Motorische, kognitive und sozial-emotionale Entwicklung von 11 ...
Motorische, kognitive und sozial-emotionale Entwicklung von 11 ...
Motorische, kognitive und sozial-emotionale Entwicklung von 11 ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Zeitschrift für Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie <strong>und</strong> Psychotherapie, 30 (1), 2002, 5–19<br />
Originalarbeiten<br />
<strong>Motorische</strong>, <strong>kognitive</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>sozial</strong>-<strong>emotionale</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
<strong>von</strong> <strong>11</strong>-Jährigen mit frühkindlichen<br />
Risikobelastungen:<br />
späte Folgen<br />
M. Laucht, M. H. Schmidt <strong>und</strong> G. Esser<br />
Klinik für Psychiatrie <strong>und</strong> Psychotherapie des Kindes- <strong>und</strong> Jugendalters des Zentralinstituts für Seelische Ges<strong>und</strong>heit in Mannheim<br />
(Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Dr. M. H. Schmidt)<br />
Zusammenfassung: Fragestellung: Untersuchung der Auswirkungen frühkindlicher Risiken auf das <strong>Entwicklung</strong>sniveau<br />
im Alter <strong>von</strong> <strong>11</strong> Jahren.<br />
Methode: In einer prospektiven Längsschnittstudie <strong>von</strong> der Geburt bis zur späten Kindheit an einer Stichprobe<br />
<strong>von</strong> 362 Kindern mit unterschiedlichen frühkindlichen Risikobelastungen wurde der Verlauf <strong>von</strong> <strong>Entwicklung</strong>s-<br />
<strong>und</strong> Verhaltensstörungen untersucht. Organische (prä- <strong>und</strong> perinatale Komplikationen) <strong>und</strong> psycho<strong>sozial</strong>e<br />
Risiken (familiäre Belastungen) wurden in einem zwei-faktoriellen Design systematisch variiert. Im Alter <strong>von</strong><br />
<strong>11</strong> Jahren wurden Kennwerte der motorischen, <strong>kognitive</strong>n <strong>und</strong> <strong>sozial</strong>-<strong>emotionale</strong>n <strong>Entwicklung</strong> <strong>von</strong> 341 Kindern<br />
(168 Jungen, 173 Mädchen, entsprechend 94,2% der Ausgangsstichprobe) erfasst. Die vorausgegangenen Erhebungen<br />
waren im Alter <strong>von</strong> 3 Monaten, 2, 41⁄2 <strong>und</strong> 8 Jahren durchgeführt worden.<br />
Ergebnisse: Die Auswirkungen früher <strong>Entwicklung</strong>srisiken bestanden bis in die späte Kindheit fort. Mit Risiken<br />
hoch belastete Kinder waren bis zu dreimal häufiger in ihrer <strong>Entwicklung</strong> beeinträchtigt als unbelastete<br />
Kinder. Sowohl organische als auch psycho<strong>sozial</strong>e Risiken trugen zu einer ungünstigen Prognose bei. Während<br />
prä- <strong>und</strong> perinatale Komplikationen vor allem motorische <strong>und</strong> <strong>kognitive</strong> Funktionen beeinträchtigten, konzentrierten<br />
sich die Auswirkungen belasteter familiärer Lebensverhältnisse auf die <strong>sozial</strong>-<strong>emotionale</strong> <strong>Entwicklung</strong>.<br />
Spätschäden <strong>von</strong> Schwangerschafts- <strong>und</strong> Geburtskomplikationen manifestierten sich insbesondere im Bereich<br />
<strong>kognitive</strong>r Funktionen <strong>und</strong> schulischer Leistungen. Auch im Schulalter ließ sich der kumulative Einfluss beider<br />
Risikobereiche am besten durch eine Addition der Einzeleffekte erklären.<br />
Schlussfolgerungen: Frühkindliche <strong>Entwicklung</strong>srisiken haben spezifische <strong>und</strong> langfristige Auswirkungen,<br />
die sich später in ungünstigen schulischen <strong>Entwicklung</strong>en niederschlagen.<br />
Schlüsselwörter: Prä- <strong>und</strong> perinatale Komplikationen, familiäre Belastungen, <strong>Entwicklung</strong>sstörungen, Verhaltensstörungen,<br />
Risikofaktoren<br />
Z. Kinder-Jugendpsychiatr. 30 (1), 2002, © Verlag Hans Huber, Bern
6 Laucht, M. et al.: Risikokinder<br />
Summary: Motor, cognitive and social-emotional development of <strong>11</strong>-year-olds born with early risks: late consequences<br />
Objectives: The investigation of the impact of early childhood risk factors on developmental outcome at the<br />
age of <strong>11</strong> years.<br />
Methods: The onset and course of developmental and behavioral disturbances were examined in a prospective<br />
longitudinal study of a sample of 362 children born with different risks. Organic (obstetric complications)<br />
and psychosocial risks (family adversity) were varied in a two-factorial design. Measures of motor, cognitive<br />
and social-emotional outcome were obtained from 341 children aged <strong>11</strong> years (168 boys, 173 girls, corresponding<br />
to 94.2% of the initial sample). Previous assessments had been conducted at the ages of 3 months, and again<br />
at the ages of 2, 41⁄2 and 8 years.<br />
Results: The negative impact of early risk factors persisted into late childhood. Rates of developmental and<br />
behavioral disturbances in high-risk children were up to three times higher than in non-risk children. Both organic<br />
and psychosocial risks contributed to adverse outcomes. While organic complications were related to disturbances<br />
in motor and cognitive development, the detrimental effects of psychosocial adversity pertained to socialemotional<br />
functioning. Late sequelae of pre- and perinatal complications were fo<strong>und</strong> especially in cognitive<br />
outcome and school performance. The cumulative effect of early risks was best explained by summing up the<br />
single risk effects.<br />
Conclusions: Early risk factors have specific and long-term sequelae resulting in adverse school outcomes at<br />
later ages.<br />
Key words: Obstetric complications, family adversity, developmental disorder, behavior disorder, risk factor<br />
1. Einleitung<br />
Die Lebenssituation <strong>von</strong> Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen unterliegt<br />
gegenwärtig einem tiefgreifenden Wandel. Innerhalb<br />
einer Generation haben sich die Herausforderungen <strong>und</strong><br />
Chancen, aber auch die Gefahren für die <strong>Entwicklung</strong><br />
junger Menschen vervielfacht. Während die materiellen<br />
<strong>und</strong> ökonomischen Lebensgr<strong>und</strong>lagen vieler Familien<br />
dank medizinischem <strong>und</strong> technischem Fortschritt heute<br />
weitgehend gesichert sind, haben die psycho<strong>sozial</strong>en Belastungen,<br />
denen Kinder <strong>und</strong> Familien in der modernen<br />
Gesellschaft ausgesetzt sind, deutlich zugenommen.<br />
Kennzeichen dieser <strong>Entwicklung</strong> haben die Experten des<br />
10. Kinder- <strong>und</strong> Jugendberichts an die B<strong>und</strong>esregierung<br />
(1998) ausführlich beschrieben, so die steigende Zahl <strong>von</strong><br />
Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen, die in <strong>sozial</strong> benachteiligten<br />
Familien aufwachsen, die Auflösung familiärer Strukturen<br />
<strong>und</strong> Bindungen, in ihrer erzieherischen Verantwortung<br />
verunsicherte <strong>und</strong> überforderte Eltern, zunehmende Leistungsansprüche<br />
an Kinder <strong>und</strong> die wachsende Gewaltbereitschaft<br />
sowohl unter Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen als auch<br />
innerhalb <strong>von</strong> Familien.<br />
In einer Zeit, in der sich die Lebenssituation vieler Kinder<br />
in bedrohlicher Weise verändert, kommt Programmen,<br />
die auf die Vorbeugung, Früherkennung <strong>und</strong> frühzeitige<br />
Behandlung psychischer Probleme <strong>und</strong> Gefährdungen<br />
<strong>von</strong> Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen ausgerichtet sind, eine<br />
wichtige ges<strong>und</strong>heitspolitische Funktion zu. Entscheidende<br />
Impulse erhält die Planung präventiver <strong>und</strong> frühinterventiver<br />
Maßnahmen <strong>von</strong> den Erkenntnissen der modernen<br />
Risikoforschung. Diese beschäftigt sich mit der<br />
Frage, ob <strong>und</strong> wie belastende Lebensumstände <strong>und</strong> -erfahrungen<br />
die <strong>Entwicklung</strong> <strong>von</strong> Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen<br />
langfristig beeinträchtigen können. Dabei verfolgt sie das<br />
Ziel, Gruppen <strong>von</strong> Kindern zu identifizieren, deren <strong>Entwicklung</strong><br />
gefährdet ist (Risikokinder), <strong>und</strong> Lebensbedingungen<br />
zu ermitteln, die mit einer Gefährdung der kindlichen<br />
<strong>Entwicklung</strong> einhergehen (Risikofaktoren). Letztere<br />
werden als Bedingungen definiert, welche die Wahrscheinlichkeit<br />
des Auftretens einer <strong>Entwicklung</strong>sstörung<br />
erhöhen (Garmazy, 1983). Da Risikofaktoren lediglich<br />
Wahrscheinlichkeitsbeziehungen in Gruppen <strong>von</strong> Personen<br />
abbilden, ist ein beobachteter Zusammenhang nicht<br />
