Pädagogische Diagnostik und Förderung in der Grundschule - ILF
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<strong>Pädagogische</strong> <strong>Diagnostik</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Gr<strong>und</strong>schule<br />
Dr. Wolfgang Hissnauer<br />
Lehrerfortbildung: E<strong>in</strong>e wichtige berufliche Hilfe!
Vorwort<br />
Herkömmliche Formen <strong>der</strong> Beobachtung zielen bevorzugt auf e<strong>in</strong>zelne (Problem-)<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>, erfolgen unregelmäßig <strong>und</strong> eher zu beson<strong>der</strong>en Anlässen, sie bleiben meist<br />
ohne systematische Auswertung, haben höchst selten das Verhalten <strong>der</strong> Lehrer<strong>in</strong>nen<br />
bzw. Lehrer o<strong>der</strong> die Interaktion zwischen diesen <strong>und</strong> den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n zum Gegenstand<br />
<strong>und</strong> werden häufig mit selbst entwickelten o<strong>der</strong> nicht adaptierten Beobachtungsbögen<br />
durchgeführt.<br />
Die vorliegende Zusammenstellung möchte angesichts <strong>der</strong> für die Primarstufe bedeutungsvollen<br />
Thematik <strong>der</strong> Beobachtung <strong>und</strong> pädagogischen <strong>Diagnostik</strong> Informationen<br />
geben, Überblicke schaffen <strong>und</strong> zur gel<strong>in</strong>genden Wahrnehmung <strong>der</strong> Aufgabe<br />
von <strong>Diagnostik</strong> <strong>und</strong> <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> beitragen.<br />
Da die Aufgabe <strong>der</strong> Beobachtung, <strong>Diagnostik</strong>, Beratung <strong>und</strong> <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> an Gr<strong>und</strong>schulk<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />
orientiert ist, geht dieses Papier auch auf den För<strong>der</strong>aspekt e<strong>in</strong>.<br />
Die Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit dem Thema Beobachtung <strong>und</strong> <strong>Diagnostik</strong> zeigt, dass<br />
große Schnittmengen im Begriffsverständnis zwischen Beobachtung <strong>und</strong> pädagogischer<br />
<strong>Diagnostik</strong> bestehen. Während Beobachtung stärker auf den Vorgang selbst<br />
<strong>und</strong> die Bed<strong>in</strong>gungen durch Beobachter <strong>und</strong> Umfeld abstellt, orientiert sich die pädagogische<br />
<strong>Diagnostik</strong> sehr viel mehr am Kontext pädagogischen Handelns <strong>und</strong> den<br />
Konsequenzen aus den Ergebnissen, nämlich <strong>der</strong> sich anschließenden <strong>För<strong>der</strong>ung</strong><br />
<strong>der</strong> Persönlichkeitsentwicklung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong> ihres Lernerfolgs.<br />
Dr. Wolfgang Hissnauer<br />
2
Inhalt<br />
3<br />
Seite<br />
Vorwort 2<br />
1 Def<strong>in</strong>itionen 5<br />
1.1 Wahrnehmung 5<br />
1.2 Beobachtung 5<br />
1.2.1 Wissenschaftliche Beobachtung 6<br />
1.3 <strong>Pädagogische</strong> <strong>Diagnostik</strong> 6<br />
1.3.1 Diagnostische Ziele, Strategien <strong>und</strong> Funktionen 7<br />
1.3.2 Diagnostische Kompetenz 8<br />
1.3.3 Die Bedeutung für den Unterricht 8<br />
1.4 Prognose 8<br />
1.5 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> 9<br />
1.6 Resumee 9<br />
2 Ziel <strong>und</strong> Voraussetzung pädagogischer <strong>Diagnostik</strong> 9<br />
2.1 Ziel <strong>der</strong> Beobachtung 9<br />
2.2 Voraussetzungen pädagogischer <strong>Diagnostik</strong> 10<br />
3 Merkmale <strong>und</strong> E<strong>in</strong>flussfaktoren <strong>der</strong> pädagogischen <strong>Diagnostik</strong> 10<br />
3.1 Merkmale 10<br />
3.2 Pr<strong>in</strong>zipien <strong>und</strong> Standards 11<br />
3.3 Potentielle Konsequenzen <strong>der</strong> pädagogischen <strong>Diagnostik</strong> 11<br />
4 Methoden <strong>und</strong> Formen <strong>der</strong> pädagogischen <strong>Diagnostik</strong> 12<br />
4.1 Diagnostische Zugänge zu K<strong>in</strong><strong>der</strong>n 12<br />
4.2 Methodische Gr<strong>und</strong>sätze 12<br />
4.3 Formen <strong>der</strong> Beobachtung 13<br />
5 Bereiche <strong>der</strong> pädagogischen <strong>Diagnostik</strong> 13<br />
5.1 Allgeme<strong>in</strong>e Bereiche 13<br />
5.2 Bereiche <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>schule 14<br />
6 Die spezielle <strong>Diagnostik</strong> des Lernens <strong>und</strong> des Lernenden 15<br />
6.1 Die spezielle <strong>Diagnostik</strong> des Lernens 15<br />
6.2 Die spezielle <strong>Diagnostik</strong> des Lernenden 17
7 E<strong>in</strong>flüsse durch die Person des Beobachters 18<br />
7.1 Gr<strong>und</strong>haltungen <strong>und</strong> Kompetenzen <strong>der</strong> Beobachtenden 18<br />
7.2 Selbstreflexion 18<br />
7.3 Beobachtungsfehler 19<br />
7.4 Beobachtungsfallen 19<br />
7.5 Beurteilungsfehler 20<br />
8 Der Weg von <strong>der</strong> Beobachtung zur <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> 21<br />
9 Auswertung, Interpretation, Dokumentation <strong>und</strong> Datenschutz 22<br />
9.1 Auswertung 22<br />
9.2 Interpretation 23<br />
9.3 Ziel <strong>der</strong> Dokumentation 23<br />
9.4 Formen <strong>der</strong> Dokumentation 23<br />
9.5 Umgang mit Daten <strong>und</strong> Datenschutz 24<br />
10 För<strong>der</strong>maßnahmen 24<br />
10.1 Die Lernausgangslage 24<br />
10.2 Die För<strong>der</strong>diagnostik 24<br />
10.3 Ableitung von Schwerpunkten <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen Lernför<strong>der</strong>ung 25<br />
10.4 För<strong>der</strong>empfehlungen 26<br />
10.5 Qualitätskriterien des För<strong>der</strong>plans 26<br />
10.6 Der Prozess <strong>der</strong> För<strong>der</strong>planung 27<br />
10.7 Die Gestaltung des För<strong>der</strong>empfehlungs-Gesprächs 28<br />
11 Literatur 29<br />
12 Anhang 31<br />
12.1 Die Beobachtung von k<strong>in</strong>dlichen Verhaltensweisen 31<br />
12.1.1 Was können drei- bis siebenjährige K<strong>in</strong><strong>der</strong> 31<br />
12.1.2 Die Interpretation <strong>der</strong> gef<strong>und</strong>enen Ergebnisse 32<br />
12.2 Über welche Sprachkompetenz sollten K<strong>in</strong><strong>der</strong> bei Schule<strong>in</strong>tritt verfügen? 34<br />
12.3 Beobachtungsbereiche, Kriterien <strong>und</strong> Indikatoren 34<br />
12.4 Beispiele für Beobachtungsverfahren 40<br />
12.5 Effektives Klassenmanagement <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>schule 48<br />
4
1 Def<strong>in</strong>itionen<br />
In diesem Kapitel sollen die wesentlichen Begrifflichkeiten def<strong>in</strong>iert werden, auf denen pädagogische<br />
<strong>Diagnostik</strong> aufbaut. Sie s<strong>in</strong>d gleichermaßen Gr<strong>und</strong>lage für e<strong>in</strong>e Verständigung im<br />
Team <strong>und</strong> Kollegium.<br />
1.1 Wahrnehmung<br />
<strong>Pädagogische</strong> <strong>Diagnostik</strong> ist von <strong>der</strong> Wahrnehmung <strong>und</strong> diese wie<strong>der</strong>um von <strong>der</strong> Beobachtung<br />
zu unterscheiden. Wahrnehmung ist <strong>der</strong> Akt, bei dem e<strong>in</strong>e Person mit Hilfe ihrer S<strong>in</strong>ne<br />
unsystematisch Reize wahrnimmt. Im Kontext pädagogischer Arbeit darf Wahrnehmung jedoch<br />
nicht zufällig se<strong>in</strong>; sie muss systematisch se<strong>in</strong>. Was Personen <strong>in</strong>dividuell wahrnehmen,<br />
belegen sie darüber h<strong>in</strong>aus meist mit unterschiedlichen Begriffen <strong>und</strong> Bewertungen. Am Ende<br />
steht e<strong>in</strong>e unterschiedliche Interpretation des möglicherweise gleichen Sachverhalts. Jede<br />
Wahrnehmung ist subjektiv (eigene Erwartungen <strong>und</strong> Werthaltungen), relativ <strong>und</strong> selektiv.<br />
Jede Wahrnehmung schließt auch immer e<strong>in</strong> Stück Interpretation e<strong>in</strong>.<br />
Die menschliche Wahrnehmung wird im Wesentlichen durch persönliche, soziale <strong>und</strong> umfeldbezogene<br />
Faktoren bee<strong>in</strong>flusst:<br />
Persönliche Faktoren Soziale Faktoren<br />
Triebe, Bedürfnisse, Motive, E<strong>in</strong>stellungen, Vorurteile an<strong>der</strong>er<br />
Interessen, Stimmungen, Gefühle, Personen(gruppen),<br />
Empf<strong>in</strong>dungen <strong>und</strong> Emotionen, Wert- <strong>und</strong> Normvorstellungen<br />
bisherige Erfahrungen, <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Gruppe bzw.<br />
E<strong>in</strong>stellungen, Wertvorstellungen, e<strong>in</strong>er Gesellschaft.<br />
Intelligenz, Fähigkeiten <strong>und</strong><br />
Fertigkeiten, Erwartungen,<br />
Informationen, Grad <strong>der</strong> Aufmerk-<br />
samkeit, Gedächtnis, Lernge-<br />
schichte <strong>und</strong> Wissen<br />
Dies zeigt, dass auf Seiten des Wahrnehmenden vielfältige E<strong>in</strong>flussfaktoren bestehen, dass<br />
aber auch die durch Wahrnehmung zu erschließenden H<strong>in</strong>tergründe als sehr differenziert im<br />
S<strong>in</strong>ne ihrer Interpretation anzusehen s<strong>in</strong>d.<br />
1.2 Beobachtung<br />
Beobachtung kann def<strong>in</strong>iert werden als aufmerksame Wahrnehmung, die sich kontrolliert auf<br />
ihren Gegenstand richtet <strong>und</strong> das Ziel hat, e<strong>in</strong>e genaue Kenntnis ihres Gegenstandes zu<br />
vermitteln.<br />
Beobachtung ist ferner von Bewertung bzw. Beurteilung zu trennen. Statt <strong>der</strong> Zuschreibung<br />
von Eigenschaften bzw. e<strong>in</strong>er Etikettierung muss sie e<strong>in</strong>e Beschreibung von Verhaltensweisen<br />
<strong>und</strong> Fähigkeiten darstellen. Beobachtung ist daher Klassifizierung <strong>und</strong> nie Selektion o<strong>der</strong><br />
Ausglie<strong>der</strong>ung. Sie führt im Bereich <strong>der</strong> Elementarstufe <strong>und</strong> <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>schule, wenn sie nicht<br />
an<strong>der</strong>en Zwecken dienen soll, häufig zu <strong>in</strong>dividualisierten Lernangeboten. Beobachtung darf<br />
nicht defizitorientiert, son<strong>der</strong>n muss kompetenzenorientiert se<strong>in</strong>.<br />
5
Die Beschäftigung mit den Def<strong>in</strong>itionen <strong>der</strong> Wahrnehmung <strong>und</strong> Beobachtung zeigt, dass die<br />
Übergänge <strong>in</strong> vielen Darstellungen <strong>in</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> fließen <strong>und</strong> es daher im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>deutiger<br />
Verständigung im Team <strong>und</strong> Kollegium wichtig ist mit klaren Begriffs<strong>in</strong>halten zu arbeiten.<br />
Beobachtung muss <strong>in</strong> <strong>der</strong> Alltagssituation stattf<strong>in</strong>den <strong>und</strong> nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausnahmesituation. Die<br />
Objektivität von Beobachtung kann erhöht werden, wenn gezielt, also bewusst bzw. systematisch,<br />
beobachtet wird <strong>und</strong> subjektive Fehlerquellen nicht ausgeschlossen werden.<br />
Bemerkt <strong>der</strong> Beobachtete, dass er beobachtet wird, kann dies zu e<strong>in</strong>er Verän<strong>der</strong>ung se<strong>in</strong>es<br />
Verhaltens führen. Die Beobachtung selbst verän<strong>der</strong>t ihren Gegenstand: Die Konsequenz<br />
kann Reaktanz se<strong>in</strong>. Gefühle <strong>und</strong> Schmerzen s<strong>in</strong>d von <strong>der</strong> Beobachtung ausgenommen. Sie<br />
können nur durch Selbstbeobachtung <strong>und</strong> Selbstbeurteilung wirklich erfasst werden.<br />
Ausgangspunkt ist die zielorientierte Beobachtung: Ausgewählte Ziele des Curriculums werden<br />
<strong>in</strong> ihrer Bewältigung durch die K<strong>in</strong><strong>der</strong> beobachtet. Häufigste Beobachtungsform <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Gr<strong>und</strong>schule ist die aktiv-teilnehmende Beobachtung. Sie verläuft parallel zur Arbeit mit den<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>n.<br />
1.2.1 Wissenschaftliche Beobachtung<br />
Die Beobachtung im schulischen Kontext ist <strong>in</strong> Parallele zu sehen mit <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />
Beobachtung. Die wissenschaftliche Beobachtung ist von <strong>der</strong> Beobachtung im pädagogischen<br />
Alltag durch folgende Merkmale jedoch klarer gefasst.<br />
Absicht: Der wissenschaftlichen Beobachtung liegt e<strong>in</strong> absichtliches <strong>und</strong> geplantes<br />
Vorgehen zugr<strong>und</strong>e.<br />
Selektion: Es wird e<strong>in</strong>e systematische Auswahl bestimmter zu beobachten<strong>der</strong><br />
Aspekte vorgenommen.<br />
Auswertung: Die Beobachtung ist auf e<strong>in</strong>e beabsichtigte Auswertung <strong>der</strong> erhobenen<br />
Daten ausgerichtet.<br />
Reliabilität<br />
<strong>und</strong> Objektivität: Die Ergebnisse <strong>der</strong> Beobachtungsstudie müssen wie<strong>der</strong>holbar se<strong>in</strong>.<br />
Verschiedene Beobachter sollten bei <strong>der</strong> Beobachtung des selben<br />
Sachverhalts zu gleichen Ergebnissen kommen. Reliabilität bedeutet<br />
also die Reproduzierbarkeit von Beobachtungen unter äquivalenten<br />
Bed<strong>in</strong>gungen. Das wichtigste Gütekriterium stellt die Validität dar, also<br />
ob wirklich gemessen wird, was gemessen werden sollte.<br />
Wissenschaftliche Beobachtung beschränkt sich wie schulische Beobachtung nicht nur auf<br />
die visuelle Beobachtung, son<strong>der</strong>n kann gleichermaßen sprachliche Äußerungen, sämtliche<br />
S<strong>in</strong>nesorgane <strong>und</strong> soziale Merkmale umfassen.<br />
