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Der Enzianschnaps vom Funtensee gilt als ... - Berchtesgadener Land

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Fotos: Andrea Buchmann (2), Enzianbrennerei Grassl<br />

ausgegraben werden<br />

<strong>Der</strong> Enziangraber<br />

100 | <strong>Land</strong> & Berge<br />

<strong>Der</strong> Enzian ist eine geschützte<br />

Pfl anze. Nur unter strengen<br />

Aufl agen dürfen seine Wurzeln<br />

<strong>Der</strong> <strong>Enzianschnaps</strong><br />

<strong>vom</strong> <strong>Funtensee</strong> <strong>gilt</strong><br />

<strong>als</strong> besonders edles<br />

Tröpfchen. Dafür<br />

sorgt nicht nur die<br />

raue Berglandschaft,<br />

sondern auch<br />

das Gespür von<br />

Brennmeister<br />

Hubert Ilsanker<br />

<strong>Der</strong> <strong>Funtensee</strong>-<strong>Enzianschnaps</strong><br />

hält, was sein Name verspricht:<br />

Er wird in einer Hütte am See<br />

auf 1 630 Metern gebrannt<br />

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Brennmeister und<br />

bayerisches Original:<br />

Hubert Ilsanker,<br />

genannt „Hubsi“<br />

<strong>vom</strong> <strong>Funtensee</strong><br />

<strong>Land</strong> & Berge | 101<br />

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102 | <strong>Land</strong> & Berge<br />

1<br />

2<br />

1 Das ist eher ein kleines Exemplar. Die<br />

Wurzeln des Enzians können nämlich<br />

bis zu einem Meter lang und bis zu zwei<br />

Kilogramm schwer werden.<br />

2 Mit der Spitzhacke lockert Brennmeister<br />

„Hubsi“ den Boden um die Pfl anze auf.<br />

3 Zu Fuß und mit Eseln wurde das Destillat<br />

früher ins Tal gebracht. Heute erledigt<br />

das ein Hubschrauber.<br />

4 Die Maische, bestehend aus zerkleinerter<br />

Wurzel, Hefe und Quellwasser, muss drei<br />

Wochen lang gären, dann kommt der<br />

Brennofen zum Einsatz.<br />

5 Nach dem doppelten Brennvorgang<br />

lagert der Schnaps noch sieben Jahre<br />

lang im fi rmeneigenen Felsenkeller<br />

5<br />

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3<br />

4<br />

Fotos: Andrea Buchmann (3), Enzianbrennerei Grassl (2), <strong>Berchtesgadener</strong> <strong>Land</strong> Tourismus


Was ist das Besondere am <strong>Funtensee</strong>-<strong>Enzianschnaps</strong>?<br />

