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Physik und Elektrotechnik 1

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II, 1–98 (2013)<br />

c○ 2013<br />

<strong>Physik</strong> <strong>und</strong> <strong>Elektrotechnik</strong> 1<br />

Dr. Jürgen Bolik<br />

Technische Hochschule Nürnberg<br />

U a<br />

V<br />

5<br />

I DD<br />

0 1 2 3 4 5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

U e<br />

V


TH Nürnberg 2<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1 Elektrizität 4<br />

1.1 Elektrostatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />

1.1.1 Elektrische Ladungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />

1.1.2 Das elektrische Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />

1.1.3 Spannung <strong>und</strong> Potential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

1.1.4 Kapazität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />

1.1.5 Influenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

1.1.6 Energieinhalt eines homogenen elektrischen Feldes . . . . . . . . . . . 15<br />

1.1.7 Der Piezoelektrische Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />

1.2 Gleichströme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

1.2.1 Stromstärke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

1.2.2 Der Ohmsche Widerstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

1.2.3 Leistung elektrischer Ströme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

1.3 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />

2 Gr<strong>und</strong>begriffe der Elektrodynamik 29<br />

2.1 Kräfte im Magnetfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

2.2 Das Gesetz von Biot-Savart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />

2.3 Elektromagnetische Induktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />

2.3.1 Das Induktionsgesetz <strong>und</strong> die Lenzsche Regel . . . . . . . . . . . . . . 34<br />

2.3.2 Ein- <strong>und</strong> Ausschaltvorgänge bei einer Reihenschaltung von Ohmschen<br />

Widerstand <strong>und</strong> Spule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />

2.4 Magnetisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41<br />

2.5 Wechselströme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />

2.5.1 Erzeugung von Wechselströmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />

2.5.2 Transformatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />

2.5.3 Elektromotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48<br />

2.6 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51<br />

3 Halbleiter als elektronische Bauelemente 55<br />

3.1 Energiebänder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55<br />

3.2 Halbleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />

3.2.1 Eigenleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />

3.2.2 Störstellenleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59<br />

3.3 Halbleiter-Elektronik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61<br />

3.3.1 Halbleiterdiode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61<br />

3.3.2 Bipolartransistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66<br />

3.3.3 Feldeffekttransistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73<br />

3.4 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82


TH Nürnberg 3<br />

4 Einführung in die Halbleiterschaltungstechnik 83<br />

4.1 Emitterschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83<br />

4.2 Aussagenlogik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84<br />

4.3 Logische Gr<strong>und</strong>schaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86<br />

4.4 Komplementäre MOS-Logik (CMOS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90<br />

4.5 Der Halbaddierer als Beispiel einer digitalen Rechenschaltung . . . . . . . . . 93<br />

4.6 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95


TH Nürnberg 4<br />

1 Elektrizität<br />

1.1 Elektrostatik<br />

1.1.1 Elektrische Ladungen<br />

• Es gibt zwei Arten der Ladung. Wir sprechen von positiven <strong>und</strong> negativen<br />

Ladungen. Die Gesamtladung ist der Unterschied der Beträge der positiven<br />

<strong>und</strong> negativen Ladungen. Ist die Gesamtladung eines Körpers gleich Null,<br />

so ist er insgesamt elektrisch neutral.<br />

• In abgeschlossenen Systemen bleibt die Ladungsmenge erhalten.<br />

• Ladung kommt nur als ganzzahliges Vielfaches der Elementarladung<br />

e = 1, 602 · 10 −19 C (Coulomb)<br />

vor, ist also gequantelt. Ein Elektron hat die Ladung −e, ein Proton hat die Ladung +e.<br />

• Gleichnamige Ladungen stoßen einander ab, ungleichnamige Ladungen ziehen<br />

einander an.<br />

Historische Anmerkung<br />

Benjamin Franklin (∗ 17.01.1706, † 17.04.1790)<br />

• Luftelektrizität<br />

• Prinzip der Ladungserhaltung<br />

• Erfindung des Blitzableiters<br />

Das Coulombsche Gesetz<br />

Zwischen zwei Punktladungen Q 1 <strong>und</strong> Q 2 wirkt die Kraft<br />

⃗F = 1<br />

4πɛ 0<br />

Q 1 Q 2<br />

r 2 ⃗e r .<br />

Dabei bezeichnet ɛ 0 die Influenzkonstante<br />

ɛ 0 = 8, 8542 · 10 −12 C 2 J −1 m −1<br />

<strong>und</strong><br />

⃗e r := ⃗r<br />

|⃗r| .


TH Nürnberg 5<br />

Anmerkung<br />

Das Coulombsche Gesetz in dieser Form lässt sich mit Hilfe des allgemeinen Coulombschen<br />

Gesetzes der Maxwell-Gleichungen,<br />

div ⃗ E = ɛ −1<br />

0 ρ<br />

<strong>und</strong> dem Integralsatz von Gauß,<br />

∫∫ ∫∫∫<br />

⃗E dA ⃗ = div E ⃗ d 3 x<br />

∂Ω<br />

herleiten.<br />

Ω<br />

1.1.2 Das elektrische Feld<br />

Elektrische Kräfte, die auch auftreten, wenn der Körper ruht, werden Coulomb-Kräfte genannt.<br />

Neben der Coulomb-Kräften werden wir die Lorentz-Kraft kennenlernen.<br />

Diese Kräfte sind proprtional zur Ladung Q des Probekörpers. Daher ist die Definition<br />

⃗E = ⃗ F<br />

Q<br />

der elektrischen Feldstärke sinnvoll.<br />

x<br />

E (x , y)<br />

y<br />

Abbildung 1.1 Elektrisches Feld einer Punktladung<br />

Die Felder zweier Punktladungen erzeugen Dipolfelder. Dabei lässt sich die Kraft auf eine<br />

Probeladung als Summe der vektoriellen Coulomb-Kräfte hervorgerufen durch die einzelnen<br />

Punktladungen berechnen.


TH Nürnberg 6<br />

Im Falle zweier gleichnamiger Punktladungen Q erhalten wir ein Potential U folgender Form:<br />

1<br />

F⃗<br />

P ,2 F⃗<br />

P ,1<br />

⃗F P<br />

P<br />

U (x , y)<br />

2<br />

Abbildung 1.2 Potential zweier gleichnamiger Punktladungen<br />

Sind die Punktladungen ungleichnamig <strong>und</strong> gleich ±Q, so ergibt sich ein Potential U der Form:<br />

1<br />

U (x , y)<br />

⃗ F P ,2<br />

⃗ F P ,1<br />

⃗F P<br />

P<br />

2<br />

Abbildung 1.3 Potential zweier ungleichnamiger Punktladungen


TH Nürnberg 7<br />

Neben der elektrischen Feldstärke ⃗ E tritt häufig die Verschiebungsdichte ⃗ D auf. Im Vakuum<br />

gilt<br />

⃗D = ɛ 0<br />

⃗ E<br />

<strong>und</strong> in linearen, isotropen Medien<br />

Dabei ist<br />

⃗D = ɛɛ 0<br />

⃗ E .<br />

• ɛ: Dielektrizitätskonstante<br />

• ɛ 0 : elektrische Feldkonstante, Influenzkonstante; ɛ 0 = 8, 8542 · 10 −12 CV −1 m −1


TH Nürnberg 8<br />

1.1.3 Spannung <strong>und</strong> Potential<br />

Bewegt sich eine Ladung Q zwischen zwei Punkten, zwischen denen die Spannung U herrscht,<br />

so wird dabei die Energie<br />

frei.<br />

W = Q · U<br />

In einem elektrischen Feld wirkt auf eine Punktladung Q eine Kraft F . Der Abstand zweier<br />

Punkte 1 <strong>und</strong> 2 betrage s. Ist F konstant, so bezeichnen wir die Größe<br />

U = F Q · s<br />

als (Betrag der) Spannung zwischen den Punkten 1 <strong>und</strong> 2.<br />

Die SI-Einheit von U ist 1 V (Volt).<br />

Ferner gilt: 1 J = 1 C · V .<br />

Um die Arbeit, die gegen eine nicht notwendigerweise konstante oder in Bewegungsrichtung<br />

wirkend Kraft aufgebracht werden muss, zu berechnen, verwenden wir<br />

∫ ⃗r 2<br />

∫⃗r 2<br />

W 12 = − F ⃗ · d⃗r = −Q E ⃗ · d⃗r .<br />

⃗r 1 ⃗r 1<br />

Als Spannung zwischen den Punkten 1 <strong>und</strong> 2 bezeichnen wir<br />

∫ ⃗r 2<br />

U 12 = − E ⃗ · d⃗r .<br />

⃗r 1<br />

Ist das Kraftfeld ⃗ F konservativ, so existiert ein Potential U = U(x, y, z), so dass<br />

U 12 = U 2 − U 1 , wobei U i = U(x i , y i , z i ) .<br />

Ein Kraftfeld ⃗ F heißt konservativ, wenn ⃗ F nur von den Ortskoordinaten abhängt <strong>und</strong> zu<br />

⃗F = ⃗ F (x, y, z) eine Funktion V = V (x, y, z) existiert, so dass<br />

gilt.<br />

⃗F = −grad V = −( ∂V<br />

∂x , ∂V<br />

∂y , ∂V<br />

∂z )


TH Nürnberg 9<br />

Berechnen wir beispielsweise die Arbeit W , die bei beliebigen Verschiebungen einer Ladung q<br />

im Coulomb-Feld F einer Ladung Q verrichtet wird, so erhalten wir<br />

W 12 = −<br />

∫ r 2<br />

r 1<br />

F (r) dr = − qQ ∫r 2<br />

1 qQ<br />

dr = · 1<br />

∣ r 2<br />

= qQ ( 1 − 1 )<br />

4πɛ 0 r2 4πɛ 0 r r 1 4πɛ 0 r 2 r 1<br />

r 1<br />

<strong>und</strong><br />

∫r 2<br />

W 1∞ = lim (− F (r) dr) = − qQ 1<br />

.<br />

r 2 →∞ 4πɛ 0 r 1<br />

r 1<br />

Setzen wir<br />

U ∞ = 0 ,<br />

so folgt daher<br />

U(r) =<br />

Q<br />

4πɛ 0 r<br />

Ȧbbildung 1.4<br />

Punktladung<br />

Kreisförmige Höhenlinien des Potentials U einer<br />

Die Innenwand eines metallischen Hohlkörpers ist eine Äquipotentialfläche. Gibt es im Inneren<br />

dieses Hohlkörpers keine Ladungen, so ist dort U = const. <strong>und</strong> daher E = 0. Dieser Abschirmeffekt<br />

wird bei dem sogenannten Faraday-Käfig eindrucksvoll deutlich.


TH Nürnberg 10<br />

1.1.4 Kapazität<br />

Die Proportionalität zwischen Spannung U <strong>und</strong> Ladungsmenge Q gilt nicht nur für Punktladungen,<br />

sondern für beliebige Ladungsverteilungen. Wir schreiben daher<br />

Q = CU<br />

mit einer Konstante C. Diese wird Kapazität genannt.<br />

Die SI-Einheit von C ist<br />

1 F (F arad) = 1 C V .<br />

Eine gleichmäßig geladene <strong>und</strong> unendlich ausgedehnte ebene Platte mit der Flächenladungsdichte<br />

σ erzeugt ein homogenes elektrische Feld der Stärke<br />

E = σ<br />

2ɛ 0<br />

.<br />

Die elektrische Feldstärke zwischen den Platten eines Plattenkondensators beträgt daher näherungsweise<br />

E =<br />

Q<br />

Aɛ 0<br />

,<br />

wobei A der Flächeninhalt einer Kondensatorplatte ist.<br />

+Q −Q<br />

Abbildung 1.5 Feldkomponenten eines Plattenkondensators


TH Nürnberg 11<br />

Mit<br />

<strong>und</strong><br />

U = Ed<br />

C = Q U<br />

erhalten wir für die Kapazität eines Plattenkondensators<br />

C = ɛ 0<br />

A<br />

d .<br />

Das elektrische Feld eine Plattenkondensators ist näherungsweise homogen. Insbesondere in<br />

den Randbereichen der Platten weicht es davon allerdings ab.<br />

+Q −Q<br />

Abbildung 1.6 Feld eines Plattenkondensators


TH Nürnberg 12<br />

Das Feld eines Kugelkondensators ist hingegen radialsysmmetrisch.<br />

−Q +Q<br />

Abbildung 1.7 Feld eines Kugelkondensators<br />

Historische Anmerkung<br />

Allesandro Volta (∗ 18.02.1745, † 05.03.1827)<br />

• Erfindung der Batterie<br />

• Q ∼ U im Kondensator


TH Nürnberg 13<br />

Parallel- <strong>und</strong> Reihenschaltung von Kondensatoren<br />

Die Kapazität parallel geschalter Kondensatoren addiert sich, so dass<br />

C = C 1 + C 2 ,<br />

da<br />

Q = Q 1 + Q 2 = C 1 U + C 2 U = CU.<br />

C 1<br />

C 2<br />

Abbildung 1.8 Parallelschaltung von Kondensatoren<br />

Für in Serie geschalteter Kondensatoren gilt<br />

C −1 = C −1<br />

1 + C −1<br />

2 ,<br />

da<br />

U = U 1 + U 2 = Q(C −1<br />

1 + C −1<br />

2 ).<br />

C 1<br />

C 2<br />

Abbildung 1.9 Reihenschaltung von Kondensatoren


TH Nürnberg 14<br />

1.1.5 Influenz<br />

Wird eine Punktladung vor eine im Ganzen ungeladene Metallplatte gebracht, so stehen die<br />