1.3 <strong>Pädagogische</strong> <strong>Diagnostik</strong><br />
Das Wort „Diagnose“ leitet sich aus dem Wort diagnosis ab, was so viel wie „ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />
halten“ o<strong>der</strong> „unterscheiden“ heißt. In <strong>der</strong> pädagogischen <strong>Diagnostik</strong> werden Lernvorgänge<br />
e<strong>in</strong>schließlich ihrer Voraussetzungen, Rahmenbed<strong>in</strong>gungen <strong>und</strong> Ergebnisse untersucht, um<br />
aktuelle Lernvorgänge zu optimieren o<strong>der</strong> Lernerfolge zu dokumentieren (Ingenkamp).<br />
6
Der Anspruch <strong>der</strong> pädagogischen <strong>Diagnostik</strong> muss auf die (Gr<strong>und</strong>-)Schule bezogen se<strong>in</strong>.<br />
Beobachtung ist damit e<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> pädagogischen <strong>Diagnostik</strong>.<br />
Im schulischen Bereich hat die <strong>Diagnostik</strong> im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Planung e<strong>in</strong>zelner<br />
Lernschritte, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Individualisierung des Unterrichts o<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Feststellung <strong>der</strong> geeigneten<br />
Schulform e<strong>in</strong>e große Aff<strong>in</strong>ität zur Didaktik.<br />
Während die Selektionsdiagnostik den Schluss von <strong>der</strong> Momentaufnahme (zeit- <strong>und</strong> situationsspezifische<br />
Eigenschaften) auf Persönlichkeitsmerkmale zieht <strong>und</strong> davon ausgeht, dass<br />
von den Momentaufnahmen e<strong>in</strong>es Menschen auf zeit- <strong>und</strong> situationsstabile Eigenschaften<br />
<strong>und</strong> Persönlichkeitsmerkmale geschlossen werden kann, betrachtet die För<strong>der</strong>diagnostik das<br />
Individuum im sozialen Gefüge <strong>und</strong> im Lernprozess <strong>und</strong> möchte Informationen über ablaufende<br />
Lernprozesse erhalten.<br />
Es handelt sich bei <strong>der</strong> pädagogischen <strong>Diagnostik</strong> also um För<strong>der</strong>diagnostik <strong>und</strong> Prozessdiagnostik,<br />
nicht um punktuelle Beurteilung bzw. Produktdiagnostik.<br />
Da dem Begriffsverständnis von <strong>Diagnostik</strong> immer wie<strong>der</strong> auch e<strong>in</strong>e pathologische Komponente<br />
zugesprochen wird, ist es wichtig, die rechten Begriffs<strong>in</strong>halte im oben dargestellten<br />
S<strong>in</strong>ne im Kollegium <strong>der</strong> Lehrer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Lehrer sicher zu stellen bzw. zu stärken.<br />
1.3.1 Diagnostische Ziele, Strategien <strong>und</strong> Funktionen<br />
Horstkemper (2006) unterscheidet zwischen Diagnostischen Zielen, Strategien <strong>und</strong> Funktionen.<br />
Die Diagnostischen Ziele differenzieren sich <strong>in</strong> die Selektions- <strong>und</strong> För<strong>der</strong>diagnostik. Die<br />
Selektionsdiagnostik bzw. Auslesediagnostik (Auswahl von Personen o<strong>der</strong> Bed<strong>in</strong>gungen)<br />
geht davon aus, dass von <strong>der</strong> Momentaufnahme (zeit- <strong>und</strong> situationsspezifische Eigenschaften)<br />
auf Persönlichkeitsmerkmale geschlossen werden kann. Und schließt von den Momentaufnahmen<br />
e<strong>in</strong>es Menschen auf zeit- <strong>und</strong> situationsstabile Eigenschaften <strong>und</strong> Persönlichkeitsmerkmale.<br />
Die Modifikations- o<strong>der</strong> För<strong>der</strong>diagnostik (Vorschlag von Maßnahmen zur<br />
Lern- o<strong>der</strong> Verhaltensverän<strong>der</strong>ung bzw. Variation von Umweltbed<strong>in</strong>gungen) betrachtet das<br />
Individuum im sozialen Gefüge <strong>und</strong> im Lernprozess <strong>und</strong> möchte Informationen über ablaufende<br />
Lernprozesse erhalten. Es handelt sich bei <strong>der</strong> pädagogischen <strong>Diagnostik</strong> also um<br />
För<strong>der</strong>diagnostik <strong>und</strong> Prozessdiagnostik, nicht um punktuelle Beurteilung bzw. Produktdiagnostik.<br />
E<strong>in</strong> wichtiger Schritt besteht also <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erweiterung von <strong>der</strong> Diagnose zur För<strong>der</strong>diagnose<br />
<strong>in</strong> den Kernfragen:<br />
• Wo steht e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d?<br />
• Was kann e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d bereits?<br />
• Was s<strong>in</strong>d (sollten) die nächsten Lernziele (se<strong>in</strong>)?<br />
Von den Zielen hängt es daher auch ab, welche Diagnostische Strategie e<strong>in</strong>zuschlagen ist.<br />
Diese unterscheiden sich <strong>in</strong> die Statusdiagnostik (Erfassung des Zustandes e<strong>in</strong>er Person)<br />
<strong>und</strong> <strong>in</strong> die Prozessdiagnostik (Erfassung <strong>der</strong> Aspekte, die e<strong>in</strong>en Verän<strong>der</strong>ungsprozess ermöglichen).<br />
In <strong>der</strong> Statusdiagnostik geht es um Laufbahnempfehlungen, Überweisung auf<br />
e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Schulart etc., bei <strong>der</strong> Prozessdiagnostik um Motivations- o<strong>der</strong> Verhaltensanalysen,<br />
Fehleranalysen o<strong>der</strong> Stärken/Schwächen-Profile.<br />
7
Die Diagnostische Funktion besteht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Steuerung des weiteren Bildungsgangs o<strong>der</strong> <strong>in</strong><br />
pädagogisch-therapeutischen Interventionen. Dazu bedarf es zunächst e<strong>in</strong>er gründlichen<br />
Prozessdiagnostik.<br />
1.3.2 Diagnostische Kompetenz<br />
Die diagnostische Kompetenz umfasst vier Aspekte.<br />
Die Diagnosegenauigkeit.<br />
Sie def<strong>in</strong>iert die Fähigkeit die Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schüler <strong>und</strong> Aufgaben zutreffend e<strong>in</strong>zuschätzen.<br />
Das methodische Wissen:<br />
Es umfasst die ausreichende Kenntnis <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen diagnostischen Methoden, aber<br />
auch die Kenntnis von möglichen Beobachtungs- o<strong>der</strong> Beurteilungsfehlern bzw. –tendenzen.<br />
Das lehrstoffbezogene Wissen:<br />
Hierunter s<strong>in</strong>d zu verstehen die Kenntnis <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen von Lehrstoffen <strong>und</strong> Aufgaben,<br />
die dazu erfor<strong>der</strong>lichen Lösungswege <strong>und</strong> die Kenntnis potentieller alterstypischer Fehler.<br />
Spezifische Kenntnisse <strong>der</strong> Personen.<br />
Diese Kompetenz beschreibt das Wissen über e<strong>in</strong>zelne Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schüler, über<br />
Schülergruppen <strong>und</strong> Schulklassen h<strong>in</strong>sichtlich ihrer Stärken <strong>und</strong> Schwächen.<br />
1.3.3 Die Bedeutung <strong>der</strong> diagnostischen Kompetenz für den<br />
Unterricht<br />
Effektives Unterrichten setzt die Abstimmung des Unterrichtsangebots auf die unterschiedlichen<br />
Fähigkeiten <strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schüler voraus. Für We<strong>in</strong>ert ist die diagnostische<br />
Kompetenz e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> vier Säulen für guten Unterricht. Sie wird ergänzt durch die didaktische<br />
Kompetenz, die Klassenführungskompetenz <strong>und</strong> Fachkompetenz.<br />
1.4 Prognose<br />
Noch komplexer als diagnostische Entscheidungen s<strong>in</strong>d nach Helmke (Unterrichtsqualität;<br />
2003) prognostische Entscheidungen, d. h. E<strong>in</strong>schätzungen <strong>der</strong> künftigen Entwicklung von<br />
Personen, wie sie im Schulalltag bei Übertrittsentscheidungen (z. B. beim Gr<strong>und</strong>schulgutachten<br />
bzw. <strong>der</strong> Empfehlung für den Besuch e<strong>in</strong>er weiterführenden Schule) von großer Bedeutung<br />
s<strong>in</strong>d. Bei <strong>der</strong> Prognose kommt zur genauen E<strong>in</strong>schätzung des Ist-Standes noch die zutreffende<br />
E<strong>in</strong>schätzung <strong>und</strong> Gewichtung entwicklungsrelevanter Person- o<strong>der</strong> Kontextmerkmale<br />
(z. B.: Art <strong>der</strong> Unterstützung durch das Elternhaus) dazu. Ich beschränke mich im Folgenden<br />
auf den e<strong>in</strong>facheren Fall diagnostischer Leistungen.<br />
In e<strong>in</strong>er ihrer Arbeiten (Schra<strong>der</strong> & Helmke, 1987), konnten die Wissenschaftler zeigen, dass<br />
<strong>der</strong> leistungssteigernde Effekt von Strukturierungshilfen von <strong>der</strong> diagnostischen Kompetenz<br />
abhängt: Ist die diagnostische Kompetenz hoch <strong>und</strong> werden viele Strukturierungshilfen gegeben,<br />
ist das für den Lernerfolg (Leistungssteigerung im Fach Mathematik) optimal.<br />
8
1.5 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong><br />
<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> bedeutet die Bereitstellung <strong>und</strong> Durchführung beson<strong>der</strong>er Angebote, wenn die<br />
pädagogischen Standardangebote nicht ausreichend für die gedeihliche Entwicklung von<br />
Lernenden s<strong>in</strong>d. Dabei kann es sich um die Vermittlung <strong>der</strong> schulischen Lern<strong>in</strong>halte <strong>in</strong> modifizierter<br />
Form handeln, um unterrichtsergänzende Angebote o<strong>der</strong> Angebote <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em b<strong>in</strong>nendifferenzierenden<br />
Unterricht, um Hilfestellung zur emotionalen <strong>und</strong> sozialen Stabilisierung,<br />
etwa im Fall von Entwicklungskrisen (Kretschmann).<br />
1.6 Resumee<br />
Sowohl die Dynamik <strong>der</strong> Entwicklung von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n h<strong>in</strong>sichtlich ihrer Persönlichkeit, ihrer sozialen<br />
Entwicklung <strong>und</strong> ihrer Lern- <strong>und</strong> Leistungsentwicklung, wie auch die Berücksichtigung<br />
<strong>der</strong> zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Diagnose bestehenden Rahmenbed<strong>in</strong>gungen s<strong>in</strong>d wichtige Parameter<br />
für pädagogisches Handeln. Sie s<strong>in</strong>d ebenso wichtig wie Art <strong>und</strong> Anspruch ihrer Beschreibung<br />
durch Beobachtung. E<strong>in</strong>em qualitätsorientierten Anspruch wird die systematische Beobachtung<br />
am ehesten gerecht; am wenigsten die <strong>der</strong> (unsystematischen, also zufälligen)<br />
Wahrnehmung.<br />
<strong>Pädagogische</strong> <strong>Diagnostik</strong> muss an Reliabilität <strong>und</strong> Validität, aber auch an <strong>der</strong> Objektivität<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Ökonomie orientiert se<strong>in</strong> <strong>und</strong> hat Überlegungen <strong>der</strong> <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>in</strong> den für das K<strong>in</strong>d<br />
relevanten Bereichen <strong>und</strong> auf se<strong>in</strong>e Weiterentwicklung bezogene Aspekte <strong>in</strong> den Blick zu<br />
nehmen.<br />
2 Ziel <strong>und</strong> Voraussetzung pädagogischer<br />
<strong>Diagnostik</strong><br />
2.1 Ziel pädagogischer <strong>Diagnostik</strong><br />
Ziel <strong>der</strong> pädagogischen <strong>Diagnostik</strong> ist es, <strong>in</strong>dividuelle Voraussetzungen, Anlagen, Interessen<br />
<strong>und</strong> Entwicklungsprozesse, die Spiel<strong>in</strong>halte, das Verhalten o<strong>der</strong> die sozialen Beziehungen <strong>in</strong><br />
regelmäßigen Abständen zu beobachten o<strong>der</strong> die aktuellen Interessens- <strong>und</strong> Bedürfnislagen<br />
<strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>geme<strong>in</strong>schaft zu erfassen. Es geht also um die Erhebung e<strong>in</strong>es IST-Standes <strong>und</strong><br />
zweier daraus abgeleiteter Konsequenzen:<br />
• <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> ihren Stärken <strong>und</strong> Schwächen<br />
• Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> weiteren Planung <strong>der</strong> pädagogischen <strong>und</strong> Erziehungsarbeit.<br />
Diese Ziele setzen voraus:<br />
• Gr<strong>und</strong>lage für Reflexion des eigenen Handelns<br />
• Diskurs im Kollegium<br />
• Vergleich <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schätzungen<br />
9
Im Bereich <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>schule dient die pädagogische <strong>Diagnostik</strong> also folgenden weiter ausdifferenzierten<br />
Zielen:<br />
• Befähigung zu konkreten Aussagen über das e<strong>in</strong>zelne K<strong>in</strong>d<br />
• Feststellung <strong>und</strong> Erfassung von Interessen, Talenten, Vorlieben<br />
• Erfassen <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Handlungsweisen <strong>und</strong> Kompetenzen<br />
• Gew<strong>in</strong>nung von neuen Erkenntnissen <strong>und</strong> Sichtweisen <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen Entwicklungswege<br />
<strong>und</strong> Lernstrategien<br />
• Erstellung <strong>der</strong> Bildungsdokumentation o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>es För<strong>der</strong>plans für das e<strong>in</strong>zelne K<strong>in</strong>d.<br />
Im schulspezifischen Bereich können darüber h<strong>in</strong>aus folgende Grobziele unterschieden werden:<br />
• Optimierung pädagogischer Angebote <strong>in</strong> Abhängigkeit von den Lernständen <strong>der</strong> zu<br />
unterrichtenden Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schüler<br />
