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LSVD Rechtsratgeber - ZWD - Zweiwochendienst / Bildung & Politik ...

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Lesben- und Schwulenverband<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT


INHALTSVERZEICHNIS<br />

VORSPANN<br />

Vorwort zur zweiten Auflage<br />

Es geht voran 2<br />

HERAUSGEBER<br />

Familien- und Sozialverein<br />

des Lesben- und Schwulenverbandes<br />

in Deutschland <strong>LSVD</strong> e. V.<br />

Postfach 103414<br />

50474 Köln<br />

WWW.<strong>LSVD</strong>.DE<br />

Redaktion: Manfred Bruns<br />

Layout und Satz: mmydesign, Köln<br />

Fotos: <strong>LSVD</strong> Archiv<br />

Stand: Dezember 2005<br />

Gefördert vom<br />

Bundesministeriums für Familie,<br />

Senioren, Frauen und Jugend<br />

Mit Unterstützung der<br />

Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule<br />

und Lesbische Paare (SLP) e.V.<br />

Vorwort zur ersten Auflage<br />

Eine schwere Geburt! 4<br />

Abkürzungsverzeichnis 6<br />

Mitarbeiter/innen 6<br />

HAUPTTEIL<br />

Die nachfolgenden Kapitel enthalten am Anfang jeweils Untergliederungen.<br />

Die Lebenspartnerschaft 7<br />

Internationales Privatrecht 4 1<br />

Prozessrecht und Kosten 46<br />

Mietrecht 50<br />

Sozialversicherung 54<br />

Sozialrecht 58<br />

Beamte, Angestellte und Arbeiter 6 1<br />

Wehrpflichtige und Zivildienstleistende 67<br />

Steuerrecht 68<br />

Ausländer- und Staatsangehörigkeitsrecht 74<br />

Transsexuelle 78<br />

ANHANG<br />

Muster für Lebenspartnerschaftsverträge 80<br />

Muster für Lebensgefährten/innen 82<br />

Kirchliche Segnung gleichgeschlechtlicher<br />

Partnerschaften 84<br />

Lesben- und Schwulenverband<br />

Weiterführende Literatur 85<br />

Wichtige Adresssen 85<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT


<strong>LSVD</strong> <strong>Rechtsratgeber</strong><br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT


INHALTSVERZEICHNIS<br />

VORSPANN<br />

Vorwort zur zweiten Auflage<br />

Es geht voran 2<br />

HERAUSGEBER<br />

Familien- und Sozialverein<br />

des Lesben- und Schwulenverbandes<br />

in Deutschland <strong>LSVD</strong> e.V.<br />

Postfach 103414<br />

50474 Köln<br />

WWW.<strong>LSVD</strong>.DE<br />

Redaktion: Manfred Bruns<br />

Layout und Satz: mmydesign, Köln<br />

Fotos: <strong>LSVD</strong> Archiv<br />

Stand: Dezember 2005<br />

Gefördert vom<br />

Bundesministeriums für Familie,<br />

Senioren, Frauen und Jugend<br />

Mit Unterstützung der<br />

Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule<br />

und Lesbische Paare (SLP) e.V.<br />

Vorwort zur ersten Auflage<br />

Eine schwere Geburt! 4<br />

Abkürzungsverzeichnis 6<br />

Mitarbeiter/innen 6<br />

HAUPTTEIL<br />

Die nachfolgenden Kapitel enthalten am Anfang jeweils Untergliederungen.<br />

Die Lebenspartnerschaft 7<br />

Internationales Privatrecht 4 1<br />

Prozessrecht und Kosten 46<br />

Mietrecht 50<br />

Sozialversicherung 54<br />

Sozialrecht 58<br />

Beamte, Angestellte und Arbeiter 6 1<br />

Wehrpflichtige und Zivildienstleistende 67<br />

Steuerrecht 68<br />

Ausländer- und Staatsangehörigkeitsrecht 74<br />

Transsexuelle 78<br />

ANHANG<br />

Muster für Lebenspartnerschaftsverträge 80<br />

Muster für Lebensgefährten/innen 82<br />

Kirchliche Segnung gleichgeschlechtlicher<br />

Partnerschaften 84<br />

Lesben- und Schwulenverband<br />

Lesben- und Schwulenverband<br />

Weiterführende Literatur 85<br />

Wichtige Adresssen 85<br />

<strong>LSVD</strong> <strong>Rechtsratgeber</strong><br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT


VORWORT ZUR ZWEITEN AUFLAGE<br />

ES GEHT VORAN<br />

Am 1. August 2001 trat das Lebenspartnerschaftsgesetz in Kraft. Erstmals in der Geschichte unseres Landes konnten gleichgeschlechtliche<br />

Paare eine rechtlich anerkannte Verbindung eingehen. Elf Jahre hatte unser Verband dafür gekämpft.<br />

Der 1. August 2001 war ein großer Tag für Lesben und Schwule in Deutschland. Vielerorts waren Regierungspräsidenten,<br />

Bürgermeister oder Landräte zur Stelle, dem jeweils ersten gleichgeschlechtlichen Paar vor Ort persönlich Glück zu wünschen.<br />

Mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz ist die gesellschaftliche Anerkennung lesbischer und schwuler Lebensweisen<br />

deutlich gewachsen. Die volle rechtliche Gleichstellung ist aber noch nicht erreicht. Ein Ergänzungsgesetz zur Lebenspartnerschaft,<br />

das insbesondere auch die Anerkennung im Steuer- und Beamtenrecht vorsah, scheiterte 2002 im Bundesrat.<br />

Obwohl das Gesamtpaket Eingetragene Lebenspartnerschaft weiterhin deutlich weniger attraktiv ist als die Ehe,<br />

wurden dennoch mittlerweile rund 14.000 Lebenspartnerschaften geschlossen.<br />

Der Schritt in die Eingetragene Lebenspartnerschaft will wohl überlegt sein. Dieser <strong>Rechtsratgeber</strong> liefert umfassende Informationen<br />

zu Rechten und Pflichten, gibt Tipps und Hinweise und macht deutlich, an welchen Stellen noch Defizite gegenüber<br />

der Ehe und daher besondere rechtliche wie finanzielle Probleme bestehen.<br />

RICHTUNGSWEISENDES URTEIL DES BUNDESVERFASSUNGSGERICHTES<br />

Auch wenn gleiches Recht noch nicht erreicht ist, hat sich seit der ersten Auflage dieses <strong>Rechtsratgeber</strong>s vieles getan. An<br />

erster Stelle ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Juli 2002 zu nennen. Karlsruhe hat nicht nur die Verfassungsklagen<br />

der Landesregierungen von Bayern, Sachsen und Thüringen verworfen und das Lebenspartnerschaftsgesetz<br />

für verfassungskonform erklärt. Es hat weit darüber hinausgehend klargestellt: „Der besondere Schutz der Ehe in<br />

Art. 6 Abs. 1 GG hindert den Gesetzgeber nicht, für die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft Rechte und Pflichten<br />

vorzusehen, die denen der Ehe gleich oder nahe kommen.“ Damit hat das Bundesverfassungsgericht das von den Gegnern<br />

einer rechtlichen Anerkennung zuvor postulierte „Abstandsgebot“ zur Ehe in den Bereich der Mythen und Märchen<br />

verwiesen. Jetzt wissen wir es genau: Es gibt kein Abstandsgebot. Aus dem grundgesetzlich verbrieften Schutz von Ehe<br />

und Familie lässt sich kein Gebot zur Diskriminierung von Lesben und Schwulen ableiten. Die vollständige Gleichstellung<br />

von Lebenspartnerschaften ist keine verfassungsrechtlich offene Frage mehr, sondern allein eine Frage des politischen<br />

Willens.<br />

VERBESSERUNGEN DURCH DAS GESETZ ZUR ÜBERARBEITUNG DES LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHTS<br />

Auf das Verfassungsgerichtsurteil hat sich auch der Gesetzgeber in dem am 1.1.2005 in Kraft getretenen Gesetz zur Überarbeitung<br />

des Lebenspartnerschaftsrechts berufen. Mit diesem Überarbeitungsgesetz wurde für die Rechtsbereiche, die<br />

ohne Zustimmung des Bundesrats geregelt werden können, weitgehend Gleichstand mit der Ehe erzielt. Der Lesben- und<br />

Schwulenverband (<strong>LSVD</strong>) hat sich intensiv für dieses Gesetz stark gemacht. Der <strong>LSVD</strong> wurde im Rechtsausschuss des<br />

Bundestages dazu angehört und konnte auf diesem Wege im parlamentarischen Verfahren noch eine Reihe von Verbesserungen<br />

im Gesetz erreichen.<br />

Eingetragene Lebenspartnerschaften sind nun seit dem 1.1.2005 in die Hinterbliebenenversorgung bei der gesetzlichen<br />

Rente einbezogen. Ein Versorgungsausgleich ist jetzt möglich. Weitere Beispiele für Verbesserungen sind: Ausländische<br />

Lebenspartner, die Ärzte oder Apotheker sind, erhalten die gleichen Rechte bei der Berufszulassung, wie sie für ausländische<br />

Ehegatten gelten. Bei zustimmungsfreien Regelungen im Bundesbeamtenrecht wurde Gleichstellung erreicht. Und<br />

besonders wichtig: Die rechtliche Situation von Lebenspartnerschaften mit Kindern wurde verbessert. Die Stiefkindadoption<br />

leiblicher Kinder innerhalb der Lebenspartnerschaft ist nun möglich. Das dient deren rechtlicher und finanzieller<br />

Absicherung.<br />

REGENBOGENFAMILIEN STÄRKEN<br />

Die Stiefkindadoption ist ein wichtiger Schritt nach vorne. Das gemeinsame Adoptionsrecht für Lebenspartnerschaften<br />

ist aber noch nicht erreicht. Auch die Stiefkindadoption bleibt vorläufig auf die Adoption leiblicher Kinder der Partnerin<br />

oder des Partners beschränkt. Das ist eine sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung adoptierter Kinder. Die<br />

Situation von Regenbogenfamilien, von gleichgeschlechtlichen Paaren mit Kindern, ist den letzten Jahren stärker ins<br />

Bewusstsein der Öffentlichkeit gelangt. Laut Statischem Bundesamt wachsen bereits in jeder achten gleichgeschlechtlichen<br />

Lebensgemeinschaft Kinder auf. 1 Gerade im Interesse der Kinder ist eine vollständige Gleichstellung geboten. Unterschiedliche<br />

Behandlung der Lebenspartnerschaft vom Kindschafts- bis zum Steuerrecht geht immer auch zu Lasten der<br />

Kinder. Der <strong>LSVD</strong> unterhält ein spezielles Projekt "Regenbogenfamilien". Angeboten wird Beratung zum Familienalltag<br />

und zur Familienplanung für lesbische und schwule Eltern sowie solche, die es werden wollen. Gleichzeitig werben wir für<br />

Akzeptanz und für einen sachgerechten, vorurteilsfreien Umgang mit Regenbogenfamilien in Gesellschaft und <strong>Politik</strong><br />

(www.lsvd.de/bund/family).<br />

BLICK INS AUSLAND<br />

Seit Inkrafttreten des deutschen Lebenspartnerschaftsrechtes sind auch international wichtige Fortschritte zu verzeichnen.<br />

Spanien, Kanada und Belgien sind zwischenzeitlich dem Vorbild der Niederlande gefolgt und haben die Ehe für<br />

gleichgeschlechtliche Paare ermöglicht. In Südafrika hat das Verfassungsgericht im Dezember 2005 ebenfalls die<br />

Öffnung der Ehe angeordnet. Ähnliches ist im US-Bundesstaat Massachusetts geschehen, in dem gleichgeschlechtliche<br />

Ehen seit 2004 möglich sind. Auch das Modell der eingetragenen Partnerschaft nach skandinavischem Muster gewinnt<br />

2<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

VORWORT ZUR ZWEITEN AUFLAGE


an Zulauf. In Großbritannien ist im Dezember 2005 das Gesetz über „civil partnerships“ in Kraft getreten. Im gleichen<br />

Monat votierte das tschechische Parlament mehrheitlich für ein Partnerschaftsgesetz. Es wäre das erste formelle Rechtsinstitut<br />

für gleichgeschlechtliche Paare in Osteuropa. In der Schweiz wurde die Einführung der Eingetragenen Partnerschaft<br />

am 5. Juni 2005 sogar in einer Volksabstimmung mit der großen Mehrheit von 58 % bestätigt. Auch am anderen<br />

Ende der Welt tut sich etwas: In Neuseeland ist seit dem 1.5.2005 ein Partnerschaftsgesetz in Kraft. Allerdings gibt es<br />

auch eine Kehrseite: Eine Reihe von Bundesstaaten der USA haben das Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe in ihre Verfassung<br />

aufgenommen. Ende 2005 ist Lettland leider diesem Schritt gefolgt.<br />

WAS IST NOCH ZU TUN<br />

Der niederländische Rechtswissenschaftler Kees Waaldijk kam in einer rechtsvergleichenden Untersuchung zu dem<br />

Ergebnis, dass mit dem deutschen Lebenspartnerschaftsgesetz von 2001 etwa 68 % der Rechtsfolgen der Ehe erreicht<br />

wurden. 2 Diese Rate hat sich zwischenzeitlich erhöht, insbesondere durch das Überarbeitungsgesetz. Bei der statistischen<br />

Auszählung von Rechtsfolgen muss man freilich bedenken, dass so gewichtige Fragen wie die Anerkennung bei der<br />

Erbschaftssteuer, bei der Einkommensteuer und bei der Hinterbliebenenversorgung im Beamtenrecht noch ausstehen. Es<br />

besteht damit weiter eine erhebliche Schieflage. Im Sozialrecht werden Lebenspartner beispielsweise voll in die Pflicht<br />

genommen, im Steuerrecht dagegen wie Fremde behandelt.<br />

Das ist unsinnig und ungerecht. Bund und Länder sind aufgefordert, fortbestehende Gerechtigkeitslücken endlich zu<br />

schließen. Bei den Lasten gibt es bereits Gleichstand mit der Ehe. Jetzt geht es darum, auch die Rechte vollständig zu<br />

übertragen. Der <strong>LSVD</strong> wirbt mit der Aktion 1:1 um gesellschaftliche Unterstützung für die vollständige Gleichstellung.<br />

Viele Organisationen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens tragen diese Forderung mit (www.aktioneinszueins.de).<br />

Notwendig bleibt auch, bei ohnehin anstehenden Gesetzesvorhaben, die an das Bestehen einer Ehe anknüpfen, eine<br />

Gleichstellung für Lebenspartnerschaften zu erwirken. Das ist uns in den letzten Jahren bei einer Reihe von Gesetzen gelungen:<br />

von der Handwerksordnung bis zum Spätaussiedlergesetz. Im föderalen Staat ist zudem nicht nur der Bundesgesetzgeber<br />

gefordert. Drei Bundesländer, Berlin, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen haben Lebenspartnerschaften<br />

in ihrem Landesrecht zwischenzeitlich rechtlich mit der Ehe gleichgestellt. Sachsen-Anhalt hat eine Teilanpassung<br />

vorgenommen. In anderen Bundesländern stehen solche Regelungen noch aus.<br />

Das Lebenspartnerschaftsgesetz strahlt aus: Eine Reihe namhafter Wirtschaftsunternehmen haben „verpartnerte“<br />

Beschäftigte verheirateten gleichgestellt, vom Sonderurlaub für die Eheschließung bis zur Hinterbliebenenversorgung bei<br />

der Betriebsrente. Auch bei Tarifvereinbarungen gibt es erste Pionierabschlüsse, die die Anerkennung von Lebenspartnerschaften<br />

vorsehen. Hier muss aber noch deutlich mehr geschehen, nicht zuletzt bei den Versorgungswerken für die<br />

freien Berufe.<br />

Der Wandel kommt aber nicht von selbst. Jeder Forschritt bei der Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare musste hart<br />

erkämpft werden. Einiges mehr könnte schon erreicht sein, wenn sich noch mehr Menschen engagieren würden.<br />

Liebe verdient Respekt. Der kommt aber nicht von alleine. Respekt muss man sich verschaffen.<br />

Günter Dworek /Antje Ferchau, <strong>LSVD</strong> Bundesvorstand<br />

1 Statistisches Bundesamt: Leben und Arbeiten in Deutschland, Ergebnisse des Mikrozensus 2004, S. 22,<br />

www.destatis.de/presse/deutsch/pk/2005/MZ_Broschuere.pdf<br />

2 Waaldijk, Kees (ed): More Or Less Together: Levels of legal consequences of marriage, cohabitation and registered partnerships for different-sex and samesex<br />

partners: A comparative study of nine European countries. Documents de travail n°125, Ined, 2005, S. 9.,<br />

www.ined.fr/publications/collections/dossiersetrecherches/125.pdf<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

3<br />

VORWORT ZUR ZWEITEN AUFLAGE


VORWORT ZUR ERSTEN AUFLAGE<br />

EINE SCHWERE GEBURT!<br />

Eine schwere Geburt! Diese Bemerkung lässt sich kaum verkneifen. Und dabei ist noch gar nicht einmal alles überstanden.<br />

Die endgültige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit des Lebenspartnerschaftsgesetzes<br />

(LPartG) steht noch aus. Vor allem aber ist der zustimmungspflichtige Teil des Gesetzesvorhabens noch immer<br />

nicht verabschiedet, und es ist fraglich, ob und wann dies geschehen wird.<br />

Aber immerhin: Der Abbau von Diskriminierung beginnt Formen anzunehmen. Mit der Verabschiedung des LPartG ist<br />

nicht nur ein bedeutender Meilenstein auf einem langen und beschwerlichen Weg erreicht. Hier wurde ein Fundament gelegt.<br />

Hier wurde politisches Terrain gewonnen. Und die Wahrscheinlichkeit einer wachsenden Zustimmung auch innerhalb<br />

konservativer Kreise ist durchaus größer als die Gefahr, das ganze gewonnene Terrain wieder zu verlieren<br />

EIN LANGER WEG<br />

Was für ein Weg wurde hier zurückgelegt! Von Diskriminierung und Verfolgung hin zur rechtlichen Absicherung gleichgeschlechtlicher<br />

Partnerschaften. Und Verfolgung ist keineswegs übertrieben, wenn man die Zahl der Verurteilungen nach<br />

dem alten §175 Strafgesetzbuch in der Adenauerära und den damaligen Verfolgungseifer der Staatsanwälte betrachtet.<br />

Noch in den sechziger Jahren wurde in der Diskussion zur großen Strafrechtsreform die Notwendigkeit der Bestrafung<br />

homosexuellen Geschlechtsverkehrs u.a. damit begründet, dass „für Homosexuelle sonst nichts mehr im Wege stände,<br />

ihre nähere Umgebung durch Zusammenleben in eheähnlichen Verhältnissen zu belästigen“. Führende Juristen sahen in<br />

den „homosexuellen Zusammenschlüssen“ eine Gefahr, wie man sie heute vielleicht Scientology zuschreibt, eher noch<br />

größer. Und heute können wir heiraten, jedenfalls wird der Volksmund allen anderen Begriffen zum Trotz vom Heiraten<br />

sprechen. Angesichts der beängstigenden Situation in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik mag man sich fragen,<br />

wie das geschafft werden konnte.<br />

EIN RECHTSINSTITUT FÜR GLEICHGESCHLECHTLICHE PAARE<br />

Nach den Strafrechtsreformen 1968/1969 in den beiden deutschen Staaten wurden nur noch homosexuelle Handlungen<br />

eines Erwachsenen mit einem Mann unter 18 bestraft. Die politische Arbeit der Schwulenorganisationen in der Bundesrepublik<br />

richteten sich zunächst fast ausschließlich auf die endgültige Abschaffung des „Restparagraphen" 175 StGB. Bis in<br />

die achtziger Jahre hinein ohne Erfolg. Dann kam AIDS. Das öffentliche Bewusstsein musste nun Notiz von „den Schwulen“<br />

nehmen; es war offensichtlich ganz akuter Handlungsbedarf gegeben. Die Einsicht, dass Prävention nicht ohne die<br />

Tolerierung der sexuellen Lebensgewohnheiten von Schwulen zu haben war, läutete das Ende des § 175 ein. Es war an der<br />

Zeit, die Öffentlichkeit auch mit den zahlreichen anderen Benachteiligungen der Lesben und Schwulen zu konfrontieren.<br />

Lesben- und Schwulenorganisationen erhielten Anfragen wie z. B.: „Warum bekomme ich keine Aufenthaltserlaubnis für<br />

meinen Partner aus dem Ausland“ oder „Wir wollen uns gegenseitig zum Erben einsetzen. Lässt sich die hohe Erbschaftssteuer<br />

denn nicht vermeiden“<br />

Als sich der Erfolg der dänischen Lesben- und Schwulenbewegung abzuzeichnen begann und die Einführung einer registrierten<br />

Partnerschaft in Dänemark unmittelbar bevorstand, veröffentlichten Volker Beck sowie Günter Dworek und<br />

Manfred Bruns, heute allesamt im Bundesvorstand des <strong>LSVD</strong>, Ende der 80er Jahre mehrere Papiere, in denen die Schaffung<br />

eines Rechtsinstituts für gleichgeschlechtliche Paare gefordert wurde. Die Reaktionen hierauf waren auch innerhalb<br />

der Schwulen- und Lesbenbewegung sehr kontrovers. Volker Beck, Günter Dworek und Manfred Bruns argumentierten,<br />

dass das Eheverbot für Lesben und Schwule eine schwerwiegende Diskriminierung sei und man außerdem auf die Probleme<br />

vieler schwuler und lesbischer Partnerschaften, insbesondere der binationalen Paare, eine schnellst mögliche, praktisch<br />

durchsetzbare Antwort finden müsse. Schließlich dürfe auch die positive Wirkung einer Anerkennung von lesbischen und<br />

schwulen Lebensgemeinschaften auf die Emanzipation der Homosexuellen nicht übersehen werden. Beck, Dworek, Bruns<br />

und weitere Mitstreiter schlossen sich dem im Februar 1990 neu gegründeten „Schwulenverband in Deutschland (SVD)“ an.<br />

DER LESBEN- UND SCHWULENVERBAND IN DEUTSCHLAND<br />

Der SVD war aus den Schwulengruppen der DDR hervorgegangen, die sich als Teil der damaligen Bürgerrechtsbewegung<br />

verstanden. Dort hatte man bereits Anfang der achtziger Jahre als Ziel die rechtliche Gleichstellung mit der Ehe formuliert.<br />

Diese Forderung wurde nun zu einer Art Markenzeichen für den SVD. Zu Beginn der neunziger Jahre rückte dieses<br />

Thema wegen der Einführung der eingetragenen Partnerschaft in Dänemark, nicht zuletzt aber auch wegen Hella von<br />

Sinnen und Cornelia Scheel, die angekündigt hatten, heiraten zu wollen und notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht<br />

zu ziehen, in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses. Im Sommer 1991 veröffentlichte der SVD zusammen mit den<br />

„Schwulen Juristen“ einen Gesetzentwurf über „die Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen<br />

Geschlechts“. Von nun an arbeiteten der SVD und die „Schwulen Juristen“ (inzwischen Bundesarbeitsgemeinschaft<br />

Schwule Juristen, BASJ) in dieser Angelegenheit eng zusammen. 1999 erweiterte sich der SVD durch den Beitritt vieler<br />

Lesben zum Lesben- und Schwulenverband (<strong>LSVD</strong>)<br />

DIE AKTION STANDESAMT<br />

Da abzusehen war, dass das Parlament auch weiterhin untätig bleiben würde, beschloss man, die Gerichte mit dem Eheverbot<br />

bei Gleichgeschlechtlichkeit zu befassen. 1992 riefen der SVD und die „Schwulen Juristen“ schwule und lesbische<br />

Paare dazu auf, am 19. August die Standesämter zu stürmen. Musteranträge wurden vorbereitet und verteilt. Rund 250<br />

Paare nahmen an der „Aktion Standesamt“ unter außerordentlich großem Medienecho teil. Das Recht auf Heirat wurde<br />

eingeklagt, allerdings anfänglich ohne greifbares Ergebnis. Einige Gerichte signalisierten dem Gesetzgeber aber Hand-<br />

4<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

VORWORT ZUR ERSTEN AUFLAGE


lungsbedarf für die rechtliche Absicherung lesbischer und schwuler Paare. Dies tat nicht zuletzt auch das Bundesverfassungsgericht,<br />

bei dem 1993 infolge der Aktion Standesamt 30 Verfassungsbeschwerden eingegangen waren, die aber<br />

nicht zur Entscheidung angenommen wurden.<br />

Der Gesetzgeber ignorierte diesen Fingerzeig der Justiz, solange die Koalition der CDU/CSU und der F.D.P die parlamentarische<br />

Mehrheit besaß. In der Zwischenzeit stieg die Zustimmung der öffentlichen Meinung zur „Homo-Ehe“ von 30 %<br />

auf 60 % an, was dem unermüdlichen Einsatz vieler organisierter Schwuler und Lesben zu verdanken ist. Zu nennen sind<br />

hier neben dem Lesben- und Schwulenverband (<strong>LSVD</strong>) vor allem die Bundesarbeitsgemeinschaft schwuler und lesbischer<br />

Paare (SLP), die Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Juristen (BASJ), der Völklinger Kreis – Gay Manager (VK), die Ökumenische<br />

Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) und der Bundesverband der Eltern, Freunde und Angehörigen<br />

von Homosexuellen (BEFAH). Sie alle haben dafür gesorgt, dass die Benachteiligungen von schwulen und lesbischen Paaren<br />

in der Öffentlichkeit präsent blieben. Vor allem aber haben diese Verbände in ihrem Wirkungskreis auch ihren ganz<br />

eigenen Beitrag zur Verbesserung der Lebenssituation von Lesben und Schwulen geleistet.<br />

DER REGIERUNGSWECHSEL IM HERBST 1998<br />

Im Herbst 1998 kam es zum Regierungswechsel. SPD und Bündnisgrüne hatten Lesben und Schwule gezielt umworben<br />

und ein Rechtsinstitut für ihre Partnerschaften in Aussicht gestellt. Nun sollten Taten folgen. Hierzu gab es aus den vorangegangenen<br />

Legislaturperioden mehrere Vorschläge. Bündnis90/Die Grünen hatten gefordert, die bürgerlich-rechtliche<br />

Ehe für Lesben und Schwule zu öffnen. Die CDU/CSU hatte bis zum Regierungswechsel alle gesetzlichen Änderungen<br />

abgelehnt und erkannte nach dem Machtverlust nur einen punktuellen Regelungsbedarf an, lehnte aber die Einführung<br />

eines Rechtsinstituts für Lesben und Schwule nach wie vor strikt ab. In der F.D.P hatte sich offensichtlich ein Stimmungswandel<br />

vollzogen. Während man zu Zeiten der Regierungsbeteiligung immer wieder versprochen hatte, sich für eine eingetragene<br />

Partnerschaft nach skandinavischem Vorbild einzusetzen, legte man nun einen Gesetzesentwurf vor, der deutlich<br />

dahinter zurückblieb, weil offenbar Teile der F.D.P. einen umfassenden Abbau der Diskriminierungen nicht mittragen<br />

wollten. Der kurz vor der Bundestagswahl präsentierte Vorschlag der SPD, eine Generalverweisung auf die Rechtsfolgen<br />

der Ehe zu schaffen und anschließend nur noch Ausnahmen aufzuzählen, wäre insgesamt zustimmungspflichtig gewesen.<br />

Deshalb kam dieser Weg nicht mehr in Betracht, nachdem die Regierungskoalition aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen<br />

im Frühjahr 1999 die Mehrheit im Bundesrat verloren hatte.<br />

Aus diesem Grund wurden alle Rechtsfolgen der Lebenspartnerschaft im Einzelnen geregelt. Ein solcher Gesetzesentwurf<br />

hatte den Vorteil, dass man ihn notfalls in einen zustimmungsfreien und einen zustimmungspflichtigen Teil aufspalten<br />

konnte. Dennoch verlief die „Geburt" des LPartG nicht ohne erhebliche Wehen. Der erste Entwurf des Bundesjustizministeriums<br />

sah zwar weit reichende Pflichten für Lebenspartner vor, hatte aber bei den Rechten noch viele Leerstellen, was<br />

heftige Proteste der schwulen und lesbischen Verbände hervorrief. Im weiteren Verlauf wurde eine Koalitionsgruppe mit<br />

Abgeordneten der SPD und Bündnis 90/Die Grünen eingesetzt, die den Entwurf mit dem federführenden Bundesjustizministerium<br />

und den weiteren betroffenen Ministerien aushandeln sollte. Nach einem halben Jahr intensiver Beratungen<br />

konnte die Arbeitsgruppe ein Ergebnis präsentierten, das von den Regierungsfraktionen jeweils einstimmig gebilligt<br />

wurde. Der Gesetzentwurf wurde am 5. Juli 2000 in den Bundestag eingebracht. Am 8. November 2000 empfahl der<br />

Rechtsausschuss wegen des Widerstands der CDU/CSU und der F.D.P. die Aufteilung des Entwurfs in das Lebenspartnerschaftsgesetz<br />

(LPartG) und das Lebenspartnerschaftsgesetzergänzungsgesetz (LPartGErgG), das der Zustimmung des<br />

Bundesrats bedarf. Am 10. November 2000 wurden beide Gesetze vom Bundestag angenommen. Der Bundesrat legte<br />

gegen das LPartG keinen Einspruch ein. Es wurde am 22. Februar 2001 im Bundesgesetzblatt verkündet und trat am 1. August<br />

2001 in Kraft. Dem LPartGErgG hatte der Bundesrat erwartungsgemäß am 1. Dezember 2000 die Zustimmung versagt.<br />

Der Bundestag rief daraufhin den Vermittlungsausschuss an, der bisher keine Einigung erzielen konnte, weil die<br />

CDU/CSU die Beratungen blockiert. Sie hofft, das LPartG mit Hilfe des Bundesverfassungsgerichts doch noch verhindern<br />

zu können.<br />

DAS LEBENSPARTNERSCHAFTSGESETZ VOR DEM BUNDESVERFASSUNGSGERICHT<br />

Die Regierungen von Sachsen und Thüringen hatten nämlich im Juni 2001 beim Bundesverfassungsgericht beantragt, die<br />

Unvereinbarkeit des LPartG mit dem Grundgesetz festzustellen. Im Juli reichte auch die bayerische Regierung einen entsprechenden<br />

Antrag ein. Um das Inkrafttreten des LPartG zu verhindern, hatte Bayern außerdem bereits am 25. April<br />

2001 den Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung durch das Bundesverfassungsgericht beantragt. Sachsen<br />

beantragte im Juni dasselbe. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung<br />

am 18. Juli 2001 abgelehnt. Fünf der Verfassungsrichter waren für diese Entscheidung, drei dagegen. Das Urteil über die<br />

Hauptanträge steht noch aus.<br />

Eine Bemerkung des Vorsitzenden bei der mündlichen Verhandlung über die Eilanträge Bayerns und Sachsens deutet<br />

darauf hin, dass sich das Bundesverfassungsgericht für die Hauptsachenentscheidung nicht so lange Zeit lassen will wie<br />

sonst, also nicht mehrere Jahre. Man rechnet deshalb mit Frühjahr 2002.<br />

AUSBLICK<br />

So ist das Kind endlich zur Welt gebracht, aber es liegt immer noch im Brutkasten. Von den einen voller Hoffnung und<br />

Sorge, von den anderen argwöhnisch beäugt. Wenn es sich gut entwickelt, wachsen und gedeihen darf, wird es (so hofft<br />

der Verfasser) vielleicht der Beginn eines neuen Lebensgefühls für Lesben und Schwule sein. Denn möglicherweise gelingt<br />

es ihm, Toleranz in völlige Akzeptanz zu verwandeln. Und eines fernen Tages könnte sein Nachfolger vielleicht alle<br />

Unterschiede aufheben.<br />

DAS IST UNSER ZIEL UND DAFÜR WERDEN WIR WEITER KÄMPFEN!<br />

Stephan Ladnar, Würzburg, im September 2001<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

5<br />

VORWORT ZUR ERSTEN AUFLAGE


ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS<br />

MITARBEITER/INNEN<br />

Abs.<br />

AufenthG<br />

AO<br />

BAföG<br />

BASJ<br />

BEFAH<br />

BGB<br />

BewG<br />

BVerwGE<br />

d.h.<br />

EGBGB<br />

ErbStG<br />

EStG<br />

FGG<br />

FreizügG/EU<br />

GKG<br />

GrEStG<br />

HuK<br />

i.S.d.<br />

i.V.m.<br />

GKG<br />

LPartG<br />

LPartGErgG<br />

LPartGErgGE<br />

<strong>LSVD</strong><br />

RVG<br />

SGB<br />

SLP<br />

StGB<br />

StPO<br />

StVollzG<br />

SVD<br />

TPG<br />

TSG<br />

u.a.<br />

VK<br />

WoGG<br />

z.B.<br />

ZPO<br />

Absatz<br />

Aufenthaltsgesetz<br />

Abgabenordnung<br />

Bundesausbildungsförderungsgesetz<br />

Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Juristen<br />

= „Schwule Juristen"<br />

Bundesverband der Eltern, Freunde und<br />

Angehörigen von Homosexuellen<br />

Bürgerliches Gesetzbuch<br />

Bewertungsgesetz<br />

Amtliche Sammlung der Entscheidungen des<br />

Bundesverwaltungsgerichts<br />

das heißt<br />

Einführungsgesetz zum Bürgerlichen<br />

Gesetzbuch<br />

Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz<br />

Einkommensteuergesetz<br />

Gesetz über die Angelegenheit der freiwilligen<br />

Gerichtsbarkeit<br />

Freizügigkeitsgesetz/EU<br />

Gerichtskostengesetz<br />

Grunderwerbsteuergesetz<br />

Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle<br />

und Kirche<br />

im Sinne des/der<br />

in Verbindung mit<br />

Gerichtskostengesetz<br />

Lebenspartnerschaftsgesetz<br />

Lebenspartnerschaftsgesetzergänzungsgesetz<br />

Entwurf des Lebenspartnerschaftsgesetzergänzungsgesetzes<br />

Lesben- und Schwulenverband in Deutschland<br />

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz<br />

Sozialgesetzbuch<br />

(SGB I = Sozialgesetzbuch I usw.)<br />

Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule<br />

und Lesbische Paare<br />

Strafgesetzbuch<br />

Strafprozessordnung<br />

Strafvollzugsgesetz<br />

Schwulenverband in Deutschland<br />

Transplantationsgesetz<br />

Transsexuellengesetz<br />

unter anderem<br />

Völklinger Kreis – Gay Manager<br />

Wohngeldgesetz<br />

zum Beispiel<br />

Zivilprozessordnung<br />

Die rechtlichen Informationen in den<br />

aktualisierten Texten dieses Ratgebers beruhen<br />

auf Vorlagen von<br />

Die Lebenspartnerschaft:<br />

Stephan Ladnar<br />

Bismarckstraße 12<br />

97080 Würzburg<br />

Tel. (0931) 2055215<br />

Fax (0931) 2055216<br />

eMail: Ladnar(at)web.de<br />

und<br />

Rechtsanwalt Thomas Emmert<br />

Landshuter Straße 18<br />

93047 Regensburg<br />

Tel. (0941) 598256<br />

Fax (0941) 5841489<br />

eMail: T.D.E(at)t-online.de<br />

Sozialrecht und Transsexuelle<br />

Rechtsanwältin Maria Sabine Augstein<br />

Altes Forsthaus 12<br />

82327 Tutzing<br />

Tel. (08158) 7809<br />

Fax (08158) 9811<br />

eMail: MariaSAugstein(at)aol.com<br />

Beamte, Angestellte und Arbeiter<br />

Bundesanwalt beim BGH a.D. Manfred Bruns,<br />

Stuttgart<br />

Steuerrecht<br />

Bundesanwalt beim BGH a.D. Manfred Bruns,<br />

Stuttgart<br />

Ausländer- und Staatsangehörigkeitsrecht<br />

Rechtsanwalt und Notar Dirk Siegfried<br />

Motzstraße 1<br />

10777 Berlin<br />

Tel. (030) 21568-03 oder 11<br />

Fax (030) 2156813<br />

eMail: wuerdinger(at)snafu.de<br />

Die Texte wurden überarbeitet und redigiert von<br />

Bundesanwalt beim BGH a.D. Manfred Bruns,<br />

Stuttgart<br />

Die Bedeutung der übrigen, hier nicht aufgeführten<br />

Abkürzungen erschließt sich aus dem Textzusammenhang.<br />

6<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS / MITARBEITER/INNEN


1.DIE LEBENSPARTNERSCHAFT<br />

INHALT 7-40<br />

1. VORBEMERKUNG ZUM SPRACH-<br />

GEBRAUCH 8<br />

2. VERLOBUNG 8<br />

3. BEGRÜNDUNG DER LEBENS-<br />

PARTNERSCHAFT 9<br />

3.1. Wer kann eine Lebenspartnerschaft eingehen9<br />

3.2. Welche Behörde ist zuständig 9<br />

3.3. Welche Papiere brauchen wir 10<br />

3.4. Gebühren 11<br />

3.5. Zeremonie, Trauzeugen 11<br />

4. LEBENSPARTNERSCHAFTSNAMEN<br />

UND BEGLEITNAME 11<br />

5. GÜTERSTAND UND LEBENS-<br />

PARTNERSCHAFTSVERTRÄGE 12<br />

5.1. Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft<br />

5.2. Haushaltsgegenstände<br />

5.3. Verfügungen über Vermögen im Ganzen<br />

5.4. Modifizieren der Zugewinngemeinschaft<br />

5.5. Andere Güterstände<br />

5.6. Lebenspartnerschaftsverträge<br />

6. VERSORGUNGSAUSGLEICH 16<br />

6.1. Ausgleichspflicht<br />

6.2. Ausgleichsform<br />

6.3. Versorgungskürzung beim ausgleichspflichtigen<br />

Lebenspartner<br />

6.4. Zeitpunkt des Versorgungsausgleichs<br />

6.5. Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen<br />

6.6. Sonstiges<br />

7. WIRKUNGEN DER LEBENS-<br />

PARTNERSCHAFT 19<br />

7.1. Lebensgemeinschaft<br />

7.2. Lebenspartnerschaftsunterhalt<br />

7.3. Kinderfreibetrag bzw. Kindergeld<br />

für Lebenspartner<br />

7.4. Schlüsselgewalt<br />

7.5. Zwangsvollstreckung<br />

7.6. Haftungserleichterung<br />

7.7. Versicherungen<br />

7.8. Verjährung<br />

9. KINDER 25<br />

9.1. Adoption<br />

9.1.1. Keine gemeinschaftliche Adoption<br />

9.1.2. Stiefkindadoption<br />

9.1.3. Einwilligung in die Stiefkindadoption<br />

9.1.4. Insemination durch Nein-Spender und<br />

Stiefkindadoption<br />

9.1.5. Ersetzung der Einwilligung des<br />

anderen Elternteils<br />

9.2. Einbenennung<br />

9.3. Kleines Sorgerecht und Notsorgerecht<br />

9.4. Umgangsrecht<br />

9.5. Verbleibensanordnung<br />

10.ERBRECHT 30<br />

10.1. Gesetzliche Erbfolge und Erbeinsetzung<br />

durch Testament oder Erbvertrag<br />

10.2. Testament und Erbvertrag<br />

11.TRENNUNG 32<br />

11.1. Trennungsunterhalt<br />

11.2. Hausratsverteilung<br />

11.3. Wohnungszuweisung<br />

12.AUFHEBUNG 34<br />

12.1. Fristen und Verfahren<br />

12.2. Getrenntleben<br />

12.3. Der nachpartnerschaftliche Unterhalt<br />

12.4. Maß, Ausschluss und Kürzung von<br />

Unterhaltsansprüchen<br />

12.5. Hausratsverteilung und<br />

Wohnungszuweisung<br />

13.WILLENSMÄNGEL UND LEBENS-<br />

PARTNERSCHAFTSHINDERNISSE 38<br />

13.1. Aufhebung wegen Willensmängeln<br />

13.2. Nichtigkeit wegen Lebenspartnerschaftshindernissen<br />

8. ANGEHÖRIGENSTATUS 22<br />

8.1. Familienangehöriger und Schwägerschaft<br />

8.2. Wo müssen wir die Begründung der<br />

Lebenspartnerschaft angeben<br />

8.3. Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrecht<br />

8.4. Beistand, Strafantrag, Nebenklage<br />

8.5. Betreuung<br />

8.6. Zustellungen<br />

8.7. Versicherungen<br />

8.8. Untersuchungs- und Strafhaft<br />

8.9. Ärztliche Schweigepflicht<br />

8.10. Totensorge und Angehörigenstatus<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

7<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


1.VORBEMERKUNG ZUM SPRACHGEBRAUCH<br />

Das neue Rechtsinstitut für gleichgeschlechtliche Menschen wird vom Gesetz „Lebenspartnerschaft" genannt, und die<br />

Menschen, die eine Lebenspartnerschaft eingegangen sind, heißen laut Gesetz „Lebenspartner“.<br />

Die üblichen Kurzbezeichnungen für den Familienstand sind im "Datensatz für das Meldewesen" festgelegt, der für die<br />

Datenübermittlung zwischen den Meldebehörden und an andere Behörden oder sonstige öffentliche Stellen vorgeschrieben<br />

ist. Der Datensatz wird von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände unter Federführung des<br />

Bundesministeriums des Innern herausgegeben und ist mit Wirkung vom 01.08.2001 wie folgt geändert worden (siehe<br />

Blatt 1401 des Datensatzes):<br />

• LD = ledig<br />

• VH = verheiratet<br />

• VW = verwitwet<br />

• GS = geschieden<br />

• LP = Lebenspartnerschaft<br />

• LV = Lebenspartner verstorben<br />

• LA = Lebenspartnerschaft aufgehoben<br />

• FU = Familienstand unbekannt<br />

Eine gesetzliche Grundlage für diese Kurzbezeichnungen gibt es nicht. Üblicherweise pflegen aber auch alle anderen<br />

öffentlichen und privaten Organisationen und Firmen die im "Datensatz für das Meldewesen" vorgeschriebenen Kurzbezeichnungen<br />

zu verwenden, damit ihre Systeme kompatibel sind.<br />

Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist der Familienstand "ledig" etwas anderes als der Familienstand<br />

"Lebenspartnerschaft". Lebenspartner dürfen deshalb in Personaldateien nicht als "ledig" gespeichert werden. Ist dies<br />

doch geschehen, können Lebenspartner verlangen, dass die über sie gespeicherten unrichtigen Daten berichtigt werden.<br />

(Siehe unsere Rechtsprechungsliste im Internet http://typo3.lsvd.de/211.0.html#886, in der noch weitere Urteile aufgeführt<br />

sind.).<br />

Da der Ausdruck Lebenspartner bisher auch für nichteheliche Partner und Partnerinnen üblich war, hat das Gesetz für<br />

nichtehelich verbundene bzw. nicht eingetragene Personen den Begriff „Lebensgefährte" eingeführt.<br />

Für die Lebensgemeinschaften verschiedengeschlechtlicher Lebensgefährten verwenden die Juristen die Bezeichnung<br />

„eheähnlich", um sie von den gleichgeschlechtlichen nichtehelichen Lebensgemeinschaften abzugrenzen. Zugleich<br />

diente diese „Begriffsjurisprudenz" bislang dazu, den nichtehelichen gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften<br />

Rechte abzusprechen, die eheähnlichen Lebensgemeinschaften zugesprochen wurden.<br />

Wie werden wir selbst unsere Partnerschaften bezeichnen Uns sind Lesben und Schwule sympathisch, die selbstbewusst<br />

davon sprechen, dass sie „heiraten" bzw. „verheiratet" sind, und die ihren Mann und ihre Frau als das vorstellen, was sie<br />

sind, nämlich „mein Mann" bzw. „meine Frau".<br />

Siehe dazu auch unten: 8.2. Wo müssen wir die Begründung der Lebenspartnerschaft angeben<br />

2.VERLOBUNG<br />

Dieter und Rolf einigen sich, dass sie eine Lebenspartnerschaft begründen und zusammenziehen wollen, sobald Dieter<br />

sein Staatsexamen geschafft hat. Im Rahmen einer kleinen Verlobungsfeier überrascht Rolf Dieter mit einer teueren<br />

Armbanduhr. Rolf mietet eine größere Wohnung an und kauft für Dieter einen „Hochzeitsanzug". Dieser verliebt<br />

sich auf seiner Examensparty in einen anderen Mann und lässt die „Verlobung" platzen.<br />

Bekanntermaßen ist das Verlöbnis ein Eheversprechen. Seit dem 01.01.2005 können sich nunmehr auch Schwule und<br />

Lesben “rechtswirksam” verloben. Das LPartG alter Fassung sah diese Möglichkeit nicht vor. Eine Verlobung von Lesben<br />

und Schwulen hatte bislang keinerlei rechtliche Bedeutung. Die neue Fassung nimmt nun Bezug auf die entsprechenden<br />

Regelungen im Eherecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Folgerichtig handelt es sich bei der Verlobung von Schwulen<br />

und Lesben um ein “Lebenspartnerschaftsversprechen”.<br />

Das Verlöbnis ist ein Vertrag, dessen Schließung an keine Form gebunden ist. Insbesondere ist es nicht notwendig, dass<br />

das Verlöbnis durch eine Zeitungsanzeige öffentlich bekannt gemacht wird. Das Verlöbnis begründet eine Verpflichtung<br />

zur Eingehung der Ehe bzw. der Lebenspartnerschaft. Die Einhaltung dieser Verpflichtung kann jedoch nicht durch eine<br />

Klage durchgesetzt werden. Auch das Versprechen einer Strafe – also der Zahlung eines Geldbetrages – für den Fall, dass<br />

die Eingehung der Ehe/Lebenspartnerschaft unterbleibt, ist unwirksam. Sollte ein solches Versprechen gegeben worden<br />

sein, können hieraus keinerlei Ansprüche geltend gemacht werden.<br />

An dieser Stelle soll kurz auf den veralteten Rechtsbegriff des “Kranzgeldes” eingegangen werden, der erstaunlicherweise<br />

auch vielen jungen Menschen noch immer ein Begriff ist und oft für einen pauschalen Schadensersatzanspruch für den<br />

Fall der Lösung des Verlöbnisses gehalten wird. Einen solchen gesetzlichen Anspruch gibt es jedoch nicht und hat es nie<br />

gegeben. Das “Kranzgeld” war in § 1300 BGB geregelt und sah einen Schadensersatzanspruch für die unbescholtene<br />

Verlobte vor, die ihrem Verlobten mit Blick auf die baldige Heirat vorehelichen Geschlechtsverkehr gestattet hatte. Nach<br />

der Lösung des Verlöbnisses sollte die Frau eine finanzielle Wiedergutmachung für seelische Schmerzen und die Einbuße<br />

sozialer Wertschätzung erhalten.<br />

8<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


Das Kranzgeld ist inzwischen abgeschafft und ist nicht zu verwechseln mit der noch immer gültigen Regelung des § 1298<br />

BGB, die den Ausgleich von tatsächlichen materiellen Schäden vorsieht, die dadurch entstanden sind, dass im Hinblick<br />

auf die zu schließende Ehe/Lebenspartnerschaft Aufwendungen gewissermaßen umsonst getätigt wurden. Bei einer<br />

Lösung des Verlöbnisses steht dieser Anspruch nicht nur dem Verlobten zu, der an dem Verlöbnis festhalten wollte, sondern<br />

auch dessen Eltern, ja sogar dritten Personen wie Verwandten und Freunden, die entsprechende Aufwendungen<br />

tätigten. Die Aufwendungen müssen nach den konkreten Umständen als angemessen erscheinen. Für unangemessen<br />

hohe Aufwendungen kann kein Ersatz verlangt werden.<br />

Dieter muss Rolf daher die Kosten für den Hochzeitsanzug ersetzen (und erhält dafür freilich auch den Anzug). Auch<br />

die durch die Anmietung einer größeren Wohnung verursachten Mehrkosten kann Rolf ersetzt verlangen.<br />

Wichtig ist, dass die Aufwendungen unterblieben wären, wenn die Lösung des Verlöbnisses vorausgesehen worden wäre.<br />

Wollte Rolf unabhängig von seiner Verlobung mit Dieter ohnehin eine neue Wohnung dieser Größe beziehen, so könnte<br />

er keinen Ersatz verlangen. Gleiches gilt natürlich, wenn Rolf nachträglich den Entschluss fasst, die neue Wohnung<br />

auf alle Fälle zu behalten.<br />

Ein Ersatzanspruch besteht nicht, wenn der von dem Verlöbnis Zurücktretende durch einen “wichtigen Grund” zu diesem<br />

Schritt veranlasst wurde (z.B. Verlust der gegenseitigen Zuneigung oder aber eine plötzliche schwere Erkrankung des<br />

Zurücktretenden).<br />

Schließlich können die Verlobten gemäß § 1301 BGB im Falle der Lösung des Verlöbnisses auch das zurückverlangen, was<br />

sie einander geschenkt haben.<br />

Rolf kann daher von Dieter die teuere Armbanduhr zurückfordern, die er ihm anlässlich der Verlobung geschenkt hatte.<br />

Der Anspruch gilt übrigens für alle Geschenke, nicht nur für die anlässlich der Verlobung getätigten.<br />

Von zentraler Bedeutung ist, dass Verlobte als “Angehörige” im Sinne des Gesetzes gelten. Ihnen steht daher ein Zeugnisverweigerungsrecht<br />

zu. Das gilt für alle Verfahrensarten, ausgenommen die Steuerverfahren vor den Finanzämtern<br />

und den Finanzgerichten. Der dafür maßgebliche § 15 AO sollte durch den bisher gescheiterten LPartGErgGE entsprechend<br />

geändert werden.<br />

In der Praxis werden auch verschiedengeschlechtlich zusammenlebende Lebensgefährten als Verlobte behandelt und<br />

ihnen ein Zeugnisverweigerungsrecht zugestanden, selbst wenn sie tatsächlich nicht vorhaben, demnächst zu heiraten.<br />

Das wird in Zukunft bei gleichgeschlechtlichen zusammenlebenden Lebensgefährten genauso gehandhabt werden.<br />

3.BEGRÜNDUNG DER LEBENSPARTNERSCHAFT<br />

3.1. WER KANN EINE LEBENSPARTNERSCHAFT EINGEHEN<br />

Wenn § 1 Abs. 1 Satz 1 LPartG verlangt, dass die beiden Lebenspartner das gleiche Geschlecht haben müssen, knüpft die<br />

Norm damit nur an das Geschlecht, nicht aber an die sexuelle Identität an. Es genügt also, dass es sich um zwei Männer<br />

oder zwei Frauen handelt. Ob sie lesbisch bzw. schwul oder heterosexuell sind, ist irrelevant. Das LPartG eröffnet damit<br />

auch Heterosexuellen gleichen Geschlechtes die Möglichkeit, eine Lebenspartnerschaft zu begründen. Die Zulässigkeit<br />

einer Ehe hängt übrigens ebenfalls nur vom Geschlecht der Verlobten, nicht aber von ihrer sexuellen Identität ab. Ob und<br />

was sexuell in einer Lebenspartnerschaft oder einer Ehe geschieht, geht den Staat nichts an!<br />

3.2 WELCHE BEHÖRDE IST ZUSTÄNDIG<br />

Das LPartG hat die Bestimmung der "zuständigen Behörde" den Ländern überlassen, weil das Gesetz sonst nur mit Zustimmung<br />

des Bundesrats hätte verabschiedet werden können. Nach den Landesausführungsgesetzen sind zuständig in:<br />

• Baden-Württemberg: in den Landkreisen die Landratsämter und in den Stadtkreisen die Gemeinden<br />

(letzteres bedeutet: in kreisfreien Städten die Stadtverwaltungen);<br />

• Bayern: die Notare;<br />

• Berlin: die Standesbeamten der Bezirke;<br />

• Brandenburg: die Ämter, amtsfreien Gemeinden und kreisfreien Städte;<br />

• Bremen: die Standesbeamten;<br />

• Hamburg: die Standesbeamten;<br />

• Hessen: der Gemeindevorstand (also die Gemeinde- und Stadtverwaltungen);<br />

• Mecklenburg-Vorpommern: die Standesbeamten;<br />

• Niedersachsen: die Standesbeamten;<br />

• Nordrhein-Westfalen: die Standesbeamten;<br />

• Rheinland-Pfalz: die Kreisverwaltungen, in kreisfreien Städten die Stadtverwaltungen;<br />

• Saarland: die Gemeinden;<br />

• Sachsen: die Standesbeamten;<br />

• Sachsen-Anhalt: die Standesbeamten;<br />

• Schleswig-Holstein: die Standesbeamten;<br />

• Thüringen: die Landkreise und kreisfreien Städte.<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

9<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


Wenn Länder die Gemeinden, Stadtverwaltungen oder kreisfreien Städte für zuständig erklärt haben, heißt das nicht,<br />

dass die Lebenspartnerschaften dort überhaupt nicht auf den Standesämtern eingegangen werden können. Die Gemeinden<br />

haben die Möglichkeit, ihrerseits die Standesbeamten für zuständig zu erklären und viele haben das inzwischen auch<br />

getan. Man muss sich deshalb jeweils vor Ort erkundigen, welche Stelle zuständig ist.<br />

Maria und Sylvia wohnen in Fulda. Dort kann man die Lebenspartnerschaft nicht beim Standesamt begründen. Maria<br />

und Sylvia möchten unbedingt auf dem Standesamt „heiraten" und zwar in Köln.<br />

Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach den Wohnungen der Lebenspartner, bei mehreren Wohnungen nach ihrer<br />

Hauptwohnung, beim Fehlen einer Wohnung nach ihrem gewöhnlichen Aufenthalt. Sind danach mehrere Behörden zuständig,<br />

haben die Lebenspartner die Wahl.<br />

Wollen die Lebenspartner die Lebenspartnerschaft vor einer örtlich unzuständigen Behörde begründen, so muss vorher<br />

die örtlich zuständige Behörde bescheinigen, dass der Begründung der Lebenspartnerschaft kein Hindernis entgegensteht.<br />

Diese Möglichkeit ist aber nicht in allen Landesausführungsgesetzen vorgesehen (siehe die Zuständigkeitsvorschriften<br />

in den Landesausführungsgesetzen, http://www.typo3.lsvd.de/index.phpid=423#2095).<br />

Die Lebenspartnerschaft kann zurzeit noch nicht bei den deutschen Auslandsvertretungen eingegangen werden.<br />

In einigen Bundesländern ist es möglich, dort eine Lebenspartnerschaft auch dann zu begründen, wenn man in Deutschland<br />

keinen Wohnsitz hat. Maßgebend ist dann der gewöhnliche Aufenthaltsort, das ist z.B. der Ort, an dem man sich<br />

während eines Urlaubs in Deutschland aufhält (siehe die Ausführungsgesetze der Bundesländer und dort jeweils die<br />

Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit).<br />

Unabhängig davon kann man bei allen bayerischen Notaren die Lebenspartnerschaft begründen. Man braucht dort nicht<br />

zu wohnen oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu haben.<br />

3.3. WELCHE PAPIERE BRAUCHEN WIR<br />

Bei der Anmeldung für eine Eingetragene Lebenspartnerschaft muss man - genauso wie bei der Anmeldung für eine Eheschließung<br />

- die Identität, die Namensführung, den Familienstand und den Wohnsitz für die Zuständigkeit nachweisen.<br />

Die Lebenspartner müssen demgemäß vorlegen:<br />

• Personalausweis oder Reisepass;<br />

• wenn die Lebenspartner und -partnerinnen im Inland gemeldet sind, eine Bescheinigung der für die Hauptwohnung<br />

zuständigen Meldebehörde über ihre Vor- und Familiennamen, ihren Familienstand, ihren Wohnort und ihre Staatsangehörigkeit;<br />

• eine beglaubigte Abschrift oder ein Auszug aus dem Familienbuch ihrer Eltern oder, falls sie in einem solchen Familienbuch<br />

nicht eingetragen oder als Kind angenommen worden sind, ihre Abstammungsurkunde;<br />

• wenn sie schon verheiratet oder verpartnert waren, ihre Abstammungsurkunde und eine beglaubigte Abschrift oder<br />

ein Auszug aus dem Familien-/ Lebenspartnerschaftsbuch ihrer letzten Ehe/Lebenspartnerschaft oder, falls für diese<br />

Ehe/Lebenspartnerschaft kein Familien-/Lebenspartnerschaftsbuch geführt wird, die Heiratsurkunde/Lebenspartnerschaftsurkunde;<br />

• wenn Lebenspartner und -partnerinnen schon verheiratet oder verpartnert waren, sind alle früheren Ehen und<br />

Lebenspartnerschaften und die Art der Auflösung anzugeben. Die Auflösung muss nachgewiesen werden. Ist die letzte<br />

Ehe oder Lebenspartnerschaft nicht auf einem deutschen Standesamt oder einer deutschen Behörde geschlossen<br />

worden, ist auch die Auflösung etwaiger weiterer Vorehen nachzuweisen, es sei denn, dass eine entsprechende Prüfung<br />

bereits anlässlich einer früheren Eheschließung oder Verpartnerung im Inland durchgeführt worden ist;<br />

• Lebenspartner mit ausländischer Staatsangehörigkeit müssen diese durch ein amtliches Ausweispapier mit Angabe<br />

der Staatsangehörigkeit oder durch eine Bescheinigung der zuständigen Behörde ihres Heimatstaates nachweisen.<br />

Der Familienstand ist durch eine Bescheinigung der zuständigen Stelle des Heimatlandes nachzuweisen (sogenannte<br />

Ledigkeitsbescheinigung).<br />

Die Bescheinigungen dürfen in der Regel nicht älter als sechs Monate sein.<br />

Ob ausländische Urkunden legalisiert (Das ist eine besondere Form der Beglaubigung) sein müssen, ist unklar. Manche<br />

Behörden verlangen die Legalisierung, andere nicht. Danach muss man sich erkundigen.<br />

Das Auswärtige Amt hat den Standesämtern und den sonst zuständigen Behörden empfohlen, bei etwa 20 Staaten die<br />

vorgelegten Dokumente vor einer Eheschließung oder Begründung einer Lebenspartnerschaft immer zu überprüfen. Zu<br />

diesem Zweck werden die Dokumente über das Auswärtige Amt an die jeweilige deutsche Botschaft geschickt, die sie von<br />

einem vereidigten Anwalt überprüfen lässt. Diese Prüfung ist kostenpflichtig. Da im Vorfeld nicht genau gesagt werden<br />

kann, was die Prüfung kostet, muss das Paar 255 Euro hinterlegen. Wird es billiger, gibt es den Restbetrag zurück. Wie<br />

lange die Prüfung dauert, kann man vorher nicht genau sagen.<br />

Genauere Einzelheiten findet Ihr auf der Webseite des Auswärtigen Amtes: http://www.auswaertiges-amt.de/www/de/<br />

laenderinfos/konsulat/urkundenverkehr_html, Menüpunkte -> B Ausländische öffentliche Urkunden zur Verwendung in<br />

Deutschland -> V. Prüfung von Urkunden im Rahmen der Amtshilfe<br />

Ausländer haben zuweilen Probleme, eine Bescheinigung ihrer Heimatbehörde darüber beizubringen, dass sie ledig<br />

10<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


sind. Manche Staaten stellen eine solche Bescheinigung nur aus, wenn die Person genannt wird, die geheiratet werden<br />

soll. Andere verlangen (zusätzlich) eine notariell beglaubigte Bestätigung des Verlöbnisses.<br />

In solchen Fällen oder wenn die Beschaffung der erforderlichen Nachweise aus anderen Gründen nicht oder nur mit<br />

erheblichen Schwierigkeiten oder unverhältnismäßig hohen Kosten möglich ist, können auch andere beweiskräftige<br />

Bescheinigungen anerkannt werden. Notfalls darf der zuständige Beamte eidesstattliche Versicherungen der Partner<br />

entgegennehmen.<br />

3.4 GEBÜHREN<br />

„Gutwillige" Bundesländer erheben nur dieselben Gebühren wie bei Eheschließungen. Diese sind nicht „kostendeckend".<br />

Die anderen Länder lehnen es ab, Lebenspartnerschaften genauso wie Ehen zu behandeln und berechnen angeblich<br />

kostendeckende, wesentlich höhere Gebühren.<br />

3.5. ZEREMONIE, TRAUZEUGEN<br />

Über die „Trauungszeremonie" sagt das LPartG nur, dass die Partner „gegenseitig persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit<br />

erklären" müssen, „miteinander eine Lebenspartnerschaft auf Lebenszeit führen zu wollen. Die Erklärungen<br />

werden wirksam, wenn sie vor der zuständigen Behörde erfolgen" (§ 1 Abs. 1 LPartG).<br />

Manche Landesausführungsgesetze bestimmen ergänzend, dass der Standesbeamte die Betroffenen einzeln befragen<br />

soll, ob sie eine Lebenspartnerschaft begründen wollen (Bremen, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen,<br />

Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein). Wenn die Lebenspartner die Frage bejaht haben, soll der<br />

Standesbeamte erklären, dass die Lebenspartnerschaft nunmehr begründet ist (Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern,<br />

Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein). Die Erklärung kann in Gegenwart<br />

von bis zu zwei volljährigen Zeugen erfolgen, die die Lebenspartnerschaftsurkunde mit unterschreiben sollen (Hamburg,<br />

Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein).<br />

In den Ländern, in denen solche ergänzende Vorschriften fehlen, steht es den Standesbeamten oder sonst zuständigen<br />

Beamten frei, wie sie die Zeremonie gestalten und ob sie die Mitwirkung von Trauzeugen zulassen, sofern nicht ihre<br />

Vorgesetzten ihnen bindende Weisungen erteilt haben. Man sollte deshalb mit den Beamten besprechen, wie man sich die<br />

Zeremonie wünscht. Es wird nur wenige Beamte geben, die zwei Menschen einen bedeutenden Tag und eine schöne<br />

Feierstunde verderben möchten.<br />

Letztlich liegt es an den Paaren selbst, wie sie den Tag und das Zeremoniell gestalten. Wenn sich die Partner nach dem<br />

"Ja-Wort" küssen, wenn sie Ringe austauschen, einer (oder beide) einen Blumenstrauß in das Publikum werfen - oder was<br />

auch immer -, niemand wird es ihnen in dieser Stunde untersagen können.<br />

4.LEBENSPARTNERSCHAFTSNAMEN UND BEGLEITNAME<br />

Ehegatten „sollen einen gemeinsamen Familiennamen (Ehenamen)" (§ 1355 BGB), Lebenspartner „können einen gemeinsamen<br />

Namen (Lebenspartnerschaftsnamen) bestimmen". Tun die Lebenspartner das nicht, führen sie ihren bisherigen<br />