Feldlinien der Punktladung auf der Platte senkrecht, d.h. die für die Tangentialkomponente gilt<br />

⃗E t = 0 .<br />

Zusätzlich verursachen die Influenzladungen an der Oberfläche des Metalls einen Feldstärkesprung.<br />

Das führt dazu, dass im Inneren des Metalls E = 0 ist.<br />

Die Kraftwirkung <strong>und</strong> die Feldlinien entsprechen dem Feld, das aus zwei Punktladungen besteht,<br />

wobei die Metallplatte die Symmetrieachse darstellt.<br />

-<br />

+<br />

Abbildung 1.10 Feld einer Punktladung vor einer Metallplatte<br />

Wird ein ungeladener Metallkörper einem elektrischen Feld ausgesetzt, so verzerrt er dieses<br />

durch die Influenzladungen.<br />

- - - +<br />

+<br />

-<br />

-<br />

+<br />

+<br />

+<br />

Abbildung 1.11 Influenzladungen auf einer Metallkugel


TH Nürnberg 15<br />

Berühren sich zwei zunächst ungeladene Metallkugeln wie dargestellt in einem elektrischen<br />

Feld <strong>und</strong> werden dann getrennt, so tragen sie danach entgegengesetzt gleiche Ladungen.<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

Abbildung 1.12 Influenzladungen auf sich beührenden<br />

Metallkugeln<br />

1.1.6 Energieinhalt eines homogenen elektrischen Feldes<br />

Die gesamte Arbeit für den Transport der Ladung Q beträgt<br />

∫ Q<br />

W = U dq = 1 C<br />

0<br />

∫ Q<br />

0<br />

q dq = 1 Q 2<br />

2 C = 1 2 QU ,<br />

wobei dq als infinitesimal kleine Ladung vorausgesetzt wird.<br />

1.1.7 Der Piezoelektrische Effekt<br />

Wird ein Isolator einem elektrischen Feld ausgesetzt, so verschieben sich die Ladungen <strong>und</strong> es<br />

entsteht eine mechanische Verschiebung.<br />

Umgekehrt kann eine mechanische Verschiebung Ladungen des Isolators so verschieben, dass<br />

ein elektrisches Feld entsteht. Das ist der Fall, wenn der Isolator eine polare Achse besitzt.<br />

Zu den wichtigen Piezokristallen zählen Quarz, Turmalin, Bariumtitanat BaT iO 3 in tetragonaler<br />

Kristallform, Piezokeramiken mit Ti-Ionenverbindungen <strong>und</strong> NaK-Tartrat.


TH Nürnberg 16<br />

Eine notwendige Voraussetzung für das Auftreten des piezoelektrischen Effekts ist die Existenz<br />

polarer Achsen.<br />

A 3<br />

A 1<br />

x<br />

y<br />

A 2<br />

Abbildung 1.13 Kristallquerschnitt mit den drei polaren<br />

Achsen A 1 , A 2 , A 3<br />

In der Gleichgewichtslage gilt hier<br />

⃗d := d ⃗ 1 + d ⃗ 2 + d ⃗ 3 = 0 .<br />

Dabei sind d i , i = 1, 2, 3, die eingezeichneten Abstandsvektoren.<br />

Eine Kompression des Kristalls führt zu d ⃗ ≠ 0.<br />

A 3<br />

A 1 A 1<br />

⃗d 1<br />

⃗d 3<br />

⃗d 2<br />

⃗d 3<br />

⃗d 1<br />

A 3<br />

⃗d=0<br />

⃗d<br />

⃗d 2<br />

A 2<br />

A 2<br />

Abbildung 1.14 Piezoelektrische Verschiebung im Kristall


TH Nürnberg 17<br />

1.2 Gleichströme<br />

1.2.1 Stromstärke<br />

Fließt während einer Zeit △t eine Ladungsmenge △Q durch den Querschnitt eines Leiters, so<br />

sprechen wir davon, dass ein elektrischer Strom I fließt. Ist dieser zeitlich konstant, so definieren<br />

wir<br />

I = △Q<br />

△t .<br />

Allgemein gilt<br />

I = dQ<br />

dt .<br />

Im SI-System ist die Einheit der Stromstärke:<br />

1 A (Ampère) = 1 C s .<br />

Die Kirchhoffschen Regeln<br />

Kirchhoffs Knotenregel: Pro Zeiteinheit muss an jedem Knoten muss die Summe der zugeflossenen<br />

Ladung gleich der Summe der abgeflossenen Ladung sein, d.h.<br />

∑<br />

I i = 0 .<br />

i<br />

Kirchhoffs Maschenregel: Bei fester Umlaufrichtung ist die Summe aller Spannungsabfälle einer<br />

Masche gleich Null, d.h.<br />

∑<br />

U i = 0 .<br />

i<br />

Begründung: Wegunabhängigkeit der Potentialdifferenz<br />

Historische Anmerkung<br />

Gustav Robert Kirchhoff (∗ 12.03.1824, † 17.10.1887)


TH Nürnberg 18<br />

Beispiel<br />

Um die Stromstärke in den Verzweigungspunkten eines Netzwerks zu bestimmen, betrachten<br />

wir Kirchhoffs Knoten- <strong>und</strong> Maschenregel.<br />

I 1 I 2<br />

I 3<br />

I 5 I 4<br />

R 1 R 2<br />

R 3<br />

R 5 R 4<br />

U 1 U 2<br />

R 6<br />

I 6<br />

Abbildung 1.15 Die Kirchhoffschen Regeln<br />

Mit Hilfe des Maschenregel erhalten wir<br />

U 1 − U 2 = I 1 R 1 − I 2 R 2 ,<br />

U 2 = I 2 R 2 + I 3 R 3 + I 5 R 5 + I 6 R 6 ,<br />

0 = −I 5 R 5 + I 4 R 4<br />

<strong>und</strong> mittels der Knotenregel<br />

−I 1 − I 2 + I 3 = 0 ,<br />

I 4 + I 5 − I 3 = 0 ,<br />

−I 5 − I 4 + I 6 = 0 .<br />

Nehmen wir an, dass U i , i = 1, 2, <strong>und</strong> R i , i = 1, 2, ..., 6, gegeben sind, so bilden diese Gleichungen<br />

insgesamt ein lineares Gleichungssystem für die Variablen I i ,i = 1, 2, ..., 6.


TH Nürnberg 19<br />

1.2.2 Der Ohmsche Widerstand<br />

Bei vielen Leitern, wie Metalldrähten oder Elektrolytlösungen, lässt sich eine Proportionalität<br />

zwischen dem Strom I, der durch den Leiter fließt, <strong>und</strong> der angelegten Spannung U feststellen.<br />

Der entsprechende Proportionalitätsfaktor heißt Leitwert. Dessen Kehrwert heißt Widerstand R.<br />

Das Ohmsche Gesetz lautet:<br />

R = U I .<br />

Die SI-Einheit von R ist<br />

1Ω (Ohm) = 1 V A .<br />

Ist der Ohmsche Widerstand homogen mit konstantem Querschnitt A <strong>und</strong> Länge l, so gilt<br />

R = ρl<br />

A .<br />

Die Größe ρ heißt spezifischer Widerstand des Materials. Dessen Kehrwert<br />

σ = 1 ρ<br />

heißt elektrische Leitfähigkeit.<br />

Jedoch gilt das Ohmsche Gesetz nicht für alle Leiter. Das zeigt sich bei Gasentladungsstrecken,<br />

wie Bogenlampen, Leuchtstoff- <strong>und</strong> Vakuumröhren, <strong>und</strong> bei vielen Halbleiterbauteilen.<br />

Spezifischer Widerstand ρ in 10 −6 Ωm<br />

bei 18 ◦ C<br />

Silber 0, 016<br />

Kupfer 0, 017<br />

Aluminium 0, 028<br />

Eisen 0, 098<br />

Quecksilber 0, 958<br />

Konstantan 0, 50<br />

Quarzglas 5 · 10 22<br />

Porzellan ≈ 10 18<br />

Bernstein > 10 22


TH Nürnberg 20<br />

Die Stromdichte ⃗j ist mittels<br />

∫∫<br />

I = ⃗j dA<br />

⃗<br />

definiert. Dabei ist d ⃗ A = ⃗n dA <strong>und</strong> ⃗n die äußere Einheitsnormale der Fläche A.<br />

Historische Anmerkung<br />

André-Marie Ampère (∗ 20.01.1775, † 10.06.1836)<br />

• Begriff der elektrischen Spannung <strong>und</strong> des elektrischen Stomes<br />

• elektrische Ströme erzeugen Magnetfelder<br />

Georg Simon Ohm (∗ 16.03.1789, † 06.07.1854)


TH Nürnberg 21<br />

Serien- <strong>und</strong> Parallelschaltung<br />

Serien- oder Reihenschaltung<br />

• Durch in Reihe geschaltete Ohmsche Widerstände fließt der gleiche Strom I.<br />

• Die Spannungen U i an den Einzelwiderständen addieren sich zu der<br />

Gesamtspannung<br />

U = U 1 + U 2 + .... + U n .<br />

• Daher beträgt der Gesamtwiderstand<br />

R = U I =<br />

n∑<br />

R i .<br />

i=1<br />

R 1<br />

R 2<br />

Abbildung 1.16 Reihenschaltung Ohmscher Widerstände


TH Nürnberg 22<br />

Parallelschaltung<br />

• An parallelgeschalteten Widerständen liegt die gleiche Spannung U.<br />

• Der Strom durch den Widerstand i beträgt<br />

I i = U .<br />

R i<br />

• Daher fließt insgesamt der Strom<br />

I = I 1 + I 2 + ... + I n = U R 1<br />

+ U R 2<br />

+ ... + U R n<br />

• <strong>und</strong> der Gesamtwiderstand der Schaltung beträgt<br />

R = U I = ( n∑<br />

i<br />

1<br />

R i<br />

) −1 .<br />

R 1<br />

R 2<br />

Abbildung 1.17 Parallelschaltung Ohmscher Widerstände


TH Nürnberg 23<br />

1.2.3 Leistung elektrischer Ströme<br />

Verschiebt sich eine Ladung Q zwischen zwei Orten mit Potentialdifferenz U, so wird dabei die<br />

Energie<br />

frei.<br />

W = QU<br />

Wird elektrische Energie in Wärmeenergie umgewandelt, so beträgt die Wärmeleistung<br />

P = dW dt<br />

= U · dQ<br />

dt = UI .<br />

Die SI-Einheit von P ist<br />

1 W (Watt) = 1 V · A .<br />

Tritt der Ladungstransport zudem in einem Ohmschen Leiter auf, so gilt<br />

P = UI = I 2 R = U 2<br />

R .


TH Nürnberg 24<br />

1.3 Übungsaufgaben<br />

Aufgabe 1<br />

Zwei gleich große Kügelchen im Vakuum tragen die Ladungen Q 1 = 24 µC <strong>und</strong><br />

Q 2 = −18µC.<br />

a) Wie viele überschüssige Elektronen befinden sich auf der negativ geladenen Kugel<br />

b) Mit welcher Kraft ziehen sich die beiden Kugeln bei 6 cm Abstand im Vakuum an<br />

c) Mit welcher Kraft würden sie sich bei 6 cm Abstand abstoßen, wenn sie vorher miteinander<br />

in Berührung gekommen wären<br />

Aufgabe 2<br />

Vier freie, gleich große, positive Punktladungen Q befinden sich an den Eckpunkten eines Quadrats<br />

mit der Seitenlänge a. Welche Ladung müsste im Mittelpunkt des Quadrats angeordnet<br />

werden, damit das System aller Ladungen im Gleichgewicht ist<br />

Aufgabe 3<br />

Zur künftigen Energiegewinnung wird beispielsweise versucht, jeweils zwei Atomkerne von<br />

”schwerem” Wasserstoff (bestehend aus einem Proton mit einer positiven Elementarladung <strong>und</strong><br />

einem ungeladenen Neutron) in den Anziehungsbereich der Kernkräfte von etwa 1, 5 · 10 −15 m<br />

zu bringen, um die bei der Fusion freiwerdende Energie (4 MeV) zu nutzen. Ein Problem stellt<br />

dabei die Abstoßung der geladenen Kerne dar.<br />

a) 1 eV entspricht der Arbeit, um eine Elementarladung in einem Feld zwischen zwei Punkten<br />

zu überführen, zwischen denen eine Spannung von 1 V herrscht. Berechnen Sie diese<br />

Arbeit in J.<br />

b) Berechnen Sie die Arbeit, die nötig ist, um zwei solchen Kerne von 1 mm Abstand auf<br />

1, 5 · 10 −15 m zu bringen.<br />

c) Welche kinetische Energie <strong>und</strong> welche Geschwindigkeit muss ein Deuterium-Kern haben,<br />

damit er in den Bereich der Kernkräfte eines anderen Kerns kommen kann<br />

d) Zeigen Sie, dass bei diesem Prozess insgesamt Energie frei wird.


