Jürgen Binzenbach - Handfest-Online
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08 International<br />
Am liebsten, sagt Sven Hufnagel, fotografiere er das Leben oder wie der<br />
Betrachter es gerne hätte. Klingt philosophisch, ist es auch. Und da das<br />
Leben andernorts bisweilen aufregender ist als im heimischen Bochum<br />
zog es ihn in ferne Lande, um sein kunstvolles Handwerk, die<br />
Fotografie, zu verfeinern. Durch die Unterstützung der Europäischen<br />
Union und der Handwerkskammer Dortmund erhielt er die Möglichkeit,<br />
seine berufliche Weiterbildung in Italien durchzuführen. Die Stelle hat<br />
er sich selbst gesucht, er hat im Internet recherchiert, stieß auf die<br />
AFIP, eine Art Berufsverband für Fotografen im Bereich Werbung und<br />
Mode, notierte sich einige Adressen und rief mit Hilfe einer italienischen<br />
Freundin überall an. Schnell merkte er, dass in Italien so etwas<br />
wie Assistenzjahre oder Praktika eher ungewöhnlich sind, doch er gab<br />
nicht auf und hatte nach diversen Versuchen schließlich sogar die<br />
Auswahl zwischen mehreren Interessenten. Er entschied sich für Stefano<br />
Muschetti in Mailand, der ein eigenes Industriestudio besitzt und auch<br />
schon mit Assistenten aus Deutschland gearbeitet hat. Also schickte er<br />
einige seiner Arbeiten mit ein paar netten Worten versehen nach<br />
Mailand und nach einem Telefonat in gebrochenem Englisch stand der<br />
Termin für die Abreise fest. Der Flug wurde gebucht und nur eine Woche<br />
später stand er mit seinem Gepäck und der Ausrüstung am<br />
Hauptbahnhof Milano CE.<br />
Knipsen in<br />
Mailand<br />
Ein Erfahrungsbericht von Sven Hufnagel<br />
Fotos: Sven Hufnagel<br />
Ich wohne in einem Vorort von Mailand. Ohne Beziehungen gibt es nicht<br />
mal ein halbes Zimmer unter 400 Euro in einer WG. Also habe ich im<br />
Centro Botticelli eingecheckt. (315 Euro, 10 m 2 , Einfachverglasung,<br />
Etagenklo, immerhin Elektrizität.) Hier wohnen 100 Menschen mit den<br />
unterschiedlichsten Motiven. Geschiedene, Suchende, Reisende,<br />
Studenten, Ausreißer, TV-Modells und einige Alkoholiker. Eine polyglotte<br />
Gemeinschaft, die durch die Hoffnung geeint wird, hier bald wieder<br />
auszuziehen. In der ersten Woche kannte ich die wichtigsten italienischen<br />
Schimpfwörter auswendig - TESTA DI KATZO finde ich ganz gut,<br />
das heißt soviel wie ZIPFELKOPF.<br />
Die Italiener sind allerdings sehr hilfsbereit. Anfangs hatte ich kein Geld<br />
und wusste nicht, wie es weitergeht, da hat mich jeder mal zum Essen<br />
eingeladen. Ganz große Klasse, das hat mich echt beeindruckt.<br />
Allerdings gibt es auch welche, die schenken dir Schrott und später<br />
darfst du dafür bezahlen! Aufgepasst! Das alte Fahrrad, das ich<br />
geschenkt bekam, brachte mir nur Ärger. Luigi sagt immer: „Gut kucken<br />
musst du und du musst du selbst sein. Und ich sage dir: In einer Stadt,<br />
in der täglich 3 Millionen Casino machen, kommst du schnell unter die<br />
Räder, wenn du nicht gut kuckst!“ Mich haben die in der ersten Woche