Namen weiter (§ 3 LPartG).<br />

Lebenspartner können den Geburtsnamen oder den zur Zeit der Erklärung über die Bestimmung des Lebenspartnerschaftsnamens<br />

geführten Ehe- oder Lebenspartnerschaftsnamen eines der Partner zu ihrem Lebenspartnerschaftsnamen<br />

bestimmen.<br />

Geburtsname ist der Name, der in die Geburtsurkunde eines Lebenspartners zum Zeitpunkt der Wahl des Lebenspartnerschaftsnamens<br />

einzutragen ist (§ 3 Abs. 4 LPartG). Das kann ein anderer Name als der ursprüngliche Geburtsname sein,<br />

wenn sich z. B. der Geburtsname durch Adoption geändert hat.<br />

Die Erklärungen über die Bestimmung des Lebenspartnerschaftsnamens sollen bei der Begründung der Lebenspartnerschaft<br />

erfolgen. Sie werden wirksam, wenn sie vor dem Standesbeamten oder der sonst zuständigen Behörde erfolgen.<br />

Die Partner können den Lebenspartnerschaftsnamen aber auch später festlegen. Eine Frist existiert dafür nicht. Die<br />

späteren Erklärungen müssen öffentlich beglaubigt werden.<br />

Hat man sich einmal für einen Lebenspartnerschaftsnamen entschlossen, ist eine nachträgliche Korrektur der Wahl<br />

nicht möglich.<br />

Ein Lebenspartner, dessen Name nicht Lebenspartnerschaftsname wird, kann durch Erklärung dem Lebenspartnerschaftsnamen<br />

seinen Geburtsnamen oder den zur Zeit der Erklärung über die Bestimmung des Lebenspartnerschaftsnamens<br />

geführten Namen als Begleitnamen voranstellen oder anfügen. Dies gilt nicht, wenn der Lebenspartnerschaftsname<br />

aus mehreren Namen besteht. Besteht der Name eines Lebenspartners aus mehreren Namen, so kann nur einer<br />

dieser Namen hinzugefügt werden.<br />

Die Wahl des Begleitnamens erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten oder der sonst zuständigen Behörde<br />

bei der Begründung der Lebenspartnerschaft oder nachträglich durch eine öffentlich beglaubigte Erklärung. Eine Frist<br />

besteht dafür nicht. Anders als die Wahl des Lebenspartnerschaftsnamens ist die Wahl des Begleitnamens widerruflich.<br />

Nach dem Widerruf ist die Wahl eines neuen Begleitnamens unzulässig. Man kann daher die Position des Begleitnamens<br />

nicht nachträglich durch Widerruf ändern.<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

11<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


Corinna hieß ursprünglich Schmidt. Sie war zuvor mit Olaf Meiningen verheiratet und heißt deshalb – genauso wie ihre<br />

beiden Kinder - Meiningen. Sie will mit Angela Schön eine Lebenspartnerschaft eingehen.<br />

Zum Lebenspartnerschaftsnamen können die beiden ihre Geburtsnamen oder den Ehenamen von Corinna bestimmen.<br />

Dasselbe würde gelten, wenn "Meiningen" der Lebenspartnerschaftsname von Corinna wäre.<br />

Corinna und Angela haben somit folgende Wahlmöglichkeiten:<br />

• Sie wählen keinen Lebenspartnerschaftsnamen. Dann behalten sie ihre Namen "Meiningen" und "Schön".<br />

• Sie können die Namen "Meiningen", "Schmidt", "Schmidt-Meiningen", "Meiningen-Schmidt" oder "Schön" zum Lebenspartnerschaftsnamen<br />

wählen.<br />

Wenn sich die beiden für den Doppelnamen Schmidt-Meiningen" oder "Meiningen-Schmidt" als Lebenspartnerschaftsnamen<br />

entscheiden, muss Corinna zunächst erklären, dass sie ihren Geburtsnamen "Schmidt" ihrem Ehe- (oder<br />

Lebenspartnerschaftsnamen) "Meiningen" voranstellen oder anfügen will (§ 1355 Abs. 5 bzw. § 3 Abs. 3 LPartG).<br />

• Dagegen können Corinna und Angela ihren Lebenspartnerschaftsnamen nicht aus ihren Geburtsnamen "Schmidt"<br />

und "Schön" bilden. Die Kombination "Schmidt-Schön" oder "Schön-Schmidt" ist als Lebenspartnerschaftsname nicht<br />

möglich.<br />

• Wenn Corinna bereits "Schmidt-Meiningen" oder "Meiningen-Schmidt" heißt und sich die beiden für den Namen<br />

"Meiningen" als Lebenspartnerschaftsnamen entscheiden, muss Corinna zunächst ihre frühere Erklärung widerrufen,<br />

dass ihr Geburtsname "Schmidt" ihrem Ehenamen "Meiningen" vorangestellt oder angefügt werden soll (§ 1355 Abs.<br />

4 Satz 4 BGB bzw. § 3 Absatz 2 Satz 4 LPartG).<br />

• Wenn sich die beiden für die Lebenspartnerschaftsnamen "Schmidt" oder "Meiningen" entscheiden, kann Angela<br />

ihren Geburtsnamen "Schön" dem Lebenspartnerschaftsnamen voranstellen (Angela Schön-Schmidt bzw.<br />

Angela Schön-Meiningen) oder anfügen (Angela Schmidt-Schön oder Angela Meiningen-Schön). Corinna kann<br />

dagegen keinen Begleitnamen wählen, weil ihr Name "Schmidt" bzw. "Meiningen" zum Lebenspartnerschaftsnamen<br />

geworden ist.<br />

• Wenn sich die beiden für den Lebenspartnerschaftsnamen "Schön" entscheiden, kann Corinna ihren<br />

Geburtsnamen "Schmidt" oder ihren Ehenamen "Meiningen" dem Lebenspartnerschaftsnamen voranstellen<br />

(Corinna Schmidt-Schön bzw. Corinna Meiningen-Schön) oder anfügen (Corinna Schön-Schmidt oder Corinna Schön-<br />

Meiningen). Angela kann dagegen keinen Begleitnamen wählen, weil ihr Name "Schön" zum Lebenspartnerschaftsnamen<br />

geworden ist.<br />

• Wenn die beiden den Doppelnamen "Schmidt-Meiningen" oder "Meiningen-Schmidt" zum Lebenspartnerschaftsnamen<br />

wählen, darf Corinna ihren Geburtsnamen "Schön" dem Doppelnamen nicht voranstellen oder anfügen.<br />

• Wenn Corinna bereits "Schmidt-Meiningen" oder "Meiningen-Schmidt" heißt und sich die beiden für den Lebenspartnerschaftsnamen<br />

"Schön" entscheiden, darf Corinna nicht Ihren Doppelnamen, sondern nur den Namensbestandteil<br />

"Schmidt" oder "Meiningen" dem Lebenspartnerschaftsnamen voranstellen oder anfügen.<br />

Wenn Corinna und Angela als Lebenspartnerschaftsnamen einen anderen Namen als "Meiningen" wählen, können<br />

Corinna und Angela den Kindern von Corinna mit Zustimmung des Vaters ihren Lebenspartnerschaftsnamen erteilen<br />

(§ 9 Abs. 5 LPartG i.V.m. § 1618 Satz 2 bis 6 BGB). Das nennt man Einbenennung. (siehe unten: 9.2. Einbenennung)<br />

Corinna Meiningen geb. Schmidt und Angela Schön haben ihre Lebenspartnerschaft vor dem Inkrafttreten des Gesetzes<br />

zur Änderung des Ehe- und Lebenspartnerschaftsrechts begründet. Sie hätten sich gern "Meiningen" genannt.<br />

Da damals aber nur die Geburtsnamen zum Lebenspartnerschaftsnamen gewählt werden konnten, haben sie keinen<br />

Lebenspartnerschaftsnamen gewählt.<br />

Da der Lebenspartnerschaftsname auch später festgelegt werden kann, können Corinna und Angela jetzt den Namen<br />

"Meiningen"wählen.<br />

Da Corinna und Angela den Namen "Meiningen" damals nicht wählen konnten, haben sie sich für den Namen "Schön"<br />

entschieden<br />

Wenn Corinna und Angela den Namen "Meiningen" noch immer schöner finden, können sie diesen bis zum 12.02.2006<br />

durch Erklärung gegenüber der nach Landesrecht zuständigen Stelle nachträglich wählen.<br />

5.GÜTERSTAND UND LEBENSPARTNERSCHAFTSVERTRÄGE<br />

5.1. DER GÜTERSTAND DER ZUGEWINNGEMEINSCHAFT<br />

Die Lebenspartner leben gemäß § 6 LPartG wie Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, sofern sie nicht in<br />

einem Lebenspartnerschaftsvertrag etwas anderes vereinbaren. Die §§ 1363 Abs. 2 bis § 1390 BGB gelten entsprechend.<br />

Das LPartG alter Fassung sah vor, dass sich die Lebenspartner vor Eingehung der Lebenspartnerschaft über ihren Güterstand<br />

erklären müssen. Dies ist nun nicht mehr erforderlich. Erklären die Lebenspartner nichts über ihren Güterstand, so<br />

leben sie automatisch im Güterstand der Zugewinngemeinschaft.<br />

Beim Güterstand der Zugewinngemeinschaft bleiben die Vermögen der Lebenspartner getrennt. Rechte und Forderungen<br />

stehen den Partnern zu, die sie vor oder während der Partnerschaft erworben haben bzw. erwerben. Ein Konto bzw.<br />

12<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


ein Bankguthaben bleibt im Vermögen des Partners, auf dessen Namen es lautet. Das gilt auch für die Schulden. Jeder<br />

Lebenspartner verwaltet sein Vermögen selbst.<br />

Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft ist also ein Güterstand der Gütertrennung. Der einzige Unterschied besteht<br />

darin, dass der Zugewinn, den die Partner während der Partnerschaft erzielt haben, nach Beendigung der Partnerschaft<br />

ausgeglichen wird.<br />

• Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen eines Lebenspartners sein Anfangsvermögen übersteigt<br />

(§ 1373 BGB).<br />

• Anfangsvermögen ist das Vermögen, das einem Lebenspartner nach Abzug der Verbindlichkeiten beim Eintritt des<br />

Güterstandes gehört; die Verbindlichkeiten können nur bis zur Höhe des Vermögens abgezogen werden (§ 1374 BGB).<br />

• Endvermögen ist das Vermögen, das einem Lebenspartner nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Beendigung des<br />

Güterstandes gehört (§ 1375 BGB).<br />

Dem Endvermögen eines Lebenspartners wird der Betrag hinzugerechnet, um den dieses Vermögen dadurch vermindert<br />

ist, dass der Lebenspartner nach Eintritt des Güterstandes<br />

• unentgeltliche Zuwendungen gemacht hat, durch die er nicht einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu<br />

nehmenden Rücksicht entsprochen hat,<br />

• Vermögen verschwendet hat oder<br />

• Handlungen in der Absicht vorgenommen hat, den anderen Lebenspartner zu benachteiligen,<br />

es sei denn, dass die Vermögensminderung mindestens zehn Jahre vor Beendigung des Güterstandes eingetreten ist<br />

oder wenn der andere Lebenspartner mit ihr einverstanden war.<br />

Erhöht sich das Vermögen eines Lebenspartners während des Güterstandes durch Erbschaften oder Schenkungen, dann<br />

werden diese nicht dem Endvermögen, sondern dem Anfangsvermögen zugerechnet und auf diese Weise bei der Berechnung<br />

des Überschusses nicht berücksichtigt. Das gilt aber nicht für Wertsteigerungen des privilegierten Vermögens nach<br />

dem Erwerb.<br />

Nicht in den Ausgleich einbezogen werden Versorgungsanwartschaften, die die Lebenspartner während des Güterstandes<br />

erworben haben. Ihr Ausgleich erfolgt gesondert durch den sogenannten Versorgungsausgleich (siehe unten:<br />

6. Versorgungsausgleich).<br />

Haben die Lebenspartner den Bestand und den Wert des einem Lebenspartner gehörenden Anfangsvermögens und der<br />

diesem Vermögen hinzuzurechnenden Gegenstände gemeinsam in einem Verzeichnis festgestellt, so wird im Verhältnis<br />

der Lebenspartner zueinander vermutet, dass das Verzeichnis richtig ist. Jeder Lebenspartner kann verlangen, dass der<br />

andere Lebenspartner bei der Aufnahme des Verzeichnisses mitwirkt. Wenn kein Verzeichnis aufgenommen worden ist,<br />

wird vermutet, dass das Endvermögen eines Lebenspartners seinen Überschuss darstellt (§ 1377 BGB), das heißt, wenn<br />

die Höhe des Anfangsvermögens streitig ist, wird nur das berücksichtigt, was der betreffende Lebenspartner beweisen<br />

kann.<br />

Wird der Güterstand der Zugewinngemeinschaft durch den Tod eines Lebenspartners beendet, so wird der Ausgleich des<br />

Zugewinns dadurch verwirklicht, dass sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Partners um ein Viertel erhöht (siehe<br />

unten: 10.1. Gesetzliche Erbfolge).<br />

5.2. VERFÜGUNGEN ÜBER VERMÖGEN IM GANZEN<br />

Valentina ist Eigentümerin eines großen Grundstücks mit Haus, dessen Wert insgesamt etwa 600.000 Euro beträgt.<br />

Daneben hat sie noch Wertpapiere in Höhe von circa 15.00 Euro und einen Mercedes-Benz im Wert von circa 30.000<br />

Euro. Sie hat im Jahr 2002 mit Christine eine Lebenspartnerschaft begründet und beide haben damals den Vermögensstand<br />

der Ausgleichsgemeinschaft gewählt. Im Februar 2005 verkauft Valentina das Haus mit Grundstück an<br />

Jan. Hierfür ist ein notarieller Vertrag erforderlich. Der Notar sieht den Trauring an Valentinas Hand und fragt, ob sie<br />

verheiratet sei. Auf ihre Antwort, dass sie in einer Lebenspartnerschaft lebe, erklärt ihr der Notar, dass sie den Vertrag<br />

nicht ohne Zustimmung "ihrer Frau" abschließen dürfe, wenn sie im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebe.<br />

Valentina und Christine hatten nach altem Recht zunächst im Vermögensstand der Ausgleichsgemeinschaft gelebt. Dieser<br />

ist nach § 21 Abs. 1 LPartG am 01.01.2005 in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft übergegangen, wenn die<br />

Lebenspartner - wie Valentina und Christine - nichts anderes vereinbart haben.<br />

Nach § 1365 Abs. 1 BGB darf ein Lebenspartner, der im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebt, über "sein Vermögen<br />

im Ganzen" nur mit Einwilligung des anderen Partners verfügen. Dadurch soll der andere Lebenspartner vor einer Gefährdung<br />

seines Anspruchs auf Zugewinnausgleich geschützt werden. Ein Verstoß gegen diese Norm ist deshalb hinreichender<br />

Grund für eine Klage auf vorzeitigen Zugewinnausgleich (§ 1386 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Zum anderen soll die Vorschrift<br />

die Erhaltung der wirtschaftlichen Grundlage der Lebenspartnerschaft sicherstellen. Wegen dieser Zwecke hat die<br />

Rechtsprechung die Anwendung der Vorschrift über den Wortlaut hinaus ausgedehnt. Auch die Verfügung über nahezu<br />

das ganze Vermögen ist danach unzulässig. Im Regelfall ist anzunehmen, dass das Geschäft nahezu das gesamte Vermögen<br />

betrifft, wenn es sich auf mehr als 85 % des Vermögens bezieht. Bei sehr großen Vermögen müssen mehr als 90 %<br />

betroffen sein.<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

13<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


Im Beispielfall hat Valentina außer dem Grundstück noch Vermögen im Wert von 45.000 Euro. Dies sind weniger als 10 %<br />

des Gesamtvermögens. Sie benötigt für die Verfügung also die Einwilligung von Christine.<br />

Bis zum 01.01.2005 galt § 1365 BGB für alle Lebenspartner unabhängig davon, in welchem Vermögensstand sie lebten. Er<br />

wurde jedoch regelmäßig ausgeschlossen, wenn die Lebenspartner Vermögenstrennung oder einen anderen Vermögensstand<br />

vereinbart haben. Diese Vereinbarungen gelten weiter.<br />

5.3. HAUSHALTSGEGENSTÄNDE<br />

Die Lebenspartner Ingmar und Berthold leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft und bewohnen zusammen<br />

ein Haus mit Garten in Hamburg. Ingmar hatte vor einiger Zeit gusseiserne Gartenstühle und Kissen gekauft, auf<br />

denen - wie sich herausstellte - Berthold aber aufgrund seiner Rückenerkrankung nicht gut sitzen kann. Während<br />

Berthold auf Geschäftsreise ist, bekommt Ingmar Besuch von Maria, der die Stühle gut gefallen. Ingmar ist froh, die<br />

Stühle endlich loszuwerden und verkauft sie Maria zu einem Freundschaftspreis. Nach seiner Rückkehr ist Berthold<br />

verärgert, er meint, Ingmar hätte ihn fragen müssen.<br />

Auch hier geht es mit den Gartenstühlen wieder um Haushaltsgegenstände. Diesmal findet sich die Regelung in § 1369<br />

BGB. Danach darf ein Partner, der im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebt, über die ihm gehörenden Gegenstände<br />

des gemeinsamen Haushalts nur verfügen und sich zu einer solchen Verfügung verpflichten, wenn der andere Partner<br />

einwilligt. Zweck der Regelung ist die Erhaltung der Substanz des gemeinsamen Zusammenlebens.<br />

Sehr streitig ist, ob die Vorschrift auch anwendbar ist, wenn die Haushaltsgegenstände dem anderen Lebenspartner gehören.<br />

Irene hat eine Couch „in die Lebenspartnerschaft eingebracht", die sie als Studentin vom Sperrmüll organisiert hatte. Da<br />

Irene und Corinna inzwischen beide sehr gut verdienen, ersetzen sie die alte Couch durch eine sehr teure Designer-Sitzgarnitur<br />

aus Leder. Sie bezahlen das „Prachtstück" je zur Hälfte. Beide leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft.<br />

Für Lebenspartner, die im Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, bestimmt § 1370 BGB, dass Haushaltsgegenstände,<br />

die an Stelle von nicht mehr vorhandenen oder wertlos gewordenen Gegenständen angeschafft werden, Eigentum des<br />

Lebenspartners werden, dem die nicht mehr vorhandenen oder wertlos gewordenen Gegenstände gehört haben. Im Beispielsfall<br />

wird also Irene Eigentümerin der neuen Sitzgarnitur.<br />

Die Vorschrift gilt nicht für Haushaltsgegenstände, die es bisher im Haushalt nicht gab. Die Eigentumszuordnung dieser<br />

Gegenstände richtet sich nach allgemeinen Regeln, also vor allem danach, wer die Anschaffung bezahlt. Wenn also im<br />

Beispielsfall Irene und Corinna noch keine Polstergarnitur besessen hätten, würde die neue Garnitur Miteigentum von<br />

Irene und Corinna.<br />

Bis zum 01.01.2005 galten §§ 1369 und 1370 BGB für alle Lebenspartner unabhängig davon, in welchem Vermögensstand<br />

sie lebten. Sie wurden jedoch regelmäßig ausgeschlossen, wenn die Lebenspartner Vermögenstrennung oder einen anderen<br />

Vermögensstand vereinbart haben. Diese Vereinbarungen gelten weiter.<br />

5.4. MODIFIZIERUNG DER ZUGEWINNGEMEINSCHAFT<br />

Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft ist u. a. deshalb eingeführt worden, um bei einer Scheidung die Ehefrau als<br />

Hausfrau und als Mitarbeitende bei Kleingewerbetreibenden und Landwirten an dem Vermögen zu beteiligen, das auch<br />

durch ihre Arbeitsleistung mit erworben worden ist. Bei Lebenspartnern gibt es dieselbe Situation, wenn einer von ihnen<br />

nicht (voll) erwerbstätig ist, sondern die Kinder betreut und den Haushalt versorgt, oder wenn er im Geschäft oder in der<br />

Praxis des anderen mitarbeitet. In diesen Fällen ist der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft sinnvoll.<br />

Anders mag es sein, wenn beide Lebenspartner berufstätig sind, ihre Einkommen und Vermögen getrennt halten und nur<br />

Beiträge in die gemeinsame Haushaltskasse leisten. Hier ist der Ausgleich des Zugewinns nach einer Aufhebung der<br />

Lebenspartnerschaft oft nicht erwünscht. Andererseits hat die Zugewinngemeinschaft den Vorteil, dass sie im Fall der<br />

Beendigung der Lebenspartnerschaft durch Tod den gesetzlichen Erbteil des Überlebenden erhöht und die Pflichtteilsansprüche<br />

überlebender Eltern des Verstorbenen verringert. Man sollte deshalb in diesen Fällen nur den Ausgleich des<br />

Zugewinns für den Fall der Beendigung der Lebenspartnerschaft durch Aufhebung ausschließen (siehe das Muster im Anhang).<br />

Als weitere Modifizierung kommen in Betracht: die Herausnahme bestimmter Gegenstände aus der Zugewinngemeinschaft<br />

(z.B. ein Geschäft oder die Beteiligung an einem Unternehmen), die einverständliche Festlegung des Wertes von<br />

Vermögensgegenständen oder von anderen Ausgleichsquoten.<br />

5.5. ANDERE GÜTERSTÄNDE<br />

Wenn die Lebenspartner ihren Güterstand anders regeln oder die Zugewinngemeinschaft modifizieren wollen, müssen sie<br />

einen notariellen Lebenspartnerschaftsvertrag abschließen. § 7 LPartG verweist insofern auf die §§ 1409 bis 1563 BGB.<br />

Dabei steht es den Lebenspartnern frei, wie sie ihre Vermögensbeziehungen gestalten wollen.<br />

Sie können Gütertrennung vereinbaren und so ihre Vermögensverhältnisse auch während der Lebenspartnerschaft vollkommen<br />

auseinander halten.<br />

Zulässig sind auch Modifikationen der Zugewinngemeinschaft oder der anderen Güterstände für Eheleute oder sonstige<br />

Regelungen ganz nach den persönlichen Bedürfnissen der Lebenspartner.<br />

14<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


Die Entscheidung für einen Vermögensstand ist keine Festlegung für alle Ewigkeit. Die Lebenspartner können den Güterstand<br />

nachträglich jederzeit einvernehmlich ändern.<br />

5.6. LEBENSPARTNERSCHAFTSVERTRÄGE<br />

Der Lebenspartnerschaftsvertrag muss bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Lebenspartner zur Niederschrift eines<br />

Notars geschlossen werden (§ 1410 BGB). Anders als bei der Begründung der Lebenspartnerschaft brauchen die Lebenspartner<br />

aber nicht persönlich anwesend zu sein. Stellvertretung ist zulässig. Auch die Bevollmächtigung des anderen<br />

Lebenspartners ist möglich. Muster für Lebenspartnerschaftsverträge sind im Anhang abgedruckt.<br />

Maria ist Kinderärztin mit gut gehender Praxis, Sofie gut verdienende Grafikerin und Werbetexterin in einer Medienagentur.<br />

Bevor beide eine Lebenspartnerschaft eingehen, vereinbaren sie Gütertrennung und schließen sowohl den<br />

Versorgungsausgleich als auch den nachpartnerschaftlichen Unterhalt aus. Nach drei Jahren erkrankt Sofie an<br />

Depressionen und muss ihre Berufstätigkeit aufgeben. Sie erhält nur eine kleine Rente. Nach fünf Jahren hält Maria<br />

das Zusammenleben mit der depressiven Sofie nicht mehr aus und betreibt die Aufhebung der Partnerschaft. Sofie<br />

verlangt von Maria "Aufstockungsunterhalt" (siehe dazu: 12.3. Der nachpartnerschaftliche Unterhalt)<br />

Der finanziell gut gestellte 45jährige Rudolf hat sich in den 20jährigen Thailänder Wong verliebt und möchte mit<br />

Wong eine Lebenspartnerschaft eingehen, damit Wong nach Deutschland kommen kann. Da Rudolf Angst hat, dass die<br />

Lebenspartnerschaft wegen des großen Altersunterschieds scheitern könnte, besteht er auf dem Abschluss eines Lebenspartnerschaftsvertrages.<br />

In ihm vereinbaren beide Gütertrennung und verzichten auf den nachpartnerschaftlichen<br />

Unterhalt sowie den Versorgungsausgleich. Wong lässt sich auf den Vertrag ein, weil er sonst nicht nach<br />

Deutschland hätte kommen können. Er will hier studieren. Beide gehen davon aus, dass Wong sich nach Abschluss des<br />

Studiums selbst wird unterhalten können. Ihre Lebenspartnerschaft scheitert nach vier Jahren. Wong hat zwar inzwischen<br />

sein Studium beendet, aber bisher nur gelegentlich Aushilfsjobs gefunden. Wegen des guten Einkommens von<br />

Rudolf erhält er kein Arbeitslosengeld II.<br />

Eheverträge werden neuerdings von den Gerichten daraufhin überprüft, ob die Vorteile und Lasten zu einseitig verteilt<br />

worden sind. Bei einer besonders einseitigen Aufbürdung von vertraglichen Lasten und einer erheblich ungleichen<br />

Verhandlungsposition können die Verträge unwirksam oder unanwendbar sein. Für Lebenspartnerschaftsverträge gibt<br />

es noch keine entsprechende Rechtsprechung. Wir gehen aber davon aus, dass die Gerichte über Lebenspartnerschaftsverträge<br />

nach denselben Grundsätzen urteilen werden.<br />

Der Bundesgerichtshof formuliert sie für Eheverträge folgendermaßen: Eheverträge dürfen den Schutzzweck des gesetzlichen<br />

Scheidungsfolgenrechts nicht beliebig unterlaufen. Das wäre dann der Fall, wenn durch den Ehevertrag eine<br />

evident einseitige und von der individuellen Gestaltung der partnerschaftlichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte<br />

Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten - unter angemessener Berücksichtigung der<br />

Belange des anderen Ehegatten - bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen<br />

des einen Ehegatten werden dabei umso schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten um so genauerer<br />

Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die Vereinbarung der Ehegatten über die Abbedingung gesetzlicher Regelungen in<br />

den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift.<br />

Zu diesem Kernbereich zählt der Bundesgerichtshof in der nachfolgenden Reihenfolge (zu den einzelnen Unterhaltstatbeständen<br />

siehe: 12.3. Der nachpartnerschaftliche Unterhalt)<br />

• den Betreuungsunterhalt, der schon im Hinblick auf seine Ausrichtung<br />

am Kindesinteresse nicht der freien Disposition der Lebenspartner unterliegt,<br />

• den Krankheitsunterhalt,<br />

• den Unterhalt wegen Alters,<br />

• den Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit,<br />

• den Kranken- und Altersvorsorgeunterhalt,<br />

• den Aufstockungsunterhalt,<br />

• den Ausbildungsunterhalt.<br />

Der Versorgungsausgleich ist ein vorweggenommener Altersunterhalt und rangiert deshalb auf derselben Stufe wie der<br />

Altersunterhalt.<br />

Der Zugewinnausgleich ist der lebenspartnerschaftlichen Disposition am weitesten zugänglich. Die Vereinbarung von<br />

Gütertrennung macht deshalb einen Lebenspartnerschaftsvertrag grundsätzlich nicht sittenwidrig.<br />

Wenn sich die Lebenspartner über die Gültigkeit eines Lebenspartnerschaftsvertrags streiten, muss der Richter zunächst<br />

im Rahmen einer Wirksamkeitskontrolle - prüfen, ob der Lebenspartnerschaftsvertrag schon im Zeitpunkt seines Zustandekommens<br />

offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Aufhebungsfall führt, dass ihm - losgelöst<br />

von der künftigen Entwicklung der Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten (§ 138 Abs. 1 BGB) die<br />

Anerkennung zu versagen ist, so dass an seine Stelle die gesetzlichen Regelungen treten.<br />

Soweit ein Lebenspartnerschaftsvertrag danach Bestand hat, muss der Richter sodann - im Rahmen einer Ausübungskontrolle<br />

- prüfen, ob und inwieweit der eine Lebenspartner die ihm durch den Vertrag eingeräumte Rechtsmacht missbraucht,<br />

wenn er sich im Aufhebungsfall gegenüber einer vom anderen Lebenspartner begehrten gesetzlichen Aufhebungsfolge<br />

darauf beruft, dass diese durch den Vertrag wirksam abbedungen sei (§ 242 BGB). Dafür sind nicht nur die<br />

Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragschlusses maßgebend. Entscheidend ist vielmehr, ob sich nunmehr - im Zeitpunkt<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

15<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


des Scheiterns der Lebensgemeinschaft - aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine evident einseitige<br />

Lastenverteilung ergibt, die hinzunehmen für den belasteten Lebenspartner auch bei angemessener Berücksichtigung<br />

der Belange des anderen Lebenspartners und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede sowie bei verständiger<br />

Würdigung des Wesens der Lebenspartnerschaft unzumutbar ist. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn<br />

die tatsächliche einvernehmliche Gestaltung der partnerschaftlichen Lebensverhältnisse von der ursprünglichen, dem<br />

Vertrag zu Grunde liegenden Lebensplanung grundlegend abweicht. Kommt danach der Richter zu dem Ergebnis, dass<br />

sich ein Lebenspartner auf den Vertrag nicht berufen kann, hat der Richter die Rechtsfolge anzuordnen, die den berechtigten<br />

Belangen beider Parteien in der nunmehr eingetretenen Situation in ausgewogener Weise Rechnung trägt.<br />

Diese Rechtsprechung ist noch sehr neu und es ist noch weitgehend unklar, wie sich die zitierten allgemeinen Grundsätze<br />

im konkreten Streitfall auswirken.<br />

Für die Beispielsfälle kann man wohl Folgendes sagen:<br />

Der Lebenspartnerschaftsvertrag zwischen Maria und Sofie ist nicht sittenwidrig (Wirksamkeitskontrolle). Wenn Lebenspartner<br />

gegenseitig auf den Versorgungsausgleich und den nachpartnerschaftlichen Unterhalt verzichten, liegt darin<br />

keine unangemessene Belastung, wenn beide Lebenspartner einer etwa gleichwertigen Berufstätigkeit nachgehen und<br />

sich die Hausarbeit teilen. Im Beispielsfall haben sich aber die Lebensverhältnisse geändert, sie entsprechen nicht mehr<br />

der ursprünglichen gemeinsamen Lebensplanung. Deshalb kann sich Marie auf den Ausschluss des nachpartnerschaftlichen<br />

Unterhalts nicht mehr berufen (Ausübungskontrolle). Sie wird Sofie Aufstockungsunterhalt zahlen müssen.<br />

Bei Rudolf und Wong verhält es sich ähnlich. Wong kann sich entgegen der ursprünglichen Planung nicht selbst unterhalten.<br />

Außerdem ist der Ausschluss des nachpartnerschaftlichen Unterhalts wegen Verstoßes gegen die guten Sitten<br />

unwirksam, wenn sich die Vertragsparteien im Zeitpunkt des notariellen Vertrages der Sozialhilfebedürftigkeit eines der<br />

beiden Partner bewusst waren oder sich einer solchen Erkenntnis grob fahrlässig verschlossen haben. Rudolf muss deshalb<br />

Wong solange unterhalten, bis dieser eine angemessene Arbeit findet.<br />

6.VERSORGUNGSAUSGLEICH<br />

6.1. AUSGLEICHSPFLICHT<br />

Seit 1977 werden im Scheidungsverfahren die Versorgungsanwartschaften, die die Eheleute während der Ehe erworben<br />

haben, ausgeglichen. Dieser Versorgungsausgleich findet nun auch zwischen Lebenspartnern statt, wenn ihre Lebenspartnerschaft<br />

aufgehoben wird.<br />

Ausgeglichen werden insbesondere:<br />

• Renten und Anrechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung,<br />

• Pensionen und Pensionsanrechte sowie<br />

• Renten und Anrechte auf Rentenleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung<br />

(Betriebsrenten, VBL-Leistungen, Direktversicherungen...) oder<br />

• aus privaten Rentenversicherungsverträgen.<br />

Voraussetzung ist, dass diese Anrechte auf eigener Arbeit oder auf dem Einsatz des eigenen Vermögens eines der Lebenspartner<br />

beruhen.<br />

Ausgleichspflichtig ist der Lebenspartner, der während der Lebenspartnerschaft insgesamt höhere Versorgungsanrechte<br />

erworben hat als der andere Lebenspartner. Dem anderen steht als Ausgleich die Hälfte des Wertunterschiedes zu.<br />

Andrea hat während ihrer Lebenspartnerschaft mit Marlene 100 Euro an Versorgungsanwartschaften erworben. Marlene<br />

hingegen 300 Euro, also 200 Euro mehr. Andrea bekommt nun die Hälfte dieser 200 Euro, also 100 Euro, als Ausgleichsberechtigte<br />

übertragen; auf Kosten der Versorgungsanwartschaften von Marlene, die Ausgleichspflichtige ist.<br />

Beide haben also nach Beendigung ihrer Lebenspartnerschaft eine Versorgungsanwartschaft in Höhe von 200 Euro.<br />

Der Versorgungsausgleich findet natürlich erst recht statt, wenn der eine Partner bisher über keinerlei Rentenanwartschaften<br />

verfügte. In diesem Fall wird für ihn durch den Versorgungsausgleich eine Rentenanwartschaft begründet.<br />

Hätte in obigem Beispielsfall Andrea noch keine Rentenansprüche erworben, würden ihr 150 Euro von Marlenes Rentenanwartschaften<br />

übertragen.<br />

Beziehen beide Lebenspartner zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich eine<br />

Rente, so gilt das bereits Gesagte naturgemäß für die Rentenzahlung selbst. Was aber gilt, wenn nur einer der Lebenspartner<br />

zu diesem Zeitpunkt eine Rente bezieht<br />

Eberhard bezieht bereits seit einem Jahr Rente. Sein ehemaliger Lebenspartner Martin muss noch fünf Jahre lang zur<br />

Arbeit gehen. Martins Rentenanwartschaften sind geringer als Eberhards Rente.<br />

Der Versorgungsausgleich sieht die entsprechende Erhöhung seiner Anwartschaften vor. Wird Eberhards Rentenauszahlung<br />

deshalb sofort um den entsprechenden Betrag gekürzt<br />

Nein! Dies ist erst dann der Fall, wenn auch Martin seine Rente bezieht, also erst in fünf Jahren (siehe unten: 6.3. Versorgungskürzung<br />

beim ausgleichspflichtigen Lebenspartner).<br />

16<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


Bei Emma und Martha ist es umgekehrt. Emma ist im Versorgungsausgleich die Ausgleichspflichtige, muss jedoch<br />

noch fünf Jahre lang zur Arbeit gehen, während Martha, die ausgleichsberechtigt ist, bereits seit einem Jahr Rente<br />

bezieht.<br />

Hier erhöht sich selbstverständlich Marthas Rentenauszahlung sofort um den Betrag, um den Emmas Anwartschaften gemindert<br />

wurden.<br />

6.2. AUSGLEICHSFORM<br />

Die Form des Versorgungsausgleichs bestimmt sich nach der auszugleichenden Versorgung:<br />

• Anrechte des ausgleichspflichtigen Lebenspartners in der gesetzlichen Rentenversicherung werden dadurch<br />

ausgeglichen, dass dem ausgleichsberechtigten Lebenspartner ein Teil dieser Anrechte übertragen wird;<br />

• sind Anrechte auf eine Beamtenversorgung auszugleichen, werden für den ausgleichsberechtigten Lebenspartner<br />

grundsätzlich in der gesetzlichen Rentenversicherung neue Anrechte begründet.<br />

In beiden Fällen erwirbt also der ausgleichsberechtigte Lebenspartner eine eigenständige Versorgung in der gesetzlichen<br />

Rentenversicherung, aus der er — wie jeder andere Versicherte auch — im Falle von Alter oder Invalidität Leistungen<br />

erhält.<br />

• Andere Anrechte des ausgleichspflichtigen Lebenspartners werden, wenn die maßgebende Versorgungsregelung<br />

(Gesetz, Satzung, Tarifvertrag, Einzelvereinbarung etc.) dies vorsieht, unter den Lebenspartnern real geteilt: Für den<br />

ausgleichsberechtigten Lebenspartner werden Versorgungsanrechte außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung<br />

- sei es bei dem Träger der auszugleichenden Versorgung, sei es bei einem anderen Versorgungsträger - begründet.<br />

• Ist für die auszugleichende Versorgung eine solche Realteilung nicht vorgesehen, der Versorgungsträger jedoch<br />

öffentlich-rechtlich organisiert, erhält der ausgleichsberechtigte Lebenspartner - ebenso wie beim Ausgleich von<br />

Beamtenpensionen - Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung; dies ist insbesondere bei der Zusatzversorgung<br />

des öffentlichen Dienstes und vielfach bei berufsständischen Versorgungen der Fall.<br />

Die bisher geschilderten Ausgleichsformen nennt man „öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich".<br />

• In bestimmten Fällen, in denen ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich nicht möglich ist, greift der "schuldrechtliche<br />

Versorgungsausgleich" ein. Das ist insbesondere bei privaten Betriebsrenten der Fall, sofern diese keine<br />

Realteilung vorsehen. Hier wird für den Berechtigten kein Anrecht bei einem Versorgungsträger begründet.<br />

Der Berechtigte kann lediglich von dem ausgleichspflichtigen Lebenspartner selbst Zahlung einer Geldrente in Höhe<br />

der Hälfte des durch den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich noch nicht ausgeglichenen Wertunterschieds<br />

verlangen. Dieser Rentenanspruch steht dem ausgleichsberechtigten Lebenspartner allerdings erst zu, wenn nicht nur<br />

er, sondern auch der Verpflichtete die Voraussetzungen eines Versorgungsfalles erfüllt; der Anspruch erlischt mit dem<br />

Tod des ausgleichspflichtigen Lebenspartners, kann dann jedoch unter Umständen gegen den Versorgungsträger<br />

geltend gemacht werden.<br />

Beide Nachteile werden vermieden, wenn der schuldrechtliche Versorgungsausgleich durch einen erweiterten öffentlichrechtlichen<br />

Versorgungsausgleich ersetzt wird: So kann z. B. zum Ausgleich einer Betriebsrente bis zum Betrag von<br />

derzeit rund 47 Euro (früheres Bundesgebiet) ein anderes Anrecht des Verpflichteten, etwa auf eine gesetzliche Rente<br />

oder auf eine Beamtenversorgung, herangezogen werden. Der Verpflichtete muss von diesem Anrecht einen entsprechend<br />

höheren Betrag an den Berechtigten „abgeben", dafür bleibt ihm seine Betriebsrente ungeschmälert belassen.<br />

Übersteigt die auszugleichende Betriebsrente diesen Betrag, kann dem Verpflichteten aufgegeben werden, zugunsten<br />

des Berechtigten wegen des übersteigenden Betrages Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen. Die Beitragszahlungspflicht<br />

muss dem Verpflichteten allerdings wirtschaftlich zumutbar sein; dabei können Ratenzahlungen angeordnet<br />

werden.<br />

Kommt ein erweiterter öffentlich-rechtlicher Ausgleich nicht in Betracht (etwa, weil dem Mann keine anderen, anstelle<br />

der Betriebsrente heranziehbaren Versorgungsanrechte zustehen) und sind ihm Beitragszahlungen wirtschaftlich nicht<br />

zumutbar, verbleibt es beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich. In diesem Fall kann der Ausgleichsberechtigte vom<br />

Verpflichteten die Abfindung künftiger Ansprüche verlangen, soweit diesem die Abfindung wirtschaftlich zumutbar ist.<br />

Nach dem Tod des Verpflichteten kann der Berechtigte die Ausgleichsrente von dem Träger der schuldrechtlich auszugleichenden<br />

Versorgung beanspruchen, wenn die für diese Versorgung maßgebende Regelung (z. B. Gesetz, Tarif- oder<br />

Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung oder Satzung) eine Hinterbliebenenversorgung vorsieht und der Berechtigte die<br />

Voraussetzung eines Versorgungsfalles erfüllt. Die Rente wird jedoch höchstens in Höhe der Hinterbliebenenversorgung<br />

und längstens für die Dauer dieser Versorgung gezahlt.<br />

6.3. VERSORGUNGSKÜRZUNG BEIM AUSGLEICHSPFLICHTIGEN LEBENSPARTNER<br />

Ist der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich durchgeführt, wird die Versorgung des ausgleichspflichtigen Lebenspartners<br />

gekürzt, sobald bei ihm der Versorgungsfall (z.B. Ruhestand) eintritt. Diese Kürzung ist gleichsam das „Entgelt"<br />

für die eigenständigen Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung, die der ausgleichsberechtigte Lebenspartner<br />

im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich erwirbt. Der Erwerb dieser Anrechte ist endgültig; folgerichtig ist auch<br />

die Kürzung beim ausgleichspflichtigen Lebenspartner vom weiteren Schicksal der vom ausgleichsberechtigten Lebenspartner<br />

erworbenen Anrechte unabhängig.<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

17<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


Eberhard bezieht bei Aufhebung der Lebenspartnerschaft bereits seit einem Jahr Rente. Sein ehemaliger Lebenspartner<br />

Martin muss noch fünf Jahre lang zur Arbeit gehen. Martins Rentenanwartschaften sind geringer als Eberhards<br />

Rente. Der Versorgungsausgleich sieht die entsprechende Erhöhung seiner Anwartschaften vor. Wird Eberhards<br />

Rentenauszahlung deshalb sofort um den entsprechenden Betrag gekürzt<br />

Die Versorgung beim ausgleichspflichtigen Lebenspartner wird grundsätzlich auch dann gekürzt, wenn der ausgleichsberechtigte<br />

Lebenspartner aus seinen Anrechten noch keine Leistungen erhält, weil er die Voraussetzungen eines Versorgungsfalles<br />

noch nicht erfüllt.<br />

Ausnahmsweise unterbleibt die Kürzung allerdings bis zum Eintritt eines Leistungsfalles auf Seiten des Ausgleichsberechtigten,<br />

wenn der Ausgleichsverpflichtete im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich bereits versorgungsberechtigt<br />

ist (Rentner- oder Pensionärsprivileg). Von ihr ist ferner abzusehen, solange der ausgleichspflichtige<br />

Lebenspartner dem ausgleichsberechtigten Lebenspartner gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist oder nur deshalb<br />

nicht verpflichtet ist, weil er aufgrund der Versorgungskürzung zu Unterhaltsleistungen nicht in der Lage ist. Nähere Auskünfte<br />

erteilt der zuständige Versorgungsträger.<br />

Da Eberhard bereits bei Aufhebung der Lebenspartnerschaft Rentner war, wird seine Rente erst dann gekürzt, wenn auch<br />

Martin seine Rente bezieht, also erst in fünf Jahren.<br />

Bei Emma und Martha ist es umgekehrt. Emma ist im Versorgungsausgleich die Ausgleichspflichtige, muss jedoch<br />

noch fünf Jahre lang zur Arbeit gehen, während Martha, die ausgleichsberechtigt ist, bereits seit einem Jahr Rente<br />

bezieht.<br />

Hier erhöht sich selbstverständlich Marthas Rentenauszahlung sofort um den Betrag, um den Emmas Anwartschaften gemindert<br />

wurden.<br />

Was gilt im Falle des Todes eines ehemaligen Lebenspartners<br />

Die Lebenspartnerschaft zwischen Helmut und Uwe wurde aufgehoben. Im Versorgungsausgleich war Helmut Ausgleichsberechtigter.<br />

Uwes Rentenanwartschaften wurden zu Helmuts Gunsten gemindert. Drei Jahre später stirbt<br />

Helmut bei einem Verkehrsunfall im Alter von 48 Jahren.<br />

Die Versorgungskürzung bei dem ausgleichspflichtigen Lebenspartner wird grundsätzlich auch nach dem Tod des ausgleichsberechtigten<br />

Lebenspartners fortgesetzt; dies gilt nur dann nicht, wenn dem Berechtigten und seinen Hinterbliebenen<br />

aus dem im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine Leistungen gewährt worden<br />

sind, deren Wert insgesamt zwei Jahresrenten wegen Alters übersteigt.<br />

Da Helmut noch keine Leistungen aus seiner Rentenversicherung bezog, wird nun die Minderung von Uwes Rentenanwartschaften<br />

wieder rückgängig gemacht. Gleiches würde gelten, wenn Helmut zum Zeitpunkt seines Todes nicht länger<br />

als zwei Jahre Rente bezogen hätte.<br />

6.4. ZEITPUNKT DES VERSORGUNGSAUSGLEICHS<br />

Der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich wird bei der Aufhebung der Lebenspartnerschaft durchgeführt. Im Aufhebungsurteil<br />

wird deshalb bestimmt, ob und in welcher Höhe Anrechte übertragen oder neu begründet werden. Leistungen<br />

aus diesen Anrechten erhält der ausgleichsberechtigte Lebenspartner allerdings erst, wenn die hierfür maßgebenden<br />

Voraussetzungen in seiner Person erfüllt sind; Altersrente steht ihm zum Beispiel erst zu, wenn er die Altersgrenze<br />

erreicht und die erforderliche Wartezeit, auf die auch Anrechte aus dem Versorgungsausgleich angerechnet werden, erfüllt<br />

hat und etwaige sonstige Rentenvoraussetzungen nachweist.<br />

6.5. ABÄNDERUNG RECHTSKRÄFTIGER ENTSCHEIDUNGEN<br />

Renate ist Beamtin. Bei Aufhebung ihrer Lebenspartnerschaft errechnet das Familiengericht ein während der Lebenspartnerschaft<br />

erworbenes Pensionsanrecht in Höhe von 800 Euro. Es begründet deshalb für Renates Lebenspartnerin,<br />

die während der Lebenspartnerschaft keine Versorgung erworben hat, Anrechte auf eine gesetzliche Rente in<br />

Höhe von 400 Euro. Durch spätere Gesetzesänderungen sinkt der Wert der von Renate während der Lebenspartnerschaft<br />

erworbenen Pensionsanrechte auf 600 Euro.<br />

Bei der Aufhebung werden Versorgungsanrechte in Höhe des Wertes geteilt, den sie am Ende der Lebenspartnerschaft<br />

haben. Tritt später der Versorgungsfall ein, kann sich ergeben, dass die Versorgungsanrechte in der Zwischenzeit, etwa<br />

aufgrund geänderter Rechtsvorschriften, Wertveränderungen erfahren haben oder dass sie nunmehr in anderer Ausgleichsform<br />

ausgeglichen werden können. Entsprechendes gilt, wenn ein zunächst noch verfallbares Anrecht der betrieblichen<br />

Altersversorgung erst nach der früheren Entscheidung des Familiengerichts in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich<br />

einbezogen werden kann, weil das Anrecht erst nach der Scheidung unverfallbar geworden ist. In einem<br />

solchen Fall kann jeder Lebenspartner die Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich beantragen,<br />

allerdings nur, wenn sich dadurch eine wesentliche Abweichung von der früheren Entscheidung ergibt. Die Abänderung<br />

kann erst verlangt werden, wenn ein Lebenspartner bereits Versorgungsleistungen bezieht oder das 55. Lebensjahr vollendet<br />

hat.<br />

Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, kann Renate eine Abänderung der früheren Entscheidung verlangen. Anstelle<br />

der ursprünglichen 800 Euro werden jetzt nur noch 600 Euro ausgeglichen, so dass für Renates frühere<br />

Lebenspartnerin nur noch ein Anrecht in Höhe von 300 Euro begründet wird.<br />

18<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


6.6. SONSTIGES<br />

Der Versorgungsausgleich wird unabhängig davon durchgeführt,<br />

• ob der Versorgungsfall bei einem oder beiden Lebenspartnern bereits eingetreten ist,<br />

• in welchem Güterstand die Lebenspartner gelebt haben und<br />

• ob nach der Scheidung Unterhalt gezahlt werden muss oder nicht.<br />

Versorgungsausgleich findet ausnahmsweise nicht statt,<br />

• wenn es unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse der Lebenspartner, vor allem ihrer Vermögensverhältnisse,<br />

grob unbillig wäre, den ausgleichspflichtigen Lebenspartner in Anspruch zu nehmen;<br />

• soweit der ausgleichsberechtigte Lebenspartner im Hinblick auf die Scheidung nachteilig auf seine Versorgungsrechte<br />

eingewirkt hat oder<br />

• soweit der Berechtigte während der Lebenspartnerschaft über längere Zeit hinweg seine Pflicht, zum Lebenspartnerschaftsunterhalt<br />

beizutragen, gröblich verletzt hat.<br />

Der Versorgungsausgleich kann in einem notariell beurkundeten Lebenspartnerschaftsvertrag ausgeschlossen werden.<br />

Dieser Ausschluss ist jedoch unwirksam, wenn innerhalb eines Jahres nach Vertragsschluss die Aufhebung beantragt<br />

wird. Für den wirtschaftlich schwächeren Partner bringt ein solcher Ausschluss unter Umständen erhebliche Risiken<br />

mit sich.<br />

Auch im Zusammenhang mit einem Aufhebungsverfahren kann eine Vereinbarung über den Versorgungsausgleich geschlossen<br />

werden. Sie bedarf im Interesse des Schutzes des Lebenspartners mit den niedrigeren Versorgungsanrechten<br />

der notariellen Beurkundung und der Genehmigung durch das Familiengericht.<br />

Der Gesetzgeber muss den Versorgungsausgleich bis Mitte 2006 neu regeln. Die Kommission zur "Strukturreform des<br />

Versorgungsausgleichs“ hat eine wesentlich einfachere Regelung vorgeschlagen.<br />

Achtung! Wichtige Terminsache für alle Lebenspartnerschaften, die vor dem 01. Januar 2005 begründet wurden:<br />

Bis zum 31. Dezember 2005 müssen die Lebenspartner gegenüber dem für Ihren Wohnort zuständigen Amtsgericht erklären,<br />

dass nach einer Aufhebung ihrer Lebenspartnerschaft der Versorgungsausgleich nach § 20 LPartG durchgeführt<br />

werden soll, sofern sie dies wollen. Diese Erklärung ist von einem Notar zu beurkunden und von beiden Lebenspartnern<br />

gegenüber dem Amtsgericht abzugeben. Wird diese Frist versäumt, kann ein Versorgungsausgleich bei Aufhebung der<br />

Lebenspartnerschaft nicht durchgeführt werden.<br />

7.WIRKUNGEN DER LEBENSPARTNERSCHAFT<br />

7.1. LEBENSGEMEINSCHAFT<br />

Die Lebenspartner sind einander zu Fürsorge und Unterstützung sowie zur gemeinsamen Lebensgestaltung verpflichtet.<br />

Sie tragen füreinander Verantwortung (§ 2 LPartG). Die entsprechende Vorschrift für Ehegatten lautet: Die Lebenspartner<br />

sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung (§ 1353 Abs. 1<br />

Satz 2 BGB).<br />

Lebenspartnerschaft und Ehe sind also beide, wie die Juristen sagen, Einstehungs- und Verantwortungsgemeinschaften.<br />

Das heißt: Jeder Lebenspartner muss den anderen unterstützen, soweit ihm das möglich ist, vor allem durch<br />

die Leistung von Unterhalt, aber auch durch Mithilfe im Haushalt und Geschäft, durch Pflege bei Krankheit, durch Unterstützung<br />

bei der Betreuung und Erziehung von Kindern usw. Über die Einzelheiten müssen sich die Lebenspartner absprechen.<br />

Sie haben es daher selbst in der Hand, wie sie ihre Partnerschaft gestalten.<br />

Aus der Tatsache, dass Lebenspartner, anders als Eheleute, nicht zur „Lebensgemeinschaft", sondern nur zur „gemeinsamen<br />

Lebensgestaltung" verpflichtet sind, folgern die Juristen, dass die Lebenspartner nicht zur häuslichen Lebensgemeinschaft<br />

und zur Geschlechtsgemeinschaft verpflichtet sind. Aber das ist alles sehr theoretisch. Es ist selbstverständlich,<br />

dass die Lebenspartner auch in diesen Bereichen auf die jeweiligen Vorstellungen und Wünsche des anderen<br />

Partners Rücksicht nehmen müssen. Sonst wird die Lebenspartnerschaft zerbrechen.<br />

Wenn ein Lebenspartner mit einem Dritten in der Ehewohnung Ehebruch begeht, kann der betrogene Lebenspartner dies<br />

beiden gerichtlich verbieten lassen. Ob die Gerichte bei Lebenspartnerschaften genauso entscheiden werden, ist noch<br />

offen.<br />

7.2. LEBENSPARTNERSCHAFTSUNTERHALT<br />

Aus der Verpflichtung der Lebenspartner zur gegenseitigen Fürsorge und Unterstützung folgt ihre Verpflichtung „zum<br />

angemessenen Unterhalt" (§ 5 LPartG).<br />

Der angemessene Unterhalt umfasst alles, was nach den Verhältnissen der Lebenspartner erforderlich ist, um die Kosten<br />

des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Lebenspartner zu befriedigen (§ 1360a Abs. 1 BGB). Das<br />

Maß richtet sich dabei nach den Lebensverhältnissen und dem sozialen Standard der Partner. Bei einem entsprechenden<br />

Lebensstandard gehören auch teure Nahrungsmittel, Kleidungsstücke oder Schmuckstücke zum angemessenen Unterhalt.<br />

Hinzu kommen Aufwendungen für persönliche Bedürfnisse und ein angemessenes Taschengeld, wobei ebenfalls auf<br />

den Lebensstandard abzustellen ist.<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

19<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


Zum Unterhalt gehört auch der sogenannte Prozesskostenvorschuss. Ist ein Lebenspartner nicht in der Lage, die Kosten<br />

eines Rechtsstreits zu tragen, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, so ist der andere Lebenspartner verpflichtet,<br />

ihm diese Kosten vorzuschießen, soweit dies – wie die Juristen sagen – der Billigkeit entspricht. Das gleiche gilt für die<br />

Kosten der Verteidigung in einem Strafverfahren, das gegen einen Lebenspartner gerichtet ist (§ 1360a Abs. 4 BGB). Eine<br />

persönliche Angelegenheit liegt vor, wenn der Rechtsstreit eine enge Beziehung zur Person oder den persönlichen Verhältnissen<br />

der Lebenspartner aufweist. Dies trifft immer zu, wenn der Streit das Verhältnis der Lebenspartner zueinander<br />

(z.B. Klage des bedürftigen Lebenspartners auf Aufhebung der Lebenspartnerschaft) oder ausschließlich einen Partner<br />

betrifft (z.B. Klage eines ausländischen Lebenspartners auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, Streitigkeiten mit<br />

Dritten wegen Ehr- oder Körperverletzungen). Sonstige Streitigkeiten mit Dritten sind in der Regel ausgenommen. Etwas<br />

anderes gilt nur, wenn der Streit auf der Lebenspartnerschaft basiert (z.B. Streit mit dem Arbeitgeber wegen der Gleichstellung<br />

mit Lebenspartnern beim Familienzuschlag).<br />

Wenn ein Lebenspartner gegen seinen Partner Anspruch auf Prozesskostenvorschuss hat, erhält er vom Staat keine<br />

Prozesskostenhilfe.<br />

Die Kosten einer Versicherung für den Fall des Alters sowie der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit (sogenannter Altersvorsorgeunterhalt)<br />

gehören nicht zum Lebenspartnerschaftsunterhalt. Da noch nicht alle Lebenspartner eine Hinterbliebenenversorgung<br />

erhalten, wenn ihr Partner stirbt, kann in diesem Punkt eine erhebliche Schutzlücke bestehen.<br />

Wird ein Lebenspartner, der den anderen unterhalten hat, bei einem Unfall getötet, muss der Schädiger bzw. dessen Versicherung<br />

den Unterhalt zahlen (§ 844 Abs. 2 BGB).<br />

Leistet ein Lebenspartner einen höheren Unterhaltsbeitrag als ihm obliegt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass er nicht<br />

beabsichtigt, von dem anderen Ersatz zu verlangen (§ 1360b BGB).<br />

Auf den Lebenspartnerschaftsunterhalt kann für die Zukunft nicht verzichtet werden (§ 5 Satz 2 LPartG i.V.m. §§ 1360a<br />

Abs. 3, 1614 Abs. 1 BGB).<br />

Zum Trennungsunterhalt siehe unten 11.1., zum nachpartnerschaftlichen Unterhalt siehe unten 12.3.<br />

7.3. KINDERFREIBETRAG BZW. KINDERGELD FÜR LEBENSPARTNER<br />

Andreas hat sich gleich zu Beginn seines Studiums in Rudi verliebt und lebt seitdem mit Rudi zusammen. Rudi ist an<br />

der Uni als Akademischer Rat tätig. Andreas Vater hat jeden Kontakt zu seinem Sohn abgebrochen. Andreas musste<br />

ihn deshalb auf Unterhalt verklagen. Beide wollen nun eine Lebenspartnerschaft eingehen.<br />

Für den Unterhalt bedürftiger Lebenspartner müssen deren Partner aufkommen. Die Eltern brauchen nur noch Unterhalt<br />

zu leisten, wenn die Partner dazu nicht in der Lage sind (§ 1608 BGB). Das ist bei Rudi nicht der Fall.<br />

Für seinen Vater fällt der Kinderfreibetrag bzw. der Anspruch auf Kindergeld ab dem Monat weg, der auf die Eingehung<br />

der Lebenspartnerschaft folgt, da die Unterhaltspflicht vorrangig bei Andreas Lebenspartner Rudi liegt. Wenn dieser auf<br />

Grund eines zu niedrigen Einkommens keinen Unterhalt leisten kann, muss der Kindergeldberechtigte einen neuen Antrag<br />

stellen und die mangelnde Leistungsfähigkeit des Lebenspartners seines Kindes nachweisen.<br />

Der Unterhaltsanspruch von Andreas gegen Rudi stellt zusammen mit Einkünften, die er ansonsten hat, eigene Einkünfte<br />

dar. Wenn diese 7.680 Euro im Kalenderjahr übersteigen, steht dem Vater kein Kinderfreibetrag bzw. kein Kindergeld<br />

mehr zu. Bei der Berechnung des durch Rudi zu leistenden Unterhalts muss Rudi aber auf jeden Fall das Existenzminimum<br />

in Höhe von 7.680 Euro verbleiben.<br />

Fazit: Für Studenten und andere Azubis, die noch von ihren Eltern unterhalten werden, ist die Begründung einer Lebenspartnerschaft<br />

nur dann unproblematisch, wenn ihre Partner kein so hohes Einkommen haben, dass durch den Unterhaltsanspruch<br />

das Kindergeld weg fällt<br />

Beispiel (Siehe Nr. 63.4.2.5 der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienlastenausgleichs, BStBl. I 2004, 743):<br />

Rudi hat nach Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen, Werbungskosten und Steuern ein Netto-Einkommen in Höhe<br />

von 13.550 Euro. Er zahlt für sein Kind aus früherer Ehe aufgrund einer Unterhaltsverpflichtung 3.680 Euro im<br />

Jahr. Andreas hat in den Semester-Ferien gearbeitet und Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von<br />

2.810 Euro erzielt; daneben hat er Bezüge in Höhe von 624 Euro.<br />

Die Höhe des anzurechnenden Einkommens von Rudi ist wie folgt zu ermitteln:<br />

1. Einkünfte und Bezüge von Andreas (ohne den Unterhalt von Rudi)<br />

a. Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit: 2.810 Euro<br />

b. abzgl. Werbungskosten-Pauschale: 920 Euro<br />

c. zuzüglich Bezüge: 624 Euro<br />

d. abzgl. Kosten-Pauschale: 180 Euro<br />

e. Summe: 2.334 Euro<br />

2. Netto-Einkommen von Rudi<br />

a. Einkommen laut Steuerbescheid: 13.550 Euro<br />

b. abzgl. Unterhaltsbelastung für Kind aus erster Ehe: 3.680 Euro<br />

c. Summe: 9.870 Euro<br />

3. Feststellung der Differenz: 9.870 Euro (2c) – 2.334 Euro (1e) = 7.536 Euro<br />

Ergebnis: grundsätzlich anzurechnender Betrag: die Hälfte von 7.536 Euro, also 3.768 Euro.<br />

20<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


4. Ein Betrag von 3.768 Euro kann jedoch nicht angerechnet werden, da Rudi dann weniger als das Existenzminimum<br />

von 7.680 Euro hätte. Anzusetzen ist daher die Differenz zwischen diesem und dem bereinigten Netto-Einkommen von<br />

9.870 Euro (2c), also 2.190 Euro.<br />

• Anzurechnende Unterhaltsleistung (4): 2.190 Euro<br />

• Sonstige Einkünfte und Bezüge des Studenten Andreas: (1e) 2.334 Euro<br />

• Gesamt-Betrag der Einkünfte und Bezüge des Studenten Andreas: 4.524 Euro<br />

Da Andreas mit diesem Betrag noch unter der Grenze von 7.680 Euro liegt, steht seinem Vater bzw. den Kindergeldberechtigten<br />

für ihn ein Kindergeldfreibetrag bzw. Anspruch auf Kindergeld zu.<br />

7.4. SCHLÜSSELGEWALT<br />

Die Lebenspartnerinnen Irene und Claudia leben in einer gemeinsamen Wohnung. Irene hat gerade Urlaub und bringt<br />

den Fernseher zur Reparatur. Am nächsten Tag bringt der Reparaturbetrieb das Gerät zurück und fordert von Claudia,<br />

die allein zuhause ist, 168,45 Euro für die Reparatur. Claudia meint, die Reparatur in diesem Betrieb sei viel zu teuer,<br />

sie wäre lieber zu Radio Müller gegangen, außerdem habe sie mit Irenes Auftrag nichts zu tun und zahlt dem Monteur<br />

nichts.<br />

Nach § 8 Abs. 2 LPartG ist § 1357 BGB auf die Lebenspartnerschaft anzuwenden. Diese Vorschrift regelt die sogenannte<br />

Schlüsselgewalt. Danach ist jeder Lebenspartner berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs<br />

der Partnerschaft mit Wirkung auch für den anderen Lebenspartner zu besorgen. Durch solche Geschäfte werden beide<br />

Lebenspartner berechtigt und verpflichtet, es sei denn, dass sich aus den Umständen etwas anderes ergibt. Das gilt aber<br />

nicht, wenn die Lebenspartner getrennt leben.<br />

Im Beispielsfall handelt es sich um einen Fernsehreparaturauftrag. Dieser Vertrag steht im Zusammenhang mit dem<br />

Lebensbedarf der Partner, er dient - vielleicht anders als der Kauf eines sehr teuren Fernsehgerätes - der angemessenen<br />

Deckung des Lebensbedarfes. Dass die Reparatur woanders vielleicht billiger ist, steht der Angemessenheit nicht entgegen.<br />

Irene konnte mit dem Auftrag also auch Claudia wirksam verpflichten. Diese schuldet dem Reparaturbetrieb den vereinbarten<br />

Lohn.<br />

Die Schlüsselgewalt kann (z.B. im Lebenspartnerschaftsvertrag) beschränkt oder ausgeschlossen werden. Dritten gegenüber<br />

wirkt die Beschränkung oder Ausschließung aber nur, wenn sie ihnen bekannt oder wenn sie im Güterrechtsregister<br />

eingetragen worden ist.<br />

7.5. ZWANGSVOLLSTRECKUNG<br />

Peter hat hohe Schulden. Eines Tages erscheint der Gerichtsvollzieher in der Wohnung, die Peter gemeinsam mit seinem<br />

Lebenspartner Erich bewohnt, und pfändet im Auftrag eines Gläubigers von Peter u.a. eine Vase aus Meißener<br />

Porzellan, die nicht Peter, sondern Erich gehört. Erich hatte die Vase von seiner Großmutter geerbt.<br />