Brennmeister Hubert Ilsanker<br />

(40), genannt Hubsi, zieht die Augenbrauen<br />

hoch. „Ja merkt’s des net selber?“ Vollmundig,<br />

erdig und würzig sei der Geschmack, ein Spiegelbild<br />

der <strong>Land</strong>schaft hier oben auf 1 630 Metern. Unterhalb<br />

des Gebirgsmassivs des Steinernen Meers auf einer Alm am<br />

<strong>Funtensee</strong>, der im Sommer für Wanderer eine willkommene<br />

Erfrischung bietet und im Winter wegen seiner Kälterekorde<br />

bekannt ist (s. Kasten), liegt die Hütte des Brennmeisters.<br />

Dort hat er den Sommer verbracht, um mit fünf Helfern die<br />

Wurzeln des lilafarbenen Enzians zu graben – und gleich<br />

vor Ort zu einem Destillat zu verarbeiten.<br />

Mit Lederhose und bester Laune<br />

Grinsend wie ein Lausbub, eine Radler-Maß vor sich, sitzt<br />

Hubsi auf der Terrasse des „Kärlingerhauses“, eine <strong>vom</strong><br />

Deutschen Alpenverein bewirtschaft ete Berghütte. Um fünf<br />

in der Früh ist er unten im Tal, um das erste Boot über den<br />

Königssee nach St. Bartholomä zu erwischen. Gerade mal<br />

eineinhalb Stunden hat er dann für die 1 000 Höhenmeter<br />

gebraucht. Ungeübte Flachlandtiroler rechnen für die Strecke<br />

knapp vier Stunden ein. „Ich musst gestern schnell obi ins<br />

Tal, in Stuttgart das Brennrecht für diese Saison beantragen.“<br />

Er trinkt den letzten Schluck Radler, dann macht er sich<br />

auf den Weg um den See, um eine halbe Stunde später in<br />

frischem Hemd, Lederhose und bester Laune die Gäste vor<br />

seiner Hütte willkommen zu heißen.<br />

Strenge Aufl agen im Nationalpark<br />

Schon mit 15 Jahren hat der heute 40-Jährige, der in Schönau<br />

am Königssee aufgewaschen ist, für die Enzianbrennerei<br />

Grassl in Berchtesgaden nach Wurzeln gegraben. Erst <strong>als</strong><br />

Ferienjob, später hat er das Schnapsbrennen richtig gelernt.<br />

Die Brenn- und Grabrechte des Traditionsunternehmens<br />

Grassl gehen ins 17. Jahrhundert zurück. Die Fürstprobstei<br />

Berchtesgaden erteilte dem Untersteiner Gastwirt Grassl<br />

die Rechte und Pfl ichten, „die Almen durch maßvolles,<br />

aber regelmäßiges Enzianwurzelgraben milchviehgerecht<br />

zu halten, Enzian zu brennen und zu verkaufen.“ Heute ist<br />

das Gebiet Nationalpark. <strong>Der</strong> Hubert und seine Helfer sind<br />

die Einzigen, die in diesem geschützten Bereich graben<br />

dürfen – mit strengen Aufl agen. Wie anno dazumal hebeln<br />

sie die Wurzel per Hand und mit der Hackl aus. „Probiert’s<br />

mal“, bietet er den Besuchern an. „Schmeckt erst süß, dann<br />

bitter – wies Leben.“ Das Leben in den Bergen scheint dem<br />

bayerischen Original aber ganz gut zu bekommen. Vielleicht<br />

liegt es am Enzian, dessen heilende Wirkung schon lange<br />

bekannt ist. „Gut für den Magen und fi ebersenkend, sagn’s,<br />

soll er sein. Aber i hab eigentlich nie Fieber …“<br />

Nur alle sieben Jahre wird geerntet<br />

Einen Teil der Wurzel lassen die Graber in der Erde, damit<br />

die Pfl anze sich in den nächsten sechs Jahren erholen kann.<br />

Erst im siebten Jahr darf an der gleichen Stelle wieder<br />

geerntet werden. Bis zu 40 Kilogramm Wurzeln packen<br />

die schwer arbeitenden Männer in den ledernen Sack und<br />

schleppen ihn zur Hütte. Insgesamt betreibt Grassl fünf<br />

Brennhütten, davon stehen drei im Nationalpark – auf der<br />

Priesbergalm am Jenner, auf der Wasseralm am Fuße der<br />

Teufelshörner und am <strong>Funtensee</strong>, wo der edelste und mit<br />

50 Euro pro Flasche teuerste <strong>Enzianschnaps</strong> hergestellt<br />

wird. Doch bis zum fertigen Schnaps ist es noch ein langer<br />

Weg. 160 Kilogramm Wurzeln zerkleinert Hubsi für einen<br />

450-Liter-Gärbottich. Bei 30 Grad Raumtemperatur werden<br />

die Pfl anzenteile mit Gebirgswasser und Hefe angesetzt.<br />

Nach drei Wochen ist die Maische vergoren und der hohe<br />

Fruchtzuckeranteil in Alkohol umgewandelt. Dann kommt<br />

der Brennkessel zum Einsatz. Zunächst entsteht in einem<br />

ersten Brenngang der Raubrand, der erneut erhitzt zum<br />

hochprozentigen Feinbrand wird. Trinken kann man das<br />

Destillat noch nicht. Die edle Flüssigkeit wird mit dem Hubschrauber<br />

ins Tal gebracht, dort wird der Schnaps auf 42<br />

Prozent Alkohol aufgemischt. Dann muss er im Felsenkeller<br />

sieben Jahre in Eichenfässern lagern, um seinen besonderen<br />

Geschmack auszubilden: vollmundig, erdig, würzig …<br />

Andrea Buchmann<br />

Info Enzianbrennerei Grassl, Salzburger Straße 105,<br />

83471 Berchtesgaden, Tel.: 08652/95360, www.grassl.com<br />

<strong>Funtensee</strong>:<br />

<strong>Der</strong> kälteste Ort<br />

Deutschlands?<br />

Auf 1 630 Metern am <strong>Funtensee</strong> im <strong>Berchtesgadener</strong><br />

<strong>Land</strong> (Foto) herrscht eine klimatische Ausnahme-<br />

situation. Seitdem Jörg Kachelmann unterhalb<br />

des idyllisch gelegenen „Kärlingerhauses“ eine Wetterstation<br />

betreibt, <strong>gilt</strong> der Gebirgssee <strong>als</strong> kältester<br />

Ort Deutschlands: Am 24. 12. 2001 wurden dort<br />

45,9 Grad minus gemessen. <strong>Der</strong><br />

selbsternannte Wettermann freute<br />

sich über medienwirksame Extremwerte.<br />

Die Einheimischen waren weniger<br />

begeistert. Bei den Gastwirten<br />

im <strong>Berchtesgadener</strong> <strong>Land</strong> meldeten<br />

sich in diesem Winter besorgte Gäste,<br />

die ihren Urlaub absagen wollten –<br />

man wolle schließlich nicht erfrieren.<br />

Was Kachelmann nicht erwähnte:<br />

Die gemessene Extremtemperatur<br />

entsteht nur an einer ganz bestimmten<br />

Stelle – „und das auch nur, wenn bestimmte<br />

Voraussetzungen da sind. Und das ist sehr selten“,<br />

erklärt Nationalpark-Ranger und Klimaexperte Franz<br />

Eder. Die Hänge müssen schneebedeckt sein, die<br />

nächtliche Abkühlung nicht durch Winde, Wolken<br />

oder Nebelfelder behindert sein. Schon am „Kärlinger-<br />

haus“ kann es gute 27 Grad wärmer sein.<br />

Im Sommer ist das <strong>vom</strong> Deutschen Alpenverein<br />

betriebene „Kärlingerhaus“ übrigens ein beliebtes<br />

Wanderziel. Von St. Bartholomä am Königssee<br />

beginnt die knapp vier Stunden lange Tour. Erst geht<br />

es durch den Wald, der immer wieder traumhafte<br />

Blicke auf den Königssee zulässt. Dann folgt das anstrengendste<br />

Stück: die „Saugasse“, eine schluchtartige<br />

Steilrinne, die mit Hilfe von gut 30 Serpentinenkehren<br />

überwunden wird. Infos: www.kaerlingerhaus.de<br />

<strong>Land</strong> & Berge | 103<br />

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