• Schullaufbahnlenkung h<strong>in</strong>sichtlich Zugangs- <strong>und</strong> Verbleibensentscheidung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Institution <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
• Messung <strong>der</strong> Effizienz <strong>der</strong> Systeme im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Schulentwicklung.<br />
2.2 Voraussetzungen <strong>der</strong> pädagogischen <strong>Diagnostik</strong><br />
Diagnosen können im Bereich Schule e<strong>in</strong>gesetzt werden im regulären Unterricht, als „Frühwarnsystem“<br />
um rechtzeitig Vorbeugemaßnahmen für lern- <strong>und</strong> entwicklungsgefährdete K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
bereit zu stellen <strong>und</strong> als Mittel <strong>der</strong> Krisen<strong>in</strong>tervention.<br />
Diagnosen können nur dann zu e<strong>in</strong>er Optimierung pädagogischer Angebote beitragen, wenn<br />
folgende Bed<strong>in</strong>gungen erfüllt s<strong>in</strong>d: Die Lehrer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Lehrer verfügen über<br />
• h<strong>in</strong>reichende Verursachungs- <strong>und</strong> Verlaufsmodelle von Entwicklungsprozessen<br />
• För<strong>der</strong>kompetenz<br />
• genügend Zeit <strong>und</strong> Raum um Präventions- <strong>und</strong> För<strong>der</strong>angebote vorzuhalten <strong>und</strong><br />
• <strong>in</strong>ter<strong>in</strong>stitutionelle Kooperation mit Beratungsstellen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Diensten, wenn die<br />
Möglichkeiten <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung bzw. <strong>der</strong> Schule nicht ausreichen.<br />
3 Merkmale <strong>und</strong> E<strong>in</strong>flussfaktoren <strong>der</strong><br />
pädagogischen <strong>Diagnostik</strong><br />
3.1 Merkmale<br />
<strong>Pädagogische</strong> <strong>Diagnostik</strong> sollte nach folgenden Merkmalen gestaltet se<strong>in</strong>:<br />
• Sie hat zeitökonomisch zu se<strong>in</strong>, d.h. notwendiger Aufwand <strong>und</strong> erfor<strong>der</strong>liche Zeit zur<br />
Realisierung müssen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em akzeptablen Verhältnis zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong> stehen<br />
• Sie sollte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er mehrstufigen Vorgehensweise angelegt se<strong>in</strong>: e<strong>in</strong>er zunächst Grobbereiche<br />
erfassenden Beobachtung folgt die differenzieren<strong>der</strong>e Beobachtung<br />
10
• Die primäre <strong>und</strong> gr<strong>und</strong>sätzliche E<strong>in</strong>schätzung aller K<strong>in</strong><strong>der</strong> ist erfor<strong>der</strong>lich um Ungleichbehandlungen<br />
zu vermeiden, Stigmatisierungen zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>und</strong> ke<strong>in</strong>e Fehler<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> För<strong>der</strong>entscheidung zu machen<br />
• Die Dokumentation bezieht sich auf die Beschreibung <strong>und</strong> Darstellung <strong>der</strong> Entwicklung<br />
jedes e<strong>in</strong>zelnen K<strong>in</strong>des.<br />
3.2 Pr<strong>in</strong>zipien <strong>und</strong> Standards<br />
Die Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong> pädagogischen <strong>Diagnostik</strong> s<strong>in</strong>d Planmäßigkeit, Sachlichkeit <strong>und</strong> Zuverlässigkeit<br />
<strong>und</strong> s<strong>in</strong>d daher<br />
• auf das K<strong>in</strong>d bezogen<br />
• relevant<br />
• zielgerichtet<br />
• e<strong>in</strong>deutig kommunizierbar<br />
• von den Beobachtungskriterien her identisch, das heißt zeitüberdauernd<br />
• dokumentierbar<br />
• überprüfbar.<br />
Im Kollegium Lehrer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Lehrer sollten folgende Standards gelten:<br />
• Die Beobachtungsmaterialien müssen mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abgestimmt se<strong>in</strong><br />
• Hospitation <strong>und</strong> Erfahrungsaustausch vergrößern den Blickw<strong>in</strong>kel<br />
• Regelmäßiges, systematisches Beobachten hilft, e<strong>in</strong> Gespür für <strong>in</strong>dividuelle Entwicklungswege<br />
<strong>und</strong> Lernstrategien e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des zu erhalten.<br />
• Berücksichtigung <strong>der</strong> Tagesverfassung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> Beobachter<br />
• festgelegte E<strong>in</strong>schätzzeiträume für jedes K<strong>in</strong>d<br />
• regelmäßige Beobachtungen (jede Woche drei bis fünf K<strong>in</strong><strong>der</strong> beobachten)<br />
• Beobachtungen bei jedem K<strong>in</strong>d z. B. dreimal im Jahr um Verän<strong>der</strong>ungen, Reifungsprozesse<br />
<strong>und</strong> Wirkungen von Interventionsmaßnahmen sichtbar zu machen.<br />
3.3 Potentielle Konsequenzen <strong>der</strong> pädagogischen<br />
<strong>Diagnostik</strong><br />
Jede Form <strong>der</strong> Beobachtung <strong>und</strong> Beschreibung e<strong>in</strong>er Person birgt Vorteile <strong>und</strong> Risiken:<br />
Vorteile können se<strong>in</strong>:<br />
• Kontrakte mit Eltern<br />
• präzise För<strong>der</strong>möglichkeiten<br />
Risiken können se<strong>in</strong>:<br />
• Verlust <strong>der</strong> Individualität <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beschreibung <strong>der</strong> Person<br />
• Stigmatisierung, Typisierung<br />
Die Beobachter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Beobachter müssen sich daher immer im Klaren darüber se<strong>in</strong>,<br />
dass die <strong>in</strong> Konsequenz auf die Beobachtung getroffenen Bewertungen auf Kompetenzen<br />
zielen, die sich zum Beispiel nur auf die schulische Situation e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des beziehen <strong>und</strong> daher<br />
ke<strong>in</strong>esfalls zu e<strong>in</strong>er Bewertung <strong>der</strong> Gesamtpersönlichkeit e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des führen können<br />
11
<strong>und</strong> dürfen. An<strong>der</strong>s gewendet bedeutet dies: Die bewertenden Aussagen über e<strong>in</strong>e Person<br />
s<strong>in</strong>d relativ.<br />
4 Methoden <strong>und</strong> Formen <strong>der</strong> pädagogischen<br />
<strong>Diagnostik</strong><br />
4.1 Diagnostische Zugänge zu K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />
Die diagnostischen Zugänge zu e<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>d können sehr unterschiedlich se<strong>in</strong>. Sie können<br />
bestehen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beobachtung, dem E<strong>in</strong>holen <strong>und</strong> Sichten von Arbeitsproben, <strong>der</strong> Befragung<br />
über Lernprozesse, im Gespräch über Gefühle die das Lernen begleiten, <strong>und</strong> schließlich <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em Portfolio.<br />
Für För<strong>der</strong>zwecke stehen Kompetenz<strong>in</strong>ventare (Aufgabensammlungen, anhand <strong>der</strong>er sich<br />
e<strong>in</strong>schätzen lässt, welche Teilschritte bewältigt werden <strong>und</strong> welche nicht, aber auch im S<strong>in</strong>ne<br />
von Verhaltens- <strong>und</strong> Merkmalslisten), normierte Tests <strong>und</strong> Beobachtungs- <strong>und</strong> Protokollierungshilfen<br />
(z.B. Checklisten zur Ermittlung <strong>der</strong> emotionalen <strong>und</strong> motivationalen E<strong>in</strong>stellungen<br />
o<strong>der</strong> zur Mitarbeit im Sozialverhalten) zur Verfügung.<br />
4.2 Methodische Gr<strong>und</strong>sätze<br />
Der E<strong>in</strong>satz bestimmter Methoden setzt entsprechende fachliche Vorbereitung <strong>und</strong> die Abstimmung<br />
zwischen den Beobachter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Beobachtern voraus, wer wann was wo beobachtet<br />
<strong>und</strong> wie die Ergebnisse aufgezeichnet werden sollen.<br />
E<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d sollte nach Möglichkeit von m<strong>in</strong>destens zwei Beobachter<strong>in</strong>nen bzw. Beobachtern<br />
unabhängig vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> beobachtet werden. Gr<strong>und</strong>sätzlich ist auf e<strong>in</strong>e saubere Trennung<br />
von Erklärungsversuch o<strong>der</strong> Hypothese <strong>und</strong> Bewertung zu achten.<br />
Die Beschreibung des Beobachtungskontextes sollte geglie<strong>der</strong>t se<strong>in</strong> <strong>in</strong> folgende Aspekte:<br />
• Was g<strong>in</strong>g <strong>der</strong> beobachteten Situation voraus?<br />
• Wo f<strong>in</strong>det die beobachtete Situation statt?<br />
• Welche Handlungs- <strong>und</strong> Äußerungsbed<strong>in</strong>gungen hat e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> dieser Situation?<br />
• Welche Begrenzungen bee<strong>in</strong>flussen diese Situation?<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich zählen als methodische Varianten <strong>der</strong> Beobachtung:<br />
• Sammlung von Produkten (Zeichnungen)<br />
• Tests<br />
• Checklisten<br />
• freie Beobachtung <strong>und</strong> Aufzeichnungen (laufende Notizen)<br />
• strukturierte Formen <strong>der</strong> Beobachtung (Beobachtungsleitfäden/-bögen) o<strong>der</strong><br />
• Portfolios<br />
Für viele Situationen des Arbeitens <strong>und</strong> Spielens von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n s<strong>in</strong>d mit Ausnahme <strong>der</strong> objektivierten<br />
Beobachtung die an<strong>der</strong>en Verfahren nicht geeignet.<br />
12
4.3 Formen <strong>der</strong> Beobachtung<br />
Die Kenntnis <strong>der</strong> Unterschiedlichkeit <strong>der</strong> Formen von Beobachtung eröffnet mehr Entscheidungsmöglichkeiten,<br />
orientiert an den unterschiedlichen Beobachtungszielen <strong>und</strong> –<br />
bed<strong>in</strong>gungen. Es kann daher unterschieden werden <strong>in</strong>:<br />
Systematische Beobachtung<br />
Systematisch geplante, durchgeführte <strong>und</strong> kontrollierte Beobachtung mit e<strong>in</strong>em konkret<br />
def<strong>in</strong>ierten Beobachtungsgegenstand <strong>und</strong> Ziel.<br />
Unstrukturierte Beobachtung<br />
Sie folgt allgeme<strong>in</strong>en Regeln <strong>und</strong> groben Kategorien, <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong>er <strong>der</strong> Be-<br />
obachtungstätigkeit e<strong>in</strong> breiter, freier Spielraum bleibt.<br />
Strukturierte Beobachtung<br />
Sie folgt e<strong>in</strong>em sehr fe<strong>in</strong>en bis <strong>in</strong>s Detail gehenden Beobachtungsplan, <strong>der</strong> die Beobachter<strong>in</strong><br />
bzw. den Beobachter eng b<strong>in</strong>det. Festgelegt s<strong>in</strong>d Beobachtungse<strong>in</strong>heiten, Zeit<strong>in</strong>tervalle<br />
<strong>und</strong> Hilfsmittel.<br />
Teilnehmende Beobachtung<br />
Der Beobachter nimmt an dem Geschehen, auf das sich se<strong>in</strong>e Beobachtung konzentriert,<br />
selbst auch teil.<br />
Nicht-teilnehmende Beobachtung<br />
Die Beobachter<strong>in</strong> bzw. <strong>der</strong> Beobachter selbst nimmt nicht direkt am Geschehen teil. In<br />
se<strong>in</strong>er Rolle als Beobachter bee<strong>in</strong>flusst er das Geschehen aber meist <strong>in</strong>direkt mit.<br />
Offene Beobachtung<br />
Die Beobachteten kennen den Gr<strong>und</strong> für die Anwesenheit des Beobachters.<br />
Verdeckte Beobachtung<br />
Die Beobachteten kennen den Gr<strong>und</strong> für die Anwesenheit des Beobachters nicht.<br />
5 Bereiche <strong>der</strong> pädagogischen <strong>Diagnostik</strong><br />
5.1 Allgeme<strong>in</strong>e Bereiche<br />
Die Beobachtung o<strong>der</strong> pädagogische <strong>Diagnostik</strong> ist <strong>in</strong> ihren Zielsetzungen <strong>und</strong> Bereichen<br />
sehr vielfältig. Charakteristisch ist, dass beide den Kriterien <strong>der</strong> Reliabilität <strong>und</strong> Validität genügen.<br />
Es gibt zahlreiche Anlässe für pädagogische <strong>Diagnostik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>schule:<br />
• Erfassen, mit welchen Themen sich das K<strong>in</strong>d beschäftigt <strong>und</strong> wie es mit diesen<br />
Themen umgeht<br />
• Perspektiven des K<strong>in</strong>des besser verstehen<br />
• E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die Entwicklung des K<strong>in</strong>des geben<br />
• Dokumentation von Sozialverhalten<br />
• Gründe für <strong>in</strong>dividuelle <strong>För<strong>der</strong>ung</strong>; gezielte Reflexion pädagogischer Angebote<br />
• Erfassen mündlicher <strong>und</strong> fachspezifischer Leistungen<br />
13
• Dokumentation von Leistungsentwicklung <strong>und</strong> Leistungsstand<br />
• Gr<strong>und</strong>lage für objektivierte Schülerbeurteilung<br />
• Beratung von Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schülern<br />
• Beratung <strong>und</strong> Information <strong>der</strong> Eltern<br />
• Erleichterung von Kooperation mit Fachdiensten <strong>und</strong> Schulen<br />
• Gr<strong>und</strong>lage für die Überweisung an e<strong>in</strong>e För<strong>der</strong>schule o<strong>der</strong> Schwerpunktschule<br />
• Gr<strong>und</strong>lage für die diagnostische Arbeit von Beratern<br />
• Basis für fachlichen Austausch <strong>und</strong> Zusammenarbeit<br />
• dienstliche Verpflichtung<br />
Die Vielfalt <strong>der</strong> potentiellen Anlässe für Beobachtung <strong>und</strong> pädagogische <strong>Diagnostik</strong> macht<br />
deutlich, dass alle an <strong>der</strong> Beobachtung Beteiligten den Anlass <strong>der</strong> Maßnahme kennen, verstehen<br />