Wenn Lebenspartner zusammenleben, haben sie an den Gegenständen in der Wohnung Mitbesitz. Daran knüpft § 1006<br />

BGB die Vermutung, dass die Lebenspartner auch Miteigentümer der Gegenstände sind. Danach hätte der Gerichtsvollzieher<br />

die Vase nicht pfänden dürfen, da sich der Vollstreckungstitel nicht gegen beide Lebenspartner richtet, sondern<br />

nur gegen Peter. Außerdem darf der Gerichtsvollzieher in solchen Fällen nur Gegenstände pfänden, die sich im Alleingewahrsam<br />

des Vollstreckungsschuldners befinden.<br />

Da dies die Zwangsvollstreckung gegen Lebenspartner erheblich erschweren und zur Vermögensverschleierung einladen<br />

würde, enthält § 8 Abs. 1 LPartG eine von § 1006 BGB abweichende Sonderregelung. Danach wird zugunsten der Gläubiger<br />

eines der Lebenspartner vermutet, dass die im Besitz eines Lebenspartners oder beider befindlichen beweglicher<br />

Sachen dem Schuldner gehören. Ergänzend bestimmt § 739 ZPO, dass der Schuldner in diesen Fällen als alleiniger Gewahrsamsinhaber<br />

gilt.<br />

Im Beispielsfall hat der Gerichtsvollzieher die Vase also zu Recht gepfändet. Peter bleibt es überlassen, sich gegen die<br />

Pfändung durch eine sogenannte Vollstreckungsgegenklage zu wehren. Eine solche Klage hat nur dann Aussicht auf<br />

Erfolg, wenn Peter sein Eigentum (oder Miteigentum) nachweisen kann. Das wird ihm bei dem Erbstück sicher leicht gelingen.<br />

Die Vorschriften gelten nicht für die ausschließlich zum persönlichen Gebrauch des anderen Lebenspartners bestimmten<br />

Gegenstände. Bei diesen Gegenständen wird nicht nur im Verhältnis zu den Gläubigern, sondern auch im Verhältnis der<br />

Lebenspartner untereinander vermutet, dass sie dem Lebenspartner gehören, für dessen Gebrauch sie bestimmt sind.<br />

Das ist für die Auseinandersetzung nach Beendigung der Lebenspartnerschaft von Bedeutung.<br />

Außerdem greifen die Vorschriften nicht ein für Gegenstände, die sich im Alleinbesitz eines Lebenspartners befinden,<br />

wenn die Partner getrennt leben.<br />

7.6. HAFTUNGSERLEICHTERUNG<br />

Michael bricht abends sehr eilig mit seinem Pkw auf und übersieht beim Einbiegen in die Straße seinen Lebenspartner<br />

Sebastian, der mit seinem Fahrrad in den Hof einbiegen will. Sebastian verletzt sich, außerdem entsteht ein Schaden<br />

an seinem neuen Mountainbike.<br />

Angelina ist Feinmechanikerin und immer sehr sorgfältig und bedächtig. Als sie eines Abends das Fenster hinter dem<br />

Schreibtisch ihrer Lebenspartnerin Moni öffnen will, übersieht sie die auf dem Schreibtisch abgestellte Kaffeetasse.<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

21<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


Diese fällt um, und der Kaffee ergießt sich über die Tastatur des Computers von Moni. Die Tastatur ist nicht mehr zu<br />

gebrauchen.<br />

Bei schädigenden Handlungen haftet man nach § 276 BGB für Vorsatz und Fahrlässigkeit und zwar auch für sehr geringe<br />

Fahrlässigkeit. Diesen Haftungsmaßstab mildert § 4 LPartG. Danach haben die Lebenspartner bei der Erfüllung der sich<br />

aus dem lebenspartnerschaftlichen Verhältnissen ergebenden Verpflichtungen einander nur für diejenige Sorgfalt einzustehen,<br />

welche sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen. Das bedeutet: Wenn Lebenspartner mit ihren eigenen<br />

Angelegenheiten „schlampig" umgehen, haften sie auch gegenüber ihren Partnern nicht für solche bei ihnen üblichen<br />

Fehler.<br />

Das gilt aber nicht für grob fahrlässiges und vorsätzliches Handeln. Dafür haften auch Lebenspartner immer (§ 277 BGB).<br />

Außerdem findet die Haftungserleichterung keine Anwendung, wenn nicht nur das Verhältnis der Lebenspartner untereinander<br />

berührt ist, sondern wenn sich das Verhalten der Lebenspartner auf ein „öffentliches" Verhalten bezieht und<br />

der Partner nur zufällig verletzt wird. Das betrifft vor allem den Straßenverkehr.<br />

Im ersten Beispiel greift deshalb § 4 LPartG überhaupt nicht ein, im zweiten kann sich Angelina nicht auf § 4 LPartG berufen,<br />

weil sie auch in eigenen Angelegenheiten immer sehr sorgfältig ist.<br />

In § 1664 BGB ist die Haftung der Eltern gegenüber ihren Kindern bei Ausübung der elterlichen Sorge in gleicher Weise<br />

geregelt.<br />

7.7. VERSICHERUNGEN<br />

Albert und sein Lebenspartner Erich unternehmen am Sonntag einen Fahrradausflug. Unterwegs ist Erich von der<br />

schönen Landschaft so abgelenkt, das er mit dem vorausfahrenden Albert zusammenstößt. Dieser stürzt so unglücklich,<br />

dass eine längere Behandlung im Krankenhaus und eine langwierige Reha-Behandlung notwendig werden. Für die<br />

Kosten kommt die gesetzliche Krankenversicherung von Erich auf.<br />

In solchen Fällen gehen die Schadensersatzansprüche des Verunglückten auf die Krankenkasse oder die anderen Versicherungsträger<br />

über, soweit diese aufgrund des Schadensereignisses Leistungen zu erbringen haben. Sie können für<br />

diese Leistungen von dem Schädiger Regress verlangen. Ein solcher Regress ist aber ausgeschlossen, wenn der Schädiger<br />

der Lebenspartner des Verunglückten ist, mit diesem im Zeitpunkt des Unglücks in häuslicher Gemeinschaft gelebt<br />

und nur fahrlässig gehandelt hat.<br />

Albert braucht deshalb der Krankenkasse die Behandlungskosten nicht zu ersetzen.<br />

Albert und Erich sind keine Lebenspartner, sondern leben unverbindlich zusammen.<br />

Ob der Haftungsausschluss auch in einem solchen Fall eingreift, ist umstritten. Die Rechtsprechung hat bei gleichgeschlechtlichen<br />

Lebensgefährten den Haftungsausschluss bisher abgelehnt.<br />

Dieselben Grundsätze gelten für die Leistungen von privaten Haftpflichtversicherungen. Auch hier ist der Regress nur<br />

ausgeschlossen, wenn der Schädiger der Lebenspartner des Geschädigten ist.<br />

Das ist bei gemeinsamen Haftpflichtversicherungen wichtig. Solche Versicherungsverträge enthalten eine Klausel, dass<br />

eventuelle Schadensersatzansprüche zwischen den Versicherungsnehmern ausgeschlossen sind.<br />

Dies hat für Lebenspartner keine Bedeutung, weil diese sich untereinander in der Regel nicht zu verklagen pflegen und<br />

Regressansprüche der Krankenkasse oder eines anderen Versicherungsträgers sowie der Haftpflichtversicherung ausgeschlossen<br />

sind.<br />

Anders dagegen bei Lebensgefährten. Hier muss bei Personenschäden mit Regressansprüchen der Krankenkasse oder<br />

eines anderen Versicherungsträgers, von Arbeitgebern und von Haftpflichtversicherungen gerechnet werden. Deshalb<br />

sollten Lebensgefährten beim Abschluss einer gemeinsamen Haftpflichtversicherung darauf achten, dass die gemeinsame<br />

Police eine Zusatzklausel enthält, dass Regressansprüche wegen Personenschäden von Sozialversicherungsträgern,<br />

Arbeitgebern und von Haftpflichtversicherungen mitversichert sind.<br />

7.8. VERJÄHRUNG<br />

Lebenspartner sollen sich nicht aus Angst vor Verjährung gezwungen fühlen, etwaige Ansprüche gegen ihre Partner gerichtlich<br />

geltend zu machen. Deshalb ist die Verjährung zwischen Lebenspartnern gehemmt, solange die Lebenspartnerschaft<br />

besteht.<br />

Die Vorschrift gilt für alle Ansprüche zwischen den Lebenspartnern, selbst wenn diese noch aus einer Zeit vor Eingehung<br />

der Partnerschaft herrühren.<br />

8.ANGEHÖRIGENSTATUS<br />

8.1. FAMILIENANGEHÖRIGER UND SCHWÄGERSCHAFT<br />

Lesbische und schwule Paare haben immer wieder beklagt, dass sie vor dem Recht als Fremde gelten, gleichgültig wie<br />

lange sie zusammenleben. Diesen Zustand beendet § 11 LPartG. Absatz 1 stellt klar, dass Lebenspartner rechtlich als<br />

„Familienangehörige" anzusehen sind.<br />

Eine Reihe von Gesetzesbestimmungen verwenden nicht den Begriff „Familienangehöriger", sondern die Begriffe „Ange-<br />

22<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


höriger" oder „Familie". Wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt, sind damit ebenfalls die „Lebenspartner" gemeint.<br />

Allerdings gilt das nur, „soweit nicht anderes bestimmt ist". § 11 Abs. 1 LPartG greift deshalb nur ein, wenn ein Gesetz keine<br />

eigene Angehörigendefinition enthält. Dasselbe gilt für Vorschriften, die Rechtsfolgen an das Vorhandensein von Ehegatten<br />

knüpfen. Wenn diese Vorschriften nicht um den Lebenspartner erweitert worden sind, bleibt es dabei. Das hat zur<br />

Folge, dass die Lebenspartner nicht in allen Lebensbereichen als Angehörige ihres Partners gelten und nicht in allen<br />

Lebensbereichen den Ehegatten gleichgestellt worden sind.<br />

Nach § 11 Abs. 2 LPartG gelten die Verwandten eines Lebenspartners als mit dem anderen Lebenspartner verschwägert.<br />

Ein Lebenspartner ist also mit sämtlichen Verwandten seines Lebenspartners verschwägert. Oder anders gewendet,<br />

jeder ist mit den Lebenspartnern seiner Verwandten verschwägert. Dagegen besteht keine Schwägerschaft zwischen<br />

den Lebenspartnern selbst sowie zwischen den Verwandten des einen Lebenspartners und den Verwandten des anderen.<br />

Die Schwägerschaft dauert fort, auch wenn die Lebenspartnerschaft, die sie begründet hat, aufgehoben wurde.<br />

Die Linie und der Grad der Schwägerschaft bestimmen sich nach der Linie und dem Grad der sie vermittelnden Verwandtschaft.<br />

Das heißt, der Lebenspartner ist mit den Verwandten seines Lebenspartners in dem Maß verschwägert, wie dieser<br />

mit ihnen verwandt ist. Diese Regelung verweist auf § 1589 BGB. Danach sind Personen, die voneinander abstammen, in<br />

gerader Linie verwandt. Personen, die nicht in gerader Linie verwandt sind, aber von derselben Person abstammen, sind<br />

in der Seitenlinie verwandt. Der Grad der Verwandtschaft bestimmt sich nach der Zahl der sie vermittelnden Geburten.<br />

Ein Lebenspartner ist daher mit den Eltern und den Kindern seines Lebenspartners im ersten Grad in gerader Linie verschwägert<br />

und mit den Geschwistern im zweiten Grad in der Seitenlinie.<br />

Viele Aufzählungen von Angehörigen in den verschiedenen Gesetzen verwenden den Ausdruck „Verschwägerte in gerader<br />

Linie“ sowie „Verschwägerte zweiten (und dritten) Grades in der Seitenlinie". Dazu gehören in Zukunft auch die Verwandten<br />

des Lebenspartners. Anders dagegen, wenn in den Vorschriften von „Geschwistern der Ehegatten und Ehegatten<br />

der Geschwister" die Rede ist, was häufig vorkommt. Dann fallen die Geschwister der Lebenspartner und die Lebenspartner<br />

der Geschwister" des Betroffenen nur unter die betreffende Vorschrift, wenn diese ausdrücklich entsprechend<br />

ergänzt worden ist.<br />

8.2. WO MÜSSEN WIR DIE BEGRÜNDUNG DER LEBENSPARTNERSCHAFT ANGEBEN<br />

Gegenüber dem Arbeitgeber braucht man die Eingehung einer Lebenspartnerschaft nur anzugeben, wenn man daraus<br />

Rechte ableiten will, z.B. die Berücksichtigung der Lebenspartnerschaft beim Ortszuschlag.<br />

Wenn man bei Bewerbungen nicht angeben will, dass man in einer Lebenspartnerschaft lebt, kann man die Formulierung<br />

wählen: „nicht verheiratet". "Ledig" wäre dagegen falsch.<br />

In den Lohnsteuerkarten werden die Lebenspartner weiter als „ledig" geführt, weil sie steuerlich wie Ledige behandelt<br />

werden (siehe das Kapitel 9.1.1. Einkommensteuer).<br />

Paare, die in einer Mietwohnung bereits zusammenleben, brauchen dem Vermieter nicht mitzuteilen, dass sie eine Lebenspartnerschaft<br />

eingegangen sind. Anders dagegen, wenn der Lebenspartner nach der Begründung der Partnerschaft<br />

in die Mietwohnung einziehen soll, siehe dazu das Kapitel 4.2. Ich will meinen Partner in meine Wohnung aufnehmen.<br />

8.3. ZEUGNIS- UND AUSKUNFTSVERWEIGERUNGSRECHT<br />

Lebenspartnern steht in Verfahren, an denen ihr Partner beteiligt ist, ein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Das gilt für alle<br />

Verfahrensarten, ausgenommen die Steuerverfahren vor den Finanzämtern und den Finanzgerichten. Der dafür maßgebliche<br />

§ 15 AO sollte durch den bisher gescheiterten LPartGErgGE entsprechend geändert werden.<br />

Zeugen, die kein Zeugnisverweigerungsrecht haben, können die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung<br />

für sie selbst oder für ihre Angehörigen die Gefahr begründen würde, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit<br />

verfolgt zu werden. Zu den Angehörigen gehören auch die Lebenspartner.<br />

Das Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrecht umfasst nun auch Verlobte. In der Praxis werden auch verschieden- und<br />

gleichgeschlechtlich zusammenlebende Lebensgefährten als Verlobte behandelt<br />

8.4. BEISTAND, STRAFANTRAG, NEBENKLAGE<br />

In vielen Verfahren wird auf die engen Beziehungen zwischen dem Betroffenen und seinem Lebenspartner Rücksicht genommen.<br />

Sie haben die Möglichkeit als Beistand an den Verfahren teilzunehmen, sie sollen vor bestimmten Entscheidungen gehört<br />

und müssen von Verhaftungen und Freiheitsentziehungen unterrichtet werden.<br />

Das Strafantragsrecht eines Lebenspartners geht mit dessen Tod in den gesetzlich vorgesehenen Fällen auf seinen Partner<br />

über, und er ist berechtigt, einen von seinem Lebenspartner gestellten Strafantrag nach dessen Tod zurückzunehmen.<br />

Wird ein Lebenspartner durch eine rechtswidrige Tat getötet, kann sich der überlebende Partner dem Strafverfahren<br />

gegen den Täter als Nebenkläger anschließen.<br />

8.5. BETREUUNG<br />

Vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts hat das Gericht in der Regel u.a.<br />

dem Lebenspartner des Betroffenen Gelegenheit zur Äußerung zu geben, es sei denn, der Betroffene widerspricht mit er-<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

23<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


heblichen Gründen. Gegen die Entscheidung kann der Lebenspartner Beschwerde einlegen.<br />

Hat der Betroffene keinen Betreuer vorgeschlagen, dann muss das Gericht bei der Auswahl des Betreuers auf die verwandtschaftlichen<br />

und sonstigen Bindungen des Volljährigen, insbesondere auf die Bindungen zu Eltern, zu Kindern, zum<br />

Ehegatten und zum Lebenspartner, sowie auf die Gefahr von Interessenskonflikten Rücksicht nehmen.<br />

8.6 ZUSTELLUNGEN<br />

Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung nicht angetroffen, so kann die Zustellung in der Wohnung an<br />

einen erwachsenen Familienangehörigen oder einen erwachsenen ständigen Mitbewohner erfolgen. Dazu gehören sowohl<br />

der Lebenspartner als auch der Lebensgefährte.<br />

8.7. VERSICHERUNGEN<br />

Wenn die gesetzlichen Krankenkassen, die Träger der Sozialhilfe oder private Versicherungen aufgrund von Schadensereignissen<br />

dem Geschädigten Leistungen erbringen, gehen dessen Schadensersatzansprüche in Höhe der Leistungen auf<br />

die Kassen und Versicherungen über. Sie können dann den Schädiger auf Ersatz in Anspruch nehmen. Der Regress ist<br />

aber ausgeschlossen, wenn der Schädiger nur fahrlässig gehandelt hat und ein Familienangehöriger ist, der mit dem<br />

Geschädigten in häuslicher Gemeinschaft lebt. Dies gilt auch für Lebenspartner.<br />

8.8. UNTERSUCHUNGS- UND STRAFHAFT<br />

Der Besuch bei einem Strafgefangenen kann nach § 25 StVollzG bei Besuchern, die nicht Angehörige des Gefangenen<br />

sind, untersagt werden, wenn zu befürchten ist, dass sie einen schädlichen Einfluss auf den Gefangenen haben oder seine<br />

Eingliederung behindern würden. Bei Lebenspartnern und sonstigen Angehörigen im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB darf<br />

der Besuch dagegen nur untersagt werden, wenn dadurch die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde. Dasselbe<br />

gilt für das in § 28 StVollzG geregelte Recht des Strafgefangenen auf Briefwechsel mit seinem Lebenspartner und<br />

seinen sonstigen Angehörigen.<br />

Die Gleichstellung der Lebenspartner mit Ehegatten in diesem Bereich hat auch Auswirkungen auf die Besuchsfrequenz<br />

und die Dauer der Besuche (§ 24 Abs. 1 StVollzG). Die Anstalt muss Besuche von Lebenspartnern - genauso wie bei Ehegatten<br />

- in dem Umfang gestatten, wie das ohne Beeinträchtigung der Ordnung der Anstalt möglich ist.<br />

Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für Besuche bei und den Briefwechsel mit Untersuchungsgefangenen (§ 119 III<br />

StPO).<br />

8.9. ÄRZTLICHE SCHWEIGEPFLICHT<br />

Die ärztliche Schweigepflicht ist in den Berufsordnungen der Ärztekammern geregelt. Dort wird aber lediglich allgemein<br />

bestimmt, dass der Arzt über das, was ihm in seiner Eigenschaft als Arzt anvertraut oder bekannt geworden ist, zu<br />

schweigen hat. Dagegen ist in den Berufsordnungen nicht im Einzelnen geregelt, wann und wem gegenüber der Arzt zur<br />

Offenbarung befugt ist.<br />

Geht es um Auskunft der Ärzte gegenüber Angehörigen, hat darüber allein der Patient zu entscheiden. Ist er nicht mehr<br />

ansprechbar, ist sein mutmaßlicher Wille maßgebend. Es wurde deshalb in solchen Fällen bisher vermutet, dass zunächst<br />

sein Ehegatte, sodann die volljährigen Kinder, die Eltern, die Geschwister und an letzter Stelle sein nichtehelicher Partner<br />

seine Vertrauenspersonen sind. Aufgrund des § 11 Abs. 1 LPartG gilt bei einem Patienten, der eine Lebenspartnerschaft<br />

führt, in Zukunft zunächst der Lebenspartner als seine Vertrauensperson.<br />

Die Krankenhäuser sind aufgrund der Landeskrankenhausgesetze berechtigt, „Angehörigen" und Besuchern Auskunft<br />

über den Aufenthalt eines Patienten im Krankenhaus zu geben, sofern dem nicht im Einzelfall schutzwürdige Interessen<br />

des Patienten entgegenstehen oder dieser einer Auskunftserteilung ausdrücklich widersprochen hat. Es gelten deshalb<br />

insoweit für Lebenspartner dieselben Grundsätze wie bisher für Ehegatten.<br />

8.10. TOTENSORGE UND ANGEHÖRIGENSTATUS<br />

Die Wahl der Bestattungsart und die Gestaltung und Pflege der Grabstätte richtet sich nach dem Willen des Verstorbenen.<br />

Liegt von ihm keine Willenbekundung vor, haben die Angehörigen zu bestimmen, wie die Bestattung erfolgen und das<br />

Grab gestaltet und gepflegt werden soll.<br />

Wer in diesem Sinn „totensorgeberechtigt" ist, ergibt sich aus den Landesgesetzen über das Friedhofs- und Bestattungswesen<br />

und ergänzend aus dem Reichsgesetz über die Feuerbestattung von 1934. Nach diesen Bestimmungen sind durchweg<br />

zunächst der Ehegatte, sodann die (volljährigen) Kinder (oder deren Ehegatten), die Eltern, die Großeltern und die<br />

Geschwister totensorgeberechtigt. Da die Lebenspartner in diesen Gesetzen nicht berücksichtigt sind, müssen die Länder<br />

ihre Friedhofs- und Feuerbestattungsgesetze an das Lebenspartnerschaftsgesetz anpassen. Das ist in Berlin, Nordrhein-<br />

Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen bereits geschehen. Für Paare, die in anderen<br />

Ländern wohnen, empfiehlt es sich, dem Lebenspartner durch eine schriftliche Verfügung, z.B. im Patiententestament,<br />

die Totensorge ausdrücklich einzuräumen.<br />

Die Entnahme von Organen ist bei toten Organspendern nur zulässig, wenn entweder der Tote ihr zugestimmt hatte oder,<br />

falls von ihm keine Erklärung vorliegt, wenn seine „nächsten Angehörigen" zustimmen. Auch sind die „nächsten Angehörigen"<br />

über die beabsichtigte Organentnahme zu unterrichten und gegebenenfalls zu befragen, ob ihnen eine Erklärung<br />

des Toten zur Organspende bekannt ist.<br />

24<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


Wer „nächster Angehöriger" ist, und ihre Rangfolge regelt § 4 Abs. 2 TPG. Danach stehen Lebenspartner den Ehegatten<br />

gleich.<br />

Die Entnahme von Organen einer lebenden Person, die sich nicht wieder bilden können (z.B. Niere), ist nur zulässig zum<br />

Zwecke der Übertragung auf bestimmte Angehörige. Dazu gehören nach § 8 Abs. 1 TPG auch Lebenspartner.<br />

Die Leichenöffnung (Sektion) zum Zwecke der „inneren Leichenschau" ist nur zulässig, wenn entweder der Verstorbene<br />

zugestimmt hat oder die totensorgeberechtigten Angehörigen zustimmen.<br />

Viele Krankenhäuser pflegen Aufnahmeformulare zu verwenden, die u.a. die Klausel enthalten, dass die innere Leichenschau<br />

vorgenommen werden kann, wenn sie zur Feststellung der Todesursache aus ärztlicher Sicht notwendig ist oder<br />

wenn ein wissenschaftliches Interesse besteht. Diese Klausel berechtigt die Krankenhäuser zur Vornahme von Sektionen,<br />

es sei denn, dass der Verstorbene ihr ausdrücklich widersprochen hat oder dass ihr seine totensorgeberechtigten Angehörigen<br />

widersprechen.<br />

Wer also nicht will, dass er nach seinem Tod seziert wird, sollte der Sektionsklausel beim Unterschreiben des Aufnahmeformulars<br />

durch den Zusatz „Mit einer Sektion bin ich nicht einverstanden" vor der Unterschrift widersprechen. Er kann<br />

auch in sein Patiententestament eine entsprechende Klausel aufnehmen.<br />

9.KINDER<br />

9.1. ADOPTION<br />

9.1.1. KEINE GEMEINSCHAFTLICHE ADOPTION<br />

Susanne hat im Einvernehmen mit Ihrer Lebenspartnerin Barbara ein Kind aus Thailand adoptiert. Als das Kind vier<br />

Jahre alt ist, erkrankt Susanne an Krebs. Die beiden wollen sicherstellen, dass das Kind nach dem möglichen Tod von<br />

Susanne bei Barbara bleiben kann.<br />

Lebenspartner konnten schon immer ein Kind einzeln adoptieren. Dagegen war die gemeinschaftliche Adoption eines<br />

Kindes nicht möglich.<br />

Daran hat sich durch das Überarbeitungsgesetz nichts geändert. Nach wie vor können Lebenspartner ein Kind nicht gemeinschaftlich<br />

adoptieren und zwar weder gleichzeitig noch nacheinander. Das verbietet § 1742 BGB. Danach dürfen nur<br />

Ehepaare ein Kind gemeinschaftlich adoptieren. Mit dieser Vorschrift hat Deutschland das Europäische Übereinkommen<br />

über die Adoption von Kindern aus dem Jahre 1967 umgesetzt, dem Deutschland 1980 zugestimmt hat. Aufgrund dieses<br />

Abkommens darf die Rechtsordnung die Adoption eines Kindes nur entweder einer Person allein oder zwei miteinander<br />

verheirateten Personen gestatten, unabhängig davon, ob die Beiden das Kind gleichzeitig oder nacheinander annehmen.<br />

Barbara kann deshalb das Kind von Susanne nicht adoptieren und zwar auch nicht in der Form, dass Susanne gleichzeitig<br />

auf ihre Elternrechte verzichtet, so dass das Kind dann nur noch das Kind von Barbara wäre. Das Europäische Adoptionsübereinkommen<br />

und § 1742 BGB verbieten auch solche "Kettenadoptionen".<br />

Barbara kann deshalb das Kind erst adoptieren, wenn Susanne gestorben ist.<br />

Susanne hat vor ihrem Tod lediglich die Möglichkeit, durch Testament Barbara als Vormund des Kindes zu benennen. Das<br />

Vormundschaftsgericht kann Barbara nur übergehen, wenn ihre Bestellung das Wohl des Kindes gefährden würde<br />

(§§ 1776 ff. BGB).<br />

Die Bundesjustizministerin hat angekündigt, dass sich Deutschland um eine Änderung des Europäischen Abkommens bemühen<br />

wolle.<br />

9.1.2. STIEFKINDADOPTION<br />

Das Kind von Susanne stammt nicht aus Thailand, sondern ist durch Insemination gezeugt worden. Der Erzeuger ist<br />

ein Freund, der anonym bleiben möchte, weil er inzwischen verheiratet ist. Susanne und Barbara haben deshalb bisher<br />

immer erklärt, sie wüssten nicht, wer der Vater sei; Susanne sei mit Hilfe einer ausländischen Samenbank schwanger<br />

geworden, die mit sogenannten Nein-Spendern arbeitet, deren Namen nicht preisgegeben werden.<br />

Seit dem 01. Januar 2005 können Lebenspartner leibliche Kinder ihres Partners adoptieren (§ 9 Abs. 7 LPartG). Zweifellos<br />

die wichtigste und erfreulichste Neuerung im Recht der Eingetragenen Lebenspartnerschaft. Trotz aller Freude hierüber<br />

sollte man jedoch nicht übersehen, dass der Weg zu einer Stiefkindadoption – und an dieser Stelle sei hervorgehoben,<br />

dass es keinerlei Unterschiede zwischen Eheleuten und Lebenspartnern gibt - lang und steinig sein kann.<br />

Susanne muss die Adoption beim Vormundschaftsgericht beantragen. Voraussetzung ist, dass eine der beiden 25 und<br />

die andere 21 Jahre alt ist. Der Antrag muss von einem Notar beurkundet werden. Dieser hilft auch weiter, wenn einer der<br />

Beteiligten eine fremde Staatsbürgerschaft hat und deshalb verschiedene Besonderheiten zu beachten sind.<br />

Die Adoption ist nur zulässig, wenn sie dem Wohl des Kindes dient und zu erwarten ist, dass zwischen dem Annehmenden<br />

und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht (§ 1741 Abs. 1 Satz 1 BGB). Um festzustellen, ob diese Voraussetzungen<br />

gegeben sind, beauftragt das Vormundschaftsgericht das Jugendamt mit der Überprüfung der Familie. Das Jugendamt<br />

soll ermitteln, ob sich zwischen dem Kind und dem Stiefelternteil bereits eine stabile, positive Beziehung entwickelt<br />

hat bzw. ob erwartet werden kann, dass sich eine solche Beziehung entwickeln wird. In diese Überprüfung wird auch die<br />

Gesundheit des Stiefelternteils einbezogen. Außerdem soll das Jugendamt die wirtschaftlichen Verhältnisse des Stiefel-<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

25<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


ternteils überprüfen, weil durch die Adoption der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen seinen "weichenden" leiblichen<br />

Elternteil durch den Unterhaltsanspruch gegenüber dem Stiefelternteil abgelöst wird. Dasselbe gilt übrigens auch für den<br />

später einmal denkbaren Unterhaltsanspruch des leiblichen Elternteils gegenüber dem Kind. Er wird durch den Unterhaltsanspruch<br />

des Stiefelternteils gegen das Kind abgelöst.<br />

Das Jugendamt hat das Ergebnis seiner Ermittlungen den Betroffenen mitzuteilen (§ 7 Abs. 1 AdVermG). Es empfiehlt<br />

sich, schon vor der Antragstellung beim Vormundschaftsgericht mit dem Jugendamt Fühlung aufzunehmen.<br />

9.1.3. EINWILLIGUNG IN DIE STIEFKINDADOPTION<br />

Dem Adoptionsantrag müssen sämtliche Beteiligten zustimmen, auch das Kind selbst und der Vater. Solange das Kind das<br />

14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, muss an seiner statt sein gesetzlicher Vertreter die Einwilligung erteilen. Susanne<br />

erteilt also eine “doppelte” Einwilligung, ihre eigene und die ihres Kindes. Wäre das Kind schon vierzehn, müsste es selbst<br />

einwilligen. Die Zustimmungserklärungen sind notariell zu beurkunden.<br />

Die Einwilligung der Eltern kann erst erteilt werden, wenn das Kind acht Wochen alt ist. Sind die Eltern nicht miteinander<br />

verheiratet und haben sie auch keine gemeinsame Sorgeerklärung abgegeben (siehe unten 9.1.5.), kann der Vater schon<br />

vor der Geburt einwilligen.<br />

Problematisch ist in Susannes und Barbaras Fall die Einwilligung des biologischen Vaters.<br />

Das Gesetz unterscheidet zwischen dem "gesetzlichen" und dem "biologischen" Vater.<br />

Gesetzlich gilt als Vater,<br />

• wer mit der Kindesmutter zum Zeitpunkt der Geburt verheiratet war,<br />

• wer die Vaterschaft anerkannt hat oder<br />

• wessen Vaterschaft durch gerichtliches Urteil festgestellt worden ist.<br />

Existiert ein gesetzlicher Vater, hat nur dieser zuzustimmen.<br />

Als biologischer Vater gilt, wer glaubhaft macht, dass "er der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat"<br />

(§ 1747 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 1600d Abs. 2 Satz 1 BGB). Der Fall der Insemination fällt dem Wortlaut nach nicht hierunter,<br />

weil der "Erzeuger" der Mutter nicht "beigewohnt" hat (Siegfried, FPR 2005, 120, 121). Dieser Auffassung ist auch der<br />

Bundesgerichtshof in einer Entscheidung zu § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB (Urt. v. 26.01.2005 - XII ZR 70/03; FamRZ 2005, 612).<br />

Außerdem lässt sich dem Gesetz nicht eindeutig entnehmen, was geschehen muss, wenn die Kindesmutter den biologischen<br />

Vater nicht mitteilen kann oder will. Das Gesetz bestimmt lediglich, dass die Einwilligung eines Elternteils nicht erforderlich<br />

ist, wenn er zur Abgabe einer Erklärung dauernd außerstande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist<br />

(§ 1747 Abs. 4 BGB).<br />

In der juristischen Kommentarliteratur wird hierzu jeweils ein Beschluss des Landgerichts Freiburg aus dem Jahre 2002<br />

zitiert (FamRZ 2002, 1647, ebenso neuerdings AG Berlin Tempelhof-Kreuzberg, FamRZ 2005, 302), dass kein Vater zustimmen<br />

muss, wenn die Mutter den Vater nicht mitteilen kann oder will. Die Mutter könne auch nicht - etwa durch ein<br />

Zwangsgeld - gezwungen werden, den Namen des Vaters preiszugeben. Zwar sei das Gericht von Amts wegen verpflichtet,<br />

sich selbst um eine Sachverhaltsaufklärung zu bemühen. Falls diese Bemühungen aber erfolglos blieben, sei die Annahme<br />

ohne Einwilligung des Vaters zulässig. Ob sich dem die anderen Gerichte anschließen werden, lässt sich nicht vorhersagen.<br />

Susanne und Barbara haben somit folgende Möglichkeiten:<br />

• Sie können sich auf den Standpunkt stellen, dass eine Samenspende keine "Beiwohnung" im Sinne des Gesetzes ist<br />

und sich dafür auf die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs berufen.<br />

• Sie können erklären, den Vater nicht benennen zu können.<br />

• Sie können erklären, den Vater nicht benennen zu wollen. Das Gericht muss dann entscheiden, ob es den zitierten<br />

Entscheidungen des Landgerichts Freiburg und des AG Berlin Tempelhof-Kreuzberg folgen will.<br />

Am einfachsten wäre es natürlich, wenn Susanne und Barbara den Vater benennen würden.<br />

Der Vater braucht in der Regel nicht zu befürchten, dass seine Vaterschaft über das Verfahren hinaus bekannt wird, es sei<br />

denn, die Mutter hat für das Kind Unterhaltsvorschuss oder andere Sozialleistungen bezogen. Außerdem bewahrt die Adoption<br />

den Vater sicher vor zukünftigen Unterhaltsansprüchen des Kindes bzw. von Sozialbehörden, falls das Kind später<br />

einmal bedürftig werden sollte. Dasselbe gilt für mögliche Erbansprüche, die das Kind später einmal geltend machen<br />

könnte.<br />

Denn durch die Adoption erhält die Stiefmutter oder der Stiefvater rechtlich die gleiche Stellung wie ein leiblicher Elternteil<br />

mit allen Rechten und Pflichten wie Sorgerecht und Unterhaltsverpflichtung. Die Verwandtschaftsbande des Kindes<br />

zum “weichenden” Elternteil und dessen Verwandten werden vollständig aufgehoben. Hier bestehen also auch kein<br />

Unterhaltsrecht und kein Erbrecht usw. des Kindes mehr. Der weichende Elternteil verliert sogar sein Recht zum Umgang<br />

mit dem Kind.<br />

Wichtig: Eine Adoption ist mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen endgültig. Sie kann normalerweise nicht<br />

rückgängig gemacht werden.<br />

26<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


9.1.4. INSEMINATION DURCH NEIN-SPENDER UND STIEFKINDADOPTION<br />

Die Zulässigkeit der Stiefkindadoption kann die Insemination durch Nein-Spender erleichtern. Bei den sogenannten Nein-<br />

Spendern treffen die Ärzte (oder die sonst Beteiligten) Vorkehrungen, durch die verhindert wird, dass die Identität des<br />

Spenders zurückverfolgt werden kann. Das Kind hat dann möglicherweise einen Schadensersatzanspruch gegen die<br />

Ärzte, weil diese die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegen den Vater vereitelt haben. Wenn in solchen Fällen<br />

die Sozialbehörden für den Unterhalt des Kindes aufkommen müssen, gehen dessen Unterhalts- und Schadensersatzansprüche<br />

auf die Sozialbehörden über. Es ist aber völlig offen, ob die Sozialbehörden die Ärzte dann wirklich erfolgreich<br />

auf Regress in Anspruch nehmen können, weil solche Fälle bisher von den Gerichten noch nicht entschieden worden sind.<br />

Gleichwohl haben viele Ärzte vor solchen möglichen Schadensersatzansprüchen große Angst und die Ärztefunktionäre<br />

schüren diese Angst, um künstliche Befruchtungen außerhalb von Ehen zu verhindern.<br />

Um den Ärzten diese Angst zu nehmen, können sich die beiden Mütter zwar in einer notariellen Urkunde verpflichten, die<br />

Ärzte von allen möglichen Regressansprüchen freizustellen, das heißt, die Regresszahlungen zu übernehmen. Das wird<br />

aber wahrscheinlich auf die Ärzte nur dann beruhigend wirken, wenn die Mütter über ein ausreichendes Einkommen verfügen.<br />

In den kritischen Fällen, in denen mit einer Einschaltung der Sozialbehörden gerechnet werden muss, nutzen die<br />

Vereinbarungen aus tatsächlichen Gründen nichts.<br />

Hier bietet nun die Stiefkindadoption die Möglichkeit, die Furcht der Ärzte abzubauen. Durch die Stiefkindadoption wird<br />

das Kind ein gemeinschaftliches Kind der Lebenspartner und das Verwandtschaftsverhältnis zu dem Vater und dessen<br />

Verwandten erlischt. Damit besteht auch für die Ärzte keine Gefahr mehr, dass sie auf Schadensersatz in Anspruch genommen<br />

werden können.<br />

Allerdings kann sich die Co-Mutter gegenüber den Ärzten wohl nicht notariell verpflichten, das noch nicht gezeugte Kind<br />

zu adoptieren. Sie kann das in dem Vertrag mit den Ärzten aber ankündigen.<br />

Auf diese Weise kann auch Freunden, die zur Samenspende bereit sind, die Angst vor möglichen Unterhaltsansprüchen<br />

genommen werden.<br />

9.1.5. ERSETZUNG DER EINWILLIGUNG DES ANDEREN ELTERNTEILS<br />

1. Die Eltern des Kindes waren bei der Geburt des Kindes miteinander verheiratet oder haben eine gemeinsame Sorgeerklärung<br />

abgegeben.<br />

Der achtjährige Peter lebt seit sechs Jahren im Haushalt seines Vaters Karl und dessen Lebenspartners Michael in<br />

Freiburg. Peters Mutter Marion hat einen anderen Mann geheiratet und lebt mit diesem in Gelsenkirchen. Sie kümmert<br />

sich nicht mehr um Peter. Karl ist deshalb für Peter allein sorgeberechtigt. Er ist AIDS-krank und möchte sicherstellen,<br />

dass sein Sohn und sein Lebenspartner nach seinem Tod zusammenbleiben können. Michael ist bereit, für Peter<br />

zu sorgen.<br />

Was geschieht, wenn Marion der Adoption nicht zustimmt Die einzige Möglichkeit, die Adoption gegen den Willen von<br />

Peters Mutter durchzusetzen, besteht darin, ihre Einwilligung durch das Vormundschaftsgericht gemäß § 1748 Abs. 1 BGB<br />

ersetzen zu lassen. Einen entsprechenden Antrag an das Vormundschaftsgericht kann nur das Kind selbst stellen. Für<br />

Kinder, die noch nicht 14 Jahre alt sind, muss ihr gesetzlicher Vertreter den Antrag stellen, in unserem Fall also Karl.<br />

Das Gericht wird diesem Antrag folgen, wenn Marion ihre Pflichten gegenüber Peter gröblich verletzt hat oder durch ihr<br />

Verhalten gezeigt hat, dass ihr Peter gleichgültig ist und wenn das Unterbleiben der Adoption Peter zu unverhältnismäßigem<br />

Nachteil gereichen würde (§ 1748 Abs.1 Satz1 BGB). Fangen wir am Ende an: Ein unverhältnismäßiger Nachteil ist<br />

für Peter im Falle des Unterbleibens der Adoption tatsächlich gegeben. Seine gesamte bewusst erlebte Kindheit hat Peter<br />

mit Karl und Michael verbracht. Nur zu ihnen hat er eine familiäre Bindung. Beide haben sich um ihn gekümmert. Sollte<br />

Karl tatsächlich an AIDS sterben und die Adoption wäre nicht erfolgt, so befänden sich Peter und Michael in einer prekären<br />

Lage, denn es wäre unklar, wer in Zukunft für Peter das Sorgerecht bekommt. Das Vormundschaftsgericht müsste<br />

darüber entscheiden und hätte gemäß § 1680 Abs. 2 BGB das Sorgerecht Marion zu übertragen, sofern dies nicht dem<br />

Kindeswohl widerspricht. Um das Sorgerecht und vor allem auch um Peters Aufenthaltsort würde deshalb sehr wahrscheinlich<br />

ein großer Streit entstehen, der schon für sich allein äußerst negative Auswirkungen auf Peters ohnehin schon<br />

stark strapazierte psychische Verfassung und seine weitere Entwicklung hätte.<br />

Eine grobe Pflichtverletzung gegenüber Peter würde vorliegen, wenn Marion für Peter noch sorgeberechtigt wäre und die<br />

sich daraus ergebenden Pflichten vernachlässigt hat. Ferner auch dann, wenn Marion einer gegenüber Peter bestehenden<br />

Unterhaltsverpflichtung nicht nachgekommen ist. In unserem Beispielsfall ist Peters Mutter jedoch nicht sorgeberechtigt<br />

und auch nicht zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet. Allerdings ist ihr Sohn ihr seit Jahren gleichgültig.<br />

Hier errichtet das Gesetz in § 1748 Abs. 2 BGB eine neue Hürde: Stützt sich der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung allein<br />

auf die Gleichgültigkeit von Marion gegenüber ihrem Sohn Peter, so wird das Jugendamt eingeschaltet. Dieses belehrt<br />

Marion über die eingetretene Situation und die Möglichkeit der vormundschaftsgerichtlichen Ersetzung ihrer<br />

Zustimmung. Erst nach Ablauf von drei Monaten nach dieser Belehrung, darf das Vormundschaftsgericht die Ersetzung<br />

der Zustimmung vornehmen. Sollte sich Marion innerhalb dieser drei Monate ihrem Sohn wieder zuwenden, so wird eine<br />

Ersetzung ihrer Zustimmung unter Umständen ausbleiben und damit die Stiefkindadoption unmöglich. Allerdings müsste<br />

sich diese neuerliche Zuwendung in mehr als nur gelegentlichen Telefonanrufen manifestieren.<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

27<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


Der Ausgang eines Streits um die Ersetzung einer Einwilligung des anderen Elternteils ist also meist ungewiss. Oft geht<br />

der Streit durch sämtliche Instanzen.<br />

2. Die Eltern des Kindes waren bei seiner Geburt nicht miteinander verheiratet und haben keine gemeinsame<br />

Sorgeerklärung abgegeben:<br />

Sandra und Tatjana sind seit zwei Jahren Lebenspartnerinnen und leben zusammen mit Tatjanas elfjährigem Sohn<br />

Moritz in einem Haushalt. Bernd, der Vater von Moritz, wollte anfangs nichts von seinem Kind wissen. Heiratspläne<br />

zwischen Tatjana und Bernd hatte es nie gegeben. In den letzten drei Jahren hat sich Bernd eines Besseren besonnen<br />

und bemüht sich mit Tatjanas Einverständnis um Kontakte zu seinem Sohn. Mit einer Stiefkindadoption durch Sandra<br />

ist Bernd nicht einverstanden und verweigert seine Einwilligung.<br />

Wenn die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet sind, ist die Mutter allein sorgeberechtigt. Das<br />

Gesetz räumt der Mutter des Kindes gewissermaßen eine von Natur aus vorrangige Stellung in Fragen des Sorgerechts<br />

ein: Gemäß § 1626a Abs. 1 BGB werden die nicht miteinander verheirateten Eltern eines Kindes für dieses nur dann gemeinsam<br />

sorgeberechtigt, wenn sie gegenüber einem Notar oder gegenüber dem Jugendamt erklären, dass sie die Sorge<br />

für das Kind gemeinsam übernehmen wollen oder wenn sie einander heiraten. Ansonsten hat die Mutter - wie in unserem<br />

Beispiel – gemäß § 1626a Abs. 2 BGB kraft Gesetzes automatisch das alleinige Sorgerecht.<br />

Da Bernd seine Einwilligung zur Adoption verweigert, beantragt Tatjana für Moritz beim Vormundschaftsgericht die Ersetzung<br />

seiner Einwilligung. In einem solchen Fall hat das Vormundschaftsgericht nach § 1748 Abs. 4 BGB den Antrag<br />

danach zu beurteilen, ob das Unterbleiben der Adoption dem Kind zu unverhältnismäßigem Nachteil gereichen würde.<br />

Das ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann der Fall, wenn die Adoption einen so erheblichen Vorteil<br />

für das Kind bietet, dass ein sich verständig um sein Kind sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Verwandtschaftsbandes<br />

nicht bestehen würde. Bei einer solchen am Einzelfall ausgerichteten Interessenabwägung ist auch zu<br />

berücksichtigen, "dass es in der Regel nicht dem Wohl des Kindes dient, wenn die Adoption - womöglich gar vorrangig -<br />

darauf zielt, Umgangsmöglichkeiten des Vaters für die Zukunft völlig auszuschließen".<br />

Danach ist es eher wahrscheinlich, dass das Vormundschaftsgericht dem Antrag von Tatjana nicht stattgeben wird.<br />

9.2. EINBENENNUNG<br />

Ilka und Brigitte Hoppenstedt sind Lebenspartnerinnen und leben zusammen mit Ilkas zehnjährigem Sohn Peter. Ilka<br />

ist zusammen mit Peters Vater Urs Schmidt gemeinsam für Peter sorgeberechtigt. Ilka und Urs sind seit 5 Jahren geschieden.<br />

Beide hatten bei Schließung der Ehe ihren Geburtsnamen behalten. Dem gemeinsamen Sohn Peter hatten<br />

sie Ilkas Geburtsnamen gegeben: er heißt Schramm. Peter hat schon mehrfach zu erkennen gegeben, dass er unzufrieden<br />

damit ist, einen anderen Nachnamen als seine Mütter zu tragen. Eine Stiefkindadoption ist jedoch von keinem<br />

der Beteiligten gewünscht.<br />

Bei den Lebenspartnern Gunnar und Helge Johannssen und Gunnars 13 Jahre altem Sohn Patrick, die seit drei Jahren<br />

zusammen in einer geräumigen Wohnung in Kiel leben, ist die Situation etwas anders. Gunnar ist für Patrick allein sorgeberechtigt.<br />

Die beiden Lebenspartner sind sich auch darüber einig, dass dies so bleiben soll. Patrick trägt jedoch<br />

den Namen seiner Mutter und ist damit ebenfalls unzufrieden.<br />

In beiden Fällen hilft die sogenannte Einbenennung gemäß § 9 Abs. 5 LPartG i.V.m. § 1618 BGB weiter. Die Einbenennung<br />

ist wesentlich schneller und einfacher zu erreichen, als eine Adoption. Sie hat lediglich eine Namensänderung des Kindes<br />

zur Folge, und zwar dergestalt, dass entweder der Lebenspartnerschaftsname an die Stelle des bisherigen Namens des<br />

Kindes tritt oder aber der Lebenspartnerschaftsname dem Namen des Kindes angefügt oder vorangestellt wird. In den<br />

zuletzt genannten Fällen entfiele allerdings ein eventuell schon bestehender Begleitname (der z.B. aufgrund einer früheren<br />

Adoption angefügt worden war). Peter kann also zukünftig Hoppenstedt, Hoppenstedt-Schramm oder Schramm-<br />

Hoppenstedt heißen.<br />

Weitere rechtliche Folgen hat die Einbenennung nicht. Insbesondere wird kein Sorgerecht für den Stiefelternteil begründet.<br />

Im zuerst beschriebenen Beispielsfall bleibt also Urs nach der Einbenennung weiterhin zusammen mit Ilka für Peter<br />

gemeinsam sorgeberechtigt.<br />

Voraussetzungen für eine Einbenennung sind:<br />

1. Die Lebenspartner müssen einen gemeinsamen Lebenspartnerschaftsnamen bestimmt haben.<br />

2. Das Kind muss zusammen mit den Lebenspartnern in einem gemeinsamen Haushalt wohnen.<br />

3. Das Kind muss minderjährig und unverheiratet sein (eine Eheschließung ist ab dem 16. Lebensjahr möglich).<br />

4. Der andere Elternteil muss der Einbenennung zustimmen, sofern er sorgeberechtigt ist oder das Kind seinen Namen trägt.<br />

5. Das Kind selbst muss der Einbenennung zustimmen, sofern es das 5. Lebensjahr vollendet hat.<br />

Die Einbenennung ist von den Lebenspartnern gegenüber der von den Ländern bestimmten zuständigen Behörde zu erklären.<br />

Sämtliche Erklärungen, auch die Zustimmungserklärung des anderen Elternteils und die Zustimmungserklärung<br />

des Kindes, müssen öffentlich beurkundet werden. Das kann zurzeit nur durch einen Notar geschehen. Die meisten Landesgesetze<br />

zur Ausführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes räumen zwar dem Standesbeamten oder dem sonst zuständigen<br />

Beamten die Befugnis ein, Erklärungen zur Namensführung zu beurkunden. Sie erwähnen dabei aber nur die<br />

Fälle des § 3 LPartG und des Art. 17b Abs. 2 Satz 1 EGBGB. Den erst jetzt neu geschaffenen § 9 Abs. 5 LPartG führen sie<br />

(noch) nicht mit auf.<br />

28<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


Sollte der andere Elternteil seine Zustimmung zur Einbenennung verweigern, so gibt es auch hier die Möglichkeit, die fehlende<br />

Zustimmung durch das Familiengericht ersetzen zu lassen. Allerdings findet dies nur in Ausnahmefällen statt. Es<br />

genügt nicht, dass die Einbenennung dem Kindeswohl förderlich ist. Eine gerichtliche Ersetzung der fehlenden Zustimmung<br />

des anderen Elternteils findet nur dann statt, wenn sie für das Kindeswohl unabdingbar notwendig ist. Dies ist z.B.<br />

dann der Fall, wenn der andere Elternteil für eine psychische Destabilisierung des Kindes verantwortlich ist oder wenn<br />

zwischen ihm und dem Kind schon lange keine tatsächlichen Beziehungen mehr bestehen.<br />

Eine Ersetzung der Zustimmung durch das Familiengericht ist leichter zu erreichen, wenn der Lebenspartnerschaftsname<br />

dem Namen des Kindes lediglich vorangestellt oder hinzugefügt werden soll.<br />

9.3. KLEINES SORGERECHT UND NOTSORGERECHT<br />

Führt der allein sorgeberechtigte Elternteil eine Lebenspartnerschaft, hat sein Lebenspartner – solange von der Möglichkeit<br />

einer Stiefkindadoption kein Gebrauch gemacht wird oder eine solche nicht möglich oder gescheitert ist - im Einvernehmen<br />

mit dem sorgeberechtigten Elternteil die Befugnis zur Mitentscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens<br />

des Kindes (§ 9 Abs. 1 Satz 1 LPartG). Die Befugnis besteht nicht, wenn die Lebenspartner nicht nur vorübergehend<br />

getrennt leben (§ 9 Abs. 4 LPartG). Das kleine Sorgerecht soll nur dem Lebenspartner zustehen, der mit dem Kind zusammenlebt.<br />

Entscheidungen in Angelegenheiten des täglichen Lebens sind in der Regel solche, die häufig vorkommen und die keine<br />

schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben (§ 1687 Abs. 1 Satz 3 BGB). Dazu gehören die<br />

tägliche Betreuung und Versorgung des Kindes, aber auch Alltagsfragen, die im schulischen Leben und in der Berufsausbildung<br />

des Kindes vorkommen, sowie Entscheidungen, die im Rahmen der gewöhnlichen medizinischen Versorgung des<br />

Kindes zu treffen sind.<br />

Über das kleine Sorgerecht muss Einvernehmen zwischen den Lebenspartnern bestehen. Mitentscheidung heißt, dass der<br />

Lebenspartner in diesen Angelegenheiten das Kind allein vertreten kann, dabei aber vom Einvernehmen seines Partners<br />

abhängig ist, das dieser jederzeit widerrufen kann. Widerspricht der Lebenspartner einer Entscheidung, muss diese<br />

unterbleiben.<br />

Das Familiengericht kann das kleine Sorgerecht einschränken oder ausschließen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich<br />

ist (§ 9 Abs. 3 LPartG).<br />

Bei Gefahr im Verzug ist der Lebenspartner dazu berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des<br />

Kindes notwendig sind; der sorgeberechtigte Elternteil ist unverzüglich zu unterrichten (§ 9 Abs. 2 LPartG). Dieses Notsorgerecht<br />

setzt nur voraus, dass dem Wohl des Kindes Schaden droht, wenn nicht sofort gehandelt wird. Hierher gehört<br />

vor allem eine dringende ärztliche Behandlung, die nicht aufgeschoben werden kann. Das Notsorgerecht hängt nicht vom<br />

Einverständnis des anderen Lebenspartners ab, und es kann vom Familiengericht nicht eingeschränkt werden.<br />

Für Ehegatten gilt dieselbe Regelung (§ 1687b BGB). Dagegen steht gleich- und verschiedengeschlechtlichen Lebensgefährten<br />

hinsichtlich der Kinder ihrer Partner weder ein kleines Sorge- noch ein Notsorgerecht zu.<br />

9.4. UMGANGSRECHT<br />

Anna hat eine dreijährige Tochter, die bisher hauptsächlich von ihrer Lebenspartnerin Maria betreut worden ist, weil<br />

diese als freiberufliche Journalistin mehr zuhause sein konnte. Als die Lebenspartnerschaft zerbricht und die beiden<br />

sich trennen, unterbindet Anna jeden weiteren Kontakt Marias mit dem Kind.<br />

Dagegen hätte Maria früher nichts unternehmen können. Jetzt haben sowohl Lebenspartner als auch Lebensgefährten<br />

ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient und wenn sie für das Kind tatsächliche<br />

Verantwortung tragen oder in der Vergangenheit getragen haben. Das Gesetz bezeichnet ein derartiges Verhältnis als sozial-familiäre<br />

Beziehung. Diese soll in der Regel anzunehmen sein, wenn die Bezugsperson längere Zeit mit dem Kind in<br />

häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat (§ 1685 BGB).<br />

Welche Zeitspanne als „länger" anzusehen ist, ließ der Gesetzgeber bewusst offen. Ein wichtiger Maßstab hierfür ist das<br />

Alter des Kindes. Ein Kind im Vorschulalter mag bereits ein Zusammenleben von einigen Monaten als lang empfinden. Bei<br />

einem Jugendlichen wird dies erst ab einem Jahr der Fall sein. Außerdem kommt es darauf an, wie viel Zeit seit der Aufhebung<br />

der häuslichen Gemeinschaft bereits verstrichen ist und ob zwischendurch noch Besuchskontakte stattgefunden<br />

haben. Je weiter die Entfremdung zwischen dem Kind und dem Antragsteller bereits vorangeschritten ist, desto länger<br />

muss die Zeit des Zusammenlebens gewesen sein, damit ein einigermaßen reibungsloses Wiederanknüpfen an die frühere<br />

Beziehung erwartet werden kann.<br />

Die Mutter bzw. der Vater einerseits und der Lebenspartner bzw. der Lebensgefährte andererseits müssen alles unterlassen,<br />

was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert (§ 1684 Abs. 2 BGB).<br />

Über den Umfang des Umgangsrechts und seine Ausübung müssen sich die Beteiligten einigen. Gelingt dies nicht, kann<br />

das Familiengericht den Umfang und die Ausübung des Umgangsrechts regeln (§ 1684 Abs. 3 BGB). Das Familiengericht<br />

kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen,<br />

soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht für längere Zeit oder auf<br />

Dauer ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Familiengericht kann<br />

insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist (§<br />

1684 Abs. 4 BGB).<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

29<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


9.5. VERBLEIBENSANORDNUNG<br />

Im obigen Beispiel stand die elterliche Sorge über Peter sowohl seinem Vater Karl als auch seiner Mutter Marion gemeinschaftlich<br />

zu. Peter hat seine Mutter regelmäßig besucht. Eine Adoption Peters durch Michael kam deshalb nicht<br />

in Betracht. Nach dem Tod von Karl besteht Peters Mutter darauf, dass dieser nicht bei Michael bleiben, sondern bei<br />

ihr aufwachsen soll. Peter möchte bei Michael bleiben.<br />

Für solche Fälle bestimmt § 1682 BGB: Hat das Kind seit längerer Zeit in einem Haushalt mit einem Elternteil und dessen<br />

Lebenspartner gelebt und will der andere Elternteil, der den Aufenthalt des Kindes nun allein bestimmen kann, das Kind<br />

von dem Lebenspartner wegnehmen, so kann das Familiengericht von Amts wegen oder auf Antrag des Lebenspartners<br />

anordnen, dass das Kind bei dem Lebenspartner verbleibt, wenn und solange das Kindeswohl durch die Wegnahme gefährdet<br />

würde.<br />

Für die Frage, ab wann von einer „längeren Zeit" gesprochen werden kann, kommt es auf das Alter des Kindes und vor<br />

allem darauf an, wie stark die Bindungen des Kindes an den Lebenspartner sind. Bei kleineren Kindern kann schon eine<br />

relativ kurze Zeit zu einer intensiven Bindung führen. Die Verbleibensanordnung ist ein gravierender Eingriff in das elterliche<br />

Sorgerecht und kommt daher nur in Betracht, wenn regelmäßiger Umgang zwischen dem Lebenspartner und dem<br />

Kind nicht ausreicht, um Schaden von dem Kind fern zu halten.<br />

Auf Lebensgefährten ist die Vorschrift - genauso wie die Bestimmungen über das Sorgerecht - nicht anwendbar. Die<br />

Rechtsstellung von Stiefeltern ist also deutlich besser, wenn sie mit dem Elternteil des Kindes, mit dem sie zusammenleben,<br />

eine Lebenspartnerschaft (oder eine Ehe) eingehen.<br />

10.ERBRECHT<br />

10.1. GESETZLICHE ERBFOLGE UND ERBEINSETZUNG DURCH TESTAMENT ODER ERBVERTRAG<br />

Anita ist in ihrem Beruf sehr erfolgreich und kann deshalb für sich und ihre Lebenspartnerin Renate eine Eigentumswohnung<br />

kaufen, die ca. 200.000 Euro wert ist. Wenig später verstirbt sie durch Unfall. Auf ihren Konten hatte sie ein<br />

Guthaben von 40.000 Euro. Außerdem gehörte ihr fast die gesamte Wohnungseinrichtung. Sie ist ca. 20.000 Euro<br />

wert. Renate hat dagegen kein Vermögen. Anita und Renate hatten bei Eingehung der Lebenspartnerschaft keinen<br />

vom gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft abweichenden Güterstand vereinbart und waren damals<br />

beide vermögenslos.<br />

Anita hatte kein Testament gemacht. Ihre Mutter ist schon verstorben. Ihr Vater hatte jeden Kontakt mit ihr und<br />

Renate abgelehnt. Dagegen hatte Anita zu ihrem Bruder und zu ihrer Schwester ein sehr gutes Verhältnis.<br />

Wenn ein Erblasser nicht durch Testament oder Erbvertrag bestimmt hat, wer sein Erbe sein soll, tritt gesetzliche Erbfolge<br />

ein. Dabei wird ein Lebenspartner genauso wie ein Ehegatte behandelt.<br />

• Er erbt neben Verwandten der ersten Ordnung zu einem Viertel, neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben<br />

Großeltern zur Hälfte.<br />

• Lebt nur noch einer der Großeltern und leben von dem anderen Abkömmlinge, erhält der Lebenspartner auch deren<br />

Anteil.<br />

• Leben dagegen von dem anderen Großelternteil keine Abkömmlinge mehr, erhält dessen Anteil der Großelternteil, der<br />

noch lebt.<br />

• Sind weder Erben der ersten noch der zweiten Ordnung noch Großeltern vorhanden, erbt der Lebenspartner alles<br />

(§ 10 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 LPartG).<br />

Erben der ersten Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers (Kinder, Enkel usw.), Erben der zweiten Ordnung die<br />

Eltern und deren Abkömmlinge (Geschwister, Nichten, Neffen usw.), Erben der dritten Ordnung die Großeltern und deren<br />

Abkömmlinge (Onkel, Tanten, Vetter, Kusinen usw.).<br />

Das bedeutet für unseren Beispielsfall: Da mit dem Vater und den Geschwistern von Anita Erben der zweiten Ordnung<br />

vorhanden sind, erbt ihre Lebenspartnerin Renate die Hälfte. Die andere Hälfte müssen sich der Vater und die beiden<br />

Geschwister teilen. Der Vater erhält also ein Viertel und die beiden Geschwister je ein Achtel.<br />

Diese Verteilung ändert sich, wenn die Lebenspartner wie Anita und Renate im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft<br />

gelebt haben. Dann „wird der Ausgleich des Zugewinns dadurch verwirklicht, dass sich der gesetzliche Erbteil<br />

des überlebenden Lebenspartners um ein Viertel der Erbschaft erhöht; hierbei ist unerheblich, ob die Lebenspartner<br />

tatsächlich im einzelnen Fall einen Überschuss erzielt haben" (§ 6 Satz 2 LPartG i.V.m. § 1371 Abs. 1 BGB). Renate erhält<br />

also drei Viertel der Erbschaft, der Vater ein Achtel und die beiden Geschwister je ein Sechzehntel.<br />

Bestand beim Erbfall Gütertrennung und sind als gesetzliche Erben neben dem Lebenspartner ein oder zwei Kinder des<br />

Erblassers (oder deren Abkömmlinge) berufen, so erben der überlebende Lebenspartner und jedes Kind (oder dessen Abkömmlinge)<br />

zu gleichen Teilen (§ 10 Abs. 2 Satz 2 LPartG).<br />

Zusätzlich stehen dem Lebenspartner die zum lebenspartnerschaftlichen Haushalt gehörenden Gegenstände, soweit sie<br />

nicht Zubehör eines Grundstücks sind, und die Geschenke zur Begründung der Lebenspartnerschaft als Voraus zu. Ist der<br />

überlebende Lebenspartner neben Verwandten der ersten Ordnung gesetzlicher Erbe, so steht ihm der Voraus nur zu, soweit<br />

er ihn zur Führung eines angemessenen Haushalts benötigt. Auf den Voraus sind die für Vermächtnisse geltenden<br />

Vorschriften anzuwenden (§ 10 Abs. 1 LPartG).<br />

30<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


Renate kann also die Wohnungseinrichtung im Wert von 20.000 Euro behalten und erhält von der übrigen Erbschaft<br />

wertmäßig 180.000 Euro, also zusammen 200.000 Euro, ihr Vater erhält wertmäßig 30.000 Euro und ihre beiden Geschwister<br />

erhalten wertmäßig je 15.000 Euro.<br />

Das zusätzliche Viertel eines Lebenspartners ist allerdings mit einem Unterhaltsanspruch zugunsten der Kinder des Erblassers<br />

belastet (§ 1371 Abs. 4 BGB). Wenn also Anita ein Kind hinterlassen hätte, müsste Renate für dessen "angemessene<br />

