Förderkonzepte - Friedrich-v.Bodelschwingh-Schulen
Förderkonzepte - Friedrich-v.Bodelschwingh-Schulen
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LERNEN IN WÜRDE<br />
Beraten – Begleiten – Betreuen:<br />
Förderkonzepte an den <strong>Friedrich</strong>-v.<strong>Bodelschwingh</strong>-<strong>Schulen</strong><br />
1. Die <strong>Friedrich</strong>-v.<strong>Bodelschwingh</strong>-<strong>Schulen</strong>:<br />
Organisation und pädagogische Grundsätze 1<br />
2. Gemeinsam lernen<br />
Gemeinsamer Unterricht 5<br />
Lernwerkstatt 6<br />
Ergänzungsunterricht 7<br />
Diakonisches Lernen und Handeln 9<br />
Lions-Quest 9<br />
3. Beraten<br />
Schülersprechtag 11<br />
Individuelle Lernberatung 11<br />
Psychosoziale Beratung 12<br />
Suchtprophylaxe 12<br />
Studien- und Berufsorientierung 12<br />
4. Lernen begleiten<br />
Verlässliche Schule – S’Cool 14<br />
Lernpaten 14<br />
Schüler-helfen-Schülern 15<br />
LRS-Förderkurs 16<br />
Schulportfolio 17<br />
5. Europafähig machen<br />
Europakontakte 19<br />
Schüleraustausch 19<br />
Internationale Sprachdiplome 20
1 ORGANISATION UND PÄDAGOGISCHE GRUNDSÄTZE<br />
Die <strong>Friedrich</strong>-v.<strong>Bodelschwingh</strong>-<strong>Schulen</strong>:<br />
Organisation und pädagogische Grundsätze<br />
Der Schulträger<br />
Die von <strong>Bodelschwingh</strong>schen Stiftungen Bethel sind Träger von<br />
Förderschulen, Berufskollegs und allgemeinbildenden <strong>Schulen</strong><br />
mit einem sehr differenzierten Bildungsangebot. Der Schulträger<br />
der Betheler <strong>Schulen</strong> wird durch den Vorstand der von <strong>Bodelschwingh</strong>schen<br />
Stiftungen vertreten, der von einem Schulkuratorium<br />
beraten wird. Das Kuratorium berät über das Budget,<br />
über die Errichtung und Schließung von Bildungsgängen sowie<br />
über die Besetzung von Schulleitungsstellen. Die Abstimmung<br />
der Betheler <strong>Schulen</strong> untereinander erfolgt in der Koordinierungskonferenz.<br />
Mitglieder sind die Geschäftsführerin (Vorsitz),<br />
die Schulleiterinnen und Schulleiter sowie der Leiter der Schulverwaltung.<br />
Der Schulträger verfügt über die Dienstherreneigenschaft und<br />
übt damit die Personalhoheit aus. Deshalb sind die Betheler<br />
<strong>Schulen</strong> weniger in bürokratische Abhängigkeiten eingebunden<br />
als öffentliche <strong>Schulen</strong> und können daher organisatorisch und<br />
inhaltlich flexibel und rechtzeitig auf die sich ständig ändernden<br />
Anforderungen der Gegenwart reagieren. Diese besonderen<br />
Rechte hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung geben den <strong>Schulen</strong><br />
die Möglichkeit, ihr Profil in besonderer Weise auszuprägen.<br />
So treten neben den Fachunterricht zahlreiche besondere unterrichtliche<br />
und außerunterrichtliche Angebote im musikalischen,<br />
im künstlerischen, im sportlichen, im sozialen und im fachbezogenen<br />
Bereich, mit denen sich die Schule nach außen öffnet und<br />
sich ihrem Umfeld präsentiert. Darüber hinaus ist es unser Ziel,<br />
die Schülerinnen und Schüler in den außerunterrichtlichen Aktivitäten<br />
als ganzen Menschen anzusprechen, ihnen in verantwortungsvollen<br />
Tätigkeiten soziale Kompetenz zu vermitteln und<br />
ihre Bindung an Personen und Sachen zu fördern.<br />
Die <strong>Friedrich</strong>-v.<strong>Bodelschwingh</strong>-<strong>Schulen</strong><br />
Der Schulverbund der <strong>Friedrich</strong>-v.<strong>Bodelschwingh</strong>-<strong>Schulen</strong> umfasst<br />
die Realschule Bethel, das Öffentlich-Stiftische Gymnasium<br />
Bethel und das Berufskolleg Bethel.<br />
Die Realschule wurde 1978 gegründet. Sie wird zweizügig<br />
geführt und von 350 Schülerinnen und Schülern besucht.<br />
Organigramm des Stiftungsbereichs <strong>Schulen</strong><br />
Das Öffentlich-Stiftische Gymnasium ist in der Sekundarstufe I<br />
vierzügig und in der Sekundarstufe II sechszügig. Zurzeit besuchen<br />
1180 Schülerinnen und Schüler diese Schulform, die der<br />
Träger seit 1925 unterhält.<br />
Das Berufskolleg ist 1998 aus der Kollegschule entstanden,<br />
die 1978 aus der Oberstufe des Gymnasiums und allen damals in<br />
Bethel vorhandenen Berufsschulen gebildet wurde. Im Berufs-<br />
1
1 ORGANISATION UND PÄDAGOGISCHE GRUNDSÄTZE<br />
Leben zu füllen. Wir versuchen in unseren <strong>Schulen</strong> spezifische<br />
Antworten auf die Frage zu geben, was Erziehung leisten muss.<br />
Die Einsicht, dass der Mensch der Erziehung bedarf, damit er<br />
sein Leben menschlich gestalten kann, ist zunächst ein ganz<br />
weltliches Wissen. Nach christlicher Überzeugung braucht der<br />
Mensch in seiner Erziehung die Religion, um Antworten auf die<br />
Fragen nach Sinn, Schuld und Hoffnung finden zu können. Darüber<br />
hinaus sind Werteerziehung, wissenschaftliche Erkenntnissuche<br />
sowie die politische und ästhetische Erkenntnissuche in<br />
seiner Welt wesentliche Elemente seiner Erziehung.<br />
Unsere <strong>Schulen</strong> sollen deshalb<br />
• Orte des Lernens<br />
• Orte der Erziehung<br />
• Orte der Erfahrung<br />
• Orte der Begegnung<br />
sein.<br />
Was bedeutet das für unsere pädagogische Arbeit<br />
Das christliche Verständnis von Mensch und Wirklichkeit prägt<br />
das Schulleben und dient als Basis für die Persönlichkeitsbildung,<br />
die Individualität des Menschen ist handlungsleitend.<br />
Die Wertschätzung von Heterogenität hat einen hohen Stellenwert,<br />
das wird insbesondere am Angebot des Gemeinsamen<br />
Unterrichts (siehe Kapitel 2) sowie durch die differenzierten<br />
Lernangebote für unterschiedliche Leistungs- und Interessenprofile<br />
sowie durch Projekte zur Förderung von Toleranz und<br />
Verantwortungsbereitschaft deutlich.<br />
In der Schulgemeinde wird eine ermutigende und wertschätzende<br />
Grundhaltung gelebt. Alle Gruppen in der Schule bemühen<br />
sich, ein Arbeitsklima zu fördern, das durch Empathie, Authentizität<br />
und Glaubwürdigkeit geprägt ist. Konfliktmanagement,<br />
Zeit für Gespräche, Wahrnehmung von Lebenskrisen und Wertschätzung<br />
jedes einzelnen Schülers, jeder einzelnen Schülerin<br />
sind Ausdruck dieser Haltung. Die Grundsätze, die die Unverletzlichkeit<br />
der Würde jedes einzelnen Menschen, den Stellenwert<br />
der Eigenverantwortung, den Anspruch der Entfaltung der persönlichen<br />
Stärken, die Wahrnehmung persönlicher Interessen im<br />
sozialen Raum einfordern, sind für die Frage nach dem „Lernen<br />
in Würde“ von elementarer Wichtigkeit.<br />
Es bleibt jedoch nicht aus, dass es in der Praxis, im täglichen<br />
Miteinander immer wieder zu Konflikten kommt, die nicht<br />
in der Situation selbst von den Beteiligten gelöst werden können.<br />
Das sind oft Meinungsverschiedenheiten, umstrittene Entscheidungen<br />
und Beeinträchtigungen von Rechten zwischen den<br />
am Schulleben beteiligten Gruppen (in erster Linie Schülerinnen<br />
und Schüler, Eltern, Lehrerinnen und Lehrer).<br />
Um hier zu transparenten, gerechten und pädagogisch<br />
sinnvollen Einschätzungen und Entscheidungen zu gelangen,<br />
sind an unseren <strong>Schulen</strong> in den letzten Jahren zwei miteinander<br />
verzahnte Konzepte gemeinsam von allen am Schulleben beteikolleg<br />
sind Ausbildungsgänge zusammengefasst, die zu einer<br />
beruflichen Qualifikation führen. Der Schwerpunkt dieser Ausbildungen<br />
liegt im sozialpädagogischen und im heilpädagogischen<br />
Bereich. In Kombination mit dem Berufsabschluss können<br />
auch die Fachhochschulreife oder das Abitur erworben werden.<br />
Zurzeit besuchen 650 Schülerinnen und Schüler die verschiedenen<br />
Bildungsgänge des Berufskollegs.<br />
Die Organisationsstruktur der<br />
<strong>Friedrich</strong>-v.<strong>Bodelschwingh</strong>-<strong>Schulen</strong><br />
Die drei Schulformen der <strong>Friedrich</strong>-v.<strong>Bodelschwingh</strong>-<strong>Schulen</strong><br />
haben ein gemeinsames Lehrerkollegium mit 158 Lehrerinnen<br />
und Lehrern. Das heißt, viele Lehrerinnen und Lehrer unterrichten<br />
Schulform übergreifend, also an der Realschule, am Gymnasium<br />
und am Berufskolleg. Diese Organisationsform hat sich seit<br />
30 Jahren bewährt und ist ein Teil unseres Konzepts. So gibt es<br />
gemeinsame Fach- und Lehrerkonferenzen und jeweils eine<br />
gemeinsame Schulpflegschaft und Schulkonferenz für den<br />
Schulverbund. Alle schulformübergreifenden pädagogischen<br />
und organisatorischen Vorhaben werden in diesen Gremien<br />
geplant und koordiniert. Die wöchentliche Schulleitungskonferenz<br />
(Schulleiterinnen und Schulleiter sowie stellvertretende<br />
Schulleiterinnen und Schulleiter) stellt eine pädagogische Gesamtplanung<br />
sicher und bindet die Schulleitungen in eine Gesamtverantwortung<br />
ein.<br />
Die Realschule und die Sekundarstufe I des Gymnasiums<br />
nutzen ein gemeinsames Schulgebäude. Das Schulhaus der Sekundarstufe<br />
II liegt einen Kilometer entfernt. Es wird gemeinsam<br />
von der Oberstufe des Gymnasiums und den sozialpädagogischen<br />
Bildungsgängen des Berufskollegs genutzt. In zwei weiteren<br />
Gebäuden findet der Unterricht der heilpädagogischen<br />
Bildungsgänge und der Sozialhelferinnen und Sozialhelfer statt.<br />
Die pädagogische Grundorientierung der<br />
<strong>Friedrich</strong>-v.<strong>Bodelschwingh</strong>-<strong>Schulen</strong><br />
Über die Trägerschaft der von <strong>Bodelschwingh</strong>schen Stiftungen<br />
Bethel sind die <strong>Schulen</strong> in die diakonische Einrichtung eingebunden.<br />
Die Stiftungen verstehen sich als handelnde Kirche, und so<br />
leiten sich auch die Grundsätze für das Leben und Arbeiten in<br />
den von <strong>Bodelschwingh</strong>schen Stiftungen von diesem Selbstverständnis<br />
ab.<br />
Diese Grundsätze werden geprägt von den Begriffen<br />
• Würde<br />
• Eigenverantwortung<br />
• Entfaltung<br />
• religiöse Orientierung und<br />
• soziales Leben.<br />
Für unsere <strong>Schulen</strong> kommt es darauf an, diese Begriffe zu konkretisieren,<br />
sie in den Alltag der Schule hineinzutragen, sie mit<br />
2
1 ORGANISATION UND PÄDAGOGISCHE GRUNDSÄTZE<br />
ligten Gruppen erarbeitet worden, nämlich eine Vereinbarung<br />
Lernfreundlicher Unterricht und ein Beschwerdemanagement.<br />
Erstere beschreibt und operationalisiert die Rechte und Pflichten<br />
aller Gruppen bei der Gestaltung von Unterrichtsbedingungen,<br />
die ein Lernen in Würde ermöglichen; letzteres umfasst gestufte<br />
Maßnahmen zur Bewältigung von Konflikten, die sich auf den<br />
Unterricht als komplexen Vorgang beziehen. Abschließend ist es<br />
in jedem Falle wichtig, die Vorgehensweise und die Resultate<br />
des Konfliktlösungsvorgangs zu evaluieren und die Nachhaltigkeit<br />
sicherzustellen. Dazu gehört auch die Rückmeldung an alle<br />
am Prozess beteiligten Gruppen und Personen.<br />
Die Schule hat ein Leistungsverständnis entwickelt, das<br />
den Menschen mit seinen Stärken und Schwächen als Geschöpf<br />
Gottes wahrnimmt. Bereits im Aufnahmeverfahren wird sicher<br />
gestellt, dass die Schule offen für alle Kinder ist. Die Klasse mit<br />
Gemeinsamem Unterricht und individualisierte Lernformen und<br />
Lernangebote im Ergänzungsunterricht stehen exemplarisch<br />
dafür.<br />
Die Schule bietet den Schülerinnen und Schülern Möglichkeiten,<br />
sich für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der<br />
Schöpfung einzusetzen.<br />
Der in unserer Gesellschaft zu beobachtende, zunehmende<br />
Verlust an Orientierung, der mit einem Wertewandel einher<br />
geht, führt dazu, dass viele junge Menschen geradezu auf der<br />
Suche nach Beispielen für Glaubwürdigkeit und Vertrauenswürdigkeit<br />
sind. Damit wird es umso wichtiger, Werthaltungen in<br />
der Schule erfahrbar werden zu lassen. Dafür muss in der Schule<br />
Raum geschaffen werden. Wenn aber die hinter dieser Werthaltung<br />
stehende Sinnfrage in der Schule erfahrbar sein soll, darf<br />
