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Der Haushaltsführungsschaden. Teil 2 – Schadensberechnung - SVR

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Verkehrszivilrecht<br />

kol | A U F S ÄT Z E<br />

Versicherungsrecht<br />

Verkehrsstrafrecht<br />

Ordnungswidrigkeiten<br />

Verkehrsverwaltungsrecht<br />

Straßenverkehrsrecht<br />

Z E I T S C H R I F T F Ü R D I E P R A X I S D E S V E R K E H R S J U R I S T E N<br />

In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Anwaltsinstitut e.V.<br />

herausgegeben von Dr. jur. Frank Albrecht, Regierungsdirektor im Bundesverkehrsministerium, Berlin; Hans Buschbell, Rechtsanwalt, Düren/Köln;<br />

Wolfgang Ferner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht, Koblenz/Heidelberg; Dr. Christian Grüneberg, Richter am BGH, Karlsruhe;<br />

Prof. Dr. Christian Huber, Technische Hochschule, Aachen; Ottheinz Kääb, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt<br />

für Verkehrsrecht, München; Prof. Dr. Jürgen-Detlef Kuckein, Richter am BGH, Karlsruhe; Ulf D. Lemor, Rechtsanwalt, Verkehrsopferhilfe,<br />

Bad Honnef; Volker Lempp, Rechtsanwalt, Stuttgart ; Dr.-Ing. Werner Möhler, Aachen; Ass. jur. Joachim Otting, Hünxe/Berlin;<br />

Prof. Dr. Michael Ronellenfitsch, Universität Tübingen; Priv. Doz. Dr. Stephan Seidl, Nürnberg/Erlangen.<br />

Schriftleitung: Wolfgang Ferner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht, Koblenz/Heidelberg; Ass. jur. Rüdiger Balke, Koblenz; Prof. Dr. Helmut<br />

Janker, Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege, Berlin; Richter am Amtsgericht Dr. Matthias Quarch, Aachen.<br />

A U F S Ä T Z E<br />

<strong>Der</strong> Haushaltsführungsschaden 1<br />

<strong>Teil</strong> 2 – <strong>Schadensberechnung</strong><br />

Ass. jur. Rüdiger Balke, Koblenz<br />

Nachdem der erste <strong>Teil</strong> des Aufsatzes die Anspruchsgrundlage<br />

und die in Betracht kommenden Anspruchsberechtigten dargestellt<br />

hat, beschäftigt sich dieser zweite <strong>Teil</strong> ausschließlich<br />

mit der Schadenberechnung des Haushaltsführungsschadens.<br />

Auf die entsprechenden Voraussetzungen wird ausführlich<br />

eingegangen.<br />

III. <strong>Schadensberechnung</strong><br />

1. Konkrete <strong>Schadensberechnung</strong><br />

Bei der Einstellung einer Ersatzkraft bilden die tatsächlich entstandenen<br />

Kosten den wesentlichen Ausgangspunkt für die Bestimmung<br />

des nach § 249 Satz 2 BGB zur Schadensbeseitigung<br />

objektiv erforderlichen Geldbetrages. Zu erstatten ist der Bruttolohn.<br />

<strong>Der</strong> zeitliche Umfang der Tätigkeit der Ersatzkraft richtet<br />

sich nach dem Umfang der Tätigkeit der verletzten Person<br />

vor dem Unfall. Es kommt darauf an, welche Arbeitsleistung<br />

die Hausfrau/Hausmann ohne den Unfall tatsächlich erbracht<br />

hätte. 2 Insoweit besteht also ein Gegensatz zu § 844 II BGB, wo<br />

es auf den rechtlich geschuldeten Unterhalt ankommt. Um<br />

den genauen Umfang zu ermitteln, ist daher ausführlich die<br />

haushaltsspezifische Rollenverteilung innerhalb der Familie<br />

zu klären und der auf die einzelnen Familienmitglieder entfallende<br />

Umfang der Haushaltsarbeit festzustellen. Die Mithilfepflicht<br />

von Familienangehörigen kann daher nur insofern<br />

berücksichtigt werden, als diese Hilfe tatsächlich vor dem Unfall<br />

erbracht wurde. 3 Zur Arbeit im Haushalt gehören auch Reparatur-<br />

und Unterhaltungsarbeiten am Haus, Wohnung und<br />

Hausrat sowie Gartenarbeit. 4 Kein Anspruch auf Einstellung<br />

einer Ersatzkraft besteht beispielsweise, wenn der Verletzte keine<br />

Leistungen erbracht hat, etwa wenn verletzungsunabhängige<br />

Putzhilfen oder Kinderbetreuer eingesetzt wurden. 5 Leistet<br />

die Ersatzkraft mehr als die verletzte Person oder war sie sogar<br />

überqualifiziert, sind die Kosten der Ersatzkraft nur anteilig zu<br />

ersetzen. Ist die Ersatzkraft in einem geringeren Umfang als der<br />

Verletzte tätig, können die Kosten der Ersatzkraft auf Bruttolohnbasis<br />

und der nicht durch die Ersatzkraft ausgeglichene<br />

Ausfall fiktiv auf Nettolohnbasis abgerechnet werden. War die<br />

eingestellte Ersatzkraft weniger qualifiziert und somit auch<br />

geringer entlohnt, kann sich ein fiktiver Anspruch auf Haushaltsführungsschaden<br />