Ausbildung" solange aufkommen, bis das zusätzliche Viertel erschöpft ist. Dabei ist der eigene Erbteil des Kindes bedürftigkeitsmindernd<br />

zu berücksichtigen.<br />

Wenn Anita durch Testament nur ihre beiden Geschwister als Erben eingesetzt und ihre Lebenspartnerin Renate übergangen<br />

und damit enterbt hätte, könnte Renate von den beiden Geschwistern „die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils<br />

als Pflichtteil verlangen" (§ 10 Abs. 6 LPartG). Dabei wird aber die Erhöhung des gesetzlichen Erbteils um ein Viertel<br />

als Folge der Zugewinngemeinschaft nicht mit berücksichtigt (sogenannter kleiner Pflichtteil). Der Pflichtteilsanspruch<br />

von Renate beläuft sich deshalb auf ein Viertel des Wertes der Erbschaft einschließlich der Wohnungseinrichtung, da ihr<br />

diese nicht als Voraus zusteht, weil sie nicht gesetzliche Erbin geworden ist. Neben dem kleinen Pflichtteil kann Renate<br />

den Ausgleich des Zugewinns verlangen (§ 6 Satz 2 LPartG i.V.m. § 1371 Abs. 2 BGB; zum Ausgleich des Zugewinns siehe:<br />

(5.1. Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft).<br />

Ihr steht also zunächst als Ausgleich des Überschusses die Hälfte des Wertes der Erbschaft zu, weil der Wert der Erbschaft<br />

mit dem Überschuss von Anita identisch ist und Renate selbst keinen Überschuss erzielt hat. Dieser Ausgleichsforderung<br />

beläuft sich auf 130.000 Euro. Dieser Betrag wird als Nachlassschuld von der Erbschaft abgesetzt. Von dem Rest<br />

erhält sie als Pflichtteil ein Viertel, also 32.500 Euro und somit insgesamt 162.500 Euro.<br />

Zu demselben Ergebnis kommt man, wenn Renate im Ausgangsfall die Erbschaft ausschlagen würde. Dann kann sie<br />

neben dem kleinen Pflichtteil ebenfalls den Ausgleich des Zugewinns verlangen (§ 1371 Abs. 3 BGB).<br />

Hätte Anita ihre Lebenspartnerin Renate durch Testament zur Alleinerbin eingesetzt und dadurch ihren Vater und ihre<br />

Geschwister enterbt, könnte ihr Vater von Renate seinen Pflichtteil verlangen. Der beläuft sich hier, weil Anita und Renate<br />

im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, auf die Hälfte von ein Achtel, also ein Sechzehntel<br />

der Erbschaft, das sind 16.250 Euro. Den beiden Geschwistern steht dagegen kein Pflichtteil zu. Pflichtteilsberechtigt<br />

sind nur der Ehegatte, der Lebenspartner, die Abkömmlinge und die Eltern des Erblassers.<br />

Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft hat für Lebenspartner also den Vorteil, dass sich der Pflichtteil<br />

überlebender Eltern verringert. Deshalb sollte man im Lebenspartnerschaftsvertrag nicht schlechthin Gütertrennung<br />

vereinbaren, sondern nur für den Fall, dass die Lebenspartnerschaft anders als durch Tod endet (siehe das Muster im<br />

Anhang).<br />

Das gesetzliche Erbrecht des überlebenden Lebenspartners ist ausgeschlossen, wenn die Partnerschaft im Zeitpunkt des<br />

Todes rechtskräftig aufgehoben war. Der Lebenspartner kann dann nur den Ausgleich des Zugewinns verlangen.<br />

Damit ein Lebenspartner nicht aus der Tatsache profitiert, dass ein begründetes Aufhebungsverfahren wegen des Todes<br />

des anderen Lebenspartners nicht beendet werden kann, genügt es für den Ausschluss des Erbrechts (§ 10 Abs. 3<br />

LPartG), wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Aufhebung der Lebenspartnerschaft nach<br />

§ 15 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 gegeben waren und der Erblasser die Aufhebung beantragt oder ihr zugestimmt hatte oder der<br />

Erblasser einen Antrag nach § 15 Abs. 2 Nr. 3 gestellt hatte und dieser Antrag begründet war (siehe dazu unten: 12.1. Aufhebung,<br />

Fristen und Verfahren). In diesem Fall steht dem überlebenden Lebenspartner gegen die Erben derselbe Unterhaltsanspruch<br />

zu wie Lebenspartnern, deren Partnerschaft schon aufgehoben war (siehe unten: 12.3. Der nachpartnerschaftliche<br />

Unterhalt).<br />

Da Lebenspartner „Familienangehörige" sind (§ 11 Abs. 1 LPartG), gilt für sie auch § 1969 BGB. Nach dieser Vorschrift ist<br />

der Erbe verpflichtet, „Familienangehörigen" des Erblassers, die zur Zeit des Todes des Erblassers zu dessen Hausstand<br />

gehört und von ihm Unterhalt bezogen haben, in den ersten dreißig Tagen nach dem Eintritt des Erbfalls in demselben<br />

Umfange, wie der Erblasser es getan hat, Unterhalt zu gewähren und die Benutzung der Wohnung und der Haushaltsgegenstände<br />

zu gestatten (sogenannter Dreißigster). Der Erwerb nach § 1969 BGB ist steuerfrei (§13 Nr. 4 ErbStG).<br />

Zur Frage der Fortsetzung des Mietverhältnisses siehe das Kapitel 4.2. Ich will meinen Partner in meine Wohnung aufnehmen.<br />

10.2. TESTAMENT UND ERBVERTRAG<br />

Wenn jemand festlegen will, wer sein Vermögen nach seinem Tod erhalten soll, kann er dies tun durch:<br />

• notarielles Testament,<br />

• notariellen Erbvertrag oder<br />

• eigenhändiges privatschriftliches Testament.<br />

Außerdem gibt es für Notfälle noch verschiedene Formen von Nottestamenten (§§ 2249-2252 BGB).<br />

Das notarielle Testament und der notarielle Erbvertrag bieten folgende Vorteile:<br />

• Der Notar muss sich von der Geschäfts- und Testierfähigkeit des Erblassers überzeugen und trifft in der Niederschrift<br />

entsprechende Feststellungen. Das erschwert spätere Anfechtungen.<br />

• Üblicherweise werden notarielle Testamente und Erbverträge durch mündliche Erklärung des Erblassers errichtet,<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

31<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


die der Notar beurkundet. Das gibt dem Notar die Gelegenheit, Bedenken gegen unzulässige, unrichtige oder unklare<br />

Anordnungen zu äußern. Dadurch wird die Gefahr von unwirksamen oder unklaren Anordnungen verringert.<br />

• Notarielle Testamente und Erbverträge können nicht mit der Behauptung angegriffen werden, sie seien gefälscht.<br />

• Notarielle Testamente und Erbverträge sind im Endergebnis oft nicht teuerer, weil die Erben die Kosten für den Erbschein<br />

sparen. Denn vielfach genügt zum Nachweis des Erbrechts die notarielle Urkunde, wenn die Erben darin klar<br />

bezeichnet sind.<br />

Wir empfehlen deshalb dringend, sich möglichst nicht mit einem eigenhändigen Testament zu begnügen, sondern ein notarielles<br />

Testament oder einen notariellen Erbvertrag beurkunden zu lassen. Wird ein Erbvertrag gleichzeitig mit einem<br />

Lebenspartnerschaftsvertrag beurkundet, so wird die Gebühr nur einmal berechnet (§ 46 Abs. 3 KostO).<br />

Beim eigenhändigen Testament muss der Erblasser den gesamten Text des Testaments selbst schreiben und möglichst<br />

mit Vor- und Zunamen unterschreiben. Zwar reichen auch andere Formen der Unterschrift aus, wenn die Urheberschaft<br />

des Erblassers nicht zweifelhaft ist. Solche Unklarheiten sollte man aber möglichst vermeiden, da die Erben im Streitfall<br />

erfahrungsgemäß jede Möglichkeit ausschöpfen, ein Testament für ungültig erklären zu lassen.<br />

Bei eigenhändigen Testamenten ist zwar die Angabe, zu welcher Zeit (Tag, Monat und Jahr) und an welchem Ort das<br />

Testament errichtet worden ist, nicht zwingend vorgeschrieben. Da aber bei mehreren Testamenten nur das spätere gilt,<br />

sofern die Testamente voneinander abweichen (§§ 2253, 2254 BGB), ist es dringend zu empfehlen, auch den Ort und das<br />

Datum der Unterzeichnung anzugeben (ebenfalls eigenhändig). Sonst kann es passieren, dass bei mehreren Testamenten<br />

das undatierte für ungültig erklärt wird, wenn sich nicht feststellen lässt, ob es nach den anderen Testamenten geschrieben<br />

worden ist.<br />

Wenn Lebenspartner ein gemeinschaftliches Testament errichten, genügt es, wenn der eine Lebenspartner das gesamte<br />

Testament eigenhändig schreibt und der andere es eigenhändig mitunterzeichnet. Der mitunterzeichnende Lebenspartner<br />

soll dabei angeben, zu welcher Zeit (Tag, Monat und Jahr) und an welchem Ort er seine Unterschrift beigefügt hat<br />

(§ 10 Abs. 4 LPartG i.V.m. § 2267 BGB).<br />

Lebensgefährten können kein gemeinschaftliches Testament errichten. Wenn sich Lebensgefährten gegenseitig zum<br />

Erben einsetzen wollen, müssen beide Partner entsprechende Einzeltestamente vollständig eigenhändig niederschreiben.<br />

Ein Testament oder Erbvertrag, durch den der Erblasser seinen Lebenspartner bedacht hat, ist unwirksam, wenn die<br />

Lebenspartnerschaft vor dem Tod des Erblassers aufgelöst worden ist. Dasselbe gilt wenn zur Zeit des Todes des Erblassers<br />

die Voraussetzungen für die Aufhebung der Lebenspartnerschaft nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 gegeben waren und<br />

der Erblasser die Aufhebung beantragt oder ihr zugestimmt hatte oder der Erblasser einen Antrag nach § 15 Abs. 2 Nr. 3<br />

gestellt hatte und dieser Antrag begründet war (siehe dazu unten: 12.1. Aufhebung, Fristen und Verfahren; § 10 Abs. 4 und<br />

5 LPartG i.V.m. 2077 Abs. 1 und 3, 2268 BGB).<br />

Für Lebensgefährten gelten diese Vorschriften nicht. Deshalb sollten sich Lebensgefährten beim Abschluss eines Erbvertrages<br />

unbedingt das Recht zum Rücktritt für den Fall vorbehalten, dass die Partnerschaft zerbricht (§ 2293 BGB).<br />

11.TRENNUNG<br />

Zum Begriff des "Getrenntlebens" siehe unten: 12.2. Getrenntleben<br />

11.1. TRENNUNGSUNTERHALT<br />

Leben die Lebenspartner getrennt, so kann ein Lebenspartner von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und<br />

den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen während der Lebenspartnerschaft angemessenen Unterhalt verlangen (§ 12<br />

LPartG).<br />

Während beim Lebenspartnerschaftsunterhalt (siehe oben 7.2.) beide Lebenspartner wechselseitig je nach Abrede zu<br />

Geld- und /oder Naturalunterhalt (Mitarbeit im Haushalt usw.) verpflichtet sind, geht es beim Trennungsunterhalt um die<br />

Verpflichtung des einen Lebenspartners, den anderen durch Zahlung von Geld zu unterstützen. Welcher Geldbetrag angemessen<br />

ist, richtet sich wie beim Lebenspartnerschaftsunterhalt nach den Lebensverhältnissen und dem sozialen Standard<br />

der Partner einerseits und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners andererseits. Der Trennungsunterhalt<br />

umfasst auch einen etwaigen Prozesskostenvorschuss z.B. für eine Aufhebungsklage und ab Rechtshängigkeit der Aufhebungsklage<br />

auch den Altersvorsorgeunterhalt.<br />

Zu unterscheiden ist der Trennungsunterhalt von dem sogenannten nachpartnerschaftlichen Unterhalt, der nach Aufhebung<br />

der Lebenspartnerschaft beansprucht werden kann (siehe hierzu unter 12.3.). Der wesentliche Unterschied zwischen<br />

beiden Unterhaltsansprüchen besteht darin, dass die Verpflichtung zur gegenseitigen Sorge während der Trennungsphase<br />

schwerer wiegt, als nach der Aufhebung der Lebenspartnerschaft. Deshalb kann der unterhaltsbedürftige<br />

Lebenspartner während der Trennungszeit gemäß § 12 LPartG i.V.m. § 1361 Abs. 2 BGB nicht ohne weiteres auf eine eigene<br />

Erwerbstätigkeit verwiesen werden, wenn er bisher nicht erwerbstätig war.<br />

Das LPartG alter Fassung sah dies anders. Bis zum 31.12.2004 musste sich der bedürftige Lebenspartner, der bisher nicht<br />

erwerbstätig war, schon in der Trennungsphase eine Arbeit suchen, es sei denn, dass dies von ihm nach seinen persönlichen<br />

Verhältnissen unter Berücksichtigung der Dauer der Lebenspartnerschaft und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen<br />

der Lebenspartner nicht erwartet werden konnte. Das Überarbeitungsgesetz hat die Rechtslage an das Eherecht<br />

angeglichen. Das mag manchem als eine Verschlechterung erscheinen, da dem Streit über eine Erwerbsobliegenheit des<br />

32<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


edürftigen Lebenspartners nun Tür und Tor geöffnet sind. Tatsächlich aber war die alte Rechtslage die schlechtere, da<br />

sie nur bedingt eine Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles ermöglichte und darüber hinaus auch<br />

der Tatsache keine Rechnung trug, dass die Lebenspartnerschaft immer noch Bestand hat.<br />

Eine generelle Beantwortung der Frage, ob der unterhaltsbedürftige Lebenspartner auf eine eigene Erwerbstätigkeit<br />

verwiesen werden kann, ist nicht möglich. Wer schon vor der Trennung berufstätig war, wird seine Berufstätigkeit in der<br />

Regel beibehalten müssen. Wer minderjährige Kinder zu betreuen hat und deswegen vor der Trennung nicht berufstätig<br />

gewesen war, wird mit größter Wahrscheinlichkeit auch in der Trennungszeit keiner Erwerbstätigkeit nachgehen müssen.<br />

Daneben hat das Gericht bei seiner Entscheidung weitere Umstände, wie Alter, Gesundheit und berufliche Qualifikation<br />

des Lebenspartners zu berücksichtigen. Den Unterhaltsberechtigten trifft keine Beweislast hinsichtlich der Umstände,<br />

die ihn dazu berechtigen, von einer Erwerbstätigkeit Abstand zu nehmen. Vielmehr muss der unterhaltspflichtige Lebenspartner<br />

im Prozess nachweisen, dass seinem Lebenspartner eine Berufstätigkeit zumutbar ist.<br />

Erhalten der auf Unterhalt in Anspruch genommene Lebenspartner oder der bedürftige Lebenspartner Sozialleistungen<br />

wegen Körper- und Gesundheitsschäden, wird vermutet, dass dem Mehraufwendungen der Empfänger in mindestens<br />

gleicher Höhe gegenüber stehen. Diese Leistungen bleiben deshalb außer Betracht, solange der andere nicht nachweist,<br />

dass die tatsächlichen Aufwendungen geringer sind (§ 12 LPartG i.V.m. §§ 1361 Abs. 1, 1610a BGB).<br />

Reicht die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten nicht aus (sogenannter Mangelfall), reduziert sich der Unterhalt<br />

auf den Betrag, der unter Berücksichtigung der beiderseitigen Bedürfnisse sowie der Erwerbs- und Vermögensverhältnisse<br />

der Billigkeit entspricht.<br />

Der Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten<br />

unbillig wäre (§ 12 LPartG i.V.m. §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2 bis 7 BGB).<br />

Auf den Trennungsunterhalt kann für die Zukunft nicht verzichtet werden (§ 12 LPartG i.V.m. §§ 1361 Abs. 4, 1360a Abs. 3,<br />

1614 Abs. 1 BGB).<br />

11.2. HAUSRATSVERTEILUNG<br />

Leben die Lebenspartner getrennt, so kann jeder von ihnen die ihm gehörenden Haushaltsgegenstände von dem anderen<br />

Lebenspartner herausverlangen. Er ist jedoch verpflichtet, sie dem anderen Lebenspartner zum Gebrauch zu überlassen,<br />

soweit dieser sie zur Führung eines abgesonderten Haushalts benötigt und die Überlassung nach den Umständen des<br />

Falles der Billigkeit entspricht.<br />

Haushaltsgegenstände, die den Lebenspartnern gemeinsam gehören, werden zwischen ihnen nach den Grundsätzen der<br />

Billigkeit verteilt. Mit „Billigkeit" ist nicht der Kaufpreis gemeint, sondern das, was unter Berücksichtigung aller Umstände<br />

„angemessen" ist. Darüber entscheidet letztlich das Gericht. Es kann eine angemessene Vergütung für die Benutzung der<br />

Haushaltsgegenstände festsetzen.<br />

Die Eigentumsverhältnisse bleiben unberührt, sofern die Lebenspartner nichts anderes vereinbaren (§ 13 LPartG).<br />

Haushaltsgegenstände sind alle Gegenstände, die der Haushaltsführung dienen, vor allem die Wohnungseinrichtung samt<br />

Kunstgegenständen, die zur Ausschmückung der Wohnung dienen, sowie die gemeinsam genutzten Gegenstände wie der<br />

Pkw, Wohnmobile, Fahrräder, Sportgeräte usw. Für Gegenstände, die zum persönlichen Gebrauch eines Lebenspartners<br />

bestimmt sind, gilt die Regelung nicht.<br />

Können sich die Lebenspartner nicht einigen, entscheidet das Familiengericht. Seine Anordnungen gelten nur für die Zeit<br />

der Trennung und verlieren mit der Rechtskraft des Aufhebungsurteils automatisch ihre Wirksamkeit (siehe deshalb auch<br />

unten: 12.5. Hausratsverteilung und Wohnungszuweisung).<br />

Nach dem Wortlaut der Vorschrift kann das Familiengericht nur für die Benutzung solcher Haushaltsgegenstände eine<br />

Vergütung festsetzen, die beiden Lebenspartnern gehören und die das Gericht einem von ihnen zuweist. Nach der Gesetzesbegründung<br />

soll dagegen die Befugnis für diejenigen Gegenstände gelten, die einem der Lebenspartner allein gehören<br />

und die das Gericht dem anderen zur alleinigen Benutzung zuteilt. Beides ist offenbar ein Versehen. Sinnvollerweise<br />

muss das Familiengericht wie bei Eheleuten (§ 1361a Abs. 3 Satz 2 BGB) die Möglichkeit haben, in beiden Fällen eine Vergütung<br />

festzusetzen.<br />

11.3. WOHNUNGSZUWEISUNG<br />

Leben die Lebenspartner getrennt oder will einer von ihnen getrennt leben, so kann ein Lebenspartner verlangen, dass<br />

ihm der andere die gemeinsame Wohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung überlässt, soweit dies notwendig ist,<br />

um eine schwere Härte zu vermeiden. Steht einem Lebenspartner allein oder gemeinsam mit einem Dritten das Eigentum,<br />

das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zu, auf dem sich die gemeinsame Wohnung befindet, so ist<br />

dies besonders zu berücksichtigen; Entsprechendes gilt für das Wohnungseigentum (einschließlich der juristischen Sonderformen<br />

des Dauerwohnrechts und des dinglichen Wohnrechts).<br />

Ist ein Lebenspartner verpflichtet, dem anderen Lebenspartner die gemeinsame Wohnung oder einen Teil zur alleinigen<br />

Benutzung zu überlassen, so kann er vom anderen Lebenspartner eine Vergütung für die Benutzung verlangen, soweit<br />

dies der Billigkeit entspricht (§ 14 LPartG, zum juristischen Ausdruck „Billigkeit" siehe oben: 11.2. Hausratsverteilung).<br />

Wenn sich die Lebenspartner nicht mehr vertragen, darf der eine den anderen nicht einfach aus der Wohnung aussperren<br />

(Auswechseln des Türschlosses), sondern muss, wenn sich die Partner über die weitere Benutzung der Wohnung nicht<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

33<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


einigen können, das Familiengericht anrufen. Dessen Entscheidung gilt nur für die Zeit der Trennung und verliert mit der<br />

Rechtskraft des Aufhebungsurteils automatisch ihre Wirksamkeit (siehe deshalb auch unten: 12.5. Hausratsverteilung und<br />

Wohnungszuweisung).<br />

12.AUFHEBUNG<br />

12.1. FRISTEN UND VERFAHREN<br />

Für die Aufhebung einer Lebenspartnerschaft gilt seit dem 01. Januar 2005 eine wichtige gesetzliche Änderung. Nach §<br />

15 LPartG alter Fassung war für die Aufhebung lediglich der Ablauf bestimmter Fristen notwendig, die durch die Erklärung<br />

gegenüber dem Partner in Gang gesetzt wurden, die Partnerschaft nicht fortsetzen zu wollen. Der neue § 15 LPartG hingegen<br />

verweist zwar nicht generell auf die entsprechenden Vorschriften des BGB über die Ehescheidung und nimmt auch<br />

nicht wörtlich Bezug auf das Zerrüttungsprinzip, demzufolge eine Ehe dann geschieden werden kann, wenn sie gescheitert<br />

ist (§ 1565 BGB). Sehr wohl aber wurde die gesetzliche Vermutung für ein Scheitern der Ehe in § 1566 BGB im Kern<br />

übernommen, ebenso wie die Regelung in § 1567 hinsichtlich des Getrenntlebens sowie die Härteklausel des § 1568 BGB.<br />

Wie bisher wird die Lebenspartnerschaft auf Antrag eines oder beider Partner durch gerichtliches Urteil aufgehoben<br />

(§ 15 Abs. 1 LPartG).<br />

Neu ist aber die Voraussetzung, dass die Lebenspartner zum Zeitpunkt der Aufhebung bereits eine gewisse Zeit lang getrennt<br />

leben müssen. Das Gesetz benennt zu diesem Zweck zwei verschiedene Trennungsfristen, nämlich eine einjährige<br />

sowie eine dreijährige. Das Gericht kann den Antrag auf Aufhebung als unbegründet ablehnen, wenn diese Fristen nicht<br />

eingehalten wurden.<br />

Insgesamt jedoch gibt es vier verschiedene alternative Voraussetzungen für die Aufhebung einer Lebenspartnerschaft:<br />

• Die Lebenspartner leben seit einem Jahr getrennt und beantragen beide zusammen die Aufhebung bzw. der eine<br />

stimmt dem Antrag des anderen zu (§ 15 Abs. 2 Nr. 1a LPartG).<br />

• Die Lebenspartner leben seit einem Jahr getrennt und nur ein Partner beantragt die Aufhebung, wobei jedoch<br />

zusätzliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Wiederherstellung der partnerschaftlichen Lebensgemeinschaft<br />

nicht erwartet werden kann (z.B. wegen fortgesetzter Beleidigungen in der Öffentlichkeit oder schwerem<br />

Alkoholismus, § 15 Abs. 2 Nr. 1b LPartG).<br />

• Die Lebenspartner leben seit drei Jahren getrennt und nur ein Partner beantragt die Aufhebung (§ 15 Abs. 2 Nr. 2<br />

LPartG).<br />

• Die Lebenspartnerschaft kann jederzeit aufgehoben werden, wenn Gründe in der Person des Partners dem Antragsteller<br />

die Fortsetzung der Lebenspartnerschaft als unzumutbare Härte erscheinen lassen (z.B. wegen wiederholter<br />

körperlicher Gewalt, § 15 Abs.2 Nr. 3 LPartG).<br />

Wenn beide Lebenspartner übereinstimmend ein bestimmtes Datum als Trennungszeitpunkt angeben oder wenn der eine<br />

den entsprechenden Sachvortrag des anderen nicht bestreitet, pflegen die Familiengerichte dies nicht zu überprüfen.<br />

Zur Aufhebung einer Lebenspartnerschaft wegen Willensmängel und Lebenspartnerschaftshindernissen siehe unten:<br />

13.1. Aufhebung wegen Willensmängel und 13.2. Nichtigkeit wegen Lebenspartnerschaftshindernissen.<br />

12.2. GETRENNTLEBEN<br />

Was genau bedeutet nun “Getrenntleben” Gemäß § 15 Abs. 5 LPartG i.V.m. § 1567 BGB leben die Lebenspartner getrennt,<br />

“wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Lebenspartner sie erkennbar nicht herstellen<br />

will, weil er die lebenspartnerschaftliche Gemeinschaft ablehnt.<br />

Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Lebenspartner innerhalb der gemeinschaftlichen<br />

Wohnung getrennt leben.<br />

Ein Zusammenleben über kürzere Zeit, das der Versöhnung der Lebenspartner dienen soll, unterbricht oder hemmt<br />

die in § 15 LPartG bestimmten Fristen nicht.”<br />

Erforderlich ist also eine vollkommene tatsächliche Trennung der Lebenspartner. Das ist insbesondere der Fall, wenn sie<br />

verschiedene Wohnungen bezogen haben. Aber auch wenn die Lebenspartner noch in derselben Wohnung leben, kann<br />

die häusliche Gemeinschaft aufgehoben sein, wenn die Lebenspartner die eheliche Wohnung - abgesehen von der gemeinsamen<br />

Benutzung von Küche und Bad - aufgeteilt haben.<br />

Außerdem muss zumindest einer der Lebenspartner den Willen äußern, dass er mit dem anderen nicht mehr zusammenleben<br />

will. Das ist vor allem wichtig, wenn die Lebenspartner aus anderen Gründen (z.B. Beruf, Strafhaft) bereits getrennt<br />

leben.<br />

Peter und Sebastian wollen ihre Lebenspartnerschaft aufheben lassen. Sie wohnen in einer geräumigen Wohnung in<br />

München und haben beide dort ihren Arbeitsplatz. Die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt lässt das Finden<br />

neuer geeigneter Wohnungen für die beiden aussichtslos erscheinen. Hinzu kommt, dass beide beruflich so eingespannt<br />

sind, dass ihnen für die Wohnungssuche keine Zeit bleibt. Da sie sich nicht im Streit trennen, möchten sie beide<br />

in derselben Wohnung wohnen bleiben. Was müssen sie beachten<br />

34<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


Es muss erkennbar sein, dass kein gemeinsamer Haushalt mehr geführt wird. Hierfür reicht getrenntes Schlafen und<br />

Essen nicht aus. Vielmehr muss die Trennung durch weitere objektive Kriterien nach außen erkennbar werden. Keinesfalls<br />

dürfen die Lebenspartner noch in irgendeiner Weise arbeitsteilig wirtschaften. Ansonsten gehen sie das Risiko ein, dass<br />

ihr Aufhebungsantrag abgelehnt wird.<br />

Peter und Sebastian müssen also die gemeinschaftliche Wohnung unter sich aufteilen. Jeder muss seinen eigenen<br />

“Hoheitsbereich” haben. Neben Bad/WC, Küche und Flur darf es keinen gemeinsam genutzten Raum geben. Jeder<br />

muss sich selbst versorgen, das heißt: kein gemeinsames Einkaufen, Kochen oder Wäschewaschen mehr.<br />

Schließlich soll noch auf die Härteklausel in § 15 Abs. 3 LPartG hingewiesen werden, demzufolge die Aufhebung einer<br />

Lebenspartnerschaft nicht erfolgen soll, wenn sie für den Partner, der die Aufhebung nicht will, aufgrund außergewöhnlicher<br />

Umstände eine unzumutbare Härte darstellen würde. Die Härte muss durch die Aufhebung selbst mit verursacht<br />

werden. Hier kommt es stark auf den Einzelfall an.<br />

Zum Verfahren und den Kosten siehe das Kapitel 3 Prozessrecht und Kosten.<br />

12.3. DER NACHPARTNERSCHAFTLICHE UNTERHALT<br />

Damit sind Unterhaltsansprüche für die Zeit nach rechtskräftiger Aufhebung der Lebenspartnerschaft gemeint. Die neue<br />

Fassung des LPartG verweist in § 16 Abs. 1 bezüglich der Regelung des nachpartnerschaftlichen Unterhalts auf die<br />

§§ 1570 bis 1581 und 1583 bis 1586b des BGB. Es gelten folglich dieselben Bestimmungen wie bei Eheleuten.<br />

Grundsätzlich gilt, dass jeder Lebenspartner nach Aufhebung der Lebenspartnerschaft für sich allein zu sorgen hat.<br />

Von diesem Grundsatz gibt es jedoch gewichtige Ausnahmen, nämlich die verschiedenen Formen der Unterhaltsberechtigung.<br />

a) Betreuungsunterhalt<br />

Wer wegen der Betreuung eines gemeinsamen Kindes nicht oder nur vermindert erwerbstätig sein kann, ist gemäß § 16<br />

Abs. 1 LPartG i.V.m. § 1570 BGB gegenüber dem ehemaligen Partner unterhaltsberechtigt.<br />

Es muss sich aber um ein gemeinsames Kind handeln. Als solches gilt auch ein adoptiertes Kind. Gegenwärtig dürfen Lesben<br />

und Schwule zwar noch nicht gemeinsam ein Kind adoptieren. Wohl aber darf ein Lebenspartner ein von dem anderen<br />

Partner in die Lebenspartnerschaft mitgebrachtes Kind adoptieren (§ 9 Abs. 7 LPartG; siehe oben: 9.1.2. Stiefkindadoption).<br />

In diesem Fall kann nach Aufhebung der Partnerschaft folglich eine Unterhaltsberechtigung nach § 1570 BGB<br />

bestehen.<br />

Ulrike und Marion wünschen sich sehnlichst Kinder. Beide versuchen es zunächst mit Insemination. Als diese Versuche<br />

scheitern, entschließen sie sich zur Adoption. Ulrike adoptiert ein Kind aus Thailand. Später soll Marion ein zweites<br />

Kind adoptieren. Bevor es dazu kommt, zerbricht die Partnerschaft. Ulrike verlangt von Marion Betreuungsunterhalt,<br />

weil sie wegen des Kindes nicht arbeiten kann.<br />

Bei der Betreuung nicht gemeinschaftlicher Kinder kann ein Unterhaltsanspruch nach § 1576 BGB in Betracht kommen.<br />

Nach dieser Vorschrift kann ein Lebenspartner nach Aufhebung der Partnerschaft von dem anderen Unterhalt verlangen,<br />

soweit und solange von ihm aus sonstigen schwerwiegenden Gründen eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann<br />

und die Versagung von Unterhalt unter Berücksichtigung der Belange beider Lebenspartner grob unbillig wäre. Diese<br />

Voraussetzungen sind nach unserer Auffassung bei Ulrike und Marion gegeben, weil beide übereingekommen waren, dass<br />

das Kind als gemeinschaftliches Kind gelten und wie ein gemeinschaftliches Kind behandelt werden sollte.<br />

Da aber noch nicht klar ist, ob auch die Gerichte diese Auffassung teilen werden, sollten die Lebenspartner vor der Adoption<br />

eine Unterhaltsvereinbarung abschließen, in der sich die Co-Mutter oder der Co-Vater verpflichten, für den Fall der<br />

Aufhebung der Lebenspartnerschaft denselben Betreuungsunterhalt zu zahlen wie ein Ehegatte für die Betreuung gemeinschaftlicher<br />

Kinder.<br />

Zur Frage, wann ein Kinder betreuender Ehegatte wieder arbeiten muss, gibt es eine gefestigte Rechtsprechung. Diese<br />

Grundsätze gelten für Lebenspartner entsprechend.<br />

Danach kann dem Lebenspartner, der ein Kind betreut, unabhängig von den konkreten Kinderbetreuungsmöglichkeiten<br />

vor Ort eine Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden, bis das Kind mindestens acht Jahre alt ist. Ist das Kind zwischen<br />

acht und elf Jahre alt, kommt es auf den konkreten Einzelfall an, ob eine Teilzeitarbeit aufgenommen werden muss. Bei<br />

einem elf- bis ca. fünfzehnjährigen Kind ist nach der Rechtsprechung in der Regel eine Teilzeittätigkeit - wenn auch nicht<br />

unbedingt eine Halbtagesstelle - zumutbar. Erst wenn das Kind ca. 16 Jahre alt ist, muss der Kinder betreuende Lebenspartner<br />

eine Vollzeitbeschäftigung aufnehmen.<br />

b) Unterhalt wegen Alter<br />

Einen Anspruch auf Unterhalt hat ferner derjenige Lebenspartner, von dem<br />

• nach der Aufhebung der Partnerschaft,<br />

• nach der Betreuung eines "gemeinschaftlichen" Kindes,<br />

• nach dem Wegfall eines Unterhaltsanspruchs wegen Krankheit oder anderer Gebrechen oder<br />

• nach dem Wegfall eines Unterhaltsanspruchs wegen Erwerbslosigkeit,<br />

wegen seines Alters eine Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden kann (§ 16 Abs. 1 LPartG i.V.m. §§ 1571 BGB).<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

35<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


Eine feste Altersgrenze gibt es hierbei nicht. Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an (Gesundheitszustand, Ausbildung<br />

usw.). Etwa ab dem 55. Lebensjahr kann an einen Unterhaltsanspruch wegen Alters gedacht werden.<br />

Zwischen der Bedürftigkeit und der Aufhebung der Lebenspartnerschaft muss ein zeitlicher Zusammenhang bestehen<br />

(sogenannter Einsatzpunkt). Es genügt nicht, dass ein Lebenspartner, der sich zunächst unterhalten konnte, später<br />

wegen seines Alters bedürftig wird.<br />

c) Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen<br />

Einen Anspruch auf Unterhalt hat ferner derjenige Lebenspartner, von dem<br />

• nach der Aufhebung der Partnerschaft,<br />

• nach der Betreuung eines "gemeinschaftlichen" Kindes,<br />

• nach der Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung,<br />

• nach dem Wegfall eines Unterhaltsanspruchs wegen Erwerbslosigkeit,<br />

wegen Krankheit oder anderer Gebrechen eine Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden kann (§ 16 Abs. 1 LPartG<br />

i.V.m. §§ 1572 BGB).<br />

Zwischen der Bedürftigkeit und der Aufhebung der Lebenspartnerschaft muss ein zeitlicher Zusammenhang bestehen<br />

(sogenannter Einsatzpunkt). Es genügt nicht, dass ein Lebenspartner, der sich zunächst unterhalten konnte, später<br />

wegen Krankheit bedürftig wird.<br />

d) Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit<br />

Unterhalt kann auch der Lebenspartner beanspruchen, der<br />

• nach der Aufhebung der Partnerschaft,<br />

• nach der Betreuung eines "gemeinschaftlichen" Kindes,<br />

• nach dem Wegfall eines Unterhaltsanspruchs wegen Alters oder wegen Krankheit oder anderer Gebrechen oder<br />

• nach der Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung,<br />

trotz aller Bemühungen, keinen angemessenen Arbeitsplatz finden kann (§ 16 Abs. 1 LPartG i.V.m § 1573 Abs. 1 und<br />

3 BGB).<br />

Bei der Frage der “Angemessenheit” eines Arbeitsplatzes kommt es auf die Ausbildung, das Alter und den Gesundheitszustand<br />

des arbeitslosen Lebenspartners an, sowie auf die finanziellen Lebensverhältnisse in der Partnerschaft, deren<br />

Dauer und auf eventuelle Zeiten der Kindererziehung. Einem Streit um die Angemessenheit eines Arbeitsplatzes sind<br />

damit Tür und Tor geöffnet. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass ein Unterhaltsanspruch wegen Arbeitslosigkeit zeitlich<br />

begrenzt werden kann, vor allem dann, wenn die Lebenspartnerschaft nur von kurzer Dauer war (§ 1573 Abs. 5 BGB).<br />

Zwischen der Bedürftigkeit und der Aufhebung der Lebenspartnerschaft muss ein zeitlicher Zusammenhang bestehen<br />

(sogenannter Einsatzpunkt). Es genügt nicht, dass ein Lebenspartner, der sich zunächst unterhalten konnte, später<br />

wegen Erwerbslosigkeit bedürftig wird.<br />

e) Ausbildungsunterhalt<br />

Der Lebenspartner, der wegen der Lebenspartnerschaft eine Schul- oder Berufsausbildung abgebrochen oder gar nicht<br />

erst begonnen hat, hat nach Aufhebung der Partnerschaft dann einen Unterhaltsanspruch gegen den früheren Partner,<br />

wenn er so schnell wie möglich die Ausbildung fortsetzt oder mit ihr beginnt (§ 16 Abs. 1 LPartG i.V.m. § 1575 BGB). Die<br />

Ausbildung muss seinen Fähigkeiten und Begabungen entsprechen. Es genügt, wenn die seinerzeitige Entscheidung, die<br />

Ausbildung abzubrechen oder gar nicht erst zu beginnen, “in Erwartung der Lebenspartnerschaft” erfolgte. Letztere<br />

muss also nicht das alleinige Motiv für diese Entscheidung gewesen sein, sondern nur eines von mehreren Motiven.<br />

f) Aufstockungsunterhalt<br />

Schließlich besteht ein Unterhaltsanspruch auch für denjenigen Lebenspartner, der trotz einer angemessenen Berufstätigkeit<br />

seinen “vollen” Unterhalt nicht verdienen kann (§ 16 Abs. 1 LPartG i.V.m. § 1573 Abs. 2 BGB). Dieser Anspruch stellt<br />

gewissermaßen eine “Lebensstandardgarantie” dar. Reicht das Gehalt nicht aus, um den Lebensstandard zur Zeit der<br />

Lebenspartnerschaft beizubehalten, so muss der andere Partner den Fehlbetrag durch Unterhaltszahlung ausgleichen.<br />

Zwischen der teilweisen Bedürftigkeit und der Aufhebung der Lebenspartnerschaft muss ein zeitlicher Zusammenhang<br />

bestehen (sogenannter Einsatzpunkt). Es genügt nicht, dass ein Lebenspartner, der sich zunächst selbst unterhalten<br />

konnte, später wegen Erwerbslosigkeit teilweise bedürftig wird.<br />

12.4 MASS, AUSSCHLUSS UND KÜRZUNG VON UNTERHALTSANSPRÜCHEN<br />

Der 50jährige Uli ist Chirurg und hat als Chefarzt des Kreiskrankenhauses ein blendendes Einkommen. Er verliebt sich<br />

in den 45jährigen arbeitslosen Buchhalter Max und geht mit ihm eine Lebenspartnerschaft ein. Nachdem beide zwei<br />

Jahre in der Villa von Uli zusammengewohnt haben, betreibt Uli die Aufhebung der Lebenspartnerschaft, weil Max ihn<br />

laufend „betrügt". Nach der Aufhebung kann Max keine Anstellung als Buchhalter finden und verlangt deshalb von Uli<br />

als Unterhalt die Hälfte des Betrages, den Uli bisher für ihren gemeinsamen Lebensunterhalt aufgewandt hat.<br />

Das Maß des Unterhalts bestimmt sich wie beim Lebenspartnerschafts- und dem Trennungsunterhalt nach den Lebensverhältnissen<br />

während der Lebenspartnerschaft. Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Ver-<br />

36<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


sicherung für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit sowie für den Fall des Alters und der verminderten<br />

Erwerbstätigkeit (Altervorsorgeunterhalt, § 16 Abs. 1 LPartG i.V.m. § 1578 Abs. 2 und 3 BGB).<br />

Der Unterhalt begehrende Lebenspartner kann allerdings gemäß § 16 Abs. 1 LPartG i.V.m. § 1577 Abs. 1 BGB auf sein Vermögen<br />

verwiesen werden, es sei denn, dass dessen Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen<br />

wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre (z.B. Verkauf eines Aktiendepots, wenn gerade auf dem Aktienmarkt<br />

eine Krise herrscht).<br />

Die Bemessung nach den Lebensverhältnissen während der Lebenspartnerschaft kann zeitlich begrenzt und danach auf<br />

den angemessenen Lebensbedarf reduziert werden, soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Lebenspartnerschaft<br />

sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit eine zeitlich unbegrenzte Bemessung<br />

nach den Lebensverhältnissen während der Lebenspartnerschaft unbillig wäre (§ 16 Abs. 1 LPartG i.V.m. § 1578 Abs.<br />

1 BGB).<br />

Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten<br />

grob unbillig wäre (§ 16 Abs. 1 LPartG i.V.m. § 1579 BGB). Das Gesetz zählt dafür Beispiele auf. Dazu gehört<br />

auch der Fall, dass die Lebenspartnerschaft nur von kurzer Dauer war. Kurz ist die Dauer einer Lebenspartnerschaft<br />

regelmäßig, wenn sie drei Jahre nicht übersteigt.<br />

Unter die Vorschrift fallen nach der Rechtsprechung außerdem die Eingehung von Partnerschaften mit anderen Personen<br />

während der Partnerschaft und die Eingehung einer dauerhaften Beziehung zu einem anderen Partner nach der<br />

Aufhebung der Lebenspartnerschaft. Als dauerhaft wertet die Rechtsprechung Beziehungen von zwei bis drei Jahren.<br />

Im Beispielsfall kann Max allenfalls für eine kurze Überbrückungszeit Unterhalt von Uli verlangen, weil die Lebenspartnerschaft<br />

nur von kurzer Dauer war.<br />

Der Unterhaltsanspruch erlischt, wenn der Berechtigte eine Ehe eingeht oder eine neue Lebenspartnerschaft begründet<br />

(§ 16 Abs. 1 LPartG i.V.m. § 1586 Abs.1 BGB). Zerbricht die neue Ehe oder Lebenspartnerschaft, so kann, wie schon bisher<br />

im Eherecht, der Unterhaltsanspruch gegen den früheren Lebenspartner wieder aufleben, wenn der Lebenspartner<br />

wegen der Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes nicht arbeiten kann (§16 Abs. 1 LPartG i.V.m. § 1586a BGB). Der<br />

Ehegatte/Lebenspartner der später aufgelösten Ehe/Lebenspartnerschaft haftet jedoch vor dem früheren<br />

Ehegatten/Lebenspartner.<br />

Ulla und Michael ließen sich 1999 scheiden. Da Ulla wegen der Betreuung eines Kindes aus der Ehe mit Michael nicht<br />

erwerbstätig sein kann, erhält sie von ihrem geschiedenen Gatten Betreuungsunterhalt. Im Herbst 2001 schließt Ulla<br />

mit Ines die Lebenspartnerschaft. Diese wird im Januar 2003 wieder aufgehoben. Das Kind ist jetzt fünf Jahre alt und<br />

Ulla kann wegen seiner Betreuung noch immer nicht arbeiten.<br />

Da das Kind kein gemeinschaftliches Kind von Ulla und Ines ist, hat Ulla gegen Ines keinen Unterhaltsanspruch. Deshalb<br />

kann sie von ihrem ehemaligen Gatten Betreuungsunterhalt verlangen.<br />

Mit dem Tod des Verpflichteten geht der Unterhaltspflicht auf die Erben als Nachlassverbindlichkeit über. Diese haften jedoch<br />

nur bis zur Höhe des „kleinen" Pflichtteils (siehe oben 10.1. gesetzliche Erbfolge), der dem Berechtigten zustünde,<br />

wenn die Lebenspartnerschaft nicht aufgehoben worden wäre (§ 16 Abs. 1 LPartG i.V.m. § 1586b BGB).<br />

Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und reicht die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nicht aus, um alle<br />

Ansprüche zu befriedigen, besteht folgende Rangordnung (§ 16 Abs. 2 LPartG i.V.m. § 1609 Abs. 2, 1603 Abs. 2 BGB):<br />

• Ehegatten gehen Lebenspartnern immer vor, gleichgültig ob die Ehe vor oder nach der Lebenspartnerschaft geschlossen<br />

worden ist.<br />

• Minderjährige unverheiratete Kinder und unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres,<br />

die im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden, gehen<br />

früheren Lebenspartnern vor.<br />

• Dieser geht den anderen Kindern vor.<br />

• Ein früherer Lebenspartner geht einem neuen Lebenspartner vor.<br />

Auf den nachpartnerschaftlichen Unterhalt kann man schon bei Eingehung der Partnerschaft verzichten (siehe das<br />

Muster für Lebenspartnerschaftsverträge im Anhang). Eine solche Vereinbarung wird aber im Falle der Aufhebung der<br />

Lebenspartnerschaft von den Gerichten daraufhin überprüft, ob die Vorteile und Lasten zu einseitig verteilt worden sind.<br />

Bei einer besonders einseitigen Aufbürdung von vertraglichen Lasten und einer erheblich ungleichen Verhandlungsposition<br />

können die Verträge unwirksam oder unanwendbar sein. (siehe oben: 5.6. Lebenspartnerschaftsverträge).<br />

12.5. HAUSRATSVERTEILUNG UND WOHNUNGSZUWEISUNG<br />

Die Verteilung des Hausrats und die Zuweisung der Wohnung ist in den §§ 17 bis 19 LPartG geregelt. Die Vorschriften verweisen<br />

ergänzend auf die für Eheleute geltende Hausratsverordnung. Danach gilt folgendes:<br />

Können sich die Lebenspartner anlässlich der Aufhebung der Lebenspartnerschaft nicht darüber einigen, wer von ihnen<br />

die gemeinsame Wohnung künftig bewohnen oder wer die Wohnungseinrichtung und den sonstigen Hausrat erhalten soll,<br />

so regelt auf Antrag das Familiengericht die Rechtsverhältnisse an der Wohnung und am Hausrat nach billigem (d.h. nach<br />

seinem) Ermessen. Dabei hat das Gericht alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Die Regelung der Rechtsverhältnisse<br />

an der Wohnung oder am Hausrat hat rechtsgestaltende Wirkung (§ 17 LPartG), d.h., wenn das Gericht z.B.<br />

gemeinschaftliche Gegenstände einem der Partner zuweist, wird dieser Alleineigentümer.<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

37<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


Für die gemeinsame Wohnung kann das Gericht bestimmen, dass ein von beiden Lebenspartnern eingegangenes Mietverhältnis<br />

von einem Lebenspartner allein fortgesetzt wird oder ein Lebenspartner in das nur von dem anderen Lebenspartner<br />

eingegangene Mietverhältnis an dessen Stelle eintritt.<br />

Steht die gemeinsame Wohnung im Eigentum oder Miteigentum eines Lebenspartners, so kann das Gericht für den anderen<br />

Lebenspartner ein Mietverhältnis an der Wohnung begründen, wenn der Verlust der Wohnung für ihn eine unbillige<br />

Härte wäre (§ 18 LPartG).<br />

Hausratsgegenstände, die im Alleineigentum eines Lebenspartners oder im Miteigentum eines Lebenspartners und eines<br />

Dritten stehen, soll das Gericht dem anderen Lebenspartner nur zuweisen, wenn dieser auf ihre Weiterbenutzung angewiesen<br />

ist und die Überlassung dem anderen zugemutet werden kann (§ 19 LPartG).<br />

Zum Begriff der Hausratsgegenstände siehe Abschnitt 11.2.: Hausratsverteilung.<br />

Die Vorschriften verdeutlichen, dass die Entscheidung über die Zuweisung der Wohnung und die Verteilung der Wohnungseinrichtung<br />

Ermessensentscheidungen sind. Außerdem stellen sie klar, dass die Entscheidung auch gegenüber Dritten<br />

wie z.B. dem Vermieter Rechtswirkungen haben. Dieser ist deshalb am Verfahren beteiligt und hat ein eigenes<br />

Beschwerderecht.<br />

Die Bestimmungen gelten nur für die endgültigen Regelungen anlässlich der Aufhebung der Lebenspartnerschaft. Für die<br />

Zeit der Trennung gelten die im Abschnitt 11.2. und 11.3. beschriebenen Vorschriften.<br />

13.WILLENSMÄNGEL UND LEBENSPARTNERSCHAFTSHINDERNISSE<br />

13.1. AUFHEBUNG WEGEN WILLENSMÄNGELN<br />

Albert erfährt nach dreijährigem Zusammenleben, dass sein Lebenspartner Heinz schon seit mehreren Jahren HIV-infiziert<br />

ist und ihm dies verschwiegen hat. Albert will sich deshalb von Heinz trennen.<br />

Silvia spiegelt ihrer Verlobten Maria vor Eingehung der Lebenspartnerschaft vor, einen lukrativen Job zu haben. Später<br />

stellt sich heraus, dass Silvia Langzeitarbeitslose und nicht vermittelbar ist. Da sich das Arbeitsamt wegen des<br />

guten Einkommens von Maria weigert, Silvia weiter Arbeitslosengeld II zu zahlen, muss Maria ihre Partnerin Silvia mit<br />

unterhalten. Maria entschließt sich, die Lebenspartnerschaft mit Silvia zu beenden.<br />

Das Eherecht des BGB sieht für solche und ähnlich gelagerte Fälle die Möglichkeit der Aufhebung der Ehe vor (§§ 1313 ff.<br />

BGB), die von der Scheidung der Ehe zu unterscheiden ist. Eine Scheidung wird vollzogen, wenn die Ehe gescheitert ist.<br />

Das Scheitern der Ehe muss durch dauerhaftes Getrenntleben der Ehegatten nachgewiesen werden. Die Aufhebung einer<br />

Ehe findet dagegen statt, wenn die Ehe fehlerhaft ist.<br />

Eine Ehe ist fehlerhaft, wenn z.B. einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Heirat minderjährig war oder bereits mit einer<br />

anderen Person im Stand der Ehe lebte. Diese “Fehler” entsprechen den unten genannten Lebenspartnerschaftshindernissen<br />

(siehe 13.2. Nichtigkeit wegen Lebenspartnerschaftshindernissen). Auch so genannte Willensmängel zum Zeitpunkt<br />

der Eheschließung - mit solchen Willensmängeln haben wir es in unseren Beispielsfällen zu tun - berechtigen zur<br />

Aufhebung einer Ehe (§ 1314 Abs. 2 BGB). Bis zur Rechtskraft des Aufhebungsurteils ist die Ehe allerdings trotz ihrer<br />

Fehlerhaftigkeit gültig. Für die Lebenspartnerschaft fehlten bis zum 31.12.2004 entsprechende Regelungen.<br />

Dies blieb nicht ohne Auswirkungen. Bleiben wir zunächst bei unseren Beispielsfällen. Albert und Maria wurden durch ihre<br />

Partner über wesentliche Umstände getäuscht. Hätten sie diese Umstände gekannt, wären sie die Lebenspartnerschaft<br />

nicht eingegangen. Nach der alten Rechtslage hätten sie ihr “Ja-Wort” anfechten können, mit der Wirkung, dass die<br />

Lebenspartnerschaft rückwirkend beseitigt worden wäre, das heißt, vor dem Gesetz würde eine Lebenspartnerschaft zu<br />

keinem Zeitpunkt bestanden haben. Eheleute können bei gleicher Sachlage ein Eheaufhebungsverfahren betreiben. Der<br />

bedeutende Unterschied: da die Ehe bis zur Aufhebung gültig ist, können einem Ehegatten nach der Aufhebung auch<br />

Unterhaltsansprüche gegen den anderen Ehegatten zustehen. Diese Möglichkeit war bei der Lebenspartnerschaft nicht<br />

gegeben, denn sie wurde ja durch die Anfechtung rückwirkend beseitigt.<br />

Seit dem 01.01.2005 nimmt § 15 Abs. 2 LPartG bei der Regelung der Aufhebung einer Lebenspartnerschaft auf die<br />

Willensmängel des § 1314 Abs. 2 Nr. 1-4 BGB Bezug und hat damit eine Anpassung an das Eherecht vorgenommen.<br />

Zum besseren Verständnis sei erwähnt, dass das LPartG nicht zwischen den Rechtsbegriffen Scheidung und Aufhebung<br />

unterscheidet, sondern beides zusammen als Aufhebung in § 15 LPartG regelt. De facto lebt die Unterscheidung aus<br />

dem Eherecht im LPartG aber fort, da bei der Aufhebung aufgrund von Willensmängeln keine Trennungsfristen zu beachten<br />

sind, im Gegensatz zur “normalen” Aufhebung, siehe dazu oben: 12. Aufhebung.<br />

Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 LPartG kann eine Lebenspartnerschaft wegen folgender Willensmängel aufgehoben werden:<br />

• ein Lebenspartner war bei Eingehung der Lebenspartnerschaft bewusstlos oder aber in seiner Geistestätigkeit<br />

vorübergehend gestört;<br />

• ein Lebenspartner wusste bei Eingehung der Lebenspartnerschaft gar nicht, dass er im Begriff ist, eine Lebenspartnerschaft<br />

zu begründen;<br />

• ein Lebenspartner wurde zur Eingehung der Lebenspartnerschaft durch arglistige Täuschung über solche Umstände<br />

bestimmt, die ihn bei Kenntnis der tatsächlichen Sachlage von der Eingehung der Lebenspartnerschaft abgehalten<br />

hätten; hierbei scheidet die Täuschung über Vermögensverhältnisse jedoch aus;<br />

• ein Lebenspartner wurde widerrechtlich durch Drohung zur Eingehung der Lebenspartnerschaft bestimmt.<br />

38<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


Die arglistige Täuschung stellt in der Praxis den wohl bedeutendsten Willensmangel dar. Auch in unseren Beispielsfällen<br />

haben wir es mit einer arglistigen Täuschung zu tun:<br />

Heinz hatte seine HIV-Infektion ganz bewusst verschwiegen, da er sich davor fürchtete, von Albert verlassen zu werden.<br />

Die Infektion mit HIV ist jedoch ein schwerwiegender Umstand, nicht nur für Heinz selbst, sondern auch für seinen Partner.<br />

Deshalb musste von Heinz erwartet werden, Albert von seiner Infektion in Kenntnis zu setzen. Da er dies nicht tat, hat<br />

er Albert durch Unterlassen einer notwendigen Aufklärung über einen wesentlichen Umstand getäuscht.<br />

Auch Maria wurde getäuscht. Eine Aufhebung ist hier nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil Maria über Silvias Vermögensverhältnisse<br />

getäuscht wurde. Silvia hatte Maria vielmehr hinsichtlich ihrer Langzeitarbeitslosigkeit belogen. In der<br />

Folge wurde Maria nach Eingehung der Lebenspartnerschaft gegen ihren Willen mit sofortiger Wirkung tatsächlich unterhaltspflichtig.<br />

Albert und Maria können also die Aufhebung ihrer jeweiligen Lebenspartnerschaft beim Familiengericht beantragen.<br />

Die Aufhebung ist jedoch ausgeschlossen, wenn die Lebenspartnerschaft bestätigt wurde, das heißt, wenn der an und für<br />

sich antragsberechtigte Lebenspartner durch sein Verhalten zu erkennen gegeben hat, dass er die Lebenspartnerschaft<br />

fortsetzen will (§ 15 Abs. 4 LPartG mit § 1315 Abs. 1 Nr. 3 und 4 BGB).<br />

Würde Albert erst ein halbes Jahr später, nachdem er von der HIV-Infektion seines Lebenspartners Heinz erfuhr, zu dem<br />

Entschluss kommen, sich von Heinz zu trennen, so bliebe ihm die Möglichkeit der Aufhebung wegen arglistiger<br />

Täuschung verwehrt, denn er hatte die Lebenspartnerschaft ein halbes Jahr lang fortgesetzt. Er müsste die “normale”<br />

Aufhebung mit Einhaltung der jeweiligen Fristen betreiben, siehe dazu oben: 12. Aufhebung.<br />

Die Folgen einer Aufhebung der Lebenspartnerschaft wegen Willensmängeln sind dieselben, wie bei einer “normalen”<br />

Aufhebung, siehe dazu: 12.3. Der nachpartnerschaftliche Unterhalt und: 6. Versorgungsausgleich. Das Gesetz nimmt hier<br />

keine Unterscheidung vor. Dies führt zu dem merkwürdigen Ergebnis, dass auch derjenige Lebenspartner, der den anderen<br />

Partner durch arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung zur Eingehung der Lebenspartnerschaft bestimmt<br />

hatte, nach Aufhebung derselben in den Genuss eines Unterhaltsanspruches kommen kann. Ein ungerechtfertigtes<br />

Ergebnis, zu dessen Vermeidung im Eherecht mit § 1318 Abs. 2 BGB Sorge getragen wurde. Für das LPartG besteht hier<br />

ein entsprechender Nachbesserungsbedarf.<br />

13.2. NICHTIGKEIT WEGEN LEBENSPARTNERSCHAFTSHINDERNISSEN<br />

Der 42jährige Albert lernt in Thailand einen 26jährigen Mann kennen, verliebt sich in ihn, lädt ihn nach Deutschland<br />

ein und geht hier mit ihm eine Lebenspartnerschaft ein. Der junge Mann verschwindet nach kurzem Zusammenleben<br />

unter Mitnahme der Kreditkarten Alberts und vieler Wertgegenstände. Albert stellt daraufhin Nachforschungen an<br />

und findet heraus, dass der junge Mann ihn mit gefälschten Papieren getäuscht hat und in Wirklichkeit bereits verheiratet<br />

ist.<br />

Nach § 1 Abs. 2 LPartG kann eine Lebenspartnerschaft nicht wirksam begründet werden:<br />

• mit einer Person, die minderjährig ist. Anders als bei der Ehe ist eine Befreiung von dieser Vorschrift nicht möglich.<br />

Ob ein Ausländer volljährig ist, bestimmt sich nach seinem Heimatrecht;<br />

• mit einer Person, die (noch) verheiratet ist. Dasselbe gilt auch umgekehrt. Man kann keine Ehe mit einer Person<br />

eingehen, die (noch) verpartnert ist (§ 1306 BGB);<br />

• mit einer Person, die (noch) durch eine Lebenspartnerschaft gebunden ist;<br />

• zwischen Personen, die in gerader Linie miteinander verwandt sind (Großeltern, Eltern, Kinder, Enkel) und zwischen<br />

vollbürtigen und halbbürtigen Geschwistern. Ob das auch für Verwandtschaftsverhältnisse gilt, die durch Adoption<br />

entstanden sind, ist streitig;<br />

• zwischen Personen, die sich bei der Begründung der Lebenspartnerschaft darüber einig sind, keine Verpflichtung zur<br />

Fürsorge und Unterstützung und zur gemeinsamen Lebensgestaltung begründen zu wollen (Scheinpartnerschaft).<br />

Da die Lebenspartnerschaft in den aufgeführten Fällen „nicht wirksam begründet werden kann", sind dennoch eingegangene<br />

Lebenspartnerschaften von Anfang an unwirksam. Eine „Heilung" ist nicht möglich, auch wenn z.B. die Ehe<br />

später geschieden wird oder wenn die Scheinpartner später doch wie echte Lebenspartner zusammenleben. Die Partnerschaft<br />

muss neu begründet werden.<br />

Das Bürgerliche Gesetzbuch erwähnt für die Ehe zusätzlich folgende Mängel-Tatbestände:<br />

• keine persönliche Abgabe der Erklärungen bei gleichzeitiger Anwesenheit (§§ 1311, 1314 Abs. 1 BGB);<br />

• Begründung der Lebenspartnerschaft vor einer Behörde, die dafür nicht zuständig ist (§ 1310 BGB);<br />

• Geschäftsunfähigkeit eines Lebenspartners (§ 1304, 1314 Abs. 1 BGB).<br />

Sie gelten natürlich auch für die Begründung der Lebenspartnerschaft.<br />

Dagegen sind die Staatsangehörigkeit und der Aufenthaltsstatus ausländischer Partner für die Wirksamkeit der Lebenspartnerschaft<br />

ohne Bedeutung. Auch zwei Ausländer können bei uns eine Lebenspartnerschaft eingehen. Sie brauchen<br />

hier noch nicht einmal einen Wohnsitz zu haben.<br />

Das Eherecht kennt für diese Mängel das schon erwähnte Rechtsinstitut der Eheaufhebung. Die aufgehobene Ehe gilt<br />

nicht als von Anfang unwirksam, sondern wird – mit einigen Abweichungen - wie eine geschiedene Ehe abgewickelt. Das<br />

LPartG hat diese Regeln nicht übernommen. Auch das Überarbeitungsgesetz hat das LPartG insoweit nicht an das BGB<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

39<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


angeglichen. Es gelten deshalb die allgemeinen Regeln über die Nichtigkeit von rechtsgeschäftlichen Erklärungen,<br />

hier also des Ja-Worts. § 15 Abs. 2 Satz 2 LPartG nimmt hier leider keinen Bezug zum Eherecht, so dass diese Mängel<br />

nicht als Aufhebungsgründe gelten. Der gravierende Unterschied: Aufhebungsgründe sind heilbar, Hindernisse nicht.<br />

Marc hat mit Berhan eine Scheinpartnerschaft begründet: es kam ihnen lediglich darauf an, Berhan den Aufenthalt in<br />

Deutschland zu ermöglichen. Die eigentlichen Wirkungen einer Lebenspartnerschaft wollten sie nicht wirklich herbeiführen.<br />

Dies wussten auch Marcs Eltern. Wie das Leben so spielt, verlieben sich Marc und Berhan später aber wirklich<br />

ineinander und suchen sich, sehr zum Missfallen von Marcs Eltern, eine gemeinsame Wohnung. Einige Zeit später<br />

stirbt Marc bei einem Verkehrsunfall.<br />

Sollte es Marcs Eltern gelingen, vor Gericht die Tatsache zu beweisen, dass die Lebenspartnerschaft nur als Scheinpartnerschaft<br />

geschlossen worden war, so würde die Lebenspartnerschaft als unwirksam gelten (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 LPartG).<br />

Marcs Eltern würden dann dessen alleinige Erben werden.<br />

Im Eherecht kämen wir zu einem anderen Ergebnis: denn die Scheinehe ist ein Aufhebungsgrund. Leben die Ehegatten<br />

aber nach der Schließung der Scheinehe miteinander als Ehegatten zusammen in einer gemeinsamen Wohnung, so ist die<br />

Aufhebung ausgeschlossen (§ 1315 Abs. 1 Nr.5 BGB), denn durch das Zusammenleben als Mann und Frau wird die Fehlerhaftigkeit<br />

der Ehe nachträglich geheilt.<br />

Würde also die Scheinpartnerschaft im LPartG wie im Eherecht als Aufhebungsgrund gelten, so hätten Marc und Berhan<br />

die ursprüngliche Fehlerhaftigkeit ihrer Lebenspartnerschaft durch das Zusammenziehen geheilt. Das Unterfangen von<br />

Marcs Eltern wäre zum Scheitern verurteilt, denn die Lebenspartnerschaft würde als gültig betrachtet und Berhan Marcs<br />

Erbe werden.<br />

Es gibt noch einen weiteren wesentlichen Unterschied. Bei den geschilderten Mängeln werden Ehen, wie schon erwähnt,<br />

mit einigen Abweichungen wie geschiedene Ehen abgewickelt. Für Lebenspartnerschaften fehlen entsprechende Vorschriften.<br />

Einige Juristen plädieren gleichwohl dafür, auch Lebenspartnerschaften in solchen Fällen wie eine „aufgehobene"<br />

Ehe zu behandeln. Nach dieser Auffassung können in den Beispielsfällen Heinz und Silvia zwar keinen Zugewinnausgleich<br />

(siehe oben: 5.1. Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft) und Silvia auch keinen nachpartnerschaftlichen<br />

Unterhalt verlangen, Silvia braucht aber die vor der Anfechtung erhaltenen Unterhaltsleistungen nicht zurückzuzahlen.<br />

Ob sich die Rechtsprechung dieser Auffassung anschließen wird, ist noch ungewiss.<br />

Die unterschiedliche Behandlung zweier an sich identischer Sachverhalte im Eherecht und im Recht der Eingetragenen<br />

Lebenspartnerschaft ist unverständlich und unlogisch. Auch hier ist der Gesetzgeber zur Nachbesserung angehalten.<br />