sie nicht künstlich aufgesetzt sein. Die Umsetzung dieser Grundhaltung<br />
lässt sich auch nicht an der Anzahl der Gottesdienste<br />
oder Andachten allein festmachen. Sie muss täglich erfahrbar<br />
sein. Die Voraussetzungen für Vertrauen und Glaubwürdigkeit<br />
werden in der Schule durch unseren Umgang miteinander geschaffen.<br />
Er zeigt sich in der Art, wie Lehrerinnen und Lehrer<br />
Beispiel und Vorbild geben für einen fairen Umgang – das kann<br />
man sogar auf jede Unterrichtsstunde beziehen, wenn die Schülerinnen<br />
und Schüler merken, dass die Lehrerin oder der Lehrer<br />
nicht nur bei der Sache, sondern auch bei der Gruppe ist; er<br />
zeigt sich, wenn Lehrerinnen und Lehrer nicht wegschauen,<br />
wenn Erziehung gefragt ist; er zeigt sich in der Art, wie Lehrerinnen<br />
und Lehrer mit epochaltypischen Schlüsselproblemen<br />
unserer Zeit umgehen, wie sie Stellung beziehen und sich um<br />
sachliche Beurteilung bemühen, in Fragen, die zentrale Themen<br />
der nächsten Generationen sein werden und die in verschiedenen<br />
Fächern oder fächerübergreifenden Projekten altersstufengemäß<br />
in verschiedenen Formen eingebracht werden. Dazu<br />
gehören auch Projekte, die aktuelle Fragestellungen berühren<br />
und soziale, humanitäre, ökologische, ökonomische und politische<br />
Herausforderungen für die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts<br />
reflektieren.<br />
Die Beziehung der <strong>Friedrich</strong>-v.<strong>Bodelschwingh</strong>-<strong>Schulen</strong> zu<br />
den stiftischen Förderschulen<br />
Aus dem oben beschriebenen Selbstverständnis heraus pflegen<br />
die <strong>Friedrich</strong>-v.<strong>Bodelschwingh</strong>-<strong>Schulen</strong> auf unterschiedlichen<br />
Ebenen Beziehungen zu den Förderschulen der von <strong>Bodelschwingh</strong>schen<br />
Stiftungen. Exemplarisch seien hier folgende<br />
Formen der Kooperation genannt:<br />
• auf der o.g. Koordinierungskonferenz findet ein regelmäßiger<br />
Austausch auf Schulleitungsebene statt<br />
• im „Bethelbaustein 2“ lernen die Lehrkräfte die jeweils<br />
anderen Schulformen kennen<br />
• es werden regelmäßige Projekte mit den Förderschulen<br />
und anderen Einrichtungen Bethels in den Bereichen Sport<br />
(z.B. Bethel Athletics), Musik (z.B. Stomp-Projekt) und Kunst<br />
(z.B. Projekt Blaue Hand) durchgeführt<br />
• die ausbildungsbegleitenden Praktika des Berufskollegs<br />
sowie das Sozialpraktikum der Oberstufe können z.T. an<br />
den Förderschulen abgeleistet werden<br />
• es findet ein Austausch zwischen Lehrerinnen und Lehrern<br />
– vor allem mit Blick auf die Klassen mit Gemeinsamem<br />
Unterricht (siehe Kapitel 2) – statt.<br />
Gebundener Ganztag<br />
Die <strong>Friedrich</strong>-v.<strong>Bodelschwingh</strong>-<strong>Schulen</strong> (Realschule und Gymnasium)<br />
haben entschieden, zum Schuljahr 2010/2011 den Gebundenen<br />
Ganztag schrittweise (beginnend mit Jahrgangsstufe 5)<br />
einzuführen.<br />
Aufgrund der gesellschaftlichen Veränderungen in den<br />
Familienstrukturen und der stetig wachsenden Anforderungen<br />
an Schule insgesamt halten wir die Einführung des Gebundenen<br />
Ganztags für pädagogisch sinnvoll. Gerade den erhöhten Anforderungen,<br />
die an Schülerinnen und Schüler und Schule heute<br />
gestellt werden, können wir auf diese Weise mit effektiverer<br />
individueller Förderung begegnen. Wir vertrauen hier auf die<br />
Erfahrungen unserer europäischen Nachbarn und auf internationale<br />
Studien, die zeigen, dass durch die ganztägige Präsenz<br />
in der Schule die Lernchancen von Schülerinnen und Schülern<br />
nachhaltig verbessert werden können.<br />
Grundvoraussetzung für ein effektives Lernen im Gebundenen<br />
Ganztag ist die sinnvolle Rhythmisierung des Schultags.<br />
Dazu gehört beispielsweise eine gestaltete Mittagspause, die<br />
nicht nur der Einnahme des Mittagessens dient, sondern auch<br />
Raum für Kreativität, Bewegung und Ruhe bietet. Die Schülerinnen<br />
und Schüler können selbst entscheiden, welche Angebote<br />
sie wahrnehmen. Das Mittagessen wird in den unteren Klassen<br />
gemeinsam im Klassenverband eingenommen und von einer<br />
Lehrkraft der Klasse begleitet. Auf diese Weise bekommt das<br />
Mittagessen einen hohen Stellenwert bei den Schülerinnen und<br />
Schülern und stärkt die Klasse als Gruppe.<br />
Im Zusammenhang mit dem sich ändernden Schultag erschien<br />
3
1 ORGANISATION UND PÄDAGOGISCHE GRUNDSÄTZE<br />
es uns besonders wichtig, das selbstständige Lernen stärker in<br />
den Blick zu nehmen und methodisch zu unterstützen. Dies<br />
geschieht besonders durch die Lernwerkstatt (siehe Kapitel 2).<br />
Über die Kooperation unserer Schule mit verschiedenen diakonischen<br />
Einrichtungen des Trägers finden auch kleine sozial-diakonische<br />
Projekte in der Lernwerkstatt ihren Platz.<br />
Ergänzt wird der Pflichtunterricht durch Neigungs- und<br />
Förderangebote. In diesem Bereich haben die Schülerinnen und<br />
Schüler die Möglichkeit, Lerndefizite auszugleichen, individuelle<br />
Stärken zu fördern und ihre Freizeit sinnvoll zu nutzen. Zu den<br />
Angeboten gehören ebenso Formen von Erholung, Spiel und<br />
Bewegung wie Arbeitsgemeinschaften im naturwissenschaftlichen,<br />
fremdsprachlichen, musikalisch-künstlerischen und sportlichen<br />
Bereich sowie zu neuen Medien.<br />
<strong>Schulen</strong>twicklung als Prozess<br />
Die <strong>Schulen</strong>twicklung wird seit mehr als zehn Jahren unter Beteiligung<br />
von Schülerinnen und Schülern, Eltern sowie Lehrerinnen<br />
und Lehrern in Arbeitsgruppen entwickelt und von einer<br />
Steuerungsgruppe koordiniert. Diesen langfristig angelegten<br />
Diskussionsvorgang, mit dem wir Zielvereinbarungen über<br />
unsere pädagogische Grundorientierung, über die Unterrichtsgestaltung,<br />
über unser Schulleben und über organisatorische<br />
Fragen treffen wollen, verstehen wir als Prozess. Von diesen<br />
Gesprächen erhoffen wir uns mehr Transparenz und Konsens<br />
über die schulische Arbeit bei allen beteiligten Gruppen sowie<br />
ein zunehmendes Verständnis für unser gemeinsames Tun. Wir<br />
sehen darin eine wesentliche Voraussetzung für die Qualitätsverbesserung<br />
des Unterrichts, aber auch für die Zufriedenheit<br />
und Freude am Leben und Lernen in der Schule.<br />
Ein besonderes Augenmerk unser programmatisch-konzeptuellen<br />
Arbeit gilt derzeit der Weiterentwicklung unseres<br />
Förderkonzepts, um bisherige Fördermaßnahmen kontinuierlich<br />
zu verbessern, zu evaluieren und in ein schlüssiges Gesamtkonzept<br />
zur individuellen Förderung von Schülerinnen und Schülern<br />
nach dem Prinzip des Forderns und Förderns einzubinden. Unser<br />
Förderkonzept, das sich dem Prinzip der Inklusion verpflichtet<br />
sieht, zeichnet sich durch mehrere eng miteinander verzahnte<br />
Module verschiedener Bereiche aus.<br />
Die folgenden Darstellungen von Modulen und Projekten<br />
verdeutlichen, wie wir in unseren <strong>Schulen</strong> aktuelle Förderkonzepte<br />
konkret umsetzen. Sie beschreiben sowohl den aktuellen<br />
Entwicklungsstand als auch den Prozess der Neu- und Weiterentwicklung.<br />
Aus Platzgründen beschränken wir uns in unseren<br />
Darstellungen auf die Realschule und das Gymnasium.<br />
4
2 GEMEINSAM LERNEN<br />
Gemeinsamer Unterricht<br />
Die Vision der v.<strong>Bodelschwingh</strong>schen Stiftungen Bethel beinhaltet<br />
die Vorstellung, dass ein selbstverständliches Zusammenleben,<br />
ein gemeinsames Lernen und Arbeiten aller Menschen in<br />
ihrer Verschiedenheit möglich und erstrebenswert ist. „Gemeinschaft<br />
verwirklichen“ bedeutet, dass „mehr oder weniger ge -<br />
sunde, mehr oder weniger behinderte, mehr oder weniger leistungsfähige,<br />
jüngere und ältere Menschen, Menschen unterschiedlicher<br />
kultureller Herkunft und religiöser Prägung (…) als<br />
Bürgerinnen und Bürger mit gleichen Rechten und Chancen in<br />
der Gesellschaft leben“ (aus: Bethel – Gemeinschaft verwirklichen:<br />
Unsere Vision und unsere Ziele 2007 bis 2011).<br />
Diese Vision wird bezüglich der Bildungschancen ergänzt<br />
durch folgende These der Betheler Erklärung. Sie lautet: „Alle<br />
Menschen haben das Recht, eine Schule mit individueller Förderung<br />
zu besuchen und einen angemessenen Beruf zu erlernen.<br />
Jeder Mensch hat sein eigenes Lerntempo. Deshalb müssen<br />
Wünsche und Leistungsfähigkeit berücksichtigt werden. Ein<br />
Leben lang müssen Lernen und der Zugang zu Bildung für alle<br />
ohne Schwierigkeiten möglich sein.“<br />
Konsequenterweise haben wir, die <strong>Friedrich</strong>-v.<strong>Bodelschwingh</strong>-<strong>Schulen</strong>,<br />
daraus ein Konzept abgeleitet, das darauf<br />
abzielt, das Unterrichts- und Schulleben auf die individuellen<br />
Förderbedarfe aller unserer Schülerinnen und Schüler auszurichten.<br />
Durch die selbstverständliche Einbeziehung von Schülerinnen<br />
und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf<br />
und durch die Kooperation zwischen Förderpädagogen und<br />
Lehrkräften der Allgemeinen Schule entsteht eine positive, bereichernde<br />
Heterogenität mit einer Förder- und Forderstruktur<br />
für alle Schülerinnen und Schüler (Inklusion).<br />
Seit Beginn des Schuljahres 2008/09 setzen wir dieses Konzept<br />
um, indem wir jährlich eine Klasse mit Gemeinsamem Unterricht<br />
einrichten, in der alle Schülerinnen und Schüler gemeinsam<br />
lernen und unterschiedliche Bildungsabschlüsse erreichen können.<br />
Die Klassen setzen sich aus 20 Schülerinnen und Schülern<br />
ohne sonderpädagogischen Förderbedarf (je zur Hälfte aus den<br />
Schulformen Realschule und Gymnasium) und aus 5 Schülerinnen<br />
und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf zusammen.<br />
Die Einrichtung einer Klasse mit Gemeinsamem Unterricht<br />
an unseren <strong>Schulen</strong> erfolgte in enger Kooperation mit der Mamre-Patmos-Schule<br />
Bethel. Sie ist eine Förderschule für lern- und<br />
geistig behinderte sowie schwer und schwerst mehrfach behinderte<br />
Kinder und Jugendliche. Bereits während der Vorbereitungsphase<br />
fanden eine regelmäßige fachliche Beratung sowie<br />
eine personelle Unterstützung durch eine Förderschulpädagogin<br />
dieser Schule statt.<br />
Zu jedem Lehrerteam einer Klasse gehören mindestens<br />
eine Sonderpädagogin/ein Sonderpädagoge und die Fachlehrerinnen<br />
und Fachlehrer der Klasse. Klassenlehrerin oder Klassenlehrer<br />
können Kolleginnen und Kollegen aus allen Schulformen<br />
sein. Das Team ist gemeinsam für die Begleitung des Lernprozesses<br />
aller Schülerinnen und Schüler mit und ohne sonderpädagogischen<br />
Förderbedarf verantwortlich. Um dieses Ziel zu erreichen,<br />
achtet jedes Teammitglied darauf, dass die Hauptaufgabe,<br />
für die es verantwortlich ist, im Team verfolgt wird und dadurch<br />
jedes Kind die individuelle Begleitung bekommt, die es für seinen<br />
Lernprozess braucht.<br />
In wöchentlichen Teamsitzungen und bei regelmäßig stattfindenden<br />
Planungsworkshops werden die gemeinsame Arbeit<br />
sowie die besonderen Belange der Klasse reflektiert und kontinuierlich<br />
weiterentwickelt. Dabei geht es nicht nur um unterrichtliche<br />
Belange, sondern auch um außerunterrichtliche Aktivitäten<br />
und das Miteinander in der gesamten Schulgemeinde.<br />
Die gemeinsame Lernerfahrung am gleichen Unterrichtsgegenstand<br />
ist in den unteren Jahrgängen leichter möglich. Je<br />
höher die Klassenstufe wird, umso höher werden auch die Anforderungen<br />
an die Differenzierung, um diese gemeinsamen<br />
Lernerfahrungen in den einzelnen Fächern zu ermöglichen. Eine<br />
Sammlung von Unterrichtsvorhaben, die ein hohes Maß an gemeinsamen<br />
Lernerfahrungen möglich machen, wird kontinuierlich<br />
weiterentwickelt.<br />
Abbildung oben: Jeder motiviert den anderen<br />
Abbildung unten: Bei der Akrobatik hat jeder seine wichtige Position<br />
5