dann ergeben, wenn ein vermehrter<br />

Einsatz der Restfamilie erforderlich geworden ist. 6<br />

1 Fortsetzung aus <strong>SVR</strong> 2006, 321.<br />

2 BGH VersR 1974, 1016; OLG Düsseldorf VersR 2004, 120; OLG Oldenburg<br />

VersR 1993,1491; OLG Frankfurt/M. VersR 1982, 981 und DAR 1988, 24; OLG<br />

Stuttgart VersR 1977, 1038.<br />

3 BGH VersR 1974, 1016.<br />

4 BGH VersR 1989, 857.<br />

5 BGH NZV 1990, 21; Pardey, a.a.O., Rdn. 1064, 1066.<br />

6 Vgl. Schulz-Borck/Hofmann, Schadenersatz bei Ausfall von Hausfrauen und<br />

Müttern im Haushalt, 6. Auflage 2000, S. 20.<br />

S VR 10/2006 | 361


A U F S ÄT Z E | Balke, <strong>Der</strong> Haushaltsführungsschaden<br />

2. Fiktive Schadenberechnung<br />

Wird der Ausfall oder die Behinderung des Verletzten durch<br />

Mehrarbeit der Familienmitglieder, unentgeltliche Hilfeleistungen<br />

Dritter oder überobligatorische Anstrengungen des<br />

Verletzten selbst aufgefangen und somit keine Ersatzkraft eingestellt,<br />

können die Kosten für die Fortführung des Haushalts<br />

normativ berechnet werden. Dies obwohl ein Schaden nicht<br />

entstanden ist. Gleichwohl wird nach dem Prinzip des normativen<br />

Schadenbegriffs eine fiktive Entschädigung zuerkannt.<br />

Erstattungsfähig ist allerdings lediglich der Nettolohn. 7<br />

Die Höhe des Schadens kann nach § 287 ZPO geschätzt werden.<br />

8 Hilfe bei der Berechnung des Haushaltsführungsschadens<br />

gibt das sog. Münchener Modell. 9 Von besonderer Bedeutung<br />

sind in diesem Zusammenhang die in dem Werk von Schulz-<br />

Borck/Hofmann enthaltene Tabelle 1, in der der Arbeitszeitbedarf<br />

in Haushalten bis sechs Personen in Stunden/Woche in<br />

vier Anspruchsstufen dargestellt wird, sowie die Tabelle 8, in<br />

der der Arbeitszeitaufwand im Haushalt in Stunden/Woche<br />

insgesamt und seine Verteilung auf die Haushaltspersonen<br />

absolut und in v. H. wiedergegeben werden. 10 Schließlich ist<br />

unter Umständen die Tabelle 5 heranzuziehen, in der die BAT-<br />

Stundenvergütungssätze aufgeführt sind.<br />

Eine andere Methode zur Berechnung des Schadens ist das<br />

sogenannte Hohenheimer Verfahren, 11 welches den Schadensumfang<br />

aus den Kenndaten des zu bewertenden Haushalts,<br />

den sich aus der Haushaltsarbeit ergebenden Anforderungen<br />

sowie der Auswertung einer Haushaltsdatenbank des Instituts<br />

für Haushalts- und Konsumökonomik der Universität Hohenheim<br />

errechnet. Das Hohenheimer Verfahren wird in der Praxis<br />

jedoch eher selten angewandt.<br />

Die Berechnung des Haushaltsführungsschadens erfolgt in folgender<br />

Reihenfolge: 12<br />

a) Ermittlung des tatsächlichen Arbeitszeitaufwandes des Verletzten<br />

vor dem Schadensereignis<br />

b) Ermittlung des Ausmaßes der Behinderung für die Haushaltstätigkeit<br />

c) Ermittlung des Vergütungsbetrages<br />

a) Ermittlung des tatsächlichen Arbeitszeitaufwandes<br />

Zunächst ist die Zeit zu ermitteln, die objektiv für eine Fortsetzung<br />

der Haushaltsführung im bisherigen Umfang erforderlich<br />

ist. Dabei wird der Arbeitsumfang vor dem Unfall maßgeblich<br />

durch die Anzahl der Familienmitglieder, deren Alter, der<br />

Größe und Ausstattung der Wohnung und dem allgemeinen<br />

Lebenszuschnitt bestimmt. Zur Darlegung und zum Beweis des<br />

Umfangs kann sich die verletzte Person auf die Beweiserleichterung<br />

des § 287 ZPO berufen. 13 Vielfach angebotene Aussagen<br />

von Verwandten, Nachbarn oder Hausärzten helfen in der<br />

Regel für die Bewertung nicht weiter.<br />

Um den zeitlichen Umfang des Ausfalls im Haushalt festlegen<br />

zu können, ist bei teilweiser Beeinträchtigung eigentlich ein<br />

entsprechendes ärztliches Gutachten erforderlich. 14 Unter<br />

Zuhilfenahme ärztlicher oder arbeitsmedizinischer Gutachter<br />

könnten zwei unterschiedliche Ansätze zur Bestimmung des<br />

relevanten Umfangs in Betracht kommen:<br />

Zum einen könnte der befragte Gutachter feststellen, für welche<br />

restliche Zeit der Verletzte trotz seiner Verletzungen noch<br />

im Haushalt tätig sein kann. Um den Umfang zu bestimmen<br />

kann man diese Zeit von der durchschnittlichen insgesamt erforderlichen<br />

Zeit abziehen und kommt so zu dem erstattungsrelevanten<br />

Zeitraum. 15<br />

Zum anderen könnte der Gutachter auch anhand verschiedener<br />

statistischer Tabellen über die zeitliche Aufteilung der<br />

einzelnen Haushaltstätigkeiten bestimmen, welche Tätigkeit<br />

ausgeführt werden konnte bzw. bei welchen dies nicht der Fall<br />

war. Durch die Addition der Ausfalltätigkeiten bzw. der dafür<br />

erforderlichen Zeiten, gelangt man dann zum erstattungsrelevanten<br />

Zeitanteil.<br />

Neben den Unfallverletzungen spielt weiterhin die Länge der<br />

Heilbehandlung eine Rolle sowie ob ein Dauerschaden bereits<br />

eingetreten ist bzw. in Zukunft mit einem solchen zu rechnen<br />

ist. Insofern können sich unterschiedliche konkrete Beeinträchtigungen<br />

für verschiedene Zeiträume ergeben. 16<br />

Die Einzelfallprüfung, das haushaltsanalytische Gutachten,<br />

dem lange Zeit vehement das Wort geredet wurde, gibt aber<br />

nur sehr vordergründig den konkret eingetretenen Haushaltsführungsschaden<br />

wieder. Das haushaltsanalytische Gutachten<br />

kann in aller Regel nicht realistisch konstruieren, wie der<br />

Haushalt vor dem Unfall organisiert war. Es „lebt“ von den<br />

subjektiven Angaben des betroffenen Geschädigten. 17 Auch<br />

die Aussagen sonstiger Zeugen (z.B. Nachbarn, Freunde) sind<br />

mit besonderer Vorsicht zu bewerten. <strong>Der</strong> konkrete Schaden,<br />

die unfallbedingt entfallene Arbeitsleistung, beruht also keineswegs<br />

auf objektiven Feststellungen, was aber den vielen<br />

Seiten umfassenden haushaltsanalytischen Gutachten nicht<br />

sofort anzusehen ist. Diese Gutachten sind zudem teuer und<br />

ihre Erstellung ist langwierig. Es ist in der Praxis daher von der<br />

Erstellung solcher Gutachten abzuraten.<br />

Zur Ermittlung des zeitlichen Arbeitsaufwandes sollte daher<br />

im Regelfall auf die Tabelle 1 bei Schulz-Borck/Hofmann zurückgegriffen<br />

werden. 18 Lassen sich die in der Tabelle enthaltenen<br />

Zeitangaben nicht auf den konkret betroffenen Haushalt<br />

übertragen, ist eine Ermittlung im Einzelfall durchzuführen,<br />

wobei die typische zeitliche Mitarbeit von Familienmitgliedern<br />

zu berücksichtigen ist.<br />

7 BGH VersR 1992, 618; BGH NJW-RR 1990, 34; OLG Düsseldorf VersR 2004,<br />

120; OLG Oldenburg VersR 1993, 1491.<br />

8 OLG Düsseldorf VersR 2000, 63.<br />

9 Siehe Ludwig „Schadenersatz bei verletzungsbedingtem Ausfall der Hausfrau“,<br />

DAR 1991, 401, welches sich auch bei Schulz-Borck/Hofmann, a.a.O.,<br />

wieder findet; Ludolph „Schadensersatz der verletzten Hausfrau/des verletzten<br />