ohne weiteres als kausal zu interpretieren <strong>und</strong> muss auch<br />
für den Einzelfall nicht zutreffen.<br />
In den letzten Jahren wurden zahlreiche Faktoren ermittelt,<br />
die an der Entstehung <strong>und</strong> Aufrechterhaltung <strong>von</strong><br />
<strong>Entwicklung</strong>s- <strong>und</strong> Verhaltensstörungen bei Kindern <strong>und</strong><br />
Jugendlichen beteiligt sind. Grob in zwei Gruppen unterteilt<br />
(Pellegrini, 1990), lassen sie sich kennzeichnen als:<br />
1) Risikofaktoren, die sich auf biologische <strong>und</strong> psychologische<br />
Merkmale des Individuums beziehen (auch als Vulnerabilität<br />
bezeichnet) wie z.B. genetische Dispositionen,<br />
geringes Geburtsgewicht oder schwieriges Temperament;<br />
Z. Kinder-Jugendpsychiatr. 30 (1), 2002, © Verlag Hans Huber, Bern
Laucht, M. et al.: Risikokinder 7<br />
<strong>und</strong> 2) Risikofaktoren, die psycho<strong>sozial</strong>e Merkmale der<br />
Umwelt des Individuums (sog. Stressoren) betreffen. Dazu<br />
zählen u.a. disharmonische Familienverhältnisse, Alkoholmissbrauch<br />
eines Elternteils oder geringes Einkommen<br />
der Familie (Rutter, 1988).<br />
Ob unterschiedliche (organische <strong>und</strong> psycho<strong>sozial</strong>e)<br />
Risikofaktoren spezifische Auswirkungen auf die kindliche<br />
<strong>Entwicklung</strong> haben, wird in der Forschung kontrovers<br />
diskutiert. <strong>Entwicklung</strong>spsychopathologische Vorstellungen<br />
gehen <strong>von</strong> der Annahme aus (Cicchetti & Cohen,<br />
1995), dass verschiedene Risikofaktoren zu ein <strong>und</strong> demselben<br />
<strong>Entwicklung</strong>sergebnis führen können (Äquifinalität),<br />
während umgekehrt ein Risikofaktor mit unterschiedlichen<br />
Folgen assoziiert sein kann (Multifinalität).<br />
Bei der empirischen Analyse der Auswirkungen organischer<br />
<strong>und</strong> psycho<strong>sozial</strong>er Risiken ergaben sich jedoch in<br />
verschiedenen Untersuchungen Hinweise auf spezifische<br />
Zusammenhänge in Abhängigkeit <strong>von</strong> der betrachteten<br />
<strong>Entwicklung</strong>sfunktion (Meyer-Probst & Teichmann, 1984).<br />
So schlugen sich die <strong>Entwicklung</strong>sfolgen biologischer Risiken<br />
vermehrt in Beeinträchtigungen reifungsabhängiger<br />
Funktionen (motorische <strong>Entwicklung</strong>) nieder, während<br />
sich der negative Einfluss psycho<strong>sozial</strong>er Risiken stärker<br />
im Bereich erfahrungsabhängiger <strong>Entwicklung</strong>sbereiche<br />
(<strong>kognitive</strong> <strong>und</strong> <strong>sozial</strong>-<strong>emotionale</strong> <strong>Entwicklung</strong>) manifestierte<br />
(Bendersky & Lewis, 1994; Laucht et al., 1998).<br />
Dass Risikofaktoren selten isoliert auftreten, sondern<br />
sich in bestimmten Familien <strong>und</strong> bei bestimmten Kindern<br />
häufen (Risikokumulation), ist ein weiteres Ergebnis der<br />
Risikoforschung (Sameroff et al., 1993). Den Risikofaktor<br />
«psychische Erkrankung der Mutter» z.B. fand man<br />
gehäuft in Familien, die eine Vielzahl weiterer psycho<strong>sozial</strong>er<br />
Belastungen aufwiesen (Laucht et al., 1994). Bei<br />
der Betrachtung einzelner Risiken ist also zu berücksichtigen,<br />
dass sie zumeist nicht nur für sich selbst stehen, sondern<br />
für eine Konstellation <strong>von</strong> Risiken. In diesem Zusammenhang<br />
ist auch die Unterscheidung <strong>von</strong> distalen<br />
<strong>und</strong> proximalen Risikofaktoren relevant: Während letztere<br />
einen direkten negativen Einfluss auf die kindliche <strong>Entwicklung</strong><br />
ausüben (wie z.B. mangelnde mütterliche Responsivität)<br />
<strong>und</strong> im weiteren Sinn als kausal betrachtet werden<br />
können, wirken sich distale Faktoren (wie z.B. Armut)<br />
indirekt auf das Kind aus, indem ihr Einfluss über<br />
andere (proximale) Faktoren vermittelt wird; sie indizieren<br />
also lediglich eine ungünstige Risikokonstellation.<br />
Wenn bei der Risikokumulation mehrere Risikofaktoren<br />
in Wechselwirkung treten, stellt sich die Frage, ob es<br />
dabei zu einer Addition, einem Ausgleich oder sogar zu<br />
einer Verstärkung der einzelnen Risikoeffekte kommt. Aus<br />
den Ergebnissen verschiedener Längsschnittstudien geht<br />
hervor, dass die negativen Folgen frühkindlicher Belastungen<br />
durch ungünstige familiäre Lebensumstände verschärft<br />
<strong>und</strong> durch günstige Bedingungen abgemildert oder<br />
ausgeglichen werden können (Meyer-Probst & Reis,<br />
1999). In vielen Fällen summierten sich dabei die Effekte<br />
mehrerer Risiken, d.h. mit zunehmender Risikobelastung<br />
wuchs auch die zu erwartende <strong>Entwicklung</strong>sbeeinträchtigung<br />
(Laucht et al., 2000a). In einigen Studien fand man<br />
darüber hinaus, dass sich die Effekte mehrerer Risiken<br />
auch überproportional verstärken können (Werner &<br />
Smith, 1982). Auf diese Weise entstand eine Gruppe <strong>von</strong><br />
Kindern mit besonders hoher <strong>Entwicklung</strong>sgefährdung.<br />
Bei der Beurteilung der <strong>Entwicklung</strong>sfolgen <strong>von</strong> Risikofaktoren<br />
spielt zunehmend auch die zeitliche Dimension<br />
eine wichtige Rolle. Dabei geht man gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
da<strong>von</strong> aus, dass die Auswirkungen <strong>von</strong> Risiken umso gravierender<br />
sind, je länger eine damit verb<strong>und</strong>ene Belastung<br />
wirksam ist. Größte Bedeutung haben folglich Faktoren,<br />
deren Einfluss sich über die gesamte <strong>Entwicklung</strong>speriode<br />
erstreckt (wie z.B. schwieriges Temperament des Kindes,<br />
<strong>sozial</strong>e Benachteiligung). Daneben lassen sich aber<br />
auch Risiken abgrenzen, die nur kurzzeitig wirksam oder<br />
in ihrem Einfluss auf bestimmte Phasen der <strong>Entwicklung</strong><br />
beschränkt sind. Letztere markieren <strong>Entwicklung</strong>sübergänge,<br />
die durch erhöhte Anforderungen an die kindliche<br />
Anpassungsfähigkeit gekennzeichnet sind. Beispiele für<br />
solche Phasen erhöhter Vulnerabilität sind die Perinatalzeit,<br />
das Gr<strong>und</strong>schulalter <strong>und</strong> die Pubertät, die jeweils mit<br />
einer deutlichen Zunahme <strong>von</strong> <strong>Entwicklung</strong>s- <strong>und</strong> Verhaltensproblemen<br />
einhergehen.<br />
In diesem Zusammenhang ist auch die Frage nach den<br />
langfristigen Auswirkungen frühkindlicher Belastungen<br />
zu diskutieren. Schienen die Ergebnisse früherer Followup<br />
Untersuchungen zu belegen, dass <strong>Entwicklung</strong>srückstände<br />
<strong>von</strong> Risikokindern bis zum Kindergartenalter weitgehend<br />
kompensiert werden können (Laucht et al., 1996;<br />
Rauh, 1984), so mehren sich die Hinweise darauf, dass die<br />
entwicklungshemmenden Folgen früher Belastungen im<br />
Gr<strong>und</strong>schulalter wieder neu hervortreten <strong>und</strong> bis in die<br />
Adoleszenz <strong>und</strong> das junge Erwachsenenalter andauern<br />
können (Botting et al., 1998; Saigal et al., 2000). Derartige<br />
Bef<strong>und</strong>e stehen im Einklang mit dem oben beschriebenen<br />
Konzept phasenspezifischer Vulnerabilität. Danach manifestieren<br />
sich frühe Belastungen verstärkt im Zusammenspiel<br />
mit der Bewältigung spezifischer <strong>Entwicklung</strong>saufgaben.<br />
In der vorliegenden Arbeit wird über Ergebnisse der<br />
Mannheimer Risikokinderstudie berichtet, in denen sich<br />
die langfristige <strong>Entwicklung</strong> <strong>von</strong> Kindern niederschlägt,<br />
die bei Geburt mit unterschiedlichen Risiken belastet<br />
waren. Dargestellt werden die Auswirkungen früher organischer<br />
<strong>und</strong> psycho<strong>sozial</strong>er Belastungen auf <strong>Entwicklung</strong>s-<br />
<strong>und</strong> Verhaltensdefizite mit <strong>11</strong> Jahren <strong>und</strong> auf Veränderungen<br />
der <strong>Entwicklung</strong>skennwerte <strong>von</strong> der frühen<br />
bis zur späten Kindheit sowie das Zusammenwirken beider<br />
Risikobereiche in Gruppen mit multipler Risikobe-<br />
Z. Kinder-Jugendpsychiatr. 30 (1), 2002, © Verlag Hans Huber, Bern
8 Laucht, M. et al.: Risikokinder<br />
lastung. Darüber hinaus werden bedeutsame Frühindikatoren<br />
späterer <strong>Entwicklung</strong>sstörungen beschrieben. Genauere<br />
Darstellungen der <strong>Entwicklung</strong>sresultate früherer<br />
Erhebungszeitpunkte finden sich in verschiedenen Veröffentlichungen<br />
(3 Monate: Esser et al., 1990; 2 Jahre:<br />
Laucht et al., 1992; 4 1 ⁄ 2 Jahre: Laucht et al., 1996; 8 Jahre:<br />
Laucht et al., 2000a).<br />
2. Methode<br />
2.1 Stichprobe<br />
Als prospektive Echtzeit-Längsschnittuntersuchung beobachtet<br />
