>de</strong>r gemeinschaftliche Kanal, in welchen von <strong>de</strong>m <strong>de</strong>nken<strong>de</strong>n, bessern Theile <strong>de</strong>s<br />
Volks das Licht <strong>de</strong>r Weisheit herunterströmt und von da aus in mil<strong>de</strong>ren Strahlen durch <strong>de</strong>n ganzen Staat<br />
sich verbreitet. Richtigere Begriffe, geläuterte Grundsätze, reinere Gefühle fließen von hier durch alle A<strong>de</strong>rn<br />
<strong>de</strong>s Volks; <strong>de</strong>r Nebel <strong>de</strong>r Barbarei, <strong>de</strong>s finstern Aberglaubens verschwin<strong>de</strong>t, die Nacht weicht <strong>de</strong>m siegen<strong>de</strong>n<br />
Licht.“<br />
Friedrich Schiller: Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet.<br />
Lesen und Sehen<br />
Das Drama ist zwar ein Bestandteil <strong>de</strong>r literarischen<br />
Gattungen, aber es unterschei<strong>de</strong>t sich von <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n<br />
an<strong>de</strong>ren beson<strong>de</strong>rs in einem Punkt: durch seinen<br />
direkten Bezug zur körperlichen Realisierung <strong>de</strong>s Inhalts,<br />
eine Repräsentanz, <strong>de</strong>rer die epischen und lyrischen<br />
Gattungen nicht bedürfen. Wir kommen also<br />
hier zu einer möglichen und praktikablen Definition<br />
von Drama und Theater, die sich nicht an <strong>de</strong>n über-<br />
Quelle<br />
kommenen historischen und wirkungsästhetischen<br />
Grundsätzen orientiert, son<strong>de</strong>rn an <strong>de</strong>r Theatralität,<br />
<strong>de</strong>m Aufführungscharakter.<br />
Florian Vaßen <strong>de</strong>finiert im von Gerd Koch und Marianne<br />
Streisand herausgegebenen „Wörterbuch <strong>de</strong>r Theaterpädagogik“<br />
diesen zentralen theaterwissenschaftlichen<br />
Begriff:<br />
T(heatralität) ist zunächst Oberbegriff für die kollektiv produzierten, heterogenen Aspekte einer Theaterinszenierung<br />
und benennt somit die spezifische ,Ästhetizität‘ <strong>de</strong>s Theaters, zu <strong>de</strong>r die gesprochene Sprache<br />
(Prosodie), Mimik, Gestik und Bewegung/Proxemik (Kinesik), Kostüme, Masken, Frisur und Schminke, Requisiten,<br />
Dekoration und Beleuchtung <strong>de</strong>s Bühnenraums, Musik und Geräusche sowie audiovisuelle Medien<br />
gehören, aber auch die spezifische Komm<strong>uni</strong>kation von Bühne und Publikum, entsprechend <strong>de</strong>r Formel<br />
von Roland Barthes: Theater – Text = Theatralität. Versteht man die Inszenierung als theatralen Text,<br />
kann dieser mit Fischer-Lichte als eine ,strukturelle Transformation‘ <strong>de</strong>s dramatischen Textes verstan<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>r Inszenierungskonzeption als Zwischenglied dieser Intertextualität. Dieser Vorgang wird vor<br />
allem gelenkt von <strong>de</strong>m theatralen Potenzial, das <strong>de</strong>n Theater-Text konstituiert. Als theatrale Aspekte im<br />
Text mit ihrer inszenatorischen Intentionalität sind vor allem die Regieanweisungen zu nennen, aber auch<br />
ver<strong>de</strong>ckte szenische Beschreibungen, Titel, Zwischentitel und Projektionen, Auftritte, Abgänge und Szenenschlüsse,<br />
Handlungsrhythmus und Zeitbrüche sowie die Dialogführung. 13<br />
Arbeitsaufgaben<br />
1. Bitte recherchieren Sie die Ihnen unbekannten Begriffe, die in <strong>de</strong>m Lexikonbeitrag verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n.<br />
2. Versuchen Sie die Re<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r ‚strukturellen Transformation’ <strong>de</strong>s dramatischen Textes (= theatraler<br />
Text) an Beobachtungen zu einer Inszenierung zu konkretisieren.<br />
Der Ausgangstext (das im Druck vorfindliche ‚Drama’)<br />
kann zwar durch reine Lektüre bis zu einem gewissen<br />
Gra<strong>de</strong> erfasst wer<strong>de</strong>n, aber in <strong>de</strong>n meisten Fällen ist<br />
von Beginn an eine theatrale Transformation vorgesehen.<br />
Das Drama kann von hierher <strong>de</strong>finiert wer<strong>de</strong>n als<br />
ein poetischer Text, <strong>de</strong>r nicht nur zur Lektüre geschrieben<br />
wur<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn zur Aufführung auf <strong>de</strong>m<br />
Theater.<br />
23
Wir kommen hier zu <strong>de</strong>n gravieren<strong>de</strong>n Unterschie<strong>de</strong>n<br />
zwischen <strong>de</strong>m vornehmlich durch Einzellektüre rezipierten<br />
Text (das sind heute die meisten narrativen<br />
und lyrischen Texte, sehen wir von Vorlesesituationen,<br />
Hörbüchern etc. ab) und <strong>de</strong>m dramatischen. Wie die<br />
Rezeptionsforschung generell festgestellt hat, wird <strong>de</strong>r<br />
literarische Text erst dann sozusagen ‚vollständig’,<br />
wenn seine Unbestimmtheits- o<strong>de</strong>r Leerstellen in <strong>de</strong>r<br />
Rezeption ausgefüllt wer<strong>de</strong>n. Wolfgang Iser etwa betonte<br />
die komm<strong>uni</strong>kative Dimension <strong>de</strong>r literarischen<br />
Texte insgesamt, in<strong>de</strong>m er das Dialogische in <strong>de</strong>r Text-<br />
Leser-Beziehung untersuchte. 14<br />
Gilt dies generell für alle literarischen Texte, die ja<br />
generell größere Auslegungs- und Assoziationsspielräume<br />
eröffnen als Gebrauchs- o<strong>de</strong>r Sachtexte, so<br />
stellt sich dies für Drama und Theater noch einmal als<br />
beson<strong>de</strong>rs grundlegend dar.<br />
Exkurs zum Theaterpublikum 15<br />
Die heutigen Theaterbesucher wirken vereinzelt in<br />
ihren Reaktionen (o<strong>de</strong>r auch in ihrer Passivität), auch<br />
wenn sie sich zu Beifalls- wie Missfallenskundgebungen<br />
kurzzeitig ‚als Gemeinschaft’ zusammenfin<strong>de</strong>n.<br />
Früher war das ganz an<strong>de</strong>rs: Einerseits waren die<br />
Reaktionen <strong>de</strong>s Publikums wesentlich direkter und<br />
vehementer, an<strong>de</strong>rerseits bil<strong>de</strong>te sich in stärkerem<br />
Maße das Gefühl einer Zusammengehörigkeit aus.<br />
Dies gilt auch für das bürgerliche Theater, das im 18.<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rt entstand und seinen Höhepunkt im Bürgerlichen<br />
Trauerspiel von Lessing und an<strong>de</strong>ren Autoren<br />
hatte.<br />
Auf <strong>de</strong>r einen Seite fin<strong>de</strong>n wir hier eine Ten<strong>de</strong>nz zum<br />
rationalen Diskurs, einer systematisch aufgebauten,<br />
logisch nachvollziehbaren und psychologisch plausiblen<br />
Handlung für die neu entstehen<strong>de</strong> gebil<strong>de</strong>te und<br />
materiell saturierte bürgerliche Trägerschicht <strong>de</strong>s<br />
Publikums. Theater wird im 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt ganz zentral<br />
zu einem Verständigungsort <strong>de</strong>s Bürgertums (wie<br />
etwa auch die Caféhäuser, Freimaurerlogen, Lesegesellschaften),<br />
in <strong>de</strong>m die Probleme und Aspirationen<br />
dieser ökonomisch stärker wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n, politisch aber<br />
immer noch weitgehend rechtlosen Klasse thematisiert<br />
wer<strong>de</strong>n. Deshalb bil<strong>de</strong>n sich die ersten festen<br />
Theater – in Ablösung vom Feudaltheater - auch in<br />
<strong>de</strong>n Zentren <strong>de</strong>s Kaufmannsbürgertums, das erste<br />
<strong>de</strong>utsche Nationaltheater in Hamburg.<br />
Die Zuschauer erscheinen im bürgerlichen Theater als<br />
vom Geschehen virtuell abgetrennt, wie es in <strong>de</strong>r Annahme<br />
<strong>de</strong>r ‚Vierten Wand’ zum Ausdruck kommt. Dies<br />
ist die offene, <strong>de</strong>m Publikum zugewandte Bühnenseite<br />
im ‚Guckkastentheater’. Entschei<strong>de</strong>nd ist, dass die<br />
Schauspieler sich so verhalten, als ob es diese Wand<br />
nicht gäbe. Es besteht also keine Durchlässigkeit <strong>de</strong>r<br />
Interaktionen von Publikum und Darstellern:<br />
Dramatik/Theater zeichnet sich gegenüber <strong>de</strong>n überwiegend<br />
individuell rezipierten ‚Lesegattungen’ insbeson<strong>de</strong>re<br />
durch folgen<strong>de</strong> Merkmale aus, die an die<br />
komm<strong>uni</strong>kativen Potenzen angebun<strong>de</strong>n sind:<br />
� die unmittelbare Präsenz o<strong>de</strong>r Gegenwärtigkeit,<br />
die Agieren<strong>de</strong> wie Zuschauer in ihren verschie<strong>de</strong>nen<br />
Funktionen direkt in das Geschehen einbin<strong>de</strong>t,<br />
damit verbun<strong>de</strong>n das<br />
� regelhafte Fehlen einer vermitteln<strong>de</strong>n Instanz<br />
(Erzähler / lyrisches Ich)<br />
� die Verwendung einer Varietät von Medien, die<br />
zur Herstellung einer Theateraufführung nötig<br />
sind: Ton, Szenerie, Kulissen, Text etc., in <strong>de</strong>r<br />
Mo<strong>de</strong>rne auch Ton- und Bildprojektionen u.ä.<br />
Entwickelt sich das Theater als bürgerliche Institution<br />
seit <strong>de</strong>m 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt ten<strong>de</strong>nziell zu einem elitären,<br />
wortfixierten Diskurstheater (während sich im<br />
Bereich <strong>de</strong>s ‚Nie<strong>de</strong>ren’ burleskes, auf das Körperliche<br />
gerichtete Unterhaltungstheater herausbil<strong>de</strong>t), so wird<br />
es an<strong>de</strong>rerseits empfindsam, sentimental-isch, wie<br />
gera<strong>de</strong> Lessings Bürgerliche Trauerspiele zeigen, ebenso<br />
sein angestrebtes Hauptwirkungsmittel, das<br />
kathartische Mitleid, das die Zuschauer ergreifen und<br />
sittlich verbessern soll. Das Theater soll die I<strong>de</strong>ale <strong>de</strong>s<br />
Allgemein-Menschlichen, Humanen verkörpern und<br />
propagieren, und es schließt an<strong>de</strong>rerseits zunehmend<br />
die unteren Schichten aus. Die elitär-exklusive Ten<strong>de</strong>nz<br />
zeigt sich nicht zuletzt in <strong>de</strong>n hohen Eintrittspreisen<br />
und in <strong>de</strong>r heute noch bestehen<strong>de</strong>n Einteilung <strong>de</strong>r<br />
Sitze in unterschiedliche Raumzonen (Steh-, Sitzplätze,<br />
Parterre, Galerie, Loge).<br />
Alle Maßnahmen zur Ordnungsherstellung im Theater,<br />
die sich vor allem im Stadttheaterbetrieb <strong>de</strong>s 19.<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rts Bahn brachen (etwa die Einlasskontrollen,<br />
die Maßnahmen gegen ‚ausufern<strong>de</strong>’ Zuschauerreaktionen<br />
u.ä.), konnten nicht verhin<strong>de</strong>rn, dass das<br />
Theater – zumin<strong>de</strong>st teilweise - ein Ort spontaner<br />
Affektabfuhr blieb, bestimmt von <strong>de</strong>n Gefühlen <strong>de</strong>r<br />
Trauer, Freu<strong>de</strong>, von Lachen und Weinen – eine Funktion,<br />
die dann erst im 20. Jahrhun<strong>de</strong>rt weitgehend das<br />
Kino übernahm. Lessing hat es in seinen Bürgerlichen<br />
Trauerspielen „Miss Sara Sampson“ und „Emilia Galotti“<br />
zweifellos auf die Gefühlswirkung abgesehen,<br />
und – wie zeitgenössische Berichte zeigen - wur<strong>de</strong>n<br />
viele Aufführungen <strong>de</strong>r Dramen tatsächlich zu Orgien<br />
<strong>de</strong>s Weinens und Klagens, beson<strong>de</strong>rs über das<br />
schrecklich tragische Schicksal <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n weiblichen<br />
Heroinen.<br />
24
Spiel und Theaterspiel<br />
Dass Spiel und Theaterspiel eng nicht nur in einem<br />
semantischen Sinne zusammen gehören, versteht sich<br />
fast von selbst. Angelegt ist ein Bedürfnis nach Spielerischem.<br />
In vielfältigen Formen <strong>de</strong>s spontanen Spiels<br />
zeigt sich bereits bei kleinen Kin<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Impetus, die<br />
eigene Person für eine begrenzte Zeit zu ‚vergessen’<br />
und sich sozusagen eine neue I<strong>de</strong>ntität zuzulegen.<br />
Dies ist es ja auch letztlich, was im professionellen<br />
Theaterspiel sowie in vielen an<strong>de</strong>ren Spielformen<br />
(Rollenspiel, szenisches Spiel etc.) passiert.<br />
Selbstverständlich kann die Theaterarbeit in Schule<br />
und Vorschule an diesen vorliegen<strong>de</strong>n kindlichen Bedürfnissen<br />
anknüpfen. Zugleich zeigt sich hier eine<br />
Grenze: In diesen Institutionen (ebenso wie im spontanen<br />
Spiel auf <strong>de</strong>r Straße o<strong>de</strong>r im Kin<strong>de</strong>rzimmer)<br />
geht es nicht darum, einen bestimmten Standard <strong>de</strong>r<br />
Präsentation zu erreichen. Im Mittelpunkt stehen nicht<br />
ästhetische Vorstellungen und Normen, son<strong>de</strong>rn die<br />
Bedürfnisse, Fähigkeiten und Entwicklungsperspektiven<br />
<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r.<br />
Die partielle Kongruenz von Spiel und Theaterspiel<br />
zeigt sich auf verschie<strong>de</strong>nen Ebenen. Im Theaterspiels<br />
wer<strong>de</strong>n zwei komplementäre Aktivitäten stimuliert: das<br />
Sprechen und das Sich-Bewegen - bei<strong>de</strong> sind konstitutiv<br />
für das Menschsein. Im Gegensatz zum tierischen<br />
Spiel ist, so kann je<strong>de</strong>nfalls angenommen wer<strong>de</strong>n,<br />
dieses durch Sprache und Bewegung gestaltete Spiel<br />
von Vorstellungen begleitet, also symbolisch:<br />
„Menschliches Spiel ist fast von Anfang an ‚symbolisches’,<br />
stellt über Spieltätigkeiten und Gegenstän<strong>de</strong><br />
imaginierte Handlungen und Dinge dar. Das heißt<br />
aber, dass <strong>de</strong>n Spielen<strong>de</strong>n die Fiktivität ihres Han<strong>de</strong>ln<br />
bewusst ist.“ 16<br />
Schicht und Theater als Institution<br />
Neben <strong>de</strong>m Spielcharakter ist beim Einsatz <strong>de</strong>s Theaters<br />
in pädagogischen Zusammenhängen jeweils die<br />
soziale Differenzierung zu reflektieren. Das ‚normale’<br />
bürgerliche Erwachsenentheater ist seit seiner Entstehung<br />
eine sozial exklusive Institution. Trotz vielfältiger<br />
Versuche – beginnend mit <strong>de</strong>r institutionalisierten<br />
Arbeiterkultur im späten 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt bis etwa zu<br />
<strong>de</strong>n Ruhrfestspielen in Recklinghausen o<strong>de</strong>r vielen<br />
Versuchen einer Überwindung von sozialen Hemmschwellen<br />
- ist das Theater doch weitgehend in seinem<br />
bildungsbürgerlichen Umfeld geblieben. Dies hat sich<br />
möglicherweise im Zeitalter <strong>de</strong>r neuen Medien sogar<br />
noch verstärkt. Immerhin schätzt man <strong>de</strong>n Medienkonsum<br />
von Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen in <strong>de</strong>n USA<br />
zwischen 8 und 18 Jahren auf ca. 6,5 Stun<strong>de</strong>n täglich<br />
(2005). Demgegenüber gehört <strong>de</strong>r Theaterbesuch,<br />
insbeson<strong>de</strong>re ein regelmäßiger, nicht zum Erfahrungsbereich<br />
einer großen Zahl von Jugendlichen.<br />
Historische Verän<strong>de</strong>rungen sind hier festzuhalten:<br />
Die wesentlichen Merkmale <strong>de</strong>s menschlichen Spiels<br />
insgesamt lassen sich auch auf das Theaterspiel abbil<strong>de</strong>n:<br />
� Es verbin<strong>de</strong>t körperliche und geistig-emotionale<br />
Aspekte.<br />
� Es ist von Beginn vorstellungsgeleitet, symbolisch.<br />
� Es beruht auf <strong>de</strong>r bewussten Verbindung wie<br />
Trennung einer imaginativen und realen Sphäre<br />
� Es ist nicht auf das Kindheitsalter beschränkt,<br />
wird aber dort in seinen Grundzügen herausgebil<strong>de</strong>t.<br />
Gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>r letzte Aspekt ist wichtig, insbeson<strong>de</strong>re für<br />
das Kin<strong>de</strong>r- und Jugendtheater: Hiermit wird eine Verbindung<br />
aufgezeigt von <strong>de</strong>r Theaterschulung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r<br />
hin zum Theatergenuss und zur Spielpraxis im<br />
Erwachsenenalter.<br />
Weitere Aspekte sind ebenfalls von Be<strong>de</strong>utung: Im<br />
Theaterspiel wird das Zusammenwirken mit an<strong>de</strong>ren,<br />
also die Arbeit im Team, erprobt, insbeson<strong>de</strong>re die<br />
Konstruktion einer gemeinsamen Spielfiktion. 17 Aus<br />
<strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Stufen <strong>de</strong>s organisierten Spiels<br />
(einfache Rollenspiele – Phantasiespiele – Regelspiele<br />
– schließlich auch interaktive Computerspiele) lässt<br />
sich zusammenfassend folgern: „Phantasie und Kreativität<br />
sind [...] letzten En<strong>de</strong>s Ergebnis <strong>de</strong>r kindlichen<br />
Spieltätigkeit. Phantasie lässt sich als Spielen mit<br />
inneren Vorstellungen [...] bezeichnen, Kreativität als<br />
Anwendung dieser Fähigkeit auf das Lösen von Problemen<br />
[...].“ 18<br />
„Theater war bis zur Erfindung und Verbreitung von<br />
Film und Fernsehen das einzige Medium sinnlich bewegter<br />
Vergegenwärtigung entfernter o<strong>de</strong>r transzen<strong>de</strong>nter<br />
Vorgänge. Unzweifelhaft hat es bereits im 20.<br />
Jh. als kulturelle Institution an Be<strong>de</strong>utung eingebüßt;<br />
es wird zum speziellen Medium bestimmter Bevölkerungsgruppen<br />
und Schichten, wobei sich in Theaterskandalen<br />
immer noch <strong>de</strong>r Anspruch auf Öffentlichkeit<br />
und Allgemeinverbindlichkeit <strong>de</strong>r theatral inszenierten<br />
und repräsentierten Weltsicht bekun<strong>de</strong>t. 19<br />
Das Erwachsenentheater hat seine Massenunterhaltungsfunktion<br />
weitgehend verloren. Es bedient weitgehend<br />
die durch finanzielle Mittel, Milieuvoraussetzungen<br />
und Bildungsstandard privilegierten Bevölkerungsschichten.<br />
Für die Arbeit mit <strong>de</strong>m Theater in<br />
Kin<strong>de</strong>rgarten und Schule auf <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Ebenen<br />
(Theaterbesuche, -fahrten, -gastspiele, eigene<br />
25
Spielformen und Inszenierungen) ist die Exklusivität<br />
<strong>de</strong>s Theaters als Institution zunächst ein erschweren<strong>de</strong>r<br />
Faktor, wie sich immer wie<strong>de</strong>r zeigt, können hier<br />
jedoch Erlebnis-Spiel-Räume geschaffen wer<strong>de</strong>n. Dazu<br />
gehört allerdings eine möglichst differenzierte Analyse<br />
<strong>de</strong>r Voraussetzungen und Möglichkeiten sowie <strong>de</strong>r<br />
Qualifikationen, die man als Erzieher o<strong>de</strong>r Lehrer benötigt.<br />
Für das <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> be<strong>de</strong>utet die Exklusivierung <strong>de</strong>s<br />
Theaters insgesamt die Notwendigkeit, Kin<strong>de</strong>r aus<br />
Bevölkerungsgruppen zu erreichen, die bisher nicht<br />
nur ‚bildungsfern’, son<strong>de</strong>rn auch theaterfern sind. Nur<br />
in enger Zusammenarbeit von Kin<strong>de</strong>rgärten/Schulen,<br />
Theatern und Theaterpädagogen lassen sich Zugänge<br />
für Kin<strong>de</strong>r aus diesen Schichten auf breiterer Ebene<br />
herstellen.<br />
Dass durch eine solche intensive Arbeit Kin<strong>de</strong>r durchaus<br />
Lust am Theater gewinnen können, zeigt etwa ein<br />
Bericht über das "Spielarten"-Festival (Bühnenpädagogik<br />
für Schüler) in verschie<strong>de</strong>nen Städten Nordrhein-Westfalens<br />
2007:<br />
Mucksmäuschen still sitzen die Kin<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Aula ihrer Schule und folgen aufmerksam <strong>de</strong>n Anweisungen<br />
von Birgit Günster. "Psst! Nicht sprechen!" zischen sie sich bei <strong>de</strong>r Übung zu. Die Theaterpädagogin erklärt,<br />
wie "Freeze" funktioniert: Die Schüler laufen durch <strong>de</strong>n Raum und halten inne, sobald die Musik stoppt. Sie<br />
"frieren" ein. Ein paar Kin<strong>de</strong>r kichern, aber alle machen konzentriert mit.<br />
Bei <strong>de</strong>r nächsten Übung zeigen die Schüler schauspielerisches Talent: Ein Stuhl dient als Requisit, ein<br />
Schüler verharrt in einer Position, ein weiterer ergänzt das Bild durch eine dazu passen<strong>de</strong> Geste.<br />
Die Mitschüler staunen mit offenen Mün<strong>de</strong>rn, wie mit kleinen Gesten eine ganz neue Stimmung erzeugt<br />
wer<strong>de</strong>n kann. "Dieses Freeze macht richtig Spaß. Das könnten wir auch mal auf <strong>de</strong>m Schulhof spielen", fin<strong>de</strong>t<br />
<strong>de</strong>r zehnjährige Noah. "Ich fin<strong>de</strong> Theater besser als Fernsehen, weil das live ist." Weitläufige Vorurteile,<br />
Kin<strong>de</strong>r von heute seien nicht begeisterungsfähig, säßen nur vor <strong>de</strong>r Glotze, kann Christoph Freihals wi<strong>de</strong>rlegen:<br />
"Die Schüler machen enthusiastisch mit. Bis auf wenige Ausnahmen waren alle schon öfters im Theater,<br />
haben sich Kin<strong>de</strong>rstücke, Musicals, Puppenspiele o<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>ropern angeschaut", sagt <strong>de</strong>r 41-jährige<br />
Deutschlehrer.<br />
http://www.wdr.<strong>de</strong>/radio/schulportal2007/schulwelt_hautnah/archiv/spielarten_festival/in<strong>de</strong>x.phtml.<br />
Wesentlich für die ästhetische Erziehung ist das soziale<br />
und in beson<strong>de</strong>rem Maße forschen<strong>de</strong> Lernen. Es<br />
geht darum, in einem möglichst umfassen<strong>de</strong>n Sinne<br />
Materialerfahrungen zu machen, in diesem Falle sich<br />
mit <strong>de</strong>m Theatermedium in möglichst intensiver Weise<br />
auseinan<strong>de</strong>rzusetzen. Gera<strong>de</strong> im Bereich <strong>de</strong>r ästhetischen<br />
Erziehung muss darauf geachtet wer<strong>de</strong>n, dass<br />
es nicht bei einer passiv-rezeptiven Haltung bleibt,<br />
son<strong>de</strong>rn dass die Kin<strong>de</strong>r sich möglichst aktiv mit <strong>de</strong>m<br />
Geschehen auseinan<strong>de</strong>rsetzen und selber produktiv<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Dies be<strong>de</strong>utet einen starken Gegensatz etwa zu <strong>de</strong>n<br />
Bildungszielen <strong>de</strong>r ästhetischen Erziehung im traditionellen<br />
Gymnasium, was wie<strong>de</strong>rum beson<strong>de</strong>rs gut an<br />
<strong>de</strong>n Bereichen Drama und Theater gezeigt wer<strong>de</strong>n<br />
kann. Die sog. höhere Bildung bemühte sich vor allem<br />
darum, die analytischen Fähigkeiten <strong>de</strong>r Schüler im<br />
Quelle<br />
Rahmen bildungsbürgerlicher Vorgaben zu schulen.<br />
Dafür war es wichtig, einen Dramentext fachgerecht<br />
analysieren und Theateraufführungen – im Sinne eines<br />
Theaterkritikers – beurteilen zu können. Der Horizont<br />
blieb aber im Wesentlichen auf das professionelle<br />
Theater beschränkt, auch wenn vielleicht einige Szenen<br />
nachgespielt o<strong>de</strong>r Monologe <strong>de</strong>klamiert wur<strong>de</strong>n.<br />
Eher im Sinne einer durch einzelne Lehrerpersonen<br />
stimulierten Liebhaberei wur<strong>de</strong>n auch Theater-AGs<br />
o<strong>de</strong>r das Schultheater genutzt. Ästhetische und Theatererziehung<br />
gera<strong>de</strong> im Elementarbereich muss aber<br />
an<strong>de</strong>re Ziele haben, insbeson<strong>de</strong>re das, Lust zu wecken<br />
auf eine intensive, altergemäße und möglichst<br />
selbständige Nutzung <strong>de</strong>s Mediums, ohne dass Perfektionsansprüche<br />
die freie Entfaltung behin<strong>de</strong>rn.<br />
Anmerkungen<br />
10Nach Erika Fischer-Lichte: Theater. In: Reallexikon <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Literaturwissenschaft. Neubearb. d. Reallexikons <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Literaturgeschichte.<br />
Hg. v. Jan-Dirk Müller. Bd. III. Berlin 2003, S. 619-624; Martin Ottmers: Drama. In: Reallexikon <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />
Literaturwissenschaft. Neubearb. d. Reallexikons <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Literaturgeschichte. Hg. v. Klaus Weimar. Bd. I. Berlin 19972003,<br />
S. 392-396.<br />
11Erika Fischer-Lichte: Semiotik <strong>de</strong>s Theaters. Bd.1: Das System <strong>de</strong>r theatralischen Zeichen. 3. Aufl. Tübingen 1994, S. 15.<br />
12Helmar Schramm: Karneval <strong>de</strong>s Denkens. Theatralität im Spiegel philosophischer Texte <strong>de</strong>s 16. und 17. Jahrhun<strong>de</strong>rts. Berlin 1996,<br />
S. 258.<br />
13Gerd Koch / Marianne Streisand, Hg.: Wörterbuch <strong>de</strong>r Theaterpädagogik. Berlin 2003, S. 331 (Anm. ausgelassen).<br />
14Vgl. Wolfgang Iser: Der Akt <strong>de</strong>s Lesens. Theorie ästhetischer Wirkung. München 1976; <strong>de</strong>rs: Die Appellstruktur <strong>de</strong>r Texte. Konstanz<br />
1974.<br />