40<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT


2.INTERNATIONALES PRIVATRECHT<br />

INHALT 41-45<br />

1. ALLGEMEINER GRUNDSATZ<br />

2. DAS UNTERHALTSRECHT<br />

3. DAS ERBRECHT<br />

4. DAS NAMENSRECHT<br />

5. DIE TRENNUNGSFOLGEN<br />

6. GILT UNSERE LEBENSPARTNERSCHAFT AUCH IM AUSLAND<br />

7. WIE STEHT ES MIT DEM FREIZÜGIGKEITSRECHT FÜR PARTNER<br />

AUS DRITTSTAATEN INNERHALB DER EU UND DER EWR<br />

8. WIE VERHÄLT ES SICH UMGEKEHRT: WIRD UNSERE IM AUSLAND<br />

GESCHLOSSENE LEBENSPARTNERSCHAFT HIER ANERKANNT<br />

9. BEI WELCHER BEHÖRDE KANN ICH UNSERE IM AUSLAND BEGRÜNDETE<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT ANERKENNEN LASSEN<br />

10. WANN KÖNNEN LEBENSPARTNER IHRE STREITIGKEITEN VON EINEM<br />

DEUTSCHEN GERICHT ENTSCHEIDEN LASSEN<br />

11. WERDEN AUSLÄNDISCHE GERICHTSURTEILE IN LEBENSPARTNER-<br />

SCHAFTSSACHEN IN DEUTSCHLAND ANERKANNT<br />

1.ALLGEMEINER GRUNDSATZ<br />

Mein Freund ist Ausländer. Gibt es deshalb bei der Eingehung einer Lebenspartnerschaft besondere Umstände zu<br />

beachten<br />

Meine Freundin und ich sind Niederländerinnen und haben dort geheiratet. Nun leben wir in Deutschland. Ist unsere<br />

Ehe hier gültig<br />

Immer dann, wenn eine Lebenspartnerschaft einen Bezug zu der Rechtsordnung eines anderen Staates aufweist, tauchen<br />

solche und ähnliche Fragen auf. Zur Regelung solcher Fragen wurde zusammen mit dem LPartG der Artikel 17b EGBGB<br />

geschaffen. Diesem Artikel zufolge unterliegen die Begründung, die allgemeinen und güterrechtlichen Wirkungen sowie<br />

die Auflösung einer Lebenspartnerschaft stets dem Recht des Staates, in welchem die Registrierung erfolgt ist. Dies<br />

gilt unabhängig von der Staatsangehörigkeit oder dem Wohnsitz der Lebenspartner.<br />

Unter den allgemeinen und güterrechtlichen Wirkungen der Lebenspartnerschaft versteht man die Rechtsfolgen, die die<br />

Lebenspartnerschaft nach innen zwischen den Partnern und nach außen für ihr Verhältnis zu Dritten und zum Staat hat.<br />

Das sind z.B. der Güterstand der Lebenspartner, das Sorgerecht gegenüber Kindern des Lebenspartners oder das Steuerrecht.<br />

Gerhard und Timothy wollen sich als Lebenspartner eintragen lassen. Timothy ist britischer Staatsbürger, lebt und arbeitet<br />

aber schon seit fünf Jahren in Berlin, wo er zusammen mit seinem deutschen Partner Gerhard auch weiterhin<br />

leben möchte. Im Vereinigten Königreich gibt es noch keine Lebenspartnerschaft. Steht dieser Umstand ihren Plänen<br />

entgegen<br />

Nein. Auf das britische Recht kommt es hier nicht an. Selbst wenn in Großbritannien ebenfalls das Institut einer Lebenspartnerschaft<br />

existierte: da die beiden ihre Lebenspartnerschaft in Deutschland schließen, bestimmen sich die Voraussetzungen<br />

einer Eintragung (Volljährigkeit, Gleichgeschlechtlichkeit usw.) sowie deren Wirkungen nach deutschem Recht.<br />

Anders, wenn die beiden beschlossen hätten, ihre Lebenspartnerschaft in Kopenhagen zu schließen. Dann würden Voraussetzungen<br />

und Wirkungen der Eintragung nach dänischem Recht zu beurteilen sein. (Allerdings ist nach dänischem<br />

Recht Voraussetzung, dass einer der Partner schon seit mindestens zwei Jahren seinen Wohnsitz in Dänemark hat).<br />

Durch die Wahl des Ortes können die Lebenspartner also auch das Recht bestimmen, dem ihre Lebenspartnerschaft<br />

unterliegen soll.<br />

Da Gerhard und Timothy ihre Lebenspartnerschaft in Deutschland registrieren lassen wollen, sind die Voraussetzungen<br />

für die Begründung einer solchen Partnerschaft allein dem deutschen Lebenspartnerschaftsgesetz zu entnehmen. Sollte<br />

es dereinst zu einer Aufhebung ihrer Lebenspartnerschaft kommen, so bestimmen sich die Fragen der vermögensmäßigen<br />

Auseinandersetzung ebenfalls nach deutschem Recht. Das gilt grundsätzlich auch für die Frage, welche Voraussetzungen<br />

für die Aufhebung der Lebenspartnerschaft vorliegen müssen und welche Folgen an sie geknüpft werden.<br />

Sind die Partner nacheinander in verschiedenen Staaten Lebenspartnerschaften eingegangen, ist für die Frage des anwendbaren<br />

Rechts die zuletzt begründete Lebenspartnerschaft maßgebend, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Begründung<br />

an (Art. 17b Abs. 3 EGBGB).<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

41<br />

INTERNATIONALES<br />

PRIVATRECHT


Allerdings gibt es Ausnahmen von der Grundregel des Art. 17b Abs. 1 Satz 1 EGBGB.<br />

Folgende Rechtsfragen unterliegen nicht bzw. nicht uneingeschränkt der Rechtsordnung des Registrierungsortes:<br />

• Fragen des Unterhaltsrechts<br />

• Fragen des Erbrechts<br />

• Fragen des Namensrechts<br />

• einzelne Fragen der Trennungsfolgen<br />

• sogenannte „Vorfragen"<br />

Eine solche Vorfrage stellen z.B. die Lebenspartnerschaftshindernisse des § 1 Abs. 2 Nr.1 LPartG dar. Timothy war in England<br />

verheiratet, hatte sich aber vor 10 Jahren scheiden lassen.<br />

Nach § 1 Abs. 2 Nr.1 LPartG kann eine Lebenspartnerschaft mit einer Person, die verheiratet ist, nicht begründet werden.<br />

Der Standesbeamte in Berlin muss deshalb überprüfen, ob Timothy tatsächlich rechtswirksam geschieden worden ist.<br />

Gemäß Art. 17 EGBGB hat er dabei britisches Recht anzuwenden. (Was einleuchtend ist. Schließlich wurde die Scheidung<br />

auch in Großbritannien vollzogen).<br />

Dasselbe gilt für die Frage, ob die Partner noch minderjährig sind und somit keine Lebenspartnerschaft eingehen können<br />

(§ 1 Abs. 2 Nr. 1 LPartG). Diese Frage beurteilt sich bei Ausländern gemäß Art. 7 Abs. 1 EGBGB nach ihrem Heimatrecht.<br />

Deshalb können Ausländer unter 18 Jahren in Deutschland eine Partnerschaft eingehen, wenn sie nach ihrem Heimatrecht<br />

volljährig sind.<br />

2.DAS UNTERHALTSRECHT<br />

Mercedes und Katharina haben in Deutschland eine Lebenspartnerschaft geschlossen. Mercedes ist portugiesische<br />

Staatsbürgerin und stammt aus Lissabon. Nach Trennung und Aufhebung der Lebenspartnerschaft kehrt Mercedes<br />

nach Lissabon zurück. Da sie krankheitsbedingt nicht für ihren eigenen Unterhalt sorgen kann, begehrt sie von Katharina<br />

Unterhaltszahlung.<br />

Nach Art. 17b Abs. 1 Satz 2 EGBGB ist hier nicht das Recht des Eintragungsortes der Lebenspartnerschaft maßgeblich.<br />

Stattdessen kommt es nach Art. 18 Abs. 1 EGBGB auf das Recht am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Unterhaltsberechtigten<br />

an.<br />

Mercedes will ihren Unterhalt einklagen.<br />

Nach § 661 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 606a Abs.1 ZPO kann sie dies vor einem deutschen Gericht tun (siehe unten: 10. Wann können<br />

Lebenspartner ihre Streitigkeiten von einem deutschen Gericht entscheiden lassen). Das zuständige deutsche<br />

Gericht hat bei der Beurteilung des geltend gemachten Unterhaltsanspruchs portugiesisches Recht anzuwenden. Ein der<br />

Lebenspartnerschaft entsprechendes Rechtsinstitut gibt es aber in Portugal nicht und damit auch keinen Unterhaltsanspruch,<br />

den Mercedes geltend machen könnte. Deswegen wird nach Art. 17b Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz EGBGB doch wieder<br />

auf das Recht am Ort der Eintragung der Lebenspartnerschaft zurückgegriffen. Das Gericht hat bei der Urteilsfindung<br />

letzten Endes deutsches Recht anzuwenden.<br />

Anders verhält es sich im folgenden Beispiel:<br />

Wim und Joost sind niederländische Staatsbürger. Mehrere Jahre wohnten und arbeiteten sie in Deutschland, wo sie<br />

auch eine Lebenspartnerschaft schlossen. Ein lukratives berufliches Angebot führte beide nach Paris. Dort kam es zur<br />

Trennung. Joost zog wieder zurück nach Deutschland und betrieb dort die Aufhebung der Lebenspartnerschaft. Der<br />

in Paris zurückgebliebene Wim begehrt Unterhaltszahlungen von Joost, die er vor dem zuständigen (siehe unten: 10.<br />

Wann können Lebenspartner ihre Streitigkeiten von einem deutschen Gericht entscheiden lassen) deutschen Gericht<br />

geltend macht. Welches Recht hat das Gericht anzuwenden<br />

Primär das Recht am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Unterhaltsberechtigten, also französisches Recht. Dieses kennt<br />

mit dem Pacte Civile de Solidarité (PACS) ein mit der Lebenspartnerschaft vergleichbares Rechtsinstitut. Der PACS verpflichtet<br />

aber nicht zur Leistung von Unterhalt. In einem solchen Fall kommt gemäß Art. 18 Abs. 1 EGBGB hilfsweise das<br />

Recht des Staates zur Anwendung, dem der Unterhaltsverpflichtete und der Unterhaltsberechtigte beide gemeinsam angehören,<br />

also niederländisches Recht. Hätten die beiden keine gemeinsame Staatsangehörigkeit, so müsste das Gericht<br />

gemäß Art. 18 Abs.2 EGBGB wiederum deutsches Recht anwenden. Dasselbe gilt nach Art. 17a Abs. 1 Satz. 2 2. Halbsatz<br />

EGBGB, wenn das gemeinsame Heimatrecht der Partner keine Unterhaltsberechtigung begründet.<br />

3.DAS ERBRECHT<br />

Für Fragen des Erbrechts erklärt Art. 25 Abs. 1 EGBGB das Recht des Staates für maßgeblich, dem der Verstorbene zum<br />

Zeitpunkt seines Todes angehörte. Das gilt auch für die Frage, ob und in welchem Umfang Lebenspartner durch (gemeinschaftliches)<br />

Testament oder Erbvertrag letztwillig über ihr Vermögen verfügen können. Es ist jedoch möglich, dass das<br />

internationale Erbrecht dieses Staates seinerseits an den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Verstorbenen anknüpft. War<br />

dieser in Deutschland, so kommt durch diese Zurückverweisung dann doch das deutsche Erbrecht zur Anwendung. Dieses<br />

kommt gemäß Art. 17b Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz EGBGB auch dann zur Anwendung, wenn in dem Heimatstaat des Verstorbenen<br />

kein der Lebenspartnerschaft entsprechendes Rechtsinstitut existiert oder für eine solche Partnerschaft kein gesetzliches<br />

Erbrecht vorgesehen ist.<br />

42<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

INTERNATIONALES PRIVATRECHT


4.DAS NAMENSRECHT<br />

Prinzipiell richtet sich der Name einer Person nach dem Recht des Staates, dem sie angehört (Art. 10 Abs. 1 EGBGB).<br />

Lebenspartner unterschiedlicher Nationalitäten können gemäß Art. 17b Abs. 2 Satz 1 EGBGB i.V.m. Art. 10 Abs. 2 EGBGB<br />

das Recht auswählen, nach welchem Recht ihr Lebenspartnerschaftsname bestimmt werden soll. Zur Auswahl stehen<br />

dabei ihre beiden Heimatrechte. Sollten beide Partner Ausländer sein und hat zumindest einer von ihnen seinen gewöhnlichen<br />

Aufenthaltsort in Deutschland, so können die Partner das Recht eines ihrer Heimatländer oder das deutsche Recht<br />

auswählen.<br />

Nach dem ausgewählten Recht bestimmt sich der Lebenspartnerschaftsname der Partner, der nicht notwendig ein gemeinsamer<br />

Name sein muss. So kennt man im indonesischen Recht beispielsweise keinen gemeinsamen Familiennamen.<br />

Darüber hinaus kann das gewählte Recht selbst wiederum eine Auswahlmöglichkeit hinsichtlich des Namens vorsehen, so<br />

wie es das deutsche Recht tut.<br />

Nicht beantwortet werden kann hier die Frage, ob der jeweilige Heimatstaat eines Ausländers einen Lebenspartnerschaftsnamen<br />

nach deutschem Recht akzeptiert. Diese Frage beantwortet sich allein nach der Rechtsordnung des betreffenden<br />

Staates. Wenn dieses Recht den Lebenspartnerschaftsnamen nicht anerkennt, hat das zur Folge, dass der "deutsche"<br />

Lebenspartnerschaftsname und der im Reisepass eingetragene Name nicht übereinstimmen.<br />

5.DIE TRENNUNGSFOLGEN<br />

Für zwei Folgen der Trennung bzw. der Auflösung einer Lebenspartnerschaft enthält Art. 17b EGBGB eine Sonderregelung:<br />

Die eine betrifft den sog. Versorgungsausgleich, also die Verteilung von Renten- und sonstigen Altersversorgungsanwartschaften,<br />

die die Lebenspartner erworben haben. Die Frage, ob eine solche Verteilung von Versorgungsanwartschaften<br />

stattfindet, wird zwar grundsätzlich nach dem Recht des Staates beurteilt, wo die Partnerschaft registriert wurde.<br />

Lässt dieses Recht - wie nunmehr das deutsche Lebenspartnerschaftsgesetz - einen Versorgungsausgleich zu, ist aber<br />

gemäß Art. 17b Abs. 1 Satz 3 EGBGB weiter zu fragen, ob dies auch nach dem Heimatrecht wenigstens eines der Partner<br />

gilt. Kennen die Heimatrechte beider Partner den Versorgungsausgleich bei Auflösung einer Partnerschaft nicht, soll eine<br />

solche Verteilung der Versorgungsanwartschaften grundsätzlich ausgeschlossen sein. Ausnahmsweise kann in einem<br />

derartigen Fall jedoch ein Versorgungsausgleich nach deutschem Recht durchgeführt werden, wenn ein Gericht zu dem<br />

Ergebnis kommt, dass dies unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles (insbesondere wirtschaftliche Verhältnisse<br />

der Partner und Dauer des Zusammenlebens in Deutschland) als billig und gerecht anzusehen ist.<br />

Gerhard und Timothy aus unserem obigen Beispiel haben 10 Jahre in Deutschland zusammengelebt. Nur Gerhard war<br />

sozialversicherungspflichtig beschäftigt und hat demgemäß Rentenanwartschaften begründet.<br />

Wird die Partnerschaft der beiden aufgelöst, richtet sich der Versorgungsausgleich nach deutschem Recht, weil die Partnerschaft<br />

ja hier in Deutschland registriert wurde. Daher wird die Hälfte von Gerhards Rentenanwartschaften auf Timothy<br />

übertragen. Daran ändert sich auch dadurch nichts, dass dem britischen Recht (Heimatrecht von Timothy) ein Versorgungsausgleich<br />

bisher unbekannt ist. Es genügt, dass das Heimatrecht eines der Lebenspartner einen Versorgungsausgleich<br />

kennt, und das ist hier der Fall, denn nach deutschem Recht als dem Heimatrecht von Gerhard ist ein Versorgungsausgleich<br />

durchzuführen (§ 20 LPartG).<br />

Die zweite Besonderheit betrifft die Frage der Zuteilung der gemeinsamen Wohnung der Lebenspartner und ihres Hausrates.<br />

Sofern sich Wohnung und Hausrat in Deutschland befinden, entscheidet allein das deutsche Recht über die damit<br />

im Zusammenhang stehenden Verteilungsfragen (s. Art. 17b Abs. 2 Satz 1 EGBGB mit Verweis auf Art. 17a EGBGB). Ansonsten<br />

ist das Recht des Ortes heranzuziehen, an dem die Partnerschaft registriert worden ist.<br />

6.GILT UNSERE LEBENSPARTNERSCHAFT AUCH IM AUSLAND<br />

Das hängt von den Rechtsordnungen der anderen Staaten ab. Bekanntlich sind es noch nicht allzu viele Staaten, die ein<br />

vergleichbares Rechtsinstitut eingeführt haben (siehe die Rechtsprechungs- und Literaturliste: Rechtvergleichung). Lebenspartnern,<br />

die ihre Partnerschaft in Deutschland haben eintragen lassen, aber ihren gemeinsamen Wohnsitz in einem<br />

anderen Staat haben, ist deshalb dringend zu empfehlen, sich mit der dortigen Rechtslage vertraut zu machen und gegebenenfalls<br />

durch Partnerschaftsverträge und die Errichtung von Testamenten Vorsorge zu treffen.<br />

7.WIE STEHT ES MIT DEM FREIZÜGIGKEITSRECHT<br />

FÜR PARTNER AUS DRITTSTATTEN INNERHALB DER<br />

EU UND DES EWR<br />

Im Freizügigkeitsrecht geht es um das Nachzugrecht von Lebenspartnern aus Drittstaaten zu EU- und EWR-Bürgern, die<br />

von ihrem Freizügigkeitsrecht Gebrauch machen. Während Ehegatten aus Drittstaaten ohne Einschränkungen zum Nachzug<br />

berechtigt sind, sieht das die neue Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG (ABl L 158/77 v 30.04.2004) bei Lebenspartnern<br />

nur vor, „sofern nach den Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats die eingetragene Partnerschaft der Ehe<br />

gleichgestellt ist und die in den einschlägigen Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats vorgesehenen Bedingungen<br />

erfüllt sind“ (Art. 2 Nr. 2 b). Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, „erleichtert der Aufnahmemitgliedstaat nach Maßgabe<br />

seiner innerstaatlichen Rechtsvorschriften die Einreise und den Aufenthalt“ der Lebenspartner (Art. 3 II b).<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

43<br />

INTERNATIONALES<br />

PRIVATRECHT


Da in Deutschland die Lebenspartner aus Drittstaaten genauso wie Ehegatten aus Drittstaaten zum Nachzug zu Deutschen<br />

berechtigt sind (§§ 27 II, 28 AufenthG), bestimmen §§ 3 VI, 12 FreizügG/EU, dass auf die Einreise und den Aufenthalt<br />

des nicht freizügigkeitsberechtigten Lebenspartners von EU- und EWR-Bürgern die für Lebenspartner von Deutschen<br />

geltenden Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes anzuwenden sind.<br />

Wenn dagegen z.B. ein Deutscher mit einem Lebenspartner aus einem Drittstaat nach Österreich umsiedeln will, erhält<br />

sein Lebenspartner in Österreich keine Aufenthaltserlaubnis, weil Österreich keine Lebenspartnerschaft kennt.<br />

8.WIE VERHÄLT ES SICH UMGEKEHRT:<br />

WIRD UNSERE IM AUSLAND GESCHLOSSENE<br />

LEBENSPARTNERSCHAFT ANERKANNT<br />

Ja, aber nach Art. 17b Abs. 4 EGBGB haben im Ausland geschlossene Lebenspartnerschaften in Deutschland höchstens<br />

die Wirkungen, die das deutsche Recht für die Lebenspartnerschaft vorsieht. Sieht das Recht des Staates, in dem die<br />

Lebenspartnerschaft geschlossen wurde, geringere Wirkungen vor als das deutsche Recht (z.B. der PACS in Frankreich),<br />

so hat die Lebenspartnerschaft auch innerhalb Deutschlands nur diese geringeren Wirkungen. Es gilt also immer das<br />

„schwächere" Recht. In einem solchen Fall empfiehlt es sich, dass die Lebenspartner hier noch einmal eine Lebenspartnerschaft<br />

eingehen. Dann unterliegt ihre Lebenspartnerschaft in Deutschland dem deutschen Recht (siehe oben).<br />

Antje und Margaretha sind niederländische Staatsbürgerinnen und haben dort geheiratet. Außerdem haben sie zusammen<br />

ein Kind adoptiert. Die Familie verlegt ihren Wohnsitz nach Deutschland.<br />

Bleibt die gemeinschaftliche Adoption in Deutschland gültig<br />

Ja. Auch in Deutschland bleiben Antje und Margaretha gemeinsam in vollem Umfang sorgeberechtigt. Anders wäre es,<br />

wenn die beiden erst in Deutschland ein Kind hätten adoptieren wollen. Wegen Art. 17b Abs. 4 EGBGB könnten sie sich<br />

nicht auf das niederländische Recht und die dort vorgesehene gemeinschaftliche Adoptionsbefugnis berufen. Nur eine<br />

von ihnen könnte deshalb ein Kind adoptieren (siehe: 1.9.1.1. Keine gemeinschaftliche Adoption).<br />

Wird Antjes und Margarethas Ehe in Deutschland anerkannt<br />

Eine sehr problematische Frage. Art. 17b EGBGB kann hierauf keine Antwort liefern, da er nur Lebenspartnerschaften zum<br />

Regelungsgegenstand hat. Die Anerkennung einer Ehe richtet sich nach Art. 13 EGBGB, demzufolge es auf die Heimatrechte<br />

der Ehepartner ankommt. Wäre eine der beiden Ehegattinnen deutsche Staatsbürgerin, so würde ihre in den Niederlanden<br />

geschlossene Ehe hier in Deutschland als nicht anerkennungsfähige Nichtehe qualifiziert werden, da nach<br />

deutschem Recht die Eingehung einer Ehe zwischen Personen gleichen Geschlechts nicht möglich ist.<br />

Antje und Margaretha sind aber beide niederländische Staatsbürgerinnen. Nach der bisherigen Rechtslage würde die Anerkennung<br />

ihrer Ehe an Art. 6 EGBGB scheitern, mit der Begründung, dass die Anwendung des niederländischen Rechts<br />

gegen grundlegende Ordnungs- und Gerechtigkeitsvorstellungen des deutschen Rechts verstoßen würde. Inzwischen hat<br />

der deutsche Gesetzgeber aber mit der Verabschiedung des LPartG gleichgeschlechtliche Partnerschaften als schützenswert<br />

anerkannt. Die Anerkennung der Ehe von Antje und Margaretha kann deshalb, so meinen wir, nicht mehr unter Berufung<br />

auf Art. 6 EGBGB und der damit zusammenhängenden Argumentation verweigert werden. Zumindest müssen<br />

Antjes und Margarethas Ehe in Deutschland die Wirkung einer Lebenspartnerschaft zuerkannt werden. Das hat jetzt auch<br />

der Bundesfinanzhof so entschieden. Nach seiner Auffassung gehen die Wirkungen einer im Ausland geschlossenen<br />

gleichgeschlechtlichen Ehe aufgrund von Art. 17b Abs. 4 EGBGB nicht weiter als die einer Lebenspartnerschaft.<br />

9.BEI WELCHER BEHÖRDE KANN ICH UNSERE<br />

IM AUSLAND BEGRÜNDETE LEBENSPARTNERSCHAFT<br />

ANERKENNEN LASSEN<br />

Bei keiner. Es bedarf keines Anerkennungsverfahrens vor einer Behörde. Anerkennung bedeutet schlicht, dass deutsche<br />

Behörden und Gerichte, wenn es in einem Prozess oder sonstigem Verfahren gleich welcher Art auf das Bestehen einer<br />

im Ausland begründeten Lebenspartnerschaft ankommt, dieses Bestehen nach dem Recht des jeweiligen Staates zu beurteilen<br />

haben.<br />

10.WANN KÖNNEN LEBENSPARTNER IHRE STREITIGKEITEN<br />

VON EINEM DEUTSCHEN GERICHT ENTSCHEIDEN LASSEN<br />

Von Interesse sind hier nur sogenannte Lebenspartnerschaftssachen, wie z.B. die Aufhebung der Lebenspartnerschaft<br />

oder eine Unterhaltsklage (siehe den Abschnitt: 2. Lebenspartnerschaftssachen im Kapitel 3). Andere zivilrechtliche<br />

Streitigkeiten, wie z.B. aus einem zwischen den Lebenspartnern geschlossenen Mietvertrag, finden ihr zuständiges<br />

Gericht am Wohnsitz der beklagten Partei.<br />

Gemäß § 661 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 606a Abs. 1 ZPO kann eine internationale Lebenspartnerschaftssache vor einem deutschen<br />

Gericht dann anhängig gemacht werden, wenn<br />

• mindestens einer der Lebenspartner Deutscher ist oder es jedenfalls bei Begründung der Lebenspartnerschaft war<br />

oder<br />

44<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

INTERNATIONALES PRIVATRECHT


• mindestens einer der Lebenspartner seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort in Deutschland hat oder<br />

• die Lebenspartnerschaft in Deutschland eingetragen wurde.<br />

Es muss also nur eine der genannten Voraussetzungen vorliegen, um ein deutsches Gericht mit der Entscheidung einer<br />

solchen Streitigkeit befassen zu können.<br />

11.WERDEN AUSLÄNDISCHE GERICHTSURTEILE<br />

IN LEBENSPARTNERSCHAFTSSACHEN IN DEUTSCHLAND<br />

ANERKANNT<br />

Grundsätzlich ja. Die Anerkennung erfolgt auch hier „automatisch", also ohne einen besonderen behördlichen Anerkennungsakt.<br />

Die Anerkennung einer ausländischen Gerichtsentscheidung scheidet nur dann aus, wenn diese mit grundlegenden<br />

Ordnungs- und Gerechtigkeitsvorstellungen des deutschen Rechts unvereinbar ist oder aber der Grundsatz eines<br />

fairen Verfahrens nicht beachtet wurde.<br />

Unter Umständen kann es empfehlenswert sein, durch ein Gericht feststellen zu lassen, dass die ausländische Gerichtsentscheidung<br />

anzuerkennen ist (Feststellungsklage). Auf diese Weise kann man erreichen, dass fürderhin alle deutschen<br />

Gerichte diese Entscheidung anzuerkennen haben und nicht etwa nach eigener Prüfung der Rechtslage zu einem anderen<br />

Ergebnis kommen.<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

45<br />

INTERNATIONALES<br />

PRIVATRECHT


3.PROZESSRECHT UND KOSTEN<br />

INHALT 46-49<br />

1. VORBEMERKUNG<br />

2. LEBENSPARTNERSCHAFTSSACHEN<br />

3. WELCHES GERICHT IST ZUSTÄNDIG<br />

4. STUFENKLAGE<br />

5. EINSTWEILIGER RECHTSSCHUTZ<br />

6. MUSS ICH EINEN ANWALT NEHMEN<br />

7. DIE KOSTEN<br />

8. PROZESSKOSTENHILFE<br />

1.VORBEMERKUNG<br />

Muss ich unbedingt einen Anwalt nehmen An welches Gericht kann ich mich eigentlich wenden<br />

Solche und ähnliche Fragen sind Gegenstand des Prozessrechts. Im Folgenden soll versucht werden, die Leserin und den<br />

Leser mit einigen Grundbegriffen vertraut zu machen und ihm damit die wichtigsten Fragen zu beantworten, die er sich<br />

vor der Konsultation eines Rechtsanwalts stellen mag. Keinesfalls können hier auch nur annähernd alle Probleme des<br />

Prozessrechts besprochen werden. Ebenso kann die Berechnung der Kosten nur vom Prinzip her dargestellt werden. Es<br />

ist unmöglich, die Leserin oder den Leser hier in die Lage zu versetzen, die anfallenden Kosten schon vor dem Gang zum<br />

Rechtsanwalt selbst zu berechnen.<br />

Die Darstellung des Prozessrechts beschränkt sich außerdem auf Lebenspartnerschaftssachen. Streitverfahren im „normalen“<br />

Zivilrecht (Mietstreitigkeiten, Schadensersatz usw.) bleiben ausgeklammert.<br />

2.LEBENSPARTNERSCHAFTSSACHEN<br />

Hierbei handelt es sich um einen gesetzestechnischen Begriff. Seine Aufgabe im Gesetz besteht darin, bestimmte Arten<br />

von Streitigkeiten zusammenzufassen, um sie dem zuständigen Gericht und den anwendbaren Verfahrensvorschriften zuzuordnen.<br />

Hier also, man kann es erraten, alle Streitigkeiten, die den Bestand einer Lebenspartnerschaft betreffen oder<br />

aber unmittelbar mit ihr zusammenhängen.<br />

Im Einzelnen sind das folgende Gegenstände (§ 661 Abs. 1 ZPO):<br />

1. die Aufhebung der Lebenspartnerschaft (also das Pendant zur Scheidung bei Eheleuten),<br />

2. die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Lebenspartnerschaft,<br />

3. die Verpflichtung zur Fürsorge und Unterstützung in der partnerschaftlichen Lebensgemeinschaft,<br />

4. die elterliche Sorge für ein gemeinschaftliches Kind,<br />

5. die Regelungen des Umgangs mit einem gemeinschaftlichen Kind,<br />

6. die Herausgabe eines gemeinschaftlichen Kindes, für das die elterliche Sorge besteht,<br />

7. die gesetzliche Unterhaltspflicht für ein gemeinschaftliches minderjähriges Kind,<br />

8. die durch die Lebenspartnerschaft begründete gesetzliche Unterhaltspflicht,<br />

9. der Versorgungsausgleich der Lebenspartner (der Ausgleich von Anrechten auf Renten und andere Altersversorgung<br />

und Versorgung wegen verminderter Erwerbsfähigkeit),<br />

10. die Regelung der Rechtsverhältnisse an der gemeinsamen Wohnung und am Hausrat der Lebenspartner,<br />

11. Ansprüche aus dem lebenspartnerschaftlichen Güterrecht, auch wenn Dritte am Verfahren beteiligt sind<br />

(also vor allem der Ausgleich des Zugewinns beim Güterstand der Zugewinngemeinschaft),<br />

12. Entscheidungen nach §§ 1382 und 1383 BGB i.V.m. § 6 Satz 2 LPartG (Stundung der Ausgleichsforderung und<br />

Übertragung von Vermögensgegenständen unter Anrechung auf die Ausgleichsforderung).<br />

Von regelmäßig praktischer Bedeutung sind nur die fett gedruckten Punkte dieser Aufzählung. Die Punkte vier bis sieben<br />

betreffen nur gemeinschaftliche Kinder der Lebenspartner, können also nur nach der Adoption des Kindes eines Lebenspartners<br />

durch den anderen Lebenspartner („Stiefkindadoption“) auftreten.<br />

Bei den Punkten sieben bis zwölf spricht man, sofern eine entsprechende Regelung nur für den Fall der Aufhebung der<br />

Lebenspartnerschaft begehrt wird, von Folgesachen. In bestimmten Fällen können auch die Verfahren nach den Punkten<br />

vier bis sechs Folgesachen sein. Wird eine solche Folgesache, also z.B. das Begehren einer Unterhaltszahlung und/oder<br />

46<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

PROZESSRECHT UND KOSTEN


der Zuweisung der gemeinsamen Wohnung, während des laufenden Aufhebungsverfahrens in der ersten Instanz anhängig<br />

gemacht (also eingeklagt), so ordnet das Gesetz den sogenannten Verbund an. Der Verbund hat die Wirkung, dass<br />

über die Folgesachen nur gleichzeitig und gemeinsam mit der Aufhebung der Lebenspartnerschaft verhandelt und<br />

entschieden werden kann. Der Eintritt des Verbundes erfolgt automatisch und kann nicht ausgeschlossen werden. Auf<br />

diese Weise kann ein Lebenspartner verhindern, dass seine Partnerschaft aufgehoben wird, bevor über die Rechtsfolgen<br />

der Aufhebung entschieden ist.<br />

Keine Lebenspartnerschaftssachen sind die nicht gemeinschaftlichen Kinder (also nur die Kinder eines Lebenspartners)<br />

betreffenden Verfahren, die „andere Familiensachen“ nach § 621 ZPO sind, nämlich der Streit<br />

• um das kleine Sorgerecht für ein nicht gemeinschaftliches Kind (§ 9 Abs. 1 bis 4 LPartG, § 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO),<br />

• um das Umgangsrecht mit einem nicht gemeinschaftlichen Kind (§ 621 Abs. 1 Nr. 2 ZPO)<br />

• und um die Herausgabe eines nicht gemeinschaftlichen Kindes (§ 621 Abs. 1 Nr. 3 ZPO).<br />

Für diese Streitigkeiten ist wegen ihrer Einordnung unter die „anderen Familiensachen“ zwar auch das Familiengericht<br />

zuständig, sie können aber nicht mit Lebenspartnerschaftssachen im Verbund stehen, wenn sie während eines Aufhebungsverfahrens<br />

anhängig gemacht werden.<br />

3.WELCHES GERICHT IST ZUSTÄNDIG<br />

Das Prozessrecht bestimmt zusammen mit den Geschäftsordnungen der Gerichte genau, welcher Richter für welche<br />

Angelegenheit zuständig ist. Man spricht deshalb auch von dem gesetzlichen Richter. Man unterscheidet die sachliche,<br />

funktionelle und örtliche Zuständigkeit.<br />

Für die Aufhebung einer Lebenspartnerschaft ist das Amtsgericht (sachlich) als Familiengericht (funktionell) zuständig.<br />

Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsort der Lebenspartner. Leben<br />

beide Lebenspartner beispielsweise in Münster, so ist das Amtsgericht Münster als Familiengericht für die Aufhebung der<br />

Lebenspartnerschaft zuständig. Voraussetzung ist nicht, dass die Lebenspartner zusammen in einer Wohnung wohnen!<br />

Es genügt, dass sich beide innerhalb des Gerichtsbezirks aufhalten.<br />

Fehlt es an einem gemeinsamen Aufenthaltsort, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Lebenspartner<br />

ihren letzten gemeinsamen Aufenthaltsort hatten, sofern einer von ihnen sich immer noch dort aufhält.<br />

Matthias und Ansgar wohnten als eingetragene Lebenspartner zusammen in Würzburg. Ansgar trennte sich von<br />

Matthias und zog nach Nürnberg. Er möchte die Lebenspartnerschaft aufheben lassen.<br />

Zuständig ist hier das Amtsgericht Würzburg. Hatten die Lebenspartner nie einen gemeinsamen Aufenthaltsort, so ist<br />

das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat.<br />

Ulrike und Marie Luise sind eingetragene Lebenspartnerinnen. Ulrike lebt in Hamburg, Marie Luise in Frankfurt am<br />

Main. Ihre Berufstätigkeit erlaubte es ihnen nie, zusammen zu ziehen. Ulrike begehrt eines Tages die Aufhebung der<br />

Lebenspartnerschaft.<br />

Zuständig ist hier das Amtsgericht Frankfurt am Main. Begehren beide zusammen die Aufhebung, so ist das Gericht zuständig,<br />

bei dem die Sache zuerst anhängig wurde. Notfalls bestimmt das übergeordnete Gericht die Zuständigkeit.<br />

Im Verbund gilt die Zuständigkeit des Gerichts selbstverständlich auch für die Folgesachen. Wird aber z.B. von einem<br />

Lebenspartner nur die Zahlung von Unterhalt und nicht auch die Aufhebung der Lebenspartnerschaft begehrt (z.B. weil<br />

man davon zunächst absehen will oder weil die Lebenspartnerschaft längst aufgehoben ist), so richtet sich die örtliche<br />

Zuständigkeit nur nach dem Wohnsitz des zu verklagenden Lebenspartners. Sollte anschließend doch noch eine Aufhebung<br />

der Lebenspartnerschaft beantragt werden, so wird die Unterhaltssache an das für die Aufhebung zuständige<br />

Gericht verwiesen.<br />

4.STUFENKLAGE<br />

Erich möchte seine Lebenspartnerschaft mit Albert aufheben lassen. Neben Unterhaltszahlungen begehrt er auch<br />

den Ausgleich des Überschusses. Über die genauen Vermögensverhältnisse seines Partners weiß er aber nicht<br />

Bescheid. Er vermutet, dass Albert während der Lebenspartnerschaft durch Börsengeschäfte ein wesentlich größeres<br />

Vermögen erwirtschaftet hat, als er zugibt. Wie kann Erich den ihm zustehenden Überschuss erhalten<br />

Erich hat gegen Albert einen Auskunftsanspruch aus § 6 Satz 2 LPartG i.V.m. § 1379 BGB. Diesen Auskunftsanspruch kann<br />

er auf dem Klageweg durchsetzen. Das Gesetz bietet mit der Stufenklage die Möglichkeit, den Auskunftsanspruch mit<br />

dem Zahlungsanspruch zu verbinden. Mit der ersten Stufe der Klage wird Auskunft über die Vermögensverhältnisse verlangt.<br />

Nach erfolgter Auskunft kann dann die genaue Höhe des Überschusses berechnet werden und in der zweiten Stufe<br />

der Klage beantragt werden.<br />

Sinn und Zweck der Stufenklage ist, den Zahlungsanspruch schon rechtshängig machen zu können, noch ehe man dessen<br />

genaue Höhe kennt. Das heißt, die Anträge auf Auskunft und Zahlung werden in ein und demselben Schriftstück geltend<br />

gemacht, wobei die Höhe des Zahlungsanspruchs erst nachträglich – eben nach Auskunft – beziffert wird.<br />

Die Stufenklage steht im Verbund mit der Aufhebung der Lebenspartnerschaft, wenn, wie hier, der letzte Teil der Stufenklage<br />

eine Folgesache ist (nämlich der Ausgleich des Überschusses).<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

47<br />

PROZESSRECHT UND KOSTEN


5.EINSTWEILIGER RECHTSSCHUTZ<br />

Inge will ihre Lebenspartnerschaft mit Hildegard aufheben lassen. In dem schon laufenden Verfahren hat sie auch die<br />

Zahlung von Unterhalt beantragt. Sie benötigt diese Zahlungen aber schon jetzt sehr dringend und kann nicht bis zur<br />

Rechtskraft des Urteils warten.<br />

Hier besteht die Möglichkeit eines Antrags auf einstweilige Anordnung. Der Antrag wird bei dem Gericht gestellt, bei dem<br />

das Hauptverfahren anhängig ist.<br />

Das Gericht kann im Wege der einstweiligen Anordnung auf Antrag eines Lebenspartners regeln bzw. anordnen:<br />

• die elterliche Sorge für ein gemeinschaftliches Kind (§ 620 Nr. 1 ZPO entsprechend),<br />

• die Regelungen des Umgangs mit einem gemeinschaftlichen Kind (§ 620 Nr. 2 ZPO entsprechend),<br />

• die Herausgabe eines gemeinschaftlichen Kindes an den anderen Elternteil (§ 620 Nr. 3 ZPO entsprechend),<br />

• die Unterhaltspflicht für ein gemeinschaftliches minderjähriges Kind (§ 620 Nr. 4 ZPO entsprechend),<br />

• das Getrenntleben der Lebenspartner (§ 620 Nr. 5 ZPO entsprechend),<br />

• den Unterhalt eines Lebenspartners (§ 620 Nr. 6 ZPO entsprechend),<br />

• die Benutzung der gemeinsamen Wohnung und des Hausrats (§ 620 Nr. 7 ZPO entsprechend),<br />

• die Herausgabe und Benutzung der zum persönlichen Gebrauch eines Lebenspartners oder eines Kindes bestimmten<br />

Sachen (§ 620 Nr. 8 ZPO entsprechend),<br />

• die Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz (erforderliche Maßnahmen, wenn ein Beteiligter vorsätzlich den Körper,<br />

die Gesundheit oder die Freiheit einer anderen Person verletzt hat, z. B. ein Verbot, die Wohnung der verletzten Person<br />

zu betreten oder Verbindung zur verletzten Person aufzunehmen oder die befristete alleinige Überlassung der gemeinsamen<br />

Wohnung an die verletzte Person), wenn die Beteiligten einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt<br />

führen oder innerhalb von sechs Monaten vor der Antragstellung geführt haben (§ 620 Nr. 9 ZPO entsprechend),<br />

• die Zahlung eines Prozesskostenvorschusses für das Verfahren zur Aufhebung der Lebenspartnerschaft und die Folgesachen<br />

(§ 620 Nr. 10 ZPO entsprechend).<br />

Die einstweilige Anordnung wird erlassen, sofern die Angelegenheit tatsächlich eilbedürftig und der Anspruch gerechtfertigt<br />

ist. Sie stellt wie das Urteil einen Vollstreckungstitel dar, mit dem man notfalls den Gerichtsvollzieher beauftragen<br />

kann.<br />

Ist ein Verfahren zur Aufhebung der Lebenspartnerschaft noch nicht anhängig, so scheidet eine einstweilige Anordnung<br />

aus. Stattdessen bietet sich die Möglichkeit des Arrests für zukünftige Forderungen bzw. der einstweiligen Verfügung<br />

für bereits bestehende Ansprüche.<br />

Der Arrest kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Aufhebung der Lebenspartnerschaft in naher Zukunft beabsichtigt<br />

ist und der Antragsteller befürchten muss, durch Vermögensverfügungen größeren Ausmaßes von Seiten seines<br />

Lebenspartners um den Ausgleich des Überschusses gebracht zu werden.<br />

Mit einer einstweiligen Verfügung kann man bereits vor einem Hauptsacheverfahren die Zahlung von Unterhaltsleistungen<br />

durchsetzen. Der Antragssteller muss aber glaubhaft darlegen können, dass er ohne die einstweilige Zahlung von<br />

Unterhalt in eine Notlage geraten würde.<br />

Schließlich besteht die Möglichkeit, einen Prozesskostenvorschuss geltend zu machen. Das heißt, dass das Gericht auf Antrag<br />

die Leistung dieses Vorschusses durch den Unterhaltsverpflichteten anordnen kann.<br />

Zum Prozesskostenvorschuss siehe die Abschnitte: 7.2. Lebenspartnerschaftsunterhalt und 11.1. Trennungsunterhalt im<br />

Kapitel: 1. Die Lebenspartnerschaft.<br />

6.MUSS ICH EINEN ANWALT NEHMEN<br />

Das Gesetz ordnet für die Aufhebung einer Lebenspartnerschaft und die damit verbundenen Folgesachen Anwaltszwang<br />

an. Das heißt, ohne einen Anwalt können vor Gericht keine wirksamen Handlungen vorgenommen werden.<br />

Ist kein Verfahren zur Aufhebung der Lebenspartnerschaft anhängig, so besteht für Unterhaltsstreitigkeiten der Anwaltszwang<br />

nur in zweiter und dritter Instanz. Bei einem Streit um Hausrat und Wohnung besteht ohne anhängiges Aufhebungsverfahren<br />

in keiner Instanz ein Anwaltszwang.<br />

7.DIE KOSTEN<br />

Die Kosten berechnen sich nach dem Gerichtskostengesetz und dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Diese Vorschriften<br />

setzen bestimmte Gebühren fest, wobei sich die Höhe einer Gebühr nach der Höhe des Streitwertes richtet. Außerdem<br />

können unterschiedlich viele Gebühren anfallen. Aus diesen Gründen ist es auch, wie eingangs erwähnt, nicht möglich,<br />

dem Leser hier eine Tabelle zur genauen Berechnung seiner Kosten zu bieten.<br />

Die Höhe des Streitwerts eines Verfahrens zur Aufhebung der Lebenspartnerschaft wird mit dem Nettoeinkommen veranschlagt,<br />

das beide Partner in drei Monaten erzielen.<br />

Für die Verfahren über die elterliche Sorge und die Umgangsregelung für ein gemeinschaftliches Kind und über die<br />

Herausgabe eines gemeinschaftlichen Kindes gilt, wenn es sich um eine Folgesache handelt, ein Wert von 900 Euro, sonst<br />

3.000 Euro.<br />

48<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

PROZESSRECHT UND KOSTEN


Bei einem Verfahren über die durch die Lebenspartnerschaft begründete gesetzliche Unterhaltspflicht und über die<br />

gesetzliche Unterhaltspflicht für ein gemeinschaftliches minderjähriges Kind gilt als Streitwert der Jahresbetrag des geforderten<br />

Unterhalts. Eventuell beantragte Nachzahlungen, also Unterhaltsleistungen, die schon vor dem Zeitpunkt der<br />

Klageerhebung fällig waren, werden hinzugerechnet.<br />

Für den Versorgungsausgleich ist ein Betrag von 1.000 Euro maßgebend; unterliegen dem Ausgleich verschiedene Arten<br />

von Anrechten, so beträgt der Wert 2.000 Euro.<br />

Als Streitwert eines Verfahrens über die Rechtsverhältnisse an der gemeinsamen Wohnung gilt der einjährige Mietwert.<br />

Im Güterrecht (Zugewinnausgleich) ist der Streitwert schlicht die Höhe des geforderten Geldbetrages.<br />

Margit will ihre Lebenspartnerschaft mit Julia aufheben lassen. Außerdem begehrt sie von Julia die Zahlung eines<br />

monatlichen Unterhalts in Höhe von 250 Euro, wobei sie auch eine Nachzahlung für drei Monate vor der Klageerhebung<br />

geltend macht, und einen Zugewinnausgleich in Höhe von 15.000 Euro. Ferner sind Versorgungsansprüche aus<br />

der gesetzlichen Rentenversicherung auszugleichen. Das monatliche Nettoeinkommen von Margit beträgt 1.000 Euro,<br />

das von Julia 2.000 Euro.<br />

Die Höhe des Streitwertes für dieses Verbundverfahren berechnet sich wie folgt:<br />

• für die Aufhebung der Lebenspartnerschaft das Nettoeinkommen beider Partner in drei Monaten,<br />

hier also 3 x 3.000 Euro = 9.000 Euro,<br />

• für die Unterhaltszahlung der Jahresbetrag zuzüglich der Nachzahlung, also 15 x 250 Euro = 3.750 Euro,<br />

• für den Ausgleich des Zugewinns dessen Höhe, also 15.000 Euro,<br />

• für den Versorgungsausgleich ein Pauschalbetrag von 1.000 Euro<br />

Der Streitwert dieses Verbundverfahrens beträgt also insgesamt 28.750 Euro.<br />

Anhand des ermittelten Streitwerts kann nun die Höhe einer Gebühr ermittelt werden. In unserem Beispiel beträgt die<br />

Höhe einer Gerichtsgebühr 340 Euro, die Höhe einer Rechtsanwaltsgebühr 758 Euro.<br />

Wie viele Gebühren anfallen, kommt auf den Verlauf des Verfahrens an. Ergeht im obigen Beispiel ein Urteil mit Begründung,<br />

so fallen zwei Gerichtsgebühren für das Verfahren im Allgemeinen an. Die Gerichtskosten belaufen sich hier also<br />

auf 680 Euro.<br />

Der Rechtsanwalt erhält für das Betreiben des Geschäfts im Allgemeinen die sog. Verfahrensgebühr mit einem Satz von 1,3<br />

einer vollen Gebühr (im Beispiel also im Betrag von 985,40 Euro) und eine weitere, die Terminsgebühr, für die Vertretung in<br />

einem gerichtlichen Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin mit einem Satz von 1,2 einer vollen Gebühr<br />

(im Beispiel also im Betrag von 909,60 Euro). Die Anwaltskosten belaufen sich in obigem Beispiel also auf 1.895 Euro.<br />

Hinzu kommen Auslagen des Gerichts für Zustellungen und Auslagen des Rechtsanwalts für Post und Telekommunikation<br />

(gewöhnlich 20 % der Gebühren, höchstens 20 Euro als Pauschale) sowie die Mehrwertsteuer des Rechtsanwalts und<br />

eventuelle Reisekosten.<br />

Wer die Kosten zu tragen hat, bestimmt das Gericht. In einem Verfahren zur Aufhebung der Lebenspartnerschaft wird im<br />

Normalfall jede Partei die Hälfte der Gerichtskosten und die eigenen Anwaltskosten zu zahlen haben.<br />

Die Gerichtsgebühr hat der Antragsteller normalerweise im Voraus zu leisten.<br />

8.PROZESSKOSTENHILFE<br />

Die Prozesskostenhilfe stellt einen Sonderfall der Sozialhilfe dar. Sie wird auf Antrag vom Gericht bewilligt, wenn die Partei<br />

die Kosten nicht aufbringen kann. Da das Einkommen und Vermögen der Partei gegenüber der Prozesskostenhilfe vorrangig<br />

ist, kann das Gericht mit deren Gewährung eine monatliche Ratenzahlung durch die Partei anordnen. Die Ratenzahlung<br />

kann bei Änderung der Einkommens- und Vermögenslage entsprechend geändert werden. Werden bei Antragstellung<br />

zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen falsche Angaben gemacht, kann die Prozesskostenhilfe wieder<br />

entfallen. Gleiches gilt, wenn die Partei mit einer Ratenzahlung länger als drei Monate rückständig ist.<br />

Mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe entfällt die Verpflichtung zur Vorauszahlung der Gerichtsgebühr. Ist eine Ratenzahlung<br />

angeordnet, muss die erste Rate gezahlt werden.<br />

Die Kosten des Rechtsanwalts trägt die Landeskasse.<br />

Wenn ein Lebenspartner gegen seinen Partner Anspruch auf Prozesskostenvorschuss hat, erhält er vom Staat keine Prozesskostenhilfe.<br />

Zum Prozesskostenvorschuss siehe die Abschnitte: 7.2. Lebenspartnerschaftsunterhalt und 11.1. Trennungsunterhalt<br />

im Kapitel: 1. Die Lebenspartnerschaft.<br />

Achtung: Ordnet das Gericht im Urteil an, dass der gegnerischen Partei die entstandenen Kosten zu ersetzen sind, so befreit<br />

auch die Prozesskostenhilfe nicht von dieser Verpflichtung.<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

49<br />

PROZESSRECHT UND KOSTEN


4.MIETRECHT<br />

INHALT 50-53<br />

1. KÖNNEN WIR UNS BEI DER WOHNUNGSSUCHE GEGEN<br />

DISKRIMINIERUNG WEHREN<br />

2. ICH WILL MEINEN PARTNER IN MEINE WOHNUNG AUFNEHMEN.<br />

3. TRENNUNG UND AUFHEBUNG: WER DARF IN DER WOHNUNG BLEIBEN<br />

4. MUSS ICH AUSZIEHEN, WENN MEIN PARTNER STIRBT<br />

5. MUSS DER VERMIETER DEN EINTRITT DES LEBENSPARTNERS<br />

ODER -GEFÄHRTEN, DER NICHT MIETER WAR, GENEHMIGEN<br />

6. ICH BIN SELBST VERMIETER. KANN ICH MEINEM MIETER KÜNDIGEN, WENN ICH<br />

DIE WOHNUNG FÜR MEINEN LEBENSPARTNER/-GEFÄHRTEN BRAUCHE<br />

Lebenspartner bewohnen oft eine gemeinsame Mietwohnung. Die frühere Situation von schwulen und lesbischen Paaren<br />

gegenüber dem Vermieter war oft nicht zufrieden stellend. Durch das Lebenspartnerschaftsgesetz und das am<br />

01.09.2001 in Kraft getretene Mietrechtsreformgesetz hat sich dies geändert. Nicht nur eingetragene Lebenspartner, sondern<br />

auch Schwule und Lesben in "wilder Partnerschaft" genießen nun den Schutz einzelner Vorschriften des Mietrechts.<br />

Im Folgenden wird daher zwischen Lebenspartnern und Lebensgefährten unterschieden.<br />

1.KÖNNEN WIR UNS BEI DER WOHNUNGSSUCHE<br />

GEGEN DISKRIMINIERUNG WEHREN<br />

Nein. Die Schutzvorschriften des Mietrechts eröffnen keine Möglichkeit, den Vermieter zu einem Vertragsabschluss zu<br />

zwingen. Der Vermieter kann sich durchaus weigern, an Schwule und Lesben zu vermieten, auch wenn diese eine Lebenspartnerschaft<br />

eingegangen sind. Den Wohnungssuchenden trifft jedoch keine Pflicht, von sich aus darauf hinzuweisen,<br />

dass er mit seinem Partner einzuziehen gedenkt.<br />

Felix und Andreas führen seit einem Jahr eine feste Beziehung und möchten zusammenziehen. Felix stellt sich zu diesem<br />

Zweck bei dem Vermieter M. Apostel vor. Während der Wohnungsbesichtigung überreicht ihm dieser einen<br />

"Selbstauskunftsbogen", in welchem nach dem Miteinzug weiterer Personen gefragt wird. Da Felix richtigerweise zu<br />

der Überzeugung gelangt ist, dass M. Apostel die Wohnung nie an ein schwules Paar vermieten würde, gibt er an, die<br />

Wohnung alleine beziehen zu wollen. Der Mietvertrag wird daraufhin von beiden unterzeichnet. Zwei Wochen später<br />

zieht Felix zusammen mit Andreas in die Wohnung ein.<br />

Hier hatte der Vermieter explizit nachgefragt und eine falsche Antwort erhalten. Er kann deshalb den Mietvertrag anfechten,<br />

mit der Wirkung, dass dieser als nicht abgeschlossen gilt. Felix und Andreas müssten dann die Wohnung wieder verlassen.<br />

Hätte der Vermieter jedoch von Felix keinerlei Auskünfte verlangt, so bliebe ihm die Möglichkeit der Anfechtung<br />

verwehrt. Der Mietvertrag behielte seine Gültigkeit.<br />

Felix und Andreas haben sich erneut auf Wohnungssuche begeben. Die Vermieterin Lilo Lieblich überrascht sie mit der<br />

Frage, ob sie denn beide Vertragspartner des Mietvertrages werden wollen.<br />

Es macht einen erheblichen Unterschied, ob beide zusammen oder nur einer von ihnen Vertragspartner wird. Nur der<br />

Vertragspartner kann vom Vermieter die Überlassung der Wohnräume fordern oder die Durchführung von Instandsetzungsarbeiten<br />

verlangen. Umgekehrt kann der Vermieter nur von ihm die Miete einfordern.<br />

Felix und Andreas wollen beide Vertragspartner werden. Ihre Namen werden in die Vertragsurkunde aufgenommen,<br />

die sie beide unterschreiben.<br />

Jeder von den beiden hat nun alle Rechte und Pflichten aus dem Vertrag. Deshalb kann die Vermieterin auch von jedem<br />

einzelnen allein die Zahlung der gesamten Miete verlangen.<br />

Ein paar Tage nach Vertragsschluss verlangt Lilo Lieblich von Andreas die Zahlung der ersten Monatsmiete.<br />

Dieser kann nicht einwenden, er müsse nur für die Hälfte der Miete aufkommen. Er muss den ganzen Betrag zahlen. Die<br />

Aufteilung der Mietkosten ist allein die Sache von Felix und Andreas. Dies gilt sogar dann, wenn sich die beiden irgendwann<br />

trennen sollten.<br />

Felix ist nach einem heftigen Streit ausgezogen. Da Lilo Lieblich von Andreas keine Mietzahlungen erhält, wendet sie<br />

sich an Felix.<br />

Dieser muss zahlen. Felix hat auch keine Möglichkeit, sich alleine aus dem Mietvertrag zu lösen. Eine Kündigung kann nur<br />

durch beide gemeinsam gegenüber Frau Lieblich erklärt werden. Da die beiden jedoch keine Lebenspartnerschaft eingegangen<br />

sind, kann Felix von Andreas nach den Regeln einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB) die Zustimmung<br />

zur gemeinsamen Kündigung verlangen und notfalls einklagen. Anders wäre es, wenn eine Lebenspartnerschaft<br />

bestünde (siehe unten Abschnitt 3.) Wäre Felix selber nicht Vertragspartei geworden, würde sein Auszug selbstverständlich<br />

keine Probleme nach sich ziehen.<br />

50<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

MIETRECHT


Wichtig: Sollen beide Partner Parteien des Mietvertrages werden, müssen auch beide im Vertrag als solche bezeichnet<br />

werden. Außerdem müssen beide den Vertrag unterzeichnen. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Lebenspartnerschaft<br />

eingegangen wurde oder nicht.<br />

2.ICH WILL MEINEN PARTNER IN MEINE<br />

WOHNUNG AUFNEHMEN.<br />

Hier kommt es darauf an, ob eine Lebenspartnerschaft eingegangen wurde oder nicht.<br />

Susanne bewohnt seit 1997 eine geräumige Mietwohnung in Mannheim. Am 15. September 2001 geht sie mit ihrer<br />

Freundin Petra die eingetragene Lebenspartnerschaft ein. Petra wohnte bisher in Frankfurt, möchte nun aber ihr<br />

Leben zusammen mit Susanne in Mannheim verbringen. Susanne fragt sich, ob sie ihren Vermieter für den Einzug Petras<br />

in ihre Wohnung um Erlaubnis bitten muss.<br />

Nein. Die Aufnahme des Lebenspartners in die Mietwohnung stellt einen vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache dar.<br />

Es muss keine Erlaubnis des Vermieters eingeholt werden. Erforderlich ist nur, dass dem Vermieter der Einzug des Lebenspartners<br />

bekannt gemacht wird.<br />

Wie verhält es sich, wenn keine Lebenspartnerschaft eingegangen wurde<br />

Thomas bewohnt schon seit mehreren Jahren alleine eine andere Mietwohnung, die M. Apostel gehört. Auf einer<br />

Geburtstagsparty lernt er Roland kennen, in den er sich verliebt. Die beiden möchten zusammen in Thomas Wohnung<br />

leben.<br />

Da er mit Roland keine Lebenspartnerschaft begründet hat, muss Thomas hier die Erlaubnis des Vermieters einholen.<br />

Und zwar unabhängig davon, ob sich Roland an den Mietkosten beteiligt oder nicht. Holt Thomas die Erlaubnis nicht ein,<br />

so ist M. Apostel berechtigt, ihm fristlos zu kündigen.<br />

Thomas erbittet von M. Apostel die Erlaubnis, Roland in die Wohnung aufnehmen zu dürfen. Dieser reagiert empört. Er<br />

werde seine Erlaubnis hierzu unter gar keinen Umständen erteilen.<br />

Das Gesetz gibt dem Mieter in § 553 Abs. 1 BGB die Möglichkeit, vom Vermieter die Erlaubniserteilung zu verlangen, wenn<br />

an der Aufnahme einer dritten Person ein berechtigtes Interesse besteht. Soll der Lebensgefährte in die Wohnung aufgenommen<br />

werden, ist ein solches berechtigtes Interesse gegeben. Allerdings gilt dies nur, wenn das „Interesse" an der Aufnahme<br />

des Lebensgefährten in die Mietwohnung eindeutig nach dem Abschluss des Mietvertrages entstanden ist. Dies<br />

führt immer dann zu Problemen, wenn auf Grund des geringen Abstands zwischen dem Mietvertragsabschluss und der<br />

Aufnahme des Lebensgefährten die Vermutung nahe liegt, dass die Aufnahme von vorne herein geplant war und nur deshalb<br />

verschwiegen wurde, weil der Mieter mit dem Widerstand des Vermieters rechnete.<br />

Die Erlaubniserteilung kann notfalls auf dem Weg der Klage erreicht werden. Thomas kann also von M. Apostel die Erteilung<br />

der Erlaubnis verlangen.<br />

M. Apostel bleibt hart. Thomas entschließt sich dazu, Roland einfach in seine Wohnung aufzunehmen. Darauf reagiert<br />

M. Apostel mit einer fristlosen Kündigung.<br />

Zu dieser Kündigung war der Vermieter tatsächlich berechtigt, da Roland gegen seinen erklärten Willen in die Wohnung<br />

aufgenommen wurde. Da Thomas jedoch ein berechtigtes Interesse i.S.d. § 553 Abs. 1 BGB geltend machen kann, wird<br />

diese Kündigung als unwirksam betrachtet. M. Apostel wird es also nicht gelingen, durch eine Klage die Räumung der<br />

Wohnung zu erzwingen.<br />

Würde es aber zu einer Überbelegung der Wohnung kommen, so könnte M. Apostel seine Erlaubnis mit Recht verweigern.<br />

Ebenso, wenn in der Person des Roland ein wichtiger Grund vorhanden wäre, der zur Erlaubnisverweigerung berechtigte.<br />

Die sexuelle Identität, Nationalität, Erkrankung an AIDS oder Arbeitslosigkeit stellen aber keinen wichtigen Grund dar. Ein<br />

solcher würde z.B. vorliegen, wenn eine mutwillige Störung des Hausfriedens oder aber mutwillige Beschädigungen an<br />

der Wohnung ernsthaft zu befürchten wären.<br />

Unter Umständen kann M. Apostel nach § 553 Abs. 2 BGB seine Erlaubniserteilung aber von der Zustimmung zu einer<br />

angemessenen Mieterhöhung abhängig machen.<br />

3.TRENNUNG UND AUFHEBUNG:<br />

WER DARF IN DER WOHNUNG BLEIBEN<br />

Auch hier macht es einen bedeutenden Unterschied, ob es Lebenspartner oder Lebensgefährten sind, die sich trennen.<br />

Leben Lebenspartner getrennt oder will einer von ihnen getrennt leben, so kann ein Lebenspartner verlangen, dass ihm<br />

der andere die gemeinsame Wohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung überlässt, soweit dies notwendig ist, um<br />

eine schwere Härte zu vermeiden (§ 14 LPartG). Darüber entscheidet das Familiengericht. Seine Entscheidung gilt bis zur<br />

Rechtskraft des Aufhebungsurteils.<br />

Können sich die Lebenspartner anlässlich der Aufhebung ihrer Partnerschaft nicht über die gemeinsame Wohnung einigen,<br />

kann das Familiengericht die Wohnung einem der beiden zur alleinigen Benutzung zuweisen (§ 18 LPartG). Waren<br />

beide Partner Mieter der Wohnung, so bestimmt das Gericht, wer von beiden das Mietverhältnis alleine fortsetzen darf.<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

51<br />

MIETRECHT


Wenn nur einer der Lebenspartner Vertragspartei des Mietvertrages war, so kann das Gericht sogar bestimmen, dass der<br />

andere in das Mietverhältnis eintreten soll. Der ursprüngliche Mieter muss dann die Wohnung verlassen.<br />

Ist einer der beiden Lebenspartner Eigentümer der gemeinsam bewohnten Wohnung, so kann das Gericht nach § 18 Abs.<br />

2 LPartG für den anderen Lebenspartner ein Mietverhältnis an der Wohnung begründen, wenn der Verlust der Wohnung<br />

für diesen eine unbillige Härte darstellen würde. Die Lebenspartner würden sich dann nach Aufhebung ihrer Partnerschaft<br />

als Mieter und Vermieter gegenüberstehen.<br />

Bei Lebensgefährten findet das Lebenspartnerschaftsgesetz natürlich keine Anwendung. Eine gerichtliche Wohnungszuweisung<br />

scheidet damit aus.<br />

Hier kommt es entscheidend darauf an, ob beide Lebensgefährten Parteien des Mietvertrages waren oder nicht.<br />