<strong>und</strong> mittragen müssen.<br />
Besteht E<strong>in</strong>igkeit über den Beobachtungs- bzw. Diagnoseanlass kommen folgende Entwicklungsbereiche<br />
von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>in</strong> Betracht:<br />
• Sprache<br />
• Kognitive Entwicklung<br />
• Soziale Kompetenz<br />
• Fe<strong>in</strong>motorik<br />
• Grobmotorik<br />
• Wahrnehmung<br />
• Motivation<br />
• Lebenspraktischer Bereich<br />
5.2 Bereiche <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>schule<br />
Im Bereich <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>schule ist zu unterscheiden zwischen Beobachtungsanlässen, die sich<br />
beziehen auf:<br />
das e<strong>in</strong>zelne K<strong>in</strong>d: Spiel-, Lern- <strong>und</strong> Leistungsverhalten, Arbeits- <strong>und</strong> Sozialverhalten,<br />
Sprachkompetenz, Weltwissen, Kreativität<br />
die Lerngeme<strong>in</strong>schaft: Wissensstände, Lern- <strong>und</strong> Leistungsverhalten, Ergebnisse<br />
von Arbeits- <strong>und</strong> Spielprozessen, Sozialverhalten,<br />
Umgang mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> <strong>und</strong><br />
die Lernbed<strong>in</strong>gungen: Themen <strong>der</strong> Rahmen(lehr)pläne, handlungsorientierte<br />
Methoden <strong>der</strong> Integration von Spielen <strong>und</strong> Lernen, E<strong>in</strong>bezug<br />
<strong>der</strong> Ereignisse aus dem Lebenshorizont <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>,<br />
Gestaltung <strong>der</strong> Lernumgebung, Materialangebot,<br />
Lernmethoden<br />
Abgeleitet aus den oben genannten Beobachtungsanlässen lassen sich folgende Bereiche<br />
nennen (Hacker):<br />
� Sprache <strong>und</strong> Sprechverhalten<br />
� Menge <strong>und</strong> Zahl<br />
� Wahrnehmung<br />
� Denkfähigkeit <strong>und</strong> Kenntnisse<br />
14
� Motorik <strong>und</strong> Bewegung<br />
� Leistungs- <strong>und</strong> Arbeitsverhalten<br />
� Aufmerksamkeit <strong>und</strong> Konzentration<br />
� Gedächtnis- <strong>und</strong> Merkfähigkeit<br />
� Psychischer Zustand <strong>und</strong> Individualverhalten<br />
� Sozialverhalten<br />
E<strong>in</strong>zelaspekte <strong>der</strong> Beobachtung können im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er noch weitergehen<strong>der</strong>en Ausdifferenzierung<br />
se<strong>in</strong>:<br />
• Wahrnehmungsleistung, Wahrnehmungsverarbeitung<br />
• Visuelle <strong>und</strong> auditive Wahrnehmung<br />
• Motorik, Grob-, Fe<strong>in</strong>motorik, Spontanmotorik, Handlungsmotorik<br />
• Sprache, Sprachverständnis<br />
• Konzentration<br />
• Motivation<br />
• Kreativität<br />
• Musik/Rhythmik<br />
• Sozialverhalten, Integrationsverhalten, sozial-emotionale Kommunikationsmuster<br />
• Stärken, Schwächen<br />
• Qualität des Handelns, Handlungs- <strong>und</strong> Lösungsstrategien<br />
6 Die spezielle <strong>Diagnostik</strong> des Lernens <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Lernenden<br />
Beobachtung <strong>und</strong> <strong>Diagnostik</strong> müssen sich mit den Aspekten des Lernens ebenso ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzen<br />
wie mit den Aspekten, welche die Lernenden <strong>in</strong> die Beobachtungssituation e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen.<br />
Diese beiden Bereiche stehen jedoch nicht alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bewertung von Beobachtungsergebnissen.<br />
Ergänzt <strong>und</strong> def<strong>in</strong>iert werden sie – wenn auch <strong>in</strong> diesem Kapitel ausgeblendet<br />
– durch die Beschreibung <strong>der</strong> Rahmenbed<strong>in</strong>gungen des Lernens, <strong>der</strong> Voraussetzungen<br />
<strong>und</strong> Ergebnisse des Lernens.<br />
6.1 Die spezielle <strong>Diagnostik</strong> des Lernens<br />
Lernen hat e<strong>in</strong>en Außen- <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en Innenaspekt. Der Außenaspekt umfasst unter an<strong>der</strong>em<br />
die mündlichen <strong>und</strong> schriftlichen, fe<strong>in</strong>- <strong>und</strong> grobmotorischen Äußerungen, die Mimik <strong>und</strong><br />
Gestik des Schülers u.a.m. Der Innenaspekt orientiert sich an vier Punkten:<br />
• Aufmerksamkeit<br />
• Motivation<br />
• sicheres Wissen <strong>und</strong> Können<br />
• <strong>in</strong> Entwicklung bef<strong>in</strong>dliches Wissen <strong>und</strong> Können<br />
Die differenzierte Betrachtung dieser Bereiche zeigt, dass sie von hoher Relevanz bei <strong>der</strong><br />
Formulierung von Beobachtungs- o<strong>der</strong> Diagnosezielen s<strong>in</strong>d. Daher können die nachstehend<br />
genannten Differenzierungen – soweit sie für die Beobachtung direkt o<strong>der</strong> <strong>in</strong>direkt erschließ-<br />
15
ar s<strong>in</strong>d – e<strong>in</strong>e gute Hilfe zum Verständnis <strong>der</strong> Teilaspekte e<strong>in</strong>es Bereiches se<strong>in</strong> o<strong>der</strong> als Indikatoren<br />
<strong>der</strong> Beobachtbarkeit dienen.<br />
Aufmerksamkeit<br />
Aufmerksamkeit ist hier zu verstehen im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Gerichtetheit auf Handlungsziele <strong>und</strong><br />
Handlungssteuerung. Die Lernhandlung ist mehr o<strong>der</strong> weniger bewusst auf e<strong>in</strong> Ziel gerichtet.<br />
Um es zu erreichen, müssen Teilhandlungen <strong>und</strong> Operationen gesteuert werden. Hier wirken<br />
die funktionellen Systeme <strong>der</strong> Aufmerksamkeitssteuerung <strong>und</strong> –regulation.<br />
Die Seite <strong>der</strong> Aufmerksamkeit be<strong>in</strong>haltet die Handlungssteuerung e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> Handlungsziele.<br />
Dazu gehören:<br />
• die Zielsetzung, die umschreibt, was die Schüler<strong>in</strong>/<strong>der</strong> Schüler erreichen will<br />
• die Orientierung <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Aufgabe, im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Suche <strong>und</strong> Kenntnisnahme von<br />
Informationen, die für die Lösung e<strong>in</strong>er Aufgabe notwendig <strong>und</strong> hilfreich s<strong>in</strong>d<br />
• die Planung, im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Gedanken an den nächsten Schritt, die Zeite<strong>in</strong>teilung, das<br />
vorwegnehmende Durchspielen von Lösungswegen<br />
• die Ausführungsoperationen, im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Durchführung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen geistigen <strong>und</strong><br />
sensomotorischen Operationen<br />
• die Wahrnehmung <strong>der</strong> Resultate <strong>und</strong> <strong>der</strong> Erwartungs-Ergebnis-Vergleich (nicht deckungsgleich<br />
mit den Zielen, die <strong>der</strong> Lehrer mit <strong>der</strong> Übung anstrebt).<br />
Motivation<br />
Lernen wird von Motiven getragen <strong>und</strong> von Gefühlen begleitet. Dazu gehören die Erfolgszuversicht,<br />
<strong>der</strong> subjektive Auffor<strong>der</strong>ungscharakter (Attraktivität) <strong>der</strong> Lernaufgabe <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e<br />
Aspekte.<br />
Zur Seite <strong>der</strong> Motivation gehören:<br />
• Gefühle, Emotionen, Bedürfnisse <strong>und</strong> Interessen als Voraussetzungen von Zielbildung<br />
<strong>und</strong> Handlungsregulation<br />
• Anspruchsniveau, Erwartung von Erfolg <strong>und</strong> Misserfolg: Das Anspruchsniveau zeigt<br />
sich im gewählten Schwierigkeitsgrad e<strong>in</strong>er Anfor<strong>der</strong>ung. Als Ergebnis <strong>der</strong> Erfolgs-<br />
Misserfolgsbilanz ist es das Schwierigkeitsniveau, dessen Bewältigung e<strong>in</strong> Mensch<br />
sich zutraut.<br />
• Emotionen bei <strong>der</strong> Ausführung: Während <strong>der</strong> Lerntätigkeit unterliegen die Emotionen<br />
e<strong>in</strong>er Verän<strong>der</strong>ung, je nachdem, welche Schwierigkeiten wahr genommen werden<br />
<strong>und</strong> ob das K<strong>in</strong>d sich auf e<strong>in</strong>em erfolgreichen Weg sieht o<strong>der</strong> nicht.<br />
• Persönliche Bewertung: Die persönliche Bewertung des Resultates kann zwischen<br />
Zufriedenheit <strong>und</strong> Unzufriedenheit schwanken.<br />
Sicheres Wissen <strong>und</strong> Können<br />
In <strong>der</strong> Handlung werden abrufbare, d.h. im Gedächtnis sicher verankerte Kenntnisse, Fähigkeiten<br />
<strong>und</strong> Fertigkeiten (Basisbegriffe, -operationen <strong>und</strong> -strategien) e<strong>in</strong>gesetzt. Alle<strong>in</strong> bezüglich<br />
des Lesens <strong>und</strong> Rechtschreibens ist an Fähigkeiten <strong>in</strong> mehreren riesigen Funktionsbereichen<br />
(auditiv-sprachlich, visuell-figürlich, manuell-motorisch) zu denken, die wie<strong>der</strong>um zusammen<br />
wirken. Sicheres Wissen <strong>und</strong> Können zeichnen sich aus durch Anschaulichkeit (anschauliche<br />
Verankerung <strong>in</strong> Bil<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Vorstellungen), Verb<strong>in</strong>dung mit konkretgegenständlichen<br />
Handlungen, aus denen sie abgeleitet werden können, Verankerung <strong>in</strong><br />
mehreren S<strong>in</strong>nesmodalitäten <strong>und</strong> e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> ergänzende S<strong>in</strong>nzusammenhänge.<br />
16
Das sichere Wissen <strong>und</strong> Können, die anwendbaren Kenntnisse, Fähigkeiten <strong>und</strong> Fertigkeiten<br />
bilden das <strong>in</strong>dividuelle F<strong>und</strong>ament des Lernens.<br />
In Entwicklung bef<strong>in</strong>dliches Wissen <strong>und</strong> Können<br />
Lernen geschieht, <strong>in</strong>dem e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d Neues aufnimmt, erprobt o<strong>der</strong> planmäßig erschließt. Dabei<br />
s<strong>in</strong>d Übertragungsleistungen zu vollbr<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> Flexibilität ist gefor<strong>der</strong>t. Nur so bewegt es<br />
sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Zone <strong>der</strong> nächsten Entwicklung. Das heißt, es muss offen gegenüber neuen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen se<strong>in</strong>, Gelerntes nutzen, geeignete Hilfen aufgreifen <strong>und</strong> Schwierigkeiten nicht<br />
ausweichen.<br />
Der Erwerb neuer Kompetenzen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lernsituation geschieht durch die flexible Anwendung<br />
des vorhandenen Wissens, durch Übertragungsleistungen (Transfer) auf neue Bed<strong>in</strong>gungen.<br />
6.2 Die spezielle <strong>Diagnostik</strong> des Lernenden<br />
Neben <strong>der</strong> Differenzierung des Lernens <strong>und</strong> <strong>der</strong> daraus abzuleitenden Beobachtungs- bzw.<br />
<strong>Diagnostik</strong>bereiche hat sich die diagnostische Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung auch auf die Person <strong>der</strong><br />
bzw. des Lernenden zu konzentrieren:<br />
Probleme <strong>in</strong> <strong>der</strong> Formkonstanzbeachtung<br />
• E<strong>in</strong> Buchstabe, e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er <strong>und</strong> e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> großer Schrift ausgedruckt, wird nicht<br />
als <strong>der</strong>selbe erkannt<br />
• Die Unterscheidung von optisch ähnlichen Buchstaben missl<strong>in</strong>gt<br />
• Bekannte Buchstaben <strong>in</strong> Wörtern werden nur sehr schwer wie<strong>der</strong> erkannt<br />
Probleme <strong>in</strong> <strong>der</strong> Raumwahrnehmung<br />
• Der Sitzplatz im Stuhlkreis wird nicht wie<strong>der</strong> gef<strong>und</strong>en<br />
• Ortsangaben wie „vor“ <strong>und</strong> „h<strong>in</strong>ter“ werden nicht verstanden<br />
• Die Orientierung am Arbeitsplatz fehlt o<strong>der</strong> geht verloren<br />
Probleme mit gestörter Figur-Gr<strong>und</strong>wahrnehmung<br />
• Beim Lesen gerät die Stelle, an <strong>der</strong> gelesen werden, soll aus dem Blick<br />
• Buchstaben werden verwechselt<br />
• Aus dem normalen Geräuschpegel können Anweisungen <strong>der</strong> Lehrer<strong>in</strong> nicht verstanden<br />
werden; Nachfragen s<strong>in</strong>d daher notwendig<br />
Probleme im Bereich <strong>der</strong> Dyspraxie<br />
• Das Verhalten wirkt ungeschickt<br />
• Beim Treppensteigen ist die Gefahr des Stolperns groß<br />
• Unselbstständigkeit macht oft Hilfe erfor<strong>der</strong>lich<br />
• Das Öffnen <strong>und</strong> Schließen von Knöpfen <strong>und</strong> Reißverschlüssen, das Schleifenb<strong>in</strong>den<br />
bereiten große Schwierigkeiten<br />
(Die Dyspraxie steht <strong>in</strong> engem Zusammenhang zu: Körperschema, Halte-, Stell- <strong>und</strong><br />
Gleichgewichtsreaktionen.)<br />
Probleme <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fe<strong>in</strong>motorik<br />
• Der Umgang mit Schere <strong>und</strong> Kleber fällt sehr schwer<br />
• Der Stift wird verkrampft gehalten, <strong>der</strong> Auflagendruck ist groß<br />
• Begrenzungen können beim Ausmalen nicht immer e<strong>in</strong>gehalten werden<br />
• E<strong>in</strong> Punkt kann nur begrenzt fixiert werden<br />
17
• Die Zunge führt beim Arbeiten Mitbewegungen aus<br />
• Beim Essen wird wenig gekaut, weiche o<strong>der</strong> flüssige Nahrung wird bevorzugt<br />
• Beim Schlucken schiebt sich die Zunge stark nach vorne.<br />
Probleme durch gestörte Seitigkeit<br />
• Beim Zeichnen von waagrechten L<strong>in</strong>ien wird <strong>der</strong> Oberkörper o<strong>der</strong> das Blatt gedreht<br />