die Mannheimer Risikokinderstudie eine systematisch<br />
ausgewählte Kohorte <strong>von</strong> Kindern in ihrer <strong>Entwicklung</strong><br />
<strong>von</strong> der Geburt bis zur späten Kindheit. Die Ausgangsstichprobe<br />
umfasste 362 Kinder (178 Jungen, 184<br />
Mädchen) der Geburtsjahrgänge 1986–88, die in zwei<br />
Frauenkliniken der Städte Mannheim <strong>und</strong> Ludwigshafen<br />
geboren bzw. in sechs Kinderkliniken der Rhein-Neckar-<br />
Region neonatalogisch versorgt worden waren. In die<br />
Stichprobe konsekutiv aufgenommen wurden diejenigen<br />
Säuglinge, die den unten definierten Risikobedingungen<br />
entsprachen <strong>und</strong> darüber hinaus verschiedene Einschlusskriterien<br />
erfüllten (Laucht et al., 1992). Von den angesprochenen<br />
Familien erklärten sich 64,5% zu einer Teilnahme<br />
an der Studie bereit.<br />
Als Risikofaktoren wurden organische Belastungen<br />
(prä- <strong>und</strong> perinatale Komplikationen) <strong>und</strong> psycho<strong>sozial</strong>e<br />
Belastungen (bei Geburt bestehende ungünstige familiäre<br />
Lebensverhältnisse) erfasst. Beide Risiken wurden in<br />
drei Ausprägungen (keine, leichte <strong>und</strong> schwere Risikobelastung)<br />
unterteilt <strong>und</strong> in einem zwei-faktoriellen (3 × 3)<br />
Versuchsplan vollständig miteinander kombiniert. Dabei<br />
wurde so verfahren, dass die resultierenden neun Zellen<br />
des Designs annähernd gleich groß <strong>und</strong> hinsichtlich des<br />
Geschlechts ausbalanciert waren. Die Datenerhebungen<br />
fanden im Alter <strong>von</strong> 3 Monaten, 2, 4 1 ⁄ 2 , 8 <strong>und</strong> <strong>11</strong> Jahren<br />
statt. Die im Folgenden mitgeteilten Analysen stützen sich<br />
auf die Datensätze <strong>von</strong> 341 Kindern (168 Jungen <strong>und</strong> 173<br />
Mädchen), die an allen Erhebungen teilgenommen haben<br />
(dies entspricht 94,2% der Ausgangsstichprobe). Nähere<br />
Angaben zur Stichprobenauswahl <strong>und</strong> zum Design können<br />
verschiedenen Veröffentlichtungen, u.a. Laucht et al.<br />
(2000b), entnommen werden.<br />
2.2 Risikofaktoren<br />
Die Belastung eines Kindes mit entwicklungsgefährdenden<br />
Faktoren wurde zum Zeitpunkt seiner Geburt ermittelt.<br />
Die organische Risikobelastung wurde über eine<br />
Anzahl prä- <strong>und</strong> perinataler Auffälligkeiten definiert, die<br />
sich auf medizinische Komplikationen während der<br />
Schwangerschaft (drohende Frühgeburt, Gestose, sehr<br />
niedriges Geburtsgewicht), der Geburtsphase (Asyphyxie-Zeichen:<br />
abweichende pH- <strong>und</strong> Lactatwerte sowie<br />
CTG-Auffälligkeiten) <strong>und</strong> der Neonatalzeit (Ateminsuffizienz<br />
mit Respiratortherapie, Krampfanfälle, Sepsis) beziehen.<br />
Kinder mit einem sehr niedrigen Geburtsgewicht<br />
oder mit (stationär behandelten) perinatalen Komplikationen<br />
gehörten der Gruppe mit schwerem organischen<br />
Risiko an; Kinder mit drohender oder leichter Frühgeburt<br />
(Cerclage, Tokolyse bzw. Geburt in der 33.–37. SSW) oder<br />
mit Gestose der Mutter wurden der Gruppe mit leichtem<br />
Risiko zugewiesen <strong>und</strong> Kinder ohne Komplikationen, die<br />
zugleich bestimmte Optimalitätsmerkmale erfüllten, bildeten<br />
die Gruppe ohne Risikobelastung (zur genauen Definition<br />
s. Laucht et al., 1997). Die Zuordnung eines Kindes<br />
zu einer Risikogruppe stützte sich auf Informationen<br />
aus den Krankenakten der jeweils behandelnden Kliniken.<br />
Zur zusätzlichen Quantifizierung der Belastung wurde ein<br />
kumulativer Risikoindex als Summenwert über die Anzahl<br />
<strong>von</strong> Komplikationen gebildet, der zwischen 0 <strong>und</strong> 9 variieren<br />
konnte.<br />
Psycho<strong>sozial</strong>e Risiken wurden durch eine Reihe bei<br />
Geburt bestehender familiärer Belastungsfaktoren bestimmt,<br />
die während eines Elterninterviews erfragt<br />
wurden. Der Katalog umfasste Auffälligkeiten der Eltern<br />
(niedriges Bildungsniveau, psychische Störung, anamnestische<br />
Belastungen, mangelnde Bewältigungsfähigkeiten),<br />
der Partnerschaft (Disharmonie, frühe Elternschaft,<br />
Ein-Eltern-Familie, unerwünschte Schwangerschaft)<br />
sowie der familiären Lebensbedingungen (beengte Wohnverhältnisse,<br />
mangelnde <strong>sozial</strong>e Integration <strong>und</strong> Unterstützung,<br />
chronische Schwierigkeiten). Kinder ohne<br />
Belastung wiesen keines der Risikomerkmale auf, Kinder<br />
mit leichten Belastungen eines oder zwei <strong>und</strong> Kinder mit<br />
schweren Belastungen erfüllten drei oder mehr Kriterien<br />
(zur genauen Definition s. Laucht et al., 1997). Entsprechend<br />
dem Vorgehen bei der Quantifizierung der organischen<br />
Belastung wurde aus der Anzahl der in einer Familie<br />
vorkommenden psycho<strong>sozial</strong>en Belastungen ein kumulativer<br />
Risikoindex gebildet.<br />
2.3 Kindliche <strong>Entwicklung</strong><br />
Zur Diagnostik grobmotorischer Fertigkeiten im Alter <strong>von</strong><br />
<strong>11</strong> Jahren wurde eine Kurzform des Körperkoordinationstests<br />
für Kinder KTK <strong>von</strong> Kiphard & Schilling (1974)<br />
verwendet (UTSeitliches Hin- <strong>und</strong> Herspringen). Die <strong>kognitive</strong><br />
<strong>und</strong> sprachliche Leistungsfähigkeit der Elfjährigen<br />
wurde mit einer Testbatterie geprüft, die verschiedene intellektuelle<br />
Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Teilfunktionen erfasst. Für die<br />
vorliegende Auswertung wurde ein Maß der allgemeinen<br />
Intelligenz gebildet, in das Leistungen im Gr<strong>und</strong>intelli-<br />
Z. Kinder-Jugendpsychiatr. 30 (1), 2002, © Verlag Hans Huber, Bern
Laucht, M. et al.: Risikokinder 9<br />
genztest Skala 2 CFT 20 <strong>und</strong> im Wortschatztest WS (Weiß,<br />
1987) mit gleicher Gewichtung eingingen.<br />
Um psychische Auffälligkeiten der <strong>11</strong>-Jährigen zu erfassen,<br />
wurden verschiedene Informationsquellen genutzt. Mit<br />
Hilfe des Mannheimer Elterninterviews MEI (Esser et al.,<br />
1989) wurden <strong>emotionale</strong> <strong>und</strong> Verhaltensprobleme des<br />
Kindes <strong>von</strong> den Eltern erfragt <strong>und</strong> nach definierten Kriterien<br />
beurteilt. Die Auswahl der Symptome <strong>und</strong> die Kriterien<br />
zu ihrer Diagnose orientierten sich an den Forschungskriterien<br />
der ICD-10 zur Einschätzung psychischer<br />
Störungen im Kindesalter. Dazu wurde die ursprüngliche<br />
Version um einige Symptome erweitert <strong>und</strong> in einigen<br />
Punkten modifiziert. Das MEI ist ein in der Diagnostik erprobtes<br />
Verfahren mit hoher Zuverlässigkeit. Für alle Symptome<br />
zusammen ergaben sich Kappawerte <strong>von</strong> .77 (Übereinstimmung<br />
zwischen zwei Ratern <strong>von</strong> 96%), für die<br />
Schweregradeinschätzung <strong>von</strong> .78 (91% Übereinstimmung)<br />
<strong>und</strong> für die diagnostische Beurteilung <strong>von</strong> .71 (79%<br />
Übereinstimmung). Weitere Informationsquellen waren<br />
Selbstauskünfte des Kindes, die mit Hilfe eines halbstrukturierten<br />
Kinderinterviews (Mannheimer Elterninterview-<br />
Kinderversion MEI-K) erhoben wurden, sowie Verhaltensbeobachtungen<br />
in verschiedenen Untersuchungssituationen<br />
(Klinik, Zuhause), mit denen die direkt beobachtbare<br />
Symptomatik durch Experten eingeschätzt wurde. Dazu<br />
wurde eine entsprechend reduzierte Version der psychopathologischen<br />
Bef<strong>und</strong>-Dokumentation für Kinder <strong>und</strong> Jugendliche<br />
(PSYPA, Döpfner et al., 1993) verwendet. Aus<br />
den so gewonnenen Informationen wurden verschiedene<br />
Maße der psychischen Auffälligkeit gebildet. In einem zusammenfassenden<br />
klinischen Expertenurteil, das sich auf<br />
alle erhobenen Informationsquellen stützte, wurde der Grad<br />
der psychischen Beeinträchtigung eines Kindes auf einer<br />
siebenstufigen Skala <strong>von</strong> völlig ges<strong>und</strong> bis schwerst auffällig<br />
eingeschätzt (für eine dichotome Betrachtung wurden<br />
die Stufen 1 bis 4 zur Kategorie «unauffällig» <strong>und</strong> die<br />
Stufen 5 bis 7 zur Kategorie «auffällig» zusammengefasst).<br />
Neben diesem kategorialen Maß wurden weitere kontinuierliche<br />
Maße durch Summenbildung über die erfassten<br />
Symptome abgeleitet. Dazu wurden die Informationen verschiedener<br />
Quellen nach bestimmten Regeln verknüpft. Auf<br />
diese Weise entstanden eine globale Symptomsumme (über<br />
alle Auffälligkeiten) <strong>und</strong> diagnosenspezifische Symptomsummen<br />
(über alle Auffälligkeiten, die für die Diagnosengruppen<br />
externalisierende Störungen (hyperkinetische <strong>und</strong><br />
Sozialverhaltensstörungen, ICD-10 Diagnosen F 90, 91 <strong>und</strong><br />