15Grundlage: http://www.medienlinks.<strong>de</strong>/sonntag/theater.shtml.<br />
26
16Johannes Merkel: Gebil<strong>de</strong>te Kindheit. Wie die Selbstbildung von Kin<strong>de</strong>rn geför<strong>de</strong>rt wird. Handbuch <strong>de</strong>r Bildungsarbeit im Elementarbereich.<br />
Bremen 2005, S. 137.<br />
17Vgl. Merkel: Gebil<strong>de</strong>te Kindheit, 142.<br />
18Merkel: Gebil<strong>de</strong>te Kindheit. S. 147.<br />
19Koch/Streisand: Wörterbuch <strong>de</strong>r Theaterpädagogik, S. 175.<br />
27
6. Entwicklungsstationen<br />
<strong>de</strong>s Theaters und speziell <strong>de</strong>s <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>s<br />
Entwicklungsaspekte: Theater – vom Mimesisgebot zur Mo<strong>de</strong>rne<br />
Dass die theatrale Darstellung im Sinne einer Abbildung<br />
o<strong>de</strong>r Abspiegelung auf die Wirklichkeit bezogen<br />
sei, war als Mimesis-Gebot bis in die Neuzeit hinein<br />
selbstverständlich. Ebenso wie etwa in <strong>de</strong>r Bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Kunst ging es (außer in extremen) Richtungen zwar<br />
nicht um eine ‚naturalistische’ Wie<strong>de</strong>rgabe <strong>de</strong>s Wirklichen,<br />
dieses musste aber in <strong>de</strong>m entstan<strong>de</strong>nen Arte-<br />
fakt erkennbar bleiben. Diese Grundströmung verlor<br />
sich erst mit <strong>de</strong>n historischen Avantgar<strong>de</strong>n seit <strong>de</strong>m<br />
späten 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt – in <strong>de</strong>r Bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Kunst ebenso<br />
wie auf <strong>de</strong>m Theater, Kunstformen, die die<br />
realitätsspiegeln<strong>de</strong>n Funktionen zu großen Teilen an<br />
die Fotographie und <strong>de</strong>n Film, also die technisch reproduzierbaren<br />
Künste abgaben.<br />
Anmerkung zum Mimesis Begriff<br />
Historisch gesehen wur<strong>de</strong> das Nachahmungsgebot in <strong>de</strong>n Künsten seit <strong>de</strong>r Antike fast nie als passive Abspiegelung<br />
verstan<strong>de</strong>n. Vielmehr wur<strong>de</strong>n, verstärkt in <strong>de</strong>r Neuzeit, die aktiven und produktiven Potenzen<br />
<strong>de</strong>s künstlerischen Aktes betont. „In <strong>de</strong>r Renaissance gewinnt die Mimesis in <strong>de</strong>r bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Kunst <strong>de</strong>n Charakter<br />
eines schöpferischen Vorgangs mit starken Eigenanteilen <strong>de</strong>s nachahmen<strong>de</strong>n Subjekts, das seinen<br />
Blick auf <strong>de</strong>n beson<strong>de</strong>ren Ausdruck <strong>de</strong>r nachgeahmten Tatbestän<strong>de</strong> legt. Die ersten künstlerischen Selbstbildnisse<br />
können als Zeichen <strong>de</strong>s zunehmen<strong>de</strong>n Bewusstseins einer subjektiven Selbstschöpfung im mimetischen<br />
Prozess angesehen wer<strong>de</strong>n.“ 20<br />
Natürlich aber war das Verhältnis von Realität und<br />
ihrer künstlerischen Darstellung (wie die Realitätswahrnehmung<br />
überhaupt) seit je komplex. Die Wirklichkeit<br />
tritt uns als eine gemachte, konstruierte, in<br />
beson<strong>de</strong>rer Weise vermittelte entgegen. Dies kann<br />
zunächst als eine allgemeine Wesensbestimmung<br />
verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, bezogen aber auf die aktuelle<br />
Gegenwart und auf <strong>de</strong>n hier in Frage stehen<strong>de</strong>n Gegenstandsbereich<br />
gewinnt die Eingangsbehauptung<br />
beson<strong>de</strong>re Brisanz: Die von uns erfahrene Wirklichkeit<br />
kann niemals mit <strong>de</strong>r theatralen Darstellung i<strong>de</strong>ntisch<br />
Bühnenformen<br />
Die Guckkastenbühne war bis ins 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt die<br />
vorherrschen<strong>de</strong> Bühnenform. Im Gegensatz zu <strong>de</strong>n auf<br />
<strong>de</strong>r Skizze sichtbaren älteren Bühnenformen (auf die<br />
sein, je<strong>de</strong>r naturalistischen Abbildtheorie ist damit<br />
eine Absage erteilt. Freilich folgte man über viele Jahrhun<strong>de</strong>rte<br />
einem durchaus eng verstan<strong>de</strong>nen Mimesisgebot<br />
und machte in <strong>de</strong>r theatralen Inszenierung <strong>de</strong>n<br />
Versuch, qua Illusionierung etwas <strong>de</strong>m Realen Analoges<br />
darzustellen. Dies hatte Konsequenzen natürlich<br />
nicht nur für <strong>de</strong>n Produktionsprozess <strong>de</strong>s Dramenschreibens,<br />
son<strong>de</strong>rn vor allem auch für die Form <strong>de</strong>r<br />
Inszenierung, die in <strong>de</strong>r illusionistischen Guckkastenbühne<br />
ihren höchsten Ausdruck fand.<br />
wir nicht weiter eingehen wer<strong>de</strong>n), gibt es hier drei<br />
Wän<strong>de</strong>, nur die vierte Wand fehlt, und dort öffnet sich<br />
die Bühne zum Publikum hin, das Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>s her-<br />
28
kömmlichen Stadt-, aber auch <strong>de</strong>s Marionetten- o<strong>de</strong>r<br />
Schultheaters. Die Guckkastenbühne (und ähnliche<br />
Bühnenformen) ermöglichte in beson<strong>de</strong>rs starkem<br />
Maße das, worauf es <strong>de</strong>m Theater etwa <strong>de</strong>s Naturalismus<br />
ankam: eine möglichst illusionsstarke Wirkung<br />
– die Zuschauer sollten für die Zeit <strong>de</strong>s Theatererlebnisses<br />
‚vergessen’, dass sie sich hier nicht in ein einem<br />
realen Raum befin<strong>de</strong>n.<br />
Trotz verschie<strong>de</strong>ner technischer Verfeinerungen ist die<br />
Guckkastenbühne bis heute die dominieren<strong>de</strong> Bühnenform,<br />
und wir verbin<strong>de</strong>n sie auch mit unserer Vorstellung<br />
von <strong>de</strong>m, was Theater eigentlich sei. Neben<br />
<strong>de</strong>r Intimität (Abgeschlossenheit) <strong>de</strong>r Bühnenvorgänge<br />
und –personen ist damit zugleich auch eine bestimmte<br />
hierarchische Dimensionierung gegeben: ein Hell-<br />
Dunkel-Verhältnis und ein Höhenunterschied (Bühnen-,<br />
Zuschauerraum). Durch diese klaren Trennungen<br />
wer<strong>de</strong>n die Interaktionen gesteuert: Es ergeben sich<br />
spontane Reaktionen gewöhnlich nur in eine Richtung,<br />
nämlich vom Bühnengeschehen her in <strong>de</strong>n Zuschauerraum.<br />
Eine Öffnung hin zu symmetrischen, wechselseitigen<br />
Komm<strong>uni</strong>kationsformen ist nur in Ausnahmefällen<br />
herzustellen (etwa in Formen <strong>de</strong>s mo<strong>de</strong>rnen Avantgar<strong>de</strong>theaters).<br />
Eine ganz an<strong>de</strong>re Situation ergibt<br />
sich, wenn das Theater <strong>de</strong>r ‚Vierten Wand’ gesprengt<br />
Die Wen<strong>de</strong> zur ‚postdramatischen’ Theaterkonzeption<br />
Den Begriff <strong>de</strong>s ‚postdramatischen Theaters’ hat <strong>de</strong>r<br />
Theaterwissenschaftler Hans-Thies Lehmann mit seinem<br />
Buch von 1999 in die <strong>de</strong>utsche Diskussion eingeführt.<br />
Die Theaterpädagogin Ulrike Hentschel nahm<br />
<strong>de</strong>n Begriff auf und versuchte ihn in ein Konzept ästhetischer<br />
Bildung zu integrieren. Bei<strong>de</strong> Bücher sind<br />
für die gegenwärtige Diskussion von zentraler Be<strong>de</strong>utung<br />
und sollten in einem Kursprogramm zum zeitgenössischen<br />
Kin<strong>de</strong>r- und Jugendtheater <strong>de</strong>shalb in<br />
Auszügen gelesen und bearbeitet wer<strong>de</strong>n.<br />
Der Begriff <strong>de</strong>s postdramatischen Theaters ist zunächst<br />
analog gebil<strong>de</strong>t zu <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r ‚Postmo<strong>de</strong>rne’ und<br />
bezeichnet wie dieser eine Phase, in <strong>de</strong>r auf einen<br />
einheitlichen Traditionsbestand nicht mehr zurückgegriffen<br />
wer<strong>de</strong>n kann und vielfältige neue Spiel- und<br />
Ausdrucksformen entstehen, die ihrerseits in keiner<br />
hierarchischen Ordnung stehen.<br />
In unserem Zusammenhang geht es nicht um rein<br />
theoretische Erwägungen, son<strong>de</strong>rn um Spielräume,<br />
die sich gera<strong>de</strong> auch für das Kin<strong>de</strong>r- und Jugendtheater<br />
ergeben können. Das postdramatische Theater<br />
zeigt klar zwei Ten<strong>de</strong>nzen:<br />
1. eine Abkehr von <strong>de</strong>r Dominanz <strong>de</strong>s schriftlichen<br />
Spieltextes, also letztlich auch von einem einseitig<br />
literarisch gerichteten Theater; <strong>de</strong>r Text „nur<br />
als Element, Schicht und ‚Material’ <strong>de</strong>r szenischen<br />
Gestaltung, nicht als [...] Herrscher“ 22 ,<br />
wird, was bei <strong>de</strong>n meisten Formen <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>r- und<br />
Schultheaters <strong>de</strong>r Fall ist.<br />
Gegenüber <strong>de</strong>r Dominanz <strong>de</strong>s Realismus auf <strong>de</strong>r Bühne<br />
ist bei <strong>de</strong>n experimentellen Theaterbewegungen<br />
<strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong>de</strong>rts und beson<strong>de</strong>rs heute eine Ten<strong>de</strong>nz<br />
zur 'Retheatralisierung' zu beobachten, die die<br />
verschie<strong>de</strong>nen Schulen bis hin zu Brechts und Piscators<br />
epischem Drama vereint. Generell kann gesagt<br />
wer<strong>de</strong>n: „Das naturalistische Drama und Theater bzw.<br />
große Teile davon zeigten die Wirklichkeit, als ob sie<br />
nicht gezeigt wür<strong>de</strong>. Das spätere Drama und Theater<br />
dagegen zeigten, daß sie sie zeigten.“ 21<br />
Im Laufe <strong>de</strong>r Zeit entwickelte sich zu<strong>de</strong>m eine gewisse<br />
Arbeitsteilung: Die Illusion einer ‚zweiten Welt’, die<br />
Wirkung <strong>de</strong>s ‚schönen Scheins’ ist im Laufe <strong>de</strong>r Zeit<br />
wegen seiner intensiven technischen und inszenatorischen<br />
Wirkungen auf <strong>de</strong>n Film (teilweise auch auf das<br />
Fernsehen) übergegangen, während sich zumin<strong>de</strong>st<br />
das anspruchsvollere ‚Kunsttheater’ in an<strong>de</strong>re Richtungen<br />
bewegte. Diese Entlastung vom ‚Zwang <strong>de</strong>r<br />
Illusion’ schafft für das <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> durchaus neue<br />
Ausdrucksmöglichkeiten, was sich in <strong>de</strong>n vielfältigen<br />
beson<strong>de</strong>rs seit <strong>de</strong>n 1970er Jahren entstan<strong>de</strong>nen Ansätze<br />
zeigt.<br />
2. eine Offenheit in <strong>de</strong>n verwen<strong>de</strong>ten Ausdrucksformen,<br />
unter <strong>de</strong>nen die Sprache jetzt lediglich<br />
eine ist,<br />
3. eine Konzentration auf Leiblichkeit und körperliche<br />
Interaktion: In <strong>de</strong>n Worten Lehmanns: „Lebenselixier<br />
<strong>de</strong>s Theaters ist die Konfrontation<br />
<strong>de</strong>s Zuschauers mit lebendigen Menschen.“ 23<br />
Althergebrachte Prinzipien <strong>de</strong>s Erwachsenentheaters<br />
stehen so zur Disposition: die festgefügten, weitgehend<br />
linearen Narrationen (Fabel), auch die konventionalisierte<br />
Figurenre<strong>de</strong> (Dialogstrukturen). Erstrebt<br />
wird eine Offenheit o<strong>de</strong>r auch „autonome Theatralik“<br />
24 . Entschei<strong>de</strong>nd sind Unmittelbarkeit und Körperlichkeit<br />
<strong>de</strong>s theatralen Aktes (einschl. Bewegung, Tanz<br />
Gesten, Skulpturen u.ä.), und gera<strong>de</strong> hier kann die<br />
Konzeption <strong>de</strong>s postdramatischen Theaters das mo<strong>de</strong>rne<br />
<strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> unterstützen und befruchten:<br />
„Theater ist nicht allein <strong>de</strong>r Ort <strong>de</strong>r schweren Körper,<br />
son<strong>de</strong>rn auch <strong>de</strong>r realen Versammlung, an <strong>de</strong>m eine<br />
einzigartige Überschneidung von ästhetisch organisiertem<br />
und alltäglich realem Leben geschieht. Im Unterschied<br />
zu allen Künsten <strong>de</strong>s Objekts und <strong>de</strong>r medialen<br />
Vermittlung fin<strong>de</strong>t hier sowohl <strong>de</strong>r ästhetische Akt<br />
selbst (das Spiel), als auch <strong>de</strong>r Akt <strong>de</strong>r Rezeption (<strong>de</strong>r<br />
Theaterbesuch) als reales Tun in einem Hier und Jetzt<br />
statt. Theater heißt: eine von <strong>de</strong>n Akteuren und Zuschauern<br />
gemeinsam verbrachte und gemeinsam<br />
verbrauchte Lebenszeit in <strong>de</strong>r gemeinsam geatmeten<br />
29
Luft jenes Raums, in <strong>de</strong>m das Theaterspielen und das<br />
Zuschauen vor sich gehen.“ 25<br />
Zusammenfassung <strong>de</strong>r Unterschie<strong>de</strong> 26<br />
Dramatisches Theater<br />
Zugleich beansprucht das postdramatische Theater<br />
auf die neuen medialen Bedingungen produktiv zu<br />
reagieren, sie mitzureflektieren und selektiv in ihrem<br />
Aufführungsrahmen zu integrieren.<br />
Postdramatisches Theater<br />
Text und Handlung Vorrang <strong>de</strong>s Textes und <strong>de</strong>r Narration Vorrang <strong>de</strong>s Phänomens<br />
Bühne und Raum Der Schauspieler steht im Mittelpunkt Vorrang <strong>de</strong>r Bildwirkung<br />
Intention<br />
Schauspieler<br />
Interpretation<br />
Intendierte Handlungen<br />
Kontemplation<br />
Menschen sind gestische Skulpturen<br />
Zeit Theater erzeugt “Traumzeit” Ästhetik <strong>de</strong>r Realzeit<br />
Konzept Gang <strong>de</strong>r Handlung Das Geschehen als fortwähren<strong>de</strong> Verwandlung<br />
http://www.fo-net.<strong>de</strong>/Literatur/Gegenwartsliteratur/Drama_<strong>de</strong>r_90er_Jahre/hauptteil_drama_<strong>de</strong>r_90er_jahre.html<br />
Die hier kurz beschriebenen zentralen Bestimmungen<br />
einer ‚postdramatischen Theaterkonzeption’ erscheinen<br />
zunächst abstrakt, können aber durchaus auf<br />
konkrete Spielformen <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>r- und Jugendtheaters<br />
bezogen wer<strong>de</strong>n. Denn letztlich ist hier eine Möglichkeit<br />
zur Befreiung von festen Regeln vorgezeichnet,<br />
die gera<strong>de</strong> eine Stärke <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>r- und Jugendtheaters<br />
freisetzen können: Unmittelbarkeit<br />
und Authentizität.<br />
Vorteile postdramatischen Theaters<br />
Quelle<br />
Dieser Bezug wird in einem Artikel von Adam Domanski,<br />
einem das Theaterspiel praktizieren<strong>de</strong>n damals<br />
19jährigen Schüler, <strong>de</strong>utlich, <strong>de</strong>r 2004 in <strong>de</strong>r<br />
Zeitschrift „narrenfreiheit“ erschien. Wir wollen hier<br />
die Passagen zitieren, die sich direkt auf das Theater<br />
für jüngere Menschen (hier das Schultheater) beziehen:<br />
Als Vorbild für einen freien Umgang mit <strong>de</strong>r Vorlage haben sich nach meinen<br />
Erfahrungen als Spieler und Zuschauer Formen bewährt, die sich an das anlehnen, was Hans-Thies Lehmann<br />
unter <strong>de</strong>m Begriff <strong>de</strong>s postdramatischen Theaters subsumiert. In<strong>de</strong>m es sich von <strong>de</strong>r Hegemonie <strong>de</strong>s<br />
dramatischen Textes verabschie<strong>de</strong>t, öffnet es dramaturgisch völlig neue Möglichkeiten im Bau eines Stückes.<br />
Im Gegensatz zum klassischen Theater erlaubt das postdramatische Theater starke Kürzungen am<br />
Text, Aktualisierungen und je<strong>de</strong> Form von Verän<strong>de</strong>rungen o<strong>de</strong>r Verschnitten mit an<strong>de</strong>ren Texten. Als Schüler<br />
macht man Theater mit <strong>de</strong>r Erwartung, eine Vielzahl seiner künstlerischen Interessen, Vorlieben und<br />
Qualitäten verarbeiten und vorstellen zu können. Wenn ich ein Lied habe, das mich beson<strong>de</strong>rs berührt,<br />
möchte ich es mit an<strong>de</strong>ren teilen, und wenn ich einen Text geschrieben habe, möchte ich ihn vorlesen.<br />
Solchen Bedürfnissen sollte das Schultheater nachgehen. Das postdramatische Theater erhebt in keinem<br />
Augenblick <strong>de</strong>n anachronistischen Anspruch <strong>de</strong>r „Werktreue“ und bietet in diesem Zusammenhang eine<br />
Vielzahl von theatralen Mitteln, die sich i<strong>de</strong>al dazu eignen, einen schülerfreundlichen Umgang mit <strong>de</strong>r Vorlage<br />
ästhetisch umzusetzen. Schüler können, in Anlehnung an das postdramatische Theater, nach Belieben<br />
aktuelle Bezüge herstellen, eigene Texte in das Stück mit einfließen lassen, über für sie nicht relevante Teile<br />
<strong>de</strong>s Stückes hinwegsehen und dafür neue, von ihnen gewählte Aspekte mit einbringen. Auch die Fabel<br />
als solche spielt hier keine übergeordnete Rolle mehr, sodass eine lineare Erzählstruktur von nun an nicht<br />
mehr erfor<strong>de</strong>rlich zu sein scheint; Diskontinuität wird nicht mehr als handwerklicher Mangel angesehen,<br />
son<strong>de</strong>rn bewusst als ästhetisches Mittel eingesetzt. Letztendlich korrespondiert eine solche Erzählform viel<br />
stärker mit <strong>de</strong>r jugendlichen Rezeption von Alltag und Medien, die sich in ihrer Sprunghaftigkeit, in ihrer<br />
Suche nach Orientierung und in ihrer Vielschichtigkeit ohnehin kaum an einem roten Fa<strong>de</strong>n orientiert.<br />
In<strong>de</strong>m sich das postdramatische Theater von je<strong>de</strong>r psychologischen Tiefendimension <strong>de</strong>r Figuren distanziert,<br />
entlastet es das Schultheater in einem weiteren wichtigen Punkt: Es gibt schließlich nichts Schlimme-<br />
30
es als einen Schüler, <strong>de</strong>r sich, auf <strong>de</strong>r Bühne exponiert, vergeblich im i<strong>de</strong>ntifikatorischen Spiel versucht,<br />
während er mit seitenlangen Monologen kämpft. Die Verantwortung für die Wirkung einer Szene kann mit<br />
Hilfe postdramatischer Mittel gleichmäßiger verteilt wer<strong>de</strong>n. Der Text kann zum Beispiel vom Chor gesprochen<br />
wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r akustisch und optisch weitaus präsenter ist als <strong>de</strong>r einzelne Spieler, welcher somit nicht<br />
mehr Gefahr läuft, sich auf <strong>de</strong>r Bühne unfreiwillig bloßzustellen.<br />
Da Schüler und Spielleiter grundsätzlich nicht professionell genug sind, um ein einziges theatrales Mittel<br />
hinreichend pointiert einzusetzen, sollten sie <strong>de</strong>shalb versuchen, aus einem größeren Repertoire an Mitteln<br />
zu schöpfen, um diese abwechselnd, überschnei<strong>de</strong>nd, simultan, wenn auch nicht beliebig, einzusetzen. Die<br />
postdramatische Non-Hierarchie, die Hinwendung zur Heterogenität, eine ästhetische Vielfalt und ein<br />
gleichberechtigter Einsatz verschie<strong>de</strong>nster Mittel können <strong>de</strong>m Schultheater nur zugute kommen. Die Grenzen<br />
verschie<strong>de</strong>ner Genres zerfließen, so dass man Tanz, Pantomime, Slapstick und Gesang, um nur wenige<br />
Beispiele zu nennen, frei kombinieren kann, je nach<strong>de</strong>m, wie die Begabungen <strong>de</strong>r Schüler ausgerichtet<br />
sind bzw. was die Schüler am Theater interessiert. Selbst die Grenzen zwischen Theater und Film verwischen<br />
und wer<strong>de</strong>n so paradoxerweise stärker erfahrbar.<br />
Da <strong>de</strong>n Schülern im Laufe einer Produktion grundsätzlich <strong>de</strong>r Unterschied zwischen Theater und Film bewusst<br />
wer<strong>de</strong>n sollte, eignet sich ein Theater, welches unter an<strong>de</strong>rem mit <strong>de</strong>m Einsatz von Medien, schnellen<br />
Schnitten und abgeän<strong>de</strong>rten Filmdialogen spielt, ausgezeichnet, um Jugendliche auf die eigenen Qualitäten<br />
<strong>de</strong>s Theaters hin zu sensibilisieren. Wenn man bei Schülern ein <strong>de</strong>rartiges Bewusstsein nicht weckt,<br />
wer<strong>de</strong>n sie immer <strong>de</strong>n Anspruch realistischer und texttreuer Darstellungsformen erheben, da sie eine an<strong>de</strong>re<br />
Form <strong>de</strong>r Behauptung von Realität nie kennen gelernt haben. Man muss ihnen zeigen, wie spannend<br />
es ist, das Theater als das zu verstehen, was es wirklich ist, nämlich wirklich in einem verspieltspielerischen<br />
und nicht-illusionistischen Sinne.<br />
„Ästhetik <strong>de</strong>r Unentscheidbarkeit“<br />
Hans-Thies Lehmann <strong>de</strong>finiert Theater als „eine von Akteuren und Zuschauern gemeinsam verbrachte und<br />
gemeinsam verbrauchte Lebenszeit in <strong>de</strong>r gemeinsam geatmeten Luft jenes Raums, in <strong>de</strong>m das Theaterspielen<br />
und das Zuschauen vor sich gehen“. Darauf sollten Schüler und Spielleiter sich einlassen, mit <strong>de</strong>n<br />
damit verknüpften Bedingungen spielen und lernen, damit adäquat umzugehen. So sollte man die Achse<br />
zum Publikum öffnen, mit <strong>de</strong>m Publikum komm<strong>uni</strong>zieren, es in <strong>de</strong>n Bühnenvorgang integrieren und an <strong>de</strong>r<br />
Inszenierung auf verschie<strong>de</strong>nsten Ebenen teilhaben lassen. Mimetische, psychologisieren<strong>de</strong> Darstellungsformen<br />
wer<strong>de</strong>n suspendiert und durch an<strong>de</strong>re Mittel, wie zum Beispiel durch stilisierte Darstellungsweisen,<br />
ersetzt. Momente <strong>de</strong>r Ein<strong>de</strong>utigkeit wer<strong>de</strong>n vermie<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r Zuschauer muss in inszenatorisch gesetzten<br />
Momenten für sich selbst entschei<strong>de</strong>n, wie die verwen<strong>de</strong>ten Zeichen zu <strong>de</strong>uten sind. Unter Umstän<strong>de</strong>n<br />
kann es in diesem Zuge auch sehr spannend sein, <strong>de</strong>n Zuschauer bewusst zu irritieren, in<strong>de</strong>m man sich die<br />
postdramatische „Ästhetik <strong>de</strong>r Unentscheidbarkeit“ als Mittel aneignet. Es sind Momente, in <strong>de</strong>nen nicht<br />
<strong>de</strong>utlich wird, ob das Bühnengeschehen inszeniert o<strong>de</strong>r einfach real ist, die Grenzen zwischen Form und<br />
Improvisation können und sollten bewusst verschwimmen.<br />
Hier kommt das postdramatische Theater <strong>de</strong>n spielerischen Fähigkeiten <strong>de</strong>r Schüler entgegen: Verlängerte<br />
Pausen, Versprecher, Texthänger, Fragen an das Publikum und (inszenierte) privatisieren<strong>de</strong> Momente haben<br />
aus <strong>de</strong>n eben genannten Grün<strong>de</strong>n eine beson<strong>de</strong>re Wirkung und verlangen <strong>de</strong>n Schülern spielerisch<br />
keine überdurchschnittlichen Kompetenzen ab. Der Zuschauer hingegen wird stärker gefor<strong>de</strong>rt, er muss<br />
sich konzentrieren, mit<strong>de</strong>nken und das, was auf <strong>de</strong>r Bühne unter Umstän<strong>de</strong>n nur ange<strong>de</strong>utet wird, kreativ<br />
ergänzen. Ich möchte nicht behaupten, dass das Schultheater ohne <strong>de</strong>n Einsatz postdramatischer Elemente<br />
nicht auch wertvoll sein kann, es zeichnet sich in meinen Augen lediglich eine positive Ten<strong>de</strong>nz im Schultheater<br />
ab, die mit <strong>de</strong>m verstärkten Einsatz postdramatischer Elemente einhergeht. Ich habe als Spieler erfahren<br />
- und viele Schultheatergruppen haben gezeigt -, dass, bewusst o<strong>de</strong>r unbewusst, <strong>de</strong>r Einsatz postdramatischer<br />
Mittel über die Tücken und Hür<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Theatermachens hinweg hilft, Schüler mit ihren Bedürfnissen<br />
verstärkt berücksichtigt, in <strong>de</strong>n Prozess involvieren und Inszenierungen schlichtweg besser machen<br />
kann. Sie haben gezeigt, wie Schultheater sich als eigenes und selbstbewusstes Genre behaupten<br />
kann, weil es sich seiner Formen und Grenzen gewärtig wird, dass ein Publikum trotz<strong>de</strong>m o<strong>de</strong>r gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>swegen<br />
dazu bereit ist, sich mit ehrlicher Begeisterung auf das einzulassen, was auf <strong>de</strong>r Bühne geschieht.<br />
Und das Publikum hat doch immer irgendwie Recht - im Theater noch mehr als beim Fußball.<br />
31
Quelle<br />
Adam Domanski: Schultheater muß postdramatisch sein. Einwurf aus <strong>de</strong>m Jenseits. In: Narrenfreiheit. Zeitschrift für das Darstellen<strong>de</strong><br />
Spiel an Bremer Schulen. No. 32, 18. Jg. Dez. 2004, S. 28-30.<br />
Stellungnahme, Kritik zum Text von Domanski<br />
� Was wären ‚postdramatische’ Mittel konkret im <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>?<br />
� Wie ist die Abkehr von Psychologisierung und mimetischer Darstellung zu beurteilen? Was be<strong>de</strong>utet<br />