• Nicht selten wird beim Kreuzen <strong>der</strong> Körpermittell<strong>in</strong>ie die Arbeitshand gewechselt<br />
• Beim Verfolgen e<strong>in</strong>es Gegenstandes mit den Augen kommt es oft beim Kreuzen <strong>der</strong><br />
Körpermittell<strong>in</strong>ie zu ruckhaften Augenbewegungen o<strong>der</strong> zum Zielverlust.<br />
7 E<strong>in</strong>flüsse durch die Person des Beobachters<br />
7.1 Gr<strong>und</strong>haltungen <strong>und</strong> Kompetenzen <strong>der</strong><br />
Beobachtenden<br />
Es gibt e<strong>in</strong>e Reihe von Gr<strong>und</strong>haltungen <strong>und</strong> Kompetenzen, die Beobachter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Beobachter<br />
<strong>in</strong> jedem Fall gegenüber dem zu Beobachtenden zeigen müssen:<br />
• Wertschätzung <strong>der</strong> Person <strong>der</strong>/des zu Beobachtenden<br />
• Empathie<br />
• Echtheit<br />
• Offenheit<br />
• Gute Kenntnis <strong>der</strong> Fähigkeiten, Interessen <strong>und</strong> Bedürfnisse <strong>der</strong> zu beobachtenden<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong> bzw. Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schüler<br />
7.2 Selbstreflexion<br />
Um vorschnelle Wertungen o<strong>der</strong> eventuell bestehende Tendenzen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wahrnehmung von<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>n zu verr<strong>in</strong>gern o<strong>der</strong> auszuschalten, sollte sich die Beobachter<strong>in</strong> bzw. <strong>der</strong> Beobachter<br />
vor <strong>der</strong> Beobachtung folgende Fragen beantworten:<br />
• Was berührt mich bei diesem K<strong>in</strong>d?<br />
• Welche Erwartungen habe ich bei diesem K<strong>in</strong>d?<br />
• Wodurch löst es bei mir Zuwendungs- o<strong>der</strong> Abwehrverhalten aus?<br />
• Was hat dieses Erleben mit me<strong>in</strong>er eigenen Biografie zu tun?<br />
• Was will mir das K<strong>in</strong>d mit se<strong>in</strong>em Verhalten sagen?<br />
• Wo hat sich me<strong>in</strong>e Wahrnehmung des K<strong>in</strong>des durch me<strong>in</strong>e Selbstreflexion verän<strong>der</strong>t?<br />
• Was hat sich im Vergleich zur letzten Beobachtung verän<strong>der</strong>t?<br />
• Mit welcher E<strong>in</strong>stellung <strong>und</strong> Haltung führe ich Elterngespräche?<br />
18
7.3 Beobachtungsfehler<br />
Die Beobachtung wird immer von <strong>in</strong>dividuellen (Stimmungen, Gefühlen, E<strong>in</strong>stellungen, Wissen,<br />
Fähigkeiten <strong>und</strong> Fertigkeiten) <strong>und</strong> sozialen (Wert- <strong>und</strong> Normvorstellungen) Faktoren bestimmt.<br />
Diese können die Beobachtung verfälschen <strong>und</strong> verzerren.<br />
Hier lassen sich dreierlei Arten von Fehlern unterscheiden: Fehler, die<br />
• sich auf die Person, die beobachtet wird beziehen, z.B. durch <strong>der</strong>en une<strong>in</strong>deutiges,<br />
nicht erkennbares Verhalten<br />
• auf den Beobachter zurückzuführen s<strong>in</strong>d z. B. auf se<strong>in</strong>e Erwartungen, vorhergegangene<br />
Informationen o<strong>der</strong> fehlerhafte Er<strong>in</strong>nerungen <strong>und</strong> die<br />
• auf störende Situationen, <strong>in</strong> denen beobachtet wird, wie z.B. Geräusche o<strong>der</strong> technische<br />
Geräte zurückzuführen s<strong>in</strong>d.<br />
Etwas differenzierter betrachtet kann auch unterschieden werden zwischen Fehlern durch:<br />
Überfor<strong>der</strong>te Differenzierungsfähigkeit<br />
Der Beobachter beobachtet zu viele Objekte.<br />
Unscharfe Def<strong>in</strong>itionen<br />
Die Beobachtungse<strong>in</strong>heiten, die unscharf umrissen s<strong>in</strong>d, gewähren zu viel Freiraum für Interpretationen<br />
des Beobachters.<br />
Unvertrautheit mit den Beobachtungse<strong>in</strong>heiten<br />
Der Beobachter beherrscht die Beobachtungse<strong>in</strong>heiten nicht o<strong>der</strong> er ist nicht vertraut mit <strong>der</strong><br />
Kodierung <strong>der</strong> Beobachtungsergebnisse.<br />
Unvertrautheit mit <strong>der</strong> Probandengruppe<br />
Der Beobachter ist nicht vertraut mit den Normen <strong>und</strong> Standards <strong>der</strong> Gruppe, die er beobachten<br />
soll.<br />
E<strong>in</strong>griff <strong>in</strong> den Untersuchungsablauf<br />
Das Verhalten des Beobachters weicht ab von dem Verhalten, das für ihn festgelegt worden<br />
ist.<br />
Implizite Persönlichkeitstheorie<br />
Die Beobachtung unterliegt <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en Neigung, an<strong>der</strong>e Menschen auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> eigenen<br />
Me<strong>in</strong>ung mit e<strong>in</strong>er gewissen Tendenz zu beurteilen.<br />
7.4 Beobachtungsfallen<br />
Die Gefahr, <strong>in</strong> Beobachtungsfallen zu geraten <strong>und</strong> damit die Beobachtungsergebnisse negativ<br />
zu bee<strong>in</strong>flussen besteht bei:<br />
• unklarer Fragestellung<br />
• zu ger<strong>in</strong>ger Beobachtungshäufigkeit<br />
• mangelndem Beobachtertra<strong>in</strong><strong>in</strong>g <strong>und</strong><br />
• ungenauen Aufzeichnungen.<br />
19
Daher s<strong>in</strong>d neben den Beobachtungsthemen <strong>und</strong> ihrer methodischen bzw. <strong>in</strong>haltlichen Gestaltung<br />
auch die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen <strong>und</strong> die Organisation <strong>der</strong> Beobachtung zu kontrollieren.<br />
7.5 Beurteilungsfehler<br />
Aus <strong>der</strong> Wahrnehmungspsychologie ist bekannt, dass Menschen dazu neigen, das wahrzunehmen,<br />
was sie wahrnehmen möchten. Insbeson<strong>der</strong>e Bedürfnisse <strong>und</strong> Motive bee<strong>in</strong>flussen<br />
die menschliche Wahrnehmung erheblich. Fehler s<strong>in</strong>d aber auch denkbar durch folgende Effekte<br />
<strong>und</strong> Tendenzen:<br />
Halo-Effekt bzw. Hofeffekt o<strong>der</strong> Überstrahlungseffekt<br />
Unter mehreren Eigenschaften dom<strong>in</strong>iert e<strong>in</strong>e so, dass sie die Anordnung <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en mitbestimmt.<br />
Es besteht also die Tendenz z.B. attraktive Schüler auch sonst positiver e<strong>in</strong>zuschätzen<br />
(z.B. Intelligenz).<br />
Positionseffekt<br />
Erster o<strong>der</strong> letzter E<strong>in</strong>druck steuern die gesamte Beurteilung.<br />
Milde-Strenge Fehler<br />
Die Tendenz, generell günstige Urteile abzugeben o<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s sympathische Personen<br />
an<strong>der</strong>s zu beurteilen (E<strong>in</strong> Lehrer beurteilt eigene Schüler als beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong>telligent).<br />
Zentrale Tendenz<br />
Der Beurteiler bevorzugt neutrale (Mittelwertorientierung) <strong>und</strong> meidet extreme Urteile.<br />
Kontrastfehler o<strong>der</strong> Ähnlichkeitsfehler<br />
Beim Beobachteten werden Eigenschaften erkannt, die <strong>der</strong> Beurteilende sich selbst abspricht<br />
o<strong>der</strong> die er sich selbst zuschreibt.<br />
Erwartungseffekt<br />
Der Beurteiler lässt sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Schlussfolgerungen von ungeprüften Hypothesen leiten.<br />
Logischer Fehler<br />
Das Urteil ist verzerrt durch die implizite Annahme über logische Zusammengehörigkeit bestimmter<br />
Merkmale (zum Beispiel nicht-deutsche Schüler s<strong>in</strong>d weniger <strong>in</strong>telligent).<br />
20
8 Der Weg von <strong>der</strong> Beobachtung zur <strong>För<strong>der</strong>ung</strong><br />
Wie stelIt sich das Problem dar (<strong>För<strong>der</strong>ung</strong>, Verhaltensän<strong>der</strong>ung etc.)?<br />
Welchen Anteil haben die äußeren Bed<strong>in</strong>gungen am Problem?<br />
Welchen Anteil (me<strong>in</strong> Unterricht, die ausgewählten Themen, me<strong>in</strong>e pädagogischen<br />
bzw. erzieherischen Kompetenzen) habe ich am Problem?<br />
Was s<strong>in</strong>d die Teilaspekte des Problems?<br />
S<strong>in</strong>d die Teilaspekte nach Prioritäten (Dr<strong>in</strong>glichkeit, logische Verkettung von<br />
Schritten) geordnet?<br />
Was ist me<strong>in</strong> Ziel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung des Problems/Themas?<br />
Welche Teilaspekte des Problems gehe ich als erstes an?<br />
Welche Wirkung könnten die zuerst verän<strong>der</strong>ten Teilaspekte auf die Teilaspekte<br />
haben, die anschließend angegangen werden sollen?<br />
Wie lauten die Indikatoren, die das Teilproblem beobachtbar machen?<br />
Für welche Aspekte liegen bereits Daten (z.B. Noten im H<strong>in</strong>blick auf Leistung, Notizen<br />
im H<strong>in</strong>blick auf Lernmotivation, Werkstücke im H<strong>in</strong>blick auf motorische Fähigkeiten,<br />
Kreativität <strong>und</strong> Wahrnehmung) vor?<br />
Für welche(n) Aspekt(e) müssen Daten erhoben werden?<br />
(Es empfiehlt sich aus Gründen <strong>der</strong> besseren Realisierbarkeit die Beschränkung auf e<strong>in</strong>en Verän<strong>der</strong>ungsaspekt)<br />
Mit welchen Methoden können die erfor<strong>der</strong>lichen Daten erhoben werden?<br />
21
Was s<strong>in</strong>d die Bed<strong>in</strong>gungen unter denen die Daten erhoben werden?<br />
B<strong>in</strong> ich mit <strong>der</strong> Fragestellung bzw. <strong>der</strong> Beobachtungsaufgabe vertraut?<br />
Welches Ziel steht h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong> Datenerhebung?<br />
Wann wird die Datenerhebung erfolgen?<br />
Welche Ergebnisse erbrachte die Datenerhebung?<br />
Wie werden die erhobenen Daten dokumentiert?<br />
Worauf muss bei <strong>der</strong> Interpretation <strong>der</strong> Ergebnisse geachtet werden?<br />
An wen werden die gewonnenen Daten weiter gegeben <strong>und</strong> zu welchem Zweck (Eltern,<br />
Kolleg<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Kollegen, Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schüler, von denen die Daten<br />
stammen)?<br />
Welche Schwerpunkte <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> s<strong>in</strong>d auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Ergebnisse anzugehen;<br />
durch welche Maßnahmen können Verhaltensprobleme reduziert werden?<br />
9 Auswertung, Interpretation, Dokumentation<br />
<strong>und</strong> Datenschutz<br />
9.1 Auswertung<br />
Bei <strong>der</strong> Auswertung <strong>der</strong> Beobachtungsergebnisse s<strong>in</strong>d folgende Kriterien zu berücksichtigen:<br />
• Welche Signale können tatsächlich beobachtet werden (Wohlbef<strong>in</strong>den, Missbehagen,<br />
Beteiligung, Des<strong>in</strong>teresse, Wi<strong>der</strong>stand)?<br />
• Welche Hypothesen formulieren die auswertenden Lehrer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Lehrer?<br />
22
• Welche Fragen, Interessen, Wünsche signalisiert das K<strong>in</strong>d?<br />
9.2 Interpretation<br />
Bei <strong>der</strong> Interpretation <strong>der</strong> Ergebnisse von Beobachtungen s<strong>in</strong>d zwei Aspekte handlungsleitend:<br />
• Durch welche För<strong>der</strong>maßnahmen können die K<strong>in</strong><strong>der</strong>kompetenzen gestärkt werden?<br />
• Welche Verän<strong>der</strong>ungen im Handeln <strong>der</strong> Lehrer<strong>in</strong> o<strong>der</strong> des Lehrers s<strong>in</strong>d erfor<strong>der</strong>lich?<br />
9.3 Ziel <strong>der</strong> Dokumentation<br />
Dokumentationen von Beobachtung können unterschiedliche Ziele haben: Sie können <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Weitergabe <strong>der</strong> Beobachtungsdaten liegen wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> anstehenden Entscheidung über anschließende<br />
Maßnahmen. Die Dokumentation dient aber auch den Beobachtungsdaten:<br />
• Gestaltung zukünftiger pädagogischer o<strong>der</strong> erzieherischer Angebote<br />
• Information <strong>der</strong> Eltern o<strong>der</strong> (mit E<strong>in</strong>verständnis <strong>der</strong> Eltern) die Weitergabe <strong>der</strong> Informationen<br />
an Schule o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e E<strong>in</strong>richtungen<br />
• Begründung beson<strong>der</strong>er Maßnahmen durch Schulpsychologe, Arzt etc.<br />
• Zuschreibungsfehler, Stereotypien erkennbar machen.<br />
9.4 Formen <strong>der</strong> Dokumentation<br />
Die Wahl <strong>der</strong> Dokumentation von Beobachtung richtet sich nach den <strong>in</strong>haltlichen Erfor<strong>der</strong>nissen<br />
o<strong>der</strong> nach den technischen Möglichkeiten:<br />
• Video- bzw. Tonaufzeichnungen<br />
• Schriftliche Aufzeichnungen<br />
• Sammeln von Produkten des Arbeitens <strong>und</strong> Lernens<br />
• Nutzung von bereits vorhandenen Daten bzw. Quellen<br />
Es empfiehlt sich e<strong>in</strong>e Beobachtungsmappe für jedes K<strong>in</strong>d anzulegen <strong>in</strong> <strong>der</strong> neben den Beobachtungsaufzeichnungen,<br />
den „Werkstücken“ des e<strong>in</strong>zelnen K<strong>in</strong>des, den Notizen über Absprachen,<br />
Me<strong>in</strong>ungen <strong>und</strong> Informationen <strong>der</strong> Kolleg<strong>in</strong>nen auch sämtliche Gesprächsnotizen<br />
mit den Eltern gesammelt werden.<br />
23
9.5 Umgang mit den Daten <strong>und</strong> Datenschutz<br />
Beson<strong>der</strong>s im H<strong>in</strong>blick auf die potentielle Weitergabe von Daten an Dritte sollte die Form<br />
<strong>der</strong> Darstellung folgenden Kriterien genügen:<br />
