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Pflegepersonalmangel - SBK Sektion Zentralschweiz

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zentral+ | Personalnotstand im Pflegesektor<br />

http://www.zentralplus.ch/de/news/wirtschaft/26368/Personalnotstand-im-Pflegesekto...<br />

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04.09.2013<br />

Das unabhängige Online-Magazin der<br />

<strong>Zentralschweiz</strong><br />

Wirtschaft<br />

Wartefristen bei Operationen als Folge<br />

Personalnotstand im<br />

Pflegesektor<br />

Die <strong>Zentralschweiz</strong>er Spitäler spüren den<br />

Mangel an Pflegefachkräften. Das Personal<br />

fehlt ausgerechnet in den wichtigsten<br />

Bereichen, nämlich bei der Notfallpflege, in<br />

den Operationssälen und auf<br />

Intensivstationen. Direkt spürbare Folgen<br />

sind längere Wartezeiten. Doch das ist nur die<br />

Spitze des Eisbergs. In Pflege- und<br />

Altersheimen sieht es noch prekärer aus.<br />

3.09.2013, 06:03<br />

Vordergründig läuft in den <strong>Zentralschweiz</strong>er Spitälern alles glatt. Die Patienten werden zwar wie<br />

immer vorbildlich behandelt und versorgt. Doch hinter den Kulissen brodelt es. Seit einigen Jahren<br />

schon sahen diverse Studien den Personalmangel im Pflegebereich kommen. Nun ist er da. Auch in der<br />

<strong>Zentralschweiz</strong> wird er immer stärker spürbar. So sind in Spitälern und Heimen zahlreiche Stellen<br />

offen oder nur mit Mühe zu besetzen, wie eine Umfrage von zentral+ ergab. Dies wirkt sich direkt auf<br />

die Angestellten aus.<br />

«Der Druck auf das Pflegepersonal wird immer grösser», warnt Beatrice Tognina, Präsidentin der<br />

<strong>Sektion</strong> <strong>Zentralschweiz</strong> des Schweizer Berufsverbands der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner<br />

(<strong>SBK</strong>). Insbesondere die sogenannten FaGe, die Fachangestellten Gesundheit, geraten in die<br />

Zwickmühle. Nicht selten müssten diese Aufgaben erfüllen, auf die sie in ihrer dreijährigen Ausbildung nicht vorbereitet seien. Das führe bei vielen zu<br />

Überarbeitung bis hin zum Burnout. Die Folge ist dann häufig der Berufsausstieg. Dies wiederum verschärft die Situation zusätzlich.<br />

Noch schlimmer steht es in der Langzeitpflege. So bekundet etwa das Betagtenzentrum Rosenberg in der Stadt Luzern Mühe mit der Besetzung von<br />

Pflegestellen. «Momentan sind fünf Stellen unbesetzt», sagt Zentrumsleiterin Cati Hürlimann. In der Langzeitpflege ist generell ein Mangel an<br />

Pflegepersonen spürbar, da gerade die Altenpflege gesellschaftlich am geringsten angesehen ist.<br />

Zu Unrecht, wie sie findet. «Das Image der liebevollen, aber nicht allzu intelligenten Betreuerin haftet dem Beruf an. Die Pflege von älteren Menschen wird<br />

zunehmend komplexer», betont auch Beatrice Tognina. Dies wiederum könne bei Pflegepersonal, das nach längerer, meist familienbedingter Arbeitspause<br />

wieder im Beruf einsteigt, erneut zu Überbelastung führen. «Es ist typisch für Menschen in Pflegeberufen, sich sehr lange und manchmal bis zur eigenen<br />

Erschöpfung für Patienten und Arbeitgeber einzusetzen», so Tognina.<br />

Optimale Pflege in Gefahr<br />

Im Operationssaal, in der Anästhesie und auf der Intensivstation fehlt das Pflegepersonal (Bild: Emanuel Ammon/AURA)<br />

Unmittelbare Gefahr für die Patienten bestehe zwar nicht, beruhigt sie. In aller Regel würden die gesetzlichen Vorgaben in den Spitälern und Heimen<br />

eingehalten. Aber es sei durchaus möglich, dass durch den Personalmangel die Versorgung der Patienten nicht optimal verlaufe. «Eine diplomierte<br />

Pflegefachfrau kann Situationen besser einschätzen als eine FaGe. Sie ist zum Beispiel im Stande, ärztliche Verordnungen zu evaluieren und<br />

nachzuvollziehen. Es fällt ihr auf, falls ein Arzt ungenaue Medikationsvorgaben gemacht hat», erklärt sie.<br />

Zudem entstehen für den Patienten Wartezeiten bei grösseren oder planbaren Operationen. Dies ist man sich zwar bereits gewohnt. Wenig bekannt ist aber,<br />

dass diese Wartezeiten nicht allein aufgrund von Zeitmangel bei den Ärzten verursacht sind. Immer häufiger fehlt für die entsprechende Operation das<br />

geeignete Personal. Und zwar nicht nur im Operationssaal, sondern auch bei der Anästhesie und in der Nachsorge auf der Intensivstation. «Konkrete Folgen<br />

sind etwa, dass weniger Betten auf der Intensivstation betrieben werden, da sonst die Qualität der Betreuung nicht gewährleistet ist», erklärt Beatrice<br />

Tognina.