dies konkret für Inszenierungen?<br />
� Wie könnten bei diesem Konzept mo<strong>de</strong>rne Medien eingesetzt wer<strong>de</strong>n (Beispiele aus Aufführungen)?<br />
Aufgabe<br />
1. Versuchen Sie, eine Episo<strong>de</strong> aus einer Erzählung für Kin<strong>de</strong>r im Sinne <strong>de</strong>r postdramatischen Konzeption<br />
umzuschreiben, in<strong>de</strong>m Sie Regieanweisungen formulieren. Betonen Sie dabei<br />
� die Komm<strong>uni</strong>kation mit <strong>de</strong>m Publikum,<br />
� die szenisch-gestischen Aktionen,<br />
� die Anwendung verschie<strong>de</strong>nartiger Mittel (Pantomime, Slapstick, Tanz, Gesang u.ä.).<br />
2. Suchen Sie eine Kin<strong>de</strong>rerzählung heraus, die sich gut für eine solche Umsetzung eignet.<br />
Hans-Thies Lehmann: Postdramatisches Theater. 2. Aufl. Frankfurt/M. 2001 (Einl.).<br />
Lesehinweise<br />
Ulrike Hentschel: Theaterspielen als ästhetische Bildung. Über einen Beitrag produktiven künstlerischen Gestaltens zur Selbstbildung.<br />
Weinheim 1996 (vor allem die Abschnitte zum Theaterspiel als ästhetische Bildung, S. 135-249).<br />
Anmerkungen<br />
20Koch/Streisand: Wörterbuch <strong>de</strong>r Theaterpädagogik, S. 200.<br />
21Franz Norbert Mennemeier: Aspekte <strong>de</strong>s naturalistischen Dramas <strong>de</strong>r Jahrhun<strong>de</strong>rtwen<strong>de</strong> - von Emile Zola<br />
bis Arthur Schnitzler. In: Dieter Kafitz, Hg.: Drama und Theater <strong>de</strong>r Jahrhun<strong>de</strong>rtwen<strong>de</strong>. Tübingen 1991,<br />
S. 3.<br />
22Hans-Thies Lehmann: Postdramatisches Theater. 2. Aufl. Frankfurt/M. 2001, S. 13.<br />
23Frankfurter Rundschau, 26.09.2007.<br />
24Lehmann: Postdramatisches Theater, S. 14.<br />
25Lehmann: Postdramatisches Theater, S. 12.<br />
26Nach: http://www.fo-net.<strong>de</strong>/Literatur/Gegenwartsliteratur/Drama_<strong>de</strong>r_90er_Jahre/hauptteil_drama_<strong>de</strong>r_90er_<br />
jahre.html.<br />
32
7. Beispiel<br />
Arbeit mit einem neueren Stück <strong>de</strong>s <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>s<br />
In dieser Sitzung sollen Merkmale <strong>de</strong>s Theatralischen<br />
und auch schon spezielle Züge <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rdramas-<br />
und <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>s an einem Beispiel herausgearbeitet<br />
wer<strong>de</strong>n. Es geht insbeson<strong>de</strong>re darum, die verschie<strong>de</strong>nen<br />
Elemente <strong>de</strong>r Stücke auf inhaltlicher wie<br />
Vorschläge für Stücke<br />
Vorstellung, Rezension<br />
formaler Ebene zu zeigen und Kriterien für eine fundierte<br />
Rezension zu erarbeiten. Es sollte in je<strong>de</strong>m Fall<br />
darauf geachtet wer<strong>de</strong>n, dass auf eine gera<strong>de</strong> laufen<strong>de</strong><br />
Aufführung zurückgegriffen wer<strong>de</strong>n kann, da es die<br />
Fixierung auf <strong>de</strong>n reinen Text überwun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n soll.<br />
Rudolf Herfurtner<br />
Spatz Fritz. Schauspiel nach <strong>de</strong>m Bil<strong>de</strong>rbuch „Ratzenspatz“ (f. Kin<strong>de</strong>r ab 5 Jahren)<br />
Spatz Fritz verunglückt bei seinem ersten Flugversuch<br />
und lan<strong>de</strong>t im Keller von Frau Maier. Glücklicherweise<br />
ist Frau Maier Rattenliebhaberin, sehr zum Ärger ihres<br />
Nachbarn Herrn Huber. In Frau Maiers Keller hausen<br />
ganz außergewöhnliche Tiere - eine Schiffsratte, eine<br />
Katt und Fredda sind lange Zeit unterwegs gewesen.<br />
Eine Reise liegt hinter ihnen, die voll von Mühen und<br />
Strapazen war, voller Sehnsucht und Angst. Dann<br />
haben sie einen, ihren Raum gefun<strong>de</strong>n, haben es<br />
geschafft ins Trockene zu kommen. Diesen Raum<br />
haben sie sich schön eingerichtet. Alles ist da was sie<br />
brauchen: Zwei Stühle, zwei Teller, die Dinge <strong>de</strong>s täglichen<br />
Lebens. Perfekt eingerichtet, gemütlich, friedlich<br />
und ungestört.<br />
Warum sollte es nicht immer so bleiben, hofft Fredda.<br />
Zunächst lebt <strong>de</strong>r kleine Maulwurf glücklich und zufrie<strong>de</strong>n<br />
unter seiner bunten Wiese und bud<strong>de</strong>lt je<strong>de</strong><br />
menge Hügel. Sehr zum Leidwesen <strong>de</strong>s Bauern. Dann<br />
zerstören Bagger die Wohnung von Grabowski, <strong>de</strong>nn<br />
auf <strong>de</strong>r Wiese soll ein 19stöckiges Hochhaus gebaut<br />
Laborratte und eine Leseratte. Gemeinsam retten sie<br />
Spatz Fritz und bringen ihm das Fliegen bei. Das gefällt<br />
dann auch Herrn Huber, <strong>de</strong>r ein großer Vogelliebhaber<br />
ist.<br />
Ingeborg von Zadow<br />
Besuch bei Katt und Fredda (f. Kin<strong>de</strong>r ab 7 Jahren)<br />
Und da ist Miranda. Sie zieht draußen umher, von<br />
einem Ort zum an<strong>de</strong>ren. Miranda kommt vorbei und<br />
will einfach mal reinkommen. Miranda will auch gerne<br />
alles zusammen machen, mit an<strong>de</strong>ren Leuten, dann<br />
macht das Leben mehr Spaß. Und so ist plötzlich Besuch<br />
da bei Katt und Fredda. Und schnell ist nichts<br />
mehr so, wie es vorher war. Ist Platz für drei, wo vorher<br />
alles nur für zwei eingerichtet war? Wer spielt mit<br />
wem, und wer bleibt draußen?<br />
Luis Murschetz<br />
Der Maulwurf Grabowski (Puppentheater) (f. Kin<strong>de</strong>r ab 4 Jahren)<br />
wer<strong>de</strong>n. Also, was bleibt <strong>de</strong>m Maulwurf an<strong>de</strong>res übrig<br />
als auszuwan<strong>de</strong>rn und sich eine neue Bleibe zu suchen?<br />
Auf <strong>de</strong>r Suche besteht Grabowski so manche<br />
Abenteuer. Aber das Stück nach <strong>de</strong>m Buch von Luis<br />
Murschetz fin<strong>de</strong>t ein glückliches En<strong>de</strong>.<br />
Astrid Lindgren<br />
Karlsson vom Dach (Puppentheater) (Medienverbund) (f. Kin<strong>de</strong>r ab 6 Jahren)<br />
Auf <strong>de</strong>m Dach eines ganz gewöhnlichen Stockholmer<br />
Hauses, direkt neben <strong>de</strong>m Schornstein, wohnt ein<br />
schöner und kluger und gera<strong>de</strong> richtig dicker Mann in<br />
<strong>de</strong>n besten Jahren: Karlsson vom Dach. Das weiß bloß<br />
keiner, außer Lillebror natürlich, einem ganz gewöhnlichen<br />
Stockholmer Jungen. Denn Karlsson kommt<br />
immer zu ihm durch das offene Fenster geflogen.<br />
Karlsson braucht nämlich nur an einem Knopf zu drehen,<br />
<strong>de</strong>r mitten vor seinem Nabel sitzt, und dann<br />
springt <strong>de</strong>r kleine Propeller an, <strong>de</strong>n er auf <strong>de</strong>m Rücken<br />
hat. Der allerbeste Karlsson <strong>de</strong>r Welt kann aber noch<br />
viel mehr. Er ist ein herrlicher Spielkamerad und steht<br />
33
Lillebror im Kampf gegen böse Einbrecher und vor<br />
allem gegen die eiserne Haushälterin Frau Bock tat-<br />
Die zweite Prinzessin hat es satt, immer und ewig nur<br />
die Zweite zu sein. Und dann hat ihre ältere Schwester<br />
auch noch Geburtstag. Dieser Geburtstag bringt es mit<br />
sich, dass die erste Prinzessin eine ganze Stun<strong>de</strong><br />
länger aufbleiben, auf <strong>de</strong>m königlichen Pony reiten<br />
und mit <strong>de</strong>m König und <strong>de</strong>r Königin auf <strong>de</strong>n Balkon<br />
hinaus treten darf, um zu winken. Und dann auch<br />
noch die ganzen Geschenke, die die erste Prinzessin<br />
bekommen hat. Die zweite beklagt sich bitterlich: »Je<strong>de</strong>r<br />
darf Kleine zu mir sagen, ich muss ihre alten Kla-<br />
kräftig zur Seite.<br />
Gertrud Pigor<br />
Die zweite Prinzessin (f. Kin<strong>de</strong>r ab 4 Jahren)<br />
motten auftragen.« Deshalb <strong>de</strong>nkt sie sich lauter<br />
schlimme Sachen aus, um ihre Schwester loszuwer<strong>de</strong>n.<br />
Damit sie endlich die Einzige ist. Nur eine Stimme<br />
aus <strong>de</strong>m Radio lässt sich nicht beeindrucken und<br />
berichtet <strong>de</strong>r kleinen Prinzessin unermüdlich vom<br />
wun<strong>de</strong>rbaren Glück einer perfekten Familie. Als die<br />
Situation sich entschei<strong>de</strong>nd zuspitzt ist klar, dass<br />
dringend ein königliches Machtwort gesprochen wer<strong>de</strong>n<br />
muss, damit alle wie<strong>de</strong>r glücklich und zufrie<strong>de</strong>n<br />
leben können.<br />
[Die Auswahl <strong>de</strong>r Stücke erfolgte nach Durchsicht <strong>de</strong>s aktuellen Spielplans von <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>n verschie<strong>de</strong>ner Art<br />
in Bremen und Umgebung 2007.]<br />
Behandlung und Rezensierung eines <strong>de</strong>r Stücke<br />
Dem „Du<strong>de</strong>n“ gemäß ist eine Rezension die „1. kritische<br />
Besprechung eines Buches, einer wissenschaftlichen<br />
Veröffentlichung, künstlerischen Darbietung o.<br />
ä., bes. in einer Zeitung od. Zeitschrift.“ Mit einer Rezension<br />
verfolgt man die Absicht, ein Theaterstück<br />
� inhaltlich und von <strong>de</strong>r Inszenierung her zu erfassen,<br />
� die wichtigsten Merkmale zu beschreiben,<br />
� <strong>de</strong>n Kontext zu erklären,<br />
Warum Rezensionen lesen? Warum Rezensionen schreiben?<br />
Warum Theaterrezensionen? Und wie?<br />
� zu einer kritischen Einschätzung zu gelangen,<br />
� die Leser zu informieren und von <strong>de</strong>r eigenen<br />
Sichtweise zu überzeugen.<br />
Im Falle <strong>de</strong>r Rezension eines <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>stücks<br />
wären folgen<strong>de</strong> Elemente in je<strong>de</strong>m Falle zu beachten:<br />
Elemente einer Rezension<br />
1. Inhaltlicher Überblick<br />
� kurze Zusammenfassung <strong>de</strong>s Textes, in diesem Falle <strong>de</strong>s Ausgangstextes (schriftliche Fassung <strong>de</strong>s<br />
Dramas), beson<strong>de</strong>rs aber <strong>de</strong>s Handlungsverlaufs <strong>de</strong>r Inszenierung. Auf Kürzungen o<strong>de</strong>r be<strong>de</strong>utsame<br />
Unterschie<strong>de</strong> kann hier schon hingewiesen wer<strong>de</strong>n.<br />
� Zusätzlich einleitend: Angaben zum Text: Wo, wann erschienen, geschrieben, aufgeführt?<br />
� Welches Genre? (Märchenspiel, Adaption von Bil<strong>de</strong>rbuch o<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rbuch, Puppen-/Fingerspiel etc.)<br />
� Spezifische Merkmale für die Theateraufführung:<br />
� Text und Textbearbeitung <strong>de</strong>s Stückes (Dramaturgie)<br />
� Regie<br />
� Szenenbild, Kulissen<br />
� Schauspieler<br />
� Ton, Musik<br />
� Effekte<br />
� Erkennbare Absichten <strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r Aufführung Beteiligten<br />
� Folgen <strong>de</strong>r Theaterorganisation, <strong>de</strong>s Budgets, <strong>de</strong>r technischen Anlagen etc. auf die Inszenierung<br />
34
2. Kontextualisierung<br />
� Die Theateraufführung wird in <strong>de</strong>n Zusammenhängen besprochen, in <strong>de</strong>nen sie entstan<strong>de</strong>n ist – und in<br />
<strong>de</strong>nen sie referiert wird. An welche Diskussion knüpft die Rezension an? Aus welcher Tradition / Perspektive<br />
/ Theorierichtung argumentiert <strong>de</strong>r Autor?<br />
3. Reaktionen <strong>de</strong>s Publikums<br />
� Möglichst genaue Registrierung <strong>de</strong>r Zuschauerreaktionen gera<strong>de</strong> beim <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>, Verän<strong>de</strong>rungen<br />
während <strong>de</strong>r Aufführung<br />
4. Wertung<br />
� Die Wertung sollte die bisher behan<strong>de</strong>lten Merkmale einbeziehen und vor allem folgen<strong>de</strong> Punkte umfassen:<br />
� künstlerischer Wert <strong>de</strong>r Aufführung<br />
� Altersgemäßheit <strong>de</strong>r Inszenierung<br />
� Brauchbarkeit in verschie<strong>de</strong>nen Zusammenhängen<br />
5. Eigene Stellungnahme<br />
� Hier geht es um die persönliche Schlusseinschätzung: Hat mir die Aufführung etwas gegeben, fand ich<br />
sie interessant, unterhaltsam, komisch, langweilig, provokativ, ärgerlich, ausufernd?<br />
35
Was ist Theaterpädagogik?<br />
8. Theaterpädagogik<br />
und was man damit machen kann<br />
Theaterpädagogik ist eine recht junge Disziplin, die<br />
nach eigenem Selbstverständnis vermitteln will zwischen<br />
<strong>de</strong>n Bedürfnissen <strong>de</strong>s Theaters und <strong>de</strong>r dort<br />
Tätigen mit verschie<strong>de</strong>nen Institutionen <strong>de</strong>r Pädagogik,<br />
<strong>de</strong>r Erwachsenenbildung und <strong>de</strong>s sozialen Lebens.<br />
Es sind eigene Ausbildungsrichtlinien erarbeitet wor<strong>de</strong>n,<br />
und <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sverband Theaterpädagogik (BuT<br />
e.V.) vertritt inhaltlich und stan<strong>de</strong>spolitisch die dort<br />
Tätigen. Im Einzelnen wer<strong>de</strong>n die Theaterpädagogen<br />
in folgen<strong>de</strong>n Bereichen tätig:<br />
Theaterpädagogen arbeiten in Wirtschaft und Industrie,<br />
in therapeutischen Bereichen vor allem jedoch<br />
auch in pädagogischen Berufsfel<strong>de</strong>rn, etwa in Kin<strong>de</strong>rgärten<br />
und Schulen. Es geht ihnen vor allem um die<br />
Vermittlung von künstlerischen wie pädagogischen<br />
o<strong>de</strong>r auch rein praktischen Fertigkeiten, die mit <strong>de</strong>r<br />
Produktion und Rezeption theatraler Aufführungen zu<br />
tun haben. Theaterpädagogen arbeiten teilweise direkt<br />
an Theatern, sie beschäftigen sich (natürlich in<br />
Kooperation mit vielen an<strong>de</strong>ren Beteiligten) mit <strong>de</strong>r<br />
Auswahl <strong>de</strong>r Spielpläne, vor allem aber mit <strong>de</strong>r Verbindung<br />
<strong>de</strong>s Theaters zum Publikum, auch und gera<strong>de</strong><br />
mit <strong>de</strong>r Erschließung neuer ‚Konsumentengruppen’.<br />
So wer<strong>de</strong>n Führungen angeboten o<strong>de</strong>r Gespräche mit<br />
Regisseuren, Schauspielern o<strong>de</strong>r Dramaturgen organisiert.<br />
Über solche eher traditionelle Aufgabenstellungen<br />
hinaus kommen Theaterpädagogen aber auch in<br />
Schulen und an<strong>de</strong>re pädagogische und soziale Einrichtungen<br />
und unterstützen etwa die Kooperation von<br />
Schulen und Theatern bei bestimmten Projekten. Die<br />
Jugendinitiative KINDER ZUM OLYMP! bün<strong>de</strong>lt verschie<strong>de</strong>ne<br />
Ansätze in <strong>de</strong>n Län<strong>de</strong>rn. Auf ihren Internetseiten<br />
[http://www.kin<strong>de</strong>r-zum-olymp.<strong>de</strong>], in einem<br />
Handbuch und in weiteren Publikationen stellt sie die<br />
vielfältigen Aktivitäten dar, die sich unter einem weiten<br />
Begriff von ästhetischer Bildung entwickelt haben. In<br />
<strong>de</strong>r Funktionsbestimmung heißt es:<br />
„Kultur ist nicht Luxus, son<strong>de</strong>rn Notwendigkeit. Kunst und Kultur zu för<strong>de</strong>rn und zu bewahren ist Aufgabe<br />
<strong>de</strong>r Kulturstiftung <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r. Unsere Verantwortung gilt <strong>de</strong>shalb auch <strong>de</strong>r Zukunft – und damit <strong>de</strong>r Jugend.<br />
Warum eine Jugendinitiative?<br />
Weil Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche oft kaum eine Chance haben, Kunst und Kultur zu ent<strong>de</strong>cken!<br />
KINDER ZUM OLYMP! will Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche für die Vielfalt unserer Kultur begeistern und damit ihre<br />
Kreativität und Fantasie för<strong>de</strong>rn. Um Kunst und Kultur fest im Leben von Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen zu verankern,<br />
müssen wir neue Wege beschreiten, vom Kin<strong>de</strong>rgarten bis zum Schulabschluss.<br />
Was uns zusätzlich motiviert: Die neuere Entwicklungsphysiologie hat die Notwendigkeit ästhetischer Bildung<br />
für die Entwicklung von Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen auch wissenschaftlich belegt und die enormen<br />
Aufnahmekapazitäten gera<strong>de</strong> im frühesten Kin<strong>de</strong>s- und Jugendalter aufgezeigt.<br />
Deshalb will KINDER ZUM OLYMP! Kin<strong>de</strong>r, Kunst und Kultur <strong>de</strong>utschlandweit zusammenbringen - quer<br />
durch alle kulturellen Sparten. Es geht darum, gute I<strong>de</strong>en, die sich in <strong>de</strong>r Praxis bewährt haben, nach außen<br />
zu komm<strong>uni</strong>zieren und an<strong>de</strong>re damit zur Nachahmung zu motivieren.<br />
Die Initiative entstand in Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>n Kulturabteilungen <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>m Max-Planck-Institut<br />
für Bildungsforschung in Berlin sowie <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>szentrale für politische Bildung.<br />
Neben <strong>de</strong>r praktischen Arbeit (und damit verbun<strong>de</strong>n)<br />
versucht sich die Theaterpädagogik seit einiger Zeit –<br />
analog zur Theaterwissenschaft – als Forschungsdis-<br />
ziplin zu etablieren. Zu nennen ist hier insbeson<strong>de</strong>re<br />
die grundlegen<strong>de</strong> Arbeit von Ulrike Hentschel „Theaterspielen<br />
als ästhetische Bildung“ von 1996.<br />
Literatur<br />
Karin von Welck, Hg.: Kin<strong>de</strong>r zum Olymp! Wege zur Kultur für Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche. Köln 2004.<br />
Ulrike Hentschel: Theaterspielen als ästhetische Bildung. Über einen Beitrag produktiven künstlerischen Gestaltens zur Selbstbildung.<br />
Weinheim 1996.<br />
36
Praktisches Beispiel<br />
Ein interessantes praktisches Beispiel zur pädagogischen<br />
Wirkung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>r- und Jugendtheaters bei<br />
enger Kooperation <strong>de</strong>r beteiligten Schulen, Theater<br />
und Theaterpädagogen ist das<br />
PROJEKT Walter-Gropius-Schule und Stadttheater<br />
Hil<strong>de</strong>sheim: „Das Theater macht mich voll weich“.<br />
Es wird hier versucht, die Arbeit mit einem ‚Klassiker’,<br />
Schillers „Räuber“, mit Klassen <strong>de</strong>s Berufsvorbereitungsjahres<br />
(BVJ) <strong>de</strong>r Hil<strong>de</strong>sheimer Werner-von-<br />
Siemens-Schule konkret für die aktuelle Aufgabe <strong>de</strong>r<br />
Gewaltprävention zu nutzen.<br />
Trotz großer Probleme bei <strong>de</strong>r konkreten Proben- und<br />
Inszenierungsarbeit gelang es doch letztlich, die angestrebten<br />
Ziele zu erreichen:<br />
„Wenn es in <strong>de</strong>r Schule Krach gibt, kommen die Jugendlichen tagelang nicht mehr. Hier waren sie am<br />
nächsten Morgen wie<strong>de</strong>r zur Stelle.“ Ihre Kollegin Conny Törber bestätigt: „Ich habe noch nie erlebt, dass<br />
die Schüler über so eine lange Distanz durchgehalten haben und dass so ein schönes Ergebnis dabei herausgekommen<br />
ist.“ Die „Räuber“ seien <strong>de</strong>r Beweis, dass es sich nicht um Schüler han<strong>de</strong>le, „die man<br />
betreuen o<strong>de</strong>r bewachen muss. Wenn man ihnen die Möglichkeiten gibt, können sie je<strong>de</strong> Menge selbst auf<br />
die Beine stellen“.<br />
zeitzeichen. Evangelische Kommentare zu Religion und Gesellschaft Internet: www.zeitzeichen.net.<br />
Das Stadttheater Hil<strong>de</strong>sheim organisiert in Zusammenarbeit<br />
mit Theaterpädagogen Workshops zum<br />
Theater und zur theaterpraktischen Arbeit insgesamt,<br />
Quelle<br />
die <strong>de</strong>n Beteiligten das nötige Know how für die konkrete<br />
Arbeit in Bildungsinstitutionen geben.<br />
Hil<strong>de</strong>sheimer Kulturlehrplan: Die theaterpraktischen Workshops vermitteln einerseits Fachwissen, d. h.<br />
die Kompetenz, das komplexe Medium Theater zu lesen und zu verstehen und erhöhen damit <strong>de</strong>n Genuss<br />
am Theater. An<strong>de</strong>rerseits wer<strong>de</strong>n im Rahmen <strong>de</strong>r Workshops soziale Fähigkeiten trainiert und sogenannte<br />
"soft skills" in <strong>de</strong>r spielerischen Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit Theaterszenen, Figuren und Texten gefor<strong>de</strong>rt und<br />
geför<strong>de</strong>rt: Es wer<strong>de</strong>n Wahrnehmung und Beobachtung, Einfühlungsvermögen, Kreativität, Teamfähigkeit,<br />
Integrationsbereitschaft, Neugier, Verhandlungsführung, Kritikfähigkeit geschult, aber auch Menschenkenntnis,<br />
Durchsetzungsvermögen und nicht zuletzt ein gesun<strong>de</strong>s Selbstbewusstsein gebil<strong>de</strong>t. Herausragen<strong>de</strong>s<br />
Beispielprojekt für eine solche Arbeit war in dieser Spielzeit die Produktion "Räuber", in <strong>de</strong>r Schüler<br />
<strong>de</strong>r BVJ-Klassen <strong>de</strong>r Walter Gropius-Schule, Jugendliche aus <strong>de</strong>n "klassisch bildungsfernen" Schichten, unter<br />
professioneller Regie das Schiller-Drama "Die Räuber" auf die Bühne brachten (dokumentiert u a. von<br />
Spiegel TV).<br />
Quelle<br />
http://www.theaterkanal.<strong>de</strong>/theater/<strong>de</strong>utschland/nie<strong>de</strong>rsachsen/hil<strong>de</strong>sheim/645/stadttheater_hil<strong>de</strong>sheim_initiiert_hil<strong>de</strong>sheimer_ku<br />
lturlehrplan/.<br />
Theater als didaktische Metapher<br />
Das Lehren kann auch als ‚Kunst’ betrachtet wer<strong>de</strong>n –<br />
und wur<strong>de</strong> es früher auch. Heute ist dieser Blickwinkel<br />
weitgehend in Vergessenheit geraten, das Lehren wird<br />
immer mehr zu einer formal erlernbaren, operationalisierbaren<br />
und quantifizierbaren Technik.<br />
Gun<strong>de</strong>l Mattenklott weist aber interessanterweise in<br />
ihrem Buch „Grundschule <strong>de</strong>r Künste“ auf Gemeinsamkeiten<br />
von Theaterspiel und pädagogischdidaktischen<br />
Prozessen hin. Das Theater als Metapher<br />
ermöglicht gera<strong>de</strong> im Horizont <strong>de</strong>r musischästhetischen<br />
Erziehung bis zu einem gewissen Gra<strong>de</strong><br />
eine Vereinigung <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n zunächst antagonistisch<br />
erscheinen<strong>de</strong>n Bereiche. 27 Es wären hier vor allem<br />
folgen<strong>de</strong> Analogien zu nennen:<br />
a) Schule genau wie theatrale Inszenierung stellt<br />
jeweils Handlungen und Situationen dar, die mit<br />
realen nicht i<strong>de</strong>ntisch sind. Man könnte sagen,<br />
dass die bei<strong>de</strong>n Bereiche überhaupt nur aus<br />
diesem Grun<strong>de</strong> funktionieren: Ohne dass Kin<strong>de</strong>r<br />
bereit wären, Wissen und Orientierungen Weltsimulierend<br />
aufzunehmen o<strong>de</strong>r zu antizipieren,<br />
wären schulische Prozesse gar nicht <strong>de</strong>nkbar.<br />
Dies be<strong>de</strong>utet zugleich, dass auf die Fähigkeit<br />
zur Apperzeption <strong>de</strong>s Imaginativen und Symbolhaften<br />
zurückgegriffen wird: „Wir stellen uns<br />
jetzt einmal vor…“ D.h. in schulischen Prozessen<br />
wird Welt verkleinert und zugleich symbolhaft<br />
abgebil<strong>de</strong>t, eine Tatsache, die sie mit künstlerischen<br />
Produkten, insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>m Theater<br />
teilt.<br />
37
) Folgt man diesem Gedankengang, so lässt sich<br />
die Tätigkeit <strong>de</strong>s Lehrers und Erziehers in an<strong>de</strong>rer<br />
Weise beschreiben, und zwar so, wie sie traditionell<br />
in pädagogischen Konzeptionen immer<br />
beschrieben wur<strong>de</strong>: als Künstler. Reformpädagogische<br />
Mo<strong>de</strong>lle etwa betonen seit jeher diese<br />
künstlerisch-kreative Seite, ebenso das Schulsystem<br />
an<strong>de</strong>rer Län<strong>de</strong>r (etwa in Skandinavien).<br />
Zugleich befin<strong>de</strong>t sich ein solches Konzept im<br />
Gegensatz zu neueren technokratischen Mo<strong>de</strong>llen,<br />
die ja gera<strong>de</strong> das Kalkulierbare und Planbare<br />
von Bildungsprozessen betonen und instrumentalisierbar<br />
zu machen versuchen. Was wir<br />
zur Zeit, bis hin zur <strong>Universität</strong>, beobachten, ist<br />
<strong>de</strong>r umfassen<strong>de</strong> Versuch, zu einer Standardisierung<br />
von Bildung zu gelangen, die zwar im Sinne<br />
einer globalisierten Wirtschaft funktionieren<br />
mag, jedoch zugleich das Individuelle, Spontane,<br />
Einmalige und Kreative aus Bildung weitgehend<br />
verbannt bzw. – ein Wi<strong>de</strong>rspruch in sich<br />
selbst - regulieren möchte.<br />
c) Die Theatermetapher betont das spontan Ungeplante,<br />
Einmalige von Bildungsprozessen, aber<br />
zugleich auch <strong>de</strong>ren Charakter als Gemeinschaftsprojekt.<br />