• Darstellung <strong>der</strong> <strong>in</strong>tra<strong>in</strong>dividuellen Entwicklung<br />
• ke<strong>in</strong>e Bewertung<br />
• Stärken des K<strong>in</strong>des <strong>und</strong> Bereiche beson<strong>der</strong>er <strong>För<strong>der</strong>ung</strong>snotwendigkeit<br />
• konkrete Handlungsmuster <strong>und</strong> Situationen<br />
Für die Lehrer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Lehrer an Gr<strong>und</strong>schulen gilt für die Weitergabe von Informationen<br />
das Elternrecht.<br />
10 För<strong>der</strong>maßnahmen<br />
10.1 Die Lernausgangslage<br />
Die Heterogenität <strong>in</strong> den Gr<strong>und</strong>schulen hat <strong>in</strong> den letzten Jahren durch folgende Ursachen <strong>in</strong><br />
beson<strong>der</strong>em Maße zugenommen:<br />
• Familienstrukturen haben sich verän<strong>der</strong>t <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em größeren Maße als stabilitätsgefährdet<br />
anzusehen<br />
• Durch die Verstärkung des Multikulturellen wächst e<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> zweisprachig<br />
auf, e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Teil beherrscht die deutsche Sprache nur unzulänglich<br />
• Das E<strong>in</strong>schulungsalter umfasst faktisch die Zeitspanne von 36 Monaten. K<strong>in</strong><strong>der</strong> können<br />
vorzeitig o<strong>der</strong> regulär e<strong>in</strong>geschult o<strong>der</strong> zurückgestellt werden<br />
• Die Zahl <strong>der</strong> Teilleistungsstörungen hat zugenommen, die Sensibilität dafür ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Maße gestiegen, das nicht dem <strong>der</strong> adäquaten Hilfeangebote entspricht<br />
• Die Zahl von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n mit Verhaltensauffälligkeiten (z.B. ADS) sowie Entwicklungsauffälligkeiten,<br />
<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> den Bereichen Sprache <strong>und</strong> Bewegung <strong>und</strong> die Zahl <strong>der</strong><br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>, <strong>der</strong>en Sauberkeitserziehung noch nicht abgeschlossen ist, ist gestiegen.<br />
Deshalb ist präzise <strong>und</strong> dauerhafte Beobachtung <strong>und</strong> Diagnose unerlässlich, um immer<br />
wie<strong>der</strong> mit geeigneten För<strong>der</strong>maßnahmen nachzusetzen.<br />
10.2 Die För<strong>der</strong>diagnostik<br />
Wann ist e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e för<strong>der</strong>diagnostische Untersuchung notwendig?<br />
Wenn für K<strong>in</strong><strong>der</strong> neu geklärt werden muss, welche kognitiven, sozialen <strong>und</strong> emotionalen<br />
Lernziele angemessen s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> wie die Inhalte vermittelt werden können, kann es sich dabei<br />
sowohl um Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schüler mit Lernschwierigkeiten aber auch um schneller<br />
lernende Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schüler mit beson<strong>der</strong>en Fähigkeiten handeln.<br />
För<strong>der</strong>diagnostik zeichnet sich durch folgende Qualitätsmerkmale aus:<br />
Sie<br />
24
• verb<strong>in</strong>det die Analyse von Lernsituationen, <strong>in</strong> denen e<strong>in</strong> guter Lernfortschritt erzielt<br />
wurde, mit <strong>der</strong> Analyse unbefriedigen<strong>der</strong> Bemühungen<br />
• trägt dazu bei, dass sowohl Pädagog<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Pädagogen als auch das K<strong>in</strong>d <strong>und</strong><br />
se<strong>in</strong>e Eltern Wissen über sich selbst <strong>und</strong> ihren Anteil an <strong>der</strong> Situation gew<strong>in</strong>nen.<br />
• dient <strong>der</strong> Zusammenarbeit im Team<br />
• dient <strong>der</strong> Erklärung <strong>der</strong> Problemlage aus den Wirkungsgefügen <strong>in</strong>nerer <strong>und</strong> äußerer<br />
Bed<strong>in</strong>gungen des Schülers heraus<br />
• dient <strong>der</strong> För<strong>der</strong>planung als Weiterentwicklung <strong>der</strong> flexiblen pädagogischen Orientierungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
(Arbeitskonzepte), die als <strong>in</strong>dividuelle Lernför<strong>der</strong>ung verstanden<br />
wird.<br />
Man unterscheidet vier e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> ergänzende Formen <strong>der</strong> För<strong>der</strong>diagnostik<br />
1. För<strong>der</strong>diagnostische Lernbeobachtung<br />
2. Analyse <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen Lebens- <strong>und</strong> Lernsituation<br />
3. Spezielle För<strong>der</strong>diagnostik bei spezifischen Problemen<br />
4. Selbstreflexive Analyse<br />
10.3 Ableitung von Schwerpunkten <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen<br />
Lernför<strong>der</strong>ung<br />
Die Lernbeobachtung führt zur Ableitung von Schwerpunkten <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen Lernför<strong>der</strong>ung<br />
<strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Lernbereichen. Im E<strong>in</strong>zelfall werden verschiedene Schwerpunkte komb<strong>in</strong>iert.<br />
Nachfolgend werden mögliche <strong>und</strong> häufig relevante Schwerpunkte <strong>und</strong> entsprechende<br />
Maßnahmen vorgestellt.<br />
Schwerpunkte zur Verbesserung <strong>der</strong> Aufmerksamkeit<br />
• Verbesserung <strong>der</strong> Gerichtetheit auf den Lerngegenstand <strong>und</strong> <strong>der</strong> Planmäßigkeit<br />
• Verbesserung <strong>der</strong> laut- <strong>und</strong> <strong>in</strong>nersprachlichen Steuerung<br />
• Verbesserung des Reizangebotes <strong>und</strong> <strong>der</strong> Abschirmung von Ablenkungen<br />
• Verbesserung <strong>der</strong> Balance von Beanspruchung <strong>und</strong> Erholung<br />
Schwerpunkte zur Verbesserung <strong>der</strong> Motivation<br />
• Verbesserung <strong>der</strong> Anstrengungsbereitschaft<br />
• Verbesserung des Gefühls <strong>der</strong> sozialen Zugehörigkeit <strong>und</strong> des Beitragen-Könnens<br />
• Verbesserung des Selbstwertgefühls beim Lernen<br />
• Verbesserung <strong>der</strong> Freude an <strong>der</strong> Tätigkeit<br />
Schwerpunkte zur Stabilisierung des Ausgangsniveaus <strong>und</strong> zur Weiterentwicklung <strong>der</strong><br />
Kenntnisse, Fähigkeiten <strong>und</strong> Fertigkeiten des K<strong>in</strong>des<br />
Das K<strong>in</strong>d soll Anfor<strong>der</strong>ungen erhalten, von denen aus es sich weiterentwickeln kann. Weiterentwickeln<br />
kann es sich von dort aus, wo es ke<strong>in</strong>e Hilfe benötigt, gestützt auf das Wissen<br />
25
<strong>und</strong> die Strategien, die es anwendungsbereit beherrscht. Auf die Stabilisierung des Ausgangsniveaus<br />
ist deshalb großer Wert zu legen.<br />
Die Verbesserung <strong>der</strong> <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> kann sich dann beziehen auf die<br />
• Herausbildung anschaulicher Vorstellungen<br />
• Arbeit mit Arbeitsmitteln<br />
• E<strong>in</strong>beziehung unterschiedlicher S<strong>in</strong>nesmodalitäten<br />
• Querverb<strong>in</strong>dungen zur Erfahrenswelt des K<strong>in</strong>des <strong>und</strong> Verstärkung handlungsorientierter<br />
Ansätze<br />
• Offenheit gegenüber neuen Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> den Umgang mit Schwierigkeiten<br />
• Selbsthilfehandlungen<br />
• bewertungsfreien Gestaltungsaufgaben zur <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> Kreativität<br />
10.4 För<strong>der</strong>empfehlungen<br />
Die För<strong>der</strong>empfehlung def<strong>in</strong>iert sich als konkrete Aussage zu Angeboten <strong>und</strong> Maßnahmen<br />
<strong>der</strong> <strong>För<strong>der</strong>ung</strong>. Die För<strong>der</strong>empfehlung gibt Antworten auf folgende Fragen:<br />
• Wie sieht <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitige Lern-, Leistungs- <strong>und</strong> Entwicklungsstand des K<strong>in</strong>des aus?<br />
• Was kennzeichnet se<strong>in</strong> Lernverhalten?<br />
• Wo hat es beson<strong>der</strong>en, vordr<strong>in</strong>glichen För<strong>der</strong>bedarf?<br />
• Wie kann ich als Lehrer<strong>in</strong>/als Lehrer diesem För<strong>der</strong>bedarf entsprechen?<br />
• Wie können sich die (Fach)Kolleg<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Kollegen an <strong>der</strong> <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> beteiligen?<br />
• Was können die Eltern tun?<br />
• Was kann das K<strong>in</strong>d selbst beitragen?<br />
Die Antworten auf diese Fragen münden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Lern- <strong>und</strong> För<strong>der</strong>empfehlung. Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong><br />
För<strong>der</strong>empfehlung ist die <strong>in</strong>dividuelle För<strong>der</strong>planung.<br />
10.5 Qualitätskriterien des För<strong>der</strong>plans<br />
Die Qualitätskriterien des För<strong>der</strong>plans s<strong>in</strong>d:<br />
• prozessorientierte <strong>und</strong> systemische Sichtweise<br />
• nur wichtige Informationen<br />
• Beobachtungs- <strong>und</strong> Dokumentationskriterien<br />
• vordr<strong>in</strong>gliche Ziele <strong>und</strong> konkrete Maßnahmen <strong>und</strong> För<strong>der</strong>angebote<br />
• Orientierung an fachdidaktischen, lerntheoretischen <strong>und</strong> entwicklungspsychologischen<br />
Kriterien<br />
• Def<strong>in</strong>ition von Verantwortlichkeiten<br />
• Nachvollziehbarkeit <strong>und</strong> Kommunizierbarkeit<br />
• Term<strong>in</strong>planung<br />
• Ökonomie <strong>und</strong> Realisierbarkeit<br />
26
10.6 Der Prozess <strong>der</strong> För<strong>der</strong>planung<br />
Aufnahme des gegenwärtigen<br />
Lern- <strong>und</strong> Entwicklungsstandes<br />
Feststellung des vordr<strong>in</strong>glichen<br />
För<strong>der</strong>bedarfs<br />
Auswahl von Aufgaben<br />
für die Beobachtung<br />
Detailgenaue Beobachtung <strong>der</strong><br />
Aufgabenlösung <strong>und</strong><br />
Unterstützungsdialog<br />
Auswertung <strong>und</strong> Dokumentation<br />
<strong>der</strong> Ergebnisse<br />
Ableitung von Schwerpunkten<br />
<strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen Lernför<strong>der</strong>ung<br />
Erarbeitung <strong>der</strong><br />
Orientierungsgr<strong>und</strong>lage für die<br />
<strong>För<strong>der</strong>ung</strong><br />
Evaluation <strong>der</strong> För<strong>der</strong>maßnahme<br />
27
Wie soll e<strong>in</strong>e För<strong>der</strong>planarbeit angelegt werden?<br />
För<strong>der</strong>planarbeit soll <strong>der</strong> Erarbeitung <strong>und</strong> Fixierung <strong>der</strong> wesentlichsten Ziele <strong>und</strong> Maßnahmen<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Koord<strong>in</strong>ation <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen För<strong>der</strong>aktivitäten dienen:<br />
1. Die Erarbeitung geme<strong>in</strong>samer För<strong>der</strong>pläne ist e<strong>in</strong> Mittel, um Zielstrebigkeit <strong>und</strong> Erfolgskontrolle<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> zu verbessern <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e gute pädagogische Kooperation<br />
zu erreichen.<br />
2. För<strong>der</strong>planarbeit beschränkt sich nicht auf das schriftliche Ergebnis, son<strong>der</strong>n konzentriert<br />
sich vor allem auf den Prozess <strong>der</strong> Ursachensuche, des Planens <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen<br />
För<strong>der</strong>bemühungen <strong>und</strong> <strong>der</strong> kritischen Ergebniskontrolle. Sie ist e<strong>in</strong> regelmäßiger<br />
Austausch über den Entwicklungsverlauf des K<strong>in</strong>des, den Erfolg von För<strong>der</strong>angeboten<br />
<strong>und</strong> die Aufgabenverteilung.<br />
3. För<strong>der</strong>pläne dürfen ke<strong>in</strong>e Fesseln anlegen. Die manchmal vorgeschlagenen, langen<br />
diagnostischen Inventarlisten entsprechen we<strong>der</strong> den fachdidaktischen Erkenntnissen<br />
(z.B. zum Erlernen <strong>der</strong> Operationen mit Zahlen o<strong>der</strong> zum Erwerb <strong>der</strong> Rechtschreibung)<br />
noch genügen sie <strong>der</strong> pädagogischen Handlungslogik.<br />
4. Die an den Beratungen beteiligten Personen haben naturgemäß ke<strong>in</strong>e identischen<br />
pädagogischen Konzepte <strong>und</strong> Auffassungen über die bei dem K<strong>in</strong>d bestehenden<br />
Entwicklungsbed<strong>in</strong>gungen <strong>und</strong> Ursachen. Beratungen - <strong>und</strong> damit auch die För<strong>der</strong>planarbeit<br />
- können nur bei e<strong>in</strong>em kooperativen Beratungsstil gel<strong>in</strong>gen. Bei ke<strong>in</strong>em<br />
<strong>der</strong> Beteiligten darf <strong>der</strong> E<strong>in</strong>druck entstehen, es gehe um Machtpositionen, Wichtiges<br />
werde verschwiegen, man werde übervorteilt, es werde nicht mit offenen Karten gespielt.<br />
Offenheit, Transparenz, Konsensbestreben, Begründung <strong>und</strong> Verständlichkeit<br />
s<strong>in</strong>d Gr<strong>und</strong>sätze, die e<strong>in</strong>en Erfolg überhaupt erst ermöglichen. Die Erarbeitung von<br />
För<strong>der</strong>plänen strebt e<strong>in</strong>en Konsens h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Ziele <strong>und</strong> Maßnahmen an. Dadurch<br />