Hausmannes“, SP 2004, 404ff.<br />

10 Zur Abgrenzung von Tabelle 1 zu Tabelle 8 siehe Küppersbusch, a.a.O., Rdn.<br />

193 mit Fn. 349.<br />

11 Siehe dazu Landau in 27. Deutscher Verkehrsgerichtstag 1989, Seite 207 bis<br />

224; Landau/Imhof-Gildein DAR 1989, 166f.; Landau/Imhof-Gildein, Das<br />

Hohenheimer-ADAC-Verfahren zur arbeitswissenschaftlichen Bewertung<br />

der Haushaltsarbeit, 1988.<br />

12 Vgl. OLG Oldenburg SP 2001, 196.<br />

13 BGH VersR 1992, 618; OLG Oldenburg VersR 1993, 1491.<br />

14 Siehe auch Delank, Deutsches Ärzteblatt 1998, 91.<br />

15 LG Mühlhausen, Urteil vom 31.5.2000 – 3 O 574/99.<br />

16 Schröder in: Ferner, Handbuch Straßenverkehrsrecht, 2. Auflage 2005, Kapitel<br />

14 Rdn. 17.<br />

17 Dr. med. Ludolph, Haushaltsführungsschaden in der Haftpflichtversicherung<br />

– rechtliche Grundlagen – Anhaltspunkte für die Bewertung aus ärztlicher<br />

Sicht, MedSach 100 (2004), 148f.<br />

18 Küppersbusch, a.a.O., Rdn. 193; beachte auch dort Fn. 349 zur Abgrenzung<br />

von Tabelle 1 zu Tabelle 8 bei Schulz-Borck/Hofmann.<br />

362 | S VR 10/2006


Balke, <strong>Der</strong> Haushaltsführungsschaden | A U F S ÄT Z E<br />

b) Ermittung der konkreten haushaltsspezifischen Behinderung<br />

Bei teilweisem Ausfall im Haushalt muss der Umfang des Schadens<br />

konkret unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls<br />

festgestellt werden. 19 Keinesfalls kann einfach aus dem<br />

Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit, wie er in Arztberichten<br />

und Gutachten angegeben wird, auch auf den Grad der Beeinträchtigung<br />

bei der Haushaltsführung geschlossen werden.<br />

Die abstrakte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE), ein Wert<br />

aus dem Sozialversicherungsrecht, hat keine Aussagekraft für<br />

den Umfang des Schadensersatzes. 20 So kann die Beeinträchtigung<br />

im Haushalt durchaus geringer sein als die Beeinträchtigung<br />

auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Andererseits ist es<br />

aber auch genauso denkbar, dass im Einzelfall ein geringerer<br />

Grad der Erwerbsminderung vorliegt und der Verletzte dennoch<br />

gänzlich außerstande ist, den Haushalt und sich selbst zu<br />

versorgen. Es spielen insoweit die Einzelheiten der erlittenen<br />

Verletzungen und die daraus resultierenden Behinderungen<br />

gerade im Haushalt die entscheidende Rolle.<br />

Das OLG München führte diesbezüglich in einem Urteil beispielhaft<br />

aus: 21<br />

„Sie ist zwar während der Zeit vom ... 100 % arbeitsunfähig geschrieben<br />

worden, was aber nicht einer völligen Arbeitsunfähigkeit<br />

in ihrer Tätigkeit als Hausfrau gleichzusetzen ist. So ist<br />

sie durch ihre Verletzung (Anm.: Speichenbruch des Handgelenks)<br />

nicht gehindert gewesen, ihren Haushalt zu leiten, ihre<br />

Kinder zu überwachen und diese bei der Fertigung der Schulaufgaben<br />

zu beaufsichtigen. Auch als Rechtshänderin hat sie<br />

verschiedene Arbeiten im Haushalt mit der gesunden linken<br />

Hand ausführen können. <strong>Der</strong> Bruch der rechten Speiche ist keine<br />

besonders schwere Verletzung (...). <strong>Der</strong> Umstand, dass etwa<br />

vier Wochen nach dem Unfall der Gipsverband abgenommen<br />

und durch einen Elastoplastverband ersetzt werden konnte,<br />

lässt darauf schließen, dass sie nach vier Wochen schon mit<br />

beiden Händen leichtere Arbeiten hat ausführen können.“<br />

Ähnlich auch das OLG Köln in einer neueren Entscheidung: 22<br />

„Nach März 97 bestehen jedoch keine Ansprüche des Kl. auf<br />

Ersatz eines Haushaltsführungsschadens. Zu diesem Zeitpunkt<br />

war der Kl. nur noch zu 40 % in der allgemeinen Erwerbsfähigkeit<br />

gemindert. Inwieweit sich das auf seine Arbeitsfähigkeit im<br />

Haushalt überhaupt ausgewirkt haben soll, ist nicht vorgetragen.<br />

Dies wäre jedoch notwendig gewesen, da sich erfahrungsgemäß<br />

selbst bei hochgradigen Bewegungseinschränkungen<br />

(Anm.: der Kläger hatte Arm- und Beinverletzungen erlitten)<br />

die Behinderungen in den Tätigkeitsbereichen Beschaffung/<br />

Einkauf und Putzen im Bereich von allenfalls 10 % – 20 % bewegen.“<br />

Zur Darlegung eines Haushaltsführungsschadens genügt es<br />

materiell nicht, abstrakt auf die Minderung der Erwerbsfähigkeit<br />

(MdE) hinzuweisen. Insbesondere ist die konkrete Lebenssituation<br />

darzustellen, um gemäß § 287 ZPO ermitteln<br />

zu können, nach welchen wesentlichen Auswirkungen auf<br />

die Hausarbeit sich der Haushaltsführungsschaden berechnen<br />

lässt. 23 Insoweit ist die Meinung des OLG Düsseldorf abzulehnen,<br />

das mangels konkreter Angaben des Klägers einen<br />

Mindestbetrag gemäß § 287 ZPO geschätzt hat. Um den Um-<br />

fang der körperlichen Beeinträchtigung festzustellen, muss der<br />

Geschädigte vortragen und gegebenenfalls beweisen, welche<br />

konkreten Beeinträchtigungen ihn daran hindern, bestimmte<br />

Haushaltstätigkeiten auszuüben und im welchem Umfang die<br />

Arbeiten zuvor von ihm erledigt wurden. 24<br />

Aus der Praxis kam bereits vor ca. 20 Jahren der berechtigte<br />

Wunsch, ähnlich den sog. MdE-Tabellen in der gesetzlichen<br />

Unfallversicherung, die individuellen verletzungsbedingten<br />

Funktionseinbußen zwar konkret auszuweisen, deren Auswirkungen<br />

auf den betroffenen Haushalt jedoch abstrakt zu schätzen,<br />

die unfallbedingt erforderlichen Aufwendungen also zu<br />

abstrahieren. Ziel war es, nicht mehr jeden Haushalt dahingehend<br />

zu untersuchen, welche Stunden verletzungsbedingt erforderlich<br />

wurden, um den durch den Unfall bedingten Ausfall<br />

des Geschädigten zu kompensieren. Für klar umschriebene Unfallfolgen<br />

sollte die konkrete Behinderung in der Haushaltsführung<br />

prozentual zum vor dem Unfall bestehenden Gesamtleistungsvermögen<br />

des Geschädigten benannt werden. Im Jahre<br />

1989 wurde deshalb durch den Deutschen Verkehrsgerichtstag<br />

in Goslar der Entschluss gefasst, die Bewertungstabellen „Reichenbach/Vogel“<br />