Es han<strong>de</strong>lt sich im gelungenen<br />
erzieherischen Gemeinschaftsprojekt genau wie<br />
beim Theater um ein arbeitsteiliges, von vielen<br />
unterschiedlichen Persönlichkeiten gesteuertes<br />
Phasen <strong>de</strong>r Theaterpädagogik<br />
Kin<strong>de</strong>r-, Jugend- o<strong>de</strong>r Schultheater wur<strong>de</strong> historisch<br />
häufig gedacht als eine rudimentäre Form <strong>de</strong>s Erwachsenentheaters,<br />
das sich wie<strong>de</strong>rum in erster Linie<br />
literarisch verstand: Versucht wur<strong>de</strong>, auf einem laienhaften<br />
Niveau das traditionelle Sprechtheater einzuüben<br />
und <strong>de</strong>ssen Grundbestandteile zu zeigen. Innerhalb<br />
dieser Konzeption blieben Kin<strong>de</strong>r entwe<strong>de</strong>r passiv<br />
auf die bloße Rezeption beschränkt (Theaterbesuche,<br />
Gastspiele von Theatern mit kindgemäßen Stücken<br />
in Schulen o<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rgärten) o<strong>de</strong>r aber es han<strong>de</strong>lte<br />
sich um ein (wie man es heute eher negativ benennt)<br />
‚Schultheater’, das versuchte, klassisch kanonisierte<br />
Dramen auf kindlichem Niveau wie<strong>de</strong>rzugeben.<br />
Neben <strong>de</strong>m Aspekt <strong>de</strong>r Literarisierung stand<br />
die Ten<strong>de</strong>nz, in Anlehnung an ein häufig banalisiertes<br />
Verständnis <strong>de</strong>s Theaters als ‚moralische Anstalt’,<br />
über <strong>de</strong>n Einsatz <strong>de</strong>s Theatermediums in <strong>de</strong>r Schule<br />
bestimmte politische, pädagogische o<strong>de</strong>r sonstige<br />
Prinzipien zu verbreiten. Nach <strong>de</strong>m lateinischen Motto<br />
‚fabula docet’ erschien das Spiel beson<strong>de</strong>rs gut dafür<br />
geeignet, in einer unterhaltsamen Verkleidung außerästhetische<br />
Inhalte zu transportieren (ein Prinzip, <strong>de</strong>m<br />
heute meist in subtiler Form die Unterhaltungsdramaturgie<br />
von Fernsehen und Kino folgt).<br />
Die Ten<strong>de</strong>nz zur Literarisierung, die übrigens in <strong>de</strong>r<br />
Praxis <strong>de</strong>r ‚ernsthaften’ Theater <strong>de</strong>r 1950er o<strong>de</strong>r frühen<br />
1960er Jahre auch dominierte, verband sich ins-<br />
Geschehen. Der Spielleiter (o<strong>de</strong>r Lehrer) hat<br />
hierbei zwar durchaus eine hervorgehobene Position,<br />
ist aber keineswegs ein ‚Alleinherrscher’,<br />
son<strong>de</strong>rn abhängig von <strong>de</strong>r Kompetenz <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />
Akteure.<br />
d) Wichtig und bei<strong>de</strong>n Bereichen gemein ist beson<strong>de</strong>rs<br />
das Wechselspiel, eine Pen<strong>de</strong>lbewegung<br />
zwischen <strong>de</strong>n Bereichen <strong>de</strong>s Realen und<br />
Fiktiven. Wie beim Theater, so lassen sich die<br />
Han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n zwar zeitweilig mit ihrer ganzen<br />
Persönlichkeit in <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>s Imaginierten<br />
(o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Probehan<strong>de</strong>lns) fallen, aber zugleich<br />
ist ihnen dabei immer bewusst, dass es sich<br />
dabei eben um einen Phantasiebereich han<strong>de</strong>lt.<br />
Ähnlich schon im traditionellen Theater – nicht<br />
erst in Brechts Vorstellung <strong>de</strong>r Verfremdung:<br />
Zwar wird eine möglichst starke Illusionswirkung<br />
angestrebt, diese ist jedoch zugleich begrenzt<br />
und erglaubt gelegentliche Ausbrüche.<br />
e) Eine weitere Gemeinsamkeit ist das Ineinan<strong>de</strong>r<br />
von Offenheit und Geschlossenheit. Ist zwar das<br />
Geschehen durch <strong>de</strong>n Bühnenraum begrenzt, so<br />
öffnet es sich zugleich virtuell <strong>de</strong>m Außen.<br />
beson<strong>de</strong>re mit <strong>de</strong>m Deutschunterricht <strong>de</strong>s Gymnasiums<br />
– in an<strong>de</strong>ren Schulformen (etwa <strong>de</strong>r ‚Volksschule’)<br />
kam eine Theatererziehung kaum vor, höchstens<br />
gab es Versuche, semi-theatrale spielerische Formen<br />
im Klassenzimmer auszuprobieren.<br />
Ein grundsätzlicher Wan<strong>de</strong>l lässt sich – unter <strong>de</strong>m<br />
Einfluss <strong>de</strong>r Stu<strong>de</strong>ntenbewegung – in <strong>de</strong>n 1970er<br />
Jahren beobachten. Man kann hier von einer Retheatralisierung<br />
gegenüber <strong>de</strong>r reinen Literarisierung<br />
<strong>de</strong>s Theaters sprechen. Es ging hier insbeson<strong>de</strong>re<br />
darum, mit einem aufklärerischen Impetus das Theaterspiel<br />
und das darstellen<strong>de</strong> Spiel an die Erfahrungswelten<br />
und die Konfliktebenen von Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen<br />
heranzuführen und Formen zu entwickeln,<br />
die das Spiel mit <strong>de</strong>r Alltagspraxis von Kin<strong>de</strong>rn und<br />
Jugendlichen verbin<strong>de</strong>n sollten. In Probehandlungen<br />
und simulierten Aktionen (Rollenspiel) sollte auf gesellschaftliche<br />
Ernstsituationen vorbereitet und sollten<br />
diese kritisch reflektiert wer<strong>de</strong>n. Zugleich ging es darum,<br />
in authentischen, nachspielbaren Situationen<br />
gesellschaftliche Konflikt-, Interessen- und Machtsituationen<br />
vorzuführen, diese damit durchschaubar und<br />
verän<strong>de</strong>rbar zu machen. Exemplarisch für eine <strong>de</strong>rartige<br />
Konzeption war das sog. emanzipatorische <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>,<br />
etwa das GRIPS THEATER Berlin o<strong>de</strong>r das<br />
Theater Rote Grütze; hierbei wur<strong>de</strong> häufig an die Tra-<br />
38
dition <strong>de</strong>s linken realistischen emanzipatorischen<br />
<strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>s <strong>de</strong>r Weimarer Republik angeknüpfte. 28<br />
Ästhetisch und dramaturgisch gesehen kann diese<br />
Theaterkonzeption auch als ‚Neorealismus’ betrachtet<br />
wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r an verschie<strong>de</strong>nartigen Strömungen eines<br />
kritischen, politischen und sozialistischen Realismus<br />
anknüpfte. 29 Unter <strong>de</strong>m Motto „<strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> als Lebensschule“<br />
30 wur<strong>de</strong>n hier die Prinzipien eines politisch-realistischen<br />
<strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>s zusammengefasst:<br />
� Mitspielen: Selbsttätigkeit, unmittelbare Beteiligung:<br />
‚Mitspiel’-Theater<br />
� Soziales Lernen als Spielform (am Beispiel <strong>de</strong>s<br />
<strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>s in Neukölln und an<strong>de</strong>rer Versuche)<br />
� Proletarisches <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> als Mo<strong>de</strong>ll<br />
� Provokation als Mittel, um Partei zu ergreifen<br />
� Natürlichkeit im Umgang <strong>de</strong>r Geschlechter<br />
� KJT als Sozialisationsinstanz<br />
� Darstellung konkreter Utopie: Welt als verän<strong>de</strong>rbar<br />
Anmerkungen<br />
27Nach: Mattenklott: Grundschule <strong>de</strong>r Künste, S. 85ff.<br />
28Heidtmann. Kin<strong>de</strong>rmedien, S. 29.<br />
29Wolfgang Schnei<strong>de</strong>r: <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> nach 1968. Neorealistische Entwicklungen <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik und West-Berlin. Köln 1984,<br />
S. 13.<br />
30Schnei<strong>de</strong>r: <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> nach 1968, S. 18.<br />
39
9. Konzepte: <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> und Emanzipation<br />
Brecht<br />
Lehrtheater Bertolt Brecht<br />
Die Theaterkonzeption Bertolt Brechts ist – auch für<br />
<strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>s <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>s – bis heute vor allem<br />
durch folgen<strong>de</strong> Einflussfaktoren wichtig geblieben -<br />
durch<br />
� die Bevorzugung einer nicht-linearen Erzählweise<br />
(Fabel)<br />
� die Unterbrechung <strong>de</strong>r Illusionswirkung durch<br />
verfrem<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Elemente (V-Effekte)<br />
Der Vorgang <strong>de</strong>r Verfremdung<br />
GRIPS THEATER<br />
� die Konzentration auf beispielhafte, parabelhafte<br />
Handlungen<br />
� die Betonung <strong>de</strong>s Abbildungscharakter <strong>de</strong>r<br />
Handlung (vermittelt mit gesellschaftlichen Situationen)<br />
� eine indirekt didaktische Ten<strong>de</strong>nz<br />
Einen Vorgang o<strong>de</strong>r einen Charakter verfrem<strong>de</strong>n heißt zunächst einfach, <strong>de</strong>m Vorgang o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Charakter<br />
das Selbstverständliche, Bekannte, Einleuchten<strong>de</strong> zu nehmen und über ihn Staunen und Neugier<strong>de</strong> zu erzeugen.<br />
[…] Was ist damit gewonnen? Damit ist gewonnen, daß <strong>de</strong>r Zuschauer die Menschen auf <strong>de</strong>r Bühne<br />
nicht mehr als ganz unän<strong>de</strong>rbare, unbeeinflußbare, ihrem Schicksal hilflos ausgelieferte dargestellt<br />
sieht. Er sieht: dieser Mensch ist so und so, weil die Verhältnisse so und so sind. Und die Verhältnisse sind<br />
so und so, weil <strong>de</strong>r Mensch so und so ist. Er ist aber nicht nur so vorstellbar, wie er ist, son<strong>de</strong>rn auch an<strong>de</strong>rs,<br />
so wie er sein könnte, und auch die Verhältnisse sind an<strong>de</strong>rs vorstellbar, als sie sind. Damit ist gewonnen,<br />
daß <strong>de</strong>r Zuschauer im Theater eine neue Haltung bekommt. Er bekommt <strong>de</strong>n Abbil<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Menschenwelt<br />
auf <strong>de</strong>r Bühne gegenüber jetzt dieselbe Haltung, die er als Mensch dieses Jahrhun<strong>de</strong>rts <strong>de</strong>r Natur<br />
gegenüber hat. Er wird auch im Theater empfangen als <strong>de</strong>r große Än<strong>de</strong>rer, <strong>de</strong>r in die Naturprozesse und<br />
die gesellschaftlichen Prozesse einzugreifen vermag, <strong>de</strong>r die Welt nicht mehr nur hinnimmt, son<strong>de</strong>rn sie<br />
meistert. Das Theater versucht nicht mehr, ihn besoffen zu machen, ihn mit Illusionen auszustatten, ihn die<br />
Welt vergessen zu machen, ihn mit seinem Schicksal auszusöhnen. Das Theater legt ihm nunmehr die Welt<br />
vor zum Zugriff. [...]<br />
Bertolt Brecht: Ges. Werke. Bd.15. S.300-303.<br />
Von Be<strong>de</strong>utung für das <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> <strong>de</strong>r Gegenwart<br />
ist weniger Brechts Ten<strong>de</strong>nz zur Lehrhaftigkeit und zur<br />
verstan<strong>de</strong>smäßig-wissenschaftlichen Durchdringung<br />
<strong>de</strong>r Welt als die Offenheit seiner Theatervorstellung,<br />
die gera<strong>de</strong> im Konzept <strong>de</strong>r Verfremdung zum Ausdruck<br />
kommt. Brecht möchte <strong>de</strong>n Zuschauern die Möglichkeit<br />
geben, das Geschehen sozusagen von Außen her,<br />
GRIPS Theater Berlin – linkes Theater<br />
Der Grün<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Grips Theaters, Volker Ludwig, ist bis<br />
heute aktiv, und er hält an <strong>de</strong>n aufklärerischen Impulsen<br />
ebenso fest wie an <strong>de</strong>n unterhalten<strong>de</strong>n Absichten.<br />
Quelle<br />
also kritisch zu betrachten, um Verän<strong>de</strong>rung möglich<br />
zu machen, sich zugleich auch selber im Akt <strong>de</strong>s Spielens<br />
zu verän<strong>de</strong>rn. Brecht experimentierte dabei auch<br />
mit Stoffen für Jugendliche – vor allem in <strong>de</strong>r Lehrstückphase<br />
um 1930 – und hieran knüpfte das junge<br />
Kin<strong>de</strong>r- und Jugendtheater im Gefolge <strong>de</strong>r 1968er<br />
Bewegung an.<br />
Was das linke <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> ausmacht(e) – von heute gesehen<br />
Im Interview mit <strong>de</strong>r Zeitung „Tagesspiegel“ zu seinem<br />
70. Geburtstag drückte er dies so aus:<br />
40
Wie erklären Sie das heute Menschen, die von linken Geschichten nichts mehr wissen o<strong>de</strong>r<br />
wissen wollen?<br />
Kin<strong>de</strong>r waren für uns damals eine unterdrückte Klasse. Wir nahmen für sie Partei. Heute haben wir das<br />
Problem, dass man sich gar nicht vorstellen kann, wie die gesellschaftlichen Verhältnisse <strong>de</strong>r 60er Jahre<br />
wirklich waren. Da hat sich unendlich viel geän<strong>de</strong>rt. Und wir haben sicherlich ein wenig dazu beigetragen.<br />
Muss ein Grips-Stück eine Botschaft haben?<br />
Je<strong>de</strong> gute Geschichte hat eine Botschaft. Bei uns muss sie vor allem Spaß machen. Wenn man das Publikum<br />
nicht unterhält, darf man keinen Eintritt nehmen, dann soll man sich auf die Kanzel stellen. Mit <strong>de</strong>m<br />
Lachen geht das Erlebte ins Gehirn, wie Molière so schön sagte, mit <strong>de</strong>n Tränen fließt es weg.<br />
Der Tagesspiegel (Berlin), 13.06.2007.<br />
Die Beeinflussung durchs Brechts Theaterkonzeption<br />
betraf vor allem das Kin<strong>de</strong>r- und Jugendtheater <strong>de</strong>r<br />
1970er Jahre mit seinem kritisch-emanzipativen Anspruch.<br />
Bereits vor <strong>de</strong>m Entstehen eines neorealistisch-kritischen<br />
Kin<strong>de</strong>r- und Jugendtheaters im Gefolge<br />
<strong>de</strong>r 1968er Revolte gab es Versuche <strong>de</strong>r etablierten<br />
Theater, Kin<strong>de</strong>r als Zielgruppe wahrzunehmen, gera<strong>de</strong><br />
auch weil sich ein beträchtlicher Besucherschwund<br />
abzeichnete. 31 War trotz vereinzelter Versuche <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong><br />
vorher fast i<strong>de</strong>ntisch mit traditionellem Märchentheater,<br />
so fin<strong>de</strong>n sich seit En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r 1960er<br />
Jahre zunehmend gegenwartsbezogene Stücke.<br />
Das ‚linke’ <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> im Gefolge <strong>de</strong>r 68er Bewegung<br />
bediente sich zunächst <strong>de</strong>r Muster <strong>de</strong>s politischen<br />
Agitationstheaters <strong>de</strong>r Weimarer Zeit, es ging<br />
um Aufklärung über Unterdrückungsstrukturen und die<br />
Hervorbringung politisch-solidarischer Bewusstseinsformen<br />
qua Theater. Dies zeigten etwa die frühen<br />
Quelle<br />
Stücke <strong>de</strong>s GRIPS Theaters Berlin, etwa „Mannomann“<br />
(1972) von Volker Ludwig und Reiner Lücker<br />
o<strong>de</strong>r „Darüber spricht man nicht!“ (1973), die freilich<br />
nicht auf plumpe Agitation reduziert waren, son<strong>de</strong>rn<br />
bereits ein Vielzahl lustvoll zu handhaben<strong>de</strong>r dramatischer<br />
Formen (etwa Songs) enthielten.<br />
Von <strong>de</strong>n 1980er Jahren an setzte sich allmählich die<br />
Abkehr vom Mo<strong>de</strong>ll eines didaktisierten Theaters in<br />
<strong>de</strong>n für uns relevanten Disziplinen durch, fin<strong>de</strong>n sich<br />
zunehmend Ansätze einer Neubestimmung: im (Erwachsenen-)<br />
Drama/Theater, <strong>de</strong>m KJT und <strong>de</strong>r Theaterwissenschaft-,<br />
pädagogik zugleich. „Allmählich im<br />
Laufe <strong>de</strong>r Entwicklung <strong>de</strong>s neorealistischen Kin<strong>de</strong>r-<br />
und Jugendtheaters wur<strong>de</strong>n die Elemente <strong>de</strong>r vergnüglichen<br />
Zuschauervorstellung, <strong>de</strong>s spaßigen, lustvollen<br />
Vorführens wie<strong>de</strong>rent<strong>de</strong>ckt und damit <strong>de</strong>r anfänglichen<br />
didaktisch-pädagogisch-aufklärerischen Strenge<br />
wie<strong>de</strong>r abgeschworen.“ 32<br />
Anmerkungen<br />
31Vgl. Reclams <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>führer. 100 Stücke für eine junge Bühne. Hg. vom Kin<strong>de</strong>r- und Jugendtheaterzentrum in <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik<br />
Deutschland. Stuttgart 1994, S. 18.<br />
32Schnei<strong>de</strong>r: <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> nach 1968, S. 103.<br />
41
Paul Maar, F.K. Waechter<br />
F.K. Waechter: Schule <strong>de</strong>s Sehens<br />
Der bekannte Zeichner und Autor Friedrich Karl<br />
Waechter entwickelte ein eigenes Konzept <strong>de</strong>s <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>s,<br />
das ‚Erzähltheater’, das gera<strong>de</strong> mit kleinen<br />
Kin<strong>de</strong>rn und mit einfachen Mitteln praktiziert wer<strong>de</strong>n.<br />
Deshalb soll es im Rahmen dieser Sitzung kurz dargestellt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
10. Neuere Konzepte<br />
Waechter entwickelte seine Vorstellungen aus einer<br />
vernichten<strong>de</strong>n Kritik an <strong>de</strong>n Versuchen Erwachsener,<br />
eine Kunst für Kin<strong>de</strong>r zu schaffen. In einem Interview<br />
mit <strong>de</strong>r Schweizer Zeitschrift „Weltwoche“ drückte er<br />
dies 1989 so aus:<br />
Noch nie ist, <strong>de</strong>nke ich, soviel Schrott auf Kin<strong>de</strong>r gekippt wor<strong>de</strong>n wie heutzutage. Ich meine damit vor allem<br />
die Produkte, in <strong>de</strong>nen erwachsene Menschen sich auf ein eingebil<strong>de</strong>tes o<strong>de</strong>r bereits bewährtes Kin<strong>de</strong>rniveau<br />
herunterschrauben. Das mag ja auch in Ordnung sein, wenn’s darum geht, <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn unsere komplizierten<br />
gesellschaftlichen Spielregeln über- und durchschaubarer zu machen. Aber wenn es um Leben<br />
und Tod geht, um Liebe, Hass, Eifersucht, Lügen, List, Hoffnung, Sehnsucht, Wünsche und so weiter, da<br />
wissen diese kurzen Menschen doch verdammt gut Bescheid.<br />
[…]<br />
Ich <strong>de</strong>nke, sobald Erwachsene im Namen von Kin<strong>de</strong>rn re<strong>de</strong>n, lügen sie zwangsläufig. Vielleicht wollen sie<br />
die Verzauberung, die sie durch die Weihnachtsmärchen ihrer Kindheit erfahren haben, nun auch ihren Kin<strong>de</strong>rn<br />
zuteil wer<strong>de</strong>n lassen und begreifen nicht, dass das nicht geht, dass das lediglich <strong>de</strong>m sentimentalen<br />
Verhältnis zu ihrer eigenen Kindheit entspringt und dass wahrscheinlich die Wirkung eines unverfälschten<br />
Märchens auf Kin<strong>de</strong>r heute viel größer sein könnte, als die eines süßlich aufgemotzten Weihnachtsmärchens<br />
auf die Eltern damals, wenn Kin<strong>de</strong>r heute nicht viel zu viel Zeit damit verbrächten, sich von <strong>de</strong>n täglichen<br />
'Weihnachtsmärchen' aus <strong>de</strong>m Fernsehen überschütten zu lassen, statt zu spielen.<br />
Bisher waren es die Kin<strong>de</strong>r bis zu sechs Jahren, die Bil<strong>de</strong>r malten und Spiele spielten, die je<strong>de</strong>n Künstler<br />
entzücken und mit Neid erfüllen könnten. Dann erst kommt die Schule und macht sie blass, und aus <strong>de</strong>n<br />
Bil<strong>de</strong>rn verschwin<strong>de</strong>n Vater, Mutter, Krokodile und Gefühle, und übrig bleiben Blumenbildchen. Fernsehen,<br />
Vi<strong>de</strong>o- und Tonkassetten machen solch blasse Blumenkin<strong>de</strong>r aus immer jüngeren. Bald bleiben uns nur<br />
noch die allerkleinsten, die uns zeigen können, wie es geht. Damit <strong>de</strong>n bornierten Erwachsenen ein Licht<br />
aufgeht, was Kunst ist, und wie viel mühsamer ihr Weg dorthin ist als <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r, will ich einige Erfahrungen<br />
mit Kin<strong>de</strong>rn beschreiben.<br />
Friedrich Karl Waechter: Kunst für Kin<strong>de</strong>r. In: Die Weltwoche, Zürich 1989.<br />
Betreffen diese polemischen Bemerkungen die Versuche<br />
Erwachsener, stellvertretend Kunst für Kin<strong>de</strong>r zu<br />
machen, so geht Waechter in seinem Buch „Erzähltheater“<br />
von 1997 speziell auf seine Erfahrungen in<br />
<strong>de</strong>r Theaterarbeit mit Kin<strong>de</strong>rn ein. Bei <strong>de</strong>r eigenen<br />
Regiearbeit wur<strong>de</strong> ihm bewusst, dass die Darstellung<br />
in konventionellen Theaterformen – fester Bühne,<br />
einer Gruppe von Schauspielern, Musik und Effekten –<br />
bei <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn nicht jene „Kraft <strong>de</strong>r Bil<strong>de</strong>r“ entwickelte,<br />
„die sich beim Lesen o<strong>de</strong>r Erzählen <strong>de</strong>s Textes<br />
einstellen“ 33 . Dies betrifft vor allem das Märchentheater.<br />
Aus dieser Erfahrung heraus entwickelte Waechter<br />
sein ‚Erzähltheater’ für nur einen einzigen Darsteller:<br />
„Er hat <strong>de</strong>n Erzähler zu spielen, und als solcher kann<br />
er auf ungleich souveränere Weise alle Figuren einer<br />
Quelle<br />
Geschichte spielen, weil er sie je nach seiner Absicht<br />
mit einem Minimum an Aufwand an<strong>de</strong>uten, auf eine<br />
Eigenart, eine Eigenschaft, o<strong>de</strong>r ein vorherrschen<strong>de</strong>s<br />
Gefühl reduzieren, groß ausspielen, karikieren o<strong>de</strong>r<br />
auch links liegen lassen kann.“ 34<br />
Es wird hier versucht, für je<strong>de</strong>s Stück eine an<strong>de</strong>re<br />
Erzählweise zu fin<strong>de</strong>n, die auf <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n<br />
Schauspieler und das Stück abgestimmt ist. In Stückvorlagen<br />
wie "Vom Teufel mit <strong>de</strong>n drei gol<strong>de</strong>nen Haaren",<br />
"Der alberne Hans" o<strong>de</strong>r „Der singen<strong>de</strong> Knochen“<br />
präsentiert Waechter Märchenfiguren, die nicht auf<br />
die abgegriffene Formelhaftigkeit <strong>de</strong>s überkommenen<br />
Märchens zurückgreifen, son<strong>de</strong>rn auf eine witzige<br />
Dialoghaftigkeit, <strong>de</strong>ren Wirkung auf Kin<strong>de</strong>r sicher von<br />
<strong>de</strong>r lebendigen Präsenz <strong>de</strong>r Spielen<strong>de</strong>n abhängt.<br />
42
Friedrich Karl Waechters Erzähltheater. Mit Zeichn. <strong>de</strong>s Autors. Frankfurt/M. 1997.<br />
Aufgabe<br />
Literatur<br />
� Suchen Sie ein eher unbekanntes Märchen heraus, das für Waechters Erzähltheater geeignet ist.<br />
Geben Sie <strong>de</strong>n Inhalt wie<strong>de</strong>r und begrün<strong>de</strong>n Sie Ihre Auswahl.<br />
Paul Maar: <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> gegen <strong>de</strong>n pädagogischen Zeigefin<strong>de</strong>r<br />
Der bekannte Kin<strong>de</strong>rbuchautor Paul Maar hat sich<br />
schon früh mit <strong>de</strong>n Möglichkeiten <strong>de</strong>s <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>s<br />
beschäftigt, und zwar bereits vor <strong>de</strong>n Versuchen <strong>de</strong>r<br />
1970er Jahre, ein ‚realistisches’ <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> zu<br />
entwickeln. Inzwischen ist er <strong>de</strong>r meistgespielte leben<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>utsche Theaterautor. Erstmals versuchte sich<br />
Maar im <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>, in<strong>de</strong>m er – in Absetzung zu<br />
<strong>de</strong>n Märchen <strong>de</strong>r Brü<strong>de</strong>r Grimm – ein Märchenstück<br />
schrieb, „Der König in <strong>de</strong>r Kiste“, kurz darauf dann<br />
„Kikerikiste“, bei<strong>de</strong>s Stücke, die Maar dabei halfen,<br />
das Handwerk zu erlernen und seine eigene Vorstel-<br />
lung <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Aspekte <strong>de</strong>s <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>s zu<br />
entwickeln, zugleich Stücke, die am Theater sehr erfolgreich<br />
liefen. Beson<strong>de</strong>re Gedanken hat Maar sich<br />
darüber gemacht, wie ein Bil<strong>de</strong>rbuchtext in einen Theatertext<br />
umgeschrieben wer<strong>de</strong>n kann. Das Problem,<br />
das sich hier ergibt und das Paul Maar an seinem Text<br />
zeigt, ist, dass eine Buchbeschreibung nicht unmittelbar<br />
in theatrale Aktion überführt wer<strong>de</strong>n kann, da sich<br />
dadurch Verzerrungen ergeben könnten. Hierzu zitiert<br />
er zunächst aus <strong>de</strong>m Buch und kommentiert dies<br />
dann:<br />
Von <strong>de</strong>r Zeit danach sind keine Fotos mehr eingeklebt. Denn damals fingen Papa und Mama an zu streiten.<br />
Vorher hatten sie auch manchmal Streit, aber sie versöhnten sich immer und waren danach sogar beson<strong>de</strong>rs<br />