Waren sie beide Vertragsparteien, müssen sie in Absprache mit dem Vermieter selbst bestimmen, wer von ihnen das Mietverhältnis<br />

in Zukunft alleine fortsetzen soll. Können sie sich nicht einigen, bleibt ihnen nur die gemeinschaftliche Kündigung.<br />

Die Zustimmung zu einer solchen kann der eine notfalls vom anderen per Klage erzwingen (s.o. am Beispiel von<br />

Felix und Andreas).<br />

Ist nur einer Mieter oder Eigentümer der Wohnung, muss im Falle der Trennung natürlich der andere die Wohnung verlassen.<br />

Der Mieter oder Eigentümer darf den anderen aber nicht einfach aussperren, sondern muss gegen ihn ein Räumungsurteil<br />

erwirken und mit der Vollstreckung einen Gerichtsvollzieher beauftragen.<br />

Gegen unzulässige Eigenmacht (Auswechseln der Türschlösser) kann der andere eine einstweilige Verfügung erwirken.<br />

4.MUSS ICH AUSZIEHEN, WENN MEIN PARTNER STIRBT<br />

Nein. Waren beide Partner Vertragsparteien des Mietvertrages, so führt der überlebende Partner ganz einfach das<br />

Mietverhältnis alleine fort. Unabhängig davon, ob eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen worden war oder<br />

nicht (§ 563a Abs. 1 BGB). Aber auch wenn der verstorbene Partner alleine Mieter der Wohnung war, muss der Überlebende<br />

diese nicht verlassen.<br />

Dorothee und Judith sind eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen und wohnen zusammen mit den zwei<br />

Söhnen von Dorothee in einer Mietwohnung. Mieterin ist allein Dorothee. Eines Tages kommt Dorothee durch einen<br />

tragischen Autounfall zu Tode.<br />

Hier bestimmt das Gesetz in § 563 Abs. 1 Satz 2 BGB, dass der überlebende Lebenspartner in das Mietverhältnis eintritt.<br />

Voraussetzung ist aber, dass er schon vor dessen Tod mit diesem zusammen in der Wohnung gelebt hat. Bei Judith ist das<br />

der Fall. Sie tritt in das Mietverhältnis ein und kann in der Wohnung bleiben. Allerdings wird sie nicht die alleinige Mieterin<br />

der Wohnung sein. Das Gesetz bestimmt nämlich auch, dass die Kinder des verstorbenen Mieters neben dem Lebenspartner<br />

in das Mietverhältnis eintreten (§563 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB). Auch hier ist aber Voraussetzung, dass die Kinder zusammen<br />

mit den Lebenspartnern in der Wohnung gelebt haben. Dorothees Söhne lebten von Anfang an mit ihrer Mutter<br />

und Judith zusammen in der Wohnung. Sie treten nun neben Judith in das Mietverhältnis ein.<br />

Anmerkung: Bei Eheleuten treten in einem vergleichbaren Fall die Kinder nicht in das Mietverhältnis ein. Lebenspartner<br />

sind insofern also schlechter gestellt als Eheleute.<br />

Auch der überlebende Lebensgefährte kann in das Mietverhältnis eintreten, sofern er mit dem verstorbenen Mieter<br />

einen gemeinsamen Haushalt geführt hatte und nicht ein in der Wohnung lebender Ehegatte oder Lebenspartner in das<br />

Mietverhältnis eintritt (§ 563 Abs. 2 Satz.4 BGB)<br />

Cornelia ist verheiratet, hatte sich von ihrem Mann aber getrennt, als sie ihre Liebe zu Melanie entdeckte. Sie mietete<br />

eine Wohnung an, die sie zusammen mit Melanie bezog. Von einer Scheidung wurde zunächst abgesehen. Ein Jahr<br />

später stirbt Cornelia völlig überraschend an Herzversagen.<br />

Hier tritt nach § 563 Abs. 2 Satz 4 BGB ganz klar Melanie in das Mietverhältnis ein, da sie mit Cornelia in dieser Wohnung<br />

zusammen einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt geführt hat. Der Ehemann von Cornelia kann sie nicht aus<br />

der Mietwohnung verdrängen, selbst wenn er deren Alleinerbe wäre.<br />

Wichtig: Die eben beschriebenen gesetzlichen Regelungen über den Eintritt des Lebenspartners oder des Lebensgefährten<br />

in das Mietverhältnis nach dem Tod des Mieters sind unabdingbar. Eine Bestimmung im Mietvertrag, die einen solchen<br />

Eintritt ausdrücklich ausschließt, ist kraft Gesetztes unwirksam (§ 563 Abs. 5 BGB). Gleiches gilt für die Regelung bezüglich<br />

der Fortsetzung des Mietverhältnisses durch den Überlebenden, wenn beide Mieter waren (§ 563a Abs. 3 BGB).<br />

Die in das Mietverhältnis eintretenden Personen haften dem Vermieter neben den Erben des verstorbenen Mieters für die<br />

bis zu dessen Tode angefallenen Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis, wie z.B. Mietschulden (§ 563b Abs. 1 BGB).<br />

Werden sie vom Vermieter hierfür tatsächlich in Anspruch genommen, so können sie von den Erben Ersatz verlangen.<br />

Cornelia ist noch zwei Monatsmieten schuldig gewesen.<br />

Der Vermieter kann sich zur Begleichung der Schuld wahlweise an die Erben Cornelias oder an Melanie wenden. Verlangt<br />

er von Melanie Zahlung, kann diese von den Erben entsprechenden Ersatz verlangen. Sie kann jedoch nicht den Vermieter<br />

an die Erben verweisen und selber die Zahlung verweigern.<br />

Selbstverständlich ist der überlebende Lebenspartner oder -gefährte nicht gezwungen, die Wohnung beizubehalten.<br />

52<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

MIETRECHT


Innerhalb eines Monats, von dem Zeitpunkt an gerechnet, zu dem ihm der Tod des Partners oder Gefährten bekannt<br />

wurde, kann der Überlebende, der bisher nicht selbst Mieter war, gegenüber dem Vermieter erklären, dass er nicht in das<br />

Mietverhältnis eintreten wolle (§ 563 Abs. 3 Satz1 BGB). Der Eintritt gilt dann als von Anfang an nicht erfolgt.<br />

Waren beide Lebenspartner oder -gefährten Mieter der Wohnung, so kann der überlebende das Mietverhältnis ebenfalls<br />

innerhalb eines Monats, gerechnet ab dem oben genannten Zeitpunkt, außerordentlich kündigen.<br />

5.MUSS DER VERMIETER DEN EINTRITT DES LEBENSPARTNERS<br />

ODER -GEFÄHRTEN, DER NICHT MIETER WAR, GENEHMIGEN<br />

Nein, der Eintritt vollzieht sich kraft Gesetzes. Der Vermieter kann aber das Mietverhältnis kündigen, sofern in der Person<br />

des Eintretenden ein ihn dazu berechtigender wichtiger Grund vorliegt (§ 563 Abs. 4 BGB). Ein solch wichtiger Grund<br />

kann z.B. vorliegen, wenn der Eintretende den Hausfrieden in der Vergangenheit nachhaltig gestört oder beträchtliche<br />

Schäden an der Mietsache verursacht hatte. Auch die Zahlungsunfähigkeit des Eintretenden stellt hier einen wichtigen<br />

Grund dar.<br />

Die Kündigung des Vermieters ist dann innerhalb eines Monats von dem Zeitpunkt an zulässig, zu dem dieser von der<br />

Endgültigkeit des Eintritts des Lebenspartners oder -gefährten erfahren hat. Endgültig ist der Eintritt in das Mietverhältnis<br />

dann, wenn der Lebenspartner oder -gefährte seinerseits die Monatsfrist hat verstreichen lassen, innerhalb derer er<br />

hätte erklären können, das Mietverhältnis nicht fortsetzen zu wollen (s.o.).<br />

6.ICH BIN SELBST VERMIETER. KANN ICH MEINEM MIETER<br />

KÜNDIGEN, WENN ICH DIE WOHNUNG FÜR<br />

MEINEN LEBENPARTNER/-GEFÄHRTEN BRAUCHE<br />

Für den Lebenspartner ist eine solche Eigenbedarfskündigung ohne weiteres möglich, da gemäß § 11 Abs. 1 LPartG der<br />

Lebenspartner als Familienangehöriger gilt. Nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB kann der Vermieter für Familienangehörige<br />

Eigenbedarf an einer vermieteten Wohnung geltend machen und deshalb dem Mieter kündigen. Voraussetzung ist allein,<br />

dass die Wohnung für den Lebenspartner benötigt wird. Es ist nicht erforderlich, dass die Lebenspartner darin zusammen<br />

wohnen wollen.<br />

Martin und Wolfgang sind Lebenspartner und wohnen zusammen. Nach etlichen Beziehungsschwierigkeiten beschließen<br />

sie, getrennt zu wohnen. Martin kündigt deshalb seine an H. Kunz vermietete Wohnung, um sie Wolfgang zur Verfügung<br />

stellen zu können.<br />

Die Lebenspartner Peter und Steffen hingegen wollen von Anfang an nicht zusammen in einer Wohnung leben. Steffen<br />

soll vielmehr in Peters Haus eine eigene Wohnung beziehen. Zu diesem Zweck kündigt Peter seiner Mieterin Cordula W.<br />

Der Vermieter kann selbstverständlich auch dann wegen Eigenbedarf kündigen, wenn er zusammen mit seinem Lebensgefährten<br />

die betreffende Wohnung beziehen will.<br />

Soll der Lebensgefährte allein in die Wohnung einziehen, so kann der Vermieter dem dort noch wohnenden Mieter nur<br />

dann wegen Eigenbedarfs kündigen, wenn der Lebensgefährte bis dahin zusammen mit dem Vermieter in dessen Haushalt<br />

gelebt hat.<br />

In jedem Fall muss der Vermieter seine Kündigung dem Mieter gegenüber detailliert begründen. Ein Schreiben mit dem<br />

schlichten Inhalt "wegen Eigenbedarf" reicht nicht aus. Vielmehr muss der Vermieter dem Mieter genau mitteilen, für<br />

wen und warum er die Wohnung braucht (§ 573 Abs. 3 BGB).<br />

Der Mieter kann einer solchen Kündigung allerdings widersprechen, wenn sie für ihn, einen Familienangehörigen oder<br />

einem sonstigen Angehörigen seines Haushalts (Lebensgefährte) eine besondere Härte darstellt (§ 574 Abs. 1 BGB). Ein<br />

solcher Widerspruch muss gemäß § 574b BGB schriftlich spätestens zwei Monate vor dem Ablauf der Kündigungsfrist<br />

erklärt werden. Das Recht dazu kann nicht vertraglich ausgeschlossen werden.<br />

Cordula W. widerspricht der Kündigung mit der Begründung, dass ihr Lebensgefährte, ein Medizinstudent, in neun<br />

Monaten sein zweites Staatsexamen schreiben müsse.<br />

Peter muss nun für Steffen eine andere Wohnung suchen.<br />

Siehe auch den Abschnitt: 7. Wohngeld und Wohnberechtigungsschein im Kapitel 6.<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

53<br />

MIETRECHT


5.SOZIALVERSICHERUNG<br />

INHALT 54-57<br />

1. GESETZLICHE KRANKEN- UND PFLEGEVERSICHERUNG<br />

2. RENTENVERSICHERUNG<br />

2.1. Kleine und große Witwen- und Witwerrente<br />

2.2. Anrechnung eigenen Einkommens<br />

2.3. Rentensplitting<br />

2.4. Neue Lebenspartnerschaft<br />

3.ERZIEHUNGSRENTE<br />

4.VERSORGUNGSWERKE DER KAMMERN DER FREIEN BERUFE<br />

5.UNFALLVERSICHERUNG<br />

1.GESETZLICHE KRANKEN- UND PFLEGEVERSICHERUNG<br />

In der gesetzlichen Krankenversicherung werden bei der Ermittlung der Belastungsgrenze für Zuzahlungen Lebenspartner<br />

wie Ehegatten behandelt. Wenn der Versicherte mit seinem Ehegatten oder Lebenspartner in einem gemeinsamen<br />

Haushalt lebt, werden zu seinen Bruttoeinnahmen die Bruttoeinnahmen seines Lebenspartners hinzugerechnet. Von den<br />

jährlichen Bruttoeinnahmen des Lebenspartners werden 15 % der jährlichen Bezugsgröße abgesetzt, das sind 2005 in<br />

den alten Bundesländern (15 % von 28.980,00 Euro =) 4.347,00 Euro und in den neuen Bundesländern (15 % von<br />

24.360,00 Euro =) 3654,00 Euro. Das ergibt dann die Belastungsgrenze.<br />

Verfügt ein Lebenspartner über kein nennenswertes eigenes Einkommen (2005: in den alten Bundesländern bis zu<br />

345,00 Euro monatlich, in den neuen Bundesländern bis zu 290,00 Euro monatlich, für geringfügig Beschäftigte bis zu<br />

400,00 Euro monatlich), so wird er in die beitragsfreie Familienversicherung seines Partners mit einbezogen.<br />

Soweit das versicherte Mitglied Kinder seines Lebenspartners überwiegend unterhält, sind auch diese beitragsfrei mitversichert.<br />

Gleiches gilt auch für die Pflegeversicherung. Der Versicherungsschutz erstreckt sich auch bei einer privaten Pflegeversicherung<br />

auf den Lebenspartner, sofern die Voraussetzungen (kein eigenes Einkommen) vorliegen. Allerdings erheben<br />

die Kassen dafür einen geringen Beitrag<br />

Studenten, die in einer Lebenspartnerschaft leben, werden in die beitragsfreie Familienversicherung ihrer Eltern nur einbezogen,<br />

wenn ihre Lebenspartner versichert sind. Ist das nicht der Fall, sind die Studenten versicherungspflichtig. Ihre<br />

Lebenspartner sind dann in der Studentenversicherung beitragsfrei mitversichert.<br />

2.RENTENVERSICHERUNG<br />

Lebenspartner sind durch das Überarbeitungsgesetz zum Lebenspartnerschaftsrecht bei der Hinterbliebenenversorgung<br />

mit Ehegatten gleichgestellt worden. Sie erhalten dieselbe Hinterbliebenenrente wie Ehegatten. Das Überarbeitungsgesetz<br />

ist am 01.01.2005 in Kraft getreten.<br />

Die Rechtsänderung hat gemäß § 300 Abs. 1 SGB VI auch für verwitwete Lebenspartner Bedeutung, deren Partner schon<br />

vor dem Inkrafttreten des Überarbeitungsgesetzes verstorben sind. Ihnen muss ab dem Inkrafttreten des Überarbeitungsgesetzes<br />

eine Witwerrente bewilligt werden, wenn sie die Rente - möglichst sofort - nach dem Inkrafttreten des<br />

Gesetzes beantragen. Natürlich müssen auch die sonstigen Voraussetzungen für eine Witwen- oder Witwerrente gegeben<br />

sein. Diese stimmen mit den Voraussetzungen überein, die bei verwitweten Ehegatten erfüllt sein müssen.<br />

2.1. KLEINE UND GROßE WITWEN- UND WITWERRENTE<br />

Anspruch auf die kleine Witwen- oder Witwerrente haben Lebenspartner<br />

• wenn ihre verstorbene Partnerin oder ihr verstorbener Partner die allgemeine Wartezeit erfüllt hatte<br />

• und wenn sie selbst keine neue Lebenspartnerschaft eingegangen sind.<br />

Die kleine Witwen- oder Witwerrente beträgt 25 % der Rente des oder der Verstorbenen. Sie wird für zwei Jahre geleistet,<br />

jedoch dann zeitlich unbegrenzt, wenn die Lebenspartnerschaft am 1. Januar 2002 bestand und ein Lebenspartner<br />

älter als 40 Jahre war.<br />

Anspruch auf die große Witwen- oder Witwerrente haben Lebenspartner, wenn<br />

• die Voraussetzungen für die kleine Witwen- oder Witwerrente erfüllt sind und<br />

• sie oder er entweder das 45. Lebensjahr vollendet hat oder<br />

• ein eigenes Kind oder ein Kind des Verstorbenen erzieht oder<br />

• für ein solches Kind, das behindert ist, sorgt oder<br />

• erwerbsgemindert ist.<br />

54<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

SOZIALVERSICHERUNG


Als Kinder werden auch Stief- und Pflegekinder berücksichtigt, die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen<br />

sind.<br />

Die große Witwen- oder Witwerrente beträgt 55 % der Rente des oder der Verstorbenen. Lebenspartner, die Kinder erzogen<br />

haben, erhalten für das erste Kind einen monatlichen Zuschlag in Höhe von zwei Entgeltpunkten. Für das zweite und<br />

jedes weitere Kind beträgt der monatliche Zuschlag jeweils einen Entgeltpunkt. Betragsmäßig wirkt sich jeder Entgeltpunkt<br />

bis zum 30.06.2005 monatlich brutto mit 26,13 Euro in den alten und 22,97 Euro in den neuen Bundesländern aus.<br />

Walter ist am 23.07.2004 verstorben. Sein Lebenspartner Rudolf war beim Tod von Walter 41 Jahre alt. Wie lange hat<br />

Rudolf ab dem 01.01.2005 Anspruch auf die kleine Witwerrente<br />

Der Anspruch auf die kleine Witwerrente besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der<br />

Versicherte verstorben ist, in Rudolfs Fall also bis zum 31.07.2006.<br />

Rudolf wird am 03.09.2008 45 Jahre alt. Hat er dann Anspruch auf die große Witwerrente, obwohl er schon die kleine<br />

Witwerrente bezogen hat<br />

Ja, es gilt der Grundsatz: einmal Witwe oder Witwer, immer Witwe oder Witwer. Mit dem Ablauf der Bezugszeit für die<br />

kleine Witwen- oder Witwerrente erlischt das Rentenstammrecht nicht, sondern die Anwartschaft auf die große Witwenoder<br />

Witwerrente besteht weiter. Die Witwe oder der Witwer braucht also nur abzuwarten, bis sie oder er 45 Jahre alt wird<br />

und die Gewährung der großen Rente setzt ein und zwar auf Lebenszeit.<br />

Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente, wenn die Lebenspartnerschaft nicht mindestens<br />

ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt<br />

ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Eingehung der Lebenspartnerschaft war, einen Anspruch auf<br />

Hinterbliebenenversorgung zu begründen.<br />

Die Übergangsregelungen der Rentenreform gelten auch für Lebenspartner. Die hat zur Folge, dass<br />

• im Falle der Begründung der Lebenspartnerschaft vor dem 01.01.2002 die "Versorgungslebenspartnerschaft" nicht zu<br />

prüfen ist (§ 242a Abs. 3 SGB VI),<br />

• die große Witwen- oder Witwerrente auch zu zahlen ist, wenn zwar keine Erwerbsminderung vorliegt, der<br />

überlebende Lebenspartner aber vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist oder am 31.12.2000 bereits<br />

berufs- oder erwerbsunfähig war und dies noch ununterbrochen ist (§ 242a Abs. 2 SGB VI),<br />

• bei Todesfällen vor dem 01.01.2002 oder bei Begründung der Lebenspartnerschaft vor dem 01.01.2002, sofern<br />

mindestens einer der Lebenspartner vor dem 01.01.1962 geboren ist,<br />

• die kleine Witwen- oder Witwerrente ohne Beschränkung auf 24 Kalendermonate zu leisten ist (§ 242a SGB VI),<br />

• die große Witwen- oder Witwerrente den Rentenfaktor 0,6 erhält (§ 255 Abs. 1 SGB VI).<br />

2.2. ANRECHNUNG EIGENEN EINKOMMENS<br />

Die Witwen- oder Witwerrente wird in voller Höhe gezahlt, wenn das eigene Einkommen einen bestimmten Freibetrag<br />

nicht übersteigt. Zum Einkommen werden gezählt:<br />

• Erwerbseinkommen, zum Beispiel aus einer Beschäftigung;<br />

• Erwerbsersatzeinkommen, zum Beispiel die eigene Rente, das Kranken- oder Arbeitslosengeld;<br />

• Vermögenseinkommen, zum Beispiel Einnahmen aus Kapitalvermögen (nach Abzug der Werbungskosten und des<br />

Sparer-Freibetrags) oder aus Vermietung und Verpachtung (nach Abzug der Werbungskosten).<br />

Der Freibetrag beträgt bis zum 30.06.2005 in den alten Bundesländern 689,83 Euro monatlich und in den neuen Bundesländern<br />

606,41 Euro monatlich.<br />

Dieser Freibetrag erhöht sich für jedes waisenrentenberechtigte Kind um 146,33 Euro monatlich in den alten Bundesländern<br />

und um 128,63 Euro monatlich in den neuen Bundesländern.<br />

Ist das eigene Einkommen höher als der Freibetrag, werden 40% des übersteigenden Betrages auf die Witwen- oder Witwerrente<br />

angerechnet. Das eigene Einkommen wird allerdings nur in Höhe des Betrages angerechnet, der dem Hinterbliebenen<br />

tatsächlich zur Verfügung steht. Aus diesem Grund müssen Einkommen noch von „Brutto-" in „Nettoeinkommen"<br />

umgerechnet werden. Aus Vereinfachungsgründen sind pauschale Abzugsbeträge vorgesehen, die für die<br />

jeweilige Einkommensart der durchschnittlichen Steuerbelastung beziehungsweise dem Prozentsatz der Sozialabgaben<br />

entsprechen. So wird beispielsweise gekürzt:<br />

• Bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die allein eine abhängige Beschäftigung ausüben, sind für Steuern und<br />

Sozialversicherung 40 % vom Bruttoeinkommen abzuziehen.<br />

• Bei der Altersrente aus der Gesetzlichen Rentenversicherung ist der individuelle Beitrag zur Kranken- und<br />

Pflegeversicherung zu berücksichtigen.<br />

• Bei Vermögenseinkommen beträgt der Kürzungsfaktor im Normalfall 25 %.<br />

Bei der Witwen- und Witwerrente gilt das bisherige Recht der Einkommensanrechnung weiter, wonach nur Erwerbs- und<br />

Erwerbsersatzeinkommen und kein Vermögenseinkommen angerechnet wird, wenn die Lebenspartnerschaft am 1. Januar<br />

2002 bestand und mindestens ein Lebenspartner älter als 40 Jahre war.<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

55<br />

SOZIALVERSICHERUNG


Leistungen aus der neuen staatlich geförderten Eigenvorsorge werden bei der Einkommensanrechnung nicht berücksichtigt.<br />

Denn sie sind ja gerade dazu bestimmt, zusammen mit der gesetzlichen Rente ein gutes Auskommen im Alter zu<br />

sichern.<br />

Maria und Alexandra beziehen in den alten Bundesländern eine Altersrente, Maria in Höhe von 1.000 Euro netto, Alexandra<br />

in Höhe von 750 Euro netto. Die Lebenspartnerschaft wurde nach dem 31.12.2001 geschlossen. Maria verstirbt,<br />

Kinder wurden nicht erzogen.<br />

• Alexandra erhält weiterhin ihre Altersrente von 750 Euro.<br />

• Hinzu kommt eine Witwenrente in Höhe von 55 % der Altersrente von Maria = 550 Euro. Hierauf ist allerdings<br />

die Einkommensanrechnung anzuwenden.<br />

• Das eigene anrechenbare Einkommen von Alexandra übersteigt den Freibetrag von 689,83 Euro um 60,17 Euro. Davon<br />

werden 40 % = 24,07 Euro auf ihre Witwenrente angerechnet.<br />

• Alexandra verbleiben somit neben der eigenen Altersrente von 750 Euro noch 525,93 Euro Witwenrente.<br />

• Hätte Alexandra daneben noch Einkommen aus Vermietung in Höhe von 250 Euro monatlich, käme nach Kürzung um<br />

einen pauschalen Abzug von 25 % = 62,50 Euro monatlich noch 187,50 Euro anrechenbares Einkommen hinzu. Von<br />

diesen 187,50 Euro monatlich würden 40 %, also 75 Euro, zusätzlich von der Witwenrente abgezogen.<br />

So bliebe Alexandra neben der eigenen Altersrente von 750 Euro und dem Einkommen aus Vermietung in Höhe von<br />

250 Euro noch eine Witwenrente in Höhe von 450,93 Euro (550 Euro minus 24,07 Euro minus 75 Euro).<br />

2.3 RENTENSPLITTING<br />

Jüngere Paare haben die Möglichkeit, statt einer Hinterbliebenenversorgung das Rentensplitting zu wählen. Das ist möglich,<br />

wenn ihre Lebenspartnerschaft entweder nach dem 31.12.2001 geschlossen wurde oder die Lebenspartner nach dem<br />

01.01.1962 geboren wurden. Sind beide Partner einverstanden, können die Lebenspartner die während der Lebenspartnerschaft<br />

erworbenen Rentenanwartschaften partnerschaftlich teilen.<br />

Voraussetzung für ein Splitting sind bei beiden Lebenspartnern 25 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten (einschließlich Kinderberücksichtigungszeiten).<br />

Entscheiden sich die Lebenspartner für das Splitting, dann haben sie keinen Anspruch mehr<br />

auf Witwen- oder Witwerrente.<br />

2.4. NEUE LEBENSPARTNERSCHAFT<br />

Wenn verwitwete Lebenspartner eine neue Lebenspartnerschaft eingehen, wird ihre Witwenrente mit dem 24fachen<br />

Monatsbetrag abgefunden. Bei kleinen Witwenrenten vermindert sich das 24fache des abzufindenden Monatsbetrages<br />

um die Anzahl der Kalendermonate, für die die kleine Witwenrente geleistet wurde.<br />

Wenn die neue Lebenspartnerschaft aufgelöst wird, lebt die alte Witwenrente wieder auf, jedoch wird die Abfindung<br />

angerechnet.<br />

3.ERZIEHUNGSRENTE<br />

Lebenspartner haben nach dem Tod ihres (früheren) Partners bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf<br />

Erziehungsrente,<br />

• wenn ihre Lebenspartnerschaft aufgehoben worden war oder wenn<br />

• für sie ein Rentensplitting durchgeführt worden war<br />

und wenn sie<br />

• ein eigenes Kind oder ein Kind ihres früheren Partners erziehen,<br />

• sie keine neue Lebenspartnerschaft eingegangen sind und wenn<br />

• sie bis zum Tod ihres (früheren) Partners die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.<br />

Die Erziehungsrente wird ab 01.07.2005 in Höhe von 363,93 Euro gezahlt.<br />

Zur Berechnung der Wartezeit, zur Anrechnung von eigenem Einkommen und Vermögen und zu den Übergangsvorschriften<br />

siehe die Ratgeberseite der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte:<br />

http://www.bfa.de/nn_5910/de/Inhalt/Rente/Renten_20wegen_20Todes/Erziehungsrente.html.<br />

4.VERSORGUNGSWERKE DER KAMMERN DER FREIEN BERUFE<br />

Die Renten der Versorgungswerke der Kammern der freien Berufe sind ein mit der Sozialversicherung gleichgestelltes<br />

System. Nachdem Lebenspartner aufgrund des Überarbeitungsgesetzes dieselben Hinterbliebenenrenten erhalten wie<br />

Ehegatten, müssen die Versorgungswerke Lebenspartner bei den Hinterbliebenenrenten ebenfalls gleichstellen.<br />

Das folgt, so meinen wir, aus Art 3 GG. Danach sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem<br />

Staat und den ihm zugeordneten öffentlichrechtlichen Körperschaften zwar nicht jede Differenzierung verwehrt. Sie verletzten<br />

aber das Grundrecht, wenn sie bei Regelungen, die Personengruppen betreffen, eine Gruppe anders behandeln als<br />

eine andere, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass<br />

sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (BVerfGE 102, 41 [54]; BVerfG, NJW 2003, 2733 [2736], st. Rspr.). Da<br />

der Grundsatz, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, in erster Linie eine ungerechtfertigte Verschiedenbehandlung<br />

von Personen verhindern soll, unterliegt die öffentliche Gewalt bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen<br />

regelmäßig einer strengen Bindung (BVerfGE 82, 126 [146]; 88, 87 [96]; BVerfG, NJW 2003, 2733, st. Rspr.). Diese Bindung<br />

56<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

SOZIALVERSICHERUNG


ist umso enger, je mehr sich die personenbezogenen Merkmale den in Art. 3 Abs.3 GG genannten annähern und je größer<br />

deshalb die Gefahr ist, dass eine an sie anknüpfende Ungleichbehandlung zur Diskriminierung einer Minderheit führt. Bei<br />

lediglich verhaltensbezogenen Unterscheidungen hängt das Maß der Bindung davon ab, inwieweit die Betroffenen in der<br />

Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Merkmale zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird (BVerf-<br />

GE 88, 87 [96]; BVerfG, NJW 2001, 1200 [1201]).<br />

Die Situation von Lebenspartnern (ohne Kinder) ist mit der Situation von Ehegatten (ohne Kinder) vergleichbar, weil<br />

Lebenspartner ihren Partnern in gleicher Weise zum Unterhalt verpflichtet sind wie Ehegatten. Gerade diese Vergleichbarkeit<br />

hat den Gesetzgeber veranlasst, Lebenspartner in der gesetzlichen Rentenversicherung mit Ehegatten gleichzustellen.<br />

Der einzige Unterschied zwischen Ehegatten (ohne Kinder) und Lebenspartnern (ohne Kinder) ist ihre sexuelle<br />

Ausrichtung, die die Lebenspartner daran hindert, ebenfalls eine Ehe einzugehen. Deshalb werden Lebenspartner von<br />

den berufsständischen Versorgungswerken wegen ihrer sexuellen Ausrichtung diskriminiert, wenn diese nur Ehegatten<br />

eine Hinterbliebenenrente gewähren.<br />

Die homosexuelle Ausrichtung ist für die Betroffenen ein unabänderliches persönliches Merkmal, das für Ihre Identität<br />

und für ihr Leben in der sozialen Gemeinschaft eine ähnliche grundlegende Bedeutung hat wie das in Art. 3 Abs. 3 GG<br />

ausdrücklich erwähnte persönliche Merkmal des „Geschlechts“. Der Staat und die ihm zugeordneten öffentlichrechtlichen<br />

Körperschaften dürfen deshalb dieses Merkmal nur zum Anknüpfungspunkt für eine Ungleichbehandlung machen,<br />

wenn es dafür schwer wiegende rechtfertigende Gründe gibt. Solche sind nicht ersichtlich.<br />

So hat jetzt auch das Verwaltungsgericht Berlin entschieden. Nach seiner Auffassung enthalte die Satzung eines Versorgungswerks<br />

eine Regelungslücke, wenn dort nur für Ehegatten und nicht auch für Eingetragene Lebenspartner von Beitragszahlern<br />

eine Hinterbliebenenrente vorgesehen sei. Diese Lücke sei mit dem Gebot der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs.<br />

1 GG) auch in Bezug auf die sexuelle Identität nicht vereinbar und mittels Analogie zu schließen (Urt. v. 22.06.2005 - VG<br />

14 A 44.02).<br />

Die Kölner "Arbeitsgemeinschaft Berufsständischer Versorgungseinrichtungen" weigert sich aber, dieses Urteil anzuerkennen.<br />

Der Prozess soll offenbar bis zum Bundesverwaltungsgericht durchgezogen werden.<br />

5.UNFALLVERSICHERUNG<br />

Der im Unternehmen mitarbeitende Lebenspartner des Unternehmers ist in den Versicherungsschutz der gesetzlichen<br />

Unfallversicherung des Unternehmers mit einbezogen.<br />

Nicht so im Falle einer freiwilligen Unfallversicherung. Hier ist der Versicherungsschutz noch nicht auf den Lebenspartner<br />

oder die Lebenspartnerin ausgedehnt worden. Die insofern notwendige Gesetzesänderung hängt von der Verabschiedung<br />

des LPartGErgGE ab.<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

57<br />

SOZIALVERSICHERUNG


6. SOZIALRECHT<br />

INHALT 58-61<br />

1. AUSBILDUNGSFÖRDERUNG<br />

2. BERUFSAUSBILDUNGSBEIHILFE UND AUSBILDUNGSGELD<br />

3. ARBEITSLOSENGELD<br />

4. GRUNDSICHERUNG FÜR ARBEITSSUCHENDE, IM ALTER UND<br />

BEI ERWERBSMINDERUNG SOWIE HILFE ZUM LEBENSUNTERHALT<br />

5. PROZESSKOSTENHILFE<br />

6. UNTERHALTSVORSCHUSS<br />

7. WOHNGELD UND WOHNBERECHTIGUNGSSCHEIN<br />

8. ERZIEHUNGSGELD<br />

9. LEISTUNGEN NACH DEM BUNDESVERSORGUNGSGESETZ<br />

10.ALLGEMEINES SOZIAL- UND SOZIALVERFAHRENSRECHT<br />

1.AUSBILDUNGSFÖRDERUNG<br />

Nach dem LPartGErgGE sollte das Einkommen des Lebenspartners bei der Berechung der Einkommensgrenzen mit berücksichtigt<br />

werden. Diese Gesetzesänderung ist infolge des Scheiterns des LPartGErgGE nicht verwirklicht worden.<br />

Soweit ein Lebenspartner aber tatsächlich Unterhaltsleistungen von seinem Partner erhält, werden diese nach § 21 Abs.<br />

3 Nr. 4 BAföG als Einkommen berücksichtigt.<br />

Ausländer erhalten u.a. dann Ausbildungsförderung, wenn ein Elternteil oder der Ehegatte Deutscher ist. Das Bundesausbildungsförderungsgesetz<br />

(BAföG) und das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) sind in diesem Punkt nicht<br />

an das LPartG angepasst worden. Deshalb erhalten Ausländer mit einem deutschen Lebenspartner keine Ausbildungsförderung.<br />

2.BERUFSAUSBILDUNGSBEIHILFE UND AUSBILDUNGSGELD<br />

Die Vorschriften über die Berufsausbildungsbeihilfe (§§59ff SGB III) sind nach dem Inkrafttreten des LPartG geändert<br />

worden. Sie verweisen jetzt auf §§ 12, 13 BAföG. Diese Vorschriften unterscheiden nicht danach, ob der Auszubildende<br />

ledig oder verheirat ist bzw. in einer Lebenspartnerschaft lebt, sondern nur, ob der Auszubildende bei den Eltern lebt oder<br />

nicht.<br />

Die Anrechnung des Einkommens des Lebenspartners ist in §71 SGB III vorgesehen, der wegen der Freibeträge vom Einkommen<br />

auf die entsprechende Anwendung der Vorschriften des BAföG über die Einkommensanrechnung verweist. Die<br />

Vorschriften des BAföG erwähnen den Lebenspartner (noch) nicht. Deshalb müssen die Freibeträge für Ehegatten auf<br />

Lebenspartner entsprechend angewandt werden.<br />

Bei der Förderung der beruflichen Eingliederung Behinderter (§§ 97ff SGB III) sehen die §§ 101, 105 und 106 SGB III einen<br />

erhöhten Bedarf für Behinderte vor, die in einer Lebenspartnerschaft leben. Bei der Berufsausbildungsbeihilfe (§ 101 SGB<br />

III) gelten für die Anrechnung des Einkommens des Lebenspartners die BAföG-Regeln, die Anrechnung ist also offen.<br />

Dagegen ist beim Ausbildungsgeld (§§ 105, 106 SGB III) ausdrücklich geregelt, dass das Einkommen des Lebenspartners<br />

in derselben Höhe anzurechnen ist wie das des Ehegatten (§ 108 Abs. 2 Nr. 3 SGB III).<br />

3.ARBEITSLOSENGELD<br />

Arbeitslosengeld erhält nur, wer innerhalb einer sogenannten Rahmenfrist von zwei Jahren mindestens ein Jahr sozialversicherungspflichtig<br />

beschäftigt war. Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld beträgt mindestens sechs und<br />

höchstens achtzehn Monate. Sie hängt von der Dauer des Versicherungspflichtverhältnisses innerhalb einer Rahmenfrist<br />

von drei Jahren und dem Lebensalter ab.<br />

Das Arbeitslosengeld beläuft sich auf 60 % des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt). Es erhöht sich auf 67 %,<br />

wenn der Arbeitslose oder sein Lebenspartner ein Kind hat (§ 129 Nr 1 u 2 SGB III).<br />

Bei der Berechnung des Leistungsentgelts wird für den Abzug der pauschalierten Lohnsteuer die Lohnsteuerklasse<br />

zugrunde gelegt, die auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitslosen eingetragen ist (§ 133 II u III SGB III). Da Lebenspartner auf<br />

Grund der Lebenspartnerschaft keine andere Steuerklasse erhalten, werden sie durch diese Regelung auch beim Arbeitslosengeld<br />

benachteiligt.<br />

Löst ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund, so tritt für den Bezug von Arbeitslosengeld eine<br />

Sperrzeit von 12 Wochen ein. Nach der Rechtsprechung gilt der Nachzug zum Ehegatten als wichtiger Grund. Das muss<br />

jetzt auch für den Nachzug zum Lebenspartner gelten.<br />

58<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

SOZIALRECHT


Neuerdings erkennt das Bundessozialgericht auch den Umzug zu einem eheähnlichen Partner als wichtigen Grund an,<br />

wenn bereits bei Lösung des Beschäftigungsverhältnisses eine eheähnliche Gemeinschaft (Verantwortungs- und Einstehungsgemeinschaft)<br />

bestanden hat. Das muss nun auch für den gleichgeschlechtlichen Lebensgefährten gelten.<br />

4.GRUNDSICHERUNG FÜR ARBEITSSUCHENDE,<br />

IM ALTER UND BEI ERWERBSMINDERUNG SOWIE<br />

HILFE ZUM LEBENSUNTERHALT<br />

Bei der Beurteilung des alten und des neuen Arbeitslosenhilfe- und Sozialhilferechts muss man zwischen Lebenspartnern<br />

einerseits und Lebensgefährten andererseits unterscheiden. Den Begriff "Lebensgefährte" verwendet der Gesetzgeber<br />

für Menschen, die in einer gleich- oder in einer verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaft leben und nicht<br />

verpartnert bzw. verheiratet sind. Die Lebensgemeinschaft verschiedengeschlechtlicher Menschen, die nicht verheiratet<br />

sind, wird als "eheähnlich" bezeichnet.<br />

Ab dem 01.01.2005 sind die bisherige Arbeitslosen- und Sozialhilfe ersetzt worden durch:<br />

• die Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II). Sie wird für erwerbsfähige Hilfebedürftige ab 15 bis 65 Jahre<br />

geleistet. Der Hilfebedürftige selbst erhält "Arbeitslosengeld II" (§§ 19 ff. SGB II), seine nicht erwerbsfähigen<br />

Angehörigen erhalten "Sozialgeld" (§ 28 SGB II).<br />

• die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Sie wird für Hilfebedürftige ab 65 Jahre und für voll<br />

erwerbsgeminderte Hilfebedürftige ab 18 Jahren geleistet (§§ 41ff. SGB XII).<br />

• die Hilfe zum Lebensunterhalt (Sozialhilfe)<br />

Bei beiden Grundsicherungsformen werden Lebenspartner und eheähnliche Paare wie Ehegatten behandelt, das heißt,<br />

ihr Einkommen und Vermögen wird bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers mit berücksichtigt und zwar<br />

unabhängig davon, ob er von seinem Partner tatsächlich Unterstützungsleistungen erhält oder nicht (§§ 7 Abs. 3, 9 Abs.<br />

2 ff. SGB II, 19, 43 Abs. 1 SGB XII).<br />

Das stand bis zum 01.01.2005 nur für die Arbeitslosenhilfe im Gesetz, wurde aber auch bei der Sozialhilfe schon bisher so<br />

gehandhabt, weil sich Lebenspartner realisierbare Unterhaltsansprüche gegen ihre Partner anrechnen lassen müssen.<br />

Das Einkommen und Vermögen von gleichgeschlechtlichen zusammenwohnenden Lebensgefährten darf dagegen wie<br />

bisher bei den beiden Grundsicherungsformen nicht mit berücksichtigt werden, weil auch die neuen Gesetze gleichgeschlechtliche<br />

Lebensgemeinschaften nicht mit Ehegatten gleichgestellt haben. Es wird auch nicht vermutet, dass zusammenwohnende<br />

Hilfebedürftige von ihren gleichgeschlechtlichen Lebensgefährten unterstützt werden. Die Vermutung der<br />

Bedarfsdeckung bei zusammenwohnenden Personen (§ 36 SGB XII) gilt für die beiden Grundsicherungsformen nicht. Sie<br />

gilt nur für die Hilfe zum Lebensunterhalt (s. unten).<br />

Bei gleichgeschlechtlichen Lebensgefährten dürfen daher nur tatsächliche Zahlungen angerechnet werden (siehe<br />

auch BVerfG, FamRZ 2004, 1950). Deshalb sollten zusammenwohnende gleichgeschlechtliche Lebensgefährten in einer<br />

schriftlichen Vereinbarung festlegen, in welcher Höhe jeder von ihnen Beiträge zu den Kosten des Haushalts und der<br />

Wohnung leisten muss, und dass, wenn einer von ihnen diese Leistungen vorübergehend nicht aufbringen kann, der andere<br />

ihm nur vorschussweise aushilft.<br />

Die beiden Formen der Grundsicherung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt vor (§ 5 Abs. 2 SGB II; § 19 Abs. 2 Satz 3, 21<br />

SGB XII). Die Hilfe zum Lebensunterhalt hat deshalb nur noch eine geringe Bedeutung. Sie kommt beispielsweise in Betracht,<br />

wenn ein Hilfebedürftiger nicht dauerhaft, sondern nur auf Zeit voll erwerbsgemindert ist und eine unzureichende<br />

Rente bezieht oder wenn ein (voll erwerbsgemindertes) Kind unter 18 Jahren mit Eltern zusammenlebt, die Grundsicherung<br />

bei Erwerbsminderung beziehen. Fachleute schätzen den Anteil der Sozialhilfe auf 5 %.<br />

Auch bei der Hilfe zum Lebensunterhalt sind gleichgeschlechtliche Lebensgefährten nicht mit Ehegatten gleichgestellt<br />

worden, nur Lebenspartner und verschiedengeschlechtliche eheähnliche Paare werden bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit<br />

des Antragstellers wie Ehegatten behandelt (§§ 19, 20 SGB XII). Deshalb darf auch bei der Hilfe zum Lebensunterhalt<br />

das Einkommen und Vermögen des gleichgeschlechtlichen Lebensgefährten nicht unabhängig davon angerechnet<br />

werden, ob der Hilfebedürftige tatsächlich etwas von seinem Partner erhält.<br />

Hier gilt aber die Vermutung der Bedarfsdeckung bei zusammenwohnenden Personen (§ 36 SGB XII). Auch in dieser<br />

Situation sollte deshalb eine entsprechende Vereinbarung getroffen werden (s. oben), um diese Vermutung zu widerlegen.<br />

Aus alledem folgt: Gleichgeschlechtliche Lebensgefährten, die hilfebedürftig sind oder damit rechnen müssen, demnächst<br />

hilfebedürftig zu werden, müssen sich darüber im Klaren sein, dass sich ihre Situation verschlechtert, wenn sie<br />

eine Lebenspartnerschaft eingehen. Dann wird nämlich das Einkommen und Vermögen ihres Lebenspartners bei der Prüfung<br />

ihrer Hilfebedürftigkeit unabhängig davon mit berücksichtigt, ob sie von diesem Unterstützungsleistungen erhalten<br />

oder nicht.<br />

Für Lebenspartnerschaften, in denen Kinder leben, noch folgender Hinweis:<br />

Bei der bisherigen Sozialhilfe wurde vermutet, dass Hilfebedürftige, die mit Verwandten oder Verschwägerten zusammenwohnen,<br />

von diesen Leistungen zum Lebensunterhalt erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen<br />

erwartet werden konnte (§ 16 BSHG). Diese Vermutung gilt auch für die neue Grundsicherung für Arbeitssuchende<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

59<br />

SOZIALRECHT


(§ 9 Abs. 5 SGB II). Das ist vor allem bei hilfebedürftigen Stiefkindern von Bedeutung, die mit ihren hilfebedürftigen Müttern<br />

oder ihren hilfebedürftigen Vätern und den Co-Müttern bzw. den Co-Vätern zusammenleben. Stiefkinder sind mit<br />

ihren Co-Eltern verschwägert.<br />

Die Vermutung des § 9 Abs. 5 SGB II greift nicht ein, wenn die Eltern nachweisen, dass die Co-Mutter bzw. der Co-Vater<br />

tatsächlich nichts zum Unterhalt des Stiefkindes beiträgt. Deshalb sollten die Eltern in einer schriftlichen Vereinbarung<br />

festlegen, in welcher Höhe jeder von ihnen Beiträge zu den Kosten des Haushalts und der Wohnung leisten muss und dass<br />

die Co-Mutter bzw. der Co-Vater für den Lebensunterhalt des Stiefkindes nichts zu zahlen braucht.<br />

5.PROZESSKOSTENHILFE<br />

Bei der Prozesskostenhilfe, die eine besondere Form der Sozialhilfe darstellt, sind vom Einkommen des Antragstellers<br />

für ihn selbst und seinen Ehegatten oder Lebenspartner jeweils 64 % des zweifachen Eckregelsatzes abzusetzen, das<br />

sind zur Zeit 364 Euro. Dieser Unterhaltsfreibetrag vermindert sich um eigenes Einkommen des Ehegatten oder Lebenspartners.<br />

Prozesskostenhilfe wird nicht gezahlt, wenn der Bedürftige gegen seinen Lebenspartner Anspruch auf Prozesskostenvorschuss<br />

hat (siehe die Abschnitte: 7.2. Lebenspartnerschaftsunterhalt und 11.1. Trennungsunterhalt im Kapitel:<br />

1. Die Lebenspartnerschaft).<br />

Zur Prozesskostenhilfe siehe auch den Abschnitt: 8. Prozesskostenhilfe im Kapitel: 3. Prozessrecht und Kosten.<br />

6.UNTERHALTSVORSCHUSS<br />

Unterhaltsvorschuss erhalten nur die Kinder von Alleinerziehenden. Der Anspruch entfällt, wenn der Elternteil, bei dem<br />

das Kind lebt, erneut heiratet. Das sollte nach dem LPartGErgGE in Zukunft auch gelten, wenn der Elternteil eine Lebenspartnerschaft<br />

eingeht. Dieses Gesetzesvorhaben ist gescheitert. Gleichwohl werden Alleinerziehende, die eine Lebenspartnerschaft<br />

eingehen, mit Billigung des Bundesverwaltungsgerichts genauso behandelt, wie Alleinerziehende, die<br />

heiraten. Das heißt, die Zahlung des Unterhaltsvorschusses wird eingestellt.<br />

7.WOHNGELD UND WOHNBERECHTIGUNGSSCHEIN<br />

Beim Wohngeld wird bei der Berechnung des Gesamteinkommens der Familie und der Höchstbeträge für Miete und Belastung<br />

das Einkommen des Ehegatten mitberücksichtigt. Das sollte nach dem LPartGErgGE auch für Lebenspartner<br />

gelten.<br />

Das Scheitern des Entwurfs hat aber praktisch keine Auswirkungen, weil nach § 18 Nr. 4 WoGG kein Anspruch auf Wohngeld<br />

besteht, soweit ein Antragsberechtigter, der mit anderen Personen "eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft führt,<br />

besser gestellt wäre als im Rahmen eines Familienhaushalts entsprechender Größe". Dabei wird das Bestehen einer Wirtschaftsgemeinschaft<br />

vermutet, wenn der Antragsberechtigte und die anderen Personen Wohnraum gemeinsam bewohnen.<br />

Aufgrund dieser Vorschrift werden "sonstige" Wohngemeinschaften beim Wohngeld genauso wie Ehen und Familien<br />

behandelt.<br />

Das Wohnraumförderungsgesetz enthält in § 18 eine Definition der "Haushaltsangehörigen", die für das Wohnraumförderungsrecht<br />

maßgebend ist. Danach gelten in Zukunft auch der Lebenspartner und der Lebensgefährte des Antragstellers<br />

sowie deren Angehörige als "Haushaltsangehörige", sofern sie mit dem Antragsteller eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft<br />

führen oder alsbald in den Haushalt aufgenommen werden sollen. Alle diese Personen werden deshalb bei der<br />

Erteilung von Wohnberechtigungsscheinen berücksichtigt und zwar sowohl bei der Berechnung der Einkommensgrenze<br />

als auch bei der Festlegung der maßgeblichen Wohnungsgröße.<br />

8.ERZIEHUNGSGELD<br />

In diesem Bereich sind Lebenspartner den Ehegatten und Kinder des Lebenspartners den Kindern des Ehegatten gleichgestellt<br />

worden. Deshalb haben auch die Co-Mütter und Co-Väter Anspruch auf Erziehungsgeld, wenn sie mit dem Kind<br />

ihrer Lebenspartnerin oder ihres Lebenspartners in einem Haushalt leben, dieses selbst betreuen und erziehen und keine<br />

oder keine volle Erwerbstätigkeit ausüben. Außerdem haben sie Anspruch auf Elternzeit (früher Erziehungsurlaub<br />

genannt).<br />

Weitere Informationen enthält die Broschüre des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: "Erziehungsgeld,<br />

Elternzeit" (Regelungen ab 01.01.2004), siehe<br />

http://www.bmfsfj.de/Kategorien/Publikationen/Publikationen,did=3028.html.<br />

Den Gesetzestext findet man unter folgender URL: http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/berzgg/.<br />

9.LEISTUNGEN NACH DEM BUNDESVERSORGUNGSGESETZ<br />

Es handelt sich hierbei um besondere Leistungen für Beschädigte und Schwerstbehinderte, wie z.B. Ehegattenzuschlag,<br />

Pflegezulage oder Erholungshilfe. Konnte der Ehegatte eines Beschädigten bisher an solchen Leistungen teilhaben, so<br />

gilt dies nun auch für den Lebenspartner. Sind die Leistungen einkommensabhängig, so ist bei ihrer Bewilligung der<br />

Unterhaltsanspruch des Beschädigten gegen seinen Lebenspartner zu berücksichtigen.<br />

60<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

SOZIALRECHT


10.ALLGEMEINES SOZIAL- UND SOZIALVERFAHRENSRECHT<br />

Lebenspartner sind Sonderrechtsnachfolger ihres verstorbenen Lebenspartners, wenn sie mit diesem im Zeitpunkt seines<br />

Todes zusammengelebt haben, d.h. sie „erben“ fällige Ansprüche auf Sozialleistungen (etwa eine nachzuzahlende<br />

Rente), haften aber u.U. auch für Verbindlichkeiten des Verstorbenen gegenüber dem zuständigen Leistungsträger, wenn<br />

sie nicht innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis gegenüber dem Leistungsträger verzichtet haben.<br />

Im Sozialgerichtsverfahren kann unterstellt werden, dass der Lebenspartner bevollmächtigt ist, für den anderen Lebenspartner<br />

Verfahrenshandlungen vorzunehmen, d.h. er benötigt dazu grundsätzlich keine schriftliche Vollmacht.<br />

7. BEAMTE, ANGESTELLTE UND ARBEITER<br />

INHALT 61-67<br />

1. ARBEITER UND ANGESTELLTE<br />

1.1. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts<br />

1.2. Ortszuschlag<br />

1.3. Sonstige Vergünstigungen einschließlich Betriebsrenten<br />

1.4. Arbeitnehmer, für deren Arbeitsverhältnis kein Tarifvertrag gilt<br />

1.5. Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes<br />

2.BEAMTE, RICHTER UND BERUFSSOLDATEN<br />

2.1. Besoldung und Versorgung<br />

2.2. Stand der Gleichstellung von verpartnerten Beamten mit ihren verheirateten Kollegen<br />

2.3. Familienzuschlag<br />

2.3.1. Das Bundesbesoldungsgesetz<br />

2.3.2. Die EU-Richtlinie 2000/78/EG<br />

2.4. Witwer- und Witwenpension für Lebenspartner von Beamten<br />

2.5. Sonstige Leistungen und Vergünstigungen für Beamten<br />

3. BESCHÄFTIGTE IN KATHOLISCHEN EINRICHTUNGEN<br />

3.1. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts<br />

3.2. Die Kündigungsdrohung der deutschen Bischöfe<br />

3.3. Die Richtlinie 2000/78/EG<br />

3.4. Mitteilungen der Meldebehörden an die Katholische Kirche<br />

3.5. Schreiben an die Meldebehörden<br />

4.BESCHÄFTIGTE IN EVANGELISCHEN EINRICHTUNGEN<br />

1.ARBEITER UND ANGESTELLTE<br />

Die Gleichstellung von verpartnerten Arbeitern und Angestellten einerseits und von verpartnerten Beamten, Richtern<br />

und Berufssoldaten andererseits mit ihren verheirateten Kollegen ist unterschiedlich weit fortgeschritten.<br />

Für die verpartnerten Angestellten und Arbeiter hätte die Gleichstellung durch eine entsprechende Änderung der Tarifverträge,<br />

Betriebsvereinbarungen und Arbeitsverträge bewirkt werden müssen. Das ist bisher nur zum Teil geschehen.<br />

Trotzdem sind verpartnerte Angestellte und Arbeiter durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 29.04.2004 (NZA<br />

2005, 57) praktisch schon jetzt mit ihren verheirateten Kollegen gleichgestellt.<br />

1.1. DAS URTEIL DES BUNDESARBEITSGERICHTS<br />

Das Bundesarbeitsgericht hatte über die Frage zu entscheiden, ob einem verpartnerten Angestellten derselbe Ortszuschlag<br />

wie einem verheirateten Angestellten zusteht (Ortszuschlag der Stufe 2). Es hat diese Frage mit folgender Begründung<br />

bejaht:<br />

"Das durch das LPartG geschaffene Rechtsinstitut der Lebenspartnerschaft begründet einen neuen Familienstand. Die<br />

damit verbundenen Unterhaltspflichten entsprechen denen der Ehe. Wie die Ehe ist eine Lebenspartnerschaft eine<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

61<br />

BEAMTE, ANGESTELLTE UND ARBEITER


exklusive, auf Dauer angelegte und durch staatlichen Akt begründete Verantwortungsgemeinschaft, deren vorzeitige<br />

Auflösung einer gerichtlichen Entscheidung bedarf. Die Lebenspartnerschaft erfüllt alle Merkmale, an die der Tarifvertrag<br />

typisierend den Bezug eines höheren familienstandsbezogenen Vergütungsbestandteils anknüpft. Dieser Familienstand<br />

ist im Stufensystem des Ortszuschlags nicht berücksichtigt. Mit dem Rechtsinstitut der Lebenspartnerschaft<br />

und deren familienrechtlicher Ausgestaltung durch das LPartG ist die Tarifnorm nachträglich lückenhaft geworden.<br />

Die Lebenspartnerschaft ist zwar keine Ehe. Gleichwohl kann die Tariflücke entsprechend dem Regelungskonzept und<br />

dem mit der Gewährung des Ortszuschlags verbundenen Zweck systemkonform nur durch die Gleichstellung von Angestellten,<br />

die eine Lebenspartnerschaft eingegangen sind, mit verheirateten geschlossen werden." (zitiert nach der<br />

Presseerklärung)<br />

1.2. ORTSZUSCHLAG<br />

Urteile, auch die von oberen Bundesgerichten, binden nur die am Rechtsstreit beteiligten Parteien. Vernünftigerweise<br />

gehen aber die unteren Gerichte davon aus, dass es keinen Sinn mehr hat, gegenteilig zu entscheiden, weil dann die<br />

unterlegene Partei das obere Bundesgericht anrufen und dort Erfolg haben wird. Dieselbe Überlegung pflegen die Parteien<br />

vor einem Rechtsstreit und während eines Rechtsstreits anzustellen, wenn sie dessen Erfolgsaussichten prüfen. Deshalb<br />

sind Urteile von oberen Bundesgerichten, die eine Rechtsfrage in einem bestimmten Sinn entscheiden, praktisch<br />

doch allgemein bindend.<br />

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts befasst sich nur mit dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT). Die von dem<br />

Gericht entwickelten Rechtsgrundsätze gelten aber in gleicher Weise für alle anderen Tarifverträge mit vergleichbaren<br />

Bestimmungen über den Ortszuschlag einschließlich der entsprechenden Vergütungsordnungen der evangelischen<br />

Kirchen.<br />

Lebenspartner, für deren Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag oder eine Vergütungsordnung gilt, die für verheiratete Arbeiter<br />

oder Angestellte einen Ortszuschlag vorsehen, können deshalb von ihren Arbeitgebern unter Berufung auf das Urteil<br />

des Bundesarbeitsgerichts denselben Ortszuschlag wie ihre verheirateten Kollegen und Kolleginnen verlangen. Nachdem<br />

das Bundesarbeitsgericht die Streitfrage zugunsten der Lebenspartner entschieden hat, werden die Arbeitgeber den Anspruch<br />

vernünftigerweise nicht mehr ablehnen. Falls sie es doch tun, reicht es in der Regel aus, ihnen eine Frist zur Anerkennung<br />

des Anspruchs zu setzen und ihnen für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs mit Klage zu drohen. Erfahrungsgemäß<br />

lenken die Arbeitgeber dann ein.<br />

Da durch das Urteil geklärt worden ist, wie die Tarifverträge und Vergütungsordnungen seit dem Inkrafttreten des<br />

Lebenspartnerschaftsgesetzes richtig hätten ausgelegt werden müssen, kommt dem Urteil "Rückwirkung" zu. Das heißt,<br />

die Betroffenen können den Ortszuschlag rückwirkend verlangen, soweit der Anspruch nicht verjährt ist. Von Bedeutung<br />

ist insoweit die Ausschlussfrist des § 70 BAT bzw. der entsprechenden Vorschriften in den anderen Tarifverträgen und<br />

Vergütungsordnungen. Die Bestimmung lautet:<br />

§ 70 Ausschlussfrist<br />

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten<br />

nach Fälligkeit vom Angestellten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden, soweit tarifvertraglich<br />

nichts anderes bestimmt ist.<br />

Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs aus, um die Ausschlussfrist auch für<br />

später fällig werdende Leistungen unwirksam zu machen.<br />

Maßgebend ist also, wann die Betroffenen den Ortszuschlag zum ersten Mal gefordert haben. Der Ortszuschlag steht<br />

ihnen ab diesem Zeitpunkt plus weiterer sechs Monate zu.<br />

Wenn Arbeiter oder Angestellte heiraten, werten die Arbeitgeber und die Gerichte die Übersendung der Heiratsurkunde<br />

als "schriftliche Geltendmachung" des Anspruchs auf erhöhten Ortszuschlag i.S. der Ausschlussklauseln der Tarifverträge<br />

und Vergütungsordnungen. Bei verpartnerten Arbeitern und Angestellten vertreten viele Arbeitgeber die Auffassung,<br />

die bloße Übersendung der Lebenspartnerschaftsurkunde reiche nicht aus, um den Verfall des Anspruchs auszuschließen;<br />

erforderlich sei vielmehr die ausdrückliche schriftliche Geltendmachung des Anspruchs. Zu dieser Streitfrage gibt es<br />

bisher noch keine gerichtliche Entscheidung.<br />

1.3. SONSTIGE VERGÜNSTIGUNGEN EINSCHLIESSLICH BETRIEBSRENTEN<br />

Was das Bundesarbeitsgericht zum Ortszuschlag ausgeführt hat, lässt sich ohne weiteres auf alle sonstigen tariflichen<br />

Vergünstigungen für Ehegatten übertragen, also auf die Ansprüche auf Sonderurlaub, Reise- und Umzugskosten, Familienheimfahrten,<br />

Trennungsgeld, Beihilfe usw.<br />

Die Ausführungen gelten aber auch für die Auslegung von Betriebsvereinbarungen über Hinterbliebenenrenten.<br />

1.4. ARBEITNEHMER, FÜR DEREN ARBEITSVERHÄLTNIS KEIN TARIFVERTRAG GILT<br />

Auch wenn für ein Arbeitsverhältnis kein Tarifvertrag gilt, ist der Arbeitgeber verpflichtet, seine Arbeitnehmer gleichzubehandeln.<br />

Das Bundesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Lebenspartnerschaft alle Merkmale erfüllt, aufgrund derer<br />

bei Ehen Vergünstigungen gewährt zu werden pflegen. Daraus folgt ohne weiteres, dass auch der nicht tarifgebundene<br />

Arbeitgeber Lebenspartner genauso wie Ehegatten behandeln muss. Wenn er Ehegatten eine Vergünstigung<br />

gewährt, muss er das auch den Lebenspartnern gewähren.<br />

62<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

BEAMTE, ANGESTELLTE UND ARBEITER


1.5. ZUSATZVERSORGUNG DES ÖFFENTLICHEN DIENSTES<br />

Für Rechtsstreitigkeiten über die Zusatzversorgung durch die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) sind<br />

nicht die Arbeitsgerichte, sondern die ordentlichen Zivilgerichte zuständig. Ob der Bundesgerichtshof solche Streitigkeiten<br />

genauso wie das Bundesarbeitsgericht entscheiden wird, ist offen (ablehnend OLG Karlsruhe, Urt. v. 21.10.2004 - 12 U<br />

195/04).<br />

Hier kommt den Betroffenen aber zugute, dass die Zusatzversorgung europarechtlich als "Entgelt" gilt (BGH, Vorlagebeschl.<br />

v. 09.07.2003 - IV ZR 100/02; VersR 2004, 364), bei dem aufgrund der Richtlinie 2000/78/EG eine Diskriminierung<br />

wegen der "sexuellen Ausrichtung" verboten ist (siehe unten).<br />

Anders als die VBL hat der Versorgungsverband bundes- und landesgeförderter Unternehmen e. V. (VBLU) seit dem<br />

01.01.2004 die Hinterbliebenenversorgung für eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften bereits eingeführt<br />

Zur Rentenversicherung und den Hinterbliebenenrenten der Versorgungswerke der Kammern der freien Berufe siehe<br />

die Abschnitte: 2. Rentenversicherung und 3. Versorgungswerke der Kammern der freien Berufe im Kapitel 5.<br />

2.BEAMTE, RICHTER UND BERUFSSOLDATEN<br />

2.1. BESOLDUNG UND VERSORGUNG<br />

Die Besoldung und die Versorgung der Beamten und Richter des Bundes, der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände<br />

sowie der sonstigen der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen öffentlichen<br />

Rechts sind im Bundesbesoldungsgesetz und im Beamtenversorgungsgesetz geregelt. Für die Soldaten gilt einerseits<br />

das Bundesbesoldungsgesetz und andererseits das Soldatenversorgungsgesetz. Dieses wiederum verweist auf das<br />

Beamtenversorgungsgesetz.<br />

Im Entwurf eines Ergänzungsgesetzes zum Lebenspartnerschaftsgesetz war vorgesehen, in das Bundesbesoldungs- und<br />

das Beamtenversorgungsgesetz eine Bestimmung aufzunehmen, dass verpartnerte Beamte bei der Besoldung und Versorgung<br />

wie verheiratete Beamte zu behandeln seien. Dieses Gesetz ist in der 14. Legislaturperiode am Widerstand der<br />