2 GEMEINSAM LERNEN<br />
In Phasen, die weniger gemeinsame Unterrichtsvorhaben ermöglichen,<br />
soll gemeinsames Lernen durch Klassen-Projekte,<br />
Pausenaktivitäten und andere außerunterrichtliche Unternehmungen<br />
kompensiert werden.<br />
Die Planung der Unterrichtseinheiten erfolgt nach folgenden<br />
Grundsätzen: Inhalte, Methoden und Unterrichtsformen<br />
werden so ausgewählt, dass möglichst alle Schülerinnen und<br />
Schüler Zugänge zum gemeinsamen Unterrichtsthema haben.<br />
Wochenplanarbeit oder die Arbeit in und an Projekten sind u.a.<br />
geeignete Arbeitsformen. Um einen gemeinsamen Unterricht zu<br />
realisieren, der allen Kindern angemessene Lernchancen bietet,<br />
werden vorwiegend offene Unterrichtsformen gewählt.<br />
Zu den Handlungsmustern, die die gemeinsame Arbeit<br />
begünstigen können, gehören u.a.:<br />
• individuelles Arbeiten an strukturierten Materialien<br />
(Freiarbeit)<br />
• gemeinsames Spielen auf verschiedenen Ebenen<br />
• Erkundungen vor Ort, um die gemeinsame Umwelt<br />
unmittelbar kennen zu lernen<br />
• Lernen an individuell erstelltem Arbeits- und<br />
Anschauungsmaterial<br />
Diese Formen der Freiarbeit sichern nicht nur das Erreichen<br />
der fachlichen Inhalte, sondern sie<br />
• geben Hilfen zur allseitigen persönlichen Entfaltung und<br />
Selbstverwirklichung<br />
• entsprechen dem Lernrhythmus des einzelnen Kindes<br />
• ermöglichen die Nutzung vieler Eingangskanäle und das<br />
ganzheitliche Erleben<br />
• ermöglichen das Erreichen grundlegender Lernziele auf<br />
unterschiedlichem Niveau<br />
• erhalten die Lern- und Entdeckungsfreude<br />
Scheint die gemeinsame Arbeit am gleichen Unterrichtsgegenstand<br />
nicht (mehr) möglich zu sein, müssen für die Schülerinnen<br />
und Schüler mit Behinderung Inhalte gewählt werden, die dem<br />
individuellen Lern- und Entwicklungsbedarf entsprechen. Im<br />
Laufe der Schulzeit wird die äußere Differenzierung zunehmen.<br />
Das betrifft insbesondere die zweite Fremdsprache und den<br />
Wahlpflichtbereich ab der 8. Jahrgangsstufe.<br />
Die Akzeptanz der Klassen mit Gemeinsamem Unterricht<br />
an unseren <strong>Schulen</strong> ist sehr hoch. Sie werden von der gesamten<br />
Schulgemeinde als Bereicherung empfunden. Die Klassenteams<br />
loben die gute kooperative Zusammenarbeit zwischen den Kolleginnen<br />
und Kollegen der unterschiedlichen Schulformen, die<br />
Schülerinnen und Schüler der Klassen achten sich gegen seitig in<br />
einer selbstverständlichen Klassengemeinschaft und die Eltern<br />
entscheiden sich bewusst für das Lernen ihrer Kinder in Vielfalt.<br />
Die Nachfrage für einen Platz in diesen Klassen ist deutlich<br />
höher, als Kapazitäten zur Verfügung stehen, nicht nur für<br />
Kinder mit Förderbedarf, sondern auch für jene mit Gymnasialempfehlung.<br />
Lernwerkstatt<br />
Die Lernwerkstatt ist ein neuer Baustein der Gestaltung von<br />
Lernzeiten im Ganztag der <strong>Friedrich</strong>-v.<strong>Bodelschwingh</strong>-<strong>Schulen</strong>.<br />
Ihr Leitmotiv ist die Förderung der selbstständigen Arbeit.<br />
In der Lernwerkstatt sind unsere Schülerinnen und Schüler<br />
in der Klasse 5 (nach und nach auch die Schülerinnen und Schüler<br />
der höheren Klassen) einmal in der Woche für neunzig Minuten.<br />
Lernen in der Lernwerkstatt heißt Arbeit an Fachprojekten<br />
der Schulfächer, die in der Jahrgangsstufe unterrichtet werden.<br />
Die Aufgaben sind nach Schwierigkeitsstufen, nicht nach Schulfor<br />
men differenziert. Sie gelten für die Klassen der Realschule,<br />
des Gymnasiums und die Klasse mit Gemeinsamem Unterricht.<br />
Darum ist die Lernwerkstatt dem Prinzip der Inklusion verpflichtet.<br />
Da sich die Projekte über mehrere Stunden erstrecken,<br />
kommen hier Fachideen und Methoden zum Zuge, die sich oft<br />
nicht oder nur schwer im allgemeinen Schulalltag umsetzen<br />
lassen. Die Projektthemen verbinden zumeist mehrere Fächer<br />
miteinander.<br />
Die Lernwerkstatt ist dem individualisierten Lernen verpflichtet.<br />
So wählen die Schülerinnen und Schüler im Verlauf<br />
des Schuljahres aus einem Pool von Projektvorschlägen die Fach -<br />
auf gaben aus, die sie besonders interessant finden. Allerdings<br />
kennt unsere Lernwerkstatt als Besonderheit die obligatorischen<br />
Elemente. Bei der Auswahl der Projekte während des Schuljahres<br />
müssen im ersten Halbjahr übende Lernanteile der Fremdsprache<br />
Englisch berücksichtigt werden. Weiterhin muss mindestens<br />
ein zu wählendes Projekt fachunabhängig den sozialdiako<br />
nischen Werten unseres Schulträgers verpflichtet sein. Auch<br />
die Lernzeit in der Lernwerkstatt ist individualisiertes Lernen,<br />
das sich nach den Interessen und dem individuellen Lerntempo<br />
der Lernenden entfaltet. Darum ist die Lernwerkstatt der individuellen<br />
Förderung verpflichtet.<br />
Die Lernwerkstatt fördert die Methoden- und Medienkompetenz<br />
der Schülerinnen und Schüler. Einen besonderen Stellenwert<br />
hat die Förderung der Eigenverantwortlichkeit der Lernenden<br />
für ihren Lernerfolg. Diese Selbstkompetenz ist eine basale<br />
Fähigkeit, die nicht nur für die gesamte Schulzeit von Bedeu tung<br />
ist, sondern auch von weiterführenden Bildungsinstitutionen<br />
und in der modernen Arbeits- und Berufswelt eingefordert wird.<br />
In der Lernwerkstatt betreuen die Lehrkräfte die Lernenden<br />
bei der Organisation ihrer Arbeit und sie stehen ihnen während<br />
der Projektphasen beratend zur Seite. Außerdem geben sie<br />
eine Rückmeldung zum Arbeitsprozess und zu den Arbeitsergebnissen.<br />
Der Schwerpunktbereich ist die Entwicklung der Selbstkom<br />
petenz. Die Einschätzungen der Lehrkräfte sind in die Erprobungsstufenkonferenzen<br />
(Lehrkräfte) und die Rückmeldungen<br />
6
2 GEMEINSAM LERNEN<br />
und Entwicklung von Lernstrategien am Schülersprechtag unter<br />
Rückgriff auf das Portfolio (Schülerschaft) eingebunden. Dokumentiert<br />
werden die Rückmeldungen zudem bei den Zeugnissen.<br />
Dadurch wird sichergestellt, dass die Lehrkräfte in die bestehenden<br />
Konferenz- und Feedbackstrukturen eingebunden sind.<br />
Der Kompetenzerwerb in der Lernwerkstatt und die Prinzipien<br />
dieser neuen Lernzeit im Ganztag korrespondieren mit<br />
unseren weiteren Schulstrukturelementen wie zum Beispiel dem<br />
Förderunterricht, dem Ergänzungsunterricht und den vielfältigen<br />
Projekt- und Praxisphasen einschließlich der Arbeitsweltpraktika<br />
in der Realschule und der Projektkurse in der Oberstufe.<br />
Die Lernwerkstatt verstehen wir als Teil einer spiralförmigen<br />
Lern- und Schulkultur, die sich bis zu den jeweiligen schulformspezifischen<br />
Abschlüssen erstreckt.<br />
Die Lernwerkstatt startet im Schuljahr 2010/11. Die Koordination<br />
der Umsetzung und anschließende Evaluation der Lernwerkstatt<br />
im Schulalltag ist durch eine verantwortliche Lehrkraft<br />
gewährleistet. Die Konzeption der Lernwerkstatt im Schulverbund<br />
der <strong>Friedrich</strong>-v.<strong>Bodelschwingh</strong>-<strong>Schulen</strong> ist schulorganisatorisch<br />
der Schulprogramm-AG Gebundener Ganztag zugeordnet.<br />
Die Vernetzung der Lernwerkstatt mit den weiteren schulprogrammatischen<br />
Profilen der Schule erfolgt über die AG Individuelle<br />
Förderung sowie über die Steuerungsgruppe der Schulprogrammarbeit.<br />
Ergänzungsunterricht –<br />
Interessen geleitetes Lernen mit Freude<br />
und ohne Druck<br />
Die Hinwendung zu den einzelnen Schülerinnen und Schülern<br />
durch individualisierte Lernangebote gehörte schon immer zum<br />
Selbstverständnis unserer <strong>Schulen</strong>.<br />
Mit der Erhöhung der Stundentafeln durch das neue<br />
Schulgesetz in NRW (2006) bot sich uns die Möglichkeit, diesen<br />
wichtigen Grundsatz konzeptionell noch verbindlicher zu verankern.<br />
Der Realschule und dem Gymnasium sind nämlich bis zu<br />
zehn Unterrichtsstunden (verteilt auf fünf Schuljahre) als sogenannte<br />
Ergänzungsstunden zugesprochen worden.<br />
Unsere <strong>Schulen</strong> haben sich entschieden, mehr als die Hälfte<br />
dieser Stunden nicht einfach den Fächern zuzuschlagen<br />
(sprich: Französisch vierstündig statt dreistündig), sondern sie im<br />
Sinne einer individuellen Förderung als Ergänzungsunterricht<br />
den Schülern der 6. bis 8. Klassen zugute kommen zu lassen.<br />
Die Ziele des Ergänzungsunterrichts sind folgende:<br />
• das selbstständige und individualisierte Lernen zu fördern<br />
• die Verantwortung für das eigene Lernen und die gegenseitige<br />
Unterstützung durch Schülerinnen und Schüler zu stärken<br />
• Motivation, Interessen, Herausforderungen und eigene Ziele<br />
des Lernens zu entwickeln<br />
• Defizite abzubauen und Stärken auszubauen<br />
• Lerndiagnose und Lernberatung zu verbessern<br />
Die Konzepte des Ergänzungsunterrichts in den Jahrgangsstufen<br />
6/7 und in der Jahrgangsstufe 8 haben jeweils unterschiedliche<br />
Schwerpunkte, die in den folgenden Ausführungen verdeutlicht<br />
werden.<br />
Ergänzungsunterricht in den Jahrgangsstufen 6 und 7<br />
In den Jahrgangsstufen 6 und 7 ist im Stundenplan durchgängig<br />
jeweils eine Doppelstunde Ergänzungsunterricht ausgewiesen,<br />
die für die Schülerinnen und Schüler verbindlich ist. In den Kursen,<br />
die immer für ein Schulhalbjahr angeboten werden, beschäftigen<br />
sich die Schülerinnen und Schüler mit Themen der<br />
Mathematik, Germanistik, Fremdsprachen, Naturwissenschaften<br />
oder der Lernkompetenz.<br />
Schon die Ausschreibungstexte der Kurse lassen erkennen,<br />
dass sich die Angebote deutlich von dem traditionellen Fachunterricht<br />
unterscheiden.<br />
Z.B. ist im Themenbereich Naturwissenschaften der Kurs<br />
„Die Kerze – ein besonderes Forschungsobjekt“ ausgeschrieben.<br />
Am Beispiel der Kerze wird dabei in kleinen fächerübergreifenden<br />
Projekteinheiten in die naturwissenschaftlichen Denk- und<br />
Arbeitsweisen eingeführt, ohne an dieser Stelle bereits nach der<br />
vermeintlichen Leistungsfähigkeit der Schülerschaft zu fragen.<br />
In dem Kurs „Der Weg zu besseren Noten und mehr Freizeit“,<br />
ein Angebot zur Verbesserung der Lernkompetenz, werden<br />
fächerübergreifende Lerntipps und vielfältige Übungsmöglichkeiten<br />
zu selbstständigem und individuellem Lernen vermittelt,<br />
die den eigenverantwortlichen Abbau von Defiziten fördern,<br />
aber auch vorhandene Stärken deutlich werden lassen.<br />
„Fantasy Worlds“ ist ein Angebot der Englischfachschaft,<br />
bei dem sich die Lernenden mit eigenen und fremden Geschichten<br />
und Filmausschnitten beschäftigen.<br />
Das Besondere dieser Art zu lernen zeigt sich auch in der Zusammensetzung<br />
der Kurse. Sie bestehen maximal aus 15 Schülerinnen<br />
und Schülern einer Jahrgangsstufe, die von einer Lehrerin oder<br />
einem Lehrer betreut werden, und werden Klassen und Schulform<br />
übergreifend von Schülerinnen und Schülern der Realschule<br />
und des Gymnasiums gleichermaßen genutzt. Ganz bewusst sind<br />
diese kleinen Jahrgangsgruppen also heterogen gehalten, das<br />
heißt, leistungsstarke Kinder und Jugendliche können auch mit<br />
weniger starken in einer Gruppe vereint sein, wenn sie sich für<br />
ein bestimmtes Fach und Thema interessieren. Selbstverständlich<br />
sind die Lerngruppen auch an der Kurswahl beteiligt.<br />
Bereits am Schülersprechtag finden erste Überlegungen<br />
dazu anhand eines Vorbereitungsbogens statt. Dieser beinhaltet<br />
eine „Bestandsaufnahme“ und die „Prioritätensetzung“ hinsichtlich<br />
der Stärken und Schwächen der Schülerinnen und<br />
Schüler. Die Lehrkräfte fungieren hier als Unterstützer und Be-<br />
7
2 GEMEINSAM LERNEN<br />
rater, und es werden dann gemeinsam Verabredungen zu den<br />
Aspekten „Planung“ und „Umsetzung“ der Lern- und Förderempfehlungen<br />
entwickelt.<br />
Zu Beginn jedes Halbjahres werden zudem in einer Versammlung<br />
die unterschiedlichen Kursangebote detailliert vorgestellt.<br />