erhalten die Beratungsergebnisse ihre Bedeutung <strong>und</strong> ihr Gewicht. Bei den beteiligten<br />
Pädagogen s<strong>in</strong>d kommunikative Fähigkeiten <strong>und</strong> <strong>der</strong> Ausschluss von Macht-<br />
<strong>und</strong> Dom<strong>in</strong>anzdenken nötig, sonst ist die geme<strong>in</strong>same Beratung zum Scheitern verurteilt.<br />
Der „Unterlegene“ würde bald nach <strong>der</strong> Beratung manche Bestätigung se<strong>in</strong>er<br />
Argumente aufspüren, nicht wirklich mitarbeiten <strong>und</strong> <strong>in</strong>nerlich neu „aufrüsten“.<br />
10.7 Die Gestaltung des För<strong>der</strong>empfehlungs-Gesprächs<br />
Die Gestaltung <strong>der</strong> För<strong>der</strong>empfehlungen durch das Gespräch mit den Eltern orientiert sich<br />
an folgenden Aspekten:<br />
• Gesamtüberblick über aktuellen Lernstand geben<br />
• För<strong>der</strong>plan <strong>und</strong> vordr<strong>in</strong>gliche Anliegen vorstellen<br />
• geplante För<strong>der</strong>maßnahmen angeben<br />
• Fragen <strong>der</strong> Eltern beantworten, Anregungen e<strong>in</strong>beziehen<br />
• geplante <strong>und</strong> realisierbare Mitarbeit <strong>der</strong> Eltern vere<strong>in</strong>baren<br />
28
11 Empfohlene Literatur<br />
Albert, M., Fenle, M. & Hagen, M.:<br />
Von Stolperste<strong>in</strong>en <strong>und</strong> Wunschsternen. Zuhörtipps für K<strong>in</strong><strong>der</strong>.<br />
Die Gr<strong>und</strong>schule, 2/2004<br />
Barth, K.:<br />
Die Diagnostischen E<strong>in</strong>schätzskalen (DES) zur Beurteilung des Entwicklungsstandes <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> Schulfähigkeit.<br />
München 2001 (3)<br />
Bartnitzky. H. & Speck-Hamdan, A, (Hrsg.)<br />
Leistungen <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> wahrnehmen – würdigen – för<strong>der</strong>n<br />
Frankfurt/M: Gr<strong>und</strong>schulverband – arbeitskreis Gr<strong>und</strong>schule<br />
B<strong>in</strong><strong>der</strong>, I., Hagen, M., Hemmer-Schanze, C., Huber, L. & Kahlert, J.:<br />
GanzOhrSe<strong>in</strong>: Hören <strong>und</strong> Zuhören <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule.<br />
Die Gr<strong>und</strong>schule, 2/2004<br />
Christiani, R. (Hrsg.):<br />
Schule<strong>in</strong>gangsphase: neu gestalten. Diagnostische Vorgehen – Differenziertes För<strong>der</strong>n <strong>und</strong><br />
För<strong>der</strong>pläne – Jahrgangsübergreifendes Unterrichten.<br />
Cornelsen Scriptor, 2004<br />
E<strong>in</strong>siedler, W. & Kirschhock, E-M.:<br />
Forschungsergebnisse zur phonologischen Bewusstheit.<br />
Die Gr<strong>und</strong>schule 9/2003<br />
Forster, M. & Martsch<strong>in</strong>ke, S.:<br />
Diagnose <strong>und</strong> <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> im Schriftspracherwerb. Leichter lesen <strong>und</strong> schreiben lernen mit<br />
<strong>der</strong> Hexe Susi. Übungen <strong>und</strong> Spiele zur <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> phonologischer Bewusstheit.<br />
Donauwörth 2002 (2).<br />
Frank, A., Kirschhock, E-M. & Martsch<strong>in</strong>ke, S.:<br />
Der R<strong>und</strong>gang durch Hörhausen.<br />
Erhebungsverfahren zur phonologischen Bewusstheit<br />
Auer: Donauwörth; 2001<br />
Hacker, H.; 1998<br />
Vom K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten zur Gr<strong>und</strong>schule<br />
Bad Heilbrunn: Kl<strong>in</strong>kardt<br />
Hagen, M., Huber, L./ & Kahlert, J.:<br />
Wie hört sich unsere Schule an? Den „Hörraum Schule gestalten“.<br />
Gr<strong>und</strong>schule 2/2004<br />
Hofmann, J. (Hrsg.), 2003<br />
För<strong>der</strong>diagnostische Lernbeobachtung<br />
Brandenburg: Landes<strong>in</strong>stitut für Schule <strong>und</strong> Medien<br />
Imhof, M.:<br />
„Hör doch e<strong>in</strong>fach zu!“<br />
Von <strong>der</strong> Schwierigkeit, zuhören zu lernen <strong>und</strong> zu lehren.<br />
Die Gr<strong>und</strong>schule, 2/2004<br />
Kammermeyer, G.; 2000<br />
Schulfähigkeit<br />
Bad Heilbrunn: Kl<strong>in</strong>khardt<br />
29
Klatte, M., Meis, M., Nocke, C. & Schick, A.:<br />
Lernumwelt = Lärmumwelt?! Akustische Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> Schulen <strong>und</strong> ihre Auswirkungen<br />
auf das Lernen.<br />
Die Gr<strong>und</strong>schule, 2/2004<br />
Küspert, P. & Schnei<strong>der</strong>, W.:<br />
Hören, lauschen, lernen.<br />
Gött<strong>in</strong>gen 2002 (3)<br />
Kretschmann, R.<br />
„Pädagnostik“ – zur <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> Diagnosekompetenz von Lehrer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Lehrern<br />
<strong>in</strong>: Bartnitzky, H. & Speck-Hamdan (Hrsg.)<br />
Leistungen <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> wahrnehmen – würdigen – för<strong>der</strong>n<br />
Gr<strong>und</strong>schulverband – Arbeitskreis Gr<strong>und</strong>schule e.V.<br />
Frankfurt 2004<br />
Kretschmann, R., Dobr<strong>in</strong>dt, Y. & Behr<strong>in</strong>g, K.:<br />
Prozessdiagnose <strong>der</strong> Schriftsprachkompetenz <strong>in</strong> den Schuljahren 1 <strong>und</strong> 2.<br />
Horneburg/Nie<strong>der</strong>elbe 1999 (2)<br />
Lehner, A.:<br />
Systematische Schülerbeobachtungen. Gr<strong>und</strong>lage für <strong>in</strong>dividuelle <strong>För<strong>der</strong>ung</strong>, Lernerfolg<br />
<strong>und</strong> Bewertung.<br />
Gr<strong>und</strong>schulmagaz<strong>in</strong> 6/2004<br />
Lorenz, J.-H.:<br />
<strong>Diagnostik</strong> mathematischer Fähigkeiten <strong>in</strong> Klasse 1 <strong>und</strong> 2<br />
Die Gr<strong>und</strong>schule 5/2003<br />
Martsch<strong>in</strong>ke, S., Kirschhock, E-M. & Frank, A.:<br />
Diagnose <strong>und</strong> <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> im Schriftspracherwerb. Der R<strong>und</strong>gang durch Hörhausen. Erhebungsverfahren<br />
zur phonologischen Bewusstheit.<br />
Donauwörth 2002 (2)<br />
Petillon, H.; 2004<br />
Schulanfang<br />
<strong>in</strong>: E. Friedrich Verlag (Hrsg.)<br />
Schüler 2004 Aufwachsen. Die Entwicklung von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen<br />
S. 28-32.<br />
Probst, H.:<br />
Testaufgaben zum E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> die Schriftsprache.<br />
Horneburg/Nie<strong>der</strong>elbe 2002.<br />
Thiesen, P.; 2003<br />
Beobachten <strong>und</strong> Beurteilen <strong>in</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten, Hort <strong>und</strong> Heim<br />
We<strong>in</strong>heim: Beltz<br />
Ulbricht, H.; 2003<br />
Die Lernausgangslage<br />
Möglichkeiten <strong>der</strong> för<strong>der</strong>diagnostischen Begleitung von Gr<strong>und</strong>schülern<br />
Schulleiterfortbildung, Landshut<br />
30
12 Anhang<br />
12.1 Die Beobachtung von k<strong>in</strong>dlichen Verhaltensweisen<br />
12.1.1 Was können drei- bis siebenjährige K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
Um Beobachtungsaufträge zu formulieren o<strong>der</strong> Bereiche pädagogischer <strong>Diagnostik</strong> zu def<strong>in</strong>ieren,<br />
bedarf es e<strong>in</strong>es Wissens über die Fähigkeiten <strong>und</strong> Kompetenzen von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n, damit<br />
die <strong>in</strong>dividuumsbezogenen Erwartungen <strong>und</strong> daraus eventuell resultierenden För<strong>der</strong>maßnahmen<br />
e<strong>in</strong>e normative d.h. empirisch belegte Basis haben. E<strong>in</strong>e solche Basis hat Andreas<br />
Frey vom Zentrum für empirische pädagogische Forschung, Landau, gelegt. Die nachfolgend<br />
dargestellten Ergebnisse se<strong>in</strong>er Untersuchung an 3456 K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>der</strong> Altersspanne von drei<br />
bis sieben Jahren bezieht sich auf 12 Fähigkeitsdimensionen <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d folgen<strong>der</strong>maßen aufzuschlüsseln:<br />
Aufgabenorientierung<br />
• Aufgabenausführung<br />
• Sorgfältiges, zügiges <strong>und</strong> selbständiges Arbeiten<br />
• Umgang mit Material<br />
• Aufgabenverständnis<br />
• Aufgabenbeendigung<br />
Kognitive Gr<strong>und</strong>fähigkeiten (Erstlesen, Rechnen, Schreiben)<br />
• Farben <strong>und</strong> Formen erkennen<br />
• Mengen erkennen<br />
• Zählen<br />
• Buchstaben erkennen<br />
• Kle<strong>in</strong>e Rechenaufgaben lösen<br />
• Wörter lesen <strong>und</strong> schreiben<br />
Kommunikative Fertigkeiten<br />
• Auf Gesprächspartner e<strong>in</strong>stellen<br />
• Ihm antworten<br />
• Gesprächspartner anschauen<br />
• Gesprächspartner ausreden lassen<br />
Sprachliche Reflexivität<br />
• Probleme <strong>und</strong> Konflikte sprachlich lösen<br />
• Vorschläge machen<br />
• Selbstkorrektur bei falschen Ausdrücken<br />
Spiel<strong>in</strong>tensität<br />
• Ausdauerndes Spiel<br />
• Spiele<strong>in</strong>fälle entwickeln<br />
• Spielideen aufgreifen<br />
• Auf Spiel e<strong>in</strong>lassen<br />
Sprachentwicklung<br />
• Deutliches Sprechen <strong>und</strong> Ausdrücken<br />
• Viele verschiedene Wörter benutzen<br />
• Grammatikalisch korrekt ausdrücken<br />
31
• E<strong>in</strong>e Geschichte wörtlich o<strong>der</strong> zusammenhängend nacherzählen<br />
• Wortschatz<br />
Literaturverständnis<br />
• Bil<strong>der</strong>bücher betrachten<br />
• Lesen <strong>und</strong> Schreiben „so tun als ob“<br />
• Bil<strong>der</strong>bücher kennen<br />
• Bil<strong>der</strong>bücher nacherzählen<br />
Fe<strong>in</strong>motorik<br />
• Bewegungen, die mittels kle<strong>in</strong>erer Muskelgruppen ausgeführt werden z.B. Flasche aufdrehen,<br />
Perlen auffädeln, Flüssigkeit <strong>in</strong> Glas gießen<br />
Grobmotorik<br />
• Bewegungen, die durch größere Muskelgruppen erzeugt werden z.B. auf Zehenspitzen<br />
gehen, e<strong>in</strong>en Ball fangen, alle<strong>in</strong>e schaukeln<br />
Medientechnisches Verhalten<br />
• Technische Geräte (CD-Player, Fotoapparat, Fernseher) bedienen<br />
• Umgang mit dem Computer<br />
Aggressives Verhalten<br />
• Streit suchen<br />
• Schlagen<br />
• Spielzeug wegnehmen<br />
• Spielergebnisse zerstören<br />
• Rücksichtsloses Verhalten<br />
Schüchternheit<br />
• Stilles <strong>und</strong> zurückhaltendes Verhalten <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Gruppe<br />
• Leises Sprechen<br />
• Wenig Sprechen (auf Frage antworten, nur mit wenigen K<strong>in</strong><strong>der</strong>n unterhalten)<br />
12.1.2 Die Interpretation <strong>der</strong> gef<strong>und</strong>enen Ergebnisse<br />
FREY stellt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Interpretation <strong>der</strong> Ergebnisse verschiedene Variablen <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong><br />
<strong>und</strong> macht dabei folgende Feststellungen:<br />
Variable: Alter<br />
• Mit zunehmendem Alter nehmen die k<strong>in</strong>dlichen Fähigkeiten zu<br />
• In <strong>der</strong> ersten Klasse verbessern sich die Fähigkeitsdimensionen kognitive Gr<strong>und</strong>fähigkeiten,<br />
Literaturverständnis <strong>und</strong> medientechnisches Verhalten<br />
• Die Fähigkeitsdimensionen Aufgabenorientierung, Kommunikation <strong>und</strong> Sprache sowie<br />
aggressives Verhalten verschlechtern sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten Klasse<br />
Variable: Geschlecht<br />
• In allen Altersstufen haben Mädchen höhere Fähigkeiten als Jungen<br />
• Bei den Fähigkeitsdimensionen medientechnisches Verhalten <strong>und</strong> Schüchternheit gibt es<br />
<strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Altersstufen ke<strong>in</strong>e geschlechtsspezifischen Unterschiede<br />
• Bei den Fähigkeitsdimensionen Aufgabenorientierung, kognitive Gr<strong>und</strong>fähigkeiten, Kommunikation<br />
<strong>und</strong> Sprache, Spiel<strong>in</strong>tensität, Sprachentwicklung, Literaturverständnis, Grob-<br />
32
<strong>und</strong> Fe<strong>in</strong>motorik sowie aggressives Verhalten s<strong>in</strong>d fast über alle Altersstufen h<strong>in</strong>weg die<br />
Mädchen fähiger als die Jungen<br />
Variable: Muttersprache<br />
• In allen Altersstufen haben K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit deutscher Muttersprache bei fast allen Fähigkeitsdimensionen<br />
höhere Fähigkeiten als K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit an<strong>der</strong>er Muttersprache<br />
• Bei den Fähigkeitsdimensionen Grob- <strong>und</strong> Fe<strong>in</strong>motorik gibt es <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Altersstufen<br />
ke<strong>in</strong>e Unterschiede<br />
• Bei den Fähigkeitsdimensionen Aufgabenorientierung, kognitive Gr<strong>und</strong>fähigkeiten, Kommunikation<br />
<strong>und</strong> Sprache, Spiel<strong>in</strong>tensität, Sprachentwicklung, Literaturverständnis, aggressives<br />
Verhalten <strong>und</strong> Schüchternheit s<strong>in</strong>d über alle Altersstufen h<strong>in</strong>weg die K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit<br />
deutscher Muttersprache kompetenter als K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit an<strong>der</strong>er Muttersprache<br />
• Bei <strong>der</strong> Fähigkeitsdimension medientechnisches Verhalten haben die K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit an<strong>der</strong>er<br />
Muttersprache e<strong>in</strong>en „Vorsprung“<br />
Variable: Region<br />
• Größtenteils unterscheiden sich die k<strong>in</strong>dlichen Fähigkeiten je nach Region selten<br />
• Innerhalb <strong>der</strong> Fähigkeitsdimensionen Aufgabenorientierung, Kommunikation, Sprache,<br />