TH Nürnberg 25<br />

Aufgabe 4<br />

Ein Kondensator bestehe aus kreisförmigen Platten von je 25 cm Durchmesser. Er wird bei<br />

einem Plattenabstand von d = 2 mm auf eine Spannung U = 3 kV aufgeladen <strong>und</strong> dann von<br />

der Spannungsquelle getrennt.<br />

a) Welche Ladungsmenge befindet sich auf den Platten<br />

b) Wie groß ist die elektrische Feldstärke im Inneren des Kondensators<br />

c) Wie ändern sich die Ladung, Spannung <strong>und</strong> elektrische Feldstärke, wenn der Plattenabstand<br />

auf 1 cm vergrößert wird<br />

Aufgabe 5<br />

Gegeben ist folgende Schaltung<br />

C 1<br />

C 4<br />

A<br />

B<br />

mit<br />

C 2 C 3<br />

C 1 = C 2 = 100 nF , C 3 = C 4 = 50 nF .<br />

a) Berechnen Sie die Gesamtkapazität der Schaltung.<br />

b) Berechnen Sie die Spannung an C 1 , wenn an den Anschluss B eine Spannung von 160 V<br />

gegenüber A angelegt wird.


TH Nürnberg 26<br />

Aufgabe 6<br />

Gegeben ist die folgende Kondensatorschaltung<br />

C 2<br />

C 1<br />

C 4<br />

A<br />

B<br />

C 3<br />

mit<br />

C 1 = 10 nF , C 2 = 8 nF , C 3 = 6 nF , C 4 = 3 nF .<br />

a) Berechnen Sie die Gesamtkapazität C zwischen den Anschlüssen A <strong>und</strong> B.<br />

b) Es werden zunächst alle Kondensatoren entladen. Dann wird die Spannung<br />

U AB = 1 kV angelegt. Welchen Ladungen Q 1 , Q 2 , Q 3 , Q 4 tragen danach die positiv geladenen<br />

Platten der einzelnen Kondensatoren<br />

Aufgabe 7<br />

a) Ein Plattenkondensator mit unbekannter Kantenlänge soll die Kapazität C = 70 pF haben.<br />

Dieser besteht aus zwei quadratischen Platten, die einen Abstand von d = 8, 0 mm<br />

aufweisen <strong>und</strong> sich im Vakuum befinden. Bestimmen Sie die Kantenlänge des Kondensators.<br />

b) Der Kondensator wird mit einem Netzgerät mit U = 12 kV geladen <strong>und</strong> anschließend<br />

vom Netzgerät getrennt. Wie verändern sich die Ladung, Spannung <strong>und</strong> elektrische Feldstärke,<br />

wenn der Plattenabstand auf d = 32 mm vergrößert wird<br />

c) Berechnen Sie die mechanische Arbeit, die erforderlich ist, um diese Änderung des Plattenabstands<br />

wie beschrieben zu erreichen.


TH Nürnberg 27<br />

Aufgabe 8<br />

Gegeben ist folgender Gleichstromkreis<br />

U<br />

R 1<br />

R 2<br />

R 4<br />

R 5<br />

R 3<br />

I 4<br />

R 6<br />

Dabei sei<br />

<strong>und</strong><br />

R 1 + R 2 = 100 Ω , R 3 = 100 Ω , R 4 = 50 Ω , R 5 = 30 Ω , R 6 = 40 Ω<br />

U = 5 V .<br />

a) Nennen Sie ein Bauteil, das als regelbarer elektrischer Widerstand eingesetzt werden<br />

kann.<br />

b) Berechnen Sie den Gesamtwiderstand R ges der Schaltung in Abhängigkeit von R 2 .<br />

c) Berechnen Sie die am Widerstand R 3 in Wärme umgesetzte elektrische Leistung für den<br />

Fall,<br />

dass R 2 = 70 Ω gewählt wird.<br />

d) Berechnen Sie I 4 für den Fall, dass R 2 = 70 Ω gewählt wird.<br />

e) Bestimmen Sie den Wert von R 2 , wenn I 4 = 10 mA ist.


TH Nürnberg 28<br />

Aufgabe 9<br />

Berechnen Sie I 1 , I 2 , I 3 <strong>und</strong> I, mit Hilfe von Maschen- <strong>und</strong> Knotenregel, für folgende Schaltung<br />

I 3<br />

R 3<br />

R<br />

I 2<br />

R 2<br />

I 1<br />

R 1<br />

I<br />

I<br />

U<br />

Dabei sei U = 10 V , R = 60 Ω, R 1 = R 3 = 100 Ω <strong>und</strong> R 2 = 200 Ω .


TH Nürnberg 29<br />

2 Gr<strong>und</strong>begriffe der Elektrodynamik<br />

2.1 Kräfte im Magnetfeld<br />

Während im elektrischen Feld auf eine Ladung q immer eine Kraft wirkt, wirkt im Magnetfeld<br />

auf die Ladung nur dann eine Kraft, wenn sich die Ladung bewegt. Diese Kraft wird als Lorentz-<br />

Kraft bezeichnet. Sie beträgt<br />

⃗F = q⃗v × ⃗ B .<br />

Dabei bezeichnet ⃗ B die magnetische Flussdichte. Ihre SI-Einheit lautet:<br />

N<br />

1<br />

Cms = 1 V s = 1 T (T esla)<br />

−1 m2 Die Feldlinien des B-Feldes sind geschlossen.<br />

⃗B<br />

Nord Süd<br />

⃗B<br />

Abbildung 2.1 Einstellung einer Magnetnadel<br />

Ein Draht der Länge l mit dem Querschnitt A enthält nlA Elektronen. Dabei bezeichnet n die<br />

Teilchenzahldichte. Daher wirkt auf den Draht im Magnetfeld die Kraft<br />

⃗F = −enlA⃗v × ⃗ B .<br />

Da für den Strom<br />

I = −envA<br />

gilt, lässt sich die Kraft auch folgendermaßen schreiben:<br />

⃗F = I ⃗ l × B ⃗ .<br />

Dabei kennzeichnet ⃗ l neben der Länge des Drahtes auch die technische Stromrichtung.


TH Nürnberg 30<br />

Die Kraftwirkung auf eine stromdurchflossene Leiterschleife lässt sich folgendermaßen veranschaulichen:<br />

⃗B<br />

I<br />

I<br />

⃗F<br />

I<br />

z<br />

y<br />

x<br />

Abbildung 2.2 Stromdurchflossene Leiterschleife im Magnetfeld


TH Nürnberg 31<br />

2.2 Das Gesetz von Biot-Savart<br />

Nach dem Gesetz von Biot-Savart<br />

⃗H = Id⃗ l × ⃗r<br />

4πr 3<br />

ist das Magnetfeld orthogonal zur Ebene, die von den Vektoren ⃗r <strong>und</strong> d ⃗ l aufgespannt wird.<br />

Beispiele<br />

a) Magnetfeld eines geraden Leiters<br />

I<br />

r<br />

z<br />

y<br />

x<br />

Abbildung 2.3 Magnetfeldlinien um einen geraden<br />

stromdurchflossenen Leiter<br />

Die Feldstärke eines geraden Leiters beträgt<br />

H(r) =<br />

I<br />

2rπ .<br />

H (r)<br />

0<br />

r<br />

Abbildung 2.4 Die radiale Abhängigkeit des H-Feldes


TH Nürnberg 32<br />

b) Magnetfeld eines Kreisstroms<br />

z<br />

y<br />

x<br />

I<br />

Abbildung 2.5 Magnetfeldlinien um einen Kreisstrom<br />

Die Feldstärke einer kreisförmigen Leiterschleife beträgt<br />

H(r) = I 2r .<br />

c) Feldstärke im Inneren einer langen Spule<br />

I<br />

Abbildung 2.6 Magnetfeldlinien um eine Spule


TH Nürnberg 33<br />

Die Feldstärke im Inneren einer langen Spule beträgt<br />

wobei<br />

H = In , wobei n : Anzahl der Drahtwindungen/Meter<br />

n = N l<br />

die Windungsdichte, N die Windungszahl <strong>und</strong> l die Länge der Spule bezeichnet.<br />

Im Vakuum gilt<br />

⃗B = µ 0H<br />

⃗<br />

<strong>und</strong> in linearen, isotropen Medien<br />

⃗B = µµ 0H ⃗ .<br />

Dabei ist<br />

• µ: Permeabilität<br />

• µ 0 : magnetische Feldkonstante, Induktionskonstante; µ 0 = 1, 2566 · 10 −6 V sA −1 m −1


TH Nürnberg 34<br />

2.3 Elektromagnetische Induktion<br />

2.3.1 Das Induktionsgesetz <strong>und</strong> die Lenzsche Regel<br />

Mit dem magnetischen Fluss<br />

∫∫<br />

φ := ⃗B · ⃗n dA ,<br />

S<br />

wobei ⃗n die äußere Einheitsnormale der Fläche A ist, lässt sich das Induktionsgesetz folgendermaßen<br />

schreiben:<br />

∮<br />

U = ⃗E d⃗s = − ∂φ<br />

∂t .<br />

C<br />

⃗B<br />

⃗n<br />

φ<br />

A<br />

Abbildung 2.7 Magnetischer Fluss durch eine Fläche<br />

Die Induktivität L des Leiters ist definiert als<br />

φ = LI .<br />

Bei einer langen, leeren Spule tritt durch jede Windung der Fluss µ 0 HA <strong>und</strong> durch die N<br />

Windungen der Fluss<br />

N 2<br />

φ = µ 0 NHA = µ 0 AI .<br />

l<br />

Daher hat die Spule die Induktivität<br />

N 2<br />

L = µ 0 A .<br />

l


TH Nürnberg 35<br />

Die SI-Einheit der Induktivität lautet:<br />

1 H = 1 V s<br />

A .<br />

Variiert der magnetische Fluss φ zeitlich, so wird eine Spannung induziert. Das kann beispielsweise<br />

• durch Änderung des Magnetfeldes<br />

• oder durch eine Drehung der Fläche<br />

geschehen.<br />

Induktion durch Änderung des Magnetfeldes<br />

U<br />

⃗B<br />

Nord<br />

Süd<br />

Abbildung 2.8 Verschiebung eines Stabmagneten, Teil 1


TH Nürnberg 36<br />

U<br />

⃗B<br />

Nord<br />

Süd<br />

Abbildung 2.9 Verschiebung eines Stabmagneten, Teil 2<br />

Induktion durch Drehung einer Leiterschleife<br />

⃗B<br />

U<br />

⃗v<br />

⃗v<br />

Abbildung 2.10 Drehung einer Leiterschleife im Magnetfeld, Teil 1


TH Nürnberg 37<br />

⃗B<br />

U<br />

I<br />

⃗v<br />

z<br />

x<br />

y<br />

⃗v<br />

I<br />

Abbildung 2.11 Drehung einer Leiterschleife im Magnetfeld, Teil 2<br />

Lenzsche Regel, (H. F. E. Lenz, 1855)<br />

Der induzierte Strom ist immer so gerichtet, dass sein Magnetfeld der Induktionsursache<br />

entgegenwirkt.<br />

So verursacht sie Bewegung eines Stabmagneten in einer Leiterschleife einen induzierten Strom,<br />

dessen Magnetfeld der Bewegung des Stabmagneten entgegenwirkt.<br />

⃗B<br />

I<br />

Nord<br />

Süd<br />

Abbildung 2.12 Verschiebung eines Stabmagneten<br />

Auch die Veränderung der Fläche A eines Leiters in einem Magnetfeld kann zu einer induzierten<br />

Spannung führen.