überarbeiten zu lassen. Die Novellierung<br />

der Tabellen wurde 1991 veröffentlicht und ist sowohl unter<br />

dem Namen „Reichenbach/Vogel“ als auch das „Münchner<br />

Modell“ bekannt und insoweit auch in das Tabellenwerk von<br />

Schulz-Borck/Hofmann eingearbeitet worden.<br />

Eine Hilfe zur Berechnung der konkreten Behinderung bieten<br />

die von Reichenbach und Vogel entworfenen Tabellen, die als<br />

Tabellen 6 und 6 a bei Schulz-Borck/Hofmann eingearbeitet<br />

sind. 25 Die Berechnung des Haushaltsführungsschadens anhand<br />

des Tabellenwerks von Schulz-Borck/Hofmann ist in der<br />

Rechtsprechung anerkannt. 26<br />

Die Tabellen sind jedoch kritisch unter Berücksichtigung des<br />

konkreten Einzelfalls zu betrachten. Denn bei den Tabellenwerten<br />

handelt es sich um Erfahrungswerte, die die Schadensschätzung<br />

vereinfachen sollen. Die Tabellen stellen auf den<br />

Endzustand einer Verletzung ab, also auf den Dauerschaden.<br />

Sie berücksichtigen nicht den dynamischen Prozess im Rahmen<br />

eines Heilverlaufs. Die in den Tabellen enthaltenen Vorgaben<br />

sind bereits fast 20 Jahre alt und unter den heutigen<br />

Verhältnissen kritisch zu überprüfen. Ausgegangen wurde z. B.<br />

bei der Spalte „Beschaffung/Einkauf“ davon, dass in Selbstbedienungsläden<br />

die Ware teilweise über Schulterhöhe gelagert<br />

ist. Bei der Spalte „Geschirrspülen“ wurde das Fehlen einer Geschirrspülmaschine<br />

berücksichtigt, was unter heutigen Verhältnissen<br />

nicht mehr realistisch ist. Bei der Spalte „Wäscherei,<br />

Reinigung, Pflege, Instandhaltung“ wurde eine Waschma-<br />

19 OLG Rostock ZfS 2003, 233.<br />

20 KG NZV 2005, 92f.; OLG Koblenz VersR 2004, 1011; OLG Hamm VersR 2002,<br />

1430 und NJW-RR 1995, 599; OLG Köln SP 2000, 306 und 336; OLG Frankfurt/M.<br />

VersR 1982, 981; LG Berlin SP 1996, 170; AG Krefeld SP 1996, 44; Pardey<br />

DRiZ 2004, 48, 51; Hillmann III ZfS 1999, 229f.<br />

21 OLG München VersR 1971, 1069.<br />

22 OLG Köln SP 2000, 336f.<br />

23 OLG Koblenz SP 2006, 6f. und VersR 2004, 1011; OLG München, Urt. v.<br />

1.7.2005 – 10 U 2544/05 mit Bespr. von Quarch in <strong>SVR</strong> 2006, 180f.<br />

24 LG Kleve SP 2004, 230.<br />

25 OLG Köln SP 2000, 306f.<br />

26 OLG Rostock ZfS 2003, 233; OLG Oldenburg SP 2001, 196; BGH NJW 1988,<br />

1783; OLG Düsseldorf DAR 1988, 24; OLG Frankfurt/M. VersR 1982, 981.<br />

S VR 10/2006 | 363


A U F S ÄT Z E | Balke, <strong>Der</strong> Haushaltsführungsschaden<br />

schine und eine Schleuder, jedoch kein Wäschetrockner unterstellt,<br />

der heute zumindest in der Mehrzahl der städtischen<br />

Haushalte vorhanden ist. Bei der Spalte „Gartenarbeit“ wurde<br />

von einem Nutzgarten mit Obst- und Gemüsebeeten ausgegangen,<br />

was auch in der Mehrzahl der Fälle heute nicht mehr<br />

zutreffend ist. 27<br />

Sind den Tabellen die im konkreten Fall eingetretenen Verletzungsfolgen<br />

nicht zu entnehmen, dies gilt insbesondere für die<br />

häufig im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen gestellte Diagnose<br />

des „HWS-Schleudertraumas“, „HWS-Syndroms“ bzw.<br />

der „HWS-Distorsion“, sind vergleichbare Beeinträchtigungen<br />

heranzuziehen. Es wird vorgeschlagen, insoweit etwa auf die<br />

Position „Schultergelenk, Bewegungseinschränkung, Arm bis<br />

waagerecht“ 28 oder „Wirbelsäulenverletzung“ 29 abzustellen.<br />

Bei einem leichten „HWS-Syndrom“ kann jedoch zweifelhaft<br />

sein, ob überhaupt ein Haushaltsführungsschaden eingetreten<br />

ist.<br />

Einem Urteil des AG Köln ist diesbezüglich zu entnehmen: 30<br />

„Dem Kläger steht kein Anspruch auf die geltend gemachten<br />

Haushaltshilfekosten zu. Denn bei der Art und dem Umfang<br />

der erlittenen Verletzungen (Anm.: leichtes „HWS-Syndrom“)<br />

war die Einstellung einer Ersatzkraft zur Haushaltsführung<br />

nicht erforderlich. Es mag sein, dass die Klägerin nach dem<br />

ärztlichen Attest ihren Beruf als Verkäuferin ca. 2 Wochen<br />

nicht ausüben konnte. Dies schließt indessen nicht aus, dass<br />

sie nicht in der Lage war, mit zumutbarem Aufwand jedenfalls<br />

die gängigen täglichen Arbeiten leichterer Art in dem kinderlosen<br />

Zweipersonenhaushalt zu erledigen, zumal ihr wegen ihrer<br />

Arbeitsunfähigkeit mehr Zeit zur Verfügung stand, so dass sie<br />

die Hausarbeiten langsamer als sonst erledigen konnte. Schwere<br />

Arbeiten, wie z.B. Fenster putzen, intensives Staubwischen,<br />

hätten bis zum Wegfall der Arbeitsunfähigkeit zurückgestellt<br />

werden können, ohne das der Haushalt dadurch nennenswert<br />

gelitten hätte.“<br />

In die gleiche Richtung geht auch die Argumentation des LG<br />

Hamburg: 31<br />

„Mangels Nachweises einer ernstlichen Verletzung von einigem<br />

Gewicht (Anm.: lediglich Bagatellzerrung im Bereich der<br />

HWS wurde als nachgewiesen anerkannt) liegen die Voraussetzungen<br />

für einen Ersatz weder von Haushaltshilfekosten noch<br />

von Zuzahlungen zu Medikamenten, Hilfsmitteln und Massagen<br />

vor.“<br />

Denn Voraussetzung für einen Haushaltsführungsschaden ist<br />

eine konkrete, spürbare und nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung<br />