92) <strong>und</strong> internalisierende Störungen (<strong>emotionale</strong> <strong>und</strong> entwicklungsspezifische<br />
Störungen, ICD-10 Diagnosen F 93,<br />
94, 95 <strong>und</strong> 98) kennzeichnend sind. Nähere Angaben zum<br />
Instrumentarium der vorausgegangenen Erhebungen im<br />
Alter <strong>von</strong> 0;3, 2;0, 4;6 <strong>und</strong> 8;0 Jahren finden sich in verschiedenen<br />
Veröffentlichungen (u.a. Laucht et al., 1992;<br />
1997, 2000b).<br />
2.4 Auswertung<br />
Alle Messwerte eines Kindes (Testwerte <strong>und</strong> Symptomsummen)<br />
wurden anhand einer eigenen Eichstichprobe<br />
(unausgelesene Teilstichprobe <strong>von</strong> N = <strong>11</strong>0 Kindern, die<br />
für die Geburtskohorte der Studie hinsichtlich Bildung der<br />
Eltern <strong>und</strong> Ausmaß prä- <strong>und</strong> perinataler Komplikationen<br />
repräsentativ ist) normiert <strong>und</strong> in MQ-, IQ- bzw. Standardwerte<br />
(z-Werte) transformiert. Messwerte < 1 SD unter<br />
der Norm (MQ bzw. IQ < 85) bzw. < 2 SD unter der<br />
Norm wurden als leichte bzw. schwere <strong>Entwicklung</strong>sstörungen<br />
definiert.<br />
Unterschiede in der Häufigkeit <strong>von</strong> <strong>Entwicklung</strong>sstörungen<br />
zwischen den Gruppen mit unterschiedlicher Risikobelastung<br />
wurden mittels Chi 2 -Tests auf Signifikanz<br />
geprüft. Zur statistischen Prüfung der Unterschiede in den<br />
durchschnittlichen <strong>Entwicklung</strong>skennwerten der Risikogruppen<br />
wurden 4-faktorielle Varianzanalysen mit Messwiederholung<br />
gerechnet. Als Faktoren gingen das organische<br />
Risiko, das psycho<strong>sozial</strong>e Risiko, das Geschlecht<br />
sowie der Erhebungszeitpunkt (als Messwiederholungsfaktor)<br />
ein. Zur Bestimmung der relativen <strong>und</strong> spezifischen<br />
Anteile der Risikofaktoren an der Varianzaufklärung<br />
der <strong>Entwicklung</strong>skennwerte wurden multiple Regressionsanalysen<br />
mit den kumulierten Risikoindizes als Prädiktoren<br />
durchgeführt.<br />
3. Ergebnisse<br />
3.1 <strong>Entwicklung</strong> <strong>von</strong> Kindern mit<br />
organischer (prä- <strong>und</strong> perinataler)<br />
Risikobelastung<br />
3.1.1 <strong>Entwicklung</strong>sergebnis mit <strong>11</strong> Jahren<br />
Auch mehr als ein Jahrzehnt nach der Geburt bestehen die<br />
negativen Konsequenzen <strong>von</strong> Schwangerschafts- <strong>und</strong> Geburtskomplikationen<br />
unvermindert fort. Vor allem betroffen<br />
zeigen sich die motorische <strong>und</strong> <strong>kognitive</strong> <strong>Entwicklung</strong>.<br />
In Abbildung 1 sind die Raten entwicklungs- <strong>und</strong> verhaltensauffälliger<br />
<strong>11</strong>-Jähriger in den Gruppen mit unterschiedlicher<br />
Risikobelastung dargestellt. Was die motorische<br />
<strong>Entwicklung</strong> betrifft, ist eine signifikante Zunahme<br />
entwicklungsauffälliger Kinder (MQ < 85) mit steigender<br />
Belastung zu erkennen (OR = 4.56, p < .001, im Vergleich<br />
zwischen hoch belasteter <strong>und</strong> unbelasteter Gruppe). Die<br />
Auswirkungen organischer Risiken schlagen sich dabei<br />
vor allem in einer erhöhten Rate <strong>von</strong> Kindern mit ausgeprägten<br />
motorischen Defiziten (MQ < 70) als Folge<br />
schwerwiegender Komplikationen nieder. Ähnlich liegen<br />
die Verhältnisse im Bereich der <strong>kognitive</strong>n <strong>Entwicklung</strong>.<br />
Hier fällt die starke Zunahme kognitiv entwicklungsauf-<br />
Z. Kinder-Jugendpsychiatr. 30 (1), 2002, © Verlag Hans Huber, Bern
10 Laucht, M. et al.: Risikokinder<br />
Abbildung 1: <strong>Entwicklung</strong>sbeeinträchtigungen<br />
bei prä- <strong>und</strong><br />
perinatal belasteten Kindern im<br />
Alter <strong>von</strong> <strong>11</strong> Jahren.<br />
fälliger Kinder (IQ < 85) unter den hoch belasteten Kindern<br />
ins Auge (OR = 2.80, p < .004). Erneut sind es die<br />
ausgeprägten Defizite (IQ < 70), die einen markanten Anstieg<br />
in dieser Gruppe zu verzeichnen haben. Genauere<br />
Auswertungen der Auswirkungen organischer Risiken<br />
zeigen, dass schwere Komplikationen (wie z.B. ein sehr<br />
niedriges Geburtsgewicht) in stärkerem Maße mit Beeinträchtigungen<br />
nonverbaler Intelligenzleistungen einhergehen,<br />
während verbale Leistungen weniger stark betroffen<br />
sind (s. Steigleider et al., im Druck). Keine negativen<br />
Folgen lassen sich dagegen bei dieser Betrachtung für die<br />
<strong>sozial</strong>-<strong>emotionale</strong><strong>Entwicklung</strong> (Verhaltensprobleme) <strong>von</strong><br />
<strong>11</strong>-jährigen Risikokindern nachweisen (OR = 1.01, ns).<br />
Genauere Informationen über den prognostischen Wert<br />
einzelner organischer Risikofaktoren sind Tabelle 1 zu<br />
entnehmen (dargestellt sind odds ratios). Die engsten Beziehungen<br />
zu späteren <strong>Entwicklung</strong>sstörungen weisen danach<br />
die beiden Risikofaktoren «Perinatale Krampfanfälle»<br />
<strong>und</strong> «sehr niedriges Geburtsgewicht» auf.<br />
Die reduzierten <strong>Entwicklung</strong>schancen <strong>von</strong> Risikokindern<br />
lassen sich bei den <strong>11</strong>-Jährigen auch an ihrem schulischen<br />
Leistungsniveau (hier: Besuch weiterführender<br />
Schulen) ablesen (s. Abb. 2). Erwartungsgemäß besuchen<br />
Kinder mit schweren organischen Belastungen signifikant<br />
häufiger eine Förderschule (<strong>11</strong>,4% vs. 3,5%, p < .05). Die<br />
nachteiligen Folgen prä- <strong>und</strong> perinataler Komplikationen<br />
zeigen sich aber auch in einem deutlich geringeren Anteil<br />
an Gymnasialschülern, wobei Kinder mit schweren<br />
(29,8% vs. 62,6%, p < .001) <strong>und</strong> leichten Komplikationen<br />
Tabelle 1: Vorhersage <strong>von</strong> <strong>Entwicklung</strong>sstörungen mit <strong>11</strong> Jahren<br />
durch prä- <strong>und</strong> perinatale Risikofaktoren<br />
Relatives 95%-Konfidenz-<br />
<strong>Entwicklung</strong>sbereich Risiko (OR) intervall<br />
Motorik<br />
Krampfanfälle 7.52*** 2.60–21.80<br />
Geburtsgewicht ≤ 1500 g 5.30*** 2.60–10.80<br />
Respiratortherapie 3.22*** 1.66–6.24<br />
Frühgeburt/Drohende 2.72** 1.41–5.24<br />
Frühgeburt<br />
Kognition<br />
Krampfanfälle 6.78*** 2.35–19.59<br />
Geburtsgewicht ≤ 1500 g 5.31*** 2.63–10.72<br />
Respiratortherapie 3.15*** 1.65–6.02<br />
Sozialverhalten<br />
keine<br />
*** p < .001, ** p < .01<br />
(36,6% vs. 62,6%, p < .001) nahezu gleichermaßen betroffen<br />
sind. Ganz offensichtlich schlagen sich auch schon<br />
geringere Ausprägungsgrade perinataler Risiken in merklichen<br />
Beeinträchtigungen schulischer Bildungschancen<br />
nieder (s.a. Weindrich et al., eingereicht).<br />
3.1.2 <strong>Entwicklung</strong>sverlauf <strong>von</strong> drei Monaten bis <strong>11</strong><br />
Jahren<br />
Abbildung 3 zeigt den Verlauf der <strong>kognitive</strong>n <strong>und</strong> <strong>sozial</strong><strong>emotionale</strong>n<br />
<strong>Entwicklung</strong> in den Gruppen mit unterschiedlichen<br />
organischen Belastungen über die gesamte<br />
Z. Kinder-Jugendpsychiatr. 30 (1), 2002, © Verlag Hans Huber, Bern
Laucht, M. et al.: Risikokinder <strong>11</strong><br />
Abbildung 2: Schulisches Leistungsniveau<br />
<strong>von</strong> Kindern mit<br />
prä- <strong>und</strong> perinataler Risikobelastung<br />
im Alter <strong>von</strong> <strong>11</strong> Jahren.<br />
Abbildung 3: Verlauf der <strong>kognitive</strong>n<br />
<strong>und</strong> <strong>sozial</strong>-<strong>emotionale</strong>n<br />
<strong>Entwicklung</strong> prä- <strong>und</strong> perinatal<br />
belasteter Kinder.<br />
Beobachtungsperiode vom frühen Säuglingsalter bis zur<br />
späten Kindheit. Daraus ist zu ersehen: 1) wie sich die<br />
durchschnittlichen <strong>Entwicklung</strong>skennwerte der Risikogruppen<br />
relativ zu denjenigen der unbelasteten Vergleichsgruppen<br />
mit der Zeit verändern; 2) ob sich die Auswirkungen<br />
früher Risiken langfristig verstärken oder abschwächen;<br />
<strong>und</strong> 3) ob solche Veränderungen im Zusammenhang<br />
mit bestimmten <strong>Entwicklung</strong>sphasen des Kindes auftreten.<br />
Was <strong>kognitive</strong> Leistungen betrifft, erreichen organisch<br />
hoch belastete Kinder zu allen Erhebungszeitpunkten ein<br />
signifikant niedrigeres Niveau als die Kinder der unbelasteten<br />
<strong>und</strong> der leicht belasteten Gruppen. Dieses <strong>Entwicklung</strong>sdefizit<br />
manifestiert sich bereits im frühen<br />
Säugglingsalter (vgl. Esser et al., 1990) <strong>und</strong> nivelliert sich<br />
geringfügig im Verlauf der <strong>Entwicklung</strong> bis zum Vorschulalter.<br />
Mit acht Jahren nimmt der Abstand zur Vergleichsgruppe<br />