TH Nürnberg 38<br />

⃗B<br />

⃗v<br />

e -<br />

I<br />

y<br />

z<br />

x<br />

Abbildung 2.13 Induzierte Spannung in einem Draht<br />

Historische Anmerkung<br />

Hans Christian Ørsted (∗ 14.08.1777, † 09.03.1851)<br />

• magnetische Wirkung des elektrischen Stroms<br />

Michael Faraday (∗ 22.09.1791, † 25.08.1867)<br />

• Drehung eines stromdurchflossenen Leiters im Magnetfeld<br />

• Elektromagnetische Induktion<br />

Joseph Henry (∗ 17.12.1797, † 13.05.1878)<br />

Nikola Tesla (∗ 10.07.1856, † 07.01.1943)<br />

• Mehrphasenwechselstrom<br />

• Funktechnik<br />

• Energieübertragung


TH Nürnberg 39<br />

2.3.2 Ein- <strong>und</strong> Ausschaltvorgänge bei einer Reihenschaltung von Ohmschen Widerstand<br />

<strong>und</strong> Spule<br />

Einschaltvorgang<br />

Wird der Schalter geschlossen, so genügt die Stromstärke I in dem abgebildeten Schaltkreis der<br />

Differentialgleichung<br />

U 0 − LI ′ (t) = RI .<br />

R<br />

L<br />

Abbildung 2.14 Einschaltvorgang<br />

Die Lösung dieser Differentialgleichung lautet<br />

I = U 0<br />

R (1 − e− t τ ) , wobei τ :=<br />

L<br />

R .<br />

I (t)<br />

I = U 0<br />

R<br />

I = U 0<br />

L t I = U 0<br />

R ⋅(1−e− t τ )<br />

L<br />

R<br />

Abbildung 2.15 Die Stromstärke I(t) nach dem Einschalten<br />

t


TH Nürnberg 40<br />

Ausschaltvorgang<br />

Wird der Schalter geöffnet, so gilt<br />

RI + LI ′ (t) = 0 .<br />

Als Lösung dieser Differentialgleichung erhalten wir<br />

I = I 0 e − t τ , wobei τ :=<br />

L<br />

R<br />

<strong>und</strong> I 0 die Stromstärke vor dem Ausschalten bezeichnet.


TH Nürnberg 41<br />

2.4 Magnetisierung<br />

Die Magnetisierung von Kristallen <strong>und</strong> Molekülen wird durch mikroskopische Kreisströme<br />

verursacht. Diese Kreisströme beeinflussen die Flussdichte B, jedoch nicht die magnetische<br />

Feldstärke H.<br />

In magnetisierbarem Material gilt<br />

⃗B = µ 0 ( ⃗ H + ⃗ J ) ,<br />

mit der Magnetisierung J.<br />

Da die magnetische Suszeptibilität χ mittels<br />

⃗J = χ ⃗ H<br />

definiert ist, folgt daher<br />

⃗B = µ 0 (1 + χ) ⃗ H ,<br />

Setzen wir ein isotropes Medium voraus, so können wir<br />

⃗B = µµ 0<br />

⃗ H<br />

schreiben, wobei µ hier nicht notwendigerweise konstant ist.<br />

Somit gilt<br />

µ = 1 + χ .<br />

Diamagnetismus<br />

Materialien, für deren Suszeptibiltät χ<br />

χ < 0 <strong>und</strong> |χ| ≪ 1<br />

gilt, werden als diamagnetisch bezeichnet. Solche Stoffe erfahren in Magnetfeldern eine abstoßende<br />

Wirkung, d.h. eine Kraftwirkung in Richtung abnehmender Feldstärke.<br />

Magnetische Suszeptibilität χ in 10 −6<br />

Wismut Bi −170<br />

Gold Au −30<br />

Silber Ag −25<br />

Kupfer Cu −10<br />

Quecksilber Hg −19<br />

Wasser H 2 O −9<br />

Stickstoff N 2 −0, 06


TH Nürnberg 42<br />

Paramagnetismus<br />

Materialien, für deren Suszeptibiltät χ<br />

χ > 0<br />

gilt, werden als paramagnetisch bezeichnet. Im Gegensatz zu diamagnetischen Stoffen, werden<br />

paramagnetische Materialien in Richtung zunehmender Magnetfeldstärke gezogen.<br />

Magnetische Suszeptibilität χ in 10 −6<br />

Aluminium Al 20<br />

Platin P t 260<br />

Palladium P d 690<br />

Mangan Mn 1000<br />

Sauerstoff O 2 1, 8<br />

flüssiger Sauerstoff 3600<br />

Luft 0, 5<br />

Ferromagnetismus<br />

Bei ferromagnetischen Materialien ist die Magnetisierung J <strong>und</strong> damit die Suszeptibilität χ sehr<br />

groß. Außerdem ist χ von der Feldstärke H <strong>und</strong> der Vorgeschichte des Materials abhängig.<br />

J<br />

J S<br />

J R<br />

H C<br />

H C<br />

H<br />

Abbildung 2.16 Hysterese der Magnetisierung<br />

J S : Sättigungswert der Magnetisierung<br />

J R : Remanenz-Magnetisierung<br />

H C : Koerzitivfeldstärke


TH Nürnberg 43<br />

Während bei paramagnetischen Materialien die Wärmebewegung die Ordnung der Elementar-<br />

Spinmomente über große Temperaturbereiche stark stört, kann die Wärmebewegung bei ferromagnetischen<br />

Stoffen die Ordnung dieser magnetischen Momente unterhalb einer bestimmten,<br />

relativ hohen Temperatur, der Curie-Temperatur T C , nicht in einem solchen Umfang aufheben.<br />

Beispielsweise beträgt die Curie-Temperatur für Eisen T C = 1017 K.<br />

Durch ein äußeres Magnetfeld bilden sich einheitlich magnetisierte Gebiete, die Weiss-Bereiche.<br />

Abbildung 2.17 Schematische Darstellung der spontanen Magnetisierung


TH Nürnberg 44<br />

2.5 Wechselströme<br />

2.5.1 Erzeugung von Wechselströmen<br />

Die Drehung einer Leiterschleife innerhalb eines Magnetfeldes induziert in der Leiterschleife<br />

eine Spannung U.<br />

U<br />

I<br />

⃗B<br />

Abbildung 2.18 Drehspulgenerator<br />

Durch die Leiterschleife der Fläche A tritt der magnetische Fluss<br />

φ = ⃗ B · ⃗A = BA cos ϕ(t) ,<br />

wobei ϕ = ∡( ⃗ B, ⃗n) ist.


TH Nürnberg 45<br />

⃗B<br />

φ<br />

⃗n<br />

φ<br />

Abbildung 2.19 Leiterschleife im Magnetfeld<br />

Dreht sich die Leiterschleife mit konstanter Winkelgeschwindigkeit ω <strong>und</strong> gilt ϕ(t = 0) = 0,<br />

so wird in der Leiterschleife die Spannung<br />

U = − ∂φ<br />

∂t = U 0 sin(ωt) , wobei U 0 := BAω ,<br />

induziert, wenn kein Kommutator verwendet wird. Wird an die Leiterschleife des Generators<br />

ein Kommutator angebracht, so ist es möglich, die Spannung<br />

U = U 0 | sin(ωt)|<br />

zu erzeugen. So wird pulsierender Gleichstrom, statt Wechselstrom erzeugt.<br />

U<br />

U 0<br />

−U 0<br />

0<br />

T<br />

2<br />

T<br />

3<br />

2 T 2T<br />

5<br />

2 T<br />

t<br />

Abbildung 2.20<br />

Kommutator<br />

Induzierte Spannung mit bzw. ohne<br />

Ist ω = const., so gilt<br />

ω = 2π<br />

T = 2πν ,


TH Nürnberg 46<br />

wobei T für die Schwingungsdauer <strong>und</strong> ν für die Drehfrequenz steht.<br />

Deren Mittelwert Ū beträgt<br />

Ū = 1 T<br />

∫ T<br />

0<br />

U 0 | sin(ωt)| dt = 2U 0<br />

T<br />

T<br />

∫2<br />

0<br />

sin(ωt) dt = 2U 0<br />

T (− 1 ∣ T<br />

∣∣<br />

ω cos(ωt)) 2<br />

0<br />

= 2U 0<br />

ωT (− cos(ω T 2 ) + 1) = 2U 0<br />

2π · 2 = 2U 0<br />

π .


TH Nürnberg 47<br />

2.5.2 Transformatoren<br />

Mit Hilfe von Transformatoren kann die Wechselspannungsamplitude verändert weden. Der<br />

Transformator besteht oft aus zwei Spulen unterschiedlicher Windungszahlen N 1 <strong>und</strong> N 2 , die<br />

durch ein hochpermeables Material verb<strong>und</strong>en sind. Damit die Wirbelstromverluste klein sind,<br />

muss auch die effektive Leitfähigkeit des Spulenkerns klein sein.<br />

Außerdem nehmen wir an, dass sich die ohmschen Verluste der Spulen vernachlässigen lassen,<br />

sich das B-Feld phasengleich zum Strom I ändert <strong>und</strong> der Magnetfluss φ den Spulenkern nicht<br />

verlässt.<br />

B<br />

N U 2<br />

U 1<br />

N 2<br />

1<br />

I 2<br />

I 1<br />

Abbildung 2.21 Transformator<br />

An der Primärspule liegt die Spannung U 1 an. Nach Voraussetzung ist der Widerstand der Spule<br />

rein induktiv. Daher gilt<br />

U 1 = N 1<br />

∂φ<br />

∂t .<br />

Dabei steht φ für den Fluss durch eine Leiterschleife der Spule.<br />

Die Flußänderung ∂φ<br />

∂t<br />

∂φ<br />

U 2 = −N 2<br />

∂t .<br />

wiederum, induziert in der Sek<strong>und</strong>ärspule die Spannung<br />

Somit erhalten wir für die Spannungstransformation<br />

U 2<br />

U 1<br />

= − N 2<br />

N 1<br />

.


TH Nürnberg 48<br />

2.5.3 Elektromotoren<br />

Der prinzipielle Aufbau eines Elektromotors entspricht dem eines Generators. Während aber<br />

Generatoren einen Teil der Bewegungsenergie in elektrische Energie umwandeln, nutzen Elektromotoren<br />

elektrische Energie zur Erzeugung von Bewegungsenergie. Auf die bewegten Ladungsträger<br />

wirkt im Magnetfeld die Lorentzkraft<br />

⃗F = q⃗v × ⃗ B .<br />

I<br />

⃗B<br />

+ -<br />

Abbildung 2.22 Gleichstrommotor<br />

Mit Hilfe eines sich mit dem Rotator drehenden Kommutators wird die Stromrichtung umgepolt.<br />

Auf die Leiterschleifen wird jeweils ein Drehmoment<br />

⃗M = IA⃗n × ⃗ B<br />

ausgeübt. Daher gilt<br />

M = | ⃗ M| = φI sin ϕ , wobei ϕ = ∡(⃗n, ⃗ B) .


TH Nürnberg 49<br />

⃗B<br />

⃗M<br />

⃗F 2<br />

φ<br />

⃗n<br />

⃗F 1<br />

⃗F 2<br />

φ<br />

⃗n<br />

⃗B<br />

⃗F 1<br />

Abbildung 2.23 Drehmoment auf eine Leiterschleife<br />

Da sich die mechanische Leistung durch<br />

P mech = Mω<br />

<strong>und</strong> die elektrische Leistung durch<br />

P el = UI<br />

berechnen lässt, erhalten wir für den Wirkungsgrad η eines Elektromotors<br />

η = Mω<br />

UI .<br />

Mittels der Bewegungsgleichung des Rotors<br />

θ dω<br />

dt = M − M L<br />

<strong>und</strong> den Kennlinien M = M(ω) lässt sich das Laufverhalten des Motors unter Last beschreiben.<br />

Dabei bezeichnet θ das Trägheitsmoment des Rotors <strong>und</strong> M L das Lastmoment.


TH Nürnberg 50<br />

Gleichstrommotoren<br />

Der Spannungsabfall am Rotor ist gegeben als folgende Summe aus einem ohmschen <strong>und</strong> einem<br />

induktiven Spannungsabfall:<br />

U r = I r R r + ωLI s ,<br />

wobei die Indizes r <strong>und</strong> s für Rotor <strong>und</strong> Stator stehen.<br />

Rotor <strong>und</strong> Stator können in Reihe (Reihenschluss- oder Hauptschlussmotor) oder parallel (Nebenschlussmotor)<br />

geschaltet werden.<br />

I I r<br />

R r<br />

I s<br />

R r<br />

R s R s<br />

L<br />

L<br />

Abbildung 2.24 Reihenschluss <strong>und</strong> Nebenschluss


TH Nürnberg 51<br />

2.6 Übungsaufgaben<br />

Aufgabe 1<br />

Der Abstand zweier paralleler Leiter ist d = 20 cm. Sie werden vom gleichen Strom<br />

I = 10 A in gleicher Richtung durchflossen.<br />

Wie groß ist die magnetische Flussdichte zwischen den Leitern im Abstand von 5 cm von einem<br />

der Leiter<br />

Aufgabe 2<br />

Eine lange Zylinderspule mit der Windungszahl N = 20000, der Länge l = 80 cm <strong>und</strong> dem<br />

Radius r = 10 cm erzeugt bei einer Stromstärke von I = 0, 8A im Vakuum ein Magnetfeld mit<br />

der Flussdichte B.<br />

Eine zweite Zylinderspule mit der Windungszahl N i = 500, der Länge l i = 8 cm <strong>und</strong> dem Radius<br />

r i = 2 cm wird mit konstanter Winkelgeschwindigkeit, wie abgebildet, im Inneren dieser<br />

Feldspule um ϕ ∈ [0, 2π) gedreht. Für eine solche vollständige Drehung der Induktionsspule<br />

wird die Zeit T = 8 s benötigt. Für die Permeabiltät µ gelte<br />

µ = µ 0 = 4π · 10 −7 V sA −1 m −1 .<br />

φ<br />

⃗B<br />

a) Berechnen Sie den magnetischen Fluss durch die Induktionsspule für den Drehwinkel<br />

ϕ 1 = π 4 .<br />

b) Berechnen Sie die induzierte Spannung als Funktion der Zeit.<br />

c) Geben Sie den zeitlichen Mittelwert der induzierten Spannung für eine Drehung von<br />

ϕ = 0 bis ϕ = π 2 an.