lieb zueinan<strong>de</strong>r. Doch das wur<strong>de</strong> an<strong>de</strong>rs. Einmal bei einem Streit rannte Papa aus <strong>de</strong>r Wohnung und<br />
knallte mit <strong>de</strong>r Tür. Mama saß dann vor <strong>de</strong>m Fernseher, doch sie schaute gar nicht richtig hin. Bernd fragte:<br />
"Was ist <strong>de</strong>nn mit Papa?" Aber Mama sagte nur: "Laß mich bitte mal ein bißchen allein", und schaute weiter<br />
auf <strong>de</strong>n Fernseher."<br />
Ich kann nun im Stück nicht behaupten: und seine Eltern stritten sich, son<strong>de</strong>rn jetzt muß ich einen Streit<br />
zeigen. Und dabei ist die große Gefahr, daß man <strong>de</strong>n Streit zu realistisch macht und <strong>de</strong>r Zuschauer hinterher<br />
zu glauben meint, die Mutter sei schuld, weil sie nie mit <strong>de</strong>m Geld umgehen konnte. O<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Streit habe<br />
sich entwickelt, weil Papa hat eine neue "Flamme" hat. Ich mußte also versuchen, einen Streit zu schil<strong>de</strong>rn,<br />
<strong>de</strong>r in irgen<strong>de</strong>iner Form typisch ist für alle Streitigkeiten zwischen Menschen, ein Sinnbild für einen<br />
Streit ohne eine Schuldzuweisung.<br />
Quelle<br />
Kin<strong>de</strong>rliteratur im Gespräch: Zu Gast: Paul Maar (28. Januar 1997). In: Lesezeichen. Mitteilungen <strong>de</strong>s Lesezentrums <strong>de</strong>r Pädagogischen<br />
Hochschule Hei<strong>de</strong>lberg. Heft 2/1997, S. 11-26.<br />
Maar geht in einem Interview auf ein weiteres Problem<br />
bei <strong>de</strong>r Inszenierung von Stücken für Kin<strong>de</strong>r ein, als er<br />
nach <strong>de</strong>n sehr <strong>de</strong>taillierten Nebentexten in seinen<br />
Produktionen gefragt wird. Zwar seien diese tatsächlich<br />
vornehmlich für professionelle Theaterleute geschrieben,<br />
zugleich räumt Maar aber allen an <strong>de</strong>n<br />
Inszenierungen Beteiligten große Freiheiten ein:<br />
„[…] ich sage jetzt allen Theatern, die das Stück annehmen:<br />
‚Vergeßt die Regieanweisungen, macht euer<br />
eigenes Stück, und macht eure eigene Regie und vielleicht<br />
auch ein ganz an<strong>de</strong>res Bühnenbild.’" 35<br />
Für Maar ist das <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> ein Teil seines schriftstellerischen<br />
Gesamtkonzepts. Wie in <strong>de</strong>n erzählen-<br />
<strong>de</strong>n Werken so geht es Maar auch im <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong><br />
darum, keine einfachen Erklärungsmuster anzubieten,<br />
son<strong>de</strong>rn das Geschehen offen zu halten für immer<br />
neue Gestaltung, im Theater vor allem durch die Improvisation:<br />
„Durch <strong>de</strong>n Verzicht auf subtile psychologische Schattierung<br />
wer<strong>de</strong>n Paul Maars Geschichten zu merkbaren<br />
und wie<strong>de</strong>r erzählbaren. Sie bewahren sich dadurch<br />
auch ihre Merkwürdigkeit. In<strong>de</strong>m sie es vermei<strong>de</strong>n,<br />
alle Hintergrün<strong>de</strong> auszuloten und <strong>de</strong>m Leser Erklärungen<br />
aufzudrängen, bewahren sie etwas Rätselhaftes.<br />
Der Leser muss sich die Sache selbst zurechtlegen,<br />
und er wird es immer wie<strong>de</strong>r auf eine an<strong>de</strong>re Weise<br />
tun.“ 36<br />
43
Aufgabe<br />
� Entschei<strong>de</strong>n Sie sich für ein bekanntes Bil<strong>de</strong>rbuch.<br />
� Beschreiben Sie <strong>de</strong>n Entwurf für ein Bühnenbild, das mit möglichst einfachen Mitteln herzustellen<br />
ist.<br />
� Zeichnen Sie die vorgestellte Bühne in skizzenhafter Form.<br />
Anmerkungen<br />
33Friedrich Karl Waechters Erzähltheater. Mit Zeichn. <strong>de</strong>s Autors. Frankfurt/M. 1997, S. 9.<br />
34Waechters Erzähltheater, S. 9 f.<br />
35Kin<strong>de</strong>rliteratur im Gespräch: Zu Gast: Paul Maar (28. Januar 1997). In:: Lesezeichen. Mitteilungen <strong>de</strong>s Lesezentrums <strong>de</strong>r Pädagogischen<br />
Hochschule Hei<strong>de</strong>lberg. Heft 2/1997, S. 18.<br />
36Hans Heino Ewers: Paul Maar, <strong>de</strong>r Geschichtenerzähler. In: Oetinger Lesebuch. Almanach 1987/88 (24. Jg.), S. 156-162.<br />
44
11. MÄRCHENTHEATER<br />
Märchenerzähltheater im Kin<strong>de</strong>rgarten<br />
Bereits im Verlaufe <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts avancierten<br />
in Deutschland vor allem die Volksmärchen in <strong>de</strong>r<br />
Fassung <strong>de</strong>r Brü<strong>de</strong>r Grimm zum Prototyp <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rliteratur.<br />
37 Auf Grund <strong>de</strong>r Beliebtheit von Märchenstoffen<br />
beson<strong>de</strong>rs bei kleineren Kin<strong>de</strong>rn und vermutlich<br />
auch wegen <strong>de</strong>r archetypischen Verankerung von<br />
Märchenbil<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r Kollektivpsyche wur<strong>de</strong>n die<br />
Volksmärchen in verschie<strong>de</strong>nartigen Film- und Hörspieladaptationen<br />
transformiert (nicht zuletzt durch<br />
die Disney Corporation), und dies be<strong>de</strong>utete bereits<br />
eine gewisse Dramatisierung. Bevor dies geschah,<br />
spielten Märchenstoffe aber schon eine wichtige Rolle<br />
als Vorlagen für das <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>.<br />
„Märchen haben - nicht nur nach von mir durchgeführten<br />
Erhebungen - in <strong>de</strong>n vorrangig von Kin<strong>de</strong>rn genutzten<br />
Medien einen nachrangigen Stellenwert. Allenfalls<br />
im <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> zeigt sich ein an<strong>de</strong>res Bild; dieses<br />
erreicht jedoch in allen vergleichen<strong>de</strong>n Untersuchungen<br />
zur Mediennutzung von Kin<strong>de</strong>rn nicht einmal<br />
mehr einen hinteren Rang. Für die <strong>de</strong>utschen Bühnen<br />
sind die klassischen Weihnachtsmärchen nach wie vor<br />
die „zuverlässigsten Dukatenesel“ (DER SPIEGEL); die<br />
Liste <strong>de</strong>r für Kin<strong>de</strong>r meistgespielten Autoren wird<br />
gleichbleibend mit <strong>de</strong>utlichem Abstand von <strong>de</strong>n<br />
Gebrü<strong>de</strong>rn Grimm angeführt.“ 38<br />
Bereits im 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong> versucht, das Interesse<br />
<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r an Märchen zu nutzen, in<strong>de</strong>m man<br />
die eigentlich erzählen<strong>de</strong>n Texte dramatisierte. Teilweise<br />
wur<strong>de</strong> im 20. Jahrhun<strong>de</strong>rt das Interesse an<br />
Märchen auf die neuen technischen Medien (Film,<br />
Hörspiel, Vi<strong>de</strong>o) übertragen. Im Zuge <strong>de</strong>r Diskussion<br />
<strong>de</strong>s Märchens als Gattung seit <strong>de</strong>n 1970er Jahren<br />
versuchte man auch, in neuen kreativen Zusammenhängen<br />
Spielformen mit Märchencharakter zu schaffen.<br />
Hinzu kommt, dass wichtige Autoren <strong>de</strong>s 20.<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rts (etwa Peter Hacks) Märchenstücke speziell<br />
für das Theater schrieben. Das Märchen eignet<br />
sich auch beson<strong>de</strong>rs gut für die Konzeption eines<br />
‚Gesamtkunstwerks’, durch die phantasievollen Kulissen<br />
und Bühnenaufbauen, aber auch durch die Verwendung<br />
von Ton und Musik. Hier kann – bei entsprechen<strong>de</strong>r<br />
Disposition <strong>de</strong>r Erzieher und Lehrpersonen –<br />
das Märchen auch als Möglichkeit improvisatorischer<br />
Früherziehung dienen, zugleich aber können schon<br />
Notwendigkeiten von Koordination und Leitung erlebbar<br />
gemacht wer<strong>de</strong>n:<br />
Je nach Alter <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n ihre I<strong>de</strong>en komplexer und gewagter, es wird improvisiert, Quatschverse<br />
entstehen, die Geschichte wird umgedichtet und neue Figuren kommen hinzu. Dreijährige machen meist<br />
noch staunend nach, was ErzieherInnen und MusikerInnen anschaulich vorgeben. Bei einem allzu unheimlichen<br />
Geschichtsverlauf flüchten sie sich gelegentlich auch auf <strong>de</strong>n Schoß. Vier- bis Fünfjährige hingegen<br />
steuern <strong>de</strong>n Verlauf <strong>de</strong>r Geschichte schon aktiv mit, wie etwa die vierjährige Neele. Einmal unterbricht sie<br />
das Märchen vom Dornröschen in <strong>de</strong>r Spinnradszene mit folgen<strong>de</strong>m Vorschlag: „Dornröschen soll es doch<br />
so machen wie ich: Ich wür<strong>de</strong> mich nie an einem Spinnrad verletzen. Und die böse Fee wür<strong>de</strong> ich bei <strong>de</strong>r<br />
Taufe gleich einsperren." Diese Version proben wir umgehend. „Aber", wen<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r fünfjährige Felix ein, „warum<br />
brauchen wir dann noch <strong>de</strong>n Prinzen?" „Genau! Der soll sich doch durch die Dornen schlagen", meinen<br />
die an<strong>de</strong>ren Jungen. „Kein Problem", fin<strong>de</strong>t Neele. „Soll er halt durch einen Graben mit Krokodilen drin<br />
schwimmen." Dornröschen kann nämlich nicht schwimmen und <strong>de</strong>shalb ihr Schloss, das mittlerweile in einem<br />
See liegt, nicht verlassen. Also proben wir die Wasserschlossversion. Wichtig ist es, die Kreativität <strong>de</strong>r<br />
Kin<strong>de</strong>r zuzulassen und in die Geschichte einzubeziehen. Erstens wird die „Produktion" auf diese Weise zu<br />
einer Kreation <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r und zweitens steigert es <strong>de</strong>ren Selbstbewusstsein, Engagement und Konzentration<br />
enorm, wenn sie mitentschei<strong>de</strong>n dürfen. Probt man allerdings über mehrere Wochen mit <strong>de</strong>m Ziel einer<br />
Aufführung, sollte man sich irgendwann auf eine bestimmte Version einigen. Ich erkläre <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn dann,<br />
dass es trotz allem einen Spielleiter geben muss.<br />
Andrea Rittersberger: Märchen singen, tanzen und spielen. Musiktheater im Kin<strong>de</strong>rgarten. In: http://www.kin<strong>de</strong>rgartenheute.<strong>de</strong>/beitraege/praxisbeitraege/<br />
(2005).<br />
Volksmärchen haben zumeist eine lineare, klar geglie<strong>de</strong>rte,<br />
einfache und übersichtliche Handlung und lassen<br />
sich von daher gut als Material für ein selbständiges<br />
Gestalten verwen<strong>de</strong>n:<br />
Quelle<br />
„Märchen ‚übersetzen’ <strong>de</strong>shalb die innere Entwicklung<br />
in äußere Handlung und bewähren sich auch unter<br />
diesem Gesichtspunkt als robuste ‚Erzählstückl’. Beim<br />
Schreiben lassen sich dagegen vergleichsweise be-<br />
45
schei<strong>de</strong>ne Handlungen so ausformulieren, daß sie im<br />
Leser Spannung und Interesse wecken, von ihm verfolgt<br />
und aufgenommen wer<strong>de</strong>n können.“ 39<br />
Dieser ‚robuste’ Charakter von Märchen lässt sie in<br />
sehr heterogenen Formen und Verwendungszusammenhängen<br />
erscheinen. Durch ihre Bekanntheit können<br />
sie immer wie<strong>de</strong>r variiert wer<strong>de</strong>n, ohne dass <strong>de</strong>r<br />
ursprüngliche Charakter notwendig verloren geht. Es<br />
ist für die Arbeit mit Märchen wichtig, diese Märchen<br />
nicht zu ‚verkünstlerischen’, son<strong>de</strong>rn sie zu benutzen,<br />
um spielerische und theatrale Gestaltungsmöglichkeiten<br />
für Kin<strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>ner Altersstufen zu fin<strong>de</strong>n.<br />
Ein Vorteil dabei ist, dass Märchenstoffe in ganz verschie<strong>de</strong>nen<br />
Theaterformen verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n: im<br />
Puppen- wie Maskentheater, im Rollenspiel und vielen<br />
an<strong>de</strong>ren Formen.<br />
Ein Problem bei <strong>de</strong>r Verwendung von Märchenstoffen<br />
für das <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> ist allerdings, dass diese zunächst<br />
keineswegs auf ein rein kindliches Publikum<br />
zugeschnitten waren, aber im Laufe <strong>de</strong>r Zeit eine Einengung<br />
auf diese Adressatengruppe stattfand. Auf das<br />
Problem <strong>de</strong>r Ästhetisierung von Märchenstoffen für ein<br />
erwachsenes Publikum wies etwa <strong>de</strong>r schon erwähnte<br />
F. K. Waechter hin, <strong>de</strong>r selber vielfach Märchen zu<br />
Theaterstücken für Kin<strong>de</strong>r umgearbeitet hat:<br />
„Ja, aber immer, wenn die Inszenierung gut war, wur<strong>de</strong><br />
das Kin<strong>de</strong>rpublikum ganz schnell verdrängt. Das war<br />
auch bei Clowns-Geschichten so. Wenn die Inszenierung<br />
gut ist, gehen die Erwachsenen rein! Deshalb<br />
nehm ich manchmal an<strong>de</strong>re Titel, die nicht von <strong>de</strong>n<br />
Grimms sind. Dann wird das abends gespielt und ist<br />
voller Erwachsener. ‚Die Bremer Stadtmusikanten’ ist<br />
´Kin<strong>de</strong>rkram´, aber wenn es ‚Die elen<strong>de</strong>n Vier’ heißt,<br />
kommen die Erwachsenen, obwohl eigentlich bei<strong>de</strong><br />
Male die Geschichte von ausgedienten alten Herrschaften,<br />
von Arbeitslosen, beschrieben wird.“ 40<br />
Wie<strong>de</strong>rum besteht bei <strong>de</strong>r Verwendung von Märchen<br />
im konventionellen Theater – vor allem im nach wie<br />
vor beliebten Weihnachtsstück – die Gefahr, dass<br />
ästhetisch restaurative und inhaltlich zum Klischee<br />
erstarrte Konstellationen vorgeführt wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Beschäftigung mit theatral aufbereiteten Märchen<br />
muss heute auch in Betracht ziehen, dass die Rezeptionsmuster<br />
<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r stark von eher ‚verkitschten’,<br />
aber perfekt produzierten Musical-Versionen <strong>de</strong>r Disney<br />
Corporation und an<strong>de</strong>rer kommerzieller Anbieter<br />
präformiert sind.<br />
Rechercheaufgabe<br />
� Stellen Sie <strong>de</strong>n Inhalt und die Grundproblematik eines Märchens von Peter Hacks vor.<br />
Anmerkungen<br />
37Vgl. Horst Heidtmann: Medienadaptionen von Volksmärchen. In: Kurt Franz / Walter Kahn, Hg.: Märchen-Kin<strong>de</strong>r-Medien. Beiträge zur<br />
medialen Adaption von Märchen und zum didaktischen Umgang. Hohengehren 2000, S. 82-97.<br />
38Heidtmann: Medienadaptionen von Volksmärchen, S. 85.<br />
39Johannes Merkel: Modul Mündlichkeit, S. 52.<br />
40Katja Preissner im Gespräch F.K. Waechter: http://www.hinternet.<strong>de</strong>/comic/interview/waechter.php.<br />
46
12. Formen <strong>de</strong>s Spiels in Kin<strong>de</strong>rgarten und<br />
Grundschule<br />
Rollenspiel, Szenisches Spiel<br />
Rollenspiel und Theaterspiel<br />
Rollenspiele sind ein fester Bestandteil <strong>de</strong>r pädagogischen<br />
Arbeit vom Kin<strong>de</strong>rgarten an, und sie wer<strong>de</strong>n<br />
noch in <strong>de</strong>r Erwachsenenbildung häufig verwen<strong>de</strong>t. Es<br />
wer<strong>de</strong>n vorgestellte Als-ob-Situationen entwickelt, in<br />
<strong>de</strong>nen die Kin<strong>de</strong>r sich entfalten können, wobei <strong>de</strong>r<br />
Schwerpunkt auf <strong>de</strong>m Spielerlebnis liegt, nicht auf <strong>de</strong>r<br />
Präsentation. Hierbei wer<strong>de</strong>n schon Gemeinsamkeiten<br />
wie Unterschie<strong>de</strong> zum Theaterspiel sichtbar: Im Rollenspiel<br />
vollzieht sich ein in bestimmten Grenzen und<br />
unter bestimmten Bedingungen möglicher Rollenwechsel,<br />
aber es geht nicht um ein ‚Zurschaustellen’<br />
im Sinne einer – noch dazu künstlerischen – Darstellung<br />
von Handlungen o<strong>de</strong>r Personen. Das Rollenspiel<br />
ist nicht in Rollenvorgaben und Handlungsstrukturen<br />
festgefügt wie die theatrale Vorführung.<br />
Das Rollenspiel hat statt<strong>de</strong>ssen Ziele, die aus <strong>de</strong>m<br />
pädagogisch-sozialen Kontext stammen: soziale und<br />
komm<strong>uni</strong>kative Kompetenz zu schaffen und zu<br />
verbessern. Durch Probehan<strong>de</strong>ln soll eine Flexibilisierung<br />
<strong>de</strong>r sozial eingenommenen Rollen erreicht wer<strong>de</strong>n,<br />
die ein souveräneres und erfolgreiches Agieren in<br />
Interaktionen ermöglichen.<br />
Es sind vor allem folgen<strong>de</strong> Qualitäten, die über die<br />
Einübung und Praktizierung von Rollenspielen geför<strong>de</strong>rt<br />
wer<strong>de</strong>n sollen: Antizipation, Empathie, Entscheidungsfähigkeit,<br />
Komm<strong>uni</strong>kationskompetenz, Kreativität,<br />
Selbstbestimmung, Situationsbewusstsein, Kooperation.<br />
Darüber hinaus geht es um die Schulung von sozialen,<br />
ästhetischen und emotionalen Fähigkeiten, die zum<br />
Teil später auch für das Theaterspiel wesentlich sind:<br />
� Körper- und Raumerfahrung<br />
� Wahrnehmung <strong>de</strong>r Innen- und Außenwelt<br />
� Partnererfahrung<br />
� Erfahrung mit Als-ob-Fiktionen<br />
Für unser Thema thematisieren wir das Rollenspiel<br />
lediglich im Kontext <strong>de</strong>r darauf aufbauen<strong>de</strong>n ästhetisch<br />
gerichteten Vorstellungen zum Theaterspiel.<br />
Voraussetzung ist <strong>de</strong>r Doppelcharakter <strong>de</strong>s Rollenspiels:<br />
Es gehört einerseits zum Bereich <strong>de</strong>r Interaktionspädagogik,<br />
an<strong>de</strong>rerseits ist es aber auch – in ei-<br />
Jeux Dramatiques, Child Drama<br />
nem propä<strong>de</strong>utischen Sinne – ein Element <strong>de</strong>r Theaterpädagogik.<br />
Kritisch merken Theaterpädagogen <strong>de</strong>m<br />
Rollenspiel gegenüber an, dass es oft zu ausschließlich<br />
pädagogisch gesehen wur<strong>de</strong>:<br />
„Allerdings zog <strong>de</strong>r einseitige, häufig nur auf soziale<br />
Effizienz zielen<strong>de</strong> Blick eine zunehmen<strong>de</strong> pädagogische<br />
Instrumentalisierung <strong>de</strong>s Mediums Theater nach<br />
sich, durch die häufig vom Eigenwert <strong>de</strong>s Theaters,<br />
also von <strong>de</strong>n spezifischen Gestaltungsweisen und <strong>de</strong>n<br />
damit verbun<strong>de</strong>nen Erfahrungen abgesehen wur<strong>de</strong>.“ 41<br />
Wichtig ist, dass das Rollenspiel, entwicklungspsychologisch<br />
betrachtet, am Anfang <strong>de</strong>r spielerisch interpersonalen<br />
Auseinan<strong>de</strong>rsetzung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s mit <strong>de</strong>r Realität<br />
steht. Schon etwa ab <strong>de</strong>m Alter von 1 ½ Jahren<br />
können Rollenspiele im Kin<strong>de</strong>rgarten durchgeführt<br />
wer<strong>de</strong>n. Im freien Rollenspiel knüpft man an <strong>de</strong>n Erlebnisbereichen<br />
<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r und auch schon an medial<br />
vermittelten Erfahrungen (Märchen, Bil<strong>de</strong>rbuch etc.)<br />
an. Es fin<strong>de</strong>n sich hier erste Formen <strong>de</strong>s szenischen<br />
Spiels, zugleich Möglichkeiten einer Ausweitung und<br />
Festigung <strong>de</strong>s sprachlichen wie körpersprachlichen<br />
Repertoires. Formen wie etwa die Pantomime o<strong>de</strong>r<br />
das Figurenspiel können ebenfalls genutzt wer<strong>de</strong>n.<br />
Das Rollenspiel kann als eine Hinführung zum Erzählen<br />
gesehen wer<strong>de</strong>n, zugleich aber auch zum Theaterspiel:<br />
„In spielpädagogischer Perspektive führen Formen <strong>de</strong>s<br />
darstellen<strong>de</strong>n Spiels, die das spontane Rollenspiel von<br />
Vorschulkin<strong>de</strong>rn in strukturiertere Spielweisen überführen,<br />
zur allmählichen Übernahme <strong>de</strong>r Konventionen<br />
<strong>de</strong>s Theaterspiels. Statt <strong>de</strong>r von Fall zu Fall abgesprochenen<br />
Spielhandlungen wer<strong>de</strong>n nun feste Handlungsfolgen<br />
zugrun<strong>de</strong> gelegt, die <strong>de</strong>n Spielen<strong>de</strong>n die<br />
Übersicht über das gesamte Spielgeschehen abverlangen.<br />
Aus <strong>de</strong>n improvisierten Rollendialogen schälen<br />
sich zunächst annähern<strong>de</strong> und dann auch zunehmend<br />
verbindliche Formulierungen heraus bis hin zu wörtlich<br />
einstudierten Dialogen, wenn nach <strong>de</strong>m Text eines<br />
Theaterstücks gespielt wird. Während Kin<strong>de</strong>r im spontanen<br />
Rollenspiel für sich selbst und füreinan<strong>de</strong>r spielen,<br />
erlauben geplante und geprobte Spielformen, vor<br />
47
Publikum aufzutreten und Aufführungen nach Belieben<br />
zu wie<strong>de</strong>rholen.“ 42<br />
Bereits in <strong>de</strong>n gemeinsamen Spielen (ab etwa <strong>de</strong>m<br />
Alter von 3 J.) wer<strong>de</strong>n neben direkt sozialen Fähigkeiten<br />
auch kreative Potenzen aktiviert, insbeson<strong>de</strong>re<br />
durch die spielerische Entwicklung von Handlungsfolgen.<br />
Hier sind (für die älteren Kin<strong>de</strong>r) zu nennen: das<br />
Phantasiespiel, in <strong>de</strong>m Stoffe aus Büchern und an<strong>de</strong>-<br />
ren Medien aufgegriffen und weitergetrieben wor<strong>de</strong>n<br />
und die narrativen Strukturen komplexer wer<strong>de</strong>n (von<br />
Älteren zu spielen), dann auch beim Übergang ins<br />
Schulalter Regelspiele o<strong>de</strong>r auch interaktive Computerspiele.<br />
Zugleich wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Rollenspielen bereits<br />
erste Formen literarischer Sprachverwendung eingeübt.<br />
43<br />
Die Entwicklung vom Rollenspiel zum Theaterspiel lässt sich schematisch in folgen<strong>de</strong>r<br />
Weise 44 darstellen:<br />
Vorschulalter und erste Schuljahre (ca. bis 8 Jahre)<br />
� Rollenspiel: Nachahmung von Handlungen und Abläufen, Personen<br />
� Verlebendigung von Leblosem<br />
� Impuls aus <strong>de</strong>m Kind heraus zur Verarbeitung von Erlebnissen<br />
� ohne Anspruch an Perfektion<br />
� gelingt auch ohne „erwachsenen Spielleiter“<br />
� Verlebendigung von Leblosem<br />
Schulalter (ca. bis 10 Jahre)<br />
� Starke körperliche und geistige Entwicklung<br />
� Verlassen kindlicher Traumwelten – hin zu realistischer Weltsicht<br />
� Konzentrationsspanne steigt, Regeln wer<strong>de</strong>n gelernt<br />
� Voraussetzungen für Theaterspiel, Anfor<strong>de</strong>rungen einer Aufführung<br />
� Spielleiter als Autorität und Freund<br />
Vorpubertät<br />
� Mädchen sind Jungen in Entwicklung voraus<br />
� Gesteigertes Geltungsbedürfnis <strong>de</strong>r Schüler, Suche nach Anerkennung<br />
� Begeisterungsfähigkeit aber wechseln<strong>de</strong> Interessen<br />
� Anonymisiertes Darstellen, Schutz durch Masken etc.; Puppenspiel<br />
� Spielleiter als Kamerad – Unterstützung bei Suche nach eigener Persönlichkeit durch Ausprobieren vieler<br />
Rollen<br />
F. K. Waechter: Brülle ich zum Fenster raus. Kin<strong>de</strong>rrollenspiele mit Texten zum Singen. Weinheim 1979<br />
Rechercheaufgabe<br />
� Was gilt es zu beachten, wenn Sie mit Kin<strong>de</strong>rn das erste Mal ein Rollenspiel probieren?<br />
Literatur<br />
Literatur zur Bearbeitung dieser Aufgabe<br />
Josef Broich: Rollenspielpraxis. Vom Interaktions- und Sprachtraining bis zur fertigen Spielvorlage. Köln 1999.<br />
Andreas Flitner: Spielen – Lernen. München 1998.<br />
Szenisches Spiel (2. Darstellen<strong>de</strong>s Spiel o<strong>de</strong>r Szenisches Spiel) - Darstellen<strong>de</strong>s<br />
Spiel<br />
Ingo Scheller <strong>de</strong>finiert das szenische Spiel als „Han- So können die in literarischen Texten, Bil<strong>de</strong>rn und<br />
<strong>de</strong>ln in vorgestellten Situationen“. Es zielt darauf ab, Filmen entworfenen Ereignisse, Menschen und sozia-<br />
Lernen<strong>de</strong>n wie Lehren<strong>de</strong>n zu ermöglichen, mit allen len Situationen im szenischen Spiel zur Aneignungs-<br />
Sinnen zu lernen. Tragen<strong>de</strong>s Element für die Konzepmöglichkeit <strong>de</strong>r darin verborgenen eigenen Anteile<br />
tion sind <strong>de</strong>r (literarische) Text, ein Bild/mehrere Bil- wer<strong>de</strong>n: Die persönliche Lebenspraxis wird zum The<strong>de</strong>r<br />
o<strong>de</strong>r ein Film, Szenen aus einem Drama u.ä., von ma, dies nennt Scheller, ‚erfahrungsbezogenen Unter-<br />
<strong>de</strong>m her eine meist sehr differenzierte Rollenspielsituricht’. Ausgesuchte und erprobte Spielverfahren und<br />
ation konzipiert wird.<br />
Übungen aus zahlreichen schauspiel-, spiel- und theaterpädagogischen<br />
Ansätzen (z.B. Stanislawski, Boal)<br />
48
machen diese ganzheitlichen Lernprozesse möglich:<br />
z.B. sind dies: Wahrnehmungsübungen, Vorstellungsübungen,<br />
Körper- und Bewegungsübungen, Sprechübungen,<br />
Rollenschreiben, Rollengespräch, Szenische<br />