drastisch zu <strong>und</strong> behält dieses Ausmaß bis zum<br />
Alter <strong>von</strong> <strong>11</strong> Jahren bei (signifikante Interaktion, p < .006).<br />
Keinen langfristigen Einfluss haben dagegen prä- <strong>und</strong><br />
perinatale Komplikationen auf die <strong>sozial</strong>-<strong>emotionale</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
<strong>von</strong> Risikokindern. Zwar ist die Zahl psychischer<br />
Auffälligkeiten in beiden Risikogruppen leicht erhöht,<br />
doch die bis zum Kleinkindalter vorhandenen signifikanten<br />
Unterschiede zur unbelasteten Gruppe (vgl.<br />
Laucht et al., 1992) gleichen sich im Schulalter aus.<br />
Z. Kinder-Jugendpsychiatr. 30 (1), 2002, © Verlag Hans Huber, Bern
12 Laucht, M. et al.: Risikokinder<br />
3.2 <strong>Entwicklung</strong> <strong>von</strong> Kindern mit psycho<strong>sozial</strong>en<br />
(familiären) Risikobelastungen<br />
3.2.1 <strong>Entwicklung</strong>sergebnis mit <strong>11</strong> Jahren<br />
Die entwicklungshemmenden Einflüsse widriger familiärer<br />
Lebensumstände konzentrieren sich auf den Bereich<br />
der <strong>kognitive</strong>n <strong>und</strong> <strong>sozial</strong>-<strong>emotionale</strong>n <strong>Entwicklung</strong>. Abbildung<br />
4 zeigt, wie sich das Ausmaß psycho<strong>sozial</strong>er Belastungen<br />
auf die Raten entwicklungsauffälliger Kinder in<br />
den verschiedenen Funktionsbereichen auswirkt. Der Anteil<br />
kognitiv entwicklungsverzögerter <strong>11</strong>-Jähriger steigt in<br />
der psycho<strong>sozial</strong> hoch belasteten Gruppe auf 22,1% an<br />
<strong>und</strong> liegt damit signifikant höher als in der unbelasteten<br />
Gruppe (OR = 2.69, p < .008). Mit 36,1% ebenfalls signifikant<br />
erhöht ist die Rate psychisch Auffälliger unter den<br />
<strong>11</strong>-Jährigen mit schwerer psycho<strong>sozial</strong>er Risikobelastung<br />
(OR = 4.37, p < .001). In beiden Funktionsbereichen manifestieren<br />
sich die <strong>Entwicklung</strong>sfolgen hoher Belastungen<br />
auch in einer deutlichen Zunahme schwerer Beeinträchtigungen<br />
(IQ < 70 bzw. ausgeprägte psychische Auffälligkeiten<br />
im Schweregrad > 5). Keine Hinweise für einen Zusammenhang<br />
finden sich dagegegen bezüglich der motorischen<br />
<strong>Entwicklung</strong> (OR = 1.12, ns).<br />
Ähnlich wie organische Risiken schlagen sich psycho<strong>sozial</strong>e<br />
Belastungen auch in einer Beeinträchtigung der<br />
schulischen Leistungsfähigkeit nieder (s. Abb. 5). Die<br />
besuchte weiterführende Schulform zeigt eine deutliche<br />
Kovariation mit der familiären Belastung: Kinder aus<br />
hochbelasteten Familienverhältnissen sind im Vergleich<br />
zu unbelasteten Kindern an Förderschulen (12,3% vs.<br />
0,9%, p < .001) <strong>und</strong> Hauptschulen klar über- (28,7% vs.<br />
7,8%, p < .001) <strong>und</strong> entsprechend an Realschulen <strong>und</strong><br />
Gymnasien unterrepräsentiert. Kinder aus leicht belasteten<br />
Familien liegen mit ihrer Verteilung auf die Schultypen<br />
zwischen diesen beiden Gruppen.<br />
3.2.2 <strong>Entwicklung</strong>sverlauf <strong>von</strong> 3 Monaten bis <strong>11</strong><br />
Jahren<br />
Der Verlauf der <strong>kognitive</strong>n <strong>Entwicklung</strong> in den Gruppen<br />
mit unterschiedlicher psycho<strong>sozial</strong>er Risikobelastung<br />
zeigt bereits im Alter <strong>von</strong> drei Monaten deutliche <strong>Entwicklung</strong>sdefizite<br />
der hoch belasteten Kinder (s. Abb. 6<br />
links). Im Kleinkindalter vergrößert sich der <strong>Entwicklung</strong>svorsprung<br />
der unbelasteten Gruppe erheblich (signifikante<br />
Interaktion, p < .018) <strong>und</strong> bleibt in diesem Ausmaß<br />
bis zum Alter <strong>von</strong> <strong>11</strong> Jahren bestehen. Damit gerät<br />
auch die Gruppe der leicht belasteten Kinder gegenüber<br />
den Kontrollkindern ins Hintertreffen. Einen ähnlichen<br />
Verlauf nimmt auch die <strong>sozial</strong>-<strong>emotionale</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
psycho<strong>sozial</strong> belasteter Kinder (s. Abb. 6 rechts). Auch<br />
hier findet sich zu allen Erhebungszeitpunkten eine klare<br />
Trennung zwischen den Gruppen, wobei stärker belastete<br />
Kinder mehr Auffälligkeiten aufweisen. Diese Tendenz<br />
verstärkt sich bis zum Alter <strong>von</strong> acht Jahren <strong>und</strong> nivelliert<br />
sich bei den <strong>11</strong>-Jährigen nur geringfügig.<br />
Abbildung 4: <strong>Entwicklung</strong>sbeeinträchtigungen<br />
bei familiär<br />
belasteten Kindern im Alter <strong>von</strong><br />
<strong>11</strong> Jahren.<br />
Z. Kinder-Jugendpsychiatr. 30 (1), 2002, © Verlag Hans Huber, Bern
Laucht, M. et al.: Risikokinder 13<br />
Abbildung 5: Schulisches Leistungsniveau<br />
<strong>von</strong> Kindern mit<br />
familiärer Risikobelastung im<br />
Alter <strong>von</strong> <strong>11</strong> Jahren.<br />
Abbildung 6: Verlauf der <strong>kognitive</strong>n<br />
<strong>und</strong> <strong>sozial</strong>-<strong>emotionale</strong>n<br />
<strong>Entwicklung</strong> familiär belasteter<br />
Kinder.<br />
3.3 <strong>Entwicklung</strong> <strong>von</strong> Kindern mit multipler<br />
Belastung<br />
3.3.1 <strong>Entwicklung</strong>sergebnis mit <strong>11</strong> Jahren<br />
Ähnlich wie zu früheren Erhebungszeitpunkten haben<br />
Kinder mit multipler (organischer <strong>und</strong> psycho<strong>sozial</strong>er) Risikobelastung<br />
die ungünstigste <strong>Entwicklung</strong>sprognose.<br />
Dabei entspricht der kumulative Effekt beider Risiken in<br />
der Mehrzahl der Fälle der Addition der Einzeleffekte; d.h.<br />
bei zwei-faktorieller Auswertung werden signifikante<br />
Haupteffekte der Risikofaktoren, jedoch keine Interaktion<br />
ermittelt. Bei einer genaueren Betrachtung ergeben sich<br />
jedoch in Einzelfällen Hinweise auf eine wechselseitige<br />
Verstärkung beider Risiken, die eine Gruppe mit besonders<br />
hoher <strong>Entwicklung</strong>sgefährdung entstehen lässt.<br />
Ein Beispiel dafür zeigt Abbildung 7, in der die Verteilung<br />
der Kinder mit schweren <strong>Entwicklung</strong>sbeeinträchtigungen<br />
(IQ oder MQ < 70 oder neurologische Erkrankung)<br />
über die neun Gruppen unseres Designs dargestellt ist. Die<br />
bei weitem höchste Rate solcher Kinder findet sich in der<br />
mit beiden Risiken hoch belasteten Gruppe: <strong>11</strong> der 23 Kinder<br />
mit einer schweren <strong>Entwicklung</strong>sstörung gehören dieser<br />
Gruppe an, während sich die restlichen 12 Kinder auf<br />
acht Gruppen verteilen. Damit weist mehr als jedes vierte<br />
Kind dieser Gruppe (26,2%) eine schwere Beeinträchtigung<br />
auf verglichen mit 0 bis 8,3% in den übrigen Gruppen.<br />
Z. Kinder-Jugendpsychiatr. 30 (1), 2002, © Verlag Hans Huber, Bern
14 Laucht, M. et al.: Risikokinder<br />
Abbildung 7: Schwere <strong>Entwicklung</strong>sbeeinträchtigungen<br />
bei <strong>11</strong>-<br />
Jährigen mit multipler<br />
Risikobelastung.<br />
Abbildung 8: Verlauf der<br />
<strong>kognitive</strong>n <strong>und</strong> <strong>sozial</strong>-<strong>emotionale</strong>n<br />
<strong>Entwicklung</strong> mehrfach<br />
belasteter Kinder.<br />
3.3.2 <strong>Entwicklung</strong>sverlauf <strong>von</strong> 3 Monaten bis <strong>11</strong><br />
Jahren<br />
Abbildung 8 zeigt die <strong>Entwicklung</strong> multipel belasteter<br />
Kinder vom frühen Säuglingsalter bis zur späten Kindheit<br />
in einer Gegenüberstellung <strong>von</strong> vier Extremgruppen unseres<br />
Designs. Verglichen werden Kinder a) ohne jegliche<br />
Risikobelastung, b) mit allein hoher psycho<strong>sozial</strong>er Belastung,<br />
c) mit allein hoher organischer Belastung <strong>und</strong> d)<br />
mit hoher Belastung durch beide (multiple) Risiken. Es<br />
wird erkennbar, dass mehrfach belastete Kinder die bei<br />
weitem ungünstigste <strong>Entwicklung</strong> zu verzeichnen haben.<br />
Sie weisen zu allen Erhebungszeitpunkten den größten<br />
<strong>kognitive</strong>n <strong>Entwicklung</strong>srückstand auf, wobei der Abstand<br />
zur unbelasteten Gruppe im Verlauf der <strong>Entwicklung</strong><br />
zunimmt (Abb. 8 links). Dabei entspricht der gemeinsame<br />
Effekt beider Risiken im Wesentlichen der Addition<br />
der Einzeleffekte. Eine (im Kleinkind- <strong>und</strong> Vorschulalter)<br />
zeitweilig vorhandene Periode günstiger <strong>Entwicklung</strong><br />
organisch hoch belasteter Kinder, die in einem<br />
unbelasteten psycho<strong>sozial</strong>en Milieu aufwachsen, ließ uns<br />
(voreilig) auf eine mögliche Kompensation der <strong>Entwicklung</strong>sfolgen<br />
schwerer organischer Risiken schließen. Mit<br />
dem Übergang ins Schulalter vergrößert sich jedoch deren<br />