TH Nürnberg 52<br />

Aufgabe 3<br />

Ein Elektron wird durch ein homogenes elektrisches Feld mit U = 2, 5 kV beschleunigt <strong>und</strong><br />

wird dann durch ein von diesem elektrischen Beschleunigungsfeld räumlich getrenntes, homogenes<br />

Magnetfeld mit B = 0, 15 T , das senkrecht zur Bewegungsrichtung wirkt, abgelenkt.<br />

a) Welche Kraft wirkt hier als Zentripetalkraft<br />

b) Bestimmen Sie den Radius der Kreisbahn.<br />

c) Beschreiben Sie einen Versuch, um die spezifische Ladung e m<br />

zu messen <strong>und</strong> geben Sie die Messgrößen an.<br />

des Elektrons<br />

Aufgabe 4<br />

Ein waagrechter Kupferstab (l = 10 cm) wird beidseitig durch Kupferschienen geführt. Senkrecht<br />

zur Anordnung wirkt, wie abgebildet, ein homogenes magnetisches Feld mit B = 0, 01 T .<br />

Der Leiter wird durch einen Antrieb mit einer konstanten Geschwindigkeit von 2 m nach rechts<br />

s<br />

bewegt.<br />

⃗B<br />

⃗v<br />

a) Ermitteln Sie die Richtung des Induktionsstroms.<br />

b) Berechnen Sie die zeitliche Änderung des magnetischen Flusses.<br />

c) Wie groß ist der Induktionsstrom, wenn die aus dem Stab <strong>und</strong> den Schienen bestehende<br />

Anordnung einen Ohmschen Widerstand von 4 · 10 −4 Ω hat<br />

d) Welche Leistung muss der Antriebsmotor mindestens aufbringen (Reibung vernachlässigt)


TH Nürnberg 53<br />

Aufgabe 5<br />

Nach Schließen des Schalters zur Zeit t = 0 fließe, für t ≥ 0, der Ladestrom<br />

I(t) = I 0 · e − t<br />

RC .<br />

U<br />

R<br />

C<br />

a) Berechnen Sie den zeitlichen Verlauf der Kondensatorladung Q(t), wenn<br />

Q(t = 0) = 0 gelte.<br />

b) Welcher Energieverlust tritt am Ohmschen Widerstand auf


TH Nürnberg 54<br />

Aufgabe 6<br />

Im Inneren zweier Spulen (N = 100, l = 0, 1 m, Durchmesser = 5 cm) befinden sich ein<br />

Stahlguss- <strong>und</strong> ein Gusseisenkern. Die Abbildung zeigt die magnetische Flussdichte im Inneren<br />

der Spulen in Abhängigkeit vom Spulenstrom.<br />

B<br />

T<br />

1,4<br />

Stahlguss<br />

1,0<br />

0,8<br />

Gusseisen<br />

0,1<br />

0 0,2 0,4 0,8 1,2<br />

A<br />

I<br />

a) Wie groß ist die Magnetisierung des Gusseisenkerns bei I = 0, 4 A<br />

b) Berechnen Sie die Permeabilitätszahl von Stahlguss bei I = 0, 2 A <strong>und</strong> I = 1, 2 A.<br />

Kommentar<br />

c) Nach dem Abschalten des Spulenstroms wird der Stahlgusskern innerhalb von 0, 1 s mit<br />

konstanter Geschwindigkeit aus der Spule entfernt. Wie groß ist die induzierte Spannung<br />

Aufgabe 7<br />

Ein idealer Transformator wird sek<strong>und</strong>ärseitig durch einen Ohmschen Widerstand belastet. Bestimmen<br />

Sie die Stomstärke I 1 im Primärkreis in Abhängigkeit vom Leerlaufstrom I 10 , den<br />

Windungszahlen N 1 <strong>und</strong> N 2 <strong>und</strong> der Stromstärke I 2 im Sek<strong>und</strong>ärkreis.


TH Nürnberg 55<br />

3 Halbleiter als elektronische Bauelemente<br />

3.1 Energiebänder<br />

Elektronen sind Fermionen, die in einem Kristall einer deutlichen Impulsunschärfe unterliegen.<br />

Das führt zum Auftreten von Energiebändern.<br />

Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen Elektronen <strong>und</strong> Ionengitter. Das verursacht eine<br />

Aufspaltung der Energieniveaus in Energiebänder.<br />

Die Besetzung der Energieniveaus in den Bändern mit Elektronen erfolgt so, dass die Gesamtenergie<br />

minimal ist.<br />

Das höchste vollbesetzte Band heißt Valenzband. Elektrische Leitfähigkeit erfordert bewegliche<br />

Ladungsträger. Daher müssen Elektronen ein unbesetztes <strong>und</strong> erreichbares Energieniveau<br />

finden.<br />

In voll besetzten Energiebändern ist hingegen kein Ladungstransport möglich.<br />

Auf das Valenzband folgt ein nicht vollbesetztes Band, das Leitungsband.<br />

Dazwischen kann eine verbotene Zone, eine sogenannte Energielücke sein, in der keine Energieniveaus<br />

für Elektronen existieren.<br />

Die Anzahl der zur Verfügung stehenden frei beweglichen Ladungsträger ist abhängig von der<br />

Temperatur.<br />

Die Beweglichkeit hängt ab von<br />

• Gitterschwingungen<br />

• Störungen im Gitteraufbau<br />

• Wechselwirkung der Ladungsträger


TH Nürnberg 56<br />

Metalle sind durch ein teilweise gefülltes Leitungsband <strong>und</strong> eine hohe Konzentration frei beweglicher<br />

Ladungsträger gekennzeichnet.<br />

a) b)<br />

c) d)<br />

Abbildung 3.1 Bänderschemata<br />

a) Metall mit einem Valenzelektron (Alkalimetalle)<br />

b) Metall mit zwei Valenzelektronen (Erdalkalimetalle)<br />

c) Halbleiter<br />

d) Isolator


TH Nürnberg 57<br />

3.2 Halbleiter<br />

Halbleiter besitzen ein voll besetztes Valenzband <strong>und</strong>, bei tiefen Temperaturen, ein leeres Leitungsband.<br />

Dazwischen liegt die Energielücke.<br />

Bei tiefen Temperaturen sind Halbleiter Isolatoren.<br />

Bei hoher Temperatur können die Valenzelektronen durch die thermische Energie die Energielücke<br />

überwinden.<br />

Beispiele: Si, Ge, ZnS, GaAs, SiC, Cu 2 O<br />

3.2.1 Eigenleitung<br />

Es befinden sich frei bewegliche Elektronen im Leitungsband <strong>und</strong> daher frei bewegliche Elektronenlücken<br />

im Valenzband.<br />

Die Anzahldichte n der Leitungselektronen beträgt<br />

Dabei ist<br />

n = n(T ) = n 0 e − W G −µ<br />

kT .<br />

n 0 = n 0 (T ) ∼ T 3 2 ,<br />

T : absolute Temperatur<br />

µ : chemisches Potential, Fermigrenze<br />

k : Boltzmannkonstante<br />

W G : Energieunterschied (Bandabstand) zwischen Leitungs- <strong>und</strong> Valenzband.<br />

Elektronen können thermisch, durch Phonon-Elektron-Wechselwirkung, oder optisch, durch<br />

Photon-Elektron-Wechselwirkung (manchmal unter Beteiligung von Phononen), angeregt werden<br />

<strong>und</strong> das Leitungsband erreichen.


TH Nürnberg 58<br />

In einem reinen, ungestörten Halbleiter sind sie Anzahldichten der Elektronen, n e , <strong>und</strong> der<br />

Löcher, n p , gleich. Für die Eigenleitungsdichte n i (intrinsische Leitfähigkeit) gilt daher:<br />

n i = n n = n p .<br />

Die Eigenleitfähigkeit σ ist die Summe der Leitfähigkeiten von Elektronen <strong>und</strong> Löchern <strong>und</strong><br />

wird bestimmt von der Anzahldichte n <strong>und</strong> der Beweglichkeit µ dieser Ladungsträger:<br />

σ = e(µ n + µ p )n i .<br />

n i<br />

in cm −3<br />

10 14<br />

Ge<br />

10 12<br />

10 10<br />

Si<br />

10 8<br />

GaAs<br />

10 6<br />

10 4 250 300 350 400 450 500<br />

T<br />

in K<br />

Abbildung 3.2 Temperaturabhängigkeit der Eigenleitungsdichte


TH Nürnberg 59<br />

3.2.2 Störstellenleitung<br />

Werden Fremdatome aus einer Nachbargruppe des Periodensystems in das Kristallgitter eingebaut,<br />

so können sich Energieniveaus, die in der verbotenen Zone nahe am Leitungs- bzw. nahe<br />

am Valenzband liegen, ergeben.<br />

Weitere Störungen des Idealgitters ergeben sich durch<br />

• nichtstöchiometrische Zusammensetzungen<br />

• unbesetzte Gitterplätze<br />

• Zwischengitterteilchen <strong>und</strong> Versetzungen<br />

• Kristallgrenzen<br />

• Abweichungen von der Kristallordnung (bis zum amorphen Zustand)<br />

Dotierte Halbleiter<br />

leeres<br />

Leitungsband<br />

Donatoren<br />

volles<br />

Valenzband<br />

Akzeptoren<br />

Abbildung 3.3 Bänderschemata von Halbleitern mit<br />

Donator- <strong>und</strong> Akzeptorniveaus<br />

Donatoren<br />

Fremdatome mit Elektronenüberschuss in Hinblick auf das Wirtsatom. Sie haben Energieniveaus<br />

nahe dem Leitungsband. Daher können Elektronen leicht in das Leitungsband übergehen.


TH Nürnberg 60<br />

Akzeptoren<br />

Fremdatome mit Elektronenmangel. Sie haben Energieniveaus nahe dem Valenzband. Daher<br />

können Elektronen leicht aus dem Valenzband eingefangen werden.<br />

Die Temperaturabhängigkeit des Halbleiterwiderstandes wird durch<br />

• die Ladungsträgerkonzentration<br />

• die Beweglichkeit der Ladungsträger<br />

bestimmt.<br />

Die Beweglichkeit wird oft durch die Gitterschwingungen beschränkt. Bei Halbleitern weisen<br />

diese eine sehr viel geringere Temperaturabhängigkeit als die Ladungsträgerkonzentration auf.<br />

Halbleiter mit Donatoren weisen einen Elektronenüberschuss auf, Halbleiter mit Akzeptoren<br />

einen Elektronenmangel. Bei hinreichender Störstellendotierung wird die elektrische Leitfähigkeit<br />

des gestörten Halbleiters, bei Donator-Dotierung, durch Elektronen oder, bei Akzeptor-<br />

Dotierung, durch Löcher bestimmt. Die jeweilige elektrische Leitung wird als n-Leitung oder<br />

p-Leitung bezeichnet.<br />

So lässt sich beispielsweise die Leitfähigkeit durch Dotierung eines Kristallgitters vierwertiger<br />

Atome mit drei- bzw. fünfwertigen Fremdatomen verändern. Dann entsteht n-Leitung durch<br />

fünfwerte Dotierungsatome, wie P , As, Sb <strong>und</strong> p-Leitung durch dreiwertige Dotierungsatome,<br />

wie B, Al, Ga, In. Erstere liefern ein Elektron, letztere erzeugen ein Loch, das jeweils zur<br />

elektrischen Leitfähigkeit beiträgt.<br />

Die Leitfähigkeit dotierter Halbleiter beträgt näherungsweise<br />

• σ ≈ eµ n n n<br />

• σ ≈ eµ p n p<br />

für n-dotierte Halbleiter,<br />

für p-dotierte Halbleiter.


