Motorische, kognitive und sozial-emotionale Entwicklung von 11 ...
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8 Laucht, M. et al.: Risikokinder<br />
lastung. Darüber hinaus werden bedeutsame Frühindikatoren<br />
späterer <strong>Entwicklung</strong>sstörungen beschrieben. Genauere<br />
Darstellungen der <strong>Entwicklung</strong>sresultate früherer<br />
Erhebungszeitpunkte finden sich in verschiedenen Veröffentlichungen<br />
(3 Monate: Esser et al., 1990; 2 Jahre:<br />
Laucht et al., 1992; 4 1 ⁄ 2 Jahre: Laucht et al., 1996; 8 Jahre:<br />
Laucht et al., 2000a).<br />
2. Methode<br />
2.1 Stichprobe<br />
Als prospektive Echtzeit-Längsschnittuntersuchung beobachtet<br />
die Mannheimer Risikokinderstudie eine systematisch<br />
ausgewählte Kohorte <strong>von</strong> Kindern in ihrer <strong>Entwicklung</strong><br />
<strong>von</strong> der Geburt bis zur späten Kindheit. Die Ausgangsstichprobe<br />
umfasste 362 Kinder (178 Jungen, 184<br />
Mädchen) der Geburtsjahrgänge 1986–88, die in zwei<br />
Frauenkliniken der Städte Mannheim <strong>und</strong> Ludwigshafen<br />
geboren bzw. in sechs Kinderkliniken der Rhein-Neckar-<br />
Region neonatalogisch versorgt worden waren. In die<br />
Stichprobe konsekutiv aufgenommen wurden diejenigen<br />
Säuglinge, die den unten definierten Risikobedingungen<br />
entsprachen <strong>und</strong> darüber hinaus verschiedene Einschlusskriterien<br />
erfüllten (Laucht et al., 1992). Von den angesprochenen<br />
Familien erklärten sich 64,5% zu einer Teilnahme<br />
an der Studie bereit.<br />
Als Risikofaktoren wurden organische Belastungen<br />
(prä- <strong>und</strong> perinatale Komplikationen) <strong>und</strong> psycho<strong>sozial</strong>e<br />
Belastungen (bei Geburt bestehende ungünstige familiäre<br />
Lebensverhältnisse) erfasst. Beide Risiken wurden in<br />
drei Ausprägungen (keine, leichte <strong>und</strong> schwere Risikobelastung)<br />
unterteilt <strong>und</strong> in einem zwei-faktoriellen (3 × 3)<br />
Versuchsplan vollständig miteinander kombiniert. Dabei<br />
wurde so verfahren, dass die resultierenden neun Zellen<br />
des Designs annähernd gleich groß <strong>und</strong> hinsichtlich des<br />
Geschlechts ausbalanciert waren. Die Datenerhebungen<br />
fanden im Alter <strong>von</strong> 3 Monaten, 2, 4 1 ⁄ 2 , 8 <strong>und</strong> <strong>11</strong> Jahren<br />
statt. Die im Folgenden mitgeteilten Analysen stützen sich<br />
auf die Datensätze <strong>von</strong> 341 Kindern (168 Jungen <strong>und</strong> 173<br />
Mädchen), die an allen Erhebungen teilgenommen haben<br />
(dies entspricht 94,2% der Ausgangsstichprobe). Nähere<br />
Angaben zur Stichprobenauswahl <strong>und</strong> zum Design können<br />
verschiedenen Veröffentlichtungen, u.a. Laucht et al.<br />
(2000b), entnommen werden.<br />
2.2 Risikofaktoren<br />
Die Belastung eines Kindes mit entwicklungsgefährdenden<br />
Faktoren wurde zum Zeitpunkt seiner Geburt ermittelt.<br />
Die organische Risikobelastung wurde über eine<br />
Anzahl prä- <strong>und</strong> perinataler Auffälligkeiten definiert, die<br />
sich auf medizinische Komplikationen während der<br />
Schwangerschaft (drohende Frühgeburt, Gestose, sehr<br />