<strong>Entwicklung</strong>srückstand erneut.<br />
Auch die <strong>sozial</strong>-<strong>emotionale</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>von</strong> Kindern<br />
mit Mehrfachbelastungen ist deutlich beeinträchtigt. Die<br />
Z. Kinder-Jugendpsychiatr. 30 (1), 2002, © Verlag Hans Huber, Bern
Laucht, M. et al.: Risikokinder 15<br />
bereits im frühen Säuglingsalter nachweisbar erhöhte Zahl<br />
psychischer Probleme bleibt bis ins Schulalter erhalten.<br />
Eine zweite Gruppe mit ungünstigem Verlauf (Zunahme<br />
<strong>von</strong> Problemen im Vorschul- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schulalter) markieren<br />
Kinder mit hoher psycho<strong>sozial</strong>er Risikobelastung;<br />
ihre spätere <strong>Entwicklung</strong> gleicht sich derjenigen der multipel<br />
belasteten Gruppe zunehmend an. Dagegen beeindrucken<br />
organisch hoch belastete Kinder durch eine positive<br />
<strong>Entwicklung</strong>: Sie unterscheiden sich in der Zahl psychischer<br />
Auffälligkeiten während des gesamten Beobachtungszeitraums<br />
nicht bedeutsam <strong>von</strong> den unbelasteten<br />
Kindern <strong>und</strong> weisen als <strong>11</strong>-Jährige sogar die absolut geringste<br />
Symptomzahl auf. Wie genauere Analysen zeigen,<br />
gilt dies im besonderen Maß für Risikokinder aus günstigen<br />
familiären Verhältnissen.<br />
3.4 Vorhersage des <strong>Entwicklung</strong>sresultats<br />
mit <strong>11</strong> Jahren<br />
Abbildung 9 zeigt die in multiplen Regressionsanalysen<br />
ermittelten Varianzanteile am <strong>Entwicklung</strong>sergebnis mit<br />
<strong>11</strong> Jahren, die durch die beiden Prädiktoren «Summe organischer<br />
Risiken» <strong>und</strong> «Summe psycho<strong>sozial</strong>er Risiken»<br />
in den Bereichen motorische, <strong>kognitive</strong> <strong>und</strong> <strong>sozial</strong>-<strong>emotionale</strong><br />
<strong>Entwicklung</strong> aufgeklärt werden. Was motorische<br />
Funktionen betrifft, ergibt sich ein deutliches Übergewicht<br />
organischer Risiken, psycho<strong>sozial</strong>en Einflüssen kommt<br />
nur eine geringe Bedeutung zu. Auch die Prognose der<br />
<strong>kognitive</strong>n <strong>Entwicklung</strong> der <strong>11</strong>-Jährigen wird hauptsächlich<br />
durch prä- <strong>und</strong> perinatale Risiken bestimmt, etwa ein<br />
Drittel der erklärten Varianz geht auf das Konto früher familiärer<br />
Belastungen. Diese dominieren hingegen eindeutig<br />
die Vorhersage im Bereich der <strong>sozial</strong>-<strong>emotionale</strong>n<br />
<strong>Entwicklung</strong>; hier erweisen sich organische Risiken als<br />
völlig bedeutungslos.<br />
4. Diskussion<br />
Die hier berichteten Ergebnisse der Mannheimer Risikokinderstudie<br />
zum <strong>Entwicklung</strong>sniveau <strong>11</strong>-jähriger Kinder,<br />
die unterschiedlichen frühkindlichen Belastungen<br />
ausgesetzt waren, bestätigen die in mehreren Veröffentlichungen<br />
dargelegten Bef<strong>und</strong>e vorausgegangener Nachuntersuchungen<br />
<strong>und</strong> schreiben deren Trend in wesentlichen<br />
Punkten fort (Laucht et al., 1992, 1996, 2000a).<br />
Auch mehr als ein Jahrzehnt nach der Geburt sind die nachteiligen<br />
Folgen früher organischer Risiken (Schwangerschafts-<br />
<strong>und</strong> Geburtskomplikationen <strong>und</strong> früher psycho<strong>sozial</strong>er<br />
Risiken (widrige familiäre Lebensverhältnisse) in<br />
Gestalt unterschiedlicher <strong>Entwicklung</strong>sdefizite nachweisbar.<br />
Im Einklang mit einer zunehmend umfangreicher werdenden<br />
Literatur zur langfristigen <strong>Entwicklung</strong> <strong>von</strong> Risikokindern<br />
zeigen unsere Ergebnisse, dass die entwicklungshemmenden<br />
Effekte früher Belastungen nicht nur als<br />
vorübergehende Verzögerungen oder Störungen der <strong>Entwicklung</strong><br />
verstanden werden können, sondern in vielen<br />
Abbildung 9: Vorhersage des<br />
<strong>Entwicklung</strong>sresultats mit<br />
<strong>11</strong> Jahren durch frühe organische<br />
<strong>und</strong> psycho<strong>sozial</strong>e Risikofaktoren.<br />
Z. Kinder-Jugendpsychiatr. 30 (1), 2002, © Verlag Hans Huber, Bern
16 Laucht, M. et al.: Risikokinder<br />
Fällen in eine dauerhafte Beeinträchtigung individueller<br />
<strong>Entwicklung</strong>schancen einmünden (Breslau & Chilcoat,<br />
2000; Gross et al., 2001; Saigal et al., 2000; Sameroff &<br />
Seifer, 1990; Wolke & Meyer, 1999). Schienen die Bef<strong>und</strong>e<br />
älterer Untersuchungen noch zu belegen, dass frühe<br />
<strong>Entwicklung</strong>srückstände <strong>von</strong> Risikokindern im Verlauf<br />
der <strong>Entwicklung</strong> weitgehend kompensiert werden können,<br />
so mehren sich inzwischen die Hinweise für ein Persistieren<br />
der Folgen früher Belastungen bis in die Adoleszenz<br />
<strong>und</strong> das frühe Erwachsenenalter (Botting et al.,<br />
1998). Dies gilt – über schwere <strong>Entwicklung</strong>sstörungen<br />
(wie z.B. Zerebralparese) hinaus – offensichtlich auch für<br />
leichtere <strong>und</strong> mittlere Ausprägungen <strong>von</strong> <strong>Entwicklung</strong>sproblemen<br />
(wie z.B. Lernschwierigkeiten), die eine deutliche<br />
Tendenz zur Chronifizierung aufweisen <strong>und</strong> sich in<br />
ihrer Summe vermehrt in einer ungünstigen schulischen<br />
Prognose niederschlagen (Meyer-Probst & Reis, 1999).<br />
Da<strong>von</strong> betroffen ist etwa ein Viertel bis ein Drittel der mit<br />
Risiken hoch belasteten Kinder.<br />
Sowohl organische als auch psycho<strong>sozial</strong>e Risiken<br />
tragen zu einer ungünstigen <strong>Entwicklung</strong>sprognose <strong>von</strong><br />
Risikokindern bei. Bei einer vergleichenden Betrachtung<br />
zeigt sich, dass die negativen Konsequenzen beider Arten<br />
früher Belastungen nach <strong>11</strong> Jahren annähernd gleich<br />
schwerwiegend, aber auch spezifisch sind: Während prä<strong>und</strong><br />
perinatale Komplikationen vor allem motorische <strong>und</strong><br />
<strong>kognitive</strong> Funktionen beeinträchtigen, konzentrieren sich<br />
die Auswirkungen benachteiligter familiärer Lebensverhältnisse<br />
auf die <strong>kognitive</strong> <strong>und</strong> <strong>sozial</strong>-<strong>emotionale</strong> <strong>Entwicklung</strong>.<br />
Dabei verschieben sich die relativen Gewichte<br />
früher Risiken im Verlauf der <strong>Entwicklung</strong>. Während organische<br />
Faktoren in der frühen Kindheit dominieren, gewinnen<br />
psycho<strong>sozial</strong>e Faktoren mit zunehmendem Alter<br />
an Bedeutung (Laucht et al., 2000a). Mit Beginn des<br />
Schulalters verstärkt sich erneut der Einfluss organischer<br />
Risiken auf die <strong>kognitive</strong> <strong>Entwicklung</strong>, so dass Spätschäden<br />
<strong>von</strong> Schwangerschafts- <strong>und</strong> Geburtskomplikationen<br />
in Defiziten <strong>kognitive</strong>r Funktionen erkennbar werden.<br />
Diese manifestieren sich – wie aus genaueren Analysen<br />
hervorgeht (Steigleider et al., in Druck) – vor allem im<br />
Bereich nonverbaler Leistungen.<br />
Auch in der späten Kindheit ergibt sich eine Kumulation<br />
der Effekte organischer <strong>und</strong> psycho<strong>sozial</strong>er Risiken,<br />
so dass mit beiden Risiken hoch belastete Kinder die<br />
ungünstigste <strong>Entwicklung</strong> aufweisen. Dabei entspricht<br />
der gemeinsame Einfluss zumeist der Addition der Einzeleffekte.<br />
Lediglich in Einzelbereichen lässt sich eine wechselseitige<br />
Verstärkung der Risikoeffekte (im Sinne einer<br />
Super-Additivität) nachweisen. Dies gilt beispielsweise<br />
für das Auftreten schwerer <strong>Entwicklung</strong>sstörungen, die<br />
gehäuft in mehrfach belasteten Familien vorkommen. Mit<br />
diesem Ergebnis steht die hier dargestellte Untersuchung<br />
im Einklang mit der Literatur, die – bei aller Heterogenität<br />
der vorliegenden Bef<strong>und</strong>e – mehrheitlich über fehlende<br />
Interaktionen zwischen Risikofaktoren berichtet (Breslau<br />
& Chilcoat, 2000). Ganz offensichtlich sind Wechselwirkungen<br />
zwischen Risiken <strong>von</strong> spezifischen Rahmenbedingungen<br />
abhängig, die bislang nur unzureichend aufgeklärt<br />
sind.<br />
Die reduzierten <strong>Entwicklung</strong>schancen <strong>von</strong> Risikokindern<br />
spiegeln sich bei den <strong>11</strong>-Jährigen auch in ihrem schulischen<br />
Leistungsniveau wieder. Von Einbußen betroffen<br />
sind nicht nur Kinder mit schweren Belastungen (die erwartungsgemäß<br />
häufiger eine Förderschule <strong>und</strong> seltener<br />
ein Gymnasium besuchen). Die nachteiligen Folgen leichter<br />
Belastungen zeigen sich in einem deutlich geringeren<br />
Anteil an Gymnasialschülern. Ganz offensichtlich schlagen<br />