TH Nürnberg 61<br />

3.3 Halbleiter-Elektronik<br />

3.3.1 Halbleiterdiode<br />

Eine np-Diode ist ein Halbleiterkristall, der aus zwei verschieden dotierten Anteilen besteht,<br />

wobei der eine Anteil n-leitend <strong>und</strong> der andere p-leitend ist.<br />

Im Übergangsbereich beider Anteile ist der Betrag des Konzentrationsgradient der Elektronen<br />

<strong>und</strong> Löcher sehr hoch. Daher tritt ein Diffusionsstrom der Minoritätsladungsträger zwischen n-<br />

<strong>und</strong> p-leitendem Bereich auf, der das Konzentrationsgefälle auszugleichen sucht. In dem angrenzenden<br />

Bereich rekombinieren diese. Dabei entsteht ein von beweglichen Ladungsträgern<br />

fast völlig freier ”Verarmungsbereich”. Die ionisierten Störstellenatome bilden eine sogenannte<br />

”Raumladung”, deren elektrisches Feld, dem Diffusionsprozess entgegenwirkt.<br />

W<br />

Leitungsband<br />

Valenzband<br />

+ + + +<br />

+ + + +<br />

+ + + +<br />

n<br />

- - - -<br />

- - - -<br />

- - - -<br />

p<br />

Halbleitergitter<br />

Abbildung 3.4 Gitterionen, Elektronen <strong>und</strong> Löcher einer Halbleiterdiode<br />

ohne Kontakt<br />

W<br />

Leitungsband<br />

Valenzband<br />

+ + + +<br />

+ + + +<br />

+ + + +<br />

n<br />

- - - -<br />

- - - -<br />

- - - -<br />

p<br />

Halbleitergitter<br />

Abbildung 3.5 Gitterionen, Elektronen <strong>und</strong> Löcher einer Halbleiterdiode<br />

mit Kontakt


TH Nürnberg 62<br />

Wird eine Spannung so angelegt, dass weitere bewegliche Ladungsträger aus dem Bereich der<br />

Grenzfläche abgezogen werden, so wird der elektrische Widerstand des Halbleiters größer.<br />

W<br />

Leitungsband<br />

Valenzband<br />

+ + + + - - - -<br />

+ + + + + - - - - -<br />

+ + + + - - - -<br />

Halbleitergitter<br />

n<br />

p<br />

Abbildung 3.6 Gitterionen, Elektronen <strong>und</strong> Löcher einer<br />

Halbleiterdiode mit Kontakt <strong>und</strong> äußerem Feld<br />

Nach Umpolung der äußeren Spannung, sinkt der elektrische Widerstand.<br />

W<br />

Leitungsband<br />

Valenzband<br />

-<br />

+ + + +<br />

+ + + +<br />

+ + + +<br />

- - - -<br />

- - - -<br />

- - - -<br />

+<br />

Halbleitergitter<br />

n<br />

p<br />

Abbildung 3.7 Gitterionen, Elektronen <strong>und</strong> Löcher einer<br />

Halbleiterdiode mit Kontakt <strong>und</strong> äußerem Feld


TH Nürnberg 63<br />

Die pn-Diode wirkt also als Gleichrichter.<br />

-<br />

+<br />

n<br />

p<br />

Abbildung 3.8 Fluss- <strong>und</strong> Sperrrichtung der np-Diode<br />

Wird an eine np-Diode eine Spannung U angelegt, so verschiebt sich die Feldstromdichte j f<br />

gegenüber der nahezu konstanten Diffusionsstromdichte j d . Ist U = 0, so gilt j f = j d = j 0 .<br />

Wird die Spannung U angelegt, so verändert sich die Wahrscheinlichkeit die Potentialdifferenz<br />

±U zu überwinden um den Faktor<br />

Daher gilt<br />

exp(± eU<br />

kT ) .<br />

j f = j 0 exp(± eU<br />

kT ) .


TH Nürnberg 64<br />

Zeigt das äußere Feld in Flussrichtung, d.h. von der p- zu n-Seite, so beträgt die Gesamtstromdichte<br />

j = j f − j 0 = j 0 (exp( eU<br />

kT ) − 1) .<br />

Weist das Feld hingegen in Sperrrichtung, so beträgt die Gesamtstromdichte<br />

j = j f − j 0 = j 0 (exp(− eU<br />

kT ) − 1) .<br />

j<br />

mA<br />

cm 2<br />

2<br />

1<br />

−20 −10 0<br />

j 0<br />

10 20<br />

U<br />

mV<br />

−1<br />

Abbildung 3.9 Strom-Spannungs-Kennlinie einer np-Diode<br />

Üblich sind auch folgende Bezeichnungen:<br />

wobei<br />

I = I S (exp(± U U T<br />

) − 1) ,<br />

U T := kT e<br />

als Temperaturspannung <strong>und</strong> I S als Sättigungswert des Sperrstroms bezeichnet werden.<br />

Für T = 300 K gilt<br />

U T = 25, 9 mV .


TH Nürnberg 65<br />

Allerdings wird durch einen Korrekturfaktor m eine Abweichung von der einfachen Shockleyschen<br />

Diodentheorie berücksichtigt. Die Diodenkennlinie wird dann besser angepasst <strong>und</strong><br />

durch<br />

I = I S (exp(<br />

U ) − 1) , wobei 1 ≤ m ≤ 2 ,<br />

mU T<br />

beschrieben.<br />

Sowohl U T als auch I S sind temperaturabhängig. Näherungsweise gilt<br />

∂U<br />

∂T<br />

∣ ≈ − 2 mV<br />

I=const. K .


TH Nürnberg 66<br />

3.3.2 Bipolartransistoren<br />

Ein Transistor ist ein steuerbares Halbleiterbauelement, das über drei Elektroden verfügt <strong>und</strong><br />

zum Verstärken oder Schalten eines Signals eingesetzt wird.<br />

In der Regel wird die Emitter-Basis-Strecke in Durchlassrichtung (U BE > 0) <strong>und</strong> die Kollektor-<br />

Basis-Strecke in Sperrrichtung (U BC < 0) betrieben. Entsprechend sind die Spannungsquellen<br />

für die folgende, am Emitteranschluss verb<strong>und</strong>ene Schaltung gepolt.<br />

I E<br />

E<br />

n<br />

p<br />

n<br />

C<br />

B<br />

U BE<br />

U CE<br />

I B I C<br />

Abbildung 3.10 Schema eines npn-Transistors <strong>und</strong> der Emittergr<strong>und</strong>schaltung<br />

Der Elektronenstrom am Emitter I E fällt nur wenig zum Kollektor hin auf I C ab. Ein Teil<br />

dieses Emitterinjektionsstroms führt zusammen mit einem Teil des Basisstroms I B zu einer<br />

Rekombination der Ladungsträger.


TH Nürnberg 67<br />

Es gilt<br />

I E = I B + I C .<br />

E<br />

I E<br />

n p<br />

-<br />

+<br />

n<br />

I B<br />

I C C<br />

B<br />

Abbildung 3.11 Elektronen- <strong>und</strong> Löcherströme im npn-Transistor


TH Nürnberg 68<br />

C<br />

C<br />

n<br />

B<br />

p<br />

B<br />

n<br />

E<br />

E<br />

Abbildung 3.12 Schaltsymbole eines npn-Transistors <strong>und</strong> einer<br />

äquivalenten Diodenschaltung<br />

C<br />

C<br />

p<br />

B<br />

n<br />

B<br />

p<br />

E<br />

E<br />

Abbildung 3.13 Schaltsymbole eines pnp-Transistors <strong>und</strong> einer<br />

äquivalenten Diodenschaltung


TH Nürnberg 69<br />

Analog zur Emittergr<strong>und</strong>schaltung eines npn-Transistors, lässt sich eine Emittergr<strong>und</strong>schaltung<br />

für den pnp-Transistor aufbauen. Beide Gr<strong>und</strong>schaltungen sind hier abgebildet:<br />

I C<br />

I B<br />

+<br />

U CE<br />

U + -<br />

BE -<br />

Abbildung 3.14 Emittergr<strong>und</strong>schaltung eines npn-Transistors<br />

I C<br />

I B<br />

-<br />

-<br />

+ U CE<br />

U BE +<br />

Abbildung 3.15 Emittergr<strong>und</strong>schaltung eines pnp-Transistors


TH Nürnberg 70<br />

In Abhängigkeit von der Spannung U BE wird der Kollektorstrom I C bei festem Wert U CE gemessen.<br />

I C<br />

mA<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0 200 400 600<br />

U BE<br />

800<br />

mV<br />

Abbildung 3.16 Strom-Spannungs-Steuerkennlinie I C = I C (U BE )<br />

In Abhängigkeit von der Spannung U CE wird der Kollektorstrom I C bei jeweils festem Wert<br />

U BE gemessen.<br />

I C<br />

mA<br />

40<br />

35<br />

30<br />

U BE=700 mV<br />

25<br />

20<br />

Δ U CE<br />

Δ I C<br />

15<br />

U BE=680 mV<br />

10<br />

5<br />

0<br />

1<br />

Δ I C=S Δ U BE<br />

2 3 4 5 6 7 8 9 10 11<br />

U BE=660 mV<br />

U BE=640 mV<br />

U BE=620 mV<br />

U CE<br />

V<br />

Abbildung 3.17 Ausgangskennlinien I C = I C (U CE )<br />

für verschiedene Werte von U BE<br />

Das Verhältnis<br />

B := I C<br />

I B<br />

der Kollektorstromstärke I C zur Basisstromstärke I B heißt statische Stromverstärkung.


TH Nürnberg 71<br />

Unter der (differentiellen) Stromverstärkung wird die Größe<br />

verstanden.<br />

β := ∂I C<br />

∂I B<br />

∣<br />

∣∣UCE<br />

=const.<br />

Die Änderung des Kollektorstroms I C im Verhältnis zur Änderung der Spannung U BE wird<br />

durch die Steilheit S beschrieben. Diese ist durch<br />

S :=<br />

definiert.<br />

∂I C<br />

∂U BE<br />

∣<br />

∣∣UCE<br />

=const.<br />

Arbeitspunkteinstellung<br />

Durch die Einstellung des Arbeitspunktes kann der Transistor an Aufgaben, beispielsweise als<br />

Verstärker oder elektronischer Schalter zu dienen, angepasst werden.<br />

R B<br />

U 0<br />

R C<br />

I C<br />

U CB<br />

I B<br />

U CE<br />

U BE<br />

Abbildung 3.18 npn-Transistor, Basis- <strong>und</strong> Arbeitswiderstand<br />

Die Lage des Arbeitspunktes wird hier durch die Zusammenschaltung des Transistors mit dem<br />

aktiven Zweipol, eingangsseitig bestehend aus Betriebsspannung U 0 <strong>und</strong> Basiswiderstand R B ,<br />

ausgangsseitig bestehend aus Betriebsspannung U 0 <strong>und</strong> Arbeitswiderstand R C , bestimmt. Im<br />

Eingangskreis gilt<br />

U 0 = I B R B + U BE<br />

<strong>und</strong> im Ausgangskreis<br />

U 0 = I C R C + U CE .


TH Nürnberg 72<br />

Abhängig vom Basisstrom I B kann der Arbeitspunkt entlang der Arbeitsgeraden verschoben<br />

werden.<br />

I C<br />

U 0<br />

R C<br />

I B<br />

0<br />

U 0<br />

U CE<br />

Abbildung 3.19 Ausgangskennlinien mit Arbeitsgeraden


TH Nürnberg 73<br />

3.3.3 Feldeffekttransistoren<br />

Bei einem Feldefeffekttransistor (FET) erfolgt die Steuerung, anders als bei einem bipolaren<br />

Transistor, durch ein elektrisches Querfeld, das die Ausdehnung der Verarmungszone der Ladungsträger<br />

<strong>und</strong> damit den Querschnitt des Stromkanals beeinflusst. Da der Sromfluss fast ausschließlich<br />

von einer Art der Ladungsträger verursacht wird, wird der FET als unipolarer Transistor<br />

bezeichnet.<br />

Der leitfähige Kanal kann<br />

<strong>und</strong><br />

• p-leitend (p-Kanal-FET) oder<br />

• n-leitend (n-Kanal-FET)<br />

• bereits bestehen<br />

(selbstleitender FET; Verarmungs-FET, Depletion-FET)<br />

oder<br />

• erst durch die Steuerspannung erzeugt werden<br />

(selbstsperrender FET; Anreicherungs-FET, Enhancement-FET) .<br />

Die äußeren Anschlüsse heißen Drain D <strong>und</strong> Source S. Gate G wird die Steuerelektrode zwischen<br />

D <strong>und</strong> S genannt. Der Anschluss B ist die Elektrode des Substrats (Bulk: Masse).<br />

Die Trennung der Gate-Elektrode vom Stromkanal DS kann durch einen pn- bzw. np-Übergang,<br />

wie bei Sperrschicht-FETs, oder durch eine Isolierschicht, wie bei MOS- (Metal Oxide<br />

Semiconductor) FETs erfolgen.<br />

Bei Isolierschicht-FETs besteht das Gate aus Aluminium oder polykristallinem Silizium <strong>und</strong><br />

die Isolierschicht aus einem Oxid (SiO 2 , Al 2 O 3 ), wie bei MOS-FETs, oder aus Silziumnitrid<br />

(Si 3 N 4 ), wie bei MNS- (Metal Nitride Semiconductor) FETs.


