Magazin - Helvetas
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213 /13 Partnerschaft<br />
Fokus<br />
Zerbrechlicher Frieden –<br />
Arbeiten in fragilen Staaten<br />
Langer Atem<br />
<strong>Helvetas</strong> arbeitet in vielen Staaten, die als fragil gelten. Das Etikett «Fragilität» dürfe jedoch nie<br />
vergessen lassen, wie unterschiedlich die Bedingungen und Bedürfnisse schwacher Staaten sind,<br />
sagt Remo Gesù, Ko-Leiter der Internationalen Programme bei <strong>Helvetas</strong>.<br />
Interview: Susanne Strässle<br />
Haiti, Afghanistan, Äthiopien,<br />
Nepal... <strong>Helvetas</strong> arbeitet in etlichen<br />
Ländern, die als fragil gelten. Ist das<br />
eine Strategie<br />
Remo Gesù: Tatsächlich stehen viele<br />
unserer Partnerländer auf der OECD-<br />
Liste fragiler Staaten. Wir arbeiteten<br />
aber schon in diesen Ländern, als man<br />
den Begriff noch gar nicht kannte. Einige<br />
waren bereits instabil, als wir unsere<br />
Arbeit aufnahmen, andere sind es durch<br />
Konflikte geworden. Wir verlassen ein<br />
Partnerland nicht, wenn die Arbeit<br />
schwierig wird. Aber bei der Auswahl<br />
der Partnerländer orientieren wir uns<br />
an verschiedenen Armutskriterien, Fragilität<br />
ist nur ein Aspekt. Das bedeutet<br />
auch, dass wir uns nicht aus einem armen,<br />
eher stabilen Land zurückziehen,<br />
nur um uns neu in einem Land mit fragilem<br />
Kontext zu engagieren.<br />
In fragilen Staaten ist die Armut oft<br />
am grössten. Warum konzentrieren<br />
wir uns nicht ausschliesslich auf sie<br />
Für uns ist immer das Hauptkriterium,<br />
ob wir als Entwicklungsorganisation in<br />
einem bestimmten Umfeld Wirkung<br />
erzielen können. Wir müssen in einem<br />
Land nachhaltig arbeiten können.<br />
Das bedingt, dass die Leute vor Ort die<br />
Projekte mittragen und irgendwann<br />
Das Erdbeben von 2010 in Haiti hat einen<br />
fragilen Staat weiter geschwächt.<br />
übernehmen können. Solange wir diese<br />
Möglichkeit sehen, bleiben wir. In einigen<br />
fragilen Staaten geht es aber eher<br />
darum, Humanitäre Hilfe zu leisten<br />
und weniger um längerfristige Entwicklungsmassnahmen,<br />
auf die wir spezialisiert<br />
sind. Wo Nothilfe im Vordergrund<br />
steht, können wir nur einen begrenzten<br />
Beitrag leisten. Aus diesem Grund haben<br />
wir auch schon Anfragen von Geldgebern<br />
abgelehnt, etwa für ein Engagement<br />
im Sudan oder im Kongo.<br />
Was macht denn einen so genannt fragilen<br />
Staat aus<br />
Kurz gesagt, sind es Länder, wo der Staat<br />
grundlegende Dienstleistungen für seine<br />
Bevölkerung nicht erbringt, weil die<br />
Regierung zu schwach ist oder bewusst<br />
Bevölkerungsteile ausgrenzt. Zudem ist<br />
13<br />
Fokus<br />
© HELVETAS Swiss Intercooperation/Zaugg<br />
die Rechtsstaatlichkeit eingeschränkt.<br />
In vielen fragilen Staaten kämpft die Bevölkerung<br />
mit illegitimen Regierungen<br />
und einer abhängigen Justiz und ist der<br />
Willkür ausgesetzt. Schliesslich kann ein<br />
fragiler Staat die Sicherheit nach innen<br />
und aussen nur ungenügend gewährleisten,<br />
weil ihm das Gewaltmonopol fehlt.<br />
Ich würde noch hinzufügen: In fragilen<br />
Staaten gibt es für die Zivilgesellschaft<br />
oft keinen Raum, sich zu entfalten.<br />
Sind nach dieser Definition nicht die<br />
meisten Partnerländer von <strong>Helvetas</strong><br />
aus dem einen oder anderen Grund<br />
fragil<br />
Ja, tatsächlich geht es bei der Einstufung<br />
um graduelle Unterschiede. Wichtig erscheint<br />
mir aber, dass sich hinter dem<br />
Begriff «Fragilität» völlig unterschiedliche<br />
Realitäten und Herausforderungen<br />
In der Vereinigung G7+ haben fragile Staaten<br />
eine gemeinsame Stimme gefunden.<br />
© g7+