sich auch schon geringere Ausprägungsgrade frühkindlicher<br />
Risiken in merklichen Beeinträchtigungen<br />
schulischer Leistungen nieder (s.a. Weindrich et al. eingereicht.<br />
Die ungünstige schulische <strong>Entwicklung</strong> korrespondiert<br />
mit den Bef<strong>und</strong>en zum Verlauf der <strong>kognitive</strong>n <strong>Entwicklung</strong><br />
<strong>von</strong> Risikokindern, deren <strong>Entwicklung</strong>srückstand<br />
sich mit dem Übergang in das Gr<strong>und</strong>schulalter drastisch<br />
vergrößert. Dieses Ergebnis lässt sich im Zusammenhang<br />
mit entwicklungspsychopathologischen Überlegungen<br />
interpretieren, die dem Schulalter mit seinen neuen Herausforderungen<br />
an die <strong>kognitive</strong> Leistungsfähigkeit des<br />
Kindes eine besondere Bedeutung für die Spätmanifestation<br />
<strong>von</strong> <strong>Entwicklung</strong>sdefiziten als Folge früher Belastungen<br />
einräumen (Likeman & Merlvin, 1993). Dass die<br />
Vergrößerung des <strong>Entwicklung</strong>srückstands mit acht Jahren<br />
keine vorübergehende Anpassungsstörung darstellt,<br />
zeigt der weitere Verlauf bis zum Alter <strong>von</strong> <strong>11</strong> Jahren. Vieles<br />
spricht also dafür, dass sich hier persistierende Beeinträchtigungen<br />
ankündigen, die mit der ungünstigen schulichen<br />
<strong>Entwicklung</strong> (vor allem obstetrisch) belasteter<br />
Kinder im Zusammenhang zu sehen sind.<br />
Abweichend vom aktuellen Stand der Forschung lässt<br />
sich in der vorliegenden Arbeit keine signifikant erhöhte<br />
Rate psychischer Auffälligkeiten unter den organisch belasteten<br />
Kindern nachweisen (vgl. Botting et al., 1997).<br />
Dies ist hauptsächlich durch die hier gewählte globale Betrachtungsweise<br />
begründet. Bei einer differenzierteren<br />
Analyse auf dem Niveau einzelner Symptome oder einzelner<br />
Skalen psychischer Auffälligkeiten bestätigt sich<br />
das aus der Literatur bekannte Muster vermehrter Aufmerksamkeitsstörungen<br />
<strong>und</strong> <strong>sozial</strong>er Probleme bei Kindern<br />
mit niedrigem Geburtsgewicht (Laucht et al., 2000c).<br />
In Übereinstimmung mit vielen anderen Risikokinderstudien<br />
zeigen unsere Ergebnisse aber auch, dass kindliche<br />
Reaktionen auf frühe Belastungen eine große interindividuelle<br />
Variabilität besitzen. Viele Risikokinder entwickelten<br />
sich trotz massiver Belastungen günstig, während<br />
andere unter den gleichen Bedingungen eine negative Ent-<br />
Z. Kinder-Jugendpsychiatr. 30 (1), 2002, © Verlag Hans Huber, Bern
Laucht, M. et al.: Risikokinder 17<br />
wicklung aufwiesen. Neben frühen Belastungen hängt die<br />
Prognose <strong>von</strong> Risikokindern offensichtlich <strong>von</strong> einer<br />
Reihe weiterer Faktoren ab, die an der Vermittlung <strong>von</strong><br />
Risikoeffekten maßgeblich beteiligt sind <strong>und</strong> damit entscheidenden<br />
Einfluss darauf nehmen, wie sich der <strong>Entwicklung</strong>sweg<br />
eines Risikokindes gestaltet. Unter den<br />
Prädiktoren für die differenzielle <strong>Entwicklung</strong> <strong>von</strong> Risikokindern<br />
kommt nach unseren Ergebnissen der frühen<br />
Mutter-Kind-Beziehung eine wesentliche Rolle zu: die<br />
Qualität des Zusammenspiels <strong>von</strong> mütterlichem <strong>und</strong> kindlichem<br />
Verhalten in der frühen Interaktion trägt entscheidend<br />
dazu bei, die Auswirkungen <strong>von</strong> Risikofaktoren zu<br />
vermitteln, zu modifizieren <strong>und</strong> zu moderieren. So ließ<br />
sich am Beispiel der sehr kleinen Frühgeborenen (Laucht<br />
et al., 2001) <strong>und</strong> der Kinder postpartal depressiver Mütter<br />
(Laucht et al., in Druck) zeigen, dass eine Reihe <strong>von</strong><br />
Merkmalen der frühen Interaktion mit einer günstigen<br />
<strong>Entwicklung</strong> dieser Kinder im Schulalter einhergehen.<br />
Dazu zählten insbesondere Merkmale, die wie eine hohe<br />
mütterliche Responsivität <strong>und</strong> Sensitivität oder ein intensiver<br />
Blickkontakt des Kindes im Zusammenhang mit<br />
einer positiven Bindungsentwicklung stehen.<br />
Aus den hier vorgelegten Ergebnissen zur langfristigen<br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>von</strong> Risikokindern lassen sich Perspektiven<br />
für die Praxis vorbeugender <strong>und</strong> frühzeitiger Interventionen<br />
ableiten. Die Ziele einer effektiven Prävention <strong>von</strong><br />
<strong>Entwicklung</strong>sstörungen richten sich sowohl darauf, <strong>Entwicklung</strong>srisiken<br />
auszuschalten oder in ihren Wirkungen<br />
abzumildern (durch Maßnahmen im Vorfeld oder in einem<br />
frühen Stadium), als auch darauf, die ges<strong>und</strong>en Seiten<br />
<strong>von</strong> Eltern <strong>und</strong> Kindern zu stützen <strong>und</strong> Lebenskompetenzen<br />
zu fördern, die gefährdete Kinder <strong>und</strong> Familien<br />
dazu befähigen, belastende Erfahrungen zu überwinden.<br />
Eine wichtige Zielgruppe für präventive Maßnahmen<br />
sind Kinder aus psycho<strong>sozial</strong> benachteiligten Familien,<br />
unter denen – wegen der in diesen Familien vorherrschenden<br />
Lebensumstände – eine Häufung <strong>von</strong> <strong>Entwicklung</strong>sproblemen<br />
<strong>und</strong> -gefährdungen vorzufinden ist. Gezielte<br />
Hilfen für diesen Adressatenkreis müssen im besonderen<br />
Maß auf die spezifischen Probleme <strong>und</strong><br />
Ressourcen dieser Gruppe zugeschnitten sein, wenn sie<br />
<strong>von</strong> diesen zumeist «schwer erreichbaren» Familien angenommen<br />
werden sollen, z.B. durch regelmäßige Betreuung<br />
im häuslichen Milieu. Da sich ungünstige <strong>Entwicklung</strong>en<br />
in vielen Fällen bereits frühzeitig in Störungen<br />
der Eltern-Kind-Beziehung ankündigen können <strong>und</strong><br />
Interventionen in der frühen Kindheit noch vergleichsweise<br />
«niederschwellig» <strong>und</strong> wenig «invasiv» sind, bietet<br />
sich vor allem das Säuglings- <strong>und</strong> Kleinkindalter als<br />
Interventionszeitpunkt an.<br />
Geeignete Maßnahmen können zum einen problemorientiert,<br />
d.h. auf bestimmte Schwierigkeiten <strong>und</strong> Gefährdungen<br />
gezielt ausgerichtet sein (wie z.B. auf Familien<br />
mit einer postpartal depressiven Mutter). Zum anderen<br />
sind aber auch unspezifische, allgemein-kompetenzfördernde<br />
Ansätze erfolgversprechend, die Eltern aus Risikogruppen<br />
dabei unterstützen, Probleme im Umgang mit<br />
Säuglingen <strong>und</strong> Kleinkindern angemessen zu bewältigen,<br />
oder Alltagsbelastungen zu meistern, die in einem psycho<strong>sozial</strong><br />
benachteiligten Milieu ohnehin vermehrt <strong>und</strong> meist<br />
unausweichlich auftreten.<br />
Eine zweite Zielgruppe für verstärkte Präventionsmaßnahmen<br />
sind Kinder mit Schwangerschafts- <strong>und</strong> Geburtskomplikationen,<br />
darunter insbesondere Kinder mit<br />
einem niedrigen Geburtsgewicht. Die sich häufig erst im<br />
späteren Verlauf, im Bereich schulischer Leistungen manifestierenden<br />
Defizite verweisen auf Mängel der Nachsorge.<br />
Deren Schwerpunkt lag in der Vergangenheit allzu<br />
sehr auf der Vorbeugung somatischer, neurologischer <strong>und</strong><br />
motorischer Beeinträchtigungen. Die langfristigen <strong>und</strong> für<br />
die Lebensqualität der Mehrzahl frühgeborener Kinder<br />
entscheidenden Probleme bestehen jedoch offensichtlich<br />
in Lern- <strong>und</strong> Verhaltensschwierigkeiten. Eine verbesserte<br />
Nachbetreuung müsste folglich in stärkerem Maße Methoden<br />
psychologischer <strong>und</strong> heilpädagogischer Diagnostik<br />
<strong>und</strong> Förderung einbeziehen (vgl. Wolke & Meyer,<br />
1999). Der Kreis der Nachzubetreuenden sollte nach unseren<br />
Ergebnissen nicht zu eng gezogen werden <strong>und</strong> auch<br />
Kinder mit weniger schweren Komplikationen einschließen.<br />
Wegen der ständigen Verbesserung der neonatologischen<br />
Versorgung bleibt freilich offen, ob derartige<br />
Schlussfolgerungen auch für die Generation der heute mit<br />
prä- <strong>und</strong> perinatalen Komplikationen Geborenen gültig<br />
sind.<br />
Autorenhinweis<br />
Die Durchführung der Mannheimer Risikokinderstudie<br />
wurde <strong>von</strong> der Deutschen Forschungsgemeinschaft im<br />
Rahmen des Sonderforschungsbereichs 258 «Indikatoren<br />
<strong>und</strong> Risikomodelle für Entstehung <strong>und</strong> Verlauf psychischer<br />
Störungen» der Universität Heidelberg sowie im<br />
Rahmen der Einzelförderung finanziell unterstützt. Wir<br />
danken den teilnehmenden Familien für ihr großes Engagement<br />
<strong>und</strong> ihre langjährige Treue zu unserer Arbeit.<br />
Literatur<br />