Auch die Eltern haben die Möglichkeit, mit ihren Kindern<br />
zu Hause zu überlegen, welches die beste Wahl ist. Die Kursangebote<br />
liegen ihnen dazu schriftlich vor.<br />
Der Ergänzungsunterricht wird nicht benotet. Die Schülerinnen<br />
und Schüler erhalten eine Teilnahmebestätigung auf<br />
ihrem Zeugnis und ein Zertifikat für ihr Portfolio, in dem inhaltliche<br />
und methodische Aspekte sowie individuelle Lernfortschritte<br />
reflektiert und dokumentiert werden.<br />
Ergänzungsunterricht als Projektunterricht in der<br />
8. Jahrgangsstufe<br />
Im Ergänzungsunterricht der 8. Jahrgangsstufe steht der pädagogische<br />
Grundsatz „Stärken fördern“ im Vordergrund. Dadurch<br />
erhoffen wir uns Erfolgserlebnisse für die Schülerinnen und<br />
Schüler, die sich wiederum positiv auf ihre schulische Motivation<br />
und Anstrengungsbereitschaft auswirken könnten, denn daran<br />
mangelt es im Vergleich zu den unteren Klassen in dieser Altersstufe<br />
häufig. Die Umsetzung erfolgt über Projektarbeit, die lernpsychologisch<br />
bei einem lebensnahen Gegenstand oder einem<br />
realistischen Sachverhalt ansetzt.<br />
Konkret bedeutet dieses, dass die Jugendlichen in dieser<br />
Jahrgangsstufe ein Projekt auswählen, das ihnen besonders liegt<br />
und sich vom traditionellen Unterricht noch deutlicher abhebt<br />
als die Themen des Ergänzungsunterrichts in der 6. und 7. Jahrgangsstufe.<br />
In Einzel- oder Gruppenarbeit können die Achtklässler<br />
Projekte aus folgenden Arbeits- und Lernbereichen wählen:<br />
(kleine) Forschungsprojekte in den Naturwissenschaften,<br />
Geschichte oder Sozialwissenschaften, Erstellen von Kunstwerken,<br />
Textilarbeiten, praktisches und künstlerisches Arbeiten mit<br />
Metall, Holz oder Stein, Hörbuch-, Video- und Theaterprojekte,<br />
Erkundungen und Engagement im sozialen und diakonischen<br />
Bereich etc.. Kolleginnen und Kollegen oder externe Fachleute<br />
betreuen diese Projekte als Lernbegleiter.<br />
Folgender organisatorischer Rahmen liegt dem Konzept zugrunde:<br />
Zu Beginn des Schuljahres versammeln sich die Achtklässler zu<br />
einem „Speed Dating“ und haben die Möglichkeit, die Vielzahl<br />
der angebotenen Projektideen und die Projektleiter kennen zu<br />
lernen. Mit ihnen werden dann auch eigene Projektideen besprochen<br />
und aufgenommen.<br />
Im Stundenplan ist ein Nachmittagsblock vorgesehen, an<br />
dem die Jugendlichen, je nach Arbeitsvorhaben, in der Schule<br />
oder an anderen Lernorten an dem Projekt arbeiten. Wichtig ist,<br />
dass sie möglichst selbstständig arbeiten und ihre Arbeit sinnvoll<br />
dokumentieren (zunächst in einem Arbeitstagebuch) und abschließend<br />
präsentieren.<br />
Die Präsentation findet auf dem „Markt der Möglichkeiten“<br />
statt, einer Nachmittagsveranstaltung in lockerer Atmosphäre,<br />
zu der auch die Eltern, die Parallelklassen und die Siebtklässler<br />
eingeladen werden, um bei einem kleinen Imbiss die<br />
Ergebnisse zu bestaunen und auch eine Entscheidungshilfe für<br />
spätere Projektwahlen zu haben.<br />
Nach Abschluss des Projekts erhalten die Schülerinnen und Schüler<br />
eine detaillierte Rückmeldung (auch in Form eines schriftlichen<br />
Gutachtens) durch die betreuenden Projektleiter. Auf dem<br />
Zeugnis erhalten die Jugendlichen bewusst keine Schulnote, sondern<br />
einen „qualitativen“ Vermerk, der ausdrückt, mit wie viel<br />
Engagement sie sich mit ihrem Projekt auseinandergesetzt haben.<br />
Der Ergänzungsunterricht aller Jahrgangsstufen ist in der<br />
Regel bei den Schülerinnen und Schülern beliebt, da er die Möglichkeit<br />
bietet, sich ohne Leistungsdruck auszuprobieren, freier<br />
und selbstständiger arbeiten zu können und einen anderen<br />
Zugang zu schulischem Lernen zu erfahren.<br />
Eine kursinterne Evaluation findet am Ende eines jeden<br />
Kurses statt, indem der persönliche Lernerfolg der Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer und ihre Einschätzung des Kurs- oder Projektangebots<br />
reflektiert werden. Die Umsetzung und Wirkung<br />
des Ergänzungsunterrichts wird zudem durch regelmäßige<br />
Abbildung: Physikalisches Wissen und handwerkliches<br />
Geschick verwandeln Blech in Impulsboote<br />
Abbildung oben: Mit den selbstgemachten Kickern werden<br />
gemeinsam Turniere ausgetragen<br />
8
2 GEMEINSAM LERNEN<br />
Dienstbesprechungen, die mit allen Kurs- und Projektleitern<br />
durchgeführt werden, überprüft.<br />
Am Ende dieses Schuljahres können wir auf eine dreijährige<br />
Erfahrung mit dem Ergänzungsunterricht zurückblicken.<br />
Deshalb ist auch eine Evaluation des Gesamtkonzeptes in Vorbereitung<br />
und wird im kommenden Schuljahr stattfinden.<br />
Diakonisches Lernen und<br />
Handeln<br />
An unseren <strong>Schulen</strong> gibt es verschiedene Projekte und Praktika,<br />
in denen individuelles Lernen und Handeln in diakonischer Perspektive<br />
gefördert wird. Diese Projekte sind in verschiedenen<br />
Phasen der Schullaufbahn eingebettet und finden in unterschiedlichen<br />
Arbeitsfeldern statt. Aus diesen sich aufeinander<br />
beziehenden Modulen ergibt sich ein Gesamtkonzept individuellen<br />
diakonischen Lernens, welches verbindlicher Bestandteil<br />
der Schullaufbahnen der Schülerinnen und Schüler der Realschule<br />
und des Gymnasiums sowie des Gemeinsamen Unterrichts ist.<br />
Im Einzelnen gliedert sich dieses Gesamtkonzept in folgende<br />
Projekte, die jeweils im schulischen Kontext vorbereitet, begleitet<br />
und evaluiert werden:<br />
Jahrgangsstufe 5: Nachdem die Schülerinnen und Schüler sich<br />
in ihrer neuen Schulumgebung eingelebt haben, findet zu Beginn<br />
des zweiten Halbjahres eine „Bethelerkundung“ statt.<br />
Selbstständig und eigenverantwortlich erkunden die Schülerinnen<br />
und Schüler den Stadtteil Bethel mit seinen vielfältigen<br />
Einrichtungen und Angeboten. In der gemeinsamen Präsentation<br />
gewinnen die Schülerinnen und Schüler einen ersten Eindruck<br />
der Heterogenität des Stadtteils. Sie lernen verschiedene<br />
Wohnformen, Arbeitsmöglichkeiten, Schul- und Freizeitangebote,<br />
Krankenhäuser, Beratungsangebote für Menschen mit Einschränkungen<br />
kennen. Dabei wird deutlich, dass der eigene<br />
Schulstandort in einem Ortsteil eingebunden ist, der durch den<br />
Gedanken der Inklusion getragen wird.<br />
Jahrgangsstufe 7: An einem Projekttag unter der Überschrift<br />
„menschlich.bethel – Leben mit einer Behinderung“ kommen<br />
die Jugendlichen ins Gespräch mit Menschen, die auf Grund<br />
ihrer Einschränkung in Bethel leben und/oder arbeiten. Nach<br />
einer Vorbereitungszeit haben die Schülerinnen und Schüler die<br />
Möglichkeit, mit diesen Experten über ihre Fragen und Vorstellungen<br />
zum Leben mit einer Behinderung ins Gespräch zu kommen.<br />
Jahrgangsstufe 9: Während die Realschülerinnen und Realschüler<br />
in dieser Jahrgangsstufe ein dreiwöchiges Berufspraktikum<br />
absolvieren, hospitieren die Gymnasialschülerinnen und<br />
-schüler an drei Tagen in den verschiedenen Werkstätten<br />
Bethels. Entsprechend ihrer individuellen Interessen und Fähigkeiten<br />
arbeiten die Jugendlichen in den verschiedenen Produktionsabläufen<br />
der technisch-handwerklichen Betriebe oder im<br />
Dienstleistungssektor mit. Dabei lernen sie die Fähigkeiten und<br />
Stärken der Menschen mit Behinderungen kennen und kommen<br />
mit ihnen in einen intensiven Kontakt. An einem Auswertungstag<br />
haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, ihre<br />
Erfahrungen zu reflektieren.<br />
Einführungsphase der Oberstufe: In diesem Schuljahr verlassen<br />
die Oberstufenschülerinnen und -schüler für drei Wochen<br />
den Schulalltag, um in einer sozialen Einrichtung zu arbeiten.<br />
Nach ihren persönlichen Kompetenzen und Interessen suchen<br />
sich die Schülerinnen und Schüler einen Praktikumsplatz, an<br />
dem sie eigenverantwortlich im sozialen Bereich tätig werden.<br />
In den verschiedenen Praxisfeldern werden die Schülerinnen<br />
und Schüler mit einer für sie zumeist fremden Lebenssituation<br />
konfrontiert. In dieser Herausforderung stärken die Schülerinnen<br />
und Schüler ihre individuellen Fähigkeiten im Umgang mit<br />
Menschen. Dabei lernen sie einerseits die Notwendigkeit und<br />
andererseits die Grenzen diakonischen Handelns zu erkennen.<br />
1. Jahr Qualifikationsphase: In der Qualifikationsphase wird<br />
parallel zum Zusatzkurs Sozialwissenschaft ein Grundkurs Diakonie<br />
angeboten. Dieser führt die bisher gewonnenen Erfahrungen und<br />
Erkenntnisse aus dem diakonischen Bereich weiter. Der besondere<br />
Standort Bethel ermöglicht in diesem Kurs vielfältige Kooperationsmöglichkeiten<br />
mit den Einrichtungen und Bildungs- angeboten<br />
der v.<strong>Bodelschwingh</strong>schen Stiftungen. Dabei soll die gegenseitige<br />
Beziehung zwischen sozialer Verantwortung und persönlichen<br />
Interessen weiterentwickelt werden, so dass dieses Lernangebot<br />
zusätzlich einen Beitrag zur Berufsorientierung leistet.<br />
Lions-Quest<br />
„Erwachsen werden“<br />
Lernen in Würde kann nur realisiert werden, wenn sich die Schülerinnen<br />
und Schüler mit Respekt, gegenseitiger Achtung, Toleranz<br />
und Verantwortungsbereitschaft begegnen. Da nicht jede<br />
Schülerin/jeder Schüler die Voraussetzungen dazu mitbringt,<br />
Abbildung: Gemeinsam sind wir stark<br />
9
2 GEMEINSAM LERNEN<br />
müssen sie Gelegenheit haben, sich in diesen Tugenden zu üben.<br />
Dafür haben wir das Lions-Quest-Programm an unseren <strong>Schulen</strong><br />
institutionalisiert.<br />
Lions-Quest „Erwachsen werden“ ist ein Jugendförderprogramm<br />
für 10- bis 15-jährige Mädchen und Jungen. Es wird vorrangig<br />
im Unterricht der Sekundarstufe I vermittelt. Damit Lehrkräfte<br />
das Programm professionell in der Klasse umsetzen können,<br />
werden sie von speziell ausgebildeten Trainerinnen und<br />
Trainern in verschiedenen Seminaren praxisorientiert geschult,<br />
begleitet und fortgebildet. Organisiert und betreut wird das<br />
Programm vom Hilfswerk der Deutschen Lions e. V. (HDL).<br />
Das Programm wird von den Autoren folgendermaßen<br />
beschrieben: “Im Mittelpunkt des Unterrichts mit „Erwachsen<br />
werden“ steht die planvolle Förderung der sozialen Kompetenzen<br />
von Schülerinnen und Schülern. Diese werden nachhaltig<br />
dabei unterstützt, ihr Selbstvertrauen und ihre kommunikativen<br />
Fähigkeiten zu stärken, Kontakte und positive Beziehungen<br />
aufzubauen und zu pflegen, Konflikt- und Risikosituationen in<br />
ihrem Alltag angemessen zu begegnen und konstruktive Lösungen<br />
für Probleme, die gerade die Pubertät gehäuft mit sich<br />
bringt, zu finden. Gleichzeitig möchte der Unterricht mit diesem<br />
Programm jungen Menschen Orientierung beim Aufbau eines<br />
eigenen, sozial eingebundenen Wertesystems anbieten. Damit<br />
ordnet sich das Konzept von Lions-Quest „Erwachsen werden“<br />
in den Ansatz der Life-Skills-Erziehung (Lebenskompetenz-Erziehung)<br />
ein, dem von der aktuellen Forschung die größten Erfolgsaussichten<br />
bei der Prävention (selbst-) zerstörerischer Verhaltensweisen<br />
(Sucht- und Drogenabhängigkeit, Gewaltbereitschaft,<br />
Suizidgefährdung) zugesprochen werden. Die Eltern<br />
werden in vielfältiger Weise in die Arbeit ihrer Kinder mit dem<br />
Programm aktiv einbezogen“ (aus http://www.lions-quest.de/<br />
lions-quest-im-ueberblick/was-ist-lions-quest.html).<br />
Das Programm wurde im Schuljahr 2002/2003 an den Fr.-v.<br />
<strong>Bodelschwingh</strong>-<strong>Schulen</strong> Bethel eingeführt und ist seitdem fester<br />
Bestandteil der pädagogischen Arbeit. Die Umsetzung erfolgt<br />
schwerpunktmäßig in den Jahrgängen 5-7 und ist in den Schuljahresplan<br />
integriert. In regelmäßig stattfindenden 90-Minuten-<br />
Blöcken erhalten die Schülerinnen und Schüler Gelegenheit, sich<br />
z.B. im Rahmen der Themenblöcke „Meine Klasse“, „Mit Gefühlen<br />
