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Ausgabe 1/2010<br />

April-Mai-Juni-Juli<br />

Fenstersymbolik in unserer Heimkapelle: der Fisch<br />

Unsere Miniserie über die Bildmotive auf den Fenstern unserer Heimkapelle, die mittlerweile im<br />

Zuge der Umbauarbeuten entfernten wurden, nähert sich ihrem Ende. Als letztes Symboltier betrachten<br />

wir den Fisch. Haymo Beikircher<br />

Der Fisch ist eines der bekanntesten christlichen<br />

Symbole. Die Buchstaben des griechischen Wortes<br />

für Fisch –Ichthys– wurden im frühen Christentum<br />

gerne als Glaubensbekenntnis in Kurzform verwendet:<br />

—————————————–————————————<br />

Ιησούς (Iesús—Jesus)<br />

Χριστός (Christós—Christus)<br />

Θεού (Theoú—Gottes)<br />

Υιός (Hyiós—Sohn)<br />

Σωτήρ (Sotér—Retter/Erlöser)<br />

—————————————–————————————<br />

Die Darstellungsweise des Fisches in der frühchristlichen<br />

Bildkunst in Form zweier übereinandergelegter,<br />

gekrümmter Linien ließen ihn zu einem<br />

einfach zu merkenden und gleicherweise eingängigen<br />

Erkennungszeichen werden. Ob es sich dabei<br />

wirklich um ein geheimes Erkennungszeichen gehandelt<br />

hat, das vor allem in der Zeit der Christenverfolgung<br />

verwendet wurde, wird von Historikern<br />

weitgehend verneint. Somit dürfte auch die nette<br />

Geschichte, die damit verbunden ist, ins Reich späteren<br />

Erfindungsreichtums einzuordnen sein:<br />

Eine Person zeichnete einen Bogen in den Sand,<br />

die andere vollendete das Symbol mit dem Gegenbogen<br />

und gab sich dadurch damit als Bruder oder<br />

als Schwester in Christus zu erkennen.<br />

Nicht angezweifelt wird hingegen, dass der Fisch in<br />

den ersten Jahrhunderten nach der Zeitenwende<br />

ein weitverbreitetes Bildmotiv war. Er kann als<br />

Sinnbild für Petrus den Menschenfischer gesehen<br />

werden oder auch als Erinnerung an die wundersame<br />

Vermehrung der fünf Gerstenbrote und der zwei<br />

Fische. Die große Bedeutung des Fischsymbols in<br />

den Anfängen des Christentums wird auch dadurch<br />

unterstrichen, dass sich die frühen Christen selbst<br />

häufig als „Fischlein― bezeichneten.<br />

Interessant ist die gedankliche Verbindung, die sich<br />

daraus für das Sakrament der Taufe ergibt:<br />

Der Täufling wird mit Wasser benetzt, damit er zum<br />

„Fischlein“ wird. Die damals noch viel gebräuchlichere<br />

Ganzkörpertaufe verstärkt dieses Bild in<br />

noch deutlicherem Maße: Der bekehrte Mensch<br />

steigt in das Taufbecken und begibt sich damit<br />

gleichsam die ideale Lebensumgebung -in die<br />

christliche Lebenswelt- in der er zum „Fisch―, zum<br />

Jesusjünger werden kann.<br />

Auch andere Kulturen erkannten den Fisch als<br />

heilsbringendes Zeichen an, was nicht weiter verwunderlich<br />

ist. Nachdem viele der frühen Hochkulturen<br />

an großen Flussläufen entstanden sind -am<br />

Nil, an Euphrat und Tigris, am Indus, am gelben<br />

Fluss– war der Fisch für sie eines der ersten und<br />

wichtigsten Grundnahrungsmittel. In Indien gehört<br />

der Fisch zu den acht Mandala, Glückszeichen,<br />

welche beispielsweise an die Wände der Häuser<br />

gezeichnet wurden, um böse Dämonen abzuhalten.<br />

Auch im Buddhismus findet er sich unter den<br />

Glückszeichen, die häufig auf die Fußsohlen des<br />

Erleuchteten gezeichnet werden.<br />

Wer eine eher philosophische Interpretation bevorzugt,<br />

kann den Fisch als archetypisches Symbol für<br />

die (unter Wasser) verborgene Wahrheit deuten.<br />

Wer den Fisch fängt und ans Tageslicht holt, hält<br />

demzufolge gleichsam die Wahrheit in Händen. Ein<br />

Fisch verspricht also nicht nur leibliche, sondern<br />

auch geistige Nahrung.<br />

„Gib einem Menschen einen<br />

Fisch - er hat einen Tag zu essen.<br />

Gib einem Menschen viele Fische<br />

- er hat viele Tage zu essen.<br />

Lehre ihn fischen - und er wird nie<br />

hungern.“<br />

Chinesisches Sprichwort<br />

Seite 7

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