Improvisation und Demonstration, Standbil<strong>de</strong>r, Statuen.<br />
Diese Verfahren ermöglichen es, Lern- und Erkenntnisprozesse<br />
zu initiieren, in <strong>de</strong>nen nicht wie in konventionellen<br />
Lernverfahren von <strong>de</strong>r Lernsituation abstrahiert<br />
wird, son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>nen Raum, Zeit und Gegenstän<strong>de</strong><br />
ebenso mit ins Spiel einbezogen wer<strong>de</strong>n wie die<br />
körperlichen, gestischen, mimischen und sprachlichen<br />
Handlungen und Interaktionen <strong>de</strong>r Lernen<strong>de</strong>n. Diese<br />
Ausdrucks- und Verhaltensweisen <strong>de</strong>r Spieler/innen<br />
wer<strong>de</strong>n bewusst aktiviert.<br />
Zentrales Thema aller Spielprozesse ist die Frage danach,<br />
wie die sozialen Erfahrungen und situativen<br />
Bedingungen Menschen dazu bringen, ihre abgespal-<br />
Beispiele für das szenische Spiel<br />
tenen, möglicherweise aufgezwungenen, kontrollierten<br />
o<strong>de</strong>r rationalisierten Gefühle, Phantasien und Wünsche<br />
auf an<strong>de</strong>re zu projizieren. Das szenische Spiel<br />
ist, wie die Erfahrung gezeigt hat, ein geeignetes Mittel,<br />
solche Übertragungs- und Abwehrmechanismen<br />
bei einzelnen und als Gruppenphänomen in konkreten<br />
Situationen zu untersuchen. So wer<strong>de</strong>n diese wie<strong>de</strong>r<br />
erlebbar und können in das eigene Selbstbild<br />
integriert wer<strong>de</strong>n, so dass neue Sichtweisen und Verhaltensweisen<br />
möglich wer<strong>de</strong>n.<br />
Durch die Rekonstruktion von konflikthaften Unterrichtssituationen<br />
können mit <strong>de</strong>m szenischen Spiel<br />
Projektions- und Abwehrprozesse untersucht wer<strong>de</strong>n,<br />
mit <strong>de</strong>nen Lehrer/innen und Lernen<strong>de</strong> selbst zur Entstehung<br />
und Aufrechterhaltung solcher Situationen<br />
beitragen. Insgesamt geht es hier um Angstabbau,<br />
Stärkung <strong>de</strong>r Persönlichkeit und die Bewältigung innerer<br />
Konflikte.<br />
Stellen Sie sich vor, Sie wären Schulleiter und streiften zur besten Unterrichtszeit durch die Gänge Ihrer<br />
Schule. Aus <strong>de</strong>n Klassenzimmern dringt ein Summen und Brummen, das vom eifrigen Streben nach Standards<br />
erzählt und Sie zufrie<strong>de</strong>n macht. Aber Halt! Aus diesem Klassenraum dringen ganz an<strong>de</strong>re Geräusche:<br />
Poltern, Rufen Klirren, Lachen. Sie sind nicht so ein unangenehmer Kontrolletti, also öffnen Sie nicht<br />
empört die Türe, son<strong>de</strong>rn holen sich einen Stuhl und spähen durchs Oberlicht.<br />
Was Sie sehen, ist folgen<strong>de</strong>s: Die Schüler haben soeben alle Tische und Stühle an einer Wand aufgetürmt,<br />
sie stellen sich im Kreis auf und werfen sich imaginäre Bälle zu, danach fliegen Worte mit Bewegungen und<br />
merkwürdigen Betonungen im Kreis herum, dann gehen einzelne o<strong>de</strong>r mehrere in die Mitte und führen Bewegungen<br />
aus, die die an<strong>de</strong>ren im Kreis kopieren. Das macht Spaß und sieht komisch aus, Sie selbst kichern<br />
unvermutet und merken, dass Sie nur auf einem Stuhl stehen. Nun gehen die Schüler im Raum herum,<br />
halten einen Text in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n und lesen aus <strong>de</strong>m Text mal hier mal da etwas laut und in ganz unterschiedlichen<br />
Betonungen, Stimmungen und Haltungen vor. Als Deutschlehrer erkennen Sie ziemlich<br />
schnell, dass es sich um Ausschnitte aus We<strong>de</strong>kinds Frühlings Erwachen han<strong>de</strong>lt. Sehr chaotisch. Endlich<br />
erkennen Sie <strong>de</strong>n Lehrer, <strong>de</strong>r die Schüler auffor<strong>de</strong>rt, sich eine Rolle auszuwählen und sich irgendwo hinzusetzen.<br />
Die Schüler setzen sich auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r neuerdings nur noch 2 x wöchentlich geputzt wird, und verän<strong>de</strong>rn<br />
während <strong>de</strong>s Lesens mit verteilten Rollen ihre Sitzposition im Raum und ihre Haltung. Die Szene ist<br />
kaum gelesen, setzen die Schüler sich in <strong>de</strong>n Kreis und machen unter Anleitung <strong>de</strong>s Kollegen eine Atem-,<br />
Entspannungs- und Konzentrationsübung.<br />
Dann sollen sie Personen <strong>de</strong>r Geschichte vor ihrem inneren Auge Revue passieren lassen. Aha, eine Phantasiereise,<br />
das kennen Sie. Es folgen Übungen zum Aufbau von Rollenbiographien <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n Schülern<br />
gewählten Figuren, bevor es wie<strong>de</strong>r spannend wird. Zwei Stühle stehen sich gegenüber, zwei Schüler nehmen<br />
je eine bestimmte Haltung ein, die sie zu ihrer Rolle passend fin<strong>de</strong>n und stellen sich nacheinan<strong>de</strong>r in<br />
ihren Figuren vor. Es gibt eine kleine Diskussion mit <strong>de</strong>m Publikum, das sich manches an<strong>de</strong>rs vorgestellt<br />
hatte. Dann wird es wie<strong>de</strong>r laut, weil die ganze Klasse sich in Paaren gegenüber sitzt und je<strong>de</strong>s Paar ein<br />
Rollengespräch führt.<br />
Der Kollege zeigt Nerven und geht von Paar zu Paar, um einzelnen Schülern beim Einfühlen in die Rolle und<br />
die Situation zu helfen, in<strong>de</strong>m er als Hilfs-Ich neue Impulse setzt. Sie schauen auf die Uhr, damit Sie rechtzeitig<br />
vor Unterrichtsschluss ihre verräterische Position am Oberlicht verlassen können. Es ist noch Zeit für<br />
eine weitere Übung. Die Schülerpaare bauen erst einzelne, dann Pärchen o<strong>de</strong>r Dreiergruppen zu Statuen<br />
und Standbil<strong>de</strong>rn auf. Die ganze Gruppe besucht die Standbil<strong>de</strong>r nacheinan<strong>de</strong>r wie Skulpturen im Museum<br />
und assoziiert laut zu diesen Bil<strong>de</strong>rn. Manche Figuren wer<strong>de</strong>n durch Antippen lebendig und sagen, was sie<br />
gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>nken o<strong>de</strong>r wie sie sich fühlen. Eine Skulpturengruppe setzt ihr Standbild in Bewegung und spielt<br />
eine Szene. Abschließend tauschen die Schüler im Kreis unter Mo<strong>de</strong>ration Ihres Kollegen, <strong>de</strong>r die Situation<br />
49
nun wie<strong>de</strong>r im Griff hat, ihre Beobachtungen aus. Es wird Zeit, dass Sie sich vom Oberlicht und aus <strong>de</strong>m<br />
Flur zurückziehen. Hinter sich hören Sie das Poltern <strong>de</strong>r Tische und Stühle. Sie vergewissern sich auf <strong>de</strong>m<br />
Stun<strong>de</strong>nplan:<br />
Das war Deutschunterricht in <strong>de</strong>r 9a. Sie legen <strong>de</strong>m Kollegen einen Zettel ins Fach mit <strong>de</strong>r Bitte um Rücksprache.<br />
[…]<br />
So könnte eine Doppelstun<strong>de</strong> aussehen, die ein Kollege mit <strong>de</strong>n Fächern Deutsch, Biologie und Darstellen<strong>de</strong>s<br />
Spiel durchführt.<br />
Vortrag von Joachim Reiss. In: Theater und Schule. Materialien_H_47 (2004).<br />
Aufgabe<br />
� Schreiben Sie selbst eine Textvorlage für ein szenisches Spiel.<br />
Das Ausdrucksspiel aus <strong>de</strong>m Erleben (Jeux Dramatiques)<br />
Das Jeux Dramatiques ist eine elementare Form <strong>de</strong>s<br />
Theaterspiels, die ohne eine ausgefeilte Spieltechnik<br />
und größere Vorkenntnisse bei <strong>de</strong>n daran Beteiligten<br />
auskommt. Entwickelt wur<strong>de</strong> diese Form von <strong>de</strong>m<br />
französischen Pädagogen Léon Chancerel, <strong>de</strong>r seine<br />
Metho<strong>de</strong> bereits 1936 beschrieb. Als Ausdruck <strong>de</strong>r<br />
humanistischen Psychologie beruht die Metho<strong>de</strong> auf<br />
<strong>de</strong>r Anschauung <strong>de</strong>s Menschen als ganzheitlichem<br />
Wesen, das sein inneres Erleben beson<strong>de</strong>rs über das<br />
Spiel ausdrücken kann, speziell:<br />
� das Auf<strong>de</strong>cken verborgener kreativer Fähigkeiten<br />
und<br />
� <strong>de</strong>n Ausdruck von Gefühlen und inneren Erlebnissen.<br />
Beispiel für Jeux Dramatiques<br />
Quelle<br />
Im Jeux Dramatique gibt es schriftliche Vorlagen, die<br />
entwe<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Literatur entnommen wer<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r aber<br />
auch selbst verfasst sein können und szenisch umgesetzt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Spieler suchen sich ihre Rolle selbst, sie agieren<br />
nur gestisch und mimisch, sie haben eine recht rudimentäre<br />
Verkleidung (Tücher, Vorhänge, Schminke<br />
u.ä.), für <strong>de</strong>n Vortrag <strong>de</strong>s verbalen Textes ist ein Sprecher<br />
zuständig.<br />
Der Text wird vom Spielleiter / Spielleiterin vorgelesen (z.B. Wo die wil<strong>de</strong>n Kerle wohnen von Max Sendak).<br />
Je<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Gruppe wählt sich ein Subjekt o<strong>de</strong>r Objekt <strong>de</strong>r Geschichte (z.B. Max, die Kerle - es können unendlich<br />
viele sein, Bäume, das Schiff, <strong>de</strong>r Geruch <strong>de</strong>s Essens, das Max wie<strong>de</strong>r nach Hause lockt - alles<br />
kann gespielt wer<strong>de</strong>n). Mit einfachen Requisiten, wie z.B. Tücher, können sich die Kin<strong>de</strong>r verklei<strong>de</strong>n. Der<br />
Spielleiter / die Spielleiterin liest die Geschichte vor, mit Pausen, in <strong>de</strong>nen die Spielfiguren (pantomimisch)<br />
agieren. Es geht nicht um eine Aufführung <strong>de</strong>r Geschichte, son<strong>de</strong>rn um ein Nacherleben.<br />
http://www.schulmediothek.<strong>de</strong>/oeb_und_schule/i<strong>de</strong>enboerse_lesefoer<strong>de</strong>rung/geschichten_spielerisch_umsetzen.<br />
Quelle<br />
Ablauf <strong>de</strong>r Jeux Dramatiques nach <strong>de</strong>m R-S-P-V-Zirkel:<br />
� R = Rohstoff: Auswahl von Thema o<strong>de</strong>r Text durch Spielleiter o<strong>de</strong>r Spieler – Basis: Situation <strong>de</strong>r Gruppe<br />
� S = Spielvorbereitung: Diese besteht vor allem aus: Vorstellung und Ausarbeitung von Thema/Text;<br />
Auswahl <strong>de</strong>r Rollen und Spielorte; Verkleidung und Hilfsmittel auswählen; Reflexion und Erarbeitung<br />
<strong>de</strong>r Szenen und Kulissen – Anregung (etwa im Kin<strong>de</strong>rgarten durch Märchen o<strong>de</strong>r Bil<strong>de</strong>rbuch)<br />
� P = Praktische Durchführung: Beginn mit vereinbartem Klangzeichen: Sprecher liest o<strong>de</strong>r erzählt <strong>de</strong>n<br />
Text. Agieren <strong>de</strong>r Sprecher/Spieler vor allem auf sie selbst und die Gruppe bezogen, nicht auf die Zuschauer<br />
– Spieldauer: ca. 20 Min.<br />
� V = Verarbeitung: freies, nicht werten<strong>de</strong>s Gespräch über die Durchführung, Auswertung <strong>de</strong>r individuellen<br />
Erfahrungen und Eindrücke.<br />
50
„Jeux-Regeln” für Kin<strong>de</strong>r<br />
1. Je<strong>de</strong>r kann sich in Ruhe seine Rolle suchen.<br />
2. Du bestimmst, was und wie du etwas spielen willst.<br />
3. Je<strong>de</strong>r spielt für sich selbst.<br />
4. Je<strong>de</strong>r spielt so, wie er sich fühlt.<br />
5. Es gibt kein richtig - es gibt kein falsch!<br />
6. Je<strong>de</strong>r achtet auf die an<strong>de</strong>ren Mitspieler und nimmt Rücksicht.<br />
7. Je<strong>de</strong>r darf auch Zuschauer sein<br />
http://www.welleg.<strong>de</strong>/unterricht/jeux/in<strong>de</strong>x.htm.<br />
Rechercheaufgabe<br />
� Suchen Sie nach einer geeigneten Textvorlage für ein Jeux Dramatiques in einer Kin<strong>de</strong>rgruppe und<br />
stellen Sie es vor.<br />
Child Drama als Metho<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Pädagogik<br />
Einflussreich beson<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>n angelsächsischen<br />
Län<strong>de</strong>rn ist bis heute die Konzeption <strong>de</strong>s englischen<br />
Pädagogen Peter Sla<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r (u.a. mit seinem Buch<br />
„Child play. Its importance for Human Development“,<br />
1995) Theater und vor allem Theaterpädagogik nachhaltig<br />
beeinflusst hat. Im <strong>de</strong>utschsprachigen Raum<br />
wur<strong>de</strong> diese Metho<strong>de</strong> insbeson<strong>de</strong>re durch die Sänge-<br />
Nach<br />
rin, Regisseurin und Theaterpädagogin Jolanda Rodio<br />
vertreten, die in Bern die Schauspielschule „Totales<br />
Theater“ grün<strong>de</strong>te.<br />
Wozu die Metho<strong>de</strong> <strong>de</strong>s ‚child drama’ dienen soll, beschreibt<br />
die Schauspielerin und Regisseurin Ania Michaelis:<br />
Die Metho<strong>de</strong> <strong>de</strong>s child dramas ist, dass es keine Metho<strong>de</strong> gibt, aber Aufmerksamkeit. Das Instrumentarium,<br />
das uns diese Arbeit in die Hand gibt, ist ein feines. Es erinnert <strong>de</strong>n Menschen daran, was er bereits<br />
weiß. Die Feinwahrnehmung wird geschult, <strong>de</strong>r Eigensinn ermuntert, <strong>de</strong>r Mut unterstützt. Souveränität hieße<br />
im schönsten Fall, sich zu zeigen und sich zur Verfügung zu stellen.<br />
Mit <strong>de</strong>m Werkzeuge, das das Terrain erfor<strong>de</strong>rt, lässt es sich versierter klettern, sicherer hantieren, auch bei<br />
Sturm ruhig bleiben. Das Erlebnis bleibt so wild, so sanft, so bitter und so süß wie es eben ist. Aber wir sind<br />
vorbereitet. Wir tragen angemessenes Schuhwerk, sind angeseilt. Eine Landkarte ist oft nützlich und<br />
manchmal brauchen wir einen Lichtstrahl in einer dunklen Höhle o<strong>de</strong>r einen Hinweis auf die Richtung,<br />
wenn wir uns verlaufen haben. Die Übung erhöht <strong>de</strong>n Zauber, schärft <strong>de</strong>n Blick, macht munter und wach.<br />
Möge sie gelingen!<br />
Um zu beschreiben, was ich im schönsten Fall erreichen wollte, fallen mir als erstes Gegensatzpaare ein:<br />
Liebreiz und Schrecken, bitter und süß, Faszination und Entsetzen. Ich versuche <strong>de</strong>n unverwechselbaren,<br />
individuellen, poetischen Moment mit <strong>de</strong>r Welt, die die Figur, <strong>de</strong>n Spieler, <strong>de</strong>n Zuschauer umgibt, in Zusammenhang<br />
und Reibung zu setzen.<br />
http://www.gew.<strong>de</strong>/Binaries/Binary7456/Materialien_H_47.pdf.<br />
Ähnlich wie bei an<strong>de</strong>ren theaterpädagogischen Metho<strong>de</strong>n<br />
geht es auch hier in erster Linie um Sensibilisierung<br />
<strong>de</strong>r Wahrnehmung, Einübung in freie Spielformen<br />
und selbständiges Aufstellen von Regeln,<br />
Teamarbeit. Hier ist allerdings – im Gegensatz zu <strong>de</strong>n<br />
bisher vorgestellten Metho<strong>de</strong>n – die selbständige<br />
Entfaltung <strong>de</strong>r schöpferischen Gestaltungskraft individuell<br />
und in <strong>de</strong>r Gruppe im Vor<strong>de</strong>rgrund, die Metho<strong>de</strong><br />
ist insgesamt nur sehr schwach direktiv.<br />
Quelle<br />
In Kursen beschäftigen sich die Teilnehmer zunächst<br />
mit Wahrnehmungsübungen – die möglichst genaue<br />
Registrierung <strong>de</strong>ssen, was ist und <strong>de</strong>ssen Wie<strong>de</strong>rgabe<br />
- dann mit <strong>de</strong>r möglichst selbständigen Einübung kleiner<br />
Stücksequenzen. Der Kursleiter hat eine rein unterstützen<strong>de</strong><br />
Funktion, ist eine Art Schiedsrichter,<br />
unterstützend, aber nur in Ausnahmefällen eingreifend;<br />
das child drama appelliert vor allem an die Selbständigkeit<br />
und Selbsttätigkeit <strong>de</strong>r Teilnehmer und die<br />
Stärkung ihrer eigenen Gestaltungsfähigkeiten.<br />
51
Im geschützten Raum <strong>de</strong>s Spiels erfahren die Teilnehmer<br />
sinnlich, welche Position in <strong>de</strong>r Gruppe sie<br />
gera<strong>de</strong> einnehmen. In einem zweiten Schritt wer<strong>de</strong>n<br />
Spieli<strong>de</strong>en gesammelt. Hier sind (im Gegensatz zum<br />
Rollen- o<strong>de</strong>r szenischen Spiel, aber natürlich auch zum<br />
wirklichen Theater) keine konkreten Situationen o<strong>de</strong>r<br />
Vorlagen vorgegeben. Die I<strong>de</strong>en wer<strong>de</strong>n gesammelt<br />
und vom Kursleiter notiert, das Ordnen und die weitere<br />
Beschäftigung ist dann aber wie<strong>de</strong>r selbständige<br />
Aufgabe <strong>de</strong>r Gruppe.<br />
Aufgabe<br />
� Versuchen Sie, konkrete Anwendungsmöglichkeiten für das hier beschriebene Child Drama zu fin<strong>de</strong>n.<br />
Stellen Sie Ihre Überlegungen vor.<br />
41Jürgen Weintz: Theaterpädagogik und Schauspielkunst. Butzbach-Grie<strong>de</strong>l 1998.<br />
42Merkels Erzählkabinett: http://www.stories.<strong>uni</strong>-<strong>bremen</strong>.<strong>de</strong>/erzaehlen/spracherziehung.html.<br />
43Hierzu vgl. Merkel: Gebil<strong>de</strong>te Kindheit; Merkel: Modul Mündlichkeit.<br />
44Nach: Rollenspiel_Skript+Theater.pdf.<br />
Anmerkungen<br />
52
13. Formen <strong>de</strong>s Spiels<br />
Fingerpuppen, Maskenspiel, Pantomime<br />
Traditionelle Spielformen: Stegreifspiel, Kasperle-,<br />
Marionetten-, Masken-, Schattentheater, szenisches<br />
Spie, Schulspiel/Schultheater, Pantomime, mediale<br />
Formen <strong>de</strong>s Hör- und Fernsehspiels, Tanz- und Musikspiele,<br />
Lern- und Sprachspiele.<br />
Improvisation<br />
,Neuere’ Spielformen: Selbsterfahrungs- und Interaktionsspiele,<br />
sprachdidaktische und literarische Rollenspiele,<br />
Planspiele, Schreibspiele, Spielformen <strong>de</strong>s<br />
alternativen, freien Theaters<br />
Grundformen <strong>de</strong>s Spiels im <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong><br />
1. Personales Spiel: Warming up Spiele, Pantomime, Stegreifspiel, Sketche, Kabarett, Rollenspiel und<br />
Planspiel; Jeux Dramatiques, Statuen-, Forumtheater<br />
2. Figurales Spiel: Puppenspiel, Marionettenspiel, Schattenspiel, Maskenspie<br />
3. Technisch- mediales Spiel: Spiel mit Musikinstrumenten, Hörspiel, Spielgestaltung mit <strong>de</strong>r Vi<strong>de</strong>okamera<br />
usw.<br />
Puppen-, Figurentheater<br />
Das Puppen- o<strong>de</strong>r Figurentheater – oft traditionell<br />
auch in <strong>de</strong>r Form <strong>de</strong>s Kasperletheaters - wird allgemein<br />
als eine beson<strong>de</strong>rs typische Form <strong>de</strong>s kindlichen<br />
Theaterspiels o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Theaterspiels für Kin<strong>de</strong>r betrachtet.<br />
Selbst im Zeitalter <strong>de</strong>r medial und digital<br />
geprägten Sozialisation hat das Puppentheater für<br />
kleine Kin<strong>de</strong>r seinen Reiz nicht ganz verloren. Immer<br />
noch gibt es beliebte und renommierte Puppen-, Kasperle-<br />
o<strong>de</strong>r Marionettentheater, die inzwischen teilweise<br />
auch im Fernsehen zu sehen, auf Vi<strong>de</strong>o, CD o<strong>de</strong>r<br />
DVD zu haben sind. So erfreuen sich etwa Stücke <strong>de</strong>r<br />
Augsburger Puppenkiste, <strong>de</strong>r Cassiopeia Bühne, Köln<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Kölschen Hänneschen Theaters großer Beliebtheit.<br />
Das Puppen- o<strong>de</strong>r Figurentheater ist eine durchaus<br />
eigenständige Kunstart, zugleich aber auch schon früh<br />
als Hinführung zu an<strong>de</strong>ren künstlerischen Formen und<br />
im Sinne <strong>de</strong>r Eigenaktivität von kleineren Kin<strong>de</strong>rn<br />
geeignet.<br />
Die traditionell große Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Puppenspiels für<br />
die Entwicklung lässt sich paradigmatisch an Goethe<br />
sehen, <strong>de</strong>r bereits mit vier Jahren von <strong>de</strong>r Großmutter<br />
ein Puppenspiel erhielt und in seinem Roman „Wilhelm<br />
Meisters Lehrjahre“ auf <strong>de</strong>ssen Be<strong>de</strong>utung sowie<br />
auch die sich daraus ergeben<strong>de</strong>n Konflikte eingeht.<br />
Die Lei<strong>de</strong>nschaft für das Theater verließ ihn<br />
auch später nicht, und von 1791 bis 1817 war er als<br />
Intendant <strong>de</strong>s Weimarer Hoftheaters direkt mit <strong>de</strong>r<br />
Theaterleitung und Regie befasst.<br />
Im erwähnten Roman geht es zu Beginn um die Ablehnung<br />
dieser Theaterlei<strong>de</strong>nschaft <strong>de</strong>s Sohnes durch<br />
<strong>de</strong>n pragmatisch ausgerichteten Kaufmannsvater, <strong>de</strong>r<br />
im Theaterbesuch keinen Sinn sehen kann, worauf <strong>de</strong>r<br />
Sohn mit <strong>de</strong>r rhetorischen Frage an die Mutter antwortet:<br />
„aber um 's Himmels willen, Mutter! ist <strong>de</strong>nn alles<br />
unnütz, was uns nicht unmittelbar Geld in <strong>de</strong>n Beutel<br />
bringt, was uns nicht <strong>de</strong>n allernächsten Besitz verschafft?“<br />
45 Wilhelm Meister beschreibt dann <strong>de</strong>r Mutter<br />
gegenüber aus <strong>de</strong>r noch lebendigen Erinnerung<br />
<strong>de</strong>n lebhaften Eindruck, <strong>de</strong>n das Puppenspiel als Kind<br />
auf ihn gemacht hatte, und diese Wirkung wird dann<br />
im folgen<strong>de</strong>n Kapitel vom Erzähler bestätigt:<br />
„Wenn die erste Liebe, wie ich allgemein behaupten<br />
höre, das Schönste ist, was ein Herz früher o<strong>de</strong>r später<br />
empfin<strong>de</strong>n kann, so müssen wir unsern Hel<strong>de</strong>n<br />
dreifach glücklich preisen, daß ihm gegönnt ward, die<br />
Wonne dieser einzigen Augenblicke in ihrem ganzen<br />
Umfange zu genießen. Nur wenig Menschen wer<strong>de</strong>n<br />
so vorzüglich begünstigt, in<strong>de</strong>s die meisten von ihren<br />
frühern Empfindungen nur durch eine harte Schule<br />
geführt wer<strong>de</strong>n, in welcher sie, nach einem kümmerlichen<br />
Genuß, gezwungen sind, ihren besten Wünschen<br />
entsagen und das, was ihnen als höchste Glückseligkeit<br />
vorschwebte, für immer entbehren zu lernen.“ 46<br />
Das Figuren- o<strong>de</strong>r Puppenspiel in seinen vielfältigen<br />
Formen gehört zum Elementarbereich <strong>de</strong>s Spielens<br />
und <strong>de</strong>s theatralen Agierens. Es ermöglicht auch kleineren<br />
Kin<strong>de</strong>rn (ab 3 bis 4 Jahren) I<strong>de</strong>ntifikation und<br />
Einfühlung mit <strong>de</strong>n gezeigten Personen und Handlungen,<br />
es hat einfache Handlungsstrukturen und es<br />
lassen sich kindgemäße Stoffe einbauen. Die Äußerungsformen<br />
sind in gewisser Weise abstrahiert, da<br />
53
die Figuren nicht wirklich ‚realistisch’ sind, zugleich<br />
aber auch sehr direkt. Eine Puppentheateraufführung<br />
kann früh weitgehend selbst gestaltet wer<strong>de</strong>n, und<br />
Kin<strong>de</strong>r tun dies ja auch heute noch mit kleinen Theatern,<br />
die ihnen geschenkt wer<strong>de</strong>n. Es lassen sich einfache<br />
Kulissen und Szenerien sowie auch Figuren<br />
herstellen, aus verschie<strong>de</strong>nen Materialen wie Stoff,<br />
Papier o<strong>de</strong>r auch Gemüse.<br />
Im Puppentheater sind immer wie<strong>de</strong>r Märchenstoffe<br />
verarbeitet wor<strong>de</strong>n, etwa von Autoren wie Janosch,<br />
Otfried Preußler o<strong>de</strong>r Heinrich Maria Denneborg. Es<br />
lassen sich aber auch zahlreiche an<strong>de</strong>re Stoffe mit<br />
Fingerpuppen dramatisieren, etwa einfache Handlungen<br />
aus <strong>de</strong>m Erlebnisbereich <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r, auch Kin<strong>de</strong>rlyrik<br />
o<strong>de</strong>r Familienszenen.<br />
Anregungen für die Durchführung von Puppenspielen<br />
und die Anwendung <strong>de</strong>r Form für das Vorschulalter<br />
fin<strong>de</strong>n sich in großer Fülle, insbeson<strong>de</strong>re auch Bücher<br />
mit Spieli<strong>de</strong>en und praktischen Aufführungstips (s.<br />
dazu das Literaturverzeichnis).<br />
Arten <strong>de</strong>s Figurentheaters (Einteilung nach Spielort und Beziehung zum Spieler)<br />
Von unten geführte Figuren<br />
Handpuppen und Fingerpuppen – Mimikpuppen – Marotten – Stabfiguren - Hand-Stock-Puppen – Flachfiguren<br />
–Schattenfiguren<br />
Von hinten o<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Seite geführte Figuren<br />
Papierfiguren – Schattenfiguren - Figuren <strong>de</strong>s Schwarzen Theaters - Fantoche-Figuren<br />
Von oben geführte Figuren<br />
Stabfiguren – Marionetten<br />
Flächige Figuren<br />
Theatrum mundi<br />
Kleine Figuren (aus Pappe, Blech, Zinn, Holz) wer<strong>de</strong>n auf Schienen hin und her geschoben<br />
Schattenfiguren<br />
Vor einer Lichtquelle wird eine flache Figur mit Stäben und Fä<strong>de</strong>n von unten o<strong>de</strong>r von hinten bewegt.<br />