der Haushaltsführung, die in der Qualität einem<br />

Erwerbsschaden gleichkommt. Dies dürfte bei einer einfachen<br />

„HWS-Distorsion“, die in aller Regel lediglich zu geringen und<br />

kurzzeitigen Beeinträchtigungen im Schulter-/Nacken-Bereich<br />

führt, zumindest zweifelhaft sein. Weiterhin ist zu berücksichtigen,<br />

dass im Rahmen der Schadensminderungspflicht der<br />

Geschädigte verpflichtet ist, durch vernünftige und zumutbare<br />

Arbeitseinteilung und Organisation des Arbeitsablaufs den<br />

Schaden so gering wie möglich zu halten. Dazu gehört auch,<br />

dass geringfügige und zumutbare Unterstützung des nicht den<br />

Haushalt führenden Partners in Anspruch genommen wird.<br />

Solche kleinen Hilfeleistungen haben noch nicht den Charakter<br />

einer echten, überobligatorischen Mehrarbeit der Familienangehörigen,<br />

die dem Schädiger nach ständiger Rechtsprechung<br />

nicht zugute kommen soll. 32<br />

Erfolgt keine Einigung über das Ausmaß der konkreten Behinderung,<br />

z.B. anhand der Tabellen von Schulz-Borck/Hofmann,<br />

dann ist die Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens<br />

bzw. eines arbeitsanalytischen Gutachtens zur Ermittlung<br />

des Umfangs der Haushaltstätigkeit unvermeidbar. Es<br />

muss dabei aber unbedingt darauf geachtet werden, dass der<br />

Gutachter bei seiner Beauftragung darauf hingewiesen wird,<br />

dass er nicht den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu<br />

bestimmen hat, sondern den Grad der konkreten Beeinträchtigung<br />

des Verletzten in seiner Haushaltstätigkeit.<br />

Allgemein kann man davon ausgehen, dass die prozentuale<br />

Beschränkung in der Haushaltsführung in der Regel immer<br />

unterhalb der prozentualen Minderung der Erwerbsfähigkeit<br />

liegen wird. 33<br />

Nach verbreiteter Ansicht in der Rechtsprechung 34 ist bis zu<br />

einer abstrakten Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von<br />

20 % von keiner haushaltsspezifischen Behinderung auszugehen.<br />

Dies beruht darauf, dass die Arbeit im Haushalt besser als<br />

die Arbeit in der Berufstätigkeit auf eine Verletzung bzw. auf<br />

verletzungsbedingte Folgen eingestellt und angepasst werden<br />

kann, so dass lediglich die Arbeiten, die man auf keinen Fall<br />

verrichten kann, von anderen oder von Hilfskräften wahrgenommen<br />

werden müssen. 35<br />

Eine andere Meinung 36 siedelt diese Geringfügigkeitsgrenze<br />

erst bei 10 % an. Erst dann ist die Beeinträchtigung so gering,<br />

dass der Geschädigte sie durch angemessene, unschwer mögliche<br />

und die Lebensführung kaum beeinträchtigende Dispositionen<br />

auffangen kann. Die Geringfügigkeit ist bei jeder<br />

Haushaltstätigkeit gesondert zu prüfen. Bei einem Mehrbedarf<br />

von 10 % kann die Beeinträchtigung außerhalb des Ansatzes<br />

bleiben.<br />

Das OLG Celle 37 hält den Erfahrungssatz, dass eine Erwerbsminderung<br />

von 20 % und weniger keine praktischen Auswirkungen<br />

auf die Haushaltsführung hätte, für widerlegbar.<br />

27 Ludolph, MedSach 100 (2004), 148f und SP 2004, 404f.<br />

28 Schröder in: Ferner, Straßenverkehrsrecht, 2. Auflage 2005, § 14 Rdn. 18;<br />

Bachmeier, Das Mandat in Verkehrszivilsachen, Rdn. 240; siehe auch OLG<br />

Celle SP 2004, 371; LG Kleve SP 2004, 230.<br />

29 LG Heilbronn SP 2002, 347.<br />

30 AG Köln SP 1996, 171.<br />

31 LG Hamburg SP 2001, 164.<br />

32 AG Göttingen SP 2001, 236.<br />

33 Siehe Ludwig DAR 1991, 401f.<br />

34 KG VersR 2005, 237; OLG Hamm SP 2001, 376; OLG Köln SP 2000, 336;<br />

OLG Nürnberg ZfS 1983, 165; OLG München VersR 1971, 1069; LG Aachen<br />

NZV 2003, 137 mit Bespr. Balke PVR 2003, 28f.; LG Itzehoe SP 1997, 248; LG<br />

Kaiserslautern VersR 1979, 633; LG Saarbrücken, Urteil vom 5.8.1999 – 4 O<br />

93/97.<br />

35 LG Itzehoe a.a.O.<br />

36 OLG Rostock ZfS 2003, 233; OLG München ZfS 1994, 48; OLG Oldenburg<br />

VersR 1993, 1491; LG Mühlhausen, Urteil vom 31.5.2000 – 3 O 574/99; OLG<br />

Karlsruhe OLGR 1998, 213f. „Bei einem Behinderungsgrad von unter 10 % ist<br />

regelmäßig von einer derartigen Kompensationsmöglichkeit auszugehen.“<br />

37 OLG Celle ZfS 2005, 434. Angesichts des erheblichen Missverhältnisses zwischen<br />

den geschilderten Beeinträchtigungen in der Haushaltsführung und<br />

der MdE von lediglich 15 % sind jedoch Zweifel an der Plausibilität des vom<br />