CDU/CSU gescheitert.<br />

Die Koalitionsfraktionen hatten angekündigt, dass sie demnächst den Entwurf eines neuen Ergänzungsgesetzes in<br />

den Bundestag einbringen wollten. Durch das neue Gesetz sollten verpartnerte Beamte nicht nur bei der Besoldung<br />

(Familienzuschlag der Stufe 1), sondern auch bei der Versorgung (Witwen- und Witwerpension) mit verheirateten Beamten<br />

gleichgestellt werden. Ob die CDU/CSU dem neuen Ergänzungsgesetz zugestimmt hätte, ist unklar. Außerdem war es<br />

aufgrund der vorzeitigen Auflösung des Deutschen Bundestages schon rein zeitmäßig nicht mehr möglich, das Gesetz im<br />

Bundestag zu verabschieden. Die Koalitionsfraktionen brachten deshalb das Ergänzungsgesetz nicht mehr in den Bundestag<br />

ein.<br />

Es bleibt daher nur die Hoffnung auf die Gerichte. Ein Prozess zum Familienzuschlag ist beim Bundesverwaltungsgericht<br />

anhängig und ein Prozess zum Einkommensteuerrecht beim Bundesfinanzhof. Wann diese Gerichte entscheiden werden,<br />

ist unbekannt. Die Verfahren können insgesamt noch lange dauern.<br />

2.2. STAND DER GLEICHSTELLUNG VON VERPARTNERTEN BEAMTEN MIT IHREN VERHEIRATETEN KOLLEGEN<br />

Lebenspartner, die Beamte, Richter oder Soldaten sind, werden auch bei der Beihilfe, bei der Erstattung von Reise- und<br />

Umzugskosten, beim Trennungsgeld, beim Sonderurlaub und im Laufbahnrecht im Vergleich zu verheirateten Beamten<br />

benachteiligt. Diese Rechtsmaterien sind nicht bundeseinheitlich geregelt. Deshalb muss die Gleichstellung hier durch<br />

den Bund einerseits und die Bundesländer andererseits erfolgen.<br />

• Der Bund hat seine verpartnerten Beamten, Richter und Soldaten durch das Überarbeitungsgesetz bei den Reise- und<br />

Umzugskosten, beim Trennungsgeld, beim Sonderurlaub und im Laufbahnrecht mit verheirateten Beamten gleichgestellt.<br />

Dagegen ist die Gleichstellung bei der Beihilfe bisher unterblieben.<br />

Sie ist in das Überarbeitungsgesetz nicht mit einbezogen worden, weil die Beihilfe beim Bund nicht in einer Verordnung,<br />

sondern in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift geregelt ist. Der Bund ist aber aufgrund eines Urteils des<br />

Bundesverwaltungsgerichts gezwungen, eine neue Beihilfeverordnung zu erlassen. Die Koalitionsfraktionen haben<br />

sich in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zum Überarbeitungsgesetz (Bundestags-Drucksache<br />

15/4052, Seite 28) dafür ausgesprochen, dass verpartnerte Beamte in der neuen Verordnung mit verheirateten<br />

Beamten gleichgestellt werden. Wann diese Verordnung erlassen wird, ist noch nicht bekannt.<br />

• Die Länder Berlin, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein haben ihr Landesbeamtenrecht bereits an das<br />

LPartG angepasst und ihre verpartnerten Beamten mit verheirateten Beamten gleichgestellt.<br />

• In den anderen Bundesländern hat es nur punktuelle Änderungen gegeben. Außerdem verweist das Landesrecht mancher<br />

Bundesländer für einzelne Bereiche auf das Bundesrecht. Dadurch sind Lebenspartner jetzt auch dort<br />

indirekt mit Eheleuten gleichgestellt.<br />

Damit ergibt sich für verpartnerte Beamte zurzeit folgendes Bild:<br />

• Familienzuschlag: keine Gleichstellung<br />

• Beamtenversorgung: keine Gleichstellung<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

63<br />

BEAMTE, ANGESTELLTE UND ARBEITER


• Beihilfe: Gleichstellung nur für verpartnerte Beamte der Länder<br />

• Berlin (§ 44 I u II LBG),<br />

• NRW (§ 88 LBG, BHVO),<br />

• Schleswig-Holstein (§ 3 I Nr 1 BhVO).<br />

• Reise- und Umzugskostenvergütung sowie Trennungsgeld: Gleichstellung nur für verpartnerte Beamte von:<br />

• Bund,<br />

• Berlin (§ 54 LBG),<br />

• Brandenburg (§ 54 I LBG),<br />

• Hamburg (§ 94 II LBG),<br />

• Niedersachsen (§ 98 I LBG),<br />

• Nordrhein-Westfalen (§ 1 LUKG, TrennungsentschädigungsVO),<br />

• Sachsen-Anhalt (§ 88 LBG),<br />

• Schleswig-Holstein (§ 104 S 1 Nr 4 LBG).<br />

• Sonderurlaub: Gleichstellung nur für verpartnerte Beamte von:<br />

• Bund,<br />

• Berlin (§ 55 II S 1 LBG),<br />

• NRW (§ 11 SonderurlaubsVO),<br />

• Niedersachsen (§ 9 I SonderurlaubsVO, Gleichbehandlung im Hinblick auf die<br />

Lebensgefährtin und den Lebensgefährten. Dieser Ausdruck ist nicht rechtstechnisch<br />

iSd LPartG gemeint und umfasst deshalb auch die Lebenspartner.<br />

• Sachsen-Anhalt (§ 22 II UrlaubsVO),<br />

• Schleswig-Holstein (§ 13 I SonderurlaubsVO).<br />

• Einige andere Länder gewähren Sonderurlaub aus wichtigen persönlichen Gründen,<br />

soweit dienstliche Belange nicht entgegenstehen.<br />

• Laufbahnrecht: Gleichstellung nur für verpartnerte Beamte von:<br />

• Bund,<br />

• Berlin (§ 16 IV LaufbahnG),<br />

• NRW (§§ 23 VII, 25 II LBG, LaufbahnVOen),<br />

• Schleswig-Holstein (Art 12 u 13 LandesanpassungsG).<br />

2.3. FAMILIENZUSCHLAG<br />

2.3.1. DAS BUNDESBESOLDUNGSGESETZ<br />

Da das Bundesbesoldungsgesetz noch nicht geändert worden ist, steht verpartnerten Beamten nach dem Wortlaut des<br />

Gesetzes (§§ 39, 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG) kein Familienzuschlag zu.<br />

Sie können den Familienzuschlag nur nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BBesG beanspruchen. Nach dieser Vorschrift wird der<br />

Familienzuschlag Beamten gewährt, die eine andere Person nicht nur vorübergehend in ihre Wohnung aufgenommen<br />

haben und ihr Unterhalt gewähren, weil sie gesetzlich oder sittlich dazu verpflichtet sind oder aus beruflichen oder gesundheitlichen<br />

Gründen ihrer Hilfe bedürfen. Als eine solche "andere Person" kommen auch der Lebenspartner und seine<br />

Kinder in Betracht.<br />

Auf der Grundlage dieser Vorschrift gewähren die meisten Bundesländer den Familienzuschlag, wenn ein Beamter mit<br />

seinem Lebenspartner zusammenwohnt und ihn unterhält, weil der Partner bedürftig ist. Baden-Württemberg und<br />

Bayern lehnen das ab, weil die Beamten ihre bedürftigen Partner nicht in ihre Wohnung "aufgenommen" hätten. Das sei<br />

nur dann der Fall, wenn die Wohnung dem aufnehmenden Beamten im Verhältnis zur aufgenommenen Person allein<br />

zuzurechnen sei. Es genüge nicht, wenn die Wohnung beiden Lebenspartnern in gleicher Weise zuzurechnen sei, weil sich<br />

dann in ihrem Verhältnis untereinander nicht sagen lasse, wer von beiden Lebenspartnern der Aufnehmende und wer der<br />

Aufgenommene ist. Diese Rechtsansicht ist vom Verwaltungsgerichtshof Mannheim gebilligt worden (DÖD 2005, 87). Die<br />

Revision gegen das Urteil ist beim Bundesverwaltungsgericht unter dem Aktenzeichen 2 C 43.04 anhängig.<br />

2.3.2. DIE EU-RICHTLINIE 2000/78/EG<br />

Viele verpartnerte Beamte wollen sich mit der jetzigen Rechtslage nicht zufrieden geben und haben deshalb ihre Dienstherren<br />

unter Berufung auf den Gleichheitsgrundsatz auf Zahlung des Familienzuschlags verklagt. Außerdem berufen sie<br />

sich darauf, dass Deutschland die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens<br />

für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf nicht fristgemäß bis zum 02.12.2003 in<br />

deutsches Recht umgesetzt hat. Nach dieser Richtlinie dürfen Beschäftigte beim Entgelt nicht wegen ihrer "sexuellen<br />

Ausrichtung" benachteiligt werden.<br />

Das Verwaltungsgericht Schleswig hat einer solchen Klage stattgegeben (Urt. v. 27.08.2004 - 11 A 103/04), der Verwaltungsgerichtshof<br />

Mannheim (Urt. v. 13.10.2004 - 4 S 1243/03 - DÖD 2005, 87), das Verwaltungsgericht Bremen (Urt. v.<br />

30.03.2004 - 6 K 734/03), das Verwaltungsgericht Koblenz (Urt. v. 14.09.2004 – 6 K 631/04.KO), das Oberverwaltungsgericht<br />

Münster (Beschl. v. 17.12.2004 - 6 A 3280/03 - NJW 2005, 1002) und das Verwaltungsgericht Neustadt (Urt. v. 23. Mai<br />

2005 - 6 K 1761/04.NW) haben solche Klagen abgewiesen. Die Revisionen gegen mehrere dieser Urteile sind beim Bundesverwaltungsgericht<br />

anhängig. Wir meinen, dass diese Revisionen aussichtsreich sind (siehe die Ausführungen in unserer<br />

Musterklage, http://typo3.lsvd.de/337.0.html).<br />

64<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

BEAMTE, ANGESTELLTE UND ARBEITER


2.4. WITWER- UND WITWENPENSION FÜR LEBENSPARTNER VON BEAMTEN<br />

Für die Hinterbliebenenpensionen gilt dasselbe wie für den Familienzuschlag. Die Hinterbliebenenpensionen gelten europarechtlich<br />

als "Entgelt". Die Tatsache, dass nach dem Wortlaut des Beamtenversorgungsgesetzes nur überlebende Ehegatten<br />

von Beamten, nicht aber auch aber auch überlebende Lebenspartner eine Witwer- oder Witwenpension erhalten,<br />

stellt eine Diskriminierung wegen der "sexuellen Ausrichtung" dar, die durch die Richtlinie 2000/78/EG verboten ist.<br />

Davon abgesehen ist hier auch zu berücksichtigen, dass Lebenspartner von sozialversicherten Arbeitnehmern inzwischen<br />

aufgrund des am 01.01.2005 in Kraft getretenen Überarbeitungsgesetzes dieselbe Hinterbliebenenrente erhalten<br />

wie Ehegatten. Das Bundesverfassungsgericht hat aber festgestellt, dass nicht nur die beitragsfinanzierten Versicherungsrenten,<br />

sondern auch die Versorgungsbezüge der Beamten der Gegenwert für die zur Zeit der aktiven Beschäftigung<br />

erbrachten Dienstleistungen sind (BVerfGE 105, 73, 114). Es stellt deshalb eine willkürliche Ungleichbehandlung dar,<br />

dass der Gesetzgeber im Überarbeitungsgesetz nur die hinterbliebenen Lebenspartner von sozialversicherten Arbeitnehmern<br />

in die Hinterbliebenenversorgung einbezogen hat.<br />

2.5. SONSTIGE LEISTUNGEN UND VERGÜNSTIGUNGEN FÜR BEAMTEN<br />

Art 3 I der RL 2000/78/EG verbietet nicht nur beim Entgelt die Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung, sondern<br />

auch bei den „Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen“ und beim „beruflichen Aufstieg“. Deshalb dürfen auch die<br />

sonstigen Vorteile, die verheirateten Beamten zustehen (s. oben 2.2. Stand der Gleichstellung von verpartnerten Beamten<br />

mit ihren verheirateten Kollegen) verpartnerten Beamten seit dem 03.12.2003 nicht mehr vorenthalten werden.<br />

3.BESCHÄFTIGTE IN KATHOLISCHEN EINRICHTUNGEN<br />

3.1. DIE RECHTSPRECHUNG DES BUNDESVERFASSUNGSGERICHTS<br />

Lesben und Schwule, die in katholischen Einrichtungen beschäftigt sind, müssen mit ihrer Kündigung rechnen, wenn sie<br />

eine Lebenspartnerschaft eingehen. Das gilt nicht nur für Mitarbeiter im kirchlichen Verkündigungsdienst, sondern auch<br />

für die Arbeitnehmer in den Einrichtungen der Caritas, in den katholischen Kindergärten und Kindertagesstätten, in Krankenhäusern,<br />

Alters- und Pflegeheimen, in Privatschulen, Internaten und Ferienheimen sowie bei den katholischen<br />

Kirchenzeitungen.<br />

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 70, 138) sind die Kirchen berechtigt, ihren Mitarbeitern<br />

die Beachtung jedenfalls der tragenden Grundsätze der kirchlichen Glaubens- und Sittenlehre aufzuerlegen und von<br />

ihnen zu verlangen, dass sie auch im Privatleben nicht gegen die fundamentalen Verpflichtungen verstoßen, die sich aus<br />

ihrer Zugehörigkeit zur Kirche ergeben und die jedem Kirchenmitglied obliegen. Deshalb enthalten die Arbeitsverträge<br />

üblicherweise besondere Klauseln, durch die den Mitarbeitern die Pflicht auferlegt wird, ihre gesamte Lebensführung<br />

nach der Glaubens- und Sittenlehre sowie den übrigen Normen der betreffenden Kirche auszurichten. Das gibt den kirchlichen<br />

Arbeitgebern die Möglichkeit, lesbische Mitarbeiterinnen und schwule Mitarbeiter zu entlassen, wenn sie gegen die<br />

kirchlichen Glaubens- und Moralvorschriften verstoßen.<br />

3.2. DIE KÜNDIGUNGSDROHUNG DER DEUTSCHEN BISCHÖFE<br />

Gestützt auf diese Rechtsprechung hat "Der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz" in einer Erklärung vom<br />

24.06.2002 "zur Unvereinbarkeit von Lebenspartnerschaften nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz mit den Loyalitätsobliegenheiten<br />

nach der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse" festgestellt:<br />

"Das neu geschaffene Rechtsinstitut der Lebenspartnerschaft nach dem 'Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung<br />

gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften vom 16. Februar 2001 (BGBl I S. 266)' widerspricht der<br />

Auffassung über Ehe und Familie, wie sie die katholische Kirche lehrt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen<br />

Dienst, gleich ob sie der katholischen Kirche angehören oder nicht, die nach diesem Gesetz eine 'eingetragene Lebenspartnerschaft'<br />

eingehen, verstoßen dadurch gegen die für sie geltenden Loyalitätsobliegenheiten, wie sie ihnen nach<br />

Artikel 4 der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse in der geltenden<br />

Fassung auferlegt sind.<br />

Das Eingehen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft ist deshalb ein schwerwiegender Loyalitätsverstoß im Sinne<br />

des Artikel 5 Abs. 2 der o.g. Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse, der die<br />

dort geregelten Rechtsfolgen nach sich zieht."<br />

Diese Erklärung ist von allen deutschen Bischöfen in ihren Amtsblättern "als authentische Interpretation" der "Grundordnung<br />

des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse" vom 22.09.1993 (NJW 1994, 1394;<br />

http://dbk.de/schriften/DBK1a.Bischoefe/db051-9-Auflage.pdf) veröffentlicht worden. Die Arbeitsgerichte müssen deshalb<br />

aufgrund dieser Erklärung davon ausgehen, dass die Eingehung einer Lebenspartnerschaft einen schwerwiegenden<br />

Loyalitätsverstoß i.S.v. Art. 5 Abs. 2 der Grundordnung darstellt.<br />

3.3. DIE RICHTLINIE 2000/78/EG<br />

Aufgrund der oben skizzierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts konnte man bisher gegen solche Kündigungen<br />

wenig unternehmen. Das hat sich, so meinen wir, durch die Richtlinie 2000/78/EG geändert (AmtsBl. EG L 303/16<br />

v. 02.12.2000, http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2000/l_303/l_30320001202de00160022.pdf).<br />

Nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 der RL 2000/78/EG darf den Kirchen eine Ungleichbehandlung wegen der Religion erlaubt wer-<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

65<br />

BEAMTE, ANGESTELLTE UND ARBEITER


den, wenn diese nach der Art der Tätigkeit oder den Umständen ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und<br />

gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation darstellt. Hier geht es aber nicht um die<br />

Religion der Lebenspartner, sondern um einen Verstoß gegen eine Moralvorschrift der Katholischen Kirche. Im Satz 2<br />

heißt es ausdrücklich, dass diese Vorschrift keine Diskriminierung aus einem anderen Grund rechtfertigt.<br />

Die Zulässigkeit solcher Kündigungen beurteilt sich deshalb nur nach der allgemeinen Öffnungsklausel des Art. 4 Abs. 1<br />

der Richtlinie. Sie stellt darauf ab, ob das Verbot der Eingehung einer Lebenspartnerschaft "aufgrund der Art einer bestimmten<br />

beruflichen Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung<br />

darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist." Ob diese Voraussetzung im konkreten<br />

Fall gegeben ist, werden die Gerichte zu entscheiden haben.<br />

Die Frage ist nicht - wie bisher - aufgrund der Selbstdefinition der katholischen Kirche, sondern nach objektiven Maßstäben<br />

zu beurteilen. Dabei wird auch die Nähe des Beschäftigten zum Verkündigungsauftrag der katholischen Kirche ins<br />

Gewicht fallen (z.B. Direktor eines katholischen Krankenhauses einerseits und Techniker andererseits). Außerdem wird<br />

von Bedeutung sein, ob im selben Arbeitsbereich Ungetaufte und in nichtehelicher Partnerschaft Zusammenlebende<br />

beschäftigt werden, ohne dass ihnen gekündigt wird (Schliemann NZA 2003, 411ff; Reichold in: Kreß (Hrsg), Religionsfreiheit<br />

als Leitbild. Staatskirchenrecht in Deutschland und Europa im Prozess der Reform, 2004, S 116; Thüsing, Ausschuss-<br />

Drucks 15(12)440-c des Bundestagsausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, S 13; Link, Christoph: Antidiskriminierung<br />

kirchliches Arbeitsrecht, ZevKR 2005, 403, 416).<br />

Aus Art. 4 Abs. 2 Satz 3 der Richtlinie ergibt sich nichts anderes. Danach können die Kirchen und die ihnen zugeordneten<br />

Organisationen von den für sie arbeitenden Personen verlangen, dass sie sich loyal und aufrichtig im Sinne des Ethos der<br />

Organisation verhalten, „sofern die Bestimmungen dieser Richtlinie im übrigen eingehalten werden“. Aus diesem Zusatz<br />

folgt, dass ein Verhalten, das nach den angeführten Regelungen zulässig ist, nicht in Loyalitätsverletzungen umgedeutet<br />

werden darf (vgl. zum Ganzen: Belling, Detlev W., NZA 2004, 885, 886 f.; Budde, Petra, AuR 2005, 353, 357 ff.; Kehlen,<br />

Detlef: Europäische Antidiskriminierung und kirchliches Selbstbestimmungsrecht. Zur Auslegung von Art. 13 EG und Art.<br />

4 der Richtlinie 2000/78/EG - Franfurt a.M usw.: Peter Lang, 2003, S. 194 ff.; Link, Christoph, ZevKR 2005, 403, 415 ff.;<br />

Reichold, Herrmann, in: Kreß, Hartmut (Hrsg): Religionsfreiheit als Leitbild. Staatskirchenrecht in Deutschland und<br />

Europa im Prozess der Reform - Münster: LIT Verlag, 2004, S. 105, 116; Schliemann, Harald, NZA 2003, 407, 411 ff.).<br />

Ob allerdings die Gerichte dieser Argumentation folgen werden, ist ungewiss.<br />

3.4. MITTEILUNGEN DER MELDEBEHÖRDEN AN DIE KATHOLISCHE KIRCHE<br />

Damit es nicht zu einer Kündigung kommt, sollte man die Eingehung der Lebenspartnerschaft dem katholischen Arbeitgeber<br />

nicht mitteilen. Man braucht die Eingehung einer Lebenspartnerschaft beim Arbeitgeber nur anzugeben, wenn<br />

man daraus Rechte ableiten will.<br />

Das allein genügt aber nicht. Inzwischen sind das Melderechtsrahmengesetz und ein Teil der Meldegesetze der Länder an<br />

das Lebenspartnerschaftsgesetz angepasst worden. Die Anpassung der übrigen Meldegesetze der Länder wird folgen.<br />

Danach dürfen die Meldebehörden bei Lebenspartnern, die Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft<br />

sind, den Familienstand „Lebenspartnerschaft“ mitteilen sowie den Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft.<br />

Zwar besteht Übereinstimmung darin, dass die Meldebehörden den öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften die für<br />

Zwecke der Steuererhebung benötigten Daten übermitteln müssen, auch wenn das in den Kirchensteuergesetzen oder<br />

den Konkordaten bzw. den Staatskirchenverträgen nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist.<br />

Dieser Gesichtspunkt greift aber bei der Übermittlung des Familienstands von Lebenspartnern an die katholische Kirche<br />

nicht. Die katholische Kirche bewertet die Eingehung einer Lebenspartnerschaft als „schlimme Abirrung“ (Katechismus<br />

der Katholischen Kirche Nr. 2357). Es gibt demgemäß keine Kirchensteuerbeschlüsse der katholischen Diözesen, in denen<br />

an die Tatsache einer Lebenspartnerschaft besondere Steuerpflichten geknüpft werden wie etwa das Kirchgeld bei glaubensverschiedenen<br />

Ehen. Daher sind die katholischen Bistümer für Kirchensteuerzwecke nicht auf die Kenntnis angewiesen,<br />

ob ihre Mitglieder in einer Lebenspartnerschaft leben oder nicht. Es bleibt deshalb bei dem allgemeinen Grundsatz,<br />

dass die Meldebehörden der katholischen Kirche den Familienstand von Lebenspartnern zwar übermitteln dürfen, aber<br />

nicht müssen. Die Übermittlung steht in ihrem Ermessen.<br />

In solchen Fällen dürfen die Meldebehörden die Daten nicht weitergeben, wenn dadurch schutzwürdige Interessen des<br />

Betroffenen beeinträchtigt werden (§ 6 Melderechtsrahmengesetz). Das ist der Fall, wenn den Betroffenen durch die<br />

Übermittlung die Existenzgrundlage entzogen wird. Die Meldebehörden müssen deshalb den Widerspruch von Mitarbeitern<br />

in katholischen Einrichtungen gegen die Weitergabe ihres Familienstandes „Lebenspartnerschaft“ an die Katholische<br />

Kirche beachten (Süßmuth in Medert/Süßmuth, Melderecht des Bundes und der Länder, Stand Juni 2004, § 19 MRRG, Rz.<br />

30a; 33. Tätigkeitsbericht des Hessischen Datenschutzbeauftragten Nr. 6.3, http://www.datenschutz.hessen.de/Tb33/Inhalt.htm).<br />

3.5.SCHREIBEN AN DIE MELDEBEHÖRDEN<br />

An ........<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

ich bin bei ...... beschäftigt. Nach der Erklärung des Ständigen Rates der Deutschen Bischofskonferenz vom 24. Juni 2002<br />

zur Unvereinbarkeit von Lebenspartnerschaften nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz mit den Loyalitätsobliegenheiten<br />

66<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

BEAMTE, ANGESTELLTE UND ARBEITER


nach der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse muss ich damit rechnen, dass<br />

mein Arbeitgeber mir kündigt, wenn ihm bekannt wird, dass ich eine Lebenspartnerschaft führe.<br />

Ich verlange deshalb, dass diese Tatsache der Katholischen Kirche nicht mitgeteilt wird. Sollte dies doch geschehen und<br />

ich deshalb meine Arbeitsstelle verlieren, werde ich Sie auf Schadensersatz in Anspruch nehmen.<br />

Zur Rechtslage verweise ich auf den Kommentar von Medert/Süßmuth, Melderecht des Bundes und der Länder, Stand<br />

Juni 2004, § 19 MRRG , Rz. 30a, und auf den 33. Tätigkeitsbericht des Hessischen Datenschutzbeauftragten, Nr. 6.3,<br />

(http://www.datenschutz.hessen.de/Tb33/Inhalt.htm).<br />

4.BESCHÄFTIGTE IN EVANGELISCHEN EINRICHTUNGEN<br />

Die EKD hat im September 2002 eine Orientierungshilfe: "Theologische, staatskirchenrechtliche und dienstrechtliche<br />

Aspekte zum kirchlichen Umgang mit den rechtlichen Folgen der Eintragung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften<br />

nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz" veröffentlicht (http://www.ekd.de/EKD-Texte/2078_empfehlungen_gleichgeschlechtliche_partnerschaften_2002.html).<br />

In dieser Orientierungshilfe wird immer wieder auf die Orientierungshilfe<br />

"Mit Spannungen leben" des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland zum Thema "Homosexualität und Kirche"<br />

vom Februar 1996 verwiesen (http://www.ekd.de/EKD-Texte/2091_spannungen_1996_homo.html).<br />

Nach der neuen Orientierungshilfe der EKD brauchen Lebenspartner, die in evangelischen Einrichtungen beschäftigt sind,<br />

nicht mit einer Kündigung zu rechnen.<br />

Zum Besoldungsrecht heißt es in der neuen Orientierungshilfe der EKD:<br />

"(9) Dienstrechtliche bzw. besoldungsrechtliche Rechtsfolgen 20 , die im Entwurf des Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetzes<br />

für staatliche Beamtinnen und Beamte vorgesehen sind, wären im kirchlichen Bereich zunächst ohne<br />

Veränderung des vorhandenen Kirchenrechts nach dem Grundsatz zu gewähren oder zu versagen, dass Besoldungsrecht<br />

und ähnliche Folgeregelungen dem Statusrecht folgen. Im Bereich der VELKD wäre die Gewährung entsprechender<br />

Leistungen nach der oben angeführten Rechtssicht ausgeschlossen. Des Weiteren wird die Gewährung davon abhängen,<br />

ob die jeweilige Landeskirche für das betreffende Rechtsgebiet auf das jeweilige staatliche Recht verweist<br />

oder ob sie eigene ausformulierte Regelungen hat. Im Falle von Verweisungen werden eingetragene Lebenspartnerschaften<br />

eher Leistungen erhalten als im Falle ausformulierter eigener kirchlicher Regelungen. Da es sich um wenige<br />

Einzelfälle handeln wird, wird man damit leben können, dass sich die Praxis der Gliedkirchen hinsichtlich der Sozialleistungen<br />

an kirchliche Amtsträger in eingetragenen Lebenspartnerschaften während einer notwendigen Übergangszeit<br />

unterschiedlich gestalten wird."<br />

Fußnote 20: Zum Beispiel: Anspruch auf Erziehungsurlaub oder Urlaub ohne Dienstbezüge zur Erziehung eines Kindes<br />

des Lebenspartners oder der -partnerin; Urlaub aus persönlichen Anlässen, z.B. Niederkunft, Krankheit, Tod des Lebenspartners<br />

oder der -partnerin; Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen auch des Lebenspartners oder<br />

der -partnerin; Wegstreckenentschädigung bei Benutzung des Kraftfahrzeugs des Lebenspartners oder der -partnerin;<br />

Umzugskosten bei Wohnungswechsel wegen Gesundheit des Lebenspartners oder der -partnerin; Beförderungsauslagen<br />

für Umzugsgut des Lebenspartners oder der -partnerin; höhere Pauschvergütung für sonstige Umzugsauslagen<br />

für Verheiratete, Geschiedene, Verwitwete oder Lebenspartner und -partnerinnen; höheres Trennungsgeld für Ehepaare<br />

und eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften.“<br />

Dazu ist folgendes zu sagen:<br />

Die Nordelbische Kirche, die zur VELKD gehört, behandelt Lebenspartner schon jetzt besoldungsrechtlich wie Ehegatten.<br />

Ob und inwieweit dies auch für die anderen evangelischen Kirchen gilt, wissen wir nicht.<br />

Wie oben dargelegt, können die evangelischen Kirchen die unterschiedliche Besoldung von verpartnerten und verheirateten<br />

Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen allenfalls mit Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG rechtfertigen. Das geht aber<br />

schon deshalb nicht, weil die evangelischen Kirchen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die verpartnert sind, nicht mehr<br />

entlassen. Sie sehen es somit nicht als "eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung" an, dass ihre Mitarbeiter<br />

und Mitarbeiterinnen nicht verpartnert sind.<br />

8. WEHRPFLICHTIGE UND ZIVILDIENSTLEISTENDE<br />

Soldaten und Zivildienstleistende, die in Erfüllung der Wehrpflicht ihren Dienst ableisten, erhalten für sich und ihre Familienangehörigen<br />

Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz. Das Gesetz wurde so geändert, dass Lebenspartner<br />

Eheleuten gleichstehen.<br />

Leisten allerdings beide Lebenspartner zur gleichen Zeit ihren Wehr- oder Zivildienst, scheiden natürlich bestimmte Leistungen<br />

aus, da jeder Lebenspartner hier seine eigenen Ansprüche hat und nicht mitversorgt werden muss.<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

67<br />

WEHRPFLICHTIGE UND ZIVILDIENSTLEISTENDE


9. STEUERRECHT<br />

INHALT 68-73<br />

1. EINKOMMENSTEUER<br />

1.1. Können Lebenspartner bei der Einkommensteuer zusammen veranlagt werden<br />

1.2. Außergewöhnliche Belastungen<br />

1.3. Entlastungsbetrag für Alleinerziehende<br />

1.4. Beschäftigung einer Hilfe im Haushalt<br />

1.5. Zweitwohnungssteuer<br />

1.6. Kinder<br />

1.7. Altersversorgung<br />

1.8. Steuerbegünstigungen für Wohnungseigentum<br />

2. ERBSCHAFT- UND SCHENKUNGSTEUER<br />

3. GRUNDERWERBSTEUER<br />

1.EINKOMMENSTEUER<br />

1.1. KÖNNEN LEBENSPARTNER BEI DER EINKOMMENSTEUER ZUSAMMEN VERANLAGT WERDEN<br />

Nein. Lebenspartner werden bei der Einkommensteuer wie Ledige behandelt (Steuerklasse I).<br />

Die getrennte Veranlagung wirkt sich zusätzlich bei den Höchstbeträgen nachteilig aus. Wenn Eheleute zusammen veranlagt<br />

werden, verdoppeln sich die Höchstbeträge. Diese doppelten Höchstbeträge stehen den Eheleuten gemeinsam zu, so<br />

dass Minderbeträge des einen Ehegatten durch Mehrbeträge des anderen ausgeglichen werden können. § 3 II WoGG<br />

spricht deshalb von einer „Höchstbetragsgemeinschaft“. Bei Lebenspartnern, die getrennt veranlagt werden, ist ein solcher<br />

Ausgleich nicht möglich. Das gilt z. B. für:<br />

• den Abzug von Vorsorgeleistungen als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 3 u. 4 EStG),<br />

• Spenden (§ 10b Abs. 1 u. 3 , § 34g Abs. II EStG),<br />

• den Sparer-Freibetrag (§ 20 Abs. 4 EStG),<br />

• den Höchstbetrag der prämienbegünstigten Aufwendungen, nach denen sich<br />

die Höhe der Wohnungsbau-Prämie bemisst (§ 3 WoPG).<br />

Die Finanzgerichte haben bisher alle Klagen von Lebenspartnern gegen ihre getrennte Veranlagung abgewiesen (siehe<br />

unsere Rechtsprechungsübersicht: http://www.typo3.lsvd.de/211.0.html#877). Gegen mehrere dieser Urteile sind Revisionen<br />

beim Bundesfinanzhof anhängig. Wir meinen, dass diese Revisionen aussichtsreich sind (siehe die Ausführungen in<br />

unserer Musterklage: http://www.typo3.lsvd.de/372.0.html).<br />

1.2. AUSSERGEWÖHNLICHE BELASTUNGEN<br />

Es besteht lediglich die Möglichkeit, Aufwendungen für den Unterhalt oder für eine Berufsausbildung des Lebenspartners<br />

bis zu einer Höhe von 7.680 Euro pro Kalenderjahr (bis 2004: 7.188 Euro) als außergewöhnliche Belastung vom Gesamtbetrag<br />

der Einkünfte abzusetzen (§ 33a Abs. 1 EStG). Lebt die unterstützte Person im Haushalt des Unterstützenden, geht<br />

die Finanzverwaltung davon aus, dass dem Steuerpflichtigen Aufwendungen in Höhe des Höchstbetrages erwachsen.<br />

Der unterstützte Lebenspartner darf kein oder nur ein geringes Vermögen besitzen. Verfügt er über eigene Einkünfte, die<br />

für seinen Unterhalt bestimmt oder geeignet sind, so vermindert sich für den anderen Lebenspartner der absetzungsfähige<br />

Höchstbetrag. Von den 7.680 Euro wird der Betrag abgezogen, um den die Einkünfte des unterhaltenen Lebenspartners<br />

den Betrag von 624 Euro übersteigen. Eine Ausbildungsbeihilfe aus öffentlichen Mitteln, wie z.B. BAföG, wirkt sich<br />

ebenfalls mindernd auf den Absetzungshöchstbetrag aus.<br />

Charlotte und Silke sind eingetragene Lebenspartnerinnen. Da Silke sich noch in der Ausbildung befindet, kann<br />

Charlotte die Aufwendungen für Silkes Unterhalt in ihrer Einkommensteuererklärung von dem Gesamtbetrag ihrer<br />

Einkünfte absetzen. Silke verfügte aber über ein eigenes Jahreseinkommen in Höhe von 3.000 Euro.<br />

Die abzusetzende Summe errechnet sich folgendermaßen:<br />

3.000 Euro - 624 Euro = 2.376 Euro<br />

Dieser Betrag ist von dem Absetzungshöchstbetrag abzuziehen.<br />

7.680 Euro - 2.376 Euro = 5.304 Euro.<br />

Charlotte könnte also den Betrag von 5.304 Euro als Unterhaltsaufwendung von dem Gesamtbetrag ihrer Einkünfte absetzen.<br />

Silke erhielt jedoch auch Bezüge nach dem BAföG in Höhe von monatlich 230 Euro. Diese Bezüge müssen ebenfalls<br />

von dem Absetzungshöchstbetrag abgezogen werden:<br />

230 Euro pro Monat = 2.760 Euro im Jahr<br />

5.304 Euro - 2.760 Euro = 2.544 Euro<br />

Charlotte kann also nur 2.544 Euro als Unterhaltsaufwendung von der Steuer absetzen.<br />

68<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

STEUERRECHT


Ehegatten können nach § 33a I EStG auch Aufwendungen für den Unterhalt oder eine etwaige Berufsausbildung für Personen<br />

absetzen, die ihrem »Ehegatten« gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigt sind. Das trifft u.a. für Stiefkinder zu.<br />

Lebenspartner können dagegen Unterhaltsaufwendungen für Stiefkinder nicht absetzen.<br />

Wenn Lebenspartner sonstige Sonderausgaben als außergewöhnliche Belastung geltend machen, ermäßigt sich die<br />

Grenze der zumutbaren Belastung nicht. Sie ist wie bei Alleinstehenden jeweils 1 % höher als bei Ehegatten<br />

(§ 33 III EStG).<br />

Aufwendungen für die Feier aus Anlass der Begründung der Lebenspartnerschaft, für Geschenke oder für Reisen zur<br />

Feier gelten wie bei Hochzeiten nicht als außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 EStG und sind deshalb nicht abzugsfähig.<br />

Dagegen sind die mit dem Gerichtsverfahren zusammenhängenden Kosten der Aufhebung einer Lebenspartnerschaft<br />

(Gerichts- und Anwaltskosten) als zwangsläufig i.S.d. § 33 EStG anzusehen, da die Lebenspartnerschaft nur durch Urteil<br />

aufgehoben werden kann (§ 15 LPartG). Dies gilt auch für die Kosten von Folgesachen (vermögens- und unterhaltsrechtliche<br />

Auseinandersetzungen), soweit eine einheitliche Kostenentscheidung (§ 93 a ZPO) ergeht. Die Kosten sind deshalb<br />

als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, soweit sie – zusammen mit den sonstigen zwangsläufigen Aufwendungen –<br />

die zumutbare Belastung übersteigen.<br />

1.3. ENTLASTUNGSBETRAG FÜR ALLEINERZIEHENDE<br />

Bis einschließlich 2003 stand "Alleinerziehenden" nach § 32 Abs. 7 EStG a.F. ein Haushaltsfreibetrag in Höhe von 2.340<br />

Euro zu, wenn sie einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld für mindestens ein Kind erhielten und das Kind bzw. die Kinder<br />

in ihrer Wohnung gemeldet waren. Anders als bei Ehegatten galt diese Regelung infolge des Scheiterns des LPartGErgGE<br />

nicht nur für getrennt lebende, sondern auch für zusammenlebende Lebenspartner.<br />

Ab dem Jahr 2004 erhalten „Alleinerziehende“ statt des Haushaltsfreibetrags einen Entlastungsbetrag i.H.v. 1308 Euro<br />

jährlich (109 Euro monatlich, § 24b EStG). Dieser "Entlastungsbetrag für Alleinerziehende" wird - wie bisher der Haushaltsfreibetrag<br />

- einmal (auch bei mehreren Kindern) zusätzlich zum Kindergeld bzw. den Freibeträgen für Kinder gewährt.<br />

Für das Lohnsteuerabzugsverfahren durch den Arbeitgeber wird auf der Lohnsteuerkarte - wie bisher beim Haushaltsfreibetrag<br />

- die Steuerklasse II bescheinigt (§ 38b 2 Nr. 2 EStG).<br />

Es muss sich aber um "echte" Alleinerziehende handeln, d.h. sie dürfen keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen<br />

Person bilden. Von einer für den Entlastungsbetrag schädlichen Haushaltsgemeinschaft wird regelmäßig ausgegangen,<br />

wenn eine andere Person mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in der Wohnung des Arbeitnehmers gemeldet ist. Diese Vermutung<br />

ist widerlegbar, es sei denn, der Steuerpflichtige und die andere Person leben in eheähnlicher Gemeinschaft oder in<br />

einer Lebenspartnerschaft. Deswegen werden zusammenwohnende Lebenspartner mit Kindern jetzt in Steuerklasse I<br />

eingeordnet.<br />

1.4. BESCHÄFTIGUNG EINER HILFE IM HAUSHALT<br />

Nach § 33a Abs. 3 Satz 1 u. 2 EStG können Aufwendungen durch die Beschäftigung einer Hilfe im Haushalt bis zu<br />

624 Euro im Kalenderjahr abgezogen werden, wenn der Steuerpflichtige oder sein Ehegatte das 60. Lebensjahr vollendet<br />

hat oder wenn die Beschäftigung einer Hilfe im Haushalt wegen Krankheit des Steuerpflichtigen, seines Ehegatten oder<br />

eines zum Haushalt gehörenden Kindes notwendig ist. In diesem Fall erhöht sich die Pauschale auf 924 Euro pro Jahr,<br />

wenn die betreffende Person hilflos oder schwer behindert ist. Dasselbe gilt bei Heimunterbringung für die Kosten, die<br />

Dienstleistungen enthalten. Lebenspartner können diese Abzugsmöglichkeit nur in Anspruch nehmen, wenn der Steuerpflichtige<br />

selbst 60 Jahre alt ist. Dass sein Lebenspartner dieses Alter erreicht hat, genügt nicht. Zum Haushalt gehörende<br />

pflegebedürftige Stiefkinder werden bei Lebenspartnern ebenfalls nicht berücksichtigt, weil es sich nicht um Stiefkinder<br />

i.S.v. § 32 Abs. 6 Satz 7EStG handelt.<br />

Die Höchstbeträge von 624 bzw. 924 Euro pro Jahr können auch bei Ehegatten, die nicht dauernd getrennt leben, insgesamt<br />

nur einmal abgezogen werden, es sei denn, die Ehegatten sind wegen Pflegebedürftigkeit eines der Ehegatten an<br />

einer gemeinsamen Haushaltsführung gehindert. Nach dem LPartGErgGE sollte diese Einschränkung auf nicht dauernd<br />

getrennt lebende Lebenspartner erstreckt werden. Da dies bisher nicht geschehen ist, kann jeder Lebenspartner bei seiner<br />

Einzelveranlagung den Höchstbetrag absetzen, wenn sie jeweils so viel für die Beschäftigung einer Hilfe im Haushalt<br />

aufgewandt haben.<br />

1.5. ZWEITWOHNUNGSSTEUER<br />

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden (Urt. v. 11.10.2005 - 1 BvR 1232/00 u. 2627/03), dass die Zweitwohnungssteuer<br />

nicht auf Zweitwohnungen erhoben werden darf, die ein nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte aus beruflichen<br />

Gründen bewohnt. Das diskriminiert nach Auffassung des Gerichts die Ehe und verstößt deshalb gegen Art. 6 Abs. 1<br />

GG. Maßgeblich für die Entscheidung war, dass bei Ehegatten die Familienwohnung aufgrund der Meldegesetze immer als<br />

Hauptwohnung gilt, auch wenn sich ein Ehegatte aus beruflichen oder anderen Gründen vornehmlich in der Zweitwohnung<br />

aufhält.<br />

Lebenspartner in den Bundesländern Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-<br />

Holstein befinden sich in derselben Lage. Diese Länder haben ihr Melderecht schon an das Lebenspartnerschaftsgesetz<br />

angepasst. Dort gilt deshalb nicht nur für Eheleute, sondern auch für Lebenspartner, die nicht getrennt leben, der Grundsatz,<br />

dass als Hauptwohnung immer die Wohnung gilt, die die Lebenspartner vorwiegend benutzen. Lebenspartner können<br />

deshalb in diesen Ländern - genauso wie Ehegatten - einer Zweitwohnungssteuer nicht ausweichen, auch wenn sie<br />

die Zweitwohnung vorwiegend benutzen, weil sie sich dort aus beruflichen oder sonstigen Gründen überwiegend aufhalten.<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

69<br />

STEUERRECHT


Lebenspartner können sich in solchen Fällen zwar nicht auf Art. 6 Abs. 1 GG berufen. Es stellt aber eine willkürliche<br />

Ungleichbehandlung dar (Art. 3 Abs. 1 GG), dass nicht verpartnerte gleichgeschlechtliche Lebensgefährten für die überwiegend<br />

benutzte Zweitwohnung keine Zweitwohnungssteuer bezahlen müssen, weil diese melderechtlich ihre Hauptwohnung<br />

ist, während eine solche Wohnung für Lebenspartner melderechtlich immer als Zweitwohnung gilt und deshalb<br />

mit der Zweitwohnungssteuer belegt wird.<br />

In den übrigen Bundesländern, die ihr Melderecht noch nicht an das Lebenspartnerschaftsgesetz angepasst haben, ist<br />

die Rechtslage anders. Dort gilt für Lebenspartner melderechtlich der allgemeine Grundsatz, dass die vorwiegend<br />

benutzte Wohnung die Hauptwohnung ist. Lebenspartner können deshalb in diesen Bundesländern der Zweitwohnungssteuer<br />

ohne weiteres dadurch entgehen, dass sie sich in der "Zweitwohnung" mit Hauptwohnsitz anmelden. Melderechtlich<br />

müssen sie das sogar.<br />

Der Abzug von Werbungskosten wegen doppelter Haushaltsführung wird dadurch nicht gefährdet. Der Abzug hängt<br />

nicht von der melderechtlichen Klassifizierung der Wohnungen ab. Das Einkommensteuerrecht stellt nur darauf ab, dass<br />

einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung Mehraufwendungen<br />

entstehen, und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen die doppelte Haushaltsführung beibehalten wird. Diese<br />

Voraussetzung ist nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG gegeben, "wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen<br />

eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt".<br />

Die Tatsache, dass die Zweitwohnung in diesen Bundesländern als Hauptwohnung gilt, ist auch für binationale Paare<br />

nicht problematisch. Zwar machen die Ausländerbehörden den Fortbestand der Aufenthaltserlaubnis des ausländischen<br />

Lebenspartners regelmäßig davon abhängig, dass die Partner einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben. Das kann aber<br />

so nicht gelten, wenn sich einer der Partner aus beruflichen oder Ausbildungsgründen während der Woche in einer anderen<br />

Stadt aufhalten muss und deshalb dort eine Zweitwohnung anmietet. Denn er kann sich dann dort nur mit Hauptwohnsitz<br />

anmelden, weil er die Zweitwohnung vorwiegend benutzt. Entscheidend ist in solchen Fällen, dass die Lebenspartner<br />

die "lebenspartnerschaftliche Wohnung" als gemeinschaftliche Wohnung beibehalten.<br />

1.6. KINDER<br />

Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr 2 EStG und § 2 Abs. 1 Nr 1 BKGG werden Stiefkinder beim Kindergeld nur berücksichtigt, wenn<br />

es sich um Stiefkinder von Ehegatten handelt. Daraus folgert der Bundesfinanzhof, dass dies auch für den Begriff "Stiefelternteil"<br />

in § 32 Abs. 6 Satz 7 EStG gilt. Lebenspartner können deshalb den Kinder- und den Betreuungsfreibetrag<br />

nicht auf die Co-Mutter oder den Co-Vater übertragen, auch wenn diese die Alleinverdiener sind.<br />

Anders verhält es sich mit leiblichen Kindern von Lebenspartnern, die vom anderen Partner adoptiert worden sind<br />

(Stiefkindadoption).<br />

§ 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG definiert: "Kinder sind im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder". Das trifft nach<br />

einer "Stiefkindadoption" auf beide Lebenspartner zu. Denn durch die Adoption ändert sich an dem Verwandtschaftsverhältnis<br />

der leiblichen Eltern zu ihren Kindern nichts. Die Kinder sind weiterhin mit ihnen im ersten Grad verwandt. Anderseits<br />

erlangen die bisherigen "Stiefeltern" durch die Adoption die gleiche rechtliche Stellung wie leibliche Eltern mit der<br />

Folge, dass die Kinder nun auch mit ihnen im ersten Grad verwandt sind. Die Kinder sind rechtlich "gemeinschaftliche<br />

Kinder" der Lebenspartner (vgl. § 9 Abs. 7 LPartG i.V.m. § 1754 Abs. 1 und 3 BGB).<br />

Wenn das aber so ist, dann gilt für diese Lebenspartner auch § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG: "Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer<br />

wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 1.824 Euro für das sächliche<br />

Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1.080 Euro für den Betreuungs- und Erziehungsoder<br />

Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen." Das heißt, da die Kinder bei beiden Lebenspartnern zu<br />

berücksichtigen sind, stehen der Kinder- und der Betreuungsfreibetrag jedem von ihnen zu.<br />

Das ist keine Bevorzugung gegenüber Ehegatten, die zusammen veranlagt werden. Für sie gilt Satz 2 von § 36 Abs. 6<br />

EStG: "Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die<br />

Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht."<br />

Lebenspartner haben in solchen Fällen auch die Möglichkeit, den Kinderfreibetrag, der einem von ihnen zusteht, auf<br />

den anderen übertragen zu lassen, wenn einer von ihnen kein Einkommen hat, weil er z.B. die Kinder betreut oder arbeitslos<br />

ist und deshalb zum Unterhalt der Kinder nichts beitragen kann. Das ergibt sich aus § 32 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz<br />

1 EStG: "Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen<br />

des § 26 Abs. 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag<br />

auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem<br />

Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt". Denn Lebenspartner mit "gemeinschaftlichen Kindern" sind ein<br />

"unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG (Zusammenveranlagung)<br />

nicht vorliegen".<br />

Außerdem müssen Lebenspartner in diesen Fällen festlegen, wer von ihnen das Kindergeld und gegebenenfalls den Kinderzuschlag<br />

erhalten soll (§ 64 Abs. 2 Satz 2 EStG).<br />

Zur Frage, wie sich bei Studenten und Azubis die Begründung einer Lebenspartnerschaft auf den Kinderfreibetrag bzw.<br />

das Kindergeld der Eltern auswirkt, siehe den Abschnitt: 7.3 Kinderfreibetrag bzw. Kindergeld für Lebenspartner im<br />

Kapitel: 1. Die Lebenspartnerschaft.<br />

70<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

STEUERRECHT


1.7. ALTERSVERSORGUNG<br />

Beiträge zum Aufbau einer eigenen kapitalgedeckten Altersversorgung können nach § 10 Abs. 1 Nr. 2b EStG auch dann<br />

als Sonderausgaben abgesetzt werden, wenn der Vertrag die ergänzende Absicherung von Hinterbliebenen durch eine<br />

Hinterbliebenenrente vorsieht. Zu den Hinterbliebenen, die gesetzlich abgesichert werden können, gehören nur der Ehegatte<br />

des Steuerpflichtigen, seine Kinder und seine Stiefkinder, für die er einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 Satz 6 EStG<br />

erhält (s. a. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AltZertG). Ist in dem Vertrag eine Hinterbliebenenrente für den Lebenspartner und/oder für<br />

Stiefkinder des Lebenspartners vorgesehen, werden die Beitrage nicht als Sonderausgaben anerkannt.<br />

Das gilt für die Beiträge des Arbeitgebers zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung nicht. Sie<br />

können vom Arbeitgeber auch dann nach § 4 Abs. 4, 4c, 4d oder 4e EStG als Betriebsausgaben abgezogen werden, und<br />

der Arbeitnehmer braucht sie bis zu einer bestimmten Höhe nicht als Einnahmen zu versteuern (§ 3 Nr. 63 EStG), wenn<br />

der Vertrag eine ergänzende Hinterbliebenenversorgung für den "Lebensgefährten" vorsieht. Der Begriff des Lebensgefährten<br />

ist dabei als Obergriff zu verstehen, der neben der nicht eingetragenen gleichgeschlechtlichen Partnerschaft<br />

auch die Lebenspartnerschaft umfasst (BMF, BStBl I 2002, 706; 2004, 1065 Rn. 157). Die ergänzende Hinterbliebenenversorgung<br />

kann auch Leistungen an die Kinder des Lebensgefährten oder Lebenspartners vorsehen.<br />

Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten, von denen nur ein Ehegatte unmittelbar Anspruch auf eine Altersvorsorgezulage<br />

hat, ist auch der andere Ehegatte mittelbar zulageberechtigt, wenn beide Ehegatten jeweils einen auf ihren Namen<br />

lautenden, nach § 5 AltZertG zertifizierten Vertrag (Altersvorsorgevertrag) abgeschlossen haben oder wenn der unmittelbar<br />

zulageberechtigte Ehegatte über eine förderbare Versorgung im Sinne des § 82 Abs. 2 EStG bei einer Pensionskasse,<br />

einem Pensionsfonds oder über eine förderbare Direktversicherung verfügt und der andere Ehegatte einen auf seinen<br />

Namen lautenden, nach § 5 AltZertG zertifizierten Vertrag abgeschlossen hat. Eigene Altersvorsorgebeiträge müssen<br />

nur von dem unmittelbar zulageberechtigten Ehegatten, nicht jedoch von dem mittelbar zulageberechtigten Ehegatten<br />

erbracht werden. Bei Lebenspartnern kommt diese mittelbare Zulageberechtigung nicht in Betracht (§ 79 S 2 EStG).<br />

Vermögenswirksame Leistungen können auch zugunsten des Ehegatten eines Arbeitnehmers und seiner Kinder angelegt<br />

werden, nicht dagegen zugunsten seines Lebenspartners oder seiner Stiefkinder (§ 3 Abs. 1 VermBG).<br />

1.8. STEUERBEGÜNSTIGUNGEN FÜR WOHNUNGSEIGENTUM<br />

Die erhöhten Absetzungen für die Herstellung oder Anschaffung einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung<br />

können nur einmal in Anspruch genommen werden. Die Förderung eines weiteren Objekts ist nicht möglich. Wenn Miteigentümer<br />

eines Objekts die Förderung in Anspruch nehmen, tritt bei jeder beteiligten Person ein voller "Objektverbrauch"<br />

ein, denn der Anteil an einer Wohnung steht einer Wohnung gleich (§ 10e Abs. 4 EStG). Dies gilt jedoch nicht für<br />

Ehegatten, die nicht dauernd getrennt leben. Diese können auch für ein zweites gemeinsames Objekt die Förderung<br />

beanspruchen, wenn die Objekte räumlich nicht zusammen liegen. Lebenspartner erhalten dagegen für ein weiteres<br />

Objekt keine Förderung mehr, wenn sie als Miteigentümer eines Objekts schon einmal erhöhte Absetzung in Anspruch<br />

genommen haben.<br />

Sind Ehegatten Miteigentümer eines geförderten Objekts und erwirbt der eine den Anteil des anderen im Wege des Erbfalls<br />

oder nach der Trennung der Eheleute, kann er die Steuerbegünstigung für den erworbenen Wohnungsanteil weiter<br />

in Anspruch nehmen (§ 10e V 3 EStG). Lebenspartner können das nicht.<br />

Für die Eigenheimzulage gelten dieselben Grundsätze (§ 6 EigZulG).<br />

Bei Steuerpflichtigen, die erhöhte Absetzungen für die Anschaffung einer selbst bewohnten eigenen Wohnung nach<br />

10e EStG in Anspruch nehmen, ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer pro Kind des Steuerpflichtigen oder seines<br />

Ehegatten um je 512 Euro. Für Stiefkinder von Lebenspartnern gilt diese Regelung nicht (§ 34f II u III EStG).<br />

2.ERBSCHAFT- UND SCHENKUNGSTEUER<br />

2.1. KEINE GLEICHSTELLUNG MIT EHEGATTEN<br />

Nach § 10 LPartG werden Lebenspartner im Erbrecht den Eheleuten gleichgestellt. Folgerichtig sah auch der LPartGErgGE<br />

eine Gleichstellung im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht vor. Da die Gesetzesvorlage mangels Zustimmung des Bundesrates<br />

jedoch nicht verabschiedet wurde, werden Lebenspartner erbschafts- und schenkungsteuerrechtlich weiterhin<br />

als Fremde behandelt.<br />

• Sie fallen nicht in die Steuerklasse I bzw. die Lebenspartner aufgehobener Lebenspartnerschaften in die Steuerklasse<br />

II, sondern in die Steuerklasse III (§ 15 Abs. 1 ErbStG) und unterliegen somit dem höchsten Steuersatz<br />

(§ 19 ErbStG).<br />

• Haben Lebenspartner ein gemeinschaftliches Testament errichtet (§ 10 Abs. 4 LPartG), erhalten Erben und<br />

Vermächtnisnehmer, die mit dem erstverstorbenen Lebenspartner näher verwandt sind als mit dem zuletzt<br />

verstorbenen, nicht die Möglichkeit, nach dem günstigeren Verwandtschaftsverhältnis zu dem erstverstorbenen<br />

Lebenspartner versteuert zu werden (§ 15 III ErbStG).<br />

• Der allgemeine Freibetrag von Lebenspartnern beläuft sich nicht auf 307.000 Euro bzw. bei Lebenspartnern<br />

aufgehobener Lebenspartnerschaften auf 10.300 Euro, sondern nur auf 5.200 Euro (§ 16 Abs. 1 ErbStG).<br />

• Sie erhalten keinen besonderen Versorgungsfreibetrag, während Ehegatten ein besonderer Versorgungsfreibetrag<br />

von 256.000 Euro zusteht (§ 17 Abs. 1 ErbStG).<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

71<br />

STEUERRECHT


• Ihr Freibetrag für Hausrat einschließlich Wäsche beträgt nicht 41.000 Euro und für andere bewegliche körperliche Gegenstände<br />

10.300 Euro, sondern insgesamt nur 10.300 Euro (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).<br />

• Lebzeitige Zuwendungen unter Lebenspartnern im Zusammenhang mit einem inländischen Familienwohnheim<br />

sind nicht steuerfrei (§ 13 Abs. 1 Nr 4a ErbStG).<br />

• Der Erwerb nach § 1969 BGB (sog. Dreißigster) ist dagegen auch für Lebenspartner steuerfrei (§ 13 Abs. 1 Nr 4 ErbStG).<br />

Nach § 1969 BGB ist der Erbe verpflichtet, "Familienangehörigen" des Erblassers, die zur Zeit des Todes<br />

des Erblassers zu dessen Hausstand gehört und von ihm Unterhalt bezogen haben, in den ersten dreißig Tagen<br />

nach dem Eintritte des Erbfalls in demselben Umfange, wie der Erblasser es getan hat, Unterhalt zu gewähren<br />

und die Benutzung der Wohnung und der Haushaltsgegenstände zu gestatten. Zu den Familienangehörigen<br />

i.S.d. § 1969 gehört auch der Lebenspartner (§ 11 LPartG).<br />

• Die vollständige Erbschaftsteuerbefreiung von Kulturgütern ist u.a. möglich, wenn sich die Gegenstände seit<br />

mindestens zwanzig Jahren im Besitz der "Familie" befinden und die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind<br />

(§ 13 Abs. 1 Nr 2 b bb ErbStG). Unter den Begriff "Familie" fällt auch die Lebenspartnerschaft (§ 11 LPartG).<br />

• Nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG gilt die Bereicherung, die ein Ehegatte bei Vereinbarung der Gütergemeinschaft<br />

(§ 1415 BGB) erfährt, als Schenkung unter Lebenden. Die Vorschrift bringt etwas Selbstverständliches zum<br />

Ausdruck und hat nur klarstellende Bedeutung (vgl. R 19 I 1 ErbStR). Sie gilt deshalb auch für Lebenspartner.<br />

• Ähnliches gilt für § 5 ErbStG. Der Absatz 2 der Vorschrift betrifft den Fall, dass der Güterstand der<br />

Zugewinngemeinschaft durch Scheidung oder durch Vereinbarung eines anderen Güterstandes endet.<br />

Für diesen Fall bestimmt § 5 Abs. 2 ErbStG, dass die güterrechtliche Forderung auf Ausgleich des Zugewinns<br />

nach § 1378 BGB nicht als Schenkung unter Lebenden (§ 7 ErbStG) oder Erwerb von Todes wegen (§ 3 ErbStG)<br />

anzusehen ist. Das ist eine Selbstverständlichkeit und gilt deshalb auch für Lebenspartner (so die gleichlautenden<br />

Erlasse der Länderfinanzministerien).<br />

• Wenn der Güterstand der Zugewinngemeinschaft durch Tod endet und der überlebende Lebenspartner Erbe<br />

oder Vermächtnisnehmer des Verstorbenen wird, erfolgt der Ausgleich des Zugewinns pauschal durch Erhöhung<br />

des gesetzlichen Erbteils des Überlebenden um ein Viertel ( § 1371 BGB). Für diesen Fall bestimmt § 5 Abs. 1 ErbStG,<br />

dass der auf der Grundlage des tatsächlichen Zugewinns berechnete fiktive Zugewinnausgleichsanspruch<br />

"von Ehegatten" nicht zum Erwerb von Todes wegen gehört. Die Forderung ist deshalb von dem steuerpflichtigen<br />

Erwerb abzusetzen. Die Vorschrift bringt ebenfalls nur etwas Selbstverständliches zum Ausdruck, da die Ausgleichsforderung<br />

dem überlebenden Ehegatten ohnehin zusteht. Aus diesem Grund braucht er auch keine Schenkungsteuer<br />

zu zahlen, wenn der Zugewinnausgleich unter Lebenden erfolgt. Das kann beim Erwerb von Todes wegen nicht<br />

anders sein. § 5 Abs. 1 ErbStG gilt daher – zumindest analog - auch für Lebenspartner. Alles andere wäre eine<br />

willkürliche Ungleichbehandlung (andere Ansicht die Erlasse der Länderfinanzministerien).<br />

• Bei § 25 ErbStG wirkt sich das bisherige Scheitern des LPartGErgGE zugunsten von Lebenspartnern aus. Nach<br />

dieser Vorschrift besteht für eine Nießbrauchs- und Rentenverpflichtung, mit der ein Erwerb belastet ist, bei der<br />

Berechnung des steuerpflichtigen Erwerbs ein Abzugsverbot, wenn der Gläubiger der Ehegatte des Erblassers ist.<br />

Da die Vorschrift bisher nicht um den "Lebenspartner" erweitert worden ist, gilt das Abzugsverbot nicht, wenn<br />

der Lebenspartner des Erblassers der Begünstigte ist.<br />

2.2. MÖGLICHKEITEN ZUR VERRINGERUNG DER ERBSCHAFTSTEUER<br />

• Die Kreditinstitute sind verpflichtet, die Guthaben aller Konten (Giro-, Spar- und Wertpapierkonten) eines<br />

Verstorbenen dem Finanzamt mitzuteilen. Die Mitteilungspflicht bezieht sich aber nur auf die Guthabenstände<br />

am Todestag. Was vorher auf den Konten war, braucht von den Banken nicht automatisch mitgeteilt zu werden.<br />

Die Kreditinstitute haben auch darüber Mitteilung zu machen, ob sich in ihrem Gewahrsam weiteres Vermögen des<br />

Verstorbenen befindet, etwa ein Schließfach auf den Namen des Erblassers. Den Inhalt des Schließfachs brauchen<br />

die Kreditinstitute nicht mitzuteilen, sie kennen ihn im Regelfall auch gar nicht.<br />

• Für die Berechnung der Erbschaftsteuer ist der Wert des Nachlasses maßgeblich. Gehört den Lebenspartnern eine<br />

Eigentumswohnung oder ein Haus, so ist ihnen zu empfehlen, sich gegenseitig ein lebenslanges Nießbrauchsrecht<br />

einzuräumen. Dies mindert den Wert des Nachlasses (siehe oben zu § 25 ErbStG).<br />

Gehört das Haus oder die Eigentumswohnung nur einem der Lebenspartner, so kann es empfehlenswert sein, die<br />

Immobilie einer gemeinnützigen Organisation zu vererben und dem Lebenspartner nur ein lebenslanges Wohnrecht zu<br />

vermachen. Der Steuerwert des Wohnrechts liegt in der Regel weit unter dem Steuerwert der Immobilie und wird um<br />

so niedriger angesetzt, je älter der Bedachte zum Zeitpunkt des Erbfalles ist. Die gemeinnützige Organisation braucht<br />

überhaupt keine Erbschaftsteuer zu bezahlen.<br />

• Zahlungen aus Lebens-, Renten- und Unfallversicherungen oder aus Verträgen mit einer Bank, die der Erblasser<br />

zugunsten seines überlebenden Lebenspartners abgeschlossen hat, gehören erbrechtlich nicht zum Nachlass.<br />

Für die Berechnung der Pflichtteilsansprüche zählen deshalb nur die in den letzten zehn Jahren gezahlten Prämien.<br />

Für die Berechnung der Erbschaftsteuer zählt allerdings die gesamte Versicherungssumme. Der begünstigte<br />

Lebenspartner muss also für diesen Erwerb Erbschaftsteuer zahlen. Er ist nach § 30 ErbStG verpflichtet, den Erwerb<br />

dem Finanzamt anzuzeigen. Außerdem sind nach § 33 Abs. 3 ErbStG auch die Versicherungsunternehmen zur<br />