Flachfiguren<br />
Bemalte Figuren wer<strong>de</strong>n an Fä<strong>de</strong>n und Stäben von unten bewegt.<br />
Papierfiguren<br />
Kleine flache Figürchen aus Karton wer<strong>de</strong>n an Draht von oben, an Holzleistchen von <strong>de</strong>r Seite geführt.<br />
54
Körperhafte Figuren<br />
Unbeklei<strong>de</strong>te o<strong>de</strong>r bemalte Hand<br />
Fingerpuppen<br />
Einfache Dinge wer<strong>de</strong>n auf die Finger <strong>de</strong>r Hand aufgesteckt.<br />
Handpuppen<br />
Die Figur umschließt die menschliche Hand<br />
Mimikpuppen<br />
Die Finger <strong>de</strong>s Spielers verän<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>n mimischen Ausdruck <strong>de</strong>r Figur.<br />
Stabfiguren und Marotten<br />
Mit Stäben von unten geführt.<br />
Hand-Stock-Puppen<br />
Kombination einer Handpuppe mit einer Stabfigur<br />
55
Marionetten<br />
An Fä<strong>de</strong>n hängend, von oben bewegt<br />
http://artm-friends.at/ilse/wp-content/www/vom-theater-figuren.html.<br />
Maskenspiel<br />
Das Maskenspiel ist in <strong>de</strong>r gesamten europäischen<br />
Theatertradition von großer Be<strong>de</strong>utung, es fand sich<br />
im antiken Maskentheater genauso wie in <strong>de</strong>r italienischen<br />
Form <strong>de</strong>r Commedia <strong>de</strong>ll’arte. In <strong>de</strong>n früheren<br />
Stadien <strong>de</strong>r Theaterkunst erschienen die Figuren<br />
wahrscheinlich sehr stilisiert und entindividualisiert: Es<br />
dominierten Masken, aufwendige Gesten und laute<br />
Äußerungen, erst später (ca. ab <strong>de</strong>m 5. Jahrhun<strong>de</strong>rt in<br />
Athen) nehmen die monologischen und dialogischen<br />
schauspielerischen Momente zu.<br />
Die Maske ist meist starr und trägt eine Ten<strong>de</strong>nz zur<br />
Stilisierung. Man kann sich über Maske und Maskenhaftigkeit<br />
verstecken, d.h. die Individualität verbergen.<br />
An<strong>de</strong>rerseits ist es <strong>de</strong>n Mitspielen<strong>de</strong>n im Kin<strong>de</strong>r- und<br />
Jugendtheater häufig gera<strong>de</strong> unter <strong>de</strong>m Schutz <strong>de</strong>r<br />
Maske möglich, Elemente <strong>de</strong>s Innern und <strong>de</strong>s Gefühlslebens,<br />
die sonst nicht zugelassen wer<strong>de</strong>n, auszudrücken.<br />
Unterstützend betonen hier auch Körperbewe-<br />
Quelle<br />
gungen das Innere. Für die Technik <strong>de</strong>s KJT ist auch<br />
beson<strong>de</strong>rs wichtig, dass hier, wo die sonst extrem<br />
wichtigen Gesichtsbewegungen zur Rollenausfüllung<br />
wegfallen, an<strong>de</strong>re Momente <strong>de</strong>n Schwerpunkt bil<strong>de</strong>n:<br />
Verbal- und Körpersprache, Bewegungen im Raum etc.<br />
Man kann hier beson<strong>de</strong>rs gut Neutralmasken verwen<strong>de</strong>n,<br />
als Masken, die keinen spezifischen Gesichtsausdruck<br />
zeigen.<br />
Eine Frage, die sich die Spielen<strong>de</strong>n hier immer stellen<br />
müssen, ist: Welche Maske passt zu mir?<br />
Wichtig im Zusammenhang mit <strong>de</strong>m <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong><br />
sind vor allem<br />
� die Funktion von Maske (und Kostüm) zur Charakterisierung<br />
von Rollen<br />
� die Be<strong>de</strong>utung von Material, Farbe, Form<br />
� <strong>de</strong>r Zusammenhang von Kostüm, Maske und<br />
Körpersprache<br />
Grundformen <strong>de</strong>r Improvisation<br />
Improvisation steht im engen Zusammenhang mit Spontanität, die allein allerdings noch keinen kreativen<br />
Prozess beför<strong>de</strong>rn kann. Spontanität ist die „Fähigkeit und Bereitschaft <strong>de</strong>s Individuums zu freiwilligen und<br />
selbstbestimmten Handlungen, die auf keine äußere Anstöße zurückgehen“. Ziel ist, die menschliche Spontanität<br />
freizusetzen und gleichzeitig in das gesamte Lebensgefüge <strong>de</strong>s Menschen sinnvoll zu integrieren.<br />
Wird Spontanität freigesetzt und gleichzeitig integriert, so entsteht Kreativität. 47<br />
Im Theater <strong>de</strong>r Gegenwart fin<strong>de</strong>t man vielfältige Formen<br />
<strong>de</strong>r Improvisation vor allem in diesen Fel<strong>de</strong>rn:<br />
� in <strong>de</strong>r Schauspielausbildung<br />
� im Prozess <strong>de</strong>r Inszenierung im professionellen<br />
Erwachsenentheater<br />
� als eigenes Genre (Improvisationstheater)<br />
Spontanes Stegreif- o<strong>de</strong>r Improvisationsspiel<br />
Bevor man diese Form erprobt und man sich in die<br />
ausgedachten Rollen begibt, sollten einige Fragen<br />
geklärt wer<strong>de</strong>n<br />
� Rollenbiographie: Welche Rolle? Alter, Kleidung,<br />
familiärer Hintergrund, persönliche Vor-<br />
� im Bereich von therapeutisch gerichteten Theaterformen<br />
� vor allem im Kin<strong>de</strong>r- und Jugendtheater (Darstellen<strong>de</strong>s<br />
Spiel, Rollenspiel, szenisches Spiel<br />
etc.)<br />
lieben auf verschie<strong>de</strong>nen Gebieten, Gefühle,<br />
Ängste, Bedürfnisse u.ä.<br />
� Situation <strong>de</strong>r Szene: <strong>de</strong>r Schauplatz, <strong>de</strong>r aktuelle,<br />
biographische und historische Kontext<br />
� Die Geschichte: Grundlinien, Quelle, Stoff<br />
56
Pantomimische Spiele (Bestimmungen)<br />
Pantomime<br />
Pantomime ist ein reines Körperspiel, in <strong>de</strong>m ohne Sprache Handlungen gezeigt und Geschichten erzählt<br />
wer<strong>de</strong>n. Sie benötigt als Form eine Verknappung <strong>de</strong>s Ausdrucksrepertoires und die Konzentration auf wenige<br />
Charakterzüge o<strong>de</strong>r Handlungsaspekte (Überzeichnung).<br />
Statuentheater<br />
Hier wer<strong>de</strong>n Körper benutzt, um Körperhaltungen darzustellen, die Elemente von Situationen, Problemen,<br />
Personenkonstellationen u.ä. zeigen (einzeln o<strong>de</strong>r in Gruppen). Ausgehend von <strong>de</strong>r Situation kann dann<br />
durch Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Statuen und ihres Verhältnisses zueinan<strong>de</strong>r ein Wunschbild gestaltet wer<strong>de</strong>n. Das<br />
Statuentheater wird auch in Psychotherapien verwen<strong>de</strong>t und ist gut geeignet zur Auf<strong>de</strong>ckung und Lösung<br />
von konflikthaften Strukturen, Ängsten, Aggressionen etc.<br />
Forumtheater<br />
Das Forumtheater „ist eine weltweit verbreitete Form <strong>de</strong>s politisch-pädagogischen Mitspiel- und Improvisationstheaters,<br />
die von Augusto Boal im lateinamerikanischen Kontext <strong>de</strong>r 1970er Jahre entwickelt wur<strong>de</strong><br />
und zum Theater <strong>de</strong>r Unterdrückten gehört. Mit F wur<strong>de</strong>n Formen von sozialer und politischer Unterdrückung<br />
bewusst gemacht und Themen wie Macht- und Gewaltmissbrauch <strong>de</strong>r Ordnungskräfte, Rassismus,<br />
Sexismus, unerträgliche Arbeitsbedingungen und niedrige Löhne als Ausdruck ökonomischer Abhängigkeit<br />
und Ausbeutung behan<strong>de</strong>lt. F zielt(e) auf die Entwicklung einer kollektiven (Handlungs-) Perspektive gegenüber<br />
gesellschaftlichen Missstän<strong>de</strong>n. Es soll(te) ‚Proberaum für die Revolution’, für Befreiung und Verän<strong>de</strong>rung<br />
im ‚wirklichen Leben’ sein und war mit Fragen <strong>de</strong>r Umsetzung von Strategien, die im Forum ‚geprobt‘<br />
wur<strong>de</strong>n, mit <strong>de</strong>r gesellschaftlich-politischen Praxis sehr eng verknüpft.“ 48<br />
Praktische Aufgabe<br />
� Entschei<strong>de</strong>n Sie sich für eine Art <strong>de</strong>s Figurentheaters (z.B. Schattenfiguren) und fertigen Sie zu einem<br />
bekannten Kin<strong>de</strong>rtext die Figuren an.<br />
45Johann Wolfgang von Goethe: Werke. Hamburger Ausgabe. Bd. 7. München 1981, S. 11.<br />
46Goethe: Werke. Bd. 7, S. 14.<br />
47Koch/Streisand: Wörterbuch <strong>de</strong>r Theaterpädagogik, S. 138 (Anm. ausgelassen).<br />
48Koch/Streisand: Wörterbuch <strong>de</strong>r Theaterpädagogik, S. 108 (Anm. ausgelassen).<br />
Anmerkungen<br />
57
ANHANG<br />
Formen <strong>de</strong>s Spiels in Kin<strong>de</strong>rgarten und Grundschule<br />
Merkmale eines Theaters für die Kleinsten<br />
Wichtige Begriffe<br />
Die folgen<strong>de</strong>n Bestimmungen folgen <strong>de</strong>n Ausführungen, die sich in Publikationen <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>r- und Jugendtheaterzentrum<br />
in <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland zum Projekt THEATER VON ANFANG AN fin<strong>de</strong>n.<br />
Informationen im Internet<br />
http://www.theatervonanfangan.<strong>de</strong>/). Die folgen<strong>de</strong>n Zitate und Referate beziehen sich auf diese Internetplatform.<br />
Zu <strong>de</strong>n Voraussetzungen und Zielen <strong>de</strong>s Projekts heißt es dort (hier gekürzt):<br />
Entwicklung in <strong>de</strong>r Ausbildung von Erzieher/innen: Die Situation in Deutschland<br />
Die <strong>de</strong>rzeitige Debatte über Reformen in <strong>de</strong>r Erzieherausbildung konzentriert sich vor allem auf das Niveau<br />
<strong>de</strong>r Ausbildung. Trotz<strong>de</strong>m sieht <strong>de</strong>r neue Rahmenplan für die Ausbildung von Erzieher/innen, <strong>de</strong>n die Ständige<br />
Konferenz <strong>de</strong>r Kultusminister im Jahr 2003 beschloss, keine nennenswerten Än<strong>de</strong>rungen vor. Diese<br />
fehlen<strong>de</strong>n grundlegen<strong>de</strong>n Umgestaltungen betreffen auch die vernachlässigen<strong>de</strong> Haltung gegenüber <strong>de</strong>m<br />
Theater als substantielles Mittel <strong>de</strong>r ästhetischen Bildung.<br />
Theater als selbstverständlicher Ausbildungsgegenstand fehlt in <strong>de</strong>r herkömmlichen Ausbildung; er fin<strong>de</strong>t<br />
keinen Eingang als eigenständiges Fach in <strong>de</strong>n Ausbildungsplänen <strong>de</strong>r Fachschulen. Potenziale, die Theater<br />
für Kin<strong>de</strong>r im frühesten Alter darbieten könnte, können aufgrund <strong>de</strong>r beschriebenen Gegebenheiten in<br />
<strong>de</strong>n Betreuungseinrichtungen und <strong>de</strong>m <strong>de</strong>rzeitigen Stand <strong>de</strong>r Ausbildung nicht wahrgenommen wer<strong>de</strong>n.<br />
Neue Entwicklungen im professionellen <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> – ein Feld <strong>de</strong>r Inspiration<br />
Im professionellen Theater ist ein verstärktes Interesse an Theaterformen <strong>de</strong>s Theaters für die Allerkleinsten<br />
zu beobachten. Erste Theatertreffen, die speziell dieses Thema aufgriffen, fan<strong>de</strong>n bereits statt. Das<br />
Kin<strong>de</strong>r- und Jugendtheaterzentrum in <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland widmete im Mai 2005 <strong>de</strong>m Theater<br />
für Kleinkin<strong>de</strong>r im Rahmen <strong>de</strong>s 8. Kin<strong>de</strong>r- und Jugendtheatertreffens Augenblick mal! in Berlin ein international<br />
ausgerichtetes und als geschlossenen Arbeitskreis durchgeführtes Programm unter <strong>de</strong>m Titel „Theater<br />
von Anfang an!“. Im September 2005 richtete das HELIOS Theater in Hamm das internationale Festival<br />
first steps aus. Bei<strong>de</strong> Treffen beinhalteten einen Fachaustausch mit Experten aus <strong>de</strong>m europäischen Ausland<br />
wie Italien, Frankreich und Schwe<strong>de</strong>n. Auch in diesen Län<strong>de</strong>rn ist das Theater für die Allerkleinsten eine<br />
noch recht junge Entwicklung, man verfügt hier jedoch über bereits umfangreiche Erfahrungen.<br />
Im Theater für die Allerkleinsten und mit ihnen geht es nicht um die Darstellung von Rollen bzw. um das<br />
Spielen von Rollen gemäß eines bürgerlichen Verständnisses von Theater. Im Theater für die Allerkleinsten<br />
sind künstlerische Formen und Spielweisen be<strong>de</strong>utend, die transparent sind: oft wer<strong>de</strong>n Spielvorgänge als<br />
gemacht dargestellt. In <strong>de</strong>r Arbeit mit Kin<strong>de</strong>rn – und oft auch auf <strong>de</strong>r Bühne – sind Formen <strong>de</strong>r Wahrnehmung<br />
und wahrnehmen<strong>de</strong> Tätigkeiten, Handlungsabläufe wie Fühlen, Riechen und Tasten zentral.<br />
Im Projekt „Theater von Anfang an!“ stehen solche Ansätze und Formen im Mittelpunkt.<br />
Ziele <strong>de</strong>s Projekts und seine Instrumente<br />
Im Projekt stehen Theaterformen mit Kin<strong>de</strong>rn und für Kin<strong>de</strong>r im Alter bis zu 5 Jahren zur Debatte. Herzstück<br />
<strong>de</strong>s Projektes wird die Entwicklung von mo<strong>de</strong>llhaften Projekten an vier Standorten <strong>de</strong>r Republik sein:<br />
Berlin, Mannheim, Hamm und Dres<strong>de</strong>n. An je<strong>de</strong>m Projektort wer<strong>de</strong>n drei Akteure (Erzieherinnen aus <strong>de</strong>n<br />
Kin<strong>de</strong>rtagesstätten, Künstler sowie Theaterpädagogen aus <strong>de</strong>m Theater und Wissenschaftler aus <strong>de</strong>n<br />
Hochschulen) in einem Zeitraum von zwei Jahren gemäß ihres eigenen ästhetischen wie Bildungsansatzes<br />
58
und ihrer strukturellen Möglichkeiten ein Projekt erarbeiten, das im Spannungsfeld von „Theater spielen<br />
und Theater sehen“ angesie<strong>de</strong>lt ist.<br />
Sie wer<strong>de</strong>n von einem gemeinsamen Punkt aus beginnen: vom Wechselspiel „Theater sehen und Theater<br />
spielen“. Die Künstler und Theaterpädagogen wer<strong>de</strong>n in die Kin<strong>de</strong>rtageseinrichtungen gehen, mit <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn<br />
(Theater) spielen und für sie spielen. Die Kin<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n ins Theater kommen und künstlerische Darbietungen<br />
erleben. Die Theaterpädagogen und Künstler wer<strong>de</strong>n die Erfahrungen, die sie mit <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn<br />
gemacht haben, in ihre künstlerische und pädagogische Arbeit einbeziehen. Die Erzieherinnen wie<strong>de</strong>rum<br />
wer<strong>de</strong>n ihre Erfahrungen in ihre pädagogische Arbeit mit <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn einfließen lassen.<br />
Die Schritte wer<strong>de</strong>n in enger Zusammenarbeit zwischen <strong>de</strong>n Erzieherinnen <strong>de</strong>r Einrichtungen, <strong>de</strong>n Theaterleuten<br />
und <strong>de</strong>n begleiten<strong>de</strong>n Wissenschaftlern unternommen. Welche Schrittabfolge, welchen pädagogischen<br />
Ansatz o<strong>de</strong>r welchen thematischen Schwerpunkt das Kooperationsteam an <strong>de</strong>m jeweiligen Ort in<br />
diesem Prozess wählen wird, entschei<strong>de</strong>t es gemäß seiner pädagogischen, künstlerischen wie ästhetischen<br />
Vorstellungen.<br />
Der Forschungs- und Erkenntnisprozess wird durch verschie<strong>de</strong>ne Beiträgen von externen Fachleuten sowie<br />
zahlreichen Formen <strong>de</strong>s gegenseitigen Austausches <strong>de</strong>r Projektteilnehmer untereinan<strong>de</strong>r beför<strong>de</strong>rt. Die<br />
Teilnehmer <strong>de</strong>r vier Projektorte treffen sich in größeren Abstän<strong>de</strong>n, regelmäßig zum Fachaustausch während<br />
<strong>de</strong>s gesamten Projektzeitraumes.<br />
Im Bereich <strong>de</strong>r frühkindlichen Erziehung und Bildung muss im Allgemeinen noch Grundlagenforschung betrieben<br />
wer<strong>de</strong>n. Die wissenschaftliche Begleitung <strong>de</strong>r einzelnen Projektorte dient vor allem <strong>de</strong>r Dokumentation<br />
<strong>de</strong>r pädagogischen Fragestellungen und <strong>de</strong>s künstlerischen Materials, das im Verlauf <strong>de</strong>s Projektes<br />
entstehen wird. Diese Sammlung stellt ein Novum in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Forschungs- und Wissenslandschaft<br />
dar. Durch die Auswahl von vier verschie<strong>de</strong>nen Lehreinrichtungen, die unterschiedliche Fel<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Wissenschaft<br />
vertreten, kommen verschie<strong>de</strong>ne mögliche Sichtweisen auf das Feld <strong>de</strong>r frühkindlichen ästhetischen<br />
Bildung im Projekt zusammen – am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Projektes wer<strong>de</strong>n sie einan<strong>de</strong>r gegenüber gestellt wer<strong>de</strong>n.<br />
Unterschie<strong>de</strong> <strong>de</strong>s ‚Theater für die kleinsten’ zum ‚normalen’ Theater<br />
� keine professionellen Schauspieler, die sich durchgängig in die Rolle eines an<strong>de</strong>ren begeben,<br />
� meist keine Geschichte o<strong>de</strong>r Fabel in einem linearen, streng aufgebauten, ‚tektonischen’ Sinne, wie wir es<br />
im traditionellen Theater vorfin<strong>de</strong>n.<br />
Wesentliche für das Theater insgesamt zentrale Begriffe fin<strong>de</strong>n wir auch hier, sie müssen aber in gewisser Weise<br />
um<strong>de</strong>finiert wer<strong>de</strong>n:<br />
Beteiligung<br />
Grundanliegen dieser Theaterform ist es, eine gemeinsame Erfahrung von Spielern (nicht: Schauspielern, die völlig<br />
in einer an<strong>de</strong>ren Rolle aufgehen) und Kin<strong>de</strong>rn herzustellen. Die Spieler müssen im Rahmen <strong>de</strong>r hier stattfin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Komm<strong>uni</strong>kation eine beson<strong>de</strong>re Sensibilität für Stimmungen und <strong>de</strong>ren Schwankungen haben, um diese<br />
Gemeinsamkeit entstehen zu lassen. Ten<strong>de</strong>nziell verschwin<strong>de</strong>t hier die Grenze von Spieler und Zuschauer, die<br />
Rollen sind flüssig und in gewisser Weise austauschbar.<br />
Die Dimension <strong>de</strong>s Ästhetischen<br />
Wie <strong>de</strong>utlich gewor<strong>de</strong>n sein dürfte, geht in diesem Theater keineswegs nur um ein pädagogisch gerichtetes Spiel,<br />
son<strong>de</strong>rn immer auch um das, was das Theater ausmacht: die Dimension <strong>de</strong>s Schönen, Künstlerischen. Gegenüber<br />
einer einseitigen Festlegung auf <strong>de</strong>n Bildungsgehalt solcher Spiele ist darauf zu bestehen, dass jeweils die<br />
Realisierung kindgemäßer künstlerischer Vorgänge angestrebt wird.<br />
Einfachheit<br />
Das Theater für die Kleinsten bedient sich einer Vielzahl von sichtbaren und nicht sichtbaren Mitteln, es ist aber<br />
zugleich frei von <strong>de</strong>r komplexen Organisation <strong>de</strong>r herkömmlichen Theateraufführungen. Dies betrifft insbeson<strong>de</strong>re<br />
das weitgehen<strong>de</strong> Fehlen komplexer Symbolisierungsfunktionen: Personen und Dinge haben nicht einen mehr o<strong>de</strong>r<br />
min<strong>de</strong>r festgelegten Verweisungszusammenhang, son<strong>de</strong>rn be<strong>de</strong>uten zunächst einmal nur sie selbst und können<br />
ihre Erscheinungs- und Be<strong>de</strong>utungsform je<strong>de</strong>rzeit wechseln.<br />
59
Die Erzählweise in diesem Theater ist eher nicht-linear, Brüche und A-Logizitäten wer<strong>de</strong>n nicht (wie etwa in<br />
Brechts epischem Theater) als be<strong>de</strong>utungstragen<strong>de</strong>s Gegenmo<strong>de</strong>ll zum herkömmlichen Theater verwen<strong>de</strong>t, son<strong>de</strong>rn<br />
korrespondieren <strong>de</strong>r Gefühls- und Erfahrungswelt kleiner Kin<strong>de</strong>r (abstrakt, a-logisch, nicht wortgeprägt,<br />
durchsymbolisiert). Dinge haben zum Beispiel ein Eigenleben, weil sie dies in <strong>de</strong>r Phantasie <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s auch haben<br />
können, nicht, weil damit eine bestimmte, weiterführen<strong>de</strong> Aussage getroffen wer<strong>de</strong>n soll.<br />
Geschichte, Fabel<br />
Auch hier zeigt sich, dass die herkömmlichen dramaturgischen Kategorien nur bedingt und modifiziert für das<br />
<strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> anwendbar sind. Wie schon gesagt, fin<strong>de</strong>n sich Linearität und Verweisungscharakter höchstens<br />
ansatzweise. Dies prägt auch die Geschichte, die hier erzählt bzw. spielerisch gestaltet wird<br />
Begrifflichkeit<br />
� Geschichte: chronologisch geordnetes Nacheinan<strong>de</strong>r von Ereignissen und Vorgängen<br />
� Fabel: enthält kausale und sinnstiften<strong>de</strong> Verknüpfungen <strong>de</strong>r Handlung (Intrige)<br />
� Handlung: Entwicklung <strong>de</strong>s Geschehens im Drama.<br />
Zwar fin<strong>de</strong>n sich auch im Theater für die Kleinen Illusionswirkungen, diese sind aber nicht umfassend und durchkonstruiert,<br />
son<strong>de</strong>rn fest integriert in die Imagination <strong>de</strong>r kleinen Zuschauer. Materialien wer<strong>de</strong>n als Ausdrucksformen<br />
genutzt, die jeweils Funktionen und Be<strong>de</strong>utungen verän<strong>de</strong>rn. (Vgl. Beispiele: „Al di la“, „Hase Hase Mond“)<br />
Komm<strong>uni</strong>kation<br />
Konstitutiv ist hier – wie im Erwachsenentheater – die räumliche Präsenz von Spielen<strong>de</strong>n und Zuschauen<strong>de</strong>n,<br />
wobei die Grenzen zwischen diesen bei<strong>de</strong>n Gruppen im Theater für die Kleinsten nicht streng gezogen wer<strong>de</strong>n<br />
können. Die Komm<strong>uni</strong>kationssituation ist in diesem Setting allerdings weniger starr und vorgegeben, eher fragil,<br />
d.h. sie ist für Störungen anfällig, muss immer wie<strong>de</strong>r neu ausgehan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n, die Balance wird immer wie<strong>de</strong>r<br />
hergestellt, bietet aber auch mehr Möglichkeiten für spontane Reaktionen: Im Gegensatz zu <strong>de</strong>n Aufführungen im<br />
Erwachsenentheater gibt es hier spontane, lebendige Reaktionen.<br />
Komm<strong>uni</strong>kation ist natürlich immer wechselseitig und sie bedient sich verschie<strong>de</strong>nster verbaler wie nicht-verbaler<br />
Mittel. Während das traditionelle Erwachsenentheater ‚literarisch’, d.h. beson<strong>de</strong>rs auf das gesprochene Wort fixiert<br />
ist, spielt im Theater für die Kleinen <strong>de</strong>r Blickkontakt eine beson<strong>de</strong>rs große Rolle, vor allem aber auch die<br />
Aktivierung <strong>de</strong>r taktilen Sinne, die körperliche Wahrnehmung.<br />
Materialität, Körperlichkeit, Bewegung<br />
Wie schon unter Komm<strong>uni</strong>kation erläutert, spielt die körperliche Präsenz im <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> eine stärkere Rolle,<br />
insgesamt Körperlichkeit und Materialität - in <strong>de</strong>r Verwendung von und <strong>de</strong>r Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit verschie<strong>de</strong>nartigen<br />
Materialien, zugleich Formen <strong>de</strong>r Rhythmik, <strong>de</strong>r Musikalität und <strong>de</strong>r Bewegung.<br />
Regeln und Grenzen<br />
Regeln und Grenzen im Theater für die Kleinen sind beson<strong>de</strong>rs flexibel und je<strong>de</strong>rzeit verän<strong>de</strong>r- o<strong>de</strong>r verhan<strong>de</strong>lbar.<br />
Es gibt natürlich äußere Regeln, die durch das Publikum, die Zeit, <strong>de</strong>n zur Verfügung stehen<strong>de</strong>n Raum, insgesamt<br />
von <strong>de</strong>n äußeren Rahmenbedingungen gesetzt wer<strong>de</strong>n. Dies betrifft z. B. auch die jeweils zu treffen<strong>de</strong> Entscheidung:<br />
Wie weit können einerseits Räume für Zuschauerreaktionen auch emotionaler Art gegeben wer<strong>de</strong>n, wie weit<br />
muss aber auch auf eine gewisse Disziplin geachtet wer<strong>de</strong>n, so dass kein Chaos entsteht und die Stimmen noch<br />
verständlich sind. Davon zu unterschei<strong>de</strong>n sind ‚innere’ Regeln, die durch die Absichten <strong>de</strong>r Macher, <strong>de</strong>n Stoff,<br />
das Alter <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r u.ä. von Fall zu Fall an<strong>de</strong>rs zu setzen sind.<br />
Spieler<br />
Wie schon gesagt, gibt es nicht, wie im professionellen Erwachsenentheater, Schauspieler, die innerhalb <strong>de</strong>r Aufführungszeit<br />
ihre persönliche I<strong>de</strong>ntität praktisch ablegen und sich vollkommen in eine an<strong>de</strong>re Rolle begeben. Die<br />
beson<strong>de</strong>re Form <strong>de</strong>r gegenseitigen Komm<strong>uni</strong>kation im Theater für die Kleinen bedingt es, dass <strong>de</strong>r Spieler durchaus<br />
seine eigene Persönlichkeit zeigt o<strong>de</strong>r aber auch eine festgelegte Figuration ausfüllt, etwa <strong>de</strong>n Clown, die <strong>de</strong>n<br />