Gericht eingeholten Sachverständigengutachtens angebracht.<br />

36 4 | S VR 10/2006


Balke, <strong>Der</strong> Haushaltsführungsschaden | A U F S ÄT Z E<br />

c) Ermittlung des Vergütungsbetrages<br />

Für die Bezahlung der Ersatzkräfte bieten die ortsüblichen<br />

Stundenlöhne und Gehälter der Tarifverträge Anhaltspunkte.<br />

38 Dabei sind die von ihrer Gesamtanlage meist gegenüber<br />

dem Bundesangestellten-Tarif (BAT) niedrigeren zwischen<br />

den Hausfrauenverbänden und der Gewerkschaft Nahrung-<br />

Genuss-Gaststätten (NGG) für einen Bezirk abgeschlossenen<br />

Lohntarifverträge für Arbeitnehmer in Privathaushalten zugrunde<br />

zu legen.<br />

<strong>Der</strong> BGH führt in einem Urteil 39 insoweit aus:<br />

„Ferner sieht die Revision zutreffend einen Verfahrensfehler<br />

darin, dass das Berufungsgericht bei Ermittlung des Betrages,<br />

der zur Beschaffung von den entgangenen Unterhaltsleistungen<br />

gleichwertigen Diensten erforderlich ist, von dem in seiner<br />

Gesamtanlage gegenüber dem Hessischen Lohntarifvertrag<br />

für Arbeitnehmer in privaten Haushalten erheblich höheren<br />

BAT ausgeht, ohne die örtlichen Gegebenheiten ermittelt zu<br />

haben. Diese Forderung nach Aufklärung der am Wohnsitz der<br />

Geschädigten bestehenden angeblich günstigeren Bedingungen,<br />

zu denen eine Ersatzkraft eingestellt werden kann, steht<br />

nicht im Widerspruch zum Senatsurteil vom 2.5.1972 (VI ZR<br />

80/70), ...“<br />

Die Arbeitsmarktlage ist zu berücksichtigen. 40 Nur wenn im<br />

konkreten Einzelfall nachgewiesen wird, wobei ohne nähere<br />

Begründung nicht auf allgemeine Erfahrungssätze Bezug<br />

genommen werden darf, dass für diese Gehälter am Sitz des<br />

Haushalts des Geschädigten keine Hilfskraft gefunden wird,<br />

kann der Bundesangestellten-Tarif (BAT) bei der Schätzung<br />

nach § 287 ZPO ergänzend herangezogen werden. 41 Denn es<br />

ist nicht ersichtlich, dass die überwiegende Zahl der als Hilfsoder<br />

Ersatzkräfte in Betracht kommenden Berufsgruppen<br />

überhaupt nach BAT bezahlt wird.<br />

Zu ermitteln ist der erforderliche Kostenaufwand für die Beschäftigung<br />

einer gleichwertigen Ersatzkraft. Hierbei ist allerdings<br />

zu berücksichtigen, dass lediglich der Nettolohn zu erstatten<br />

ist. 42<br />

Bei „leichteren“ Verletzungen, wie beispielsweise bei der HWS-<br />

Distorsion, kann auch eine pauschale Berechnung erfolgen,<br />

wobei eine Berechnung auf die Lohnkosten einer Reinigungsfrau<br />

oder Haushaltshilfe abgestellt werden sollte.<br />

Im Jahr 1990 ging das OLG Köln von einem Stundenlohn in<br />

Höhe von 10 DM für eine Haushaltshilfe aus. 43 Die Haushaltsführung<br />

bewertet das LG Zweibrücken 1994 ebenfalls mit 10<br />

DM pro Stunde. 44 Den Nettostundenlohn einer ungelernten<br />

Hilfskraft für den Haushalt schätzt das LG Berlin im Jahre 1995<br />

auf 15 DM. 45 Das AG Hamm gewährte 1997 für eine Wirtschaftsgehilfin<br />

eine Nettovergütung von 10,87 DM pro Stunde.<br />

46 Im gleichen Jahr hat das LG Itzehoe einen Nettostundenlohn<br />

von 12 DM für eine Ersatzkraft zugrunde gelegt. 47 Das<br />

OLG Hamm schätzt den Nettolohn im Jahr 2003 auf 8 €. 48 In<br />

einem früheren Urteil 2002 hatte es ihn auf 18 DM 49 bzw. im<br />

Jahr 1994 auf 12 DM geschätzt. 50 Das OLG Koblenz 51 hat in<br />

einem unveröffentlichten Urteil im Jahr 1999 den Nettostundenlohn<br />

einer Hilfskraft im Haushalt mit 12 DM angesetzt.<br />

Das LG Mühlhausen 52 geht im Jahr 2000 von einem Stundenlohn<br />

in Höhe von 9,97 DM aus. <strong>Der</strong> von der Vorinstanz für den<br />

Bereich Passau angenommene Nettostundenlohn in Höhe von<br />

15 DM wird vom OLG München 1999 nicht beanstandet. 53<br />

Zum gleichen Stundenlohn von 15 DM kommt im Jahr 1998<br />

das OLG Düsseldorf 54 und 1999 auch das LG Saarbrücken. 55<br />

Das OLG Oldenburg 56 schätzt im Jahr 2001 anhand gerichtsbekannter<br />

Erfahrungswerte den Stundenlohn auf 15 DM. Ein<br />

von der Klägerin begehrter Stundensatz von 15 DM ist auch<br />

nach Ansicht des LG Nürnberg-Fürth akzeptabel. 57 Das OLG<br />

Schleswig hält in einem Urteil aus dem Jahr 2002 einen Stundensatz<br />

von 17,50 DM für angemessen. 58 Bei der Bemessung<br />

der Pflegekosten und des Haushaltsführungsschadens einer<br />

Querschnittgelähmten ist nach einem Urteil des LG München<br />

I aus dem Jahr 2005 im Münchner Raum von einem Stundensatz<br />

von 10 € auszugehen. 59 Das AG Magdeburg 60 errechnet<br />

2004 aus einem Bruttostundenlohn von 8,25 € unter pauschalem<br />

Abzug von 30 % Sozialabgaben einen Nettostundenlohn<br />

für eine Zugehfrau in Höhe von 5,77 €. Das LG Heilbronn 61<br />

geht von einem Stundenlohn von 7,50 € aus. Nach einem Urteil<br />

des OLG Celle 62 ist ein Nettobetrag von 8 € angemessen,<br />

was (aufgerundet) der bisherigen Rechtsprechung (Schätzbetrag<br />

von 15 DM je Stunde) entspricht.<br />

Sofern zu ortsüblichen Stundenlöhnen oder Gehältern der<br />

Tarifverträge vor Ort keine Ersatzkraft gefunden wird, kann<br />

nach der Rechtsprechung des BGH für die Ermittlung des Ersatzbetrages<br />

der Bundesangestelltentarif (BAT) herangezogen<br />

werden. 63 Je nach Qualifikation stehen die Vergütungsgruppen<br />

X-Vc zur Verfügung. Die Vergütungsgruppen finden sich<br />

in der Tabelle 3 bei Schulz-Borck/Hofmann.<br />