TH Nürnberg 74<br />

• Da bei Sperrschicht-FETs der Strom an D im Falle verschwindender Spannung U GS am<br />

größten ist, werden Sperrschicht-FETs als selbstleitend bezeichnet.<br />

S G D<br />

n<br />

p<br />

n-Kanal<br />

n<br />

Raumladungszonen<br />

p<br />

p<br />

B<br />

Abbildung 3.20 n-Kanal Sperrschicht-FET<br />

• Bei MOS-FETs kann sich, durch Verbindung der Raumladungszonen (Verarmungszonen)<br />

<strong>und</strong> der aus der Eigenleitung stammenden Elektronen (hier der Minoritätsladungsträger),<br />

im p-dotierten Halbleitermaterial ein Inversionskanal aus freien Elektronen bilden.<br />

U GS<br />

- +<br />

S G D<br />

n<br />

n<br />

Raumladungszone<br />

p<br />

Inversionskanal<br />

B<br />

Abbildung 3.21 n-Kanal Enhancement MOS-FET<br />

Zumal der beschriebene Transistor ohne Gate-Spannung U GS nicht leitet, wird er als<br />

selbstsperrend bezeichnet. Ein solches MOS-FET wird Enhancement MOS-FET genannt.


TH Nürnberg 75<br />

Depletion MOS-FETs hingegen zeigen einen Verlauf der Kennlinien, der qualitativ dem<br />

der Sperrschicht-FETs entspricht. Sie sind selbstleitend.<br />

S G D<br />

n<br />

n<br />

Raumladungszone<br />

p<br />

n-Kanal<br />

B<br />

Abbildung 3.22 n-Kanal Depletion MOS-FET


TH Nürnberg 76<br />

In folgender Übersicht sind die Feldeffekttransistoren in Sperrschicht-FETs <strong>und</strong> MOS-FETs<br />

eingeteilt. Dabei wird unterschieden, ob es sich um n- oder p-Kanal-FETs handelt <strong>und</strong> bei<br />

MOS-FETs zusätzlich, ob sie selbstleitend oder selbstsperrend sind.<br />

Klassifikation von Feldeffekttransistoren<br />

1) Sperrschicht-FET<br />

a) n-Kanal<br />

D<br />

G<br />

S<br />

Abbildung 3.23 n-Kanal Sperrschicht-FET<br />

Kennlinien I D (U DS ) <strong>und</strong> I D (U GS )<br />

I D<br />

U DS<br />

Abbildung 3.24 Kennlinie I D = I D (U DS )<br />

I D<br />

U p<br />

U GS<br />

Abbildung 3.25 Kennlinie I D = I D (U GS )


TH Nürnberg 77<br />

b) p-Kanal<br />

D<br />

G<br />

S<br />

Abbildung 3.26 p-Kanal Sperrschicht-FET<br />

Kennlinien I D (U DS ) <strong>und</strong> I D (U GS )<br />

I D<br />

U DS<br />

Abbildung 3.27 Kennlinie I D = I D (U DS )<br />

I D<br />

U p<br />

U GS<br />

Abbildung 3.28 Kennlinie I D = I D (U GS )


TH Nürnberg 78<br />

2) MOS-FET<br />

2.1 Depletion MOS-FET (selbstleitend)<br />

a) n-Kanal<br />

D<br />

G<br />

B<br />

S<br />

Abbildung 3.29 n-Kanal MOS-FET<br />

Kennlinien I D (U DS ) <strong>und</strong> I D (U GS )<br />

I D<br />

U DS<br />

Abbildung 3.30 Kennlinie I D = I D (U DS )<br />

I D<br />

U p<br />

U GS<br />

Abbildung 3.31 Kennlinie I D = I D (U GS )


TH Nürnberg 79<br />

b) p-Kanal<br />

D<br />

G<br />

B<br />

S<br />

Abbildung 3.32 p-Kanal MOS-FET<br />

Kennlinien I D (U DS ) <strong>und</strong> I D (U GS )<br />

I D<br />

U DS<br />

Abbildung 3.33 Kennlinie I D = I D (U DS )<br />

I D<br />

U p<br />

U GS<br />

Abbildung 3.34 Kennlinie I D = I D (U GS )


TH Nürnberg 80<br />

2.2 Enhancement MOS-FET (selbstsperrend)<br />

a) n-Kanal<br />

D<br />

G<br />

B<br />

S<br />

Abbildung 3.35 n-Kanal MOS-FET<br />

Kennlinien I D (U DS ) <strong>und</strong> I D (U GS )<br />

I D<br />

U DS<br />

Abbildung 3.36 Kennlinie I D = I D (U DS )<br />

I D<br />

U p<br />

U GS<br />

Abbildung 3.37 Kennlinie I D = I D (U GS )


TH Nürnberg 81<br />

b) p-Kanal<br />

D<br />

G<br />

B<br />

S<br />

Abbildung 3.38 p-Kanal MOS-FET<br />

Kennlinien I D (U DS ) <strong>und</strong> I D (U GS )<br />

I D<br />

U DS<br />

Abbildung 3.39 Kennlinie I D = I D (U DS )<br />

U p<br />

I D<br />

U GS<br />

Abbildung 3.40 Kennlinie I D = I D (U GS )<br />

Der Wert U p auf der U GS -Achse bezeichnet die Schwellenspannung (pinch-off voltage). Das ist<br />

die Gatespannung, bei der I D , bis auf einen kleinen Wert des Sperrstroms, verschwindet.<br />

Die beschriebenen Kennlinien des n-Kanal-Sperrschicht-FETs ähneln jenen des npn-Bipolartransistors.<br />

Dabei wird die Drainelektrode dem Kollektor, die Sourceelektrode dem Emitter<br />

<strong>und</strong> die Gateelektrode der Basis zugeordnet. Der Arbeitsbereich der Spannung U GS liegt, im<br />

Unterschied zu dem Arbeitsbereich U BE des npn-Transistors, bei negativen Werten.


TH Nürnberg 82<br />

3.4 Übungsaufgaben<br />

Aufgabe 1<br />

Der Sperrsättigungsstrom einer Germanium-p-n-Diode betrage 1 µA, der einer Silizium-Diode<br />

0, 1 pA. Berechnen Sie die Spannung, die in Flussrichtung anzulegen ist, damit bei T = 300 K<br />

die Stromstärke 1 mA bzw. 100 mA beträgt.<br />

Aufgabe 2<br />

Durch Bestrahlen mit Licht werden in einem n-dotierten Siliziumkristall zusätzliche Elektronen-<br />

Loch-Paare erzeugt, so dass die Löcherdichte von p n0 = 1, 2 · 10 5 cm −3 auf p n (t 0 ) = 10 13 cm −3<br />

angehoben wird. Nachdem bei t 0 das Licht abgeschaltet wird, überwiegt die Rekombination der<br />

Elektronen-Loch-Paare die Entstehung dieser. Für die Änderung der Löcherdichte gelte<br />

dp n (t)<br />

dt<br />

= − p n(t) − p n0<br />

τ p<br />

,<br />

mit τ p = 10 µs <strong>und</strong> dem Anfangswert<br />

p n (t 0 ) .<br />

Bestimmen Sie die Löcherdichte für t = t 0 + 100 µs <strong>und</strong> t = t 0 + 250 µs.


TH Nürnberg 83<br />

4 Einführung in die Halbleiterschaltungstechnik<br />

4.1 Emitterschaltung<br />

Es gibt drei gr<strong>und</strong>legende Schaltungsarten, einen Transistors als Verstärker einzusetzen. Dabei<br />

ist entweder das Emitter-, Kollektor- oder das Basispotential konstant. Entsprechend werden<br />

diese Schaltungen als Emitter-, Kollektor- oder Basisschaltung bezeichnet.<br />

+<br />

R C<br />

I a<br />

I C<br />

R g I e<br />

U<br />

U e<br />

g<br />

U a<br />

Abbildung 4.1 Emitterschaltung<br />

Nehmen wir an, dass I C nur von U BE , nicht aber von U CE , abhängt, so gilt<br />

<strong>und</strong><br />

△I C ≈ S△U BE = S△U e<br />

△U a = −△I C R C ≈ −SR C △U e .<br />

Die Spannungsverstärkung beträgt dann<br />

A = △U a<br />

△U e<br />

≈ −SR C .


TH Nürnberg 84<br />

4.2 Aussagenlogik<br />

Mengenlehre<br />

A, B <strong>und</strong> C seien Mengen.<br />

• Durchschnitt <strong>und</strong> Vereinigung zweier Mengen<br />

A ∩ B := {x|x ∈ A ∧ x ∈ B} , A ∪ B := {x|x ∈ A ∨ x ∈ B}<br />

• Kommutativität<br />

A ∩ B = B ∩ A , A ∪ B = B ∪ A<br />

• Assoziativität<br />

(A ∩ B) ∩ C = A ∩ (B ∩ C) , (A ∪ B) ∪ C = A ∪ (B ∪ C)<br />

• Distributivität<br />

A ∩ (B ∪ C) = (A ∩ B) ∪ (A ∩ C) , A ∪ (B ∩ C) = (A ∪ B) ∩ (A ∪ C)<br />

Aussagen <strong>und</strong> Wahrheitsfunktionen<br />

A <strong>und</strong> B seien Aussagen.<br />

• Die Aussage ¬A (nicht A oder Negation von A) ist genau dann wahr,<br />

wenn A falsch ist.<br />

• Die Aussage A ∧ B (A <strong>und</strong> B) ist genau dann wahr,<br />

wenn A <strong>und</strong> zugleich B wahr ist.<br />

• Die Aussage A ∨ B (A oder B) ist genau dann wahr,<br />

wenn A oder B (d.h. mindestens eine der beiden Aussagen) wahr ist.<br />

• Die Aussage A ⇒ B (A impliziert B) ist genau dann falsch,<br />

wenn A wahr ist <strong>und</strong> B falsch.<br />

• Die Aussage A ⇔ B (A äquivalent zu B) ist genau dann wahr,<br />

wenn A <strong>und</strong> B den gleichen Wahrheitswert haben.


TH Nürnberg 85<br />

Wahrheitstafel<br />

A B ¬A A ∧ B A ∨ B A ⇒ B<br />

w w f w w w<br />

w f f f w f<br />

f w w f w w<br />

f f w f f w<br />

Einige Aussageregeln<br />

A, B <strong>und</strong> C seien Aussagen.<br />

• Sätze von de Morgan:<br />

¬(A ∨ B) ⇔ (¬A) ∧ (¬B) <strong>und</strong> ¬(A ∧ B) ⇔ (¬A) ∨ (¬B)<br />

• Kontrapositionssatz<br />

(A ⇒ B) ⇔ (¬B ⇒ ¬A)<br />

• Satz zum modus ponens<br />

(A ⇒ B) ∧ A ⇒ B


TH Nürnberg 86<br />

4.3 Logische Gr<strong>und</strong>schaltungen<br />

Bei Digitalschaltungen werden anhand der Spannungswerte U H <strong>und</strong> U L mit U L < U H zwei<br />

Betriebszustände H <strong>und</strong> L definiert. Ist U ≥ U H bzw. U ≤ U L , so ist das System im Zustand<br />

H bzw. L.<br />

Dem Zustand H wird die 1 <strong>und</strong> dem Zustand L die 0 eineindeutig zugeordnet. Außerdem wird<br />

hier wahren Aussagen die 1 <strong>und</strong> falschen Aussagen die 0 eineindeutig zugeordnet.<br />

Die Funktionsweise folgender Schaltungen lässt sich nun sehr einfach mit Hilfe der Wahrheitstafeln<br />

beschreiben.<br />

UND<br />

Äquivalenz<br />

x 1<br />

x 2<br />

&<br />

y<br />

NAND<br />

x 1<br />

x 2<br />

=<br />

y<br />

x 1<br />

x 2<br />

&<br />

y<br />

x 1<br />

x 2<br />

ODER<br />

><br />

= 1<br />

y<br />

x 1<br />

NOR<br />

=<br />

> 1<br />

y<br />

Exlusives ODER (XOR),<br />

Antivalenz<br />

x 1<br />

= 1<br />

y<br />

x 2<br />

Negation<br />

x 2<br />

x<br />

1<br />

y<br />

Abbildung 4.2 Logische Schaltungen<br />

Es gilt<br />

• für die UND-Funktion<br />

x 1 x 2 y<br />

0 0 0<br />

1 0 0<br />

0 1 0<br />

1 1 1


TH Nürnberg 87<br />

• für die ODER-Funktion<br />

x 1 x 2 y<br />

0 0 0<br />

1 0 1<br />

0 1 1<br />

1 1 1<br />

• für die Exklusiv-ODER-Funktion (XOR)<br />

x 1 x 2 y<br />

0 0 0<br />

1 0 1<br />

0 1 1<br />

1 1 0<br />

Anmerkung<br />

– Das exklusive Oder verküpft zwei Aussagen A <strong>und</strong> B mittels<br />