Kin<strong>de</strong>rn vielfältige Imaginations- und Projektionsräume eröffnet.<br />
Spielfläche<br />
Eine begrenzte Spielfläche wird in <strong>de</strong>n meisten Fällen gewünscht sein, allerdings keine starre Trennung von Bühne<br />
und Zuschauerraum wie im Erwachsenentheater. Es geht bei <strong>de</strong>r Entscheidung dieser Fragen in konkreten<br />
Spielsituationen wie<strong>de</strong>rum um die speziellen Komm<strong>uni</strong>kationsformen, um die Ausdrucksmittel und um Fragen von<br />
Nähe und Distanz.<br />
60
Sprache und künstlerisches Ausdrucksmittel<br />
Die Verbalsprache ist hier nur eine von vielen an<strong>de</strong>ren Ausdrucksformen; im Theater für die Kleinen dominiert<br />
meist die Körpersprache (Gestik und Mimik) gegenüber <strong>de</strong>r verbalen Sprachform. Bil<strong>de</strong>r, Töne, Musik, vor allem<br />
aber körperliche Aktionen sind zentrale Ausdrucksmittel, dies entspricht <strong>de</strong>r Körper- und Bewegungszentriertheit<br />
von Kin<strong>de</strong>rn.<br />
Zeit<br />
Es gibt hier einen eigenen Rhythmus, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Rhythmus <strong>de</strong>s Publikums entspricht, insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>n gemeinsamen<br />
Atemvorgängen, die Geborgenheit vermitteln. Wesentlich ist hier beson<strong>de</strong>rs die jeweils neue Festlegung von<br />
Zeitintervallen (die standardisierte Zeitform <strong>de</strong>s Erwachsenentheaters ist also nicht vorfindbar) und <strong>de</strong>r Wechsel<br />
von Phasen <strong>de</strong>r Stille und <strong>de</strong>s Geräusches.<br />
61
Ausgewählte Literatur zum Thema<br />
Drama<br />
Asmuth, Bernhard. Einführung in die Dramenanalyse. Stuttgart 1994.<br />
Ottmers, Martin: Drama. In: Reallexikon <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Literaturwissenschaft. Neubearb. <strong>de</strong>s Reallexikons <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Literaturgeschichte.<br />
Hg. v. Klaus Weimar. Bd. I. Berlin 1997, S. 392-396.<br />
Pfister, Manfred: Das Drama. Theorie und Analyse. 11. Auflage. München 2003.<br />
Platz-Waury, Elke: Drama und Theater. Eine Einführung. 4. Aufl. Tübingen 1994.<br />
<strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> – Jugendtheater – Übungsmaterial<br />
Albrecht-Schaffer, Angelika: Theaterwerkstatt für Kin<strong>de</strong>r. 100 und eine I<strong>de</strong>e rund ums Theaterspielen. München 2006.<br />
Darstellen<strong>de</strong>s Spiel. Reclams <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>führer. 100 Stücke für die junge Bühne. Stuttgart 1994.<br />
Deinert, Sylvia: Das Wie zum Sprechen bringen: postdramatische Stückentwicklung im <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>. Frankfurt/M. 2005.<br />
Diekhans, Johannes, Hg.: 99 Theater-Spiele. Übungen für die theaterpädagogische Praxis. Erarbeitet v. Barbara Müller u. Helmut<br />
Schafhausen. Pa<strong>de</strong>rborn 2003.<br />
Belgrad, Jürgen, Hg.: TheaterSpiel. Ästhetik <strong>de</strong>s Schul- und Amateurtheaters. Hohengehren 1997.<br />
Brem, Christiane: Theatererlebnisse. Mit Kin<strong>de</strong>rn Theaterstücke kreativ gestalten. Donauwörth 2005.<br />
Hoffmann, Christel / Israel, Annett, Hg.: Theater spielen mit Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen - Konzepte, Metho<strong>de</strong>n und Übungen. 2. Aufl.<br />
München 2004.<br />
Krantz, Margareta: Wir spielen Geschichten. Wie Kin<strong>de</strong>r beim Theater- Spielen sich und die Welt erleben. Köln 1995.<br />
Lechthaler, Katja: Alle Kin<strong>de</strong>r spielen gern Theater. Was Kin<strong>de</strong>r beim Schauspielern erleben und lernen. Wiesba<strong>de</strong>n 2004.<br />
Lohf, Sabine: Theater - Spielbuch für Kin<strong>de</strong>r. Ravensburg 1997.<br />
Maar, Paul / Schmidt, Max, Hg.: Vorhang auf und Bühne frei! Kin<strong>de</strong>r- und Jugendtheater in Deutschland. Schriftenreihe <strong>de</strong>r Deutschen<br />
Aka<strong>de</strong>mie (10/1998).<br />
Rellstab, Felix: Handbuch Theaterspielen. 4 B<strong>de</strong>. Wä<strong>de</strong>nswill (Schweiz) 1998.<br />
Roozendahl, Walter: Theater für Kin<strong>de</strong>r. Vom Drehbuch bis zur Aufführung. Kaiser und Nachtigall. Hamburg 1988.<br />
Schnei<strong>de</strong>r, Wolfgang: <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> nach 1968. Neorealistische Entwicklungen in <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik und West-Berlin. Köln 1984.<br />
Schnei<strong>de</strong>r, Wolfgang: Theater für Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche. Beiträge zu Theorie und Praxis. Hil<strong>de</strong>sheim 2005.<br />
Vortisch, Stephanie: Keine Angst vor <strong>de</strong>m Theater. Werkstattbuch mit 100 Spieli<strong>de</strong>en und mehr. Neuwied 2000.<br />
Waechter, Friedrich Karl: Kunst für Kin<strong>de</strong>r. In: Die Weltwoche, Zürich 1989.<br />
Waechter, Friedrich Karl: Friedrich Karl Waechters Erzähltheater. Mit Zeichn. <strong>de</strong>s Autors. Frankfurt/M. 1997.<br />
War<strong>de</strong>tzky, Kristin / Kneschke, Gabriele, Hg.: TheaterSpielKiste. Texte und I<strong>de</strong>en zum darstellen<strong>de</strong>n Spiel für Schülerinnen und Schüler<br />
<strong>de</strong>r Klassen 5 bis 7. Berlin 1995.<br />
Spiel und Theater im Kin<strong>de</strong>rgarten<br />
Bah<strong>de</strong>, Agnes: Vorhang auf und Bühne frei! Kin<strong>de</strong>r gestalten Theaterrollen selbst. In: Kin<strong>de</strong>rgarten heute, H. 6 (1997).<br />
Berzheim, Nora: Darstellen<strong>de</strong>s Spiel im Kin<strong>de</strong>rgarten. Aus <strong>de</strong>r Praxis <strong>de</strong>r elementaren Musik- und Bewegungserziehung, Donauwörth<br />
1980.<br />
Bockhorst, Hil<strong>de</strong>gard, Hg.: Kin<strong>de</strong>r brauchen Spiel & Kunst. Bildungschancen von Anfang an – Ästhetisches Lernen in Kin<strong>de</strong>rtagesstätten.<br />
Schriftenreihe Kulturelle Bildung, Vol. 2, München 2006.<br />
Fürl, Elke: Das Theaterbuch für Kin<strong>de</strong>rgarten und Hort. Von <strong>de</strong>r ersten I<strong>de</strong>e bis zur Aufführung. Freiburg/Br. 2002.<br />
Kühn, Wilhelm: "Trau dich, etwas Neues zu probieren". Improvisationstheater mit Hortkin<strong>de</strong>rn. In: Kin<strong>de</strong>rgarten heute, Heft 5 (2002),<br />
S. 28-31.<br />
Merz, Christine: "Und ich spiel die Pechmarie". Theaterzauber. In: Kin<strong>de</strong>rgarten heute, Heft 11-12 (1999), S. 18-21.<br />
Rittersberger, Andrea: Märchen singen, tanzen und spielen. Musiktheater im Kin<strong>de</strong>rgarten. In: Kin<strong>de</strong>rgarten heute, Heft 6-7 (2005), S.<br />
20-25.<br />
Schaufelberger, Hil<strong>de</strong>gard: Kin<strong>de</strong>r brauchen Theater. In: Kin<strong>de</strong>rgarten heute, Heft 2 (1992), S. 32-38.<br />
Thiesen, Peter: Drauflosspieltheater. Ein Spiel- und I<strong>de</strong>enbuch für Kin<strong>de</strong>rgarten. Weinheim 1991.<br />
Theaterwissenschaft<br />
Balme, Christopher: Einführung in die Theaterwissenschaft. 2. überarb. Aufl. Berlin 2001.<br />
Fischer-Lichte, Erika. Semiotik <strong>de</strong>s Theaters. 3 B<strong>de</strong>. Tübingen 1983.<br />
Fischer-Lichte, Erika: Geschichte <strong>de</strong>s Dramas. Epochen <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntität auf <strong>de</strong>m Theater von <strong>de</strong>r Antike bis zur Gegenwart. 2 B<strong>de</strong>.<br />
Bern/München 1990.<br />
Fischer-Lichte, Erika: Ästhetik <strong>de</strong>s Performativen. Frankfurt/M. 2004.<br />
Fischer-Lichte, Erika et al., Hg. : Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart 2005.<br />
Lehmann, Hans-Thies: Postdramatisches Theater. 2. Aufl. Frankfurt/M. 2001.<br />
Sucher, C. Bernd, Hg.: Theaterlexikon. Autoren, Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Bühnenbildner und Kritiker. München 1995.<br />
Theaterpädagogik<br />
Bidlo, Tanja: Theaterpädagogik. Einführung. Essen 2006.<br />
Hentschel, Ulrike: Theaterspielen als ästhetische Bildung. Über einen Beitrag produktiven künstlerischen Gestaltens zur Selbstbildung.<br />
Weinheim 1996.<br />
Israel, Annett / Riemann, Silke, Hg.: Das an<strong>de</strong>re Publikum. Deutsches Kin<strong>de</strong>r- und Jugendtheater. Berlin 1996.<br />
Jenisch, Jakob: Der Darsteller und das Darstellen – Ich selbst als ein an<strong>de</strong>rer, Grundbegriffe für Praxis und Pädagogik. Berlin 1996.<br />
Koch, Gerd / Streisand, Marianne, Hg.: Wörterbuch <strong>de</strong>r Theaterpädagogik. Berlin 2003.<br />
Vogg, Martin. Die Kunst <strong>de</strong>s <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>s. Analyse <strong>de</strong>s künstlerischen Potentials einer dramatischen Gattung. Frankfurt/M. 2000.<br />
62
Rollenspiel<br />
Broich, Josef: Rollenspielpraxis. Vom Interaktions- und Sprachtraining bis zur fertigen Spielvorlage. Köln 1999.<br />
Kramer, Michael: Das praktische Rollenspielbuch. Theater als Abenteuer, Rollenspiele, Spielaktionen, Spielpläne. Offenbach 1986.<br />
Puppen-, Finger-, Figurentheater, Marionetten, Schattenspiel<br />
Burkhardt, Hermann: Figurentheater und Schattenspiel. Tübingen 1987.<br />
Grünewald, Dietrich: Papiertheater. Berlin 1993.<br />
Lange, Ulrike: Das Kasperlebuch. Spielstücke für das Puppentheater. Ravensburg 2007.<br />
Lohf, Sabine: Das Finger-Theater-Buch mit <strong>de</strong>m kleinen Zauberer. Spiel- und Bastelspass für Kin<strong>de</strong>rhän<strong>de</strong>. Freiburg 2005.<br />
Nold, Wilfried: Das Spiel <strong>de</strong>r Schatten. Moers 1995.<br />
Medienwissenschaft und Theater/ -erziehung<br />
Faulstich, Werner: Einführung in die Medienwissenschaft. München 2003.<br />
Geretschlaeger, Ingrid: Kin<strong>de</strong>rmedien. Eine Berg- und Talfahrt in die Wun<strong>de</strong>rwelt. Graz 1991.<br />
Göttlich, Udo / Nieland, Jörg-Uwe / Schatz, Heribert: Komm<strong>uni</strong>kation im Wan<strong>de</strong>l. Zur Theatralität <strong>de</strong>r Medien. Köln 1998.<br />
Groeben, Norbert / Hurrelmann, Bettina, Hg.: Medienkompetenz. Voraussetzungen, Dimensionen, Funktionen. Weinheim 2002.<br />
Heidtmann, Horst: Kin<strong>de</strong>rmedien, Stuttgart 1992.<br />
Hickethier, Knut: Einführung in die Medienwissenschaft. Stuttgart 2003.<br />
Kirschner, Jürgen, Hg.: Kin<strong>de</strong>r- und Jugendtheater in <strong>de</strong>n Medien. Berlin 1998.<br />
Kohm, Roland et al.: Medienpädagogik und Medienpraxis für soziale Berufe. Lehr- und Arbeitsbuch. Bd. 2. Freiburg i. Br. 2005.<br />
Lauffer, Jürgen / Röllecke, Renate, Hg.: Metho<strong>de</strong>n und Konzepte medienpädagogischer Projekte. Handbuch 1. Bielefeld 2006.<br />
Steitz-Kallenbach, Jörg / Thiele, Jens, Hg.: Medienumbrüche. Wie Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche mit alten und neuen Medien komm<strong>uni</strong>zieren.<br />
Ol<strong>de</strong>nburg 2002.<br />
Vollbrecht, Ralf: Einführung in die Medienpädagogik. Weinheim 2001.<br />
Improvisation, Improvisationstheater<br />
Johnstone, Keith: Theaterspiele. Berlin 1998.<br />
Lemanczyk, Klaus: <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong> - von <strong>de</strong>r Spieli<strong>de</strong>e zur Aufführung. Improvisationstheater in <strong>de</strong>r Schule. Aachen 1995.<br />
Paris, Volkhard / Bunse, Monika: Improvisationstheater mit Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen. Organisation, Spielgeschichten, Spielanleitung.<br />
Reinbek 1994.<br />
Spolin, Viola: Improvisationstechniken für Pädagogik, Therapie und Theater. Pa<strong>de</strong>rborn 1993.<br />
Stücke – Sammlungen - Anleitungen<br />
Ballreich, Rudi / Zinck, Dörte, Hg.: Zirkus-Theater, Theater-Zirkus. Theaterstücke für Zirkusgruppen. Stuttgart 2000.<br />
Baumann, Evgenija A.: In meinem Schulhof sind meine Freun<strong>de</strong>, Vier kleine Theaterstücke für Grundschule und <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>. Konstanz<br />
2003.<br />
Baumann, Evgenija A.: Dies und das macht viel Spaß! Susi kommt doch in die Schule. Kleine Theaterstücke für Grundschule und <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong><br />
für Einschulungsfeiern, Weihnachtsfeiern, Abschiedsfeiern, Sommerfeste und an<strong>de</strong>re Schulfeste. Konstanz 2003.<br />
Dähn, Christian / Kondschak, Heiner: Was ein Löwe spricht, ist wahr. Lie<strong>de</strong>r + Musik aus <strong>de</strong>m <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>; für Kin<strong>de</strong>r ab 4 Jahre.<br />
Hamburg 1999 (MC).<br />
Deimel von Grafenstein, Barbara: Theater für Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche II. Einakter, Kurzspiele, Spielentwürfe, Stücke mit offenem En<strong>de</strong>.<br />
München 2002.<br />
Diepmann, Rita: Tri-tra-trallala. 42 Kasperlstücke für <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rgarten. München 2001,<br />
Hacks, Peter: König, Kasper, Krokodil: drei Märchendramen für Kin<strong>de</strong>r. Berlin 1998.<br />
Härtling, Peter: Tante Tilli macht Theater. Weinheim 2000.<br />
Kolne<strong>de</strong>r, Wolfgang / Ludwig, Volker: Das Grips Buch. Theatergeschichten. Berlin 1994.<br />
Krause, Ingelore u. Heinz: Zaubertheater. Spielstücke für Kin<strong>de</strong>r. Velber 1987.<br />
Landa, Thomas u. Norbert: Kin<strong>de</strong>r machen Theater. Spiele und Stücke, Kostüme und Kulissen. Freiburg/Br. 1993.<br />
Lindgren, Astrid: <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>stücke. Hamburg 1986.<br />
Maar, Paul: <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>stücke. M. Illustrationen v. Autor u. e. Nachw. v. Manfred Jahnke. Hamburg 1984.<br />
Maar, Paul: Neue <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>stücke. M. Illustrationen v. Autor u. e. Nachw. v. Wolfgang Schnei<strong>de</strong>r. Hamburg 1993.<br />
Preußler, Otfried: <strong>Kin<strong>de</strong>rtheater</strong>stücke. Hamburg 1985.<br />
Neuhaus, Dieter, Hg.: Arbeitstexte für <strong>de</strong>n Unterricht - Theater spielen - Anregungen, Übungen, Beispiele. Stuttgart 1993.<br />
Tiemann, Hans-Peter: Die Kusskrise. Theater mit <strong>de</strong>n Trillmichs; 13 dreiste Stücke für Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche. Mülheim a. d. Ruhr<br />
2004.<br />
Victor, Marion, Hg.: Spielplatz 10. Kin<strong>de</strong>r spielen Theater. Fünfzehn Stücke. Frankfurt/M. 1997.<br />
Victor, Marion / Bont, Ad <strong>de</strong>, Hg.: Fünf Theaterstücke für Kin<strong>de</strong>r. Frankfurt/M. 1988.<br />
Marion Victor et al., Hg.:: Spielplatz, Bd.1, 5 Theaterstücke für Kin<strong>de</strong>r. Frankfurt/M. 2000.<br />
Psychologie – Spiel / Psychodrama<br />
Bosselmann, Rainer et al.: Variationen <strong>de</strong>s Psychodramas. Ein Praxis-Handbuch nicht nur für Psychodramatiker. Meezen 1993.<br />
Einsiedler, Wolfgang: Das Spiel <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r. Zur Pädagogik und Psychologie <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rspiels. Bad Heilbronn 1991.<br />
Mogel, Hans: Psychologie <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rspiels. Berlin 1994.<br />
Oerter, Rolf: Psychologie <strong>de</strong>s Spiels. Weinheim 1999.<br />
Simon, Eva: Spielmo<strong>de</strong>lle für die Grundschule. Theaterspiele mit Variationen. München 1995.<br />
63
Szenische Interpretation<br />
Abraham, Ulf: Drama, Theater, Szenisches Spiel. Praxis Deutsch. Son<strong>de</strong>rheft, 2005.<br />
Schafhausen, Helmut, Hg.: Handbuch Szenisches Lernen - Theater als Unterrichtsform. Weinheim 1995.<br />
Scheller, Ingo: Szenisches Spiel. Handbuch für die pädagogische Praxis. Berlin 1998.<br />
Scheller, Ingo: Szenische Interpretation. Theorie und Praxis eines handlungs- und erfahrungsbezogenen Literaturunterrichts. Wolfenbüttel<br />
2004.<br />
Märchen, -spiel<br />
Franz, Kurt / Kahn, Walter, Hg.: Märchen - Kin<strong>de</strong>r – Medien. Beiträge zur medialen Adaption von Märchen und zum didaktischen Umgang.<br />
Baltmannsweiler 2000.<br />
Heidtmann, Horst: "Medienadaptionen von Volksmärchen", in: Kurt Franz u. Walter Kahn (Hg.): Märchen-Kin<strong>de</strong>r-Medien. Beiträge zur<br />
medialen Adaption von Märchen und zum didaktischen Umgang, Hohengehren 2000, S. 82-97.<br />
Mrozek, Renate: Märchen-Theater für Kin<strong>de</strong>r. Gereimte Märchenspiele. (Lernmaterialien). Lichtenau-Scherzheim 1999.<br />
Roozendaal, Walter: Theater für Kin<strong>de</strong>r. Schneewittchen. Hamburg 1993.<br />
Wiltshire, Terri: Kin<strong>de</strong>r - Märchen - Theater. Erlangen 1997.<br />
Zitzlsperger, Helga. Kin<strong>de</strong>r spielen Märchen: Weinheim 1980.<br />
Zirkus - Clowntheater<br />
Rothstein von Ennsthaler, Arminio: Du wollen Clown spielen? Zirkus, Clowns, Handpuppen, Marionetten, Zaubern. Steyr 1994.<br />
Wündrich, Friedlin<strong>de</strong>: Zampazan. Zirkus- Musik- Theater für Kin<strong>de</strong>r. Frankfurt/M. 1998.<br />
Ästhetische Erziehung / Erfahrung<br />
Mattenklott, Gun<strong>de</strong>l: Grundschule <strong>de</strong>r Künste. Vorschläge zur Musisch-Ästhetischen Erziehung. Hohengehren 1998.<br />
Mattenklott, Gun<strong>de</strong>l / Rora, Constanze, Hg.: Ästhetische Erfahrung in <strong>de</strong>r Kindheit. Theoretische Grundlagen und empirische Forschung.<br />
Weinheim 2004.<br />
Merkel, Johannes: Gebil<strong>de</strong>te Kindheit. Wie die Selbstbildung von Kin<strong>de</strong>rn geför<strong>de</strong>rt wird. Handbuch <strong>de</strong>r Bildungsarbeit im Elementarbereich.<br />
Bremen 2005.<br />
Neuß, Norbert, Hg.: Ästhetik <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r. Interdisziplinäre Beiträge zur ästhetischen Erfahrung von Kin<strong>de</strong>rn. Frankfurt/M. 2000.<br />
Spinner, Kaspar H., Hg.: Synästhetische Bildung in <strong>de</strong>r Grundschule. Donauwörth 2002.<br />
Thiele, Jens / Steitz-Kallenbach, Jörg, Hg.: Handbuch Kin<strong>de</strong>rliteratur. Grundwissen für Ausbildung und Praxis. Freiburg i. Br. 2003.<br />
Welck, Karin von, Hg.: Kin<strong>de</strong>r zum Olymp! Wege zur Kultur für Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche. Köln 2004.<br />
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Nützliche Adressen und Weblinks<br />
Allgemein zum Theater<br />
Deutsches Theaterverzeichnis: http://www.theaterverzeichnis.<strong>de</strong>/<br />
Theaterportal - Service für Ihren Theaterbesuch: http://www.theaterportal.<strong>de</strong>/<br />
THEATERheute - Das führen<strong>de</strong> Fachmagazin <strong>de</strong>r Theaterwelt: http://www.theaterheute.<strong>de</strong>/<br />
Rezensionen, Neuigkeiten etc.: http://www.nachtkritik.<strong>de</strong>/in<strong>de</strong>x<br />
seit Mai 2007 überregionales und unabhängiges Theaterfeuilleton, das nach wichtigen Premieren im <strong>de</strong>utschsprachigen Raum bereits<br />
am nächsten Morgen die Kritik dazu ins Internet stellt. Am Folgetag fasst nachtkritik.<strong>de</strong> auch Rezensionen regionaler und<br />
überregionaler Feuilletons in einer Kritikenrundschau zusammen. Außer<strong>de</strong>m sind auf nachtkritik.<strong>de</strong> aktuelle Kommentare, Porträts<br />
und Essays zu lesen. Alle Kritiken können (und sollen) kommentiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Deutscher Bühnenverein | Bun<strong>de</strong>sverband <strong>de</strong>r Theater und Orchester: http://www.buehnenverein.<strong>de</strong>/<br />
Der 1846 gegrün<strong>de</strong>te Bun<strong>de</strong>sverband bietet aktuelle Daten, Adressen und Links aller <strong>de</strong>utschen Theater und informiert über seine<br />
kulturpolitische Position.<br />
Theaterkanal: http://www.theaterkanal.<strong>de</strong>/<br />
Theaterparadies Deutschland: http://www.theaterparadies-<strong>de</strong>utschland.<strong>de</strong>/<br />
Kin<strong>de</strong>r-, Jugend-, Schultheater<br />
Bun<strong>de</strong>sverband Darstellen<strong>de</strong>s Spiel e.V.: http://www.bvds.org/<br />
Zusammenschluss <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarbeitsgemeinschaften für Darstellen<strong>de</strong>s Spiel und Schultheater. Forum für Theater- und Spielpädagogik,<br />
Rahmenrichtlinien und Lehrpläne, Interessenvertretung, Schultheater <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r<br />
Kin<strong>de</strong>r- & Jugendtheaterzentrum <strong>de</strong>r BRD: www.kitz.<strong>de</strong><br />
Theaterpädagogisches Netzwerk: http://buehnenfieber.<strong>de</strong>/<br />
Theater spielen: http://www.theaternordwest.<strong>de</strong>/<br />
Theaterportal: http://www.theaterundschule.net/<br />
Das Portal zum Kin<strong>de</strong>r- und Jugendtheater für Aktive und Interessierte: http://jugendtheater.net/<br />
Kin<strong>de</strong>rgartenpädagogik: http://www.kin<strong>de</strong>rgartenpaedagogik.<strong>de</strong>/418.html<br />
Zum Rollenspiel: http://home.arcor.<strong>de</strong>/al/alexmh/anja/kiga/dasrollenspielimkin<strong>de</strong>rgarten.htm<br />
theater und schule berlin: tusch: http://www.tusch-berlin.<strong>de</strong>/archiv.html<br />
Ermöglicht einen lebendigen Austausch zwischen Schüler-/innen und Theaterleuten.<br />
Deutscher Theaterverlag, Postfach 10 02 61. 69469 Weinheim, Tel. (0 62 01) 5 10 61<br />
Buchner Theaterverlag, Buchenstr. 4 , 82152 Krailling, Tel. (0 89) 7 57 18 38<br />
Karl Mahnke Theaterverlag, Große Str. 108, 27283 Ver<strong>de</strong>n/Aller, Tel. (0 42 31) 26 31<br />
Kallmeyer’scher Verlag, Niels-Stensen-Str. 10, 19053 Schwerin<br />
Materialien (z.B. historische Einordnung, Zusatzinformationen) und Literaturhinweise:<br />
Bun<strong>de</strong>szentrale für politische Bildung (bpb): www.bpb.<strong>de</strong>/publikationen<br />
Adressen von Theaterverlagen<br />
Adressen (für Informationen und Materialien)<br />
ASSITEJ (Association Internationale <strong>de</strong> Théâtre pour l'Enfance et la Jeunesse); Dachverband für das professionelle Kin<strong>de</strong>r- und Jugendtheater:<br />
- ASSITEJ Austria, Burggasse 28-32, A-1070 Wien, Tel. 0043/1/523172940, Fax 0043/1/523172990<br />
- ASSITEJ Deutschland, Schützenstr. 12, 60311 Frankfurt/M., Tel. 00049/69/291538, Fax 0049/69/292354<br />
- A.S.T.E.J. (Schweiz), Gessnerallee 13, CH-8001 Zürich, Tel. 0041/1/2261919, Fax 0041/1/2261918<br />
Kin<strong>de</strong>r- und Jugendtheaterzentrum in <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland (mit ASSITEJArchiv), Schützenstr. 12, 60311 Frankfurt/M., Tel.<br />
069/296661, Fax 069/292354<br />
Deutsche Theaterjugend im Bund Deutscher Amateurtheater: Steinheimer Str. 7/1, 89518 Hei<strong>de</strong>nheim, Tel. 07321/48300, Fax<br />
07321/48341<br />
Dachverband von 400 Kin<strong>de</strong>r- und/o<strong>de</strong>r Jugendtheatergruppen<br />
Verband Deutscher Puppentheater, VDP, Moorweg 1, D-21377 Lüneburg, Tel. u. Fax: 04131/84415<br />
Dachverband von 132 professionellen Figurentheatern<br />
Lan<strong>de</strong>sarbeitsgemeinschaft für das Darstellen<strong>de</strong> Spiel in <strong>de</strong>r Schule Bremen e.V. (LAG), die Interessenvertretung <strong>de</strong>r Bremer Theaterlehrerinnen<br />
und -lehrer: http://www.lagds-<strong>bremen</strong>.<strong>de</strong>/cms/lag/positonen_kin<strong>de</strong>rspielen_theater.php<br />
Projekt „Theater und Schule“ (TuSch) Berlin, Hamburg: http://www.tusch-berlin.<strong>de</strong>/<br />
Viele Spieli<strong>de</strong>en: http://www.praxis-jugendarbeit.<strong>de</strong>/spiele-sammlung.html<br />
Bun<strong>de</strong>sverband Theaterpädagogik: http://www.butinfo.<strong>de</strong>/<br />
Theater von Anfang an – ein Projekt <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>r- und Jugendtheaterzentrums: http://www.theatervonanfangan.<strong>de</strong><br />
IXYPSILONZETT. Magazin für Kin<strong>de</strong>r- und Jugendtheater<br />
Kulturelle Bildung im Medienzeitalter (kubim): http://www.lehrer-online.<strong>de</strong>/url/kubim<br />
(Im Rahmen <strong>de</strong>r Kooperation mit <strong>de</strong>m BLK-Programm "kubim" veröffentlicht durch Lehrer-Online)<br />
KINDER ZUM OLYMP! ist die Jugendinitiative <strong>de</strong>r Kulturstiftung <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r: http://www.kin<strong>de</strong>r-zum-olymp.<strong>de</strong>/<br />
Tanztheater<br />
Institution für Theater- und Tanzpädagogik, tanz- und theaterpädagogische Fortbildungen im Raum Düsseldorf: www.off-theater.<strong>de</strong><br />
Tanztheatergruppe Layout: Die Tanztheatergruppe unter <strong>de</strong>r Leitung von Bea Blell und Ihre Produktionen: www.mo<strong>de</strong>rnestanztheater.<strong>de</strong><br />
Spiel und Theaterwerkstatt Frankfurt: www.s-t-werkstatt-ffm.<strong>de</strong><br />
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