Anzeige verpflichtet.<br />

• Ist abzusehen, dass der Versicherungsnehmer tatsächlich vor dem begünstigten Lebenspartner sterben wird, können<br />

durch die Übertragung der Lebensversicherung auf den vermutlich Überlebenden Steuern gespart werden.<br />

Werden in einem solchen Fall die Prämien von dem begünstigten Lebenspartner weitergezahlt, ist davon auszugehen,<br />

72<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

STEUERRECHT


dass die Übertragung endgültig erfolgt ist, so dass zu diesem Zeitpunkt der Vorgang, sofern er unentgeltlich erfolgt<br />

ist, der Schenkungsteuer unterworfen wird. Hier kommt nun § 12 Abs. 4 BewG zum Tragen. Danach werden Ansprüche<br />

aus laufenden Lebensversicherungen bewertungsrechtlich - und damit auch für Zwecke der Schenkungsteuer - lediglich<br />

mit zwei Dritteln der eingezahlten Prämien und Kapitalbeiträge bewertet. Dieser niedrigere Ansatz ist umso interessanter,<br />

je länger der Vertrag läuft. Bei langlaufenden Verträgen kann der Ansatz dann unter Umständen nur noch<br />

40 % des tatsächlichen Verkehrswertes (Rückkaufwertes) der Versicherung betragen.<br />

Die Versicherungssumme erhält der Überlebende später nicht als Begünstigter, sondern als Versicherungsnehmer.<br />

Deshalb braucht der Überlebende dafür weder Erbschaft- noch Einkommensteuer zu zahlen.<br />

• Die Steuerpflicht kann man auch durch den Abschluss sogenannter verbundener Lebensversicherungen verringern.<br />

Dabei handelt es sich um Lebensversicherungen, die mehrere Personen, also z.B. die beiden Lebenspartner, auf den<br />

Tod des Erstversterbenden abschließen. Der Überlebende erhält dann die Versicherungssumme zur Hälfte in seiner<br />

Eigenschaft als Versicherungsnehmer. Dieser Erwerb ist weder erbschafts- noch einkommensteuerpflichtig.<br />

So wird erreicht, dass die Hälfte der Versicherungssumme steuerfrei vereinnahmt werden kann.<br />

Hat in einem solchen Fall nur der Erblasser die Prämien gezahlt, unterliegen die in den letzten zehn Jahren gezahlten<br />

Prämien der Schenkungsteuer. Allerdings geht die Finanzverwaltung bei verbundenen Lebensversicherungen im<br />

Zweifel davon aus, dass die Prämien anteilig aufgebracht worden sind (so jedenfalls bisher bei Ehegatten und nun wohl<br />

auch bei Lebenspartnern). Deshalb muss der Begünstigte in der Regel nur für die Hälfte der in den letzten zehn<br />

Jahren gezahlten Prämien Schenkungsteuer zahlen.<br />

• Noch günstiger ist es, wenn nicht beide Lebenspartner zusammen, sondern nur der Lebenspartner, der begünstigt<br />

werden soll, als Versicherungsnehmer den Lebensversicherungsvertrag auf das Leben des zukünftigen Erblassers<br />

abschließt. Stirbt dieser, unterliegt die Versicherungssumme, die der Lebenspartner als Versicherungsnehmer erhält,<br />

weder der Erbschaft-, noch der Einkommensteuer. Er muss allenfalls für die in den letzten zehn Jahren gezahlten<br />

Prämien Schenkungsteuer zahlen, wenn er die Prämien nicht selbst gezahlt, sondern sie sich von seinem verstorbenen<br />

Lebenspartner hat schenken lassen.<br />

Allerdings haben verbundene Lebensversicherungen und Versicherungen auf das Leben des zukünftigen Erblassers<br />

den Nachteil, dass die Versicherungsnehmer nachträglich nicht ausgewechselt werden können. Wenn die Lebenspartnerschaft<br />

zerbricht und aufgehoben wird, kann der Lebensversicherungsvertrag höchstens mit erheblichem Verlust<br />

zurückgekauft werden.<br />

Weitere Möglichkeiten zur Erbschaftsteuerersparnis bestehen in der zu Lebzeiten erfolgenden Umschichtung von<br />

Kapitalvermögen eines besitzenden und wahrscheinlich früher versterbenden Partners in andere, erbschaftsteuerlich<br />

niedriger bewertete Vermögensarten.<br />

Dies ist zum einen Grundvermögen. Hierfür wird im Erbfall eine besondere steuerliche Bewertung (sogenannte „Bedarfsbewertung“,<br />

§ 138 BewG) vorgenommen, welche regelmäßig zu Ansätzen deutlich unter dem Verkehrswert führt.<br />

Es muss nicht unbedingt eine komplette eigene Immobilie erworben werden, der Effekt einer niedrigeren Bewertung<br />

ergibt sich auch bei Beteiligung an einer Grundstücksgemeinschaft oder durch Anteilserwerb an Immobilienfonds.<br />

Zum anderen kann die Umschichtung auch zu Gunsten von Betriebsvermögen erfolgen. Dies kann durch Einlage in<br />

einen schon vorhandenen eigenen Betrieb geschehen oder durch den Erwerb von Beteiligungen an gewerblichen<br />

Unternehmen oder Anteilserwerb an Gewerbefonds. Zusätzlich zu der Möglichkeit, hierdurch steuerlich nicht in<br />

Erscheinung tretende sogenannte "stille Reserven" zu bilden, wird für Betriebsvermögen von Gesetz wegen ein Bewertungsabschlag<br />

von 35 % vorgenommen (§ 13 a Abs. 2 ErbStG). Überdies existiert bei Betriebsvermögen (Beteiligung<br />

von mindestens 25 %) vorab ein besonderer erbschafts- und schenkungsteuerlicher Freibetrag von 225.000 Euro<br />

(§ 13 a Abs. 1 ErbStG). Es sind jedoch anschließende Verbleibensvoraussetzungen einzuhalten. Wenn das Betriebsvermögen<br />

innerhalb von 5 Jahren veräußert wird, entfällt die Steuervergünstigung. Dem Betriebsvermögen sind landund<br />

forstwirtschaftliches Vermögen sowie Anteile an inländischen Kapitalgesellschaften von mehr als 25 % gleichgestellt.<br />

• Je nach den Umständen wäre auch an eine Umschichtung in steuerbegünstigte Kulturgüter (Kunstwerke) zu denken.<br />

• Das ganze ist in einem umfangreichen Runderlass des Bundesministeriums der Finanzen vom 16.09.2004 neu<br />

geregelt worden (Bundessteuerblatt I 2004, 922, URL: http://www.bundesfinanzministerium.de/cln_01/nn_462/DE/<br />

Aktuelles/BMF__Schreiben/Veroffentlichungen__zu__Steuerarten/einkommensteuer/105.html). In dem Runderlass<br />

wird ausdrücklich erwähnt, dass der Empfänger der Versorgungsleistungen auch der Lebenspartner sein kann<br />

(Rn 36). Lebensgefährten können nicht Empfänger von Versorgungsleistungen sein.<br />

Diese Hinweise zur Erbschaft- und Schenkungsteuer gelten gleichermaßen auch für Lebensgefährten und Lebensgefährtinnen<br />

(Ausnahme "Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen"). Sie sind ja nur deshalb notwendig,<br />

weil das Steuerrecht die eingetragene Lebenspartnerschaft bis jetzt ignoriert, so dass hier zwischen Lebensgefährten<br />

und Lebenspartnern kein Unterschied besteht.<br />

3.GRUNDERWERBSTEUER<br />

§ 13 GrEStG befreit Grundstücksübertragungen unter Ehegatten weitgehend von der Grunderwerbsteuer. Das gilt infolge<br />

des bisherigen Scheiterns des LPartGErgGE nicht für Lebenspartner.<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

73<br />

STEUERRECHT


10.AUSLÄNDER- UND STAATSANGEHÖRIGKEITSRECHT<br />

INHALT 74 -77<br />

1. UNTER WELCHEN VORAUSSETZUNGEN HAT DER AUSLÄNDISCHE<br />

LEBENSPARTNER EINES DEUTSCHEN EINEN ANSPRUCH AUF<br />

ERTEILUNG EINER AUFENTHALTSERLAUBNIS<br />

2. WENN MAN SEINEN PARTNER IM AUSLAND KENNEN LERNT.<br />

3. ASYLBEWERBER<br />

4. BEIDE LEBENSPARTNER SIND AUSLÄNDER<br />

5. MÜSSEN AUCH LEBENSPARTNER AUS EINEM MITGLIEDSTAAT DER<br />

EUROPÄISCHEN UNION DIESE VORAUSSETZUNGEN ERFÜLLEN, UM<br />

EINE AUFENTHALTSERLAUBNIS ZU ERHALTEN<br />

6. TRENNUNG<br />

7. VERMERKE IM REISEPASS<br />

8. WANN ERHÄLT MEIN PARTNER EINE NIEDERLASSUNGSERLAUBNIS<br />

9. ERWERBSTÄTIGKEIT<br />

10.WANN ERHÄLT DER AUSLÄNDISCHE PARTNER DIE DEUTSCHE<br />

STAATSANGEHÖRIGKEIT<br />

Vielfältige Probleme können sich ergeben, wenn man eine Lebenspartnerschaft mit einem Ausländer oder einer Ausländerin<br />

anstrebt. Die früher aussichtslos erscheinende Situation binationaler Paare hatte sich schon vor dem Inkrafttreten<br />

des Lebenspartnerschaftsgesetzes verbessert, da durch mehrere Musterprozesse die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen<br />

für ausländische Partner von Schwulen und Lesben möglich geworden war. Seit dem Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes<br />

gibt es hierfür auch eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage.<br />

In Deutschland können auch Ausländer eine Lebenspartnerschaft eingehen. Welchem Recht eine binationale Lebenspartnerschaft<br />

oder überhaupt eine Lebenspartnerschaft mit Bezug zu einer ausländischen Rechtsordnung unterliegt, ist im<br />

Kapitel: „2. Internationales Privatrecht“ beschrieben. Hier geht es ausschließlich um Fragen des Einreise- und Aufenthaltsrechtes.<br />

1.UNTER WELCHEN VORAUSSETZUNGEN HAT DER<br />

AUSLÄNDISCHE LEBENSPARTNER EINES DEUTSCHEN EINEN<br />

ANSPRUCH AUF ERTEILUNG EINER AUFENTHALTSERLAUBNIS<br />

Der Partner muss legal nach Deutschland eingereist sein (Visum, wenn erforderlich!) und darf bisher noch nicht ausgewiesen<br />

oder abgeschoben worden sein. Des Weiteren ist Voraussetzung, dass die „lebenspartnerschaftliche Gemeinschaft“<br />

tatsächlich gelebt oder dies ernsthaft beabsichtigt wird. In der Regel wird zumindest ein gemeinsamer Hauptwohnsitz<br />

vorliegen müssen (siehe dazu auch: 9.1.5. Zweitwohnungssteuer). Eine eng definierte Lebensform ist allerdings<br />

nicht vorgeschrieben, z.B. ist sexuelle Treue ebenso wenig erforderlich, wie überhaupt eine sexuelle Beziehung. Die Ausländerbehörde<br />

hat auch kein Recht, danach zu fragen. Es genügt der erklärte Wille der beiden Partner, zusammenleben<br />

zu wollen.<br />

Liegen die eben erwähnten Voraussetzungen vor, so besteht ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis.<br />

Die Erteilung ist nicht davon abhängig, ob ausreichendes Einkommen, ausreichender Wohnraum oder Krankenversicherungsschutz<br />

nachgewiesen werden kann. Das ergibt sich aus § 27 Abs. 2 AufenthG. Dieser verweist für deutschverpartnerte<br />

Ausländer auf die "entsprechende Anwendung" von § 28 AufenthG, in dessen Abs. 1 geregelt ist, dass entgegen<br />

§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG der Lebensunterhalt nicht gesichert sein muss.<br />

Die Amerikanerin Mary studiert seit zwei Jahren in Deutschland. Sie ist im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis. Sie lernt<br />

die Deutsche Renate kennen und beide gehen eine Lebenspartnerschaft ein.<br />

Wenn sich Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums in Deutschland aufhalten, soll gemäß § 16<br />

Abs. 2 AufenthG während dieses Aufenthaltes keine Aufenthaltserlaubnis für einen anderen Aufenthaltszweck erteilt<br />

oder verlängert werden. Das gilt nicht in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs auf die Aufenthaltserlaubnis. Da die Lebenspartnerschaft<br />

mit Renate einen solchen Anspruch begründet, kann Mary auch unabhängig von ihrem Studium die Erteilung<br />

oder Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis verlangen.<br />

2.WENN MAN SEINEN PARTNER IM AUSLAND KENNEN LERNT.<br />

Der Deutsche Thorsten arbeitet für seine Firma seit mehreren Jahren in Brasilien. Dort verliebt er sich in den Brasilianer<br />

Claudio. Die beiden möchten gerne eine Lebenspartnerschaft eingehen und später zusammen in Deutschland<br />

leben.<br />

Die Lebenspartnerschaft kann zurzeit noch nicht bei den deutschen Auslandsvertretungen eingegangen werden.<br />

74<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

AUSLÄNDER- UND STAATSANGEHÖRIGKEITSRECHT


Torsten und Claudio wollen deshalb während eines gemeinsamen Urlaubs in Deutschland dort ihre Lebenspartnerschaft<br />

begründen.<br />

In einigen Bundesländern ist es möglich, dort eine Lebenspartnerschaft auch dann zu begründen, wenn man in Deutschland<br />

keinen Wohnsitz hat. Maßgebend ist dann der gewöhnliche Aufenthaltsort, das ist z.B. der Ort, an dem man sich<br />

während eines Urlaubs in Deutschland aufhält (siehe die Ausführungsgesetze der Bundesländer und dort jeweils die Bestimmungen<br />

über die örtliche Zuständigkeit (http://www.typo3.lsvd.de/423.0.html#2095).<br />

Unabhängig davon kann man bei allen bayerischen Notaren die Lebenspartnerschaft begründen. Man braucht dort nicht<br />

zu wohnen oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu haben.<br />

Als brasilianischer Staatsbürger benötigt Claudio für einen dreimonatigen Aufenthalt in Deutschland kein Visum. Er kann<br />

also ohne Probleme zusammen mit Thorsten nach Deutschland fliegen und innerhalb dieser drei Monate mit ihm die<br />

Lebenspartnerschaft eingehen.<br />

Damit das auch wirklich klappt, sollten sich Thorsten und Claudio schon vorher ein passendes Standesamt oder eine sonst<br />

zuständige Behörde aussuchen, sich mit ihm/ihr in Verbindung setzen und vorweg klären, welche Papiere sie brauchen,<br />

ob ihre Papiere ausreichen und wann ein Trauungstermin stattfinden kann. Dann brauchen sie nur einmal für kurze Zeit<br />

einzureisen und können sowohl die Anmeldung zur Trauung als auch die Trauung selbst bei einem Besuch erledigen.<br />

Thorstens Aufenthalt in Brasilien endet schon bald. Er kehrt glücklich an der Seite seines Freundes in seine Heimatstadt<br />

Köln zurück, wo sie wenige Wochen später vor dem Standesbeamten heiraten. Bald darauf beantragen sie bei<br />

der Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis für Claudio.<br />

Gemäß § 39 Nr. 3 der Verordnung zur Durchführung des Zuwanderungsgesetzes ist es nun auch zulässig, dass ein Touristenaufenthalt<br />

in einen Daueraufenthalt umgewandelt wird. Voraussetzung ist, dass der Aufenthalt zu diesem Zeitpunkt<br />

noch rechtmäßig ist. Wenn Thorsten und Claudio es also schaffen, innerhalb der drei Monate nach Claudios Einreise die<br />

Lebenspartnerschaft zu begründen und die Aufenthaltserlaubnis zu beantragen, muss Claudio nicht mehr nach Brasilien<br />

zurückfliegen, um dort ein Einreisevisum zu beantragen.<br />

Falls die beiden es in diesen drei Monaten nicht schaffen, gibt § 40 der Verordnung zur Durchführung des Zuwanderungsgesetzes<br />

ihnen die Möglichkeit, eine Aufenthaltserlaubnis für einen weiteren Aufenthalt von längstens drei Monaten zu<br />

beantragen. Dieser Antrag ist bei der für sie zuständigen Ausländerbehörde in Köln zu stellen. Er muss noch innerhalb<br />

des visumsfreien Touristenaufenthaltes, also innerhalb der ersten drei Monate nach der Einreise, gestellt werden. Die beiden<br />

müssten dabei erklären, dass es sich bei ihnen – verglichen mit sonstigen Fällen einer Besuchs- oder Touristenreise –<br />

um einen Ausnahmefall handelt.<br />

Brigitte hatte ihre große Liebe Ayse in der Türkei während eines Urlaubs kennen gelernt. Die Beiden hegen den<br />

Wunsch, als Lebenspartnerinnen zusammen in Deutschland zu leben.<br />

Um eine Lebenspartnerschaft mit Brigitte schließen zu können, muss Ayse nach Deutschland einreisen. Türkische Staatsbürger<br />

benötigen jedoch auch für kurze Einreisen nach Deutschland ein Visum (= Aufenthaltserlaubnis). Ayse könnte mit<br />

einem Touristenvisum einreisen. Auch dieses kann nun nach § 39 Nr. 3 der Verordnung zur Durchführung des Zuwanderungsgesetzes<br />

in eine Aufenthaltserlaubnis zur Führung einer Lebenspartnerschaft umgewandelt werden. Voraussetzung<br />

ist auch hier, dass die Lebenspartnerschaft während der Geltungsdauer des Visums eingegangen und auch der<br />

Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in dieser Zeit gestellt wird. Auch hier gibt es die Möglichkeit, durch einen<br />

noch während der Geltungsdauer des Visums gestellten Antrag dieses in Ausnahmefällen über den Zeitraum von drei<br />

Monaten hinaus zu verlängern.<br />

Falls Ayse schon bei der Beantragung des Visums angibt, dass sie dauerhaft in Deutschland leben will, muss die deutsche<br />

Auslandsvertretung die Zustimmung der Ausländerbehörde einholen, die für den Wohnort von Brigitte zuständig ist.<br />

Dann wird schon im Visumsverfahren geprüft, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur<br />

Eingehung und Führung einer Lebenspartnerschaft erfüllt sind.<br />

In einem solchen Fall sollten sich Brigitte und Ayse die notwendigen Papiere besorgen und Brigitte sollte dann beim Standesamt<br />

oder der sonst zuständigen Behörde klären, ob die Papiere ausreichen und wann die Trauung stattfinden kann.<br />

Das sollte sich Brigitte vom Standesamt bescheinigen lassen. Steht nämlich der Termin für die Eintragung der Partnerschaft<br />

fest, besteht auf die Erteilung des Visums ein Rechtsanspruch.<br />

Mit der Bescheinigung des Standesamts muss Ayse zur deutschen Auslandsvertretung in der Türkei gehen und dort das<br />

Visum beantragen. Brigitte muss mit der Bescheinigung zum hiesigen Ausländeramt gehen und dort beantragen, dass<br />

das Ausländeramt der Erteilung des Visums zustimmen soll.<br />

Die Auslandsvertretungen pflegen die Visa für Daueraufenthalte auf drei Monate zu befristen, um so die Regelung des<br />

Aufenthalts nach erfolgter Einreise der Ausländerbehörde zu überlassen. Solche auf drei Monate befristeten Visa sind<br />

keine Besuchsvisa, sondern befristete Dauervisa. Deshalb muss Ayse nach der Einreise und Begründung der Lebenspartnerschaft<br />

binnen drei Monaten eine Daueraufenthaltserlaubnis beantragen, um zusammen mit Brigitte in Deutschland<br />

leben zu können.<br />

Die Frage, welcher Weg – Touristenvisum oder Visum für einen Daueraufenthalt – besser ist, lässt sich nicht für alle Einzelfälle<br />

pauschal gleich beantworten. Wir können auch hier nur raten, bei der im Visumsantrag gestellten Frage nach der<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

75<br />

AUSLÄNDER- UND STAATSANGEHÖRIGKEITSRECHT


eabsichtigten Dauer des Aufenthaltes in Deutschland wahrheitsgemäße Angaben zu machen, auch wenn das Vorhandensein<br />

bestimmter Absichten sich letztlich nicht wirksam überprüfen lässt. Der Weg über das Visum für einen Daueraufenthalt<br />

ist jedenfalls immer dann zu empfehlen, wenn nicht damit gerechnet werden kann, dass ein Besuchsvisum erteilt<br />

wird. Dies ist zumeist dann der Fall, wenn die deutsche Auslandsvertretung Zweifel an der Rückkehrbereitschaft hat, z.B.<br />

weil keine ausreichende Verankerung im Heimatland gesehen wird.<br />

3.ASYLBEWERBER<br />

Solange der Asylantrag noch nicht endgültig abgelehnt wurde, kann ein Lebenspartner, der Asylbewerber ist, ohne Ausreise<br />

eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Wurde dagegen der Asylantrag bereits endgültig abgelehnt, muss in der Regel<br />

das Visumsverfahren nachgeholt werden.<br />

Hiervon kann die Ausländerbehörde nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG absehen, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs<br />

auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis erfüllt sind oder es aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht<br />

zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine Ermessensregelung. Macht<br />

die Ausländerbehörde von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, ohne dass dies gerichtlich angegriffen werden kann oder<br />

soll, muss der ausländische Lebenspartner zur Beantragung der Aufenthaltserlaubnis zunächst noch einmal aus<br />

Deutschland ausreisen.<br />

Es besteht aber die Möglichkeit, beim Auswärtigen Amt zu beantragen, dass das Verfahren nicht im Heimatland durchgeführt<br />

werden muss, sondern stattdessen in einem Nachbarland der Bundesrepublik Deutschland. Solchen Anträgen wird<br />

in der Regel jedenfalls dann entsprochen, wenn Homosexualität im Heimatland des Lebenspartners strafbar ist.<br />

4.BEIDE LEBENSPARTNER SIND AUSLÄNDER<br />

Ahmad ist mit einem Touristenvisum von Indonesien nach Deutschland gereist, um seinen Freund Jiwo zu besuchen,<br />

der in Berlin eine lukrative Anstellung gefunden hatte. Die beiden lassen sich dort als Lebenspartner eintragen. Hat<br />

Ahmad nun einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis<br />

Nein, die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis steht im Ermessen der Ausländerbehörde. Nur in gesetzlich besonders geregelten<br />

Fällen, vor allem dann, wenn der hier bereits lebende ausländische Lebenspartner schon einen sehr verfestigten<br />

Aufenthaltsstatus hat, ist ein Rechtsanspruch gegeben. Voraussetzung ist aber in allen Fällen - anders als bei ausländischen<br />

Lebenspartnern von deutschen Staatsangehörigen - der Nachweis, dass die Lebenspartner voraussichtlich nicht<br />

von Sozialhilfe leben müssen.<br />

5.MÜSSEN AUCH LEBENSPARTNER AUS EINEM MITGLIEDS-<br />

STAAT DER EUROPÄISCHEN UNION DIESE VORAUS-<br />

SETZUNGEN ERFÜLLEN, UM EINE AUFENTHALTSERLAUBNIS<br />

ZU ERHALTEN<br />

Das am 01.01.2005 in Kraft getretene „Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern“ ordnet an (§ 3 Abs.<br />

6, 12 FreizügG/EU), dass Lebenspartner aus Drittstaaten von EU- oder EWR-Bürgern wie Lebenspartner von Deutschen zu<br />

behandeln sind. Das heißt, sie haben einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, die sie auch zur<br />

Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt.<br />

Lebenspartner von nicht erwerbstätigen EU- oder EWR-Bürgern müssen - genauso wie diese selbst - über einen ausreichenden<br />

Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügen (§ 4 Feizügigkeit/EU).<br />

6.TRENNUNG<br />

Nach einer Trennung wird die Aufenthaltserlaubnis zur Führung der Lebenspartnerschaft widerrufen. Ausnahme: Wenn<br />

die „lebenspartnerschaftliche Gemeinschaft“ vor der Trennung mindestens zwei Jahre lang bestanden hat oder wenn der<br />

Partner vorher stirbt. Ferner muss der ausländische Lebenspartner während dieser Zeit im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis<br />

gewesen sein. Die Inanspruchnahme von Sozialhilfe steht dieser Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nicht<br />

entgegen.<br />

Seit dem 01.01.2005 kann die Aufenthaltserlaubnis ausnahmsweise auch bei einer früheren Trennung verlängert werden,<br />

wenn das zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist. Eine besondere Härte liegt insbesondere vor, wenn<br />

dem Lebenspartner wegen der aus der Auflösung der lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung<br />

eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht oder wenn dem Lebenspartner<br />

wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der lebenspartnerschaftlichen<br />

Gemeinschaft unzumutbar ist. Gedacht ist hierbei vor allem an Fälle von Gewalt innerhalb der Partnerschaft oder an<br />

Fälle, in denen der ausländische Partner wegen der gesellschaftlichen oder rechtlichen Situation in seinem Heimatland<br />

mit erheblichen Nachteilen zu rechnen hat. Zu den schutzwürdigen Belangen zählt auch das Wohl eines mit dem Lebenspartner<br />

in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Kindes. Zur Vermeidung von Missbrauch kann die Verlängerung der<br />

Aufenthaltserlaubnis versagt werden, wenn der Lebenspartner aus einem von ihm zu vertretenden Grund auf Sozialhilfe<br />

angewiesen ist (§ 31 Abs. 2 i.V.m. § 27 Abs. 2 AufenthG).<br />

76<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

AUSLÄNDER- UND STAATSANGEHÖRIGKEITSRECHT


7.VERMERKE IM REISEPASS<br />

Manche Ausländerbehörden vermerken bei der Eintragung der Aufenthaltserlaubnis in den Reisepass ausdrücklich, dass<br />

die Aufenthaltserlaubnis zur Führung einer Lebenspartnerschaft gilt. Gelegentlich werden sogar die Personalien des<br />

Lebenspartners mit in den Pass eingetragen. Das verstößt gegen den Datenschutz und dagegen sollte man sich wehren<br />

(Dienstaufsichtsbeschwerde an den [Ober-] Bürgermeister oder Landrat und an das Innenministerium, Petition an den<br />

Landtag).<br />

8.WANN ERHÄLT MEIN PARTNER EINE<br />

NIEDERLASSUNGSERLAUBNIS<br />

Der ausländische Lebenspartner eines deutschen Staatsangehörigen erhält nach drei Jahren eine Niederlassungserlaubnis,<br />

also einen unbefristeten Aufenthaltstitel, der ausländische Lebenspartner eines Ausländers frühestens nach<br />

fünf Jahren, falls die Lebenspartnerschaft noch besteht.<br />

Es ist nicht geregelt, ob Zeiten vor dem 01.08.2001, für die dem ausländischen Partner nach dem damals noch geltenden<br />

Recht vor Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes eine Aufenthaltserlaubnis zum Führen einer gleichgeschlechtlichen<br />

Lebensgemeinschaft erteilt worden war, mitgerechnet werden. Nach einer entsprechenden Weisung der Berliner<br />

Ausländerbehörde ist dies jedenfalls in Berlin der Fall.<br />

Die Ausländerbehörden erteilen regelmäßig die unbefristete Aufenthaltserlaubnis nur dann, wenn zu diesem Zeitpunkt<br />

ausreichendes Einkommen beider Partner gegeben ist.<br />

9.ERWERBSTÄTIGKEIT<br />

Der ausländische Partner eines deutschen Staatsangehörigen oder eines Ausländers aus Staaten der Europäischen<br />

Gemeinschaft bzw. dem Europäischen Wirtschaftsraum (Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Finnland, Griechenland,<br />

Großbritannien, Irland, Island, Italien, Liechtenstein, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal<br />

Schweden und Spanien) ist sofort mit Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt.<br />

Dies gilt auch für die selbständige Erwerbstätigkeit.<br />

Ausländer aus den neuen Mitgliedstaaten Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, die Slowakei, Slowenien, die Tschechische<br />

Republik, Ungarn und Zypern können zwar nach Deutschland kommen und hier wohnen, solange sie über ausreichende<br />

Finanzmittel und Krankenversicherungsschutz verfügen, sie erhalten aber zur Zeit noch keinen freien Zugang<br />

zum Arbeitsmarkt. Diese Einschränkung gilt für mindestens zwei Jahre ab dem Beitritt. Mit einer Verlängerung dieser<br />

Frist ist zu rechnen. Einzelheiten mit weiterführenden Links findet man unter folgender URL: http://www.auswaertigesamt.de/www/de/eu_politik/vertiefung/faq_html<br />

und auf englisch unter:<br />

europa.eu.int/comm/enlargement/negotiations/chapters/chap2/55260_practica_guide_including_comments.pdf<br />

Seit dem 01.01.2005 sind ausländische Partner sonstiger Ausländer sofort zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt,<br />

wenn ihre Partner zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt sind oder wenn die lebenspartnerschaftliche<br />

Gemeinschaft seit mindestens zwei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat (§ 29 Abs. 5 i.V.m. § 27 Abs. 2<br />

AufenthG).<br />

Sind diese Voraussetzungen (noch) nicht erfüllt, besteht allenfalls die Möglichkeit, eine Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung<br />

zu erhalten, wenn bevorrechtigte Arbeitnehmer nicht zur Verfügung stehen.<br />

Ausländische Lebenspartner von Deutschen, die Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten oder Apotheker sind, benötigen<br />

neben der Arbeitserlaubnis eine Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung ihres Berufs. Diese wurde ihnen bisher verweigert,<br />

weil die im LPartGErgG vorgesehene Anpassung der entsprechenden Gesetze gescheitert war. Dies wurde jetzt<br />

mit Wirkung zum 01.01.2005 durch das Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts nachgeholt (siehe Art.<br />

5 Nr. 15 bis 17 des Gesetzes).<br />

1O.WANN ERHÄLT DER AUSLÄNDISCHE PARTNER<br />

DIE DEUTSCHE STAATSANGEHÖRIGKEIT<br />

Der ausländische Partner eines Deutschen erhält die deutsche Staatsangehörigkeit frühestens nach einem rechtmäßigen<br />

Aufenthalt in Deutschland von drei Jahren. Weitere Voraussetzung ist regelmäßig ein Bestand der Lebenspartnerschaft<br />

von mindestens zwei Jahren. Zeiten des Zusammenlebens vor dem Inkrafttreten des LPartG werden nicht mit angerechnet.<br />

Außerdem müssen Sprachkenntnisse und wirtschaftliche Unabhängigkeit nachgewiesen werden.<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

77<br />

AUSLÄNDER- UND STAATSANGEHÖRIGKEITSRECHT


11.TRANSSEXUELLE<br />

INHALT 78 -79<br />

1. DIE „KLEINE LÖSUNG"<br />

2. DIE „GROSSE LÖSUNG"<br />

3. RECHTLICHE MÖGLICHKEITEN UND PROBLEME BEI DER „GROSSEN LÖSUNG"<br />

4. RECHTLICHE MÖGLICHKEITEN UND PROBLEME BEI DER „KLEINEN LÖSUNG"<br />

1.DIE „KLEINE LÖSUNG"<br />

Nach der sogenannten kleinen Lösung können Transsexuelle einen Vornamen des gewünschten anderen Geschlechts erhalten.<br />

Voraussetzung hierfür ist, dass der oder die Betreffende sich als dem anderen Geschlecht zugehörig fühlt und seit<br />

mindestens drei Jahren unter dem Zwang steht, diesem Zugehörigkeitsgefühl entsprechend zu leben. Notwendig ist<br />

außerdem, dass eine Veränderung dieses Empfindens nicht zu erwarten ist.<br />

Der oder die Transsexuelle wird vom Gesetz trotz der Vornamensänderung immer noch als dem Geschlecht zugehörig<br />

betrachtet, dem er oder sie sich gerade nicht zugehörig fühlt.<br />

2.DIE „GROSSE LÖSUNG"<br />

Um auch vom Gesetz als dem anderen Geschlecht angehörig betrachtet zu werden, müssen sich die Betreffenden einem<br />

geschlechtsverändernden operativen Eingriff unterzogen haben, der sie außerdem fortpflanzungsunfähig machen muss.<br />

Darüber hinaus dürfen sie nicht verheiratet sein. Falls erforderlich, muss also eine Scheidung durchgeführt werden, ehe<br />

durch Gerichtsbeschluss die rechtliche Zuordnung zum anderen Geschlecht erfolgen kann.<br />

3.RECHTLICHE MÖGLICHKEITEN UND PROBLEME<br />

BEI DER “GROSSEN LÖSUNG”<br />

Wer die große Lösung gewählt hat, kann je nach seinem sexuellen Empfinden, entweder heiraten oder eine Lebenspartnerschaft<br />

eingehen. Ein Frau-zum-Mann-Transsexueller kann also entweder mit einer Frau die Ehe eingehen oder aber mit<br />

einem Mann die eingetragene Lebenspartnerschaft.<br />

Die rechtliche Änderung der Geschlechtszugehörigkeit ist auch möglich, wenn der oder die Transsexuelle bereits in einer<br />

eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt. Die Aufhebung der Lebenspartnerschaft ist hier - im Gegensatz zu einem Verheirateten,<br />

der sich scheiden lassen muss - nicht erforderlich. Die eingetragene Lebenspartnerschaft besteht zwischen<br />

den nun verschiedengeschlechtlichen Partnern weiter, obwohl das LPartG die Lebenspartnerschaft nur zwischen Personen<br />

desselben Geschlechts zulässt. Der Gesetzgeber hat diese Konstellation bewusst in Kauf genommen.<br />

Heiner ist mit Sieglinde verheiratet, fühlt sich aber dem anderen Geschlecht zugehörig. Er beabsichtigt, von der<br />

großen Lösung Gebrauch zu machen, will aber mit seiner Frau, die er liebt, zusammen bleiben. Sieglinde ist damit einverstanden.<br />

Das Gesetz hingegen nicht. Heiner kann sich natürlich ohne rechtliche Probleme dem erforderlichen operativen Eingriff<br />

unterziehen. Aber er muss sich zuvor scheiden lassen, bevor er per Gerichtsbeschluss die rechtliche Zuordnung zum<br />

weiblichen Geschlecht erreichen kann. Für eine Scheidung ist indes Voraussetzung, dass die Ehepartner mindestens ein<br />

Jahr getrennt leben.<br />

Heiner und Sieglinde müssten also zunächst ein Jahr getrennt leben und sich daraufhin scheiden lassen. Nach erfolgter<br />

rechtlicher Zuordnung zum weiblichen Geschlecht könnte Heiner, der inzwischen natürlich einen weiblichen Vornamen<br />

angenommen hat, mit Sieglinde eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen.<br />

Die Durchführung des Scheidungsverfahrens ist hier unzumutbar und unlogisch. Es ist kein Grund ersichtlich, der das<br />

Erfordernis einer Scheidung hier rechtfertigen könnte. Das Transsexuellenrecht sollte deshalb entsprechend geändert<br />

werden: Eheleute sollten erklären können, die Ehe als Lebenspartnerschaft fortführen zu wollen. Nach erfolgter Operation<br />

des oder der Transsexuellen sollte daraufhin die rechtliche Zuordnung zum anderen Geschlecht trotz bestehender Ehe<br />

möglich sein. Zusammen mit dem geschlechtszuordnenden Gerichtsbeschluss würde die Ehe dann automatisch als eingetragene<br />

Lebenspartnerschaft kraft Gesetzes fortgelten.<br />

4.RECHTLICHE MÖGLICHKEITEN UND PROBLEME<br />

BEI DER “KLEINEN LÖSUNG”<br />

Die kleine Lösung bereitet Transsexuellen weit mehr Probleme, als sie rechtliche Möglichkeiten bietet. Wer einen Vornamen<br />

des anderen Geschlechts angenommen hat, kann zwar heiraten, verliert dann aber seinen neuen Vornamen, da der<br />

Gesetzgeber davon ausging, der oder die Transsexuelle würde sich in einem solchen Fall wieder seinem eigenen Geschlecht<br />

zugehörig fühlen. Dass eine Mann-zu-Frau-Transsexuelle lesbisch und ein Frau-zum-Mann-Transsexueller schwul<br />

78<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

TRANSSEXUELLE


empfinden kann, war dem Gesetzgeber und der Sexualwissenschaft bei Erlass des Transsexuellengesetzes vor 25 Jahren<br />

unbekannt.<br />

Wer schon verheiratet ist, kann dagegen von der kleinen Lösung ohne Probleme Gebrauch machen und einen Vornamen<br />

des anderen Geschlechts annehmen. Hier werden also ledige gegenüber verheirateten Transsexuellen ohne ersichtlichen<br />

Grund ungleich behandelt.<br />

Die Eingehung einer Lebenspartnerschaft scheidet für lesbisch oder schwul empfindende Transsexuelle, die sich für die<br />

kleine Lösung entschieden haben, völlig aus, da sie vor dem Gesetz ja immer noch als ihrem eigenen Geschlecht zugehörig<br />

gelten.<br />

Martin empfindet sich als Frau und hat von der kleinen Lösung Gebrauch gemacht. Er heißt nun Martina. Einige Zeit<br />

später lernt Martina Annika kennen und lieben.<br />

Die Eingehung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft ist für die beiden ausgeschlossen, da Martina vor dem Gesetz<br />

immer noch als männlich gilt und damit das Erfordernis der Gleichgeschlechtlichkeit nicht gegeben ist. Sie könnten zwar<br />

heiraten. Für Martina würde das jedoch den Verlust ihres weiblichen Vornamens bedeuten. Sie müsste sich wieder Martin<br />

nennen. Will Martina ihren weiblichen Namen und das damit verbundene Selbstverständnis behalten, so ist ihr jegliche<br />

rechtliche Absicherung ihrer Partnerschaft mit Annika verwehrt.<br />

Hier bleibt der Gesetzgeber aufgefordert, Abhilfe zu schaffen.<br />

Man könnte z.B. Transsexuellen, die sich für die kleine Lösung entschieden haben, gestatten, auch eine verschiedengeschlechtliche<br />

Lebenspartnerschaft einzugehen. Die gegenwärtige Rechtslage ist jedenfalls für Transsexuelle mit der<br />

kleinen Lösung nicht hinnehmbar. Das hat jetzt auch das Bundesverfassungsgericht durch Beschluss vom 06.12.2005 – 1<br />

BvL 3/03 – anerkannt und das Transsexuellengesetz insoweit für verfassungswidrig erklärt. Das Gericht hat den Gesetzgeber<br />

aufgefordert, das Transsexuellengesetz zu reformieren.<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

79<br />

TRANSSEXUELLE


MUSTER FÜR LEBENSPARTNERSCHAFTSVERTRÄGE<br />

VORBEMERKUNG<br />

Lebenspartnerschaftsverträge müssen den individuellen Bedürfnissen der Lebenspartner angepasst werden. Das müssen<br />

die Beteiligten mit dem Notar oder der Notarin klären, die den Lebenspartnerschaftsvertrag beurkunden sollen. Uns<br />

ist es nicht möglich, hier Muster für Lebenspartnerschaftsverträge anzubieten, die alle Bedürfnisse abdecken. Unser<br />

Muster passt für Regelfälle. Es beinhaltet<br />

• den Ausschluss des Zugewinn- und des Versorgungsausgleichs und den Verzicht auf nachpartnerschaftliche<br />

Unterhaltsansprüche, aber zugleich den Erhalt der erbrechtlichen Vorteile der Zugewinngemeinschaft für den Fall,<br />

dass die Lebenspartnerschaft durch den Tod eines der Lebenspartner endet.<br />

Ehe- und Lebenspartnerschaftsverträge werden neuerdings von den Gerichten daraufhin überprüft, ob die Vorteile und<br />

Lasten zu einseitig verteilt worden sind. Bei einer besonders einseitigen Aufbürdung von vertraglichen Lasten und einer<br />

erheblich ungleichen Verhandlungsposition können die Verträge unwirksam oder unanwendbar sein (siehe: 5.6<br />

Lebenspartnerschaftsverträge).<br />

MUSTER<br />

Nr. .............. der Urkundenrolle Jahrgang 200...<br />

Verhandelt<br />

in ......................................................................................<br />

am ....................................................................................<br />

Vor mir, dem unterzeichneten Notar<br />

der unterzeichneten Notarin<br />


von dem beurkundenden Notar belehrt worden, insbesondere auch darüber, dass der Ausschluss des Versorgungsausgleichs<br />

bei fehlenden eigenen Versorgungsansprüchen die Gefahr des Verlustes jeglicher Alters- und Invaliditätsversorgung<br />

mit sich bringt.<br />

Der Ausschluss des Versorgungsausgleiches wird unwirksam, wenn eine von uns innerhalb eines Jahres nach Vertragsschluss<br />

den Antrag auf Aufhebung der Lebenspartnerschaft stellt. Sollte wider Erwarten eine von uns beiden binnen Jahresfrist<br />

den Antrag auf Aufhebung stellen und diesen Antrag später zurücknehmen, so soll unsere vorstehende<br />

Vereinbarung über den Ausschluss des Versorgungsausgleiches rechtswirksam bleiben.<br />

§ 3 Unterhalt<br />

Für den Fall der rechtskräftigen Aufhebung unserer Lebenspartnerschaft vereinbaren wir Folgendes:<br />

Wir verzichten gegenseitig auf jeglichen Unterhaltsanspruch, und zwar auch für den Fall der Not und der unverschuldeten<br />

Arbeits- und/oder Erwerbslosigkeit oder unverschuldeten Arbeit- und/oder Erwerbsunfähigkeit.<br />

Jede von uns nimmt den Verzicht der anderen hiermit an.<br />

§ 4 Kosten<br />

Die Kosten dieses Vertrages trägt/tragen die/der Erschienenen zu ....................................<br />

III. BELEHRUNGEN<br />

Der Notar hat auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs zur Inhaltskontrolle<br />

von Eheverträgen hingewiesen und erläutert, dass ehevertragliche Regelungen bei einer besonders einseitigen<br />

Aufbürdung von vertraglichen Lasten und einer erheblich ungleichen Verhandlungsposition unwirksam oder unanwendbar<br />

sein können.<br />

Der Notar hat uns ferner darauf hingewiesen, dass davon auszugehen ist, dass die Gerichte diese Rechtsprechung auch<br />

auf Lebenspartnerschaftsverträge erstrecken werden.<br />

Die Erschienenen erklären, dass sie nach einer Vorbesprechung und dem Erhalt eines Vertragsentwurfes die rechtlichen<br />

Regelungen dieses Vertrags umfassend erörtert haben und dieser Vertrag ihrem gemeinsamen Wunsch nach Gestaltung<br />

ihrer lebenspartnerschaftlichen Verhältnisse entspricht.<br />

Der Notar hat darauf hingewiesen, dass bei einer Änderung der Lebenspartnerschaftskonstellation – hierzu gehören<br />

insbesondere die Geburt oder Adoption eines Kindes oder mehrerer Kinder aufgrund eines gemeinsamen Entschlusses<br />

beider Partner/Partnerinnen oder gewichtige Änderungen der Erwerbsbiographie – die Regelungen auch nachträglich<br />

einer Ausübungskontrolle unterliegen können. Er hat geraten, in diesem Fall die vertraglichen Regelungen der veränderten<br />

Situation anzupassen.<br />

Da wir diesen Vertrag gemeinsam so wollen, soll er nach Möglichkeit auch dann im Übrigen bestehen bleiben und zur Anwendung<br />

gelangen, wenn lediglich einzelne Regelungen unwirksam sind oder der Ausübungskontrolle unterliegen. Wir<br />

verpflichten uns in diesem Fall, die beanstandete Klausel in rechtlich zulässiger Weise durch eine solche zu<br />

ersetzen, die dem Sinn der beanstandeten Klausel am nächsten kommt. Für uns stehen und fallen nicht mehrere Regelungen<br />

dieses Vertrages so miteinander, dass bei Unwirksamkeit oder Unanwendbarkeit der einen auch die andere<br />

entsprechend nicht anwendbar sein soll.<br />

Der Notar hat uns ferner auf die rechtlichen Folgen dieses Vertrages hingewiesen, insbesondere darauf, dass:<br />

1. der Lebenspartnerschaftsvertrag erst mit der Begründung der Lebenspartnerschaft wirksam wird;<br />

2. die allgemeinen vermögensrechtlichen Wirkungen der Lebenspartnerschaft durch diesen Vertrag nicht berührt<br />

werden und dass insbesondere die gegenseitigen Unterhaltspflichten für die Zeit des Bestehens der Lebenspartnerschaft,<br />

einschließlich der Zeit des Getrenntlebens unbeschränkt bestehen bleiben;<br />

3. im Falle der Aufhebung der Lebenspartnerschaft durch Urteil ein Zugewinnausgleich nicht stattfindet;<br />

4. die Vereinbarung des Güterstandes und der Ausschluss des Versorgungsausgleiches jederzeit durch notariellen<br />

Vertrag geändert und der Ausschluss des nach-partnerschaftlichen Unterhalts jederzeit durch privatschriftliche<br />

Vereinbarung zwischen uns beiden wieder aufgehoben werden können;<br />

5. dass haftungsrechtlich kein Unterschied zwischen dem Güterstand der Zugewinngemeinschaft und der Gütertrennung<br />

besteht;<br />

6. Gläubiger eines Lebenspartners in die beweglichen Sachen des anderen Lebenspartners vollstrecken können,<br />

sofern dieser nicht beweist, dass sie sein Eigentum sind (§§ 1362 BGB, 739 ZPO);<br />

7. dass der Notar/die Notarin eine steuerliche Beratung nicht vornimmt und nicht vorgenommen hat.<br />

IV. SCHLUSSVERMERK<br />

Vorstehendes Protokoll wurde den Erschienenen vorgelesen, von ihnen genehmigt und eigenhändig wie folgt,<br />

unterschrieben:<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

81<br />

MUSTER FÜR LEBENSPARTNERSCHAFTSVERTRÄGE


MUSTER FÜR LEBENSGEFÄHRTEN/INNEN<br />

Zu dem nachfolgenden Muster siehe: 6.4. Grundsicherung für Arbeitssuchende, im Alter und bei Erwerbsminderung<br />

sowie Hilfe zum Lebensunterhalt<br />

VERTRAG<br />

zwischen<br />

...........................................................................................<br />

Vorname und Name<br />

und<br />

...........................................................................................<br />

Vorname und Name<br />

beide wohnhaft in ........................................................<br />

I. ALTERNATIVE: LEBENSGEMEINSCHAFT OHNE KINDER<br />

Wir sind seit ........... ein Paar und sind deshalb ........... am zusammengezogen. Für unser Zusammenleben vereinbaren wir<br />

Folgendes:<br />

1. Grundsätzlich hat jede/jeder von uns für ihren/seinen Lebensbedarf selbst aufzukommen.<br />

2. Die Kosten des gemeinschaftlichen Haushalts einschließlich der Wohnungsmiete werden halbiert.<br />

Das bedeutet im Einzelnen:<br />

2. 1. Die Wohnungsmiete einschließlich Nebenkosten beläuft sich zurzeit auf ........... Euro . Davon trägt jede/jeder von<br />

uns ............ Euro. Etwaige Nachforderungen oder Rückzahlungen aus den Nebenkostenabrechnungen werden<br />

halbiert.<br />

2.2. Für den gemeinschaftlichen Haushalt legt jede/jeder von uns zu Beginn des Monats ........... Euro in die<br />

Haushaltskasse. Davon werden die Kosten des Haushalts bestritten. Falls dieser Betrag nicht ausreicht, muss<br />

jede/jeder von uns die Hälfte des Fehlbetrags nachschießen. Überschüsse verbleiben in der Haushaltskasse<br />

und werden mit dem Haushaltsgeld des nächsten Monats verrechnet.<br />

2.3. Die Kosten des Telefons - und des Internetanschlusses - werden geteilt. Sollte sich herausstellen, dass eine/einer<br />

von uns wesentlich mehr telefoniert als die/der andere, werden wir uns zwei Telefonapparate (ISDN-Anschluss)<br />

zulegen.<br />

oder:<br />

Wir besitzen einen ISDN-Anschluss mit .......... Nummern, an dem zwei Telefonapparate hängen. (Name) .......... wird<br />

nur den Apparat mit der Telefonnummer .......... benutzen und (Name) .......... nur den Apparat mit der Nummer .........<br />

Die Grundgebühr und die Kosten des Internets werden halbiert. Die Telefongespräche bezahlt jede selbst.<br />

2.4. Strom- und Wasserkosten werden halbiert.<br />

2.5. Die Kosten des Radios und des Fernsehens werden halbiert.<br />

2.6. Etwaige Reparaturen der Haushaltsgeräte einschließlich des Staubsaugers und der Waschmaschine oder deren<br />

Ersatz bezahlt diejenige/derjenige, der/dem das betreffende Gerät gehört.<br />

3. Sollte eine/einer von uns beiden vorübergehend nicht in der Lage sein, die vereinbarten Beiträge zur gemeinschaftlichen<br />

Haushaltsführung und den halben Mietanteil aufzubringen, wird die/der andere diese Beträge, soweit<br />

sie/er dazu in der Lage ist, zwar vorschießen, aber nur darlehensweise.<br />

Die/der andere wird in solchen Fällen jeweils zum Monatsende ein Schuldanerkenntnis über den in diesem Monat<br />

ihr/ihm vorgeschossenen Betrag unterzeichnen.<br />

Sie/er ist verpflichtet, den geschuldeten Betrag zurückzuzahlen, sobald sie/er wieder Geld erhält, und zwar auch<br />

dann, wenn es sich dabei um Unterstützungszahlungen aus öffentlichen Kassen handelt.<br />

Datum und Unterschriften<br />

82<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

MUSTER FÜR LEBENSGEFÄHRTEN/INNEN


II. ALTERNATIVE: LEBENSGEMEINSCHAFT MIT KINDERN<br />

Wir sind seit .......... ein Paar und sind deshalb am .......... zusammengezogen. (Name) .......... hat .......... Kind(er), das/die mit<br />

uns in der gemeinsamen Wohnung zusammenleben wird/werden.<br />

Für unser Zusammenleben vereinbaren wir Folgendes:<br />

1. Grundsätzlich hat jede/jeder von uns für ihren/seinen Lebensbedarf selbst aufzukommen. (Name) .......... hat außer<br />

dem für den Lebensbedarf des Kindes/der Kinder aufzukommen. (Name) .......... ist nicht verpflichtet, die Kinder mit zu<br />

unterhalten und wird das auch nicht tun.<br />

2. Von den Kosten des gemeinschaftlichen Haushalts einschließlich der Wohnungsmiete trägt (Name) .......... für sich und<br />

das Kind/die Kinder .......... % und (Name) .......... .......... %. Das bedeutet im Einzelnen:<br />

2.1. Die Wohnungsmiete einschließlich Nebenkosten beläuft sich zur Zeit auf …………… Euro. Davon trägt<br />

(Name) .......... Euro und (Name) .......... Euro. Etwaige Nachforderungen oder Rückzahlungen aus den Nebenkostenabrechnungen<br />

werden im Verhältnis .......... % zu .......... % aufgeteilt.<br />

2.2. Für den gemeinschaftlichen Haushalt legt (Name) .......... für sich und das Kind/die Kinder zu Beginn jeden Monats<br />

………… Euro in die Haushaltskasse und (Name) .......... Euro. Davon werden die Kosten des Haushalts bestritten. Falls<br />

dieser Betrag nicht ausreicht, muss jede/jeder von uns den Fehlbetrag im Verhältnis .......... % zu .......... % nach<br />

schießen. Überschüsse verbleiben in der Haushaltskasse und werden mit dem Haushaltsgeld des nächsten Monats<br />

verrechnet.<br />

2.3. Die Kosten des Telefons - und des Internetanschlusses - werden geteilt. Sollte sich herausstellen, dass<br />

(Name ..........) und das Kind/die Kinder wesentlich mehr telefonieren als (Name ..........) werden wir uns zwei Telefonapparate<br />

(ISDN-Anschluss) zulegen.<br />

oder:<br />

Wir besitzen einen ISDN-Anschluss mit .......... Nummern, an dem zwei Telefonapparate hängen. (Name ..........) und<br />

das Kind/die Kinder werden nur den Apparat mit der Telefonnummer .......... benutzen, (Name ..........) nur den<br />

Apparat mit der Nummer ………. . Die Grundgebühr - und die Kosten des Internets - werden halbiert. Die Telefongespräche<br />

bezahlt jede/jeder selbst.<br />

2.4. Strom- und Wasserkosten werden im Verhältnis .......... % zu .......... % aufgeteilt.<br />

2.5. Die Kosten des Radios und des Fernsehens werden halbiert.<br />

2.6. Etwaige Reparaturen der Haushaltsgeräte einschließlich des Staubsaugers und der Waschmaschine oder deren<br />

Ersatz bezahlt diejenige/derjenige, der/dem das betreffende Gerät gehört.<br />

3. Sollte eine/einer von uns beiden vorübergehend nicht in der Lage sein, die vereinbarten Beiträge zur gemeinschaftlichen<br />

Haushaltsführung und ihren/seinen Mietanteil aufzubringen, wird die/der andere diese Beträge, soweit<br />

sie/er dazu in der Lage ist, zwar vorschießen, aber nur darlehensweise.<br />

Die/der andere wird in solchen Fällen jeweils zum Monatsende ein Schuldanerkenntnis über den in diesem Monat<br />

ihr/ihm vorgeschossenen Betrag unterzeichnen.<br />

Sie/er ist verpflichtet, den geschuldeten Betrag zurückzuzahlen, sobald sie/er wieder Geld erhält, und zwar auch<br />

dann, wenn es sich dabei um Unterstützungszahlungen aus öffentlichen Kassen handelt.<br />

Datum und Unterschriften<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

83<br />

MUSTER FÜR LEBENSGEFÄHRTEN/INNEN


KIRCHLICHE SEGNUNG<br />

GLEICHGESCHLECHTLICHER PARTNERSCHAFTEN<br />

Im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Lebenspartnerschaftsgesetzes wird die Frage nach einer Segnung lesbischer<br />

und schwuler Paare in den christlichen Kirchen in Deutschland verstärkt diskutiert. Das Bild ist überaus unterschiedlich<br />

und vielfältig.<br />

Einen Überblick über die Situation in den verschiedenen Kirchen, der ständig aktualisiert wird, findet man/frau auf der<br />

Webseite der „Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) e.V.“ (URL: http://huk.org/aktuell/segnunguebersicht.htm).<br />

Dort gibt es auch eine Ratgeber-Seite zu der eher praktischen Frage: „Wohin können wir uns wenden, wenn wir für unsere<br />

Partnerschaft um den Segen Gottes bitten wollen“ (URL: http://huk.org/aktuell/segnung-ratgeber.htm).<br />

Zusätzlich weisen wir hin auf die: Metropolitan Community Church<br />

• MCC Frankfurt: www.mccffm.de<br />

Metropolitan Community Church, Gemeinde in Frankfurt.<br />

• MCC Hamburg: www.mcc-hh.de<br />

Metropolitan Community Church, Gemeinde in Hamburg.<br />

• MCC Köln: www.mcc-koeln.de<br />

Metropolitan Community Church, Gemeinde in Köln.<br />

• MCC Stuttgart: www.ufmcc.de<br />

Metropolitan Community Church, Gemeinde in Stuttgart.<br />

und auf Freiberufliche Seelsorger, die uns gebeten haben, ihre Adressen bekannt zu machen:<br />

• Christoph L. Schmidt, Wichheimer Str. 46, 51067 Köln, Tel. (0221) 2854200, Fax (0221) 2854202,<br />

eMail: info@lichtblickederseele.de, www.lichtblickederseele.de<br />

• Hermann Josef Bayer, Taubenheimstr. 53, 70372 Stuttgart, Tel. (0711) 556811, Fax (0711) 9561152,<br />

eMail: bayer.surfleet@t-online.de, www.lebenscafe.de<br />

• Ewald Baus, Friedrich-Engels-Bogen 3, 81735 München, Tel./Fax (089) 67907911,<br />

eMail: ewald.baus@online.de, www.ewald-baus.onlinehome.de<br />

84<br />

84<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

KIRCHLICHE<br />

SEGNUNG


WEITERFÜHRENDE LITERATUR<br />

Eine Liste aller juristischen Veröffentlichungen und Gerichtsentscheidungen zum Lebenspartnerschaftsrecht findet sich<br />

auf der Webseite des <strong>LSVD</strong> unter der URL: http://typo3.lsvd.de/69.0.html. Diese Liste wird ständig aktualisiert.<br />

WICHTIGE ADRESSEN<br />

Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule und Lesbische Paare (SLP) e.V.<br />

Postfach 5342, 30053 Hannover<br />

Tel. (0511) 694088, Fax (0511) 3949839<br />

Kontakt: http://www.slp-ev.org/html/kontakt_vorstand.html<br />

www.slp-ev.org<br />

Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (<strong>LSVD</strong>) e. V.<br />

Geschäftsstelle Berlin<br />

Pressestelle<br />

Willmanndamm 10, 10827 Berlin<br />

Tel. (030) 78954778<br />

Fax (030) 78954779<br />

eMail: presse@lsvd.de<br />

www.lsvd.de<br />

Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (<strong>LSVD</strong>) e. V.<br />

Bundesgeschäftsstelle<br />

Pipinstr. 7, 50667 Köln<br />

Tel. (0221) 925961-0<br />

Fax (0221) 925961-11<br />

eMail: lsvd@lsvd.de<br />

www.lsvd.de<br />

Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexualität und Kirche (HuK) e.V.<br />

Postfach 500437, 52088 Aachen<br />

Tel. (0241) 12346<br />

eMail: info@huk.org<br />

www.huk.org<br />

Lesben und Kirche (LuK)<br />

Ökumenische Arbeitsgemeinschaft<br />

Postfach 610623, 10937 Berlin<br />

eMail: luk@gay-web.de<br />

www.stadt.gay-web.de/luk/<br />

Bundesverband der Eltern, Freunde und Angehörigen von Homosexuellen (BEFAH) e.V.<br />

c/o Pusch<br />

Anton-Freytag-Str. 43,<br />

30823 Garbsen<br />

Tel. (05131) 478050<br />

Fax (05131) 477320<br />

eMail: info@befah.de<br />

www.befah.de<br />

Völklinger Kreis e.V.<br />

Brüderstraße 19, 50667 Köln<br />

Tel. (0221) 5461979<br />

Fax (0221) 9541757<br />

eMail: mail@vk-online.de<br />

www.vk-online.de<br />

Lesbenring e.V.<br />

Geschäftsstelle<br />

Postfach 110214, 69071 Heidelberg<br />

Tel./Fax (0441) 2097137<br />

eMail: buero@lesbenring.de<br />

www.lesbenring.de<br />

Jugendnetzwerk Lambda e.V.<br />

Windthorststraße 43a<br />

99096 Erfurt<br />

Tel. (0361) 6448754<br />

Fax (0361) 6448752<br />

eMail: info@lambda-online.de<br />

www.lambda-online.de<br />

Deutsche AIDS-Hilfe e.V.<br />

Bundesgeschäftsstelle<br />

Dieffenbachstraße 33<br />

10967 Berlin<br />

Tel. (030) 6900870<br />

Fax (030) 69008722<br />

eMail: dah@aidshilfe.de<br />

www.aidshilfe.de<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

85<br />

WEITERFÜHRENDE LITERATUR / WICHTIGE ADRESSEN


NOTIZEN<br />

86<br />

86<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT<br />

NOTIZEN


ES GIBT NOCH VIEL ZU TUN!<br />

EINTRETEN IN DEN LESBEN- UND SCHWULENVERBAND<br />

Mitmachen lohnt sich! Jeder Forschritt bei der Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare<br />

musste hart erkämpft werden. Viel mehr könnte schon erreicht sein, wenn sich noch mehr<br />

Menschen beteiligen.<br />

Durch Eintritt in den <strong>LSVD</strong> kann jede und jeder mit zum Erfolg beitragen. Alle, die mit uns für<br />

gleiches Recht eintreten, sind herzlich willkommen.<br />

Liebe verdient Respekt. Der kommt aber nicht von alleine.<br />

Respekt muss man sich verschaffen.<br />

JOIN US!<br />

EINTRETEN IN DEN LESBEN-<br />

JA<br />

ICH TRETE IN DEN <strong>LSVD</strong> EIN!<br />

UND SCHWULENVERBAND<br />

Programm und Satzung erkenne ich an. Ich zahle einen monatlichen Mitgliedsbeitrag von<br />

Euro 8,00 Euro 15,00 Euro 30,00 Euro<br />

Monatlicher Mindestbeitrag von Euro 8,00, für Nichtverdiener/innen Euro 2,50<br />

Mein Mitgliedsbeitrag soll viertel-/halb-/jährlich von meinem Girokonto abgebucht werden.<br />

Konto-Nr.:<br />

BLZ::<br />

Geldinstitut:<br />

Kontoinhaber/in:<br />

Name:<br />

Geb.-Datum:<br />

Anschrift:<br />

Telefon:<br />

Fax:<br />

Lesben- und Schwulenverband<br />

E-mail:<br />

Ort, Datum, Unterschrift:


JOIN US!<br />

EINTRETEN IN DEN LESBEN-<br />

UND SCHWULENVERBAND<br />

An<br />

<strong>LSVD</strong>-Lesben- und Schwulenverband<br />

Postfach 10 34 14<br />

50474 Köln<br />

Lesben- und Schwulenverband


AUFRUF DER AKTION 1:1<br />

GLEICHES RECHT FÜR<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTEN<br />

Wer gleiche Pflichten übernimmt, muss auch gleiche Rechte<br />

erhalten. Mit dem Gesetz zur Eingetragenen Lebenspartnerschaft<br />

von 2001 wurden lesbische und schwule Paare erstmals<br />

rechtlich anerkannt. Das ist ein großer gesellschaftspolitischer<br />

Fortschritt. Trotzdem blieben erhebliche Ungerechtigkeiten<br />

bestehen.<br />

Der Bundesrat hat wichtige Regelungen zur Lebenspartnerschaft<br />

bislang blockiert und damit eine Schieflage geschaffen.<br />

Im Sozialrecht werden Lebenspartner beispielsweise<br />

voll in die Pflicht genommen, im Steuerrecht dagegen wie<br />

Fremde behandelt. Das ist unsinnig und ungerecht.<br />

Das Bundesverfassungsgericht hat längst klargestellt: Der<br />

Gesetzgeber darf die Eingetragene Lebenspartnerschaft<br />

rechtlich der Ehe gleichstellen. Bund und Länder sind aufgefordert,<br />

fortbestehende Gerechtigkeitslücken endlich zu<br />

schließen.<br />

Bei den Pflichten gibt es bereits Gleichstand mit der Ehe.<br />

Jetzt geht es darum, auch die Rechte 1 : 1 zu übertragen.<br />

Ansonsten würde Diskriminierung weiter fortgeschrieben.<br />

Das trifft insbesondere auch Lebenspartnerschaften mit<br />

Kindern hart.<br />

Es gibt keinen sachlichen Grund, gleiches Recht weiter zu<br />

verweigern.<br />

DIE AKTION 1:1 SETZT SICH FÜR<br />

DIE VOLLE GLEICHSTELLUNG EIN.<br />

LEBENSPARTNERSCHAFTSRECHT


Gefördert vom:<br />

Lesben- und Schwulenverband<br />

WWW.<strong>LSVD</strong>.DE

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