umgehen“ oder „Ich weiß, was ich will“ intensiv mit eigenen<br />
Wahrnehmungen, Gefühlen und Einstellungen sowie mit denen<br />
Anderer auseinanderzusetzen. Angeleitet und unterstützt werden<br />
sie dabei von einem Lehrerteam, bestehend aus einer/einem<br />
geschulten Lions-Quest Lehrerin oder Lehrer und einer weiteren<br />
in ihrer Klasse eingesetzten Lehrkraft. Diese Doppelbesetzung<br />
(soweit möglich bestehend aus einer männlichen und einer<br />
weiblichen Person) ermöglicht unter anderem die Auflösung des<br />
Klassenverbandes in geschlechtshomogene Gruppen, die für<br />
einzelne Themenbereiche, vor allem in der von Veränderungen<br />
geprägten Zeit der Pubertät, sinnvoll erscheint.<br />
Die Schülerinnen und Schüler dokumentieren die Ergebnisse<br />
der Quest-Einheiten in einer dafür vorgesehenen Mappe, so<br />
dass bei Bedarf darauf zurückgegriffen werden kann. Zudem<br />
werden die durchgeführten Themen gesondert im Klassenbuch<br />
und in einem pro Klasse angelegten jahrgangsübergreifenden<br />
Ordner festgehalten, auf den alle Kolleginnen und Kollegen<br />
Zugriff haben.<br />
Die Umsetzung und Wirkung des Konzepts wird in regelmäßig<br />
stattfindenden Dienstbesprechungen der Lions-Quest<br />
Lehrerinnen und Lehrer evaluiert und diskutiert. Hier, sowie in<br />
einer unter Schülerinnen und Schülern durchgeführten Befragung<br />
zeigt sich, dass das Programm sehr positiv bewertet und<br />
als bedeutender Bestandteil der pädagogischen Arbeit geschätzt<br />
wird. Für die Zukunft sind weitere Evaluationen sowie die Erweiterung<br />
des Konzeptes für die Jahrgänge 8-9 geplant.<br />
Abbildung: Lions-Quest: Vertrauen schaffen<br />
10
3 BERATEN<br />
Schülersprechtag<br />
Auf dem halbjahrlich stattfindenden Schü lersprechtag werden<br />
verbindliche Vereinbarungen in Absprache mit der Klassenlehrerin/dem<br />
Klassenlehrer zur Verbesserung der eigenen Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten getroffen. Zudem gibt es Hinweise für Förderund<br />
Fordermaßnahmen. Am Ende des Gesprächs wird die Erfolgsbilanz<br />
meiner Fähigkeiten und Fertigkeiten (siehe auch<br />
Kapitel 4 – Schülerportfolio) von beiden Seiten unterschrieben,<br />
wodurch sich sowohl die Schülerinnen und Schüler als auch die<br />
Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer dazu verpflichten, zum<br />
Erreichen der vereinbarten Ziele beizutragen. Entscheidend für<br />
die schrittweise Verbesserung der Fähigkeiten und Kompetenzen<br />
der Schülerinnen und Schüler ist jedoch, dass sie selbstständig<br />
die Verantwortung fü r ihren Werdegang und ihr Lernen in<br />
die Hand nehmen und gründlich und sorgfältig mit dem Portfolio<br />
arbeiten. Dazu können sie jederzeit auf die Hilfe und<br />
Unterstü tzung ihrer Lehrerinnen und Lehrer und ihrer Schule<br />
zählen. Auf diese Weise legen sie den Grundstein für ihren<br />
schulischen und späteren beruflichen Erfolg.<br />
Individuelle Lernberatung<br />
Seit 2004 besteht an unseren <strong>Schulen</strong> für alle Schülerinnen und<br />
Schüler das Angebot der individuellen Lernberatung. Das heißt<br />
konkret, dass es die Möglichkeit gibt, unterstützt durch Einzelgespräche<br />
mit einer geschulten Beratungslehrerin, gezielt an<br />
dem persönlichen Lern- und Leistungsverhalten zu arbeiten.<br />
Beratungsanlässe ergeben sich überwiegend bei folgenden<br />
Problemlagen:<br />
• akute Leistungsprobleme, Leistungsdruck sowie<br />
tendenzieller Leistungsabfall<br />
• Leistungs- und Prüfungsängste<br />
• ständiges Unwohlsein und unspezifische<br />
Krankheitssymptome ausschließlich während der Schulzeit<br />
• mangelnde Schulmotivation<br />
• mangelnde Arbeitshaltung und unzulängliche<br />
Aufgabenbewältigung in der Schule und bei Hausaufgaben<br />
• Konzentrationsschwäche<br />
• zu geringe Unterrichtsbeteiligung und mündliche Mitarbeit<br />
• Unterrichtsstörungen<br />
• AD(H)S-Problematik<br />
• unstrukturierte Lebensführung<br />
• Konflikte zwischen den am Schulleben beteiligten Personen<br />
• Mobbing unter Schülerinnen und Schülern<br />
In der Regel erhalten die Schülerinnen und Schüler den Anstoß<br />
für eine Lernberatung durch ihre Lehrerinnen und Lehrer oder<br />
durch ihre Eltern. Diese informieren zudem in Vorgesprächen<br />
die Beratungslehrerin über wichtige Hintergründe des Beratungsanlasses.<br />
Die Teilnahme am Beratungsgespräch ist freiwillig,<br />
also nur mit Zustimmung der Betroffenen möglich, und wird<br />
vertraulich behandelt. Die einzelnen Beratungsgespräche finden<br />
in der Regel zwischen den Schülerinnen und Schülern und der<br />
Beratungslehrerin statt. Punktuell können das Lehrerkollegium<br />
oder die Eltern in Gespräche mit einbezogen werden.<br />
Bei dem ausführlichen Erstgespräch werden sowohl eine<br />
differenzierte Analyse der Problemlage aus Sicht der Betroffenen<br />
erstellt als auch Vorlieben und Stärken herausgefiltert.<br />
Dabei soll deutlich werden, dass wir nicht nur Defizitfahndung<br />
betreiben, sondern uns auch auf Schatzsuche begeben, um<br />
mit den Stärken an den Schwächen zu arbeiten.<br />
Insgesamt findet der Beratungsprozess in einer empathischen,<br />
wertschätzenden Atmosphäre statt, in der die Betroffenen<br />
lernen, durch eine vertiefende Auseinandersetzung mit<br />
ihrem Problem Einstellungen und Verhaltensweisen wahrzunehmen<br />
und zu überdenken. Mit Hilfe von gezielten Lernhilfen und<br />
realistischen Zielvereinbarungen entwickeln sie Motivation,<br />
Eigenverantwortung und Lerntechniken zur Veränderung ihrer<br />
Problemlage.<br />
Ein mangelndes intellektuelles Potential ist sehr selten<br />
Hintergrund der Lernprobleme. Die Lernberatung erstreckt sich<br />
Abbildung oben: Schülersprechtag Erfolgsbilanz<br />
11
3 BERATEN<br />
normalerweise über mehrere Gesprächstermine. Sie wird im<br />
zweiten Schulhalbjahr vermehrt in Anspruch genommen, sehr<br />
häufig mit Erfolg.<br />
Psychosoziale Beratung<br />
In einem Kooperationsprojekt zwischen der „Beratungsstelle für<br />
Kinder, Jugendliche und Eltern“ in Bethel und der Schule kommen<br />
geschulte Beraterinnen zu wöchentlichen Sprechstunden in<br />
unsere <strong>Schulen</strong> (Sekundarstufe I und II). Dadurch kann bei aktuellen<br />
Problemen schnell und unbürokratisch geholfen werden.<br />
Für längere Beratungsprozesse werden zudem Wege und Möglichkeiten<br />
aufgezeigt oder direkt Kontakte zu anderen Beratungsstellen<br />
hergestellt. Das Angebot richtet sich an Schülerinnen<br />
und Schüler aller Schulformen.<br />
Suchtprophylaxe<br />
Für die Suchtprophylaxe gibt es an unseren <strong>Schulen</strong> eine Kollegin,<br />
die Ansprechpartnerin für die Kinder und Jugendlichen,<br />
aber auch deren Eltern und für das Kollegium ist. Da wir einen<br />
ganzheitlichen Ansatz vertreten, erstreckt sich ihr Aufgabenbereich<br />
von der Drogen- und Suchtprävention über Einzelgespräche<br />
mit Betroffenen bis hin zur Koordination von zahlreichen<br />
Programmen und Projekten zu unterschiedlichen Themenbereichen<br />
der Gesundheitsförderung und Persönlichkeitsstärkung.<br />
Diese werden möglichst nicht isoliert vom Schulalltag angeboten,<br />
sondern in den Gesamtzusammenhang unseres Schullebens<br />
eingebettet.<br />
Folgende Projekte stehen bei uns z.B. im Zusammenhang mit<br />
Suchtprophylaxe:<br />
• die sexualpädagogischen Projekte<br />
der 6. und 9. Klassen<br />
• das Theaterprojekt „Natürlich bin ich stark“<br />
für die 7. Klassen<br />
• das Anti-Mobbing-Theaterprojekt „Du stinkst“<br />
für die 6. und 7. Klassen<br />
• das unterrichtsbegleitende Projekt „Bauchgefühl – keine Lust<br />
auf Körperkult und Schlankheitswahn“ für alle Altersstufen<br />
• das Lions Quest-Programm (beschrieben im Kapitel<br />
„Gemeinsam lernen“)<br />
Darüber hinaus wird sichergestellt, dass Suchtprophylaxe kontinuierlich<br />
im Curriculum verschiedener Fächer verankert ist, da<br />
sich das Thema durch die ganze Schulzeit ziehen muss.<br />
Studien- und Berufsorientierung<br />
Das Förderkonzept der Studien- und Berufswahlorientierung an<br />
unseren <strong>Schulen</strong> zielt ab auf Konkretisierung unserer Wertüberzeugung<br />
im Feld von Ausbildung und Studium. Es strebt nach<br />
individueller Orientierung.<br />
1. Die Angebote der Studien- und Berufsorientierung sind<br />
subjektorientiert und gleichwertig.<br />
Die Angebote der Studien- und Berufsorientierung orientieren<br />
sich an dem abhängig von seinem Lebens- und Entwicklungsalter<br />
selbstverantwortlichen jungen Menschen (Subjektorientierung).<br />
Die Angebote sind gleichwertige Angebote für sehr verschiedene<br />
junge Menschen, mit unterschiedlichen Bedürfnissen,<br />
Interessen und Fähigkeiten. Auf die unreflektierte Übernahme<br />
verzichtbarer gesellschaftlicher Voraussetzungen bei der Berufsund<br />
Studienwahl soll zugunsten der Subjektorientierung verzichtet<br />
werden (z.B. Genderneutralität).<br />
So sind die Ziele Ausbildung oder weiterer Schulbesuch<br />
(Studium) gleichrangig. Es gibt keinen Königsweg, auch wenn<br />
das in der Gesellschaft oftmals anders gesehen wird und zum<br />
Beispiel unsere Realschüler Selbstbewusstsein benötigen, um ihr<br />
Ziel Ausbildung offensiv gegenüber den gymnasial orientierten<br />
Mitschülern oder den in der Nebenklasse unterrichteten Gymnasiasten<br />
unserer Verbundschule zu vertreten.<br />
Hierzu gehört auch das Ziel einer realistischen Einschätzung<br />
der eigenen Fähigkeiten, der eigenen Eignung.<br />
2. Die Studien- und Berufsorientierung ist lernfähig.<br />
Die Konzeptstruktur ist ausgerichtet an der Offenheit für neue<br />
Erkenntnisse, Anforderungen und Entwicklungen. Sorgen, Ängste,<br />
Ressourcen, Wünsche und Hoffnungen der Schülerinnen<br />
und Schüler bestimmen ebenso die Ausgestaltung und regen die<br />
Weiterentwicklung unserer Angebote an. Studien- und Berufsorientierung<br />
verstehen sich als lebendige Begleitung junger<br />
Menschen in einer rapide sich verändernden Umwelt.<br />
Die Weiterentwicklung wird mithin nicht erst als Anpassungsinstrument<br />
zur Krisenbewältigung aktiviert. Sie ist vielmehr<br />
auf Dauer gestellt und damit auch Ausdruck unserer Überzeugung,<br />
dass es kein fixierbares Rezeptwissen gibt und nur alle<br />
Beteiligten gemeinsam das Ziel erreichen können.<br />
So hatte die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler der<br />
Sekundarstufe I im Rahmen einer Evaluation der Zufriedenheit<br />
mit dem Instrument des Berufswahlpasses festgestellt, dass sie<br />
zwar die Zielsetzung des Passes gut fänden, dass aber zu selten<br />
in der Schule mit dem Pass gearbeitet werde. Die Schule reagiert<br />
auf dieses Ergebnis der Evaluation mit der Einführung einer von<br />
dem Koordinator für Fragen der Studien- und Berufsorientierung<br />
durchgeführten so genannten StuBO-Stunde, in der die<br />
Beschäftigung mit dem Pass einen Schwerpunkt bilden wird.<br />
12
3 BERATEN<br />
Zugleich hatten Schülerinnen und Schüler der Oberstufe die<br />
Veranstaltungen der Akademischen Berufsberatung als zu allgemein<br />
beurteilt und ein verstärktes Eingehen auf individuelle<br />
Wünsche erbeten. Die Schule reagiert mit einer niedrigschwelligen,<br />
da in der Schule stattfindenden, persönlichen Kurzberatung<br />
unter vier Augen für den 12. Jahrgang, die zwischen dem<br />
allgemeinen Informationsangebot und der in der Arbeitsagentur<br />
stattfindenden Beratung ergänzend vermittelt.<br />
3. Die Studien- und Berufsorientierung informiert und<br />
orientiert.<br />
Die Individualisierungsschübe der letzten Jahrzehnte führen<br />
zum Teil zu großer Verunsicherung bei jungen Menschen. Unser<br />
Anliegen ist es, sowohl Phänomenen der Überforderung als<br />
auch des rigiden Sich-Festlegens, der Auslieferung an den Zufall<br />
oder der Gestaltung eines „Endlos-Moratoriums“ orientierend<br />
und informierend zu begegnen.<br />
Studien- und Berufsorientierung erfüllt auch den Zweck<br />