(A ∧ ¬B) ∨ (¬A ∧ B) .<br />

– Die logischen Funktionen Antivalenz <strong>und</strong> das exklusive Oder sind gleich.<br />

– Die Antivalenz lässt sich als Negation der Äquivalenz beschreiben.<br />

Die Negation lässt sich folgendermaßen durch NAND bzw. NOR-Gatter darstellen:<br />

Negation<br />

NAND<br />

x<br />

1<br />

y<br />

1.)<br />

x<br />

&<br />

y<br />

2.)<br />

x<br />

1<br />

&<br />

y<br />

NOR<br />

1.)<br />

2.)<br />

x<br />

> 1 =<br />

y<br />

x<br />

0<br />

> = 1<br />

y<br />

Abbildung 4.3 Darstellung der Negation durch NAND- bzw. NOR-Gatter


TH Nürnberg 88<br />

Die jeweils unter 1.) genannten Darstellungen können mittels<br />

¬x = ¬(x ∧ x) = ¬(x ∨ x)<br />

begründet werden.<br />

Die UND-Funktion lässt sich folgendermaßen durch NAND bzw. NOR-Gatter darstellen:<br />

UND<br />

x 1<br />

&<br />

y<br />

x 2<br />

x 1<br />

NAND<br />

&<br />

&<br />

y<br />

x 2<br />

> = 1<br />

NOR<br />

x 1<br />

><br />

= 1<br />

x 2<br />

> = 1<br />

y<br />

Abbildung 4.4 Darstellung der UND-Funktion durch NAND- bzw. NOR-Gatter<br />

Diese Darstellungen lassen sich für die NAND-Gatter durch<br />

¬¬(x 1 ∧ x 2 ) = x 1 ∧ x 2<br />

<strong>und</strong> für die NOR-Gatter durch<br />

begründen.<br />

¬(¬x 1 ∨ ¬x 2 ) = ¬¬x 1 ∧ ¬¬x 2 = x 1 ∧ x 2


TH Nürnberg 89<br />

Die ODER-Funktion lässt sich folgendermaßen durch NAND bzw. NOR-Gatter darstellen:<br />

ODER<br />

x 1<br />

> = 1<br />

y<br />

x 2<br />

x 1<br />

NAND<br />

x 1<br />

&<br />

&<br />

y<br />

&<br />

x 2<br />

NOR<br />

> = 1<br />

x 2<br />

=<br />

> 1<br />

y<br />

Abbildung 4.5 Darstellung der ODER-Funktion durch NAND- bzw. NOR-Gatter<br />

Für NAND-Gatter sei auf die Eigenschaft<br />

¬(¬x 1 ∧ ¬x 2 ) = x 1 ∨ x 2<br />

<strong>und</strong> für NOR-Gatter auf die Eigenschaft<br />

verwiesen.<br />

¬¬(x 1 ∨ x 2 ) = x 1 ∨ x 2


TH Nürnberg 90<br />

4.4 Komplementäre MOS-Logik (CMOS)<br />

Mit zwei selbstsperrenden MOS-FETs lässt sich eine Inverterschaltung aufbauen. Dabei<br />

ist die Source-Elektrode des n-Kanal-FETs mit der Masse verb<strong>und</strong>en. Die Source-<br />

Elektrode des p-Kanal-FETs hat den Wert der Betriebsspannung V DD .<br />

V DD<br />

T 2<br />

U e<br />

U a<br />

T 1<br />

Abbildung 4.6 CMOS-Inverter<br />

Da der Betrag der Schwellenspannungen beider MOS-FETs bei ca. 1, 5V liegt, ist bei der<br />

Betriebsspannung von V DD = 5V mindestens ein MOS-FET leitend.<br />

– Ist U e = 0, so leitet der p-Kanal-FET, während der n-Kanal-FET sperrt. Demnach<br />

liegt am Ausgang die Spannung U a = V DD .<br />

– Ist U e = V DD , so sperrt der p-Kanal-FET, während der n-Kanal-FET leitet. Demnach<br />

liegt am Ausgang die Spannung U a = 0.<br />

Im stationären Zustand fließt kein Strom. Allerdings fließt während des Umschaltens ein<br />

Querstrom, falls die Eingangsspannung in dem Bereich<br />

liegt.<br />

|U p | < U e < V DD − |U p |


TH Nürnberg 91<br />

Die folgende Abbildung zeigt die Übertragungskennlinie <strong>und</strong> den qualitative Verlauf des Querstroms<br />

für den CMOS-Inverter mit einer Betriebsspannung von V DD = 5V :<br />

U a<br />

V<br />

5<br />

I DD<br />

0 1 2 3 4 5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

U e<br />

V<br />

Abbildung 4.7 Übertragungskennlinie <strong>und</strong> Querstrom eines CMOS-Inverters


TH Nürnberg 92<br />

CMOS-NOR-Gatter<br />

Abgebildet ist ein CMOS-NOR-Gatter mit zwei selbstsperrenden n-Kanal- <strong>und</strong> zwei selbstsperrenden<br />

p-Kanal-MOS-FETs. Das Netzwerk aus p-Kanal-MOSFETs muss genau dann niederohmig<br />

sein, wenn das Netzwerk aus n-Kanal-MOSFETs hochohmig ist. Demnach müssen<br />

bei einem CMOS-NOR-Gatter die p-Kanal-MOSFETs in Reihe <strong>und</strong> die n-Kanal-MOSFETs<br />

parallel geschaltet werden.<br />

V DD<br />

T 1 '<br />

U 1<br />

T 2 '<br />

U 2<br />

T 1<br />

T 2<br />

U a<br />

Abbildung 4.8 CMOS-NOR-Gatter<br />

U 1 U 2 T 1 T ′ 1 T 2 T ′ 2 U a<br />

0 0 sperrt leitet sperrt leitet 1<br />

0 1 sperrt leitet leitet sperrt 0<br />

1 0 leitet sperrt sperrt leitet 0<br />

1 1 leitet sperrt leitet sperrt 0


TH Nürnberg 93<br />

4.5 Der Halbaddierer als Beispiel einer digitalen Rechenschaltung<br />

Rechenoperationen lassen sich mit Hilfe<br />

• eines Mikrocomputerprogramms<br />

• mit einem Arithmetikprozessor<br />

• parallel mit Hardware-Rechenbausteinen<br />

durchführen.<br />

Addierer heißen Schaltungen zur Addition zweier Binärzahlen. Die Addition einstelliger Binärzahlen<br />

ist bereits durch Halbaddierer möglich.<br />

Werden zwei einstellige Binärzahlen addiert, so können folgende Fälle auftreten:<br />

0 + 0 = 0<br />

0 + 1 = 1<br />

1 + 0 = 1<br />

1 + 1 = 10<br />

Kennzeichnen wir den Übertrag durch den Werte einer Variablen c 1 <strong>und</strong> übersetzen die Addition<br />

in eine Wahrheitstafel, so lässt sich schreiben:<br />

a 0 b 0 s 0 c 1<br />

0 0 0 0<br />

0 1 1 0<br />

1 0 1 0<br />

1 1 0 1


TH Nürnberg 94<br />

Diese Zuordnung kann durch die abgebildete Schaltung mit einem Antivalenz- <strong>und</strong> einem<br />

UND-Gatter erreicht werden.<br />

a 0<br />

=1<br />

s 0<br />

b 0<br />

&<br />

c 1<br />

Abbildung 4.9 Halbaddierer<br />

Mit Hilfe der Boolschen Funktionen<br />

c 1 = a 0 b 0 ,<br />

d.h. der UND-Verknüpfung von a 0 <strong>und</strong> b 0 , <strong>und</strong><br />

s 0 = a 0 ⊕ b 0 = ¬a 0 b 0 + a 0 ¬b 0 ,<br />

d.h. der Antivalenz-Verknüpfung von a 0 <strong>und</strong> b 0 , zeigt sich, dass die abgebildete Schaltung die<br />

gesuchte Ausgabe für die Addition einstelliger Binärzahlen liefert.


TH Nürnberg 95<br />

4.6 Übungsaufgaben<br />

Aufgabe 1<br />

Gegeben sind die Kennlinien eines Feldeffekttransistors. Der Transistor wird mit einem Drainwiderstand<br />

von R D = 1 kΩ an einer Spannung U 0 = 15 V betrieben.<br />

Wie groß darf der Drainstrom maximal sein, damit stets U DS > 5 V gilt<br />

Wie groß ist die Spannungsverstärkung, wenn der Arbeitspunkt im Punkt c der Eingangskennlinie<br />

liegt (graphische Lösung)<br />

I D<br />

mA<br />

U DS =15 V<br />

10<br />

a<br />

8<br />

b<br />

6<br />

c<br />

4<br />

f<br />

e<br />

d<br />

2<br />

0<br />

−3<br />

−2 −1 0<br />

V<br />

U GS<br />

I D<br />

mA<br />

10<br />

i<br />

j<br />

k<br />

l<br />

m<br />

−0,0V<br />

a<br />

8<br />

h<br />

−0,5V<br />

b<br />

6<br />

g<br />

4<br />

n<br />

−1,0 V<br />

c<br />

2<br />

−1,5 V<br />

−2,0 V<br />

e<br />

f<br />

0<br />

0 5 10 15<br />

d<br />

V<br />

U DS


TH Nürnberg 96<br />

Aufgabe 2<br />

Bestimmen Sie die Spannungsverstärkung für einen Transistor in Basisschaltung. Dabei sei der<br />

Eingangswiderstand des Transistors R e = 50 Ω <strong>und</strong> dessen Ausgangswiderstand R a = 500 kΩ.<br />

Der Kollektor- oder Lastwiderstand sei R L = 5 kΩ. Die Stromverstärkung habe den Wert 0, 98.<br />

I C<br />

I E<br />

R L<br />

U 2<br />

U a<br />

U e<br />

t<br />

t<br />

I B<br />

U 1<br />

Aufgabe 3<br />

Skizzieren Sie ein CMOS-NAND-Gatter <strong>und</strong> beschreiben Sie die Signale an den Eingängen X 1<br />

<strong>und</strong> X 2 , den MOS-FETs <strong>und</strong> dem Ausgang Y .


TH Nürnberg 97<br />

Notation <strong>und</strong> Konstanten<br />

E: elektrische Feldstärke<br />

D: Verschiebungsdichte<br />

H: magnetische Feldstärke<br />

B: magnetische Flussdichte<br />

ɛ: Dielektrizitätskonstante<br />

ɛ 0 : elektrische Feldkonstante, Influenzkonstante; ɛ 0 = 8, 8542 · 10 −12 CV −1 m −1<br />

µ: Permeabilität<br />

µ 0 : magnetische Feldkonstante, Induktionskonstante; µ 0 = 1, 2566 · 10 −6 V sA −1 m −1<br />

χ: magnetische Suszeptibilität<br />

k: Boltzmann-Konstante; k = 1, 38 · 10 −23 JK −1


TH Nürnberg 98<br />

Literatur<br />

[1] F. J. Bailey, Halbleiter-Schaltungen, Oldenbourg Verlag<br />

[2] C. Gerthsen, H. O. Kneser, H. Vogel, <strong>Physik</strong>, Springer-Verlag<br />

[3] S. Goßner, Gr<strong>und</strong>lagen der Elektronik, Halbleiter, Baulemente <strong>und</strong> Schaltungen,<br />

Shaker Verlag<br />

[4] H. F. Grave, Gr<strong>und</strong>lagen der <strong>Elektrotechnik</strong> I, II, Akademische Verlagsgesellschaft<br />

[5] A. Hammer, K. Hammer, Taschenbuch der <strong>Physik</strong>, J. Lindauer Verlag<br />

[6] K.-H. Hellwege, Einführung in die Festkörperphysik, Springer-Verlag<br />

[7] E. Hering, R. Martin, M. Stohrer, <strong>Physik</strong> für Ingenieure, Springer-Verlag<br />

[8] J. D. Jackson, Classical Electrodynamics, John Wiley & Sons<br />

[9] H. Lindner, H. Bauer, C. Lehmann, Taschenbuch der <strong>Elektrotechnik</strong> <strong>und</strong> Elektronik,<br />

Carl Hanser Verlag<br />

[10] F. Reinhardt, H. Soeder, dtv-Atlas zur Mathematik, Deutscher Taschenbuch Verlag<br />

[11] M. Reisch, Halbleiterbauelemente, Springer-Verlag<br />

[12] U. Tietze, Ch. Schenk, Halbleiterschaltungstechnik, Springer-Verlag

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