niedriges Geburtsgewicht), der Geburtsphase (Asyphyxie-Zeichen:<br />
abweichende pH- <strong>und</strong> Lactatwerte sowie<br />
CTG-Auffälligkeiten) <strong>und</strong> der Neonatalzeit (Ateminsuffizienz<br />
mit Respiratortherapie, Krampfanfälle, Sepsis) beziehen.<br />
Kinder mit einem sehr niedrigen Geburtsgewicht<br />
oder mit (stationär behandelten) perinatalen Komplikationen<br />
gehörten der Gruppe mit schwerem organischen<br />
Risiko an; Kinder mit drohender oder leichter Frühgeburt<br />
(Cerclage, Tokolyse bzw. Geburt in der 33.–37. SSW) oder<br />
mit Gestose der Mutter wurden der Gruppe mit leichtem<br />
Risiko zugewiesen <strong>und</strong> Kinder ohne Komplikationen, die<br />
zugleich bestimmte Optimalitätsmerkmale erfüllten, bildeten<br />
die Gruppe ohne Risikobelastung (zur genauen Definition<br />
s. Laucht et al., 1997). Die Zuordnung eines Kindes<br />
zu einer Risikogruppe stützte sich auf Informationen<br />
aus den Krankenakten der jeweils behandelnden Kliniken.<br />
Zur zusätzlichen Quantifizierung der Belastung wurde ein<br />
kumulativer Risikoindex als Summenwert über die Anzahl<br />
<strong>von</strong> Komplikationen gebildet, der zwischen 0 <strong>und</strong> 9 variieren<br />
konnte.<br />
Psycho<strong>sozial</strong>e Risiken wurden durch eine Reihe bei<br />
Geburt bestehender familiärer Belastungsfaktoren bestimmt,<br />
die während eines Elterninterviews erfragt<br />
wurden. Der Katalog umfasste Auffälligkeiten der Eltern<br />
(niedriges Bildungsniveau, psychische Störung, anamnestische<br />
Belastungen, mangelnde Bewältigungsfähigkeiten),<br />
der Partnerschaft (Disharmonie, frühe Elternschaft,<br />
Ein-Eltern-Familie, unerwünschte Schwangerschaft)<br />
sowie der familiären Lebensbedingungen (beengte Wohnverhältnisse,<br />
mangelnde <strong>sozial</strong>e Integration <strong>und</strong> Unterstützung,<br />
chronische Schwierigkeiten). Kinder ohne<br />
Belastung wiesen keines der Risikomerkmale auf, Kinder<br />
mit leichten Belastungen eines oder zwei <strong>und</strong> Kinder mit<br />
schweren Belastungen erfüllten drei oder mehr Kriterien<br />
(zur genauen Definition s. Laucht et al., 1997). Entsprechend<br />
dem Vorgehen bei der Quantifizierung der organischen<br />
Belastung wurde aus der Anzahl der in einer Familie<br />
vorkommenden psycho<strong>sozial</strong>en Belastungen ein kumulativer<br />
Risikoindex gebildet.<br />
2.3 Kindliche <strong>Entwicklung</strong><br />
Zur Diagnostik grobmotorischer Fertigkeiten im Alter <strong>von</strong><br />
<strong>11</strong> Jahren wurde eine Kurzform des Körperkoordinationstests<br />
für Kinder KTK <strong>von</strong> Kiphard & Schilling (1974)<br />
verwendet (UTSeitliches Hin- <strong>und</strong> Herspringen). Die <strong>kognitive</strong><br />
<strong>und</strong> sprachliche Leistungsfähigkeit der Elfjährigen<br />
wurde mit einer Testbatterie geprüft, die verschiedene intellektuelle<br />
Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Teilfunktionen erfasst. Für die<br />
vorliegende Auswertung wurde ein Maß der allgemeinen<br />
Intelligenz gebildet, in das Leistungen im Gr<strong>und</strong>intelli-<br />
Z. Kinder-Jugendpsychiatr. 30 (1), 2002, © Verlag Hans Huber, Bern