Für einfache und mittlere Haushalte ohne Kinder sollten die<br />

BAT X, IXb, IXa herangezogen werden, für einfache und mittlere<br />

Haushalte mit Kindern die Gruppe VIII und für mittlere<br />

und gehobene Haushalte die Gruppen VII, VIb, VIa und Vc.<br />

38 Bachmeier, a.a.O., Rdn. 242, 244; Böhme/Biela, a.a.O., D III, D193; Pardey,<br />

a.a.O., Rdn. 1174.<br />

39 BGH VersR 1982, 951.<br />

40 BGH VersR 2001, 76.<br />

41 Böhme/Biela, a.a.O.,D III, Rdn. D 193.; BGH VersR 1982, 951.<br />

42 BGH NJW-RR 1990, 34.<br />

43 OLG Köln VersR 1992, 112.<br />

44 LG Zweibrücken VersR 1994, 819.<br />

45 LG Berlin SP 1996, 170.<br />

46 AG Hamm SP 1997, 466.<br />

47 LG Itzehoe SP 1997, 248.<br />

48 OLG Hamm NZV 2004, 631.<br />

49 OLG Hamm VersR 2002, 1430.<br />

50 OLG Hamm NJW-RR 1995, 599.<br />

51 OLG Koblenz, Urteil vom 21.6.1999 – 12 U 565/98.<br />

52 LG Mühlhausen, Urteil vom 31.5.2000 – 3 O 574/99.<br />

53 OLG München DAR 1999, 407.<br />

54 OLG Düsseldorf VersR 2000, 63.<br />

55 LG Saarbrücken, Urteil vom 5.8.1999 – 4 O 93/97.<br />

56 OLG Oldenburg SP 2001, 196.<br />

57 LG Nürnberg-Fürth SP 1998, 354.<br />

58 OLG Schleswig, Urt. v. 11.7.2002 – 11 U 47/01 in: Die Gemeinde SH 2004,<br />

155f.<br />

59 LG München I SP 2005, 52.<br />

60 AG Magdeburg SP 2004, 408.<br />

61 LG Heilbronn SP 2002, 347.<br />

62 OLG Celle SP 2004, 371.<br />

63 BGH NJW 1983, 1425.<br />

S VR 10/2006 | 365


A U F S ÄT Z E | Balke, <strong>Der</strong> Haushaltsführungsschaden<br />

d) Dauernder oder zeitweiser Ausfall in der Haushaltsführung<br />

Zu einem dauernden und völligen Ausfall des Haushaltsführenden<br />

wird es nur in den seltensten Fällen kommen. Zu denken<br />

wäre insoweit lediglich an die Fälle schwerer Hirnverletzungen<br />

oder Querschnittlähmungen ab dem Halswirbel.<br />

In allen anderen Fällen eines zeitweiligen Ausfalls ist zu beachten,<br />

dass sich im Verlauf der Genesung des Geschädigten<br />

unterschiedliche Beeinträchtigungen ergeben können. Es ist<br />

daher eine Differenzierung nach unterschiedlichen Zeitabschnitten<br />

erforderlich.<br />

3. Schadenminderungspflicht<br />

Im Rahmen der sich aus § 254 BGB ergebenden Schadenminderungspflicht<br />

ist die verletzte Person verpflichtet, sich aller<br />

Hilfsmittel der modernen Technik zu bedienen und gegebenenfalls<br />

durch organisatorische Maßnahmen die Arbeit im<br />

Haushalt umzuverteilen und auf diese Weise den verbleibenden<br />

Rest der Behinderung aufzufangen. 64<br />

Das Kammergericht 65 führt dazu in einem Urteil aus:<br />

„Dem Kläger ist im Rahmen des § 254 BGB zuzumuten, seinen<br />

Haushalt so umzuorganisieren, dass er diejenigen Tätigkeiten<br />

übernimmt, zu denen er trotz der bei dem Unfall erlittenen<br />

Verletzungen in der Lage ist. Dabei geht es nicht darum, dass<br />

die Ehefrau des Klägers als Folge des streitgegenständlichen<br />

Verkehrsunfalls und der dabei vom Kläger erlittenen Verletzungen<br />

in stärkerem Umfang im Haushalt mitarbeiten soll<br />

und die Beklagten so entlasten würde. Vielmehr geht es um<br />

eine Umverteilung der im Haushalt anfallenden Arbeit, bei der<br />

am Ende weder der Kläger noch seine Ehefrau mehr arbeiten<br />

müssen als vor dem Unfall.“<br />

Während der Berufstätige während seiner Arbeitszeit ununterbrochen<br />

im Arbeitsprozess eingebunden und einer permanenten<br />

Dauerbelastung ausgesetzt ist, kann die den Haushalt führende<br />

Person sich ihre Arbeit im Wesentlichen ohne äußere<br />

Einflüsse, insbesondere ohne Leistungszwang, nach eigenem<br />

Belieben einteilen und die notwendigen Ruhepausen nach<br />

ihren individuellen Bedürfnissen selbst bestimmen. In dieser<br />

Weise lassen sich manche geringfügige Verletzungsfolgen, die<br />

sich unter anderen Umständen anders ausgewirkt hätten, bereits<br />

durch eine vom bisherigen Verlauf abweichende zeitliche<br />

Verteilung mit dem Ergebnis ausgleichen, dass die verletzte<br />

Person trotz ihrer Behinderung „unter dem Strich“, wenn auch<br />

unter Einsatz von etwas mehr Zeit, die ihr obliegende Haushaltsführung<br />

voll erfüllen kann.<br />

War die verletzte Person zudem berufstätig, so muss man berücksichtigen,<br />

dass sie ihre knapp bemessene Zeit bislang zwischen<br />

Haushalt und Beruf verteilen musste, so dass ihr für die<br />

Bewältigung des Haushalts häufig nur einige wenige Abendstunden<br />

zur Verfügung standen. Ist sie aber krankgeschrieben<br />

und damit von ihrer Berufstätigkeit zeitweise freigestellt, kann<br />

sie die gesamte Zeit im Haushalt einsetzen und nach eigenem<br />

Belieben so verteilen, dass ohne körperliche Überanstrengung<br />

die Führung des Haushalts besser erfüllt werden kann. 66<br />

4. Mitverschulden<br />

Trifft den Haushaltsführenden bei der Schadensentstehung<br />

ein Mitverschulden, so ist dieses zu berücksichtigen. Bei der errechneten<br />

Endsumme des Haushaltsführungsschadens ist ein<br />

dem Mithaftungsanteil entsprechender anteilsmäßiger Abzug<br />

vorzunehmen. 67<br />

5. Dauer des Erstattungsanspruchs<br />

In erster Linie richtet sich die Dauer des Anspruchs auf Erstattung<br />

des Haushaltsführungsschadens nach der Dauer der festgestellten<br />

haushaltsspezifischen Minderung der Erwerbsfähigkeit.<br />

Sofern eine haushaltsspezifische Dauer-MdE besteht, ist zu berücksichtigen,<br />

