WEITBLICK - LBBW Asset Management Investmentgesellschaft mbH
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Seite 4<br />
Fokus<br />
<strong>WEITBLICK</strong><br />
Die Märkte am Scheideweg<br />
Die Märkte am Scheideweg<br />
Rückblickend war 2011 in vielerlei Hinsicht ein dramatisches<br />
Jahr. Vor allem die Schuldenkrise hielt die Investoren<br />
in Atem. Umso spannender ist die Frage, was das<br />
neue Jahr wohl bringen wird. Lesen Sie, wie die Analysten<br />
und Fondsmanager der <strong>LBBW</strong> <strong>Asset</strong> <strong>Management</strong> die<br />
Trends und Entwicklungen für die Wirtschaft und die<br />
verschiedenen Märkte einschätzen.<br />
Wirtschaft & Konjunktur:<br />
Sparen allein reicht nicht<br />
Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt. So lässt sich<br />
in knappen Worten die Chronologie der Ereignisse in der<br />
Wirtschaft und an den Finanzmärkten im Jahr 2011 beschreiben.<br />
Überwogen in der ersten Jahreshälfte noch die<br />
positiven Konjunkturindikatoren, so verkehrte sich die Situation<br />
in der zweiten Jahreshälfte schlagartig ins Gegenteil:<br />
Bulle oder Bär? Wer<br />
wird wohl dieses Jahr<br />
am längeren Ende des<br />
Hebels stehen? Auch<br />
wenn es schwierig<br />
zu prognostizieren<br />
ist: 2012 gibt es gute<br />
Chancen für Anleger.<br />
Im Bann der Schuldenkrise: Der große Ausblick auf das Finanz- und Börsenjahr 2012<br />
Jetzt dominierten an den Märkten plötzlich die Befürchtungen,<br />
dass die Wirtschaft in Europa und in den USA in<br />
eine Rezession fallen könnte. Dreh- und Angelpunkt für<br />
den Stimmungseinbruch war die scheinbar unaufhaltsame<br />
Eskalation der Euro-Krise und die ins Uferlose wachsende<br />
Staatsverschuldung Amerikas.<br />
Flächenbrand in Europa<br />
Im Epizentrum der Krise stand der drohende Staatsbankrott<br />
einiger Euro-Länder. Was als kleines Feuer in Griechenland<br />
begann, das durch schnelles und entschiedenes Eingreifen<br />
hätte gelöscht werden können, entwickelte sich schnell über<br />
Portugal und Irland zu einem Flächenbrand. Rettungsschirme<br />
wurden aufgespannt, die jedoch weder konzeptionell<br />
noch durch Praktikabilität überzeugen konnten. Im Herbst<br />
2011 drang die Krise über Italien und Spanien bis nach<br />
Frankreich, Belgien und Österreich an die deutschen Grenzen<br />
vor. So waren zuletzt selbst die tragenden Säulen der<br />
Euro-Rettungsprogramme in den Strudel geraten. Droht nun<br />
auch der letzte Stein durch den Domino-Effekt zu fallen?<br />
In Europa ist Krisenmanagement gefragt<br />
Trotz der vielschichtigen Probleme, die in den kommenden<br />
Jahren von der Finanz- und Geldpolitik, dem Internationalen<br />
Währungsfonds (IWF) sowie der EZB zu lösen<br />
sind, sollte die Hoffnung auf eine Wiederbelebung der<br />
Konjunktur nicht über Bord geworfen werden. Denn nach<br />
enttäuschenden Wirtschaftsdaten in den Sommermonaten<br />
überwogen im 4. Quartal wieder positivere Konjunktur- und<br />
Unternehmensnachrichten.<br />
Gunter Eckner, Direktor,<br />
Bereichsleiter Fixed Income,<br />
<strong>LBBW</strong> <strong>Asset</strong> <strong>Management</strong><br />
„Ein Scheitern der Stabilisierungs-<br />
und Reformbemühungen<br />
in der Eurozone und in den USA<br />
hätte fatale Folgen.“<br />
Die zuvor aufkeimenden Befürchtungen einer unmittelbar<br />
bevorstehenden Rezession schienen übertrieben. Eine<br />
Schlüsselrolle zur Wiedererlangung der Wachstumsdynamik<br />
spielen Deutschland, dessen Wirtschaft sich kraftvoll wie<br />
selten zuvor entwickelt hat, und die Emerging Markets,<br />
die mit immer noch stattlichen Wachstumsraten aufwarten<br />
können. Und wenn es den USA gelingt, trotz aller Strukturschwächen,<br />
eine Rezession durch ihre weiterhin extrem<br />
expansive Geld- und Fiskalpolitik zu vermeiden, kann nach<br />
einer Wachstumsdelle von zwei bis drei Quartalen im Laufe<br />
des Jahres 2012 mit einer Erholung der Konjunktur gerechnet<br />
werden. Weltweit erwarten wir ein Wachstum von fast<br />
