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Der gestiefelte Kater - Mainzer Kinder- und Jugendtheater

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Ein Märchen von den Gebrüdern Grimm<br />

<strong>Der</strong> <strong>gestiefelte</strong> <strong>Kater</strong><br />

Ein Müller starb <strong>und</strong> hinterließ seinen drei Söhnen eine Mühle, einen Esel<br />

<strong>und</strong> einen großen, grauen <strong>Kater</strong>. <strong>Der</strong> älteste Sohn nahm die Mühle, der<br />

zweite den Esel <strong>und</strong> dem Jüngsten blieb nichts als der <strong>Kater</strong>.<br />

<strong>Der</strong> Müllerssohn sprach zu sich selbst: „Am besten lasse ich mir aus dem<br />

Fell des <strong>Kater</strong>s eine Mütze machen. Mehr ist der <strong>Kater</strong> wohl nicht wert.“<br />

Aber der <strong>Kater</strong> hatte alles verstanden <strong>und</strong> sagte: „Lass mir nur ein Paar<br />

Stiefel machen, dann soll dir bald geholfen werden.“ <strong>Der</strong> Müllerssohn<br />

w<strong>und</strong>erte sich über den <strong>Kater</strong>, aber er gab ihm die gewünschten Stiefel.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Kater</strong> zog sie an, nahm einen Sack <strong>und</strong> ging auf die Jagd. Schlau <strong>und</strong><br />

geschickt wie er war, fing er mit Hilfe des Sackes mal einen Hasen, mal ein<br />

paar Rebhühner <strong>und</strong> trug sie auf das königliche Schloss. Hier ließ er sich vor<br />

den Thron des Königs führen, verbeugte sich tief <strong>und</strong> sprach: „Mein Herr, der<br />

Graf von Karabass, hat mir befohlen, euch dieses Wild aus seinem<br />

Jagdgehege zu überreichen.“ Dies tat er öfter <strong>und</strong> jedes Mal ließ ihm der<br />

König zur Belohnung eine Menge Gold in den Sack schütten, welches der<br />

dankbare <strong>Kater</strong> seinem Herrn nach Hause brachte.<br />

Da begab es sich, dass der König eines Tages mit seiner Tochter, die sehr<br />

schön war, eine Spazierfahrt an den nahen See machen wollte. <strong>Der</strong> <strong>Kater</strong><br />

hörte davon, eilte nach Hause <strong>und</strong> sagte zu seinem Herrn: „Wenn du ein sehr<br />

reicher Graf werden willst, so komm mit mir hinaus an den See <strong>und</strong> bade<br />

darin.“ <strong>Der</strong> Müller tat, wie der <strong>Kater</strong> gesagt hatte. Während er nun im See<br />

badete, nahm der <strong>Kater</strong> die schlechten Kleider seines Herrn <strong>und</strong> versteckte<br />

sie.<br />

Es dauerte nicht lange, da kam der König mit der Prinzessin daher gefahren.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Kater</strong> fing an zu schreien <strong>und</strong> zu jammern: „Ach, gnädigster Herr König,<br />

mein Herr hat hier im See gebadet. Da kam ein Dieb <strong>und</strong> hat ihm die Kleider<br />

gestohlen.“<br />

Sogleich befahl der König aus der Kleiderkammer des Schlosses die<br />

prächtigsten Gewänder herbei zu schaffen <strong>und</strong> dem Grafen zu überreichen.<br />

Nachdem der Müller sie angezogen hatte, forderte der König den<br />

vermeintlichen Grafen auf, in den Wagen zu steigen <strong>und</strong> sich neben die<br />

Prinzessin zu setzen. Sie freute sich darüber, denn der Müller war von edler<br />

Gestalt <strong>und</strong> er gefiel ihr sehr.


Inzwischen war der <strong>Kater</strong> dem Wagen weit voraus geeilt. Unterwegs traf er<br />

Bauern beim Mähen einer Wiese <strong>und</strong> er sprach zu ihnen: „Wenn hier der<br />

König vorbei kommt <strong>und</strong> ihr sagt nicht, dass diese Wiese dem Grafen von<br />

Karabass gehört, so sollt ihr alle kurz <strong>und</strong> klein geschlagen werden.“ Die<br />

gleichen Worte sagte er zu den Schnittern auf den Getreidefeldern <strong>und</strong> den<br />

Holzfällern im Walde.<br />

Endlich kam der <strong>Kater</strong> zu einem prächtigen Schloss mit hohen Fenstern <strong>und</strong><br />

goldenen Zinnen. Hier wohnte ein mächtiger Zauberer. <strong>Der</strong> <strong>Kater</strong> trat mutig<br />

vor den Zauberer hin, verbeugte sich artig <strong>und</strong> sagte, er habe schon viel von<br />

der hohen Kunst des Zauberers gehört, sich in jedes beliebige Tier zu<br />

verwandeln. <strong>Der</strong> Zauberer fühlte sich sehr geschmeichelt <strong>und</strong> verwandelte<br />

sich, um seine Kunst zu zeigen, einmal in einen Elefanten <strong>und</strong> dann in einen<br />

Löwen. <strong>Der</strong> <strong>Kater</strong> tat sehr erschrocken <strong>und</strong> rief: „Du bist wirklich ein großer<br />

Zauberer, aber es wäre wohl eine noch größere Kunst, sich in ein ganz<br />

kleines Tier, zum Beispiel in eine Maus zu verwandeln.“ <strong>Der</strong> Zauberer lachte<br />

stolz <strong>und</strong> meinte, das sei eine Kleinigkeit. Im Nu sprang er als Maus im<br />

Zimmer umher, aber darauf hatte der <strong>Kater</strong> nur gewartet. Er stürzte sich auf<br />

die Maus <strong>und</strong> verspeiste sie mit Haut <strong>und</strong> Haaren.<br />

Inzwischen war die königliche Kutsche weitergefahren. Alle Leute gaben<br />

Auskunft, wie der <strong>Kater</strong> befohlen hatte. <strong>Der</strong> König <strong>und</strong> die Prinzessin<br />

staunten immer mehr über den ungeheuren Gr<strong>und</strong>besitz des Grafen von<br />

Karabass. Endlich erreichten sie auch das Schloss des Zauberers, wo der<br />

<strong>Kater</strong> schon auf der breiten Freitreppe wartete <strong>und</strong> die königlichen Gäste in<br />

den herrlich geschmückten Festsaal geleitete.<br />

Hier vermählte sich der Müllerssohn noch am selben Tage mit der schönen<br />

Prinzessin. Als der König nach einigen Jahren starb, wurde der Graf König.<br />

<strong>Der</strong> <strong>gestiefelte</strong> <strong>Kater</strong> aber sein erster Minister.<br />

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

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