der Persönlichkeits- und der Allgemeinbildung (über den Einblick<br />
z.B. in soziale Berufe im Rahmen des Sozialpraktikums der<br />
11. Jahrgangsstufe). Wir lehnen eine Studien- und Berufsorientierung<br />
ab, die die Arbeitsmarktorientierung in den Vordergrund<br />
stellt.<br />
Informations- und Orientierungsveranstaltungen am schulischen<br />
Lernort (z.B. ein zweitägiges Kompetenzfeststellungsverfahren<br />
in der 9. Klasse der Realschule, ein dreitägiges Orientierungsprogramm<br />
der Gildenhaus GmbH für die Schülerinnen und<br />
Schüler der 11. Jahrgangstufe oder das sehr realistische Bewerbungstraining<br />
mit unserem Kooperationspartner aus der Wirtschaft)<br />
und außerhalb der Schule (z.B. verschiedene Praktika,<br />
Besuche des Berufsinformationszentrums BIZ, des Handwerksbildungszentrums,<br />
von FH oder Uni) finden differenziert nach<br />
Berufsfeldern, Studienrichtungen und sonstigen Anlässen (etwa<br />
Informationen zum Betheljahr oder dem Programm „Weltwärts“,<br />
bei dem Jugendliche in Südamerika oder Asien einen<br />
einjährigen Freiwilligendienst ableisten) statt.<br />
Weitere Informationsangebote bieten die Berufsberaterin<br />
in ihrer Sprechstunde für die Sekundarstufe I und die Sprechstunde<br />
des StuBO in der Sekundarstufe II, ergänzt durch das<br />
StuBO-Tagebuch (vgl. http://stubotagebuch.blogspot.com/).<br />
Abbildung oben: Beispiel für ein Zertifikat:<br />
Studien- und Berufsorientierung<br />
13
4 LERNEN BEGLEITEN<br />
Verlässliche Schule – S’Cool<br />
Überzeugt von der Idee „Lernen im Ganztag“ und aus der Überlegung,<br />
dass für Kinder berufstätiger Eltern eine zuverlässige<br />
Betreuung auch am Nachmittag gewährleistet sein muss, ist die<br />
Verlässliche Schule entstanden.<br />
Sie wurde im Jahr 2003 als offenes Ganztagsangebot eröffnet<br />
und wird seit Beginn in jedem Schuljahr von rund 100<br />
Kindern zumeist der 5. und 6. Klassen besucht.<br />
Da die Verlässliche Schule zu einem großen Anteil vom<br />
Schulträger finanziert werden muss – die staatlichen Fördergelder<br />
für offene Ganztagsschulen wurden überwiegend an staatliche<br />
Gesamt-, Grund- und Hauptschulen vergeben –, müssen<br />
die Eltern einen finanziellen Beitrag leisten. Die Öffnungszeiten<br />
sind täglich von 12.00 bis 16.30 Uhr. In der angrenzenden Mensa<br />
wird jeden Tag ein Mittagessen für die gesamte Schulgemeinde<br />
angeboten.<br />
Das Aufgabenfeld der Verlässlichen Schule, die eigene<br />
Räumlichkeiten zur Verfügung hat, umfasst die Aufsicht und<br />
Begleitung der Kinder, die Hausaufgabenbetreuung und freizeitpädagogische<br />
Angebote. Neben einer Sozialpädagogin und<br />
einem Erzieher als hauptamtliche Mitarbeiter werden die Kinder<br />
von angehenden Erzieherinnen und Erziehern unseres Berufskollegs<br />
begleitet, die dort Praxiserfahrungen sammeln und dabei<br />
ein kleines Honorar verdienen können. Lernpaten aus den<br />
9. und 10. Klassen unserer <strong>Schulen</strong> unterstützen sie zusätzlich.<br />
Die Freizeitangebote der Verlässlichen Schule werden<br />
durch Bildungsangebote unserer Kindervolkshochschule S’Cool<br />
ergänzt. Die S’Cool-Angebote können von allen Schülerinnen<br />
und Schülern der Sekundarstufe I genutzt werden. Für die Kinder<br />
der Verlässlichen Schule sind sie kostenfrei, von den anderen<br />
wird ein kleiner Beitrag erhoben.<br />
S’Cool bietet im halbjährlichen Turnus z.B. Kurse zu Fremdsprachen<br />
(Chinesisch, Italienisch), zu ungewöhnlichen Sportarten<br />
(Crossgolf, American Football, Baseball) oder zu Berufen (Tierarzt,<br />
Tierpfleger, Goldschmied, Modellbauer) an. Auch lebenspraktische<br />
Angebote wie z.B. 10 Finger-Schreibtraining, Konzentrations-<br />
und Gedächtnistraining, Rhetoriktraining oder Antiaggressionstraining<br />
findet man bei S’Cool. Die Kurse werden<br />
überwiegend von außerschulischen Honorarkräften geleitet.<br />
Die Rückmeldungen zu unseren Ganztagsangeboten sind<br />
durchweg positiv und bestärken viele Eltern darin, ihre Kinder<br />
an den <strong>Friedrich</strong>-v.<strong>Bodelschwingh</strong>-<strong>Schulen</strong> anzumelden.<br />
Mit der Einführung des Gebundenen Ganztags zu Beginn<br />
des Schuljahrs 2010/2011 werden wir die Konzeptionen dieser<br />
beiden Ganztagsangebote an die Neuerungen angleichen.<br />
Lernpaten<br />
Seit Beginn unserer Nachmittagsbetreuung, der Verlässlichen<br />
Schule (VS), haben wir immer auch eine Möglichkeit zum begleiteten<br />
Hausaufgabenanfertigen angeboten. An jedem Wochentag<br />
stehen den in der VS angemeldeten Schülerinnen und Schülern<br />
– je nach Bedarf – 2 bis 4 Lernpaten aus der Klasse 9 (und<br />
manchmal auch 10) zur Verfügung, die sie unterstützen,<br />
falls Probleme und Fragen bei den Hausaufgaben auftauchen.<br />
Die älteren Schülerinnen und Schüler – genannt „Lernpaten“<br />
– werden von ihren Fachlehrerinnen und Fachlehrern<br />
Ende des achten Jahrgangs vorgeschlagen auf Grund ihrer<br />
Leistungen, aber insbesondere wegen ihrer Verlässlichkeit und<br />
pädagogischen/menschlichen Eignung. Dieses Konzept hat sich<br />
bewährt, da die Schülerinnen und Schüler es zu Recht als Ehre<br />
auffassen, ausgewählt zu werden. Eine weitere Motivation,<br />
sich bis zu einem Jahr lang jede Woche für andere eine Stunde<br />
einzusetzen, ist wohl auch die Urkunde, die sie dafür für ihr<br />
Portfolio erhalten, vielleicht auch, dass ihnen für diesen Tag das<br />
Schulmittagessen spendiert wird.<br />
Die Kinder, die in der VS bei den Hausaufgaben betreut<br />
werden, kommen aus allen unseren Schulformen – Gymnasium,<br />
Realschule, Gemeinsamer Unterricht – und werden inklusiv betreut<br />
(momentan sind es zwei Kinder), es sei denn, sie haben<br />
eine solche Behinderung, dass ein/e Integrationshelfer/in dabei<br />
sein muss (momentan ist das ein Mädchen). Dann bemühen wir<br />
uns um integrative Begleitung.<br />
Die Kinder und ihre Eltern können wählen, ob sie die<br />
Hausaufgaben komplett in der VS anfertigen, ob sie sie nur zum<br />
Teil dort und den Rest zu Hause machen oder ob sie nur an den<br />
anderen Angeboten der VS teilnehmen und die Hausaufgaben<br />
ganz zu Hause machen. Zudem können sie auch selbst entscheiden,<br />
ob sie Lernpatenbegleitung wünschen oder nicht. Dies wird<br />
von den Eltern schriftlich für jedes halbe Jahr festgelegt. Sollte<br />
diese Regelung einmal für die Familie nicht passen, genügt ein<br />
Anruf und das Kind kann in der Woche einmal z.B. an einem<br />
Kindergeburtstag teilnehmen. So versuchen wir individuellen<br />
Bedürfnissen gerecht zu werden.<br />
Die Lernpaten haben die Aufgabe, in dem Raum, in dem<br />
sie für die Kinder zuständig sind, für eine freundliche Arbeitsatmosphäre<br />
zu sorgen, Fragen leise zu beantworten, Kinder zum<br />
konzentrierten Arbeiten zu ermuntern und – wenn die Kinder<br />
fertig sind – zu überprüfen, ob alles für den Tag Geplante auch<br />
ordentlich fertig gestellt ist. Sollte einmal die Zeit nicht gereicht<br />
haben, schreiben sie für den Fachlehrer eine Notiz in das Hausaufgabenheft,<br />
dass entweder etwas noch unklar ist oder es zu<br />
viele Hausaufgaben waren. Die Lernpaten sind nicht verpflichtet,<br />
alles auf Richtigkeit zu prüfen, das geschieht bei der Besprechung<br />
der Hausaufgaben im Unterricht. Darüber hinaus hören<br />
sie gelegentlich Vokabeln ab oder Gedichte und ähnliches.<br />
Bei Konflikten der Kinder untereinander schlichten sie; ist das<br />
14
4 LERNEN BEGLEITEN<br />
einmal zu schwierig, können sie sich Hilfe bei den angehenden<br />
Erziehern und der Leitung der VS holen. Dies war bislang aber<br />
nur in Ausnahmefällen nötig.<br />
Wenn die Zeit für die Hausaufgabenbegleitung vorüber<br />
ist, besteht für die Kinder noch die Möglichkeit, angefangene<br />
Aufgaben in Begleitung der Erzieher zu beenden.<br />
Dieses Angebot der VS wird seit Beginn von einer Lehrkraft<br />
begleitet und wird gut angenommen.<br />
Schüler-helfen-Schülern<br />
Seit dem Frühjahr 2008 ist das Programm „Schüler-helfen-<br />
Schülern“ fester Bestandteil unseres Förderkonzepts. Das Modell<br />
findet im halbjährigen Turnus statt und sieht vor, dass geeignete<br />
Tutoren der Klassen 10 bis 13 in enger Absprache mit<br />
den betreffenden Fachlehrerinnen und Fachlehrern zwei bis<br />
drei Schülerinnen und Schüler der Klassen 5 bis 9 für zehn<br />
Zeitstunden pro Halbjahr in den Fächern Deutsch, Mathe, Englisch,<br />
Französisch und Latein fördern. Die Finanzierung des<br />
Programms wird durch die Schule getragen, so dass für die teilnehmenden<br />
Schülerinnen und Schüler bzw. deren Eltern i.d.R.<br />
keine Kosten anfallen.<br />
vom Schulgesetz NRW gefordert werden (§2 Abs. 8 SchulG). Zugleich<br />
stellen die Tutorenprogramme für die Tutoren eine Herausforderung<br />
dar, an der sie in ihrer Eigenverantwortlichkeit,<br />
ihrer fachlichen, aber auch sozialen Kompetenz wachsen können<br />
(vgl. hierzu §2 Abs. 11 SchulG). Nicht zuletzt gelingt es auch, mit<br />
der Verortung des kostenlosen Programms im Raum der Schule<br />
zur Demokratisierung der individuellen Förderung beizutragen,<br />
die klassisch eher dem Bildungsbürgertum vorbehalten ist.<br />
Aus diesen und anderen Gründen ist 2007/2008 das Förderkonzept<br />
Schüler-helfen-Schülern an unserer Schule entwickelt<br />
worden. An der Entwicklung des Konzepts waren vier Kollegen<br />
unserer Schule beteiligt. Die Begleitung und Weiterentwicklung<br />
des Konzepts wird durch einen Koordinator sichergestellt.<br />
Auswahl der zu fördernden Schülerinnen und Schüler:<br />
Der erste Schritt in der Auswahl der Schülerinnen und Schüler<br />
mit Förderbedarf findet im Rahmen der Klassenteamsitzungen<br />
oder Zeugniskonferenzen statt. Hier verständigen sich Klassenleitung<br />
und Fachlehrerinnen und -lehrer über den Förderbedarf<br />
und sprechen ggf. eine Förderempfehlung für das Förderprogramm<br />
Schüler-helfen-Schülern aus. Bei der Auswahl der Schülerinnen<br />
und Schüler wird nicht nur auf den tatsächlichen Förderbedarf<br />
geachtet, sondern ebenso auf den sozio-ökonomischen<br />
Hintergrund sowie die Leistbarkeit durch die Tutoren. Auf<br />
diese Weise ist es möglich bei hoher Nachfrage in bestimmten<br />
Fächern eine sozialverträgliche Auswahl der zu fördernden<br />
Schülerinnen und Schüler zu treffen oder aber bestimmte Schülerinnen<br />
und Schüler, deren Leistungsdefizite zu groß sind, im<br />
Rahmen der Lern- und Laufbahnberatung anders zu fördern bzw.<br />
zu beraten.<br />
Als Rahmen, der sich auf der Basis der zur Verfügung stehenden<br />
Tutoren und finanziellen Ressourcen ergibt, ist vorgesehen,<br />
dass i.d.R. nicht mehr als zwei Fördergruppen á drei Schülerinnen<br />
und Schüler pro Klasse gebildet werden.<br />
Die Förderempfehlung wird den Schülerinnen und Schülern<br />
und Eltern mitgeteilt, die sich dann für oder gegen eine<br />
Teilnahme aussprechen können. Für den Fall, dass sich Schülerinnen<br />
und Schüler oder Eltern gegen die Teilnahme entscheiden,<br />
können ggf. andere Schülerinnen und Schüler nachrücken.<br />
Schülertutorenprogramme wie Schüler-helfen-Schülern haben<br />
zurzeit ihren festen Platz im Bereich der individuellen Förderung.<br />
Diese Tatsache ist unter anderem darin begründet, dass<br />
mit den Tutorenprogrammen zum einen eine individuelle Förderung<br />
lernschwacher Schülerinnen und Schüler bzw. von Schülerinnen<br />
und Schülern mit verzögertem Lerntempo ermöglicht<br />
wird. Somit entsprechen diese Programme den vorbeugenden<br />
Maßnahmen gegen drohendes Leistungsversagen, wie sie z.B.<br />
Auswahl, Betreuung und Schulung der Tutoren:<br />
Um den Charakter „von Schülern für Schüler“ zu bekräftigen,<br />
informieren Mitglieder der Schülervertretung einschließlich des<br />
SV-Lehrers die Schülerinnen und Schüler der Klassen 10-13 über<br />
das Tutorenprogramm. Diese können sich dann – unter Nennung<br />
von Förderfächern und ihrer derzeitigen Fachlehrerinnen<br />