4 Prozent, in Deutschland von 1,0 bis 1,5 Prozent und in<br />
der Eurozone von unter 1,0 Prozent.<br />
Mit Sparen allein ist es nicht getan<br />
Über eines muss man sich aber im Klaren sein: Sparen<br />
allein kann die kritische Situation nicht nachhaltig entschärfen.<br />
Der Anpassungs- und Restrukturierungsprozess<br />
der Eurostaaten muss von Reformen und der Freisetzung<br />
neuer Wachstumspotenziale begleitet sein. Flankenschutz<br />
und Zeitgewinn sowie eine Glättung der Marktturbulenzen<br />
kann nur eine Institution gewähren: die EZB. Sie kann,<br />
ähnlich wie die Notenbanken in den USA, Großbritannien<br />
und Japan, durch unbegrenzten Ankauf von Anleihen<br />
der Krisenstaaten deren Staatsfinanzierungskosten in<br />
vernünftigen Grenzen halten und damit den Spar- und<br />
Reformanstrengungen erst zur Wirkung verhelfen. Das<br />
Risiko Inflation ist hinnehmbar, wenn nicht gar nützlich<br />
beim Abschmelzen der Schuldenberge! Ein Scheitern der<br />
Stabilisierungs- und Reformbemühungen in der Eurozone<br />
und in den USA hätte dagegen fatale Folgen: Depression<br />
und generelle Instabilität.<br />
<strong>WEITBLICK</strong><br />
Die Märkte am Scheideweg<br />
Seite 5<br />
Fokus<br />
Wandel und Komplexität = Volatile Märkte<br />
Eines scheint 2012 sicher: Die Größe der Herausforderungen<br />
und die in den Ländern der Eurozone nicht gradlinigen<br />
politischen Entscheidungsprozesse sowie „ideologische<br />
Gefechte“ um die Rolle der EZB werden Wirtschaft und Finanzmärkte<br />
unter Spannung halten. Die daraus resultierenden<br />
heftigen Wechselbäder verlangen in allen <strong>Asset</strong>klassen<br />
nach eher konservativen Anlagestrategien.<br />
Unternehmensanleihen:<br />
Der neue sichere Hafen?<br />
Trotz des Hintergrunds der europäischen Schuldenkrise<br />
weisen Unternehmensanleihen (Investment Grade Ratings)<br />
in diesem Jahr ein attraktives Chancen-Risiko-Profil auf.<br />
Denn selten waren Unternehmen besser auf die Krise<br />
vorbereitet als heute. Die Verschuldung wurde zurückgefahren,<br />
der Anteil an liquiden Mitteln erhöht, Investitionen<br />
zurückgestellt, kurz: Die Unternehmen sind momentan<br />
sehr defensiv ausgerichtet. Von dem Streben nach einem<br />
wirtschaftlichen Überleben der Gesellschaft profitieren<br />
letztendlich auch ihre Gläubiger.<br />
Risiken sind weitgehend eingepreist<br />
Der Markt hat ein europäisches Negativszenario schon weitgehend<br />
in Form höherer Risikoprämien (Creditspreads) antizipiert<br />
(siehe Abbildung Seite 6 oben). Auch ein weiterer<br />
Faktor spricht für Unternehmensanleihen: Staatsanleihen<br />
haben ihre Funktion als sicherer Anlegerhafen in unsicheren<br />
Zeiten weitestgehend verloren. Wo dieses Attribut noch<br />
Gültigkeit zu besitzen scheint, genügt die Verzinsung nicht<br />
einmal annähernd für einen Ausgleich der Inflation.<br />
Risiken von Bankanleihen<br />
Etwas differenzierter ist die Situation für Anleihen aus dem<br />
Finanzsektor zu betrachten. Das Schicksal der Banken ist<br />
mit dem der Staaten eng verknüpft. Es waren oft staatliche<br />
Stützungsmaßnahmen, die das Vertrauen in die Kreditwirtschaft<br />
untermauerten. Diese Fähigkeit der öffentlichen<br />
Hand wird heute zunehmend in Frage gestellt. Auch das<br />
große Exposure der Banken in Schuldverschreibungen des<br />
Staates wirkt zunehmend als Belastung. Die zunehmenden<br />
regulatorischen Auflagen für Banken und Versicherungen<br />
sind nicht gerade geeignet, die Situation für die Finanzindustrie<br />
einfacher zu gestalten. Um in dieser <strong>Asset</strong>klasse<br />
kein zu hohes oder nicht kalkulierbares Risiko einzugehen,<br />
sollte sich der Investor in diesem Sektor auf solide Banken<br />
aus den europäischen Kernländern konzentrieren.<br />
Nachranganleihen aus dem Bankensektor stehen darüber<br />
hinaus im Spannungsfeld neuer Bestimmungen im Zusammenhang<br />
mit Basel III. Einerseits werden für die Banken<br />
hohe Anreize geschaffen, diese Anleihen vorzeitig zu