dass erfahrungsgemäß mit zunehmendem Alter<br />

die Fähigkeit, einen Haushalt zu führen, nachlässt. 68 Zum<br />

einen wird man mit zunehmendem Alter von einer gewissen<br />

Reduzierung der Tätigkeit als solcher (z.B. altersbedingte Aufgabe<br />

eines arbeitsintensiven Nutzgartens) ausgehen können.<br />

Zum anderen stellt sich die Frage, ob aus Altersgründen nicht<br />

auch unfallunabhängig eine Hilfe im Haushalt erforderlich geworden<br />

wäre. Wann diese altersbedingte Grenze erreicht ist,<br />

hängt von den individuellen Parametern des Geschädigten ab.<br />

Es kann nicht als zum gewöhnlichen Lauf der Dinge gehörend<br />

angesehen werden, dass hochbetagte Geschädigte ab einem<br />

bestimmten Alter ihren eigenen Haushalt aufgeben und sich<br />

z.B. zwangsläufig in eine Heimbetreuung begeben müssen. 69<br />

Mit gewissen Einschränkungen in der Führung des eigenen<br />

Haushalts wird man ab Vollendung des 68. Lebensjahres aber<br />

rechnen können. 70 Das LG Essen 71 geht davon aus, dass die<br />

Mithilfepflicht eines Ehemanns im Familienhaushalt mit dem<br />

70. Lebensjahr endet.<br />

Das OLG Zweibrücken 72 führt zu dieser Problematik aus:<br />

„Bei Festlegung der Rentendauer ist von dem Alter und der Lebenserwartung<br />

der Getöteten auszugehen und zu beachten,<br />

dass die Leistungsfähigkeit eines Menschen im Alter gemindert<br />

ist.<br />

Die allgemeine Erfahrung zeigt, dass Frauen im allgemeinen<br />

den Haushalt bis zum Alter von 75 Jahren selbst versorgen. Ab<br />

diesem Zeitpunkt stehen dem Kläger wegen der dann normalerweise<br />

eintretenden altersbedingten Leistungsminderung<br />

und des damit verbundenen Wegfalls der Verpflichtung zur<br />

Haushaltsführung jedenfalls ... nicht mehr zu.“<br />

Ab Vollendung des 75. Lebensjahres wird man annehmen<br />

können, dass die altersbedingten Beeinträchtigungen die un-<br />

64 OLG Köln SP 2000, 336; OLG Hamm NZV 2002, 570; AG Köln SP 1996, 171;<br />

AG Göttingen SP 2001, 236.<br />

65 KG VersR 2005, 237; siehe auch Pardey, a.a.O. Rdn. 1070f.<br />

66 Siehe auch OLG Saarbrücken, Beschluss v. 1.8.2005 – 4 W 191-05-33; AG Köln<br />

SP 1996, 171<br />

67 Fleischmann/Hillmann, a.a.O.; Rdn. 327.<br />

68 Küppersbusch, a.a.O., Rdn. 209.<br />

69 OLG Hamm MDR 1998, 902.<br />

70 BGH VersR 1974, 1016.<br />

71 LG Essen VersR 1977, 674.<br />

72 OLG Zweibrücken VersR 1978, 356.<br />

366 | S VR 10/2006


Balke, <strong>Der</strong> Haushaltsführungsschaden | A U F S ÄT Z E<br />

fallbedingten überwiegen. 73 Ab diesem Alter können schwere<br />

körperliche Arbeiten in der Regel ebenso nicht mehr ausgeführt<br />

werden wie gefährliche Arbeiten auf Leitern und Gerüsten.<br />

Es ist daher besondere Skepsis geboten, wenn vorgetragen<br />

wird, dass 80-jährige oder 85-jährige Geschädigte vor dem Unfall<br />

noch Getränkekisten transportiert oder in regelmäßigen<br />

Abständen Gardinenvorhänge mit Leitern aufgehängt hätten.<br />

Vielfach erfolgt die Aufrechterhaltung eines eigenen Haushalts<br />

in diesem Lebensalter, trotz stark reduzierter geistiger und körperlicher<br />

Leistungsfähigkeit, allein aufgrund der Auflösung familiärer<br />

Strukturen oder aus finanziellen Gründen.<br />

Entsprechend wird in der Rechtsprechung üblicherweise die<br />

Dauer der Rentenzahlung (gemäß § 843 I BGB) zum Ausgleich<br />

eines Haushaltsführungsschadens auf die Vollendung des<br />

75. Lebensjahres begrenzt. 74 Anderer Meinung war in einem<br />

Urteil aus dem Jahr 1982 das KG, 75 dass der auf Dauer in der<br />

Haushaltsführung beeinträchtigten Klägerin eine Rente auf<br />

Lebenszeit zusprach. Eine ähnliche Ansicht vertritt auch das<br />

OLG Rostock, dass dem Kläger ein Feststellungsinteresse gemäß<br />

§ 256 I ZPO zuspricht, dass die Beklagten dem Kläger einen<br />

Haushaltsführungsschaden auch über das 75. Lebensjahr<br />

hinaus zu ersetzen haben. 76 Allerdings weist es auch darauf<br />

hin, dass es ab dem 75. Lebensjahr durchaus möglich ist, dass<br />

altersbedingt ein Mehrbedarf eintritt.<br />

<strong>Der</strong> Schädiger braucht sich aber nicht darauf verweisen zu lassen,<br />

dass er im Wege der Abänderungsklage nach § 323 ZPO<br />

die Korrektur einer solche Veränderungen im Alter nicht berücksichtigenden<br />

Verurteilung herbeiführen könne. 77 Das Gericht<br />

hat schon zum Zeitpunkt der Entscheidung voraussehbare<br />

Veränderungen zu berücksichtigen.<br />

Es obliegt dem Geschädigten nachzuweisen, dass er ohne den<br />

Unfall den Haushalt auch über das 75. Lebensjahr hinaus geführt<br />

hätte. 78 Von einer schematischen Anwendung der bekannten<br />

Tabellenwerke sollte man daher bei hochbetagten<br />

Geschädigten Abstand nehmen und im Einzelfall ein ärztliches<br />

Gutachten über die noch vorhandene Mobilität vor dem<br />

Unfallereignis einholen.<br />

Die Beurteilung der Frage, ob der Geschädigte, der wegen der<br />

Folgen eines Unfalls seinen eigenen Haushalt aufgegeben und<br />

sich in eine Heimbetreuung begeben hat, auch ohne den Unfall<br />

wegen Altersabbau in ein Heim hätte begeben müssen, setzt<br />

ärztliches Fachwissen voraus. <strong>Der</strong> „Eindruck“ den der Richter<br />

von dem Geschädigten in der mündlichen Verhandlung gewinnt,<br />

ist hierfür keine ausreichende Beurteilungsgrundlage.<br />

<strong>Der</strong> Nachteil der Unaufklärbarkeit dieser Frage trifft allerdings<br />

den Schädiger. 79<br />

6. Vorteilsausgleich<br />

Es ist ein allgemein anerkannter Grundsatz des Schadensersatzrechts,<br />

dass sich ein Geschädigter unter bestimmten<br />

Umständen Leistungen anderer auf seinen Schadensersatzanspruch<br />

anrechnen lassen muss. Diese Vorteilsausgleichung ist<br />

einerseits abhängig davon, dass zwischen dem schädigenden<br />

Ereignis und dem Vorteil ein adäquater Kausalzusammenhang<br />

besteht und andererseits, dass die Anrechnung nur insoweit erfolgen<br />

darf, als der Vorteil einer Schadensposition entspricht.<br />

Nach diesem Grundsatz ist eine Erwerbsminderungsrente<br />

(früher: Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente) in vollem<br />

Umfang anzurechnen. Denn die Haushaltstätigkeit, soweit<br />

sie für den Familienunterhalt erbracht wird, gilt als Erwerbstätigkeit.<br />

Die Erwerbsunfähigkeitsrente (ab 1.1.2001: Erwerbsminderungsrente)<br />

umfasst damit auch diesen häuslichen Bereich.<br />

80<br />

Das Krankengeld dient dem Ausgleich der Behinderung, die<br />

Arbeitskraft als Erwerbsquelle nutzen zu können. Da das Krankengeld<br />

zum Ersatz für die Versorgung der Familienangehörigen<br />

dient, geht der Anspruch auf die Krankenkasse über. 81 Es<br />

ist daher anzurechnen.<br />

Verletztengeld bzw. Verletztenrente sind Leistungen eines<br />

Unfallversicherungsträgers, die zum Ausgleich des eingetretenen<br />

Erwerbsschadens bestimmt sind. 82 Die Verletztenrente<br />

nach §§ 56 ff. SGB VII (bis 31.12.1996: §§ 570 ff. RVO) stellt<br />

eine laufende Pauschale als Entschädigung für Erwerbseinbußen<br />

dar; sie dient dem abstrakt berechneten Erwerbsschaden,<br />

ohne dass insoweit zwischen dem Verdienstausfall für<br />

außerhäusliche Berufstätigkeit und dem Ausfall in der unterhaltsrechtlich<br />

erbrachten Haushaltsführung unterschieden<br />

wird. 83 Demnach ist die Verletztenrente auf den Anspruch<br />

auf Erstattung von Haushaltsführungsschäden anzurechnen.<br />

84<br />

73 Jaeger VersR 2006, 597, 600 ist der Ansicht, dass sich aufgrund der gestiegenen<br />

Lebenserwartung, insbesondere bei Frauen, und der verbesserten Gesundheitsvorsorge<br />

im Bereich der Mobilität und durch technische Hilfsmittel<br />

diese Grenze fortwährend nach oben verschiebt und heute mit 80 Jahren<br />

anzusetzen ist.<br />

74 BGH a.a.O.; OLG Celle ZfS 1983, 291; OLG Hamm NJW-RR 1995, 559; OLG<br />

Frankfurt/M. VersR 1982, 981f.; Nagel VersR 1990, 138f..<br />

75 KG VersR 1982, 978; siehe auch OLG Köln VersR 1988, 61 zur Pflegebedürftigkeit.<br />

76 OLG Rostock ZfS 2003, 233; so auch Pardey/Schulz-Borck DAR 2002, 289,<br />

296 und Pardey DRiZ 2004, 48, 52 bei gleichzeitiger zeitlicher Begrenzung<br />

des Rentenausspruchs;. a.A. OLG Oldenburg VersR 1986, 1220.<br />

77 BGH VersR 1990, 907.<br />

78 Euler, a.a.O., Rz. 23 (Seite 646f.); Küppersbusch, a.a.O., Rdn. 210.<br />

79 BGH r + s 1995, 181.<br />

80 BGH NJW 1985, 735 – Verletztenrente der BG –; OLG Nürnberg OLGR 2000,<br />

288 – Erwerbsunfähigkeitsrente –; OLG Düsseldorf VersR 2000, 63.<br />

81 OLG Hamm r + s 2001, 506; LG Saarbrücken DAR 1994, 455; Geigel, a.a.O., 4.<br />

Kapitel, Rdn. 141.<br />

82 BGH VersR 2004, 1147 und VersR 2003, 390; OLG Nürnberg VersR 2004,<br />

1290.<br />

83 BGH VersR 1982, 291; BGH r + s 1988, 72 – Betreuungsunterhalt –; BGH NJW<br />

1974, 41 und BGH NJW 1985, 735 (Kongruenz kann mit EU-, BU- und Verletztenrente<br />

bestehen).<br />

84 BGH NJW 1985, 735; kritisch dazu Pardey, a.a.O., Rdn. 1209.<br />

S VR 10/2006 | 367

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