und -lehrer – in Bewerbungslisten eintragen. Diese Listen werden<br />
dem Lehrerkollegium zur Prüfung vorgelegt, so dass fachlich<br />
und menschlich geeignete Tutoren ausgewählt werden<br />
können. Diese empfohlenen Tutoren werden dann den entsprechenden<br />
Schülergruppen zugeordnet. Bevor das Förder-<br />
Abbildung: Schüler-helfen-Schülern<br />
15
4 LERNEN BEGLEITEN<br />
programm startet, findet ein zentrales Treffen zwischen Tutoren<br />
und Fachlehrerinnen und -lehrern statt. Hier können Informationen<br />
und Materialien ausgetauscht werden. Zudem findet im<br />
Vorfeld eine Tutorenschulung statt, wo die Tutoren Fragen klären<br />
können und Tipps zur Planung und Durchführung der Förderstunden<br />
bekommen. Inhaltlich geht es in der Schulung u.a.<br />
um Fragen nach dem Rollenverständnis, zur Motivation/Motivierung,<br />
zur Kommunikation und zum Umgang mit Ängsten<br />
seitens der Schülerinnen und Schüler. Wichtig ist natürlich, dass<br />
die Tutoren regelmäßig in Kontakt mit den Fachlehrerinnen und<br />
-lehrern stehen und sich auch an weitere Ansprechpartner wenden<br />
können.<br />
Finanzierung und Zertifizierung:<br />
Die Teilnahme am Förderprogramm ist kostenlos und wird von<br />
der Schule getragen. Die Tutoren erhalten ein Entgelt von 7,- €<br />
pro Stunde und ein Zertifikat über ihre Tätigkeit.<br />
Akzeptanz, Dokumentation und Auswertung:<br />
Das Förderprogramm findet sehr gute Resonanz in der Elternschaft<br />
(sowohl bei Eltern unserer Schülerinnen und Schüler als<br />
auch denen neu aufzunehmender Schülerinnen und Schüler)<br />
wie auch bei Schülerinnen und Schülern und Tutoren.<br />
Die Tutoren dokumentieren fortwährend ihre Tätigkeit<br />
und werden auch nur auf der Basis dieser Dokumentationen<br />
bezahlt und zertifiziert. Nach Abschluss eines Durchgangs wird<br />
das Förderprogramm durch Fachlehrerinnen und -lehrer, Schülerinnen<br />
und Schüler und in regelmäßigen Abständen auch durch<br />
Tutoren bewertet. Mit Hilfe entsprechender Auswertungsbögen<br />
ist es möglich, das Förderprogramm weiterhin zu optimieren.<br />
Zurzeit wird überlegt, die Evaluation des Förderprogramms mit<br />
dem Schülersprechtag/der Portfolioarbeit zu vernetzen.<br />
Abbildung: Schüler-helfen-Schülern<br />
LRS-Förderkurs<br />
Im Sinne der WHO-Definition (1991) ist das Hauptmerkmal einer<br />
Lese-Rechtschreibschwäche (LRS) eine deutlich beeinträchtigte<br />
Entwicklung der Lese- und Rechtschreibfertigkeiten, die sich<br />
nicht durch eine geistige Behinderung, unzureichenden Unterricht,<br />
Hör- oder Sehstörungen oder neurologische Erkrankungen<br />
erklären lässt. Die Ursachen für Lese-Rechtschreibstörungen sind<br />
vielfältig und meist stehen sie in Wechselwirkung mit anderen<br />
ungünstigen Bedingungen.<br />
In der Regel sollten größere Probleme beim Lese- und<br />
Rechtschreiberwerb bereits in der Grundschule erkannt werden<br />
und eine gezielte Förderung so früh wie möglich einsetzen. Aus<br />
unterschiedlichen Gründen erfolgt dies jedoch oft nicht. Da es<br />
sich bei der LRS um eine Teilleistungsstörung handelt, gehen<br />
trotzdem viele Kinder mit Schwächen in diesem Bereich auf die<br />
Realschule oder das Gymnasium.<br />
Zu Beginn der 5. Klasse fällt den Deutschlehrerinnen und<br />
-lehrern meist schnell auf, welche Kinder eine besondere Unterstützung<br />
beim Lesen/bei der Rechtschreibung brauchen. Da<br />
eine Förderung schnellstmöglich einsetzen sollte, werden die<br />
entsprechenden Kinder nach Rücksprache mit den Eltern für<br />
eine Teilnahme an der Hamburger Schreib-Probe (HSP) vorgeschlagen.<br />
Die HSP ist so konzipiert, dass mit vergleichsweise geringem<br />
Aufwand umfassende Informationen über die individuellen<br />
Lernstände der Schülerinnen und Schüler gewonnen werden.<br />
Durch ihre weitreichende Differenzierung im unteren Leistungsbereich<br />
ist die HSP zur Bestimmung der Förderbedürftigkeit<br />
(sog. LRS-Diagnose) einsetzbar. Darüber hinaus ist sie ein geeignetes<br />
Diagnoseinstrument, um systematisch die Stärken und<br />
Schwächen im Bereich der Rechtschreibung zu ermitteln und<br />
somit den Übungsbedarf zu konkretisieren.<br />
Die Hamburger Schreib-Probe findet an unserer Schule<br />
im November statt, so dass die Auswertungs- und Beratungsgespräche<br />
mit den Schülerinnen/Schülern und Eltern noch vor<br />
Weihnachten durchgeführt werden können. Bei sehr auffälligen<br />
Testergebnissen wird den Eltern empfohlen, sich für weitere<br />
Tests und Beratungen an einen Psychologen zu wenden. Wird<br />
dann eine LRS als Teilleistungsstörung diagnostiziert, kann zum<br />
einen beantragt werden, dass die Benotung der Rechtschreibleitung<br />
für zwei Jahre ausgesetzt wird, und zum anderen erhält das<br />
Kind im Idealfall eine Einzelförderung durch einen Spezialisten.<br />
Viele Kinder können aus Kostengründen jedoch solch eine<br />
Einzelförderung nicht erhalten. Oft sind ihre Eltern nicht in der<br />
Lage, sie zu finanzieren; die Jugendämter sind zunehmend seltener<br />
bereit, die Finanzierung zu übernehmen oder Zuschüsse<br />
zu zahlen.<br />
Unter anderem um dieser sozialen Schieflage entgegen zu<br />
wirken, bietet unsere Schule einen Kurs zur Förderung der Leseund<br />
Rechtschreibleistung an. Er beginnt in der 5. Klasse nach<br />
16
4 LERNEN BEGLEITEN<br />
den Weihnachtsferien, findet wöchentlich über 90 Minuten<br />
statt und geht bis zum Ende der Erprobungsstufe. Der Kurs wird<br />
schulformübergreifend gegeben und umfasst maximal zehn Kinder.<br />
Eine Einzelförderung kann hierdurch nicht ersetzt werden,<br />
aber die Kinder können erfahren, dass sie mit ihren Problemen<br />
nicht alleine gelassen werden, es Kinder mit ähnlichen Schwierigkeiten<br />
gibt und es sich lohnt, Probleme in Angriff zu nehmen.<br />
Insofern kann man zusammenfassend sagen, dass es in<br />
einem LRS-Kurs nicht allein um die Vermittlung von Rechtschreibstrategien<br />
gehen kann. Die Kinder müssen dazu motiviert<br />
werden, sich noch einmal in einem neuen Rahmen auf das Thema<br />
Rechtschreiben und Lesen einzulassen und zu erleben: der<br />
Kurs ist keine Strafe, sondern eine Chance.<br />
Deshalb ist es zu Beginn des Kurses sehr wichtig, ein Gemeinschaftsgefühl<br />
und Klima des gegenseitigen Vertrauens<br />
aufzubauen. Gerade männlichen Gymnasiasten fällt es oft sehr<br />
schwer sich auf diesen Kurs einzulassen, da sie die Empfindung<br />
haben, dass er ihnen ihr Versagen quasi vor Augen führt. Nicht<br />
selten paart sich auch eine LRS mit einer allgemeinen Konzentrationsschwäche,<br />
so dass diese Kinder eine besondere Motivation<br />
brauchen, mit ihren Aufgaben überhaupt anzufangen und<br />
sie möglichst umfassend zu bearbeiten.<br />
Für den Kursablauf sind folgende drei Einheiten zentral:<br />
Zu Beginn jeder Einheit stehen Einstiegs- und Motivationsspiele.<br />
Sie machen Spaß und erleichtern so das Anfangen, lösen (Lern-)<br />
Blockaden und Spannungen und fördern den Kontakt und Zusammenhalt<br />
unter den Kindern.<br />
Die zweite Phase gehört dem gemeinsamen systematischen<br />
Wiederholen und Üben von Lese- und Rechtschreibstrategien.<br />
Hier geht es gerade am Anfang um eine verlangsamte Herangehensweise<br />
an Sprache: Wörter werden in kleine Einheiten<br />
zerlegt, geschwungen, mehrfach geschrieben. Paralleltexte mit<br />
minimalen Abweichungen müssen genau gelesen werden, um<br />
die Unterschiede heraus zu finden. Es wird an einer Verbesserung<br />
des allgemeinen Sprachgefühls der Kinder gearbeitet.<br />
In der dritten Phase bekommen die Schülerinnen und<br />
Schüler Aufgaben, welche gezielt auf ihre individuellen Problembereiche<br />
ausgerichtet sind. Hier kann z.B. auf die Ergebnisse<br />
der Hamburger Schreib-Probe oder die letzte Lernerfolgskontrolle<br />
zurückgegriffen werden.<br />
Einen hohen Stellenwert haben regelmäßige Lernerfolgskontrollen,<br />
da sie vor allem dem Zweck dienen, den Kindern<br />
ihre erzielten Fortschritte vor Augen zu führen. Viele haben<br />
bereits einige Jahre unter schwachen Rechtschreibleistungen<br />
gelitten und müssen durch die Erfahrung, dass sich Übung doch<br />
lohnen kann, aus dem Teufelskreis dauerhafter Misserfolgserlebnisse<br />
herausgeholt werden. Deshalb steht Motivieren und Loben<br />
an erster Stelle.<br />
Regelmäßige Gespräche mit den Eltern, unterrichtenden<br />
Lehrerinnen und Lehrern und Kursteilnehmern haben sich als<br />
hilfreich erwiesen. In Gesprächen mit den Eltern muss auch<br />
immer wieder darauf hingewiesen werden, dass Zuneigung,<br />
Zeit und positive Unterstützung mehr bewirken als Druck. Von<br />
den unterrichtenden Kolleginnen und Kollegen ist es hilfreich<br />
zu erfahren, wie sich die Kinder insgesamt entwickeln (z.B. im<br />
Hinblick auf ihr Selbstbewusstsein/ihr Auftreten, die Entfaltung<br />
ihrer Persönlichkeit, Verhalten im Unterricht, Störungen, Konzentration,<br />
…) und ob sie z.B. in Aufsätzen bereits eine größere<br />
Rechtschreib-Sicherheit feststellen können. Von den Kindern<br />
selbst wird ein Feedback dahin gehend eingeholt, ob sie sich im<br />
Kurs wohl fühlen, ob sie selbst Lernfortschritte beobachten können,<br />
woran sie demnächst arbeiten wollen.<br />
Da der Förderkurs freiwillig ist, entscheiden die Kinder<br />
nach einem Gespräch mit der den Kurs durchführenden Kollegin<br />
kurz vor den Sommerferien selbst, ob sie auch die Fortsetzung<br />
des Kurses im sechsten Schuljahr besuchen wollen. Die Resonanz<br />
ist hier ausgesprochen positiv: Etwa acht von zehn Kindern<br />
kommen aus eigenem Entschluss heraus nach den Sommerferien<br />
wieder.<br />
Schulportfolio<br />
Das an unserer Schule eingeführte Portfolio ist eine Sammelmappe,<br />
in der über den Zeitraum der Schullaufbahn einer<br />
Schülerin/eines Schülers hinweg eine Vielzahl von Elementen<br />
zusammengetragen werden, die Aufschluss über Lernerfolg und<br />
erworbene Fähigkeiten und Fertigkeiten geben und der Schülerin/dem<br />
Schüler ein Instrument an die Hand geben, das sie/ihn in<br />
seinem Lernprozess individuell begleitet und in der Übernahme<br />
von Eigenverantwortung für ihren/seinen Lernprozess stärkt.<br />
Funktionen des Portfolios:<br />
1. Dokumentation erworbener Kompetenzen, Fähigkeiten und<br />
außerunterrichtlichen Engagements, damit sich die Schülerinnen<br />
und Schüler später bei ihrer Bewerbung mit der ganzen<br />
Bandbreite ihres Könnens und ihrer Persönlichkeit präsentieren<br />
können,<br />
2. Verbesserung der eigenen Einschätzung und Selbstevaluation,<br />
um zu erkennen, was schon gut gekonnt wird und wo noch<br />
Verbesserungspotential besteht mit dem Ziel, Stärken zu fördern<br />
und Schwächen zu vermindern,<br />
3. Setzen und Verfolgen von Zielen und das Erreichen dieser<br />
Ziele selbst und mit Hilfe anderer überprüfen.<br />
Da sich die Fähigkeiten und Kompetenzen, die die Schülerinnen<br />
und Schüler während ihrer Schullaufbahn erwerben, auf viele<br />
Unterrichtsfächer und Bereiche beziehen, gibt es eine zentrale<br />
Mappe, in der all diese Fähigkeiten dokumentiert werden. Dies<br />
können auch Kompetenzen sein, die außerhalb der Schule erworben<br />
werden (Übungsleitertätigkeiten, soziales Engagement etc.).<br />
17
4 LERNEN BEGLEITEN<br />
Aufbau des Portfolios:<br />
Unser Portfolio besteht aus drei Hauptteilen:<br />
• Leitfaden<br />
• Bausteine und Kompetenzen<br />
• Erfolgsbilanz und Schü lersprechtag<br />
Im Leitfaden wird den Schülerinnen und Schülern das Portfolio<br />
vorgestellt, es werden die Zielsetzungen und der Umgang mit<br />
dem Portfolio erläutert.<br />
Bei den Bausteinen und Kompetenzen ist unser Portfolio zur<br />
Zeit in fünf große Themenbereiche gegliedert, nämlich:<br />
1. Diakonisches und soziales Lernen und Handeln<br />
In dieser Rubrik werden Kenntnisse und Fähigkeiten zum sozialen<br />
Verhalten in Gruppen, zum Verhalten in Konflikten, zum<br />
respektvollen Umgang mit den Gefühlen anderer reflektiert,<br />
und es wird am Beispiel Bethel gezeigt, in welcher Weise diakonisches<br />