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04.09.2013<br />

Keine Besserung in Sicht<br />

Eine Besserung der Situation ist nicht in Sicht. Im Gegenteil. «Wir gehen von einer allgemeinen Verschärfung in den kommenden Jahren aus», zeichnet<br />

Michael Döring ein schwarzes Bild für den <strong>Zentralschweiz</strong>er Pflegebereich. Der Leiter des Departements Pflege und Soziales vom Luzerner Kantonsspital ist es<br />

sich mittlerweile gewohnt, in der Suche nach geeignetem Personal kreativ sein zu müssen. «Im Moment können wir unsere Stellenpläne mit hohem Aufwand<br />

und durch innovative Lösungen besetzen», sagt er. Doch wie lange dies noch gut geht, steht in den Sternen.<br />

Die anderen <strong>Zentralschweiz</strong>er Spitäler spüren den Druck ebenfalls. Die Probleme sind überall dieselben. Vor allem in den spezialisierten Pflegebereichen<br />

gelingt es teilweise nicht, die Stellenpläne wie vorgesehen zu besetzen. Gesucht sind vor allem die diplomierten und spezialisierten Fachmänner und –frauen.<br />

So auch in den beiden Hirslanden-Kliniken, im Schweizer Paraplegiker-Zentrum Nottwil und in der Psychiatrie.<br />

Wie viele Stellen unbesetzt sind, wollen aber die wenigsten Spitäler bekannt geben. Das Ganze sei situativ und darum schwierig zu beziffern. Einzig die<br />

Luzerner Psychiatrie (LUPS) gibt offen darüber Auskunft. Personalleiter Thomas Lemp spricht von 30-35 zu besetzenden Stellen pro Jahr. Das entspreche<br />

einer Fluktuationsrate von 14 Prozent. Das Paraplegiker-Zentrum in Nottwil nennt eine Fluktuationsrate von etwa 11,35 Prozent.<br />

Klar ist: In den <strong>Zentralschweiz</strong>er Spitälern und Pflegeheimen arbeiteten im Jahr 2011 um die 14'000 Pflegepersonen. Schweizweit generieren die<br />

Ausbildungsstätten jährlich etwa 3'000 FaGes und etwa 2'000 diplomiertes Fachpersonal. Das ist zu wenig um den Bedarf zu decken. «Der<br />

Arbeitnehmermarkt ist ausgetrocknet», sagt Urs Karli, Direktor der Andreasklinik in Cham.<br />

Wo das Personal gerne hingeht<br />

Dass es aber auch Erfolgsmodelle in der <strong>Zentralschweiz</strong> gibt, zeigen zwei statistische Ausreisser. Während die Altersheime in der Stadt Luzern Mühe<br />

bekunden, Pflegepersonal zu rekrutieren, musste Urs Arnold in den letzten Jahren keine einzige Stelle ausschreiben. «Wir haben sogar Wartelisten», teilt der<br />

Leiter des Alterszentrums St. Martin in Sursee mit. Das Erfolgsrezept sieht er nebst einem guten Image darin, dass das Alterzentrum seit Jahren viel in die<br />

Ausbildung der eigenen Leute investiert, pflegerisch interessante Angebote wie betreutes Wohnen, Spezialabteilungen für Demenz und Psychiatrie und kleine<br />

Stellenpensen bietet, sowie geografisch günstig liegt.<br />

In der Pflegeszene beliebt ist auch das Zuger Kantonsspital. Es gilt laut <strong>SBK</strong> als «Magnetspital», das heisst, es ist ein Spital, das sein Pflegepersonal durch<br />

optimale Bedingungen besonders gut halten kann. Dazu gehören etwa eine starke Führung in der Pflege, die sich Gehör in der Geschäftsleitung verschaffen<br />

kann, Mitsprachemöglichkeiten, Gesamtarbeitsverträge und ein höheres Lohnniveau als in der Innerschweiz. Mathias Winistörfer blickt darum optimistisch<br />

in die Zukunft: «In Sachen Personal stellt sich bei uns sogar eher eine Trendwende ein.»<br />

Ausbildung und Image als Lösung<br />

Doch diese Spitäler sind aktuell noch Einzelfälle. Fragt man die Spitäler und Heime nach möglichen Lösungen, wird allenorts die interne Aus- und<br />

Weiterbildung genannt. Pflegepersonen werden direkt angegangen und zur Weiterbildung ermuntert. Teilweise würden Weiterbildungskosten auch<br />

übernommen, wenn sich die Person bereit erkläre, danach weiterhin für das Spital tätig zu sein. Ausländische Angestellte spielen in der Lösungsfindung eine<br />

eher untergeordnete Rolle. «Die Rekrutierung von ausländischen Arbeitskräften ist zwar wichtig, wird aber nicht ausreichen, um den Personalbedarf zu<br />

decken», sagt Michael Döring vom LUKS.<br />

Politisch wurde die Problematik in Sachen Personalmangel zwar bereits 2009 erkannt, aber man hat wenig aus dieser Erkenntnis gemacht. «Die<br />

Befürchtungen sind nun grösstenteils genau wie vorausgesagt eingetroffen», sagt Tognina. Der <strong>SBK</strong> unterstützt aktuell die nationale parlamentarischen<br />

Initiative «für die gesetzliche Anerkennung der Verantwortung der Pflege». Davon verspricht sich der Verband unter anderem eine Imageverbesserung und<br />

eine gesteigerte Attraktivität der Pflegeberufe.<br />

Damit ist ein wichtiges Thema angesprochen, denn mit der Professionalisierung der Ausbildung – wie sie in den letzten Jahren stattgefunden hat – allein ist<br />

es noch nicht getan. Pflegeberufe stehen bei der heutigen Generation schlicht nicht zuoberst auf der Wunschliste.<br />

Doch selbst wenn es gelingt, den Beruf wieder populär zu machen - die grundlegenden Nachwuchs-Probleme sind damit in den nächsten Jahren noch längst<br />

nicht gelöst.

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