Arbeitsgruppe Zehnter Kinder- <strong>und</strong> Jugendbericht: Bericht über<br />
die Lebenssituation <strong>von</strong> Kindern <strong>und</strong> die Leistungen der<br />
Kinderhilfen in Deutschland. Zehnter Kinder- <strong>und</strong> Jugendbericht.<br />
Deutscher B<strong>und</strong>estag, 1998.<br />
Bendersky, M.; Lewis, M.: Environmental risk, biological risk<br />
and developmental outcome. Developmental Psychology<br />
30, 484–494, 1994.<br />
Z. Kinder-Jugendpsychiatr. 30 (1), 2002, © Verlag Hans Huber, Bern
18 Laucht, M. et al.: Risikokinder<br />
Botting, N.; Powls, A.; Cooke, R.W. I.: Attention Deficit Hyperactivity<br />
Disorders and other psychiatric outcomes in very<br />
low birthweight children at 12 years. Journal of Child Psychology<br />
and Psychiatry 38, 931–941, 1997.<br />
Botting, N.; Powls, A., Cooke, R.W. I.; Marlow, N.: Cognitive<br />
and educational outcome of very-low-birthweight children<br />
in early adolescence. Developmental Medicine and Child<br />
Neurology 40, 652–660, 1998.<br />
Breslau, N.; Chilcoat, H. D.: Psychiatric sequelae of low birth<br />
weight at <strong>11</strong> years of age. Biological Psychiatry 47, 1005–<br />
10<strong>11</strong>, 2000.<br />
Cicchetti, D.; Cohen D. J.: Developmental psychopathology vol.<br />
1. Wiley, New York 1995.<br />
Döpfner, M.; Lehmkuhl, G.; Berner, W.; Flechtner, H.; Schwitzgebel,<br />
P.; <strong>von</strong> Aster, M.; Steinhausen, H. C.: Die psychopathologische<br />
Bef<strong>und</strong>dokumentation: Ein Verfahren zur<br />
Erfassung psychischer Störungen bei Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen.<br />
Zeitschrift für Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie 21,<br />
90–100, 1993.<br />
Esser, G.; Blanz, B.; Geiser, B.; Laucht, M.: Mannheimer Elterninterview.<br />
– Strukturiertes Interview zur Erfassung <strong>von</strong> kinderpsychiatrischen<br />
Auffälligkeiten. Beltz, Weinheim 1989.<br />
Esser, G.; Laucht, M.; Schmidt, M.; Löffler, W.; Reiser, A.; Stöhr,<br />
R.-M.; Weindrich, D.; Weinel, H.: Behaviour problems and<br />
developmental status of 3-month-old infants in relation to<br />
organic and psychosocial risks. European Archives of Psychiatry<br />
and Neurological Sciences 239, 384–390, 1990.<br />
Garmezy, N.: Stressors of childhood. In: Garmezy, N.; Rutter,<br />
M. (Eds.): Stress, coping and development in children,<br />
43–84. McGraw Hill, New York 1983.<br />
Gross, S. J.; Mettelman, B. B.; Dye, T. D.; Slagle, T. A.: Impact<br />
of family structure and stability on academic outcome in preterm<br />
children at 10 years of age. Journal of Pediatrics 138,<br />
169–175, 2001.<br />
Kiphardt, E. J.; Schilling, F.: Körperkoordinationstest für Kinder<br />
(KTK). Beltz, Weinheim 1974.<br />
Laucht, M.; Esser, G.; Schmidt, M. H.: Parental mental disorder<br />
and early child development. European Child and Adolescent<br />
Psychiatry 3, 125–147, 1994.<br />
Laucht, M.; Esser, G.; Schmidt, M. H.: Differential development<br />
of infants at risk for psychopathology: The moderating role<br />
of early maternal responsivity. Developmental Medicine and<br />
Child Neurology 2001.<br />
Laucht, M.; Esser, G.; Schmidt, M. H.: Heterogene <strong>Entwicklung</strong><br />
<strong>von</strong> Kindern postpartal depressiver Mütter. Zeitschrift für<br />
Klinische Psychologie <strong>und</strong> Psychotherapie (in Druck).<br />
Laucht, M.; Esser, G.; Schmidt, M. H.: Developmental outcome<br />
of infants born with biological and psychosocial risks. Journal<br />
of Child Psychology and Psychiatry 38, 843–854, 1997.<br />
Laucht, M.; Esser, G.; Schmidt, M. H.: Risiko- <strong>und</strong> Schutzfaktoren<br />
der kindlichen <strong>Entwicklung</strong> – Empirische Bef<strong>und</strong>e.<br />
Zeitschrift für Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie <strong>und</strong> Psychotherapie<br />
26, 6–20, 1998.<br />
Laucht, M.; Esser, G.; Schmidt, M. H.: <strong>Entwicklung</strong> <strong>von</strong> Risikokindern<br />
im Schulalter: Die langfristigen Folgen frühkindlicher<br />
Belastungen. Zeitschrift für <strong>Entwicklung</strong>spsychologie<br />
<strong>und</strong> Pädagogische Psychologie 32, 59–69, 2000a.<br />
Laucht, M.; Esser, G.; Schmidt, M. H.: Längsschnittforschung<br />
zur <strong>Entwicklung</strong>sepidemiologie psychischer Störungen:<br />
Zielsetzung, Konzeption <strong>und</strong> zentrale Ergebnisse der Mannheimer<br />
Risikokinderstudie. Zeitschrift für Klinische Psychologie<br />
<strong>und</strong> Psychotherapie 29, 246–262, 2000b.<br />
Laucht, M.; Esser, G.; Schmidt, M. H.; Baving, L.; Gerhold, M.;<br />
Hoesch, I.; Ihle, W.; Steigleider, P.; Stock, B.; Stöhr, R. M.;<br />
Weindrich, D.: Behavioral sequelae of perinatal insults and<br />
early family adversity at 8 years of age. Journal of the American<br />
Academy of Child and Adolescent Psychiatry 39,<br />
1229–1237, 2000c.<br />
Laucht, M.; Esser, G.; Schmidt, M. H.; Ihle, W.; Löffler, W.;<br />
Stöhr, R.-M.; Weindrich, D.; Weinel, H.: «Risikokinder»:<br />
Zur Bedeutung biologischer <strong>und</strong> psycho<strong>sozial</strong>er Risiken für<br />
die <strong>Entwicklung</strong> in den ersten beiden Lebensjahren. Praxis<br />
der Kinderpsychologie <strong>und</strong> Kinderpsychiatrie 41, 274–285,<br />
1992.<br />
Laucht, M.; Esser, G.; Schmidt, M. H.; Ihle, W.; Marcus, A.;<br />
Stöhr, R.-M.; Weindrich, D.: Viereinhalb Jahre danach:<br />
Mannheimer Risikokinder im Vorschulalter. Zeitschrift für<br />
Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie 24, 67–81, 1996.<br />
Lukeman, D.; Merlvin, D.: Annotation: The preterm infant. Psychological<br />
issues in childhood. Journal of Child Psychology<br />
and Psychiatry 34, 837–849, 1993.<br />
Meyer-Probst, B.; Teichmann, H.: Risiken für die Persönlichkeitsentwicklung<br />
im Kindesalter. Thieme, Leipzig 1984.<br />
Meyer-Probst, B.; Reis, O.: Von der Geburt bis 25: Rostocker<br />
Längsschnittstudie (ROLS): Kindheit <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> 8,<br />
59–68, 1999.<br />
Pellegrini, D. S.: Psychosocial risk and protective factors in<br />
childhood. Developmental and Behavioral Pediatrics <strong>11</strong>,<br />
201–209, 1990.<br />
Rauh, H.: Frühgeborene Kinder. In: Steinhausen, H.-C. (Hrsg.):<br />
Risikokinder, <strong>11</strong>–35. Kohlhammer, Stuttgart 1984.<br />
Rutter, M.: Studies of psychosocial risk: The power of longitudinal<br />
data. Cambridge University Press, Cambridge 1988.<br />
Saigal, S.; Hoult, L. A.; Streiner, D. L.; Stoskopf, B. L.; Rosenbaum,<br />
P. L.: School difficulties at adolescence in a regional<br />
cohort of children who were extremely low birth weight. Pediatrics<br />
105, 325–331, 2000.<br />
Sameroff, A. J.; Seifer, R.: Early contributors to developmental<br />
risk. In: Rolf, J.; Masten, A. S.; Cicchetti, D.; Nuechterlein,<br />
K. H.; Weintraub, S. (Eds.): Risk and protective factors in<br />
the development of psychopathology, 52–66. Cambridge<br />
University Press, New York 1990.<br />
Sameroff, A. J.; Seifer, R.; Baldwin, A.; Baldwin, C.: Stability<br />
of intelligence from preschool to adolescence: The influence<br />
of social and family risk factors. Child Development 64,<br />
80–97, 1993.<br />
Steigleider, P.; Laucht, M.; Esser, G.; Schmidt, M. H.: Beeinträchtigte<br />
<strong>kognitive</strong> <strong>und</strong> motorische Leistungen bei 8-jährigen<br />
Kindern mit sehr niedrigem Geburtsgewicht. Zeitschrift<br />
für Klinische Psychologie <strong>und</strong> Psychotherapie (im<br />
Druck).<br />
Weindrich, D.; Jennen-Steinmetz, Ch.; Laucht, M.; Schmidt,<br />
M.H.: Late sequelae of low birth weight: mediators of poor<br />
school achievement at <strong>11</strong> years (eingereicht).<br />
Z. Kinder-Jugendpsychiatr. 30 (1), 2002, © Verlag Hans Huber, Bern
Laucht, M. et al.: Risikokinder 19<br />
Weiß, R. H.: Gr<strong>und</strong>intelligenztest CFT 20. Hogrefe, Göttingen<br />
1987.<br />
Weiß, R.H.: Wortschatztest WS. Ergänzungstest zum Gr<strong>und</strong>intelligenztest<br />
CFT 20. Hogrefe, Göttingen 1987.<br />
Werner, E. E.; Smith, R. S.: Vulnerable but invincible: A study<br />
of resilient children. McGraw Hill, New York 1982.<br />
Wolke, D.; Meyer, R.: Ergebnisse der Bayerischen <strong>Entwicklung</strong>sstudie:<br />
Implikationen für Theorie <strong>und</strong> Praxis. Kindheit<br />
<strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> 8, 23–35, 1999.<br />
Dr. Manfred Laucht<br />
Zentralinstitut für Seelische Ges<strong>und</strong>heit<br />
Klinik für Psychiatrie <strong>und</strong> Psychotherapie<br />
des Kindes- <strong>und</strong> Jugendalters<br />
Postfach 12 21 20<br />
D-68072 Mannheim, Germany<br />
Tel. 0621/1703-247<br />
Fax 0621/23429<br />
E-mail: laucht@zi-mannheim.de<br />
Z. Kinder-Jugendpsychiatr. 30 (1), 2002, © Verlag Hans Huber, Bern