Handeln Hilfe für Mitmenschen darstellt.<br />
2. Methoden und Medien<br />
In diesem Bereich werden Methoden, wie z.B. das Erfassen von<br />
Texten oder Techniken zur Vorbereitung auf Prüfungen oder<br />
Klassenarbeiten, trainiert, die in vielen verschiedenen Fächern<br />
angewendet werden können. Darüber hinaus werden z.B.<br />
grundlegende Kenntnisse und Fähigkeiten in der Handhabung<br />
des Computers und der Anwendung von Programmen wie Excel,<br />
Word und Power Point dokumentiert.<br />
3. Fremdsprachen<br />
Der Fremdsprachenteil des Portfolios soll die Schülerinnen und<br />
Schüler befähigen, sich in all ihren Fremdsprachen, die sie an der<br />
Schule oder auch anderswo lernen und gelernt haben, selber<br />
einzuschätzen, Stärken und Schwächen zu erkennen und Strategien<br />
für ein optimales Sprachenlernen zu entwickeln. Dabei<br />
spielt es keine Rolle, ob sie Englisch, Französisch, Spanisch oder<br />
Latein lernen. Im Fremdsprachenteil sollen alle Sprachen Eingang<br />
finden.<br />
Bescheinigungen über Praktika, über soziales Engagement im<br />
Bereich Schüler-helfen-Schülern oder über die Teilnahme an<br />
Wettbewerben sein.<br />
Damit die Schülerinnen und Schüler ihre Fähigkeiten in<br />
diesen Bereichen trainieren, dokumentieren und bewerten, gibt<br />
es für jede Jahrgangsstufe mehrere Bausteine, die im Unterricht<br />
bearbeitet werden sollen. Diese Bausteine bestehen aus kleinen<br />
Unterrichtseinheiten und schulen nach und nach die Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten in den ersten vier Rubriken. Am Ende jedes<br />
Bausteins schätzen sich die Schülerinnen und Schüler in Hinblick<br />
auf die von ihnen erworbenen Fähigkeiten ein und setzen sich<br />
Ziele für weitere Verbesserungen. Eine Übersicht über die in<br />
einer Jahrgangsstufe zu bearbeitenden Bausteine gibt Auskunft<br />
darüber, welche Bausteine in einem Jahr verbindlich bearbeitet<br />
werden sollen. Diese Übersicht wird am Anfang jedes Schuljahres<br />
von den Klassenlehrerinnen und Klassenlehrern ausgeteilt.<br />
Die Erfolgsbilanz dient vor allem der Vorbereitung des<br />
Schülersprechtags. Hier besprechen die Schülerinnen und Schüler<br />
mit ihrem Klassenlehrer/ihrer Klassenlehrerin ihre Stärken<br />
und Schwächen im Hinblick auf die Bausteine und die im Halbjahr<br />
erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten in den verschiedenen<br />
Unterrichtsfächern besprechen und Vereinbarungen für<br />
weitere Verbesserungen treffen. Als Vorbereitung auf diesen<br />
Schü lersprechtag ziehen die Schülerinnen und Schüler eine Bilanz<br />
ihrer bisher erworbenen Kompetenzen, und dafür müssen<br />
sie sich die Bausteine und die Selbst- und Fremdbewertungen<br />
ihrer Fähigkeiten im Anschluss an jeden Baustein sorgfältig anschauen.<br />
Auf der Erfolgsbilanz meiner Fähigkeiten und Fertigkeiten,<br />
die sie zur Vorbereitung auf den Schü lersprechtag ausgeteilt<br />
bekommen, tragen sie ein, was sie schon gut beherrschen<br />
und wo sie sich noch verbessern können (siehe Kapitel 3).<br />
4. Arbeitswelt und Berufswahl<br />
Dieser vierte Teil soll zeigen, was die Schülerinnen und Schüler<br />
im Rahmen der Studien- und Berufsorientierung unternommen<br />
und gelernt haben. Mit dem darin enthaltenen Berufswahlpass<br />
bekommen sie Informationen, Anregungen und Hilfestellungen<br />
zu Bewerbungen und zur möglichen Berufswahl. Dieser Teil<br />
kommt später hinzu.<br />
5. Zusätzliche Zertifikate<br />
Im fünften und letzten Teil unseres Portfolios können alle weiteren<br />
Bescheinigungen und Zertifikate einsortiert werden, die<br />
die Schülerinnen und Schüler während ihrer Schullaufbahn<br />
innerhalb und außerhalb der Schule erwerben. Dies können<br />
18
5 EUROPAFÄHIG MACHEN<br />
Europakontakte<br />
Die Fr.-v.<strong>Bodelschwingh</strong>-<strong>Schulen</strong> pflegen seit ca. 20 Jahren Kontakte<br />
zu <strong>Schulen</strong> im europäischen Ausland. Über Schulpartnerschaften<br />
entwickelte sich seit 1992 ein Netzwerk von vielfältigen<br />
Beziehungen. Somit haben die Schülerinnen und Schüler unserer<br />
Schule viele Möglichkeiten der Begegnung und finden Orte, an<br />
denen sie in einem zusammenwachsenden Europa gemeinsam<br />
mit Jugendlichen aus dem Ausland lernen.<br />
Darüber hinaus ermöglichen es diese Kontakte den Jugendlichen,<br />
einen Blick über unsere <strong>Schulen</strong> und unser Land<br />
hinaus in das europäische Ausland zu werfen, das Alltagsleben<br />
und das schulische Leben dort kennen zu lernen.<br />
Diese Begegnungen im Ausland dienen der Persönlichkeitsstärkung,<br />
weil die Jugendlichen auch als verantwortliche<br />
Repräsentanten unserer Schule auftreten müssen, es fördert die<br />
kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Lernsituation,<br />
unterstützt das Bemühen um ein friedliches engeres Zusammenwachsen<br />
in Europa, und es fördert selbstverständlich die Sprachkompetenzen<br />
unserer Schülerinnen und Schüler.<br />
Ein Teil dieses Netzwerkes organisiert sich in dem europäischen<br />
Schulverbund HORIZON; hier sind wir seit fast 20 Jahren<br />
Mitglied. Dieser Verband wurde mit dem Ziel gegründet, der<br />
Ausbildung in den beteiligten <strong>Schulen</strong> eine europäische Dimension<br />
zu geben. Beteiligte Länder sind neben Deutschland Frankreich,<br />
Italien, Großbritannien, Holland, Russland, Estland und<br />
Spanien. Alle <strong>Schulen</strong> bieten in ihrem Unterrichtsangebot einwöchige<br />
internationale Projekte an, jeweils an dem eigenen<br />
Schulort. Die Verkehrssprache des Verbandes ist Englisch. In der<br />
Regel organisiert der Verband darüber hinaus alle zwei Jahre<br />
ein Festival mit Beteiligung von Jugendlichen aus allen <strong>Schulen</strong>.<br />
In den letzten Jahren konnten jeweils 20 Schülerinnen und Schüler<br />
unserer Schule an diesen multikulturellen Großereignissen<br />
teilnehmen.<br />
Eine Besonderheit unserer Schule bildet die Europaklasse.<br />
Für vier Wochen im Schuljahr laden wir Jugendliche aus den<br />
HORIZON-<strong>Schulen</strong> und darüber hinaus aus <strong>Schulen</strong> der Bielefelder<br />
Partnerstädte in Polen und Russland ein. Sie bilden eine<br />
Klasseneinheit in unserem Schulgebäude und haben einen guten<br />
Kontakt zu unseren Schülerinnen und Schülern, die sich als<br />
Gastgeber anbieten. Schwerpunkt des gemeinsamen Lernens ist<br />
die deutsche Sprache und die heimische Kultur. In dem Fach<br />
„Eurokunde“ lernen die Schülerinnen und Schüler gegenseitig<br />
das Leben in ihren Heimatländern kennen und beschäftigen sich<br />
mit Fragen des Zusammenwachsens in Europa.<br />
Mehrere Projekte sind von uns im Rahmen des europäischen<br />
Bildungsprogramms COMENIUS durchgeführt worden.<br />
Hier bieten sich noch einmal neue Möglichkeiten der Begegnung<br />
mit weiteren Partnerschulen an. Ein gemeinsames Thema<br />
wird von Jugendlichen aus zwei bis drei europäischen <strong>Schulen</strong><br />
für drei Jahre bearbeitet. Durch die Fördergelder der Bil-<br />
dungsprogramme werden auch die Reisen von weniger<br />
finanzstarken Familien ermöglicht.<br />
Schüleraustausch<br />
Die bilateralen Beziehungen zu unseren Partnerschulen in Le<br />
Havre - Frankreich, London - England und Xàtiva - Spanien bilden<br />
teilweise schon seit mehr als 20 Jahren eine ausgezeichnete<br />
Chance der Erweiterung der Sprachkompetenzen. Seit dem Jahr<br />
2010 ist es uns gelungen, auch einen Schüleraustausch mit Spanien<br />
zu initiieren. Im Frühjahr dieses Jahres ist erstmals eine<br />
Gruppe von Schülerinnen und Schülern unserer Schule zum Austausch<br />
nach Spanien gereist; den Gegenbesuch der Spanier erwarten<br />
wir im Herbst 2010. Im Ausland wohnen unsere Schülerinnen<br />
und Schüler in den Familien ihrer Austauschpartner, beim<br />
Gegenbesuch wohnen diese in den Familien unserer Schülerinnen<br />
und Schüler. Auf diese Weise fördern wir die Kommunikationsfähigkeit<br />
unserer Schülerinnen und Schüler, die Toleranz<br />
und den Respekt im Umgang miteinander, das Aufgeschlossensein<br />
für Neues und Fremdes, die interkulturelle Handlungsfähigkeit<br />
und nicht zuletzt die Selbstständigkeit. In den Austauschprogrammen<br />
berücksichtigen wir nicht nur besonders leistungsstarke<br />
Schülerinnen und Schüler, sondern auch solche, die im<br />
Fremdsprachenunterricht Schwierigkeiten haben, um ihnen auf<br />
diese Weise einen anderen affektiven und motivationalen Zugang<br />
zur Fremdsprache zu ermöglichen.<br />
Als ein besonders gelungenes Projekt kann das deutschfranzösische<br />
Begegnungsprojekt in Breisach angesehen werden.<br />
Abbildung: Schüleraustausch - 25 Jahre Le Havre<br />
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5 EUROPAFÄHIG MACHEN<br />
Grundidee dieses Projektes ist, dass sich deutsche und französische<br />
Schülerinnen und Schüler an einem Drittort begegnen,<br />
mehrere Tage zusammenleben und voneinander sowie miteinander<br />
lernen. Erstmals haben die Schülerinnen und Schüler der<br />
7. Klasse hier die Gelegenheit in binationalen Teams kleine<br />
Aufgaben zu lösen und Projekte zu bearbeiten.<br />
Internationale Sprachdiplome<br />
An unseren <strong>Schulen</strong> werden in den Fächern Englisch, Französisch<br />
und Spanisch verschiedene Arbeitsgemeinschaften zur Vorbereitung<br />
auf den Erwerb international anerkannter Sprachdiplome<br />
angeboten. Die Niveaus der Diplome orientieren sich am<br />
Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen. In<br />
Englisch findet für Schülerinnen und Schüler der Stufen 12-13<br />
mit bereits sehr guten Englischkenntnissen eine AG zur Vorbereitung<br />
des IELTS (International English Language Testing<br />
System)-Zertifikats (Academic Module) statt. In Französisch bieten<br />
wir Kurse zur Vorbereitung der DELF (Diplôme d’Etudes en<br />
Langue Française)-Prüfungen der Niveaus A1, A2, B1 und B2 an,<br />
die Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufen I und II offen<br />
stehen. In Spanisch können sich Schülerinnen und Schüler der<br />
Sekundarstufe II auf die DELE (Diplomas de Español como Lengua<br />
Extranjera)-Prüfungen der Niveaus B1 und B2 vorbereiten.<br />
In den AGs werden die Schülerinnen und Schüler in allen<br />
vier Kompetenzbereichen geschult und trainiert: Hörverstehen,<br />
Leseverstehen, mündliche Textproduktion und schriftliche Textproduktion.<br />
Da die Lerngruppen sehr klein sind, ist in diesem<br />
Rahmen eine individuelle Förderung der Schüler besonders gut<br />
möglich.<br />
Der Sprechanteil der einzelnen Schülerinnen und Schüler ist auf<br />
Grund der oben genannten Rahmenbedingungen wesentlich<br />
höher als im normalen Klassenunterricht. Schriftliche Aufgaben<br />
werden ebenso individuell besprochen und korrigiert. Der Lerneffekt<br />
sollte daher auch für den „normalen“ Englisch-, Französisch-<br />
und Spanischunterricht im Klassenverband spürbar sein.<br />
Vor allem die Scheu, sich frei vor Mitschülern in der Fremdsprache<br />
zu artikulieren, kann in dieser Lernform leicht überwunden<br />
werden.<br />
Die Arbeit in Kleingruppen, in denen auch keine Benotungen<br />
vorgenommen werden, ist eine ideale zusätzliche Möglichkeit,<br />
Schülerinnen und Schüler individuell zu fördern und ihnen<br />
positive Rückmeldungen bezüglich ihrer spezifischen Fertigkeiten<br />
zu geben. Die Vorbereitungskurse stärken die Schülerinnen<br />
und Schüler überdies in ihren Fähigkeiten, den eigenen Lernprozess<br />
zu reflektieren, Stärken und Schwächen zu erkennen und<br />
Verantwortung für den eigenen Lernprozess zu übernehmen.<br />
Perspektivisch sollen die IELTS-, DELF- und DELE-Kurse in das an<br />
unserer Schule verfolgte Portfolio-Konzept zur Stärkung von<br />
Schülerautonomie und zur Dokumentation individueller Lernleistungen<br />
eingebunden werden.<br />
Abbildung: IELTS-Sprachdiplom<br />
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