Spiel<strong>in</strong>tensität, Sprachentwicklung, medientechnisches Verhalten, aggressives Verhalten<br />
<strong>und</strong> Schüchternheit s<strong>in</strong>d K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>der</strong> Region „Kle<strong>in</strong>stadt“ kompetenter als K<strong>in</strong><strong>der</strong> an<strong>der</strong>er<br />
Regionen<br />
• Innerhalb <strong>der</strong> Fähigkeitsdimension Literaturverständnis s<strong>in</strong>d K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>der</strong> Region „Kle<strong>in</strong>stadt“<br />
weniger kompetent als K<strong>in</strong><strong>der</strong> an<strong>der</strong>er Regionen<br />
Variable: Musikunterricht<br />
• K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit Musikunterricht s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> allen Fähigkeitsdimensionen kompetenter als K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
ohne Musikunterricht<br />
Variable: Sport<br />
• K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit Sportunterricht s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> allen Fähigkeitsdimensionen kompetenter als K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
ohne Sportunterricht<br />
Variable: Bildungsnähe des Elternhauses<br />
• K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit e<strong>in</strong>em bildungsnahen Elternhaus s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> fast allen Fähigkeitsdimensionen<br />
(nicht im medientechnischen Verhalten) kompetenter als K<strong>in</strong><strong>der</strong> aus e<strong>in</strong>em bildungsfernen<br />
Elternhaus<br />
Interpretation <strong>der</strong> Ergebnisse von FREY unter dem Aspekt „früher – heute“<br />
• Die 4- bis 5-Jährigen <strong>und</strong> die 5- bis 6-Jährigen von früher <strong>und</strong> heute unterscheiden sich<br />
nicht <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Fähigkeitsdimensionen Aufgabenorientierung <strong>und</strong> Sozialverhalten<br />
(Aggressivität <strong>und</strong> Schüchternheit)<br />
• Die heutigen 4- bis 5-Jährigen <strong>und</strong> die heutigen 5- bis 6-Jährigen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Fähigkeitsdimension<br />
kommunikative Fähigkeiten schlechter <strong>und</strong> <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Fähigkeitsdimension<br />
Spiel<strong>in</strong>tensität <strong>und</strong> Sprachentwicklung besser als die früheren 4- bis 5-<br />
Jährigen <strong>und</strong> 5- bis 6-Jährigen<br />
Die Fähigkeitsdimensionen wie auch die Schlüsse die aus <strong>der</strong> Studie von FREY gezogen<br />
wurden, machen e<strong>in</strong>es nachdrücklich deutlich: zur pädagogischen <strong>Diagnostik</strong> <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> benötigen<br />
wir unbed<strong>in</strong>gt empirisch abgesicherte Ergebnisse an denen wir unsere För<strong>der</strong>absichten<br />
orientieren müssen. Die subjektive Erwartung o<strong>der</strong> E<strong>in</strong>schätzung reicht dazu niemals<br />
33
aus, dennoch ist auch hier e<strong>in</strong>e genaue Kenntnis e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des wichtige Voraussetzung. Sie<br />
wird durch Beobachtung <strong>und</strong> pädagogische <strong>Diagnostik</strong> <strong>in</strong> zunehmendem Maße präziser.<br />
12.2 Über welche Sprachkompetenz sollten K<strong>in</strong><strong>der</strong> bei<br />
Schule<strong>in</strong>tritt verfügen?<br />
Lautsprache:<br />
Lexik <strong>und</strong> Semantik:<br />
Grammatik:<br />
Erzählen:<br />
Korrekte Aussprache von Lauten <strong>und</strong> Lautverb<strong>in</strong>dungen<br />
Ausreichen<strong>der</strong> aktiver <strong>und</strong> passiver Wortschatz<br />
Die Sprache sollte weitgehend grammatikalisch korrekt se<strong>in</strong><br />
Erlebnisse <strong>und</strong> kle<strong>in</strong>e Geschichten <strong>in</strong>haltlich zusammen hängend,<br />
grammatisch korrekt <strong>und</strong> ausdrucksvoll erzählen<br />
Verstehen: Fähigkeit, die Bedeutung von Sätzen zu verstehen sowie ihre<br />
Grammatikalität zu beurteilen. Verstehen von Märchen <strong>und</strong> klei-<br />
Gedächtnis:<br />
Sozial-kommunikative<br />
Funktion <strong>der</strong> Sprache:<br />
nen Geschichten<br />
Behalten von Wörtern <strong>und</strong> e<strong>in</strong>fachen Sätzen sowie Reproduktion<br />
des wesentlichen Inhalts von kle<strong>in</strong>en Geschichten<br />
soziale Beziehungen herstellen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>for<strong>der</strong>n, Konflikte regulieren;<br />
sich auf den Gesprächspartner e<strong>in</strong>stellen können (...)<br />
Aus: K<strong>in</strong><strong>der</strong> entdecken Wörter, Laute <strong>und</strong> Buchstaben: Spielerischer Umgang mit Schriftsprache<br />
12.3 Beobachtungsbereiche, Kriterien <strong>und</strong> Indikatoren<br />
Anliegen dieses Kapitels ist es, im H<strong>in</strong>blick auf verschiedene Beobachtungs- <strong>und</strong> Diagnosebereiche<br />
diese nach verschiedenen Kriterien zu differenzieren. An manchen Stellen werden<br />
diese Kriterien nach den sie näher def<strong>in</strong>ierenden Indikatoren ergänzt. Nur über die Differenzierung<br />
von Beobachtungsbereichen <strong>in</strong> die entsprechenden Kriterien bzw. Indikatoren ist es<br />
möglich, Beobachtungsaufgaben zu formulieren, die Beobachtung auch präzise möglich machen.<br />
Damit kann dieses Kapitel dazu beitragen, solche Differenzierungen für die eigene Arbeit<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Beobachtung <strong>und</strong> Diagnose zu nutzen.<br />
Diese Listen ersparen <strong>der</strong> Beobachter<strong>in</strong> bzw. dem Beobachter die jeweils erfor<strong>der</strong>liche „Operationalisierung“.<br />
Sie entb<strong>in</strong>den jedoch nicht davon, die gef<strong>und</strong>enen Aspekte an den gegebenen<br />
Beobachtungsbedürfnissen zu orientieren <strong>und</strong> sie, sollten Beobachtungsaufgaben an<br />
den gleichen Personen von mehreren Beobachter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Beobachtern wahr genommen<br />
werden, auch mit diesen abzustimmen.<br />
Manche <strong>der</strong> dargestellten Indikatoren bedürfen <strong>der</strong> weiteren Differenzierung.<br />
34
Beobachtungsbereich: Sozialverhalten<br />
Kriterien:<br />
• Gr<strong>und</strong>stimmung<br />
• Selbstwertgefühl<br />
• Kontaktfähigkeit<br />
• Konfliktfähigkeit<br />
• Hilfsbereitschaft<br />
• Kooperationsbereitschaft <strong>und</strong> -fähigkeit<br />
Kriterium: Kooperationsbereitschaft <strong>und</strong> -fähigkeit<br />
Indikatoren:<br />
• hört jemandem zu<br />
• geht auf an<strong>der</strong>e K<strong>in</strong><strong>der</strong> e<strong>in</strong><br />
• wendet sich jemandem aktiv zu<br />
• ist gesprächsbereit<br />
• kann sich mit an<strong>der</strong>en freuen<br />
• hilft an<strong>der</strong>en<br />
• nimmt Hilfe von an<strong>der</strong>en K<strong>in</strong><strong>der</strong>n an<br />
• hat Fre<strong>und</strong>e<br />
• arbeitet mit an<strong>der</strong>en zusammen<br />
• kümmert sich um an<strong>der</strong>e K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
• nimmt von sich aus Kontakt auf<br />
• hält sich an Spielregeln<br />
Beobachtungsbereich: Arbeitsverhalten<br />
Kriterien:<br />
• Arbeitsbereitschaft<br />
• Ausdauer<br />
• Konzentration<br />
• Arbeitstempo<br />
• Arbeitsausführung<br />
• Arbeitsergebnis<br />
• Selbsttätigkeit<br />
Beobachtungsbereich: Persönlichkeit des K<strong>in</strong>des<br />
Kriterium: Emotionale Stabilität<br />
Indikatoren:<br />
• Trennungsverhalten<br />
• Emotionale Bef<strong>in</strong>dlichkeit<br />
• Emotionale Äußerungen (Wut, Enttäuschung)<br />
• Frustrationstoleranz<br />
35
Kriterium: Soziale Kompetenzen<br />
Indikatoren:<br />
Kriterium: Lernverhalten<br />
Indikatoren:<br />
• Kontaktaufnahme zu Erwachsenen<br />
• Kontaktaufnahme zu K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />
• Integration <strong>in</strong> die Gruppe<br />
• Hilfsbereitschaft<br />
• Selbstständigkeit<br />
• Aufmerksamkeit <strong>und</strong> Konzentration<br />
• Motivation<br />
• Anstrengungsbereitschaft<br />
• Durchhaltevermögen<br />
• Effektivität<br />
• Ursachenzuschreibungen, Attributionen<br />
• Ausdauer, Geduld<br />
Beobachtungsbereich: Vorläuferfähigkeiten, allgeme<strong>in</strong>e Lernvoraussetzungen<br />
Kriterium: Sprachverständnis, passiver Wortschatz<br />
Indikatoren:<br />
• Wortverständnis<br />
• e<strong>in</strong>fache Sätze<br />
• komplexe Sätze<br />
Kriterium: Sprechen, aktiver Wortschatz<br />
Indikatoren:<br />
• Wortebene<br />
• e<strong>in</strong>fache Sätze<br />
• komplexe Sätze<br />
• Handlungsabläufe<br />
• Sprechfähigkeit, Aussprache<br />
Kriterium: Anweisungsverständnis<br />
Indikatoren:<br />
Kriterium: Motorik<br />
Indikatoren:<br />
• e<strong>in</strong>teilige Arbeitsaufträge<br />
• mehrteilige Arbeitsaufträge<br />
• Grobmotorik<br />
• Fe<strong>in</strong>motorik<br />
36
Kriterium: Arbeitsorganisation<br />
Indikatoren:<br />
• Zeitmanagement<br />
• Kontrollverhalten<br />
• Gütebewusstse<strong>in</strong><br />
Kriterium: Merkfähigkeit<br />
Indikatoren:<br />
• allgeme<strong>in</strong>e Merkfähigkeit, Gedächtnis<br />
• optische Merkfähigkeit<br />
• akustische Merkfähigkeit<br />
Beobachtungsbereich: Mathematische Kompetenzen<br />
Kriterium: Emotionale E<strong>in</strong>stellung zum Fach Mathematik<br />
Indikatoren:<br />
• ich mag Mathematik, Rechnen<br />
• ich kann alle Aufgaben alle<strong>in</strong>e lösen<br />
• bei den Hausaufgaben hilft mir ...<br />
Kriterium: Zahlen, Mengenrepräsentanz,<br />
Mengen<strong>in</strong>varianz, Klassifikation<br />
Indikatoren:<br />
• Zählen bis 20 vorwärts<br />
• Zählen ab 10 rückwärts<br />
• Mengen erfassen <strong>und</strong> darstellen; Anzahl als Eigenschaft<br />
von Mengen (Klassifikation)<br />
• Mächtigkeitsvergleich von zwei Mengen bei unterschiedlicher<br />
Form (Repräsentanz)<br />
• Mächtigkeitsvergleich von zwei Mengen bei unterschiedlicher<br />
Anordnung (Invarianz)<br />
• Zuordnen von Mengen <strong>und</strong> Zahlen, Ziffern<br />
Kriterium: Erstes Rechnen<br />
Indikatoren:<br />
• Addition als „H<strong>in</strong>zufügen“ verstehen<br />
• Subtraktion als „Wegnehmen“ verstehen<br />
• e<strong>in</strong>fache mathematische Sachverhalte aus dem Alltag<br />
verstehen<br />
Kriterium: Geometrische Gr<strong>und</strong>kenntnisse<br />
Indikatoren:<br />
• Raumorientierung: oben, unten, l<strong>in</strong>ks, rechts, h<strong>in</strong>ten, vorne,<br />
• Farben benennen <strong>und</strong> erkennen<br />
37
• Formen benennen <strong>und</strong> erkennen<br />
• zwei <strong>und</strong> mehr Merkmale gleichzeitig erkennen <strong>und</strong> benennen:<br />
rot, eckig, groß ...<br />
Beobachtungsbereich: Kompetenzen im Bereich Lesen<br />
Kriterium: Emotionale E<strong>in</strong>stellung zum Lesen<br />
Indikatoren:<br />
• ich mag Lesen<br />
• ich kann alle Leseaufgaben alle<strong>in</strong>e ausführen<br />
• bei den Hausaufgaben hilft mir me<strong>in</strong> ...<br />
• Interesse an Geschriebenem, an Blättern o<strong>der</strong> Büchern<br />
Kriterium: Vorläuferfertigkeiten, erstes Lesen<br />
Indikatoren:<br />
• allgeme<strong>in</strong> Buchstaben von an<strong>der</strong>en Zeichen unterscheiden<br />
• Laute heraushören <strong>und</strong> e<strong>in</strong>zelnen Buchstaben zuordnen<br />
(Phonem-Graphem- Zuordnung)<br />
• e<strong>in</strong>zelne Buchstabengestalten erfassen <strong>und</strong> bestimmten<br />
Lauten zuordnen (Graphem-Phonem-Zuordnung)<br />
• die Abfolge <strong>der</strong> Buchstaben als Reihenfolge von Lauten<br />
erkennen<br />
• kurze Buchstabenfolgen zusammenlesen (Synthese)<br />
• erarbeitete Ganzwörter auch <strong>in</strong> neuen Texten erkennen<br />
<strong>und</strong> wie<strong>der</strong>geben<br />
• s<strong>in</strong>nerfassendes Lesen<br />
Kriterium: Arbeitsaufwand <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit dem<br />
Leselernprozess<br />
Indikatoren:<br />
• neue Lern<strong>in</strong>halte werden schnell aufgefasst<br />
• neue Lern<strong>in</strong>halte werden gern <strong>und</strong> <strong>in</strong>tensiv <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule<br />
geübt<br />
• neue Lern<strong>in</strong>halte werden gern <strong>und</strong> <strong>in</strong>tensiv zu Hause geübt<br />
• neue Lern<strong>in</strong>halte werden auch noch nach e<strong>in</strong>igen Tagen<br />
gut er<strong>in</strong>nert<br />
Kriterium: Auffällige Symptome<br />
Indikatoren:<br />
• Lern<strong>in</strong>halte werden trotz <strong>in</strong>tensiver Übung nicht langfristig<br />
im Gedächtnis abgespeichert<br />
• ähnliche Buchstaben werden trotz <strong>in</strong>tensiver Übung oft<br />
verwechselt o<strong>der</strong> weggelassen<br />
38
Beobachtungsbereich: Kompetenzen im Bereich Schreiben/ Rechtschreiben<br />
Kriterium: Emotionale E<strong>in</strong>stellung zum Schreiben<br />
Indikatoren:<br />
• ich mag Schreiben<br />
• ich kann alle Schreibaufgaben alle<strong>in</strong>e ausführen<br />
• bei den Hausaufgaben hilft mir me<strong>in</strong> ...<br />
• Interesse am Schreiben<br />
Kriterium: Vorläuferfertigkeiten, erstes Schreiben<br />
Indikatoren:<br />
• Entwicklung <strong>der</strong> Fe<strong>in</strong>motorik bei <strong>der</strong> Schreibhand (L<strong>in</strong>ks,<br />
Rechts)<br />
• E<strong>in</strong>haltung von Begrenzungen beim Malen <strong>und</strong> Schreiben<br />
• e<strong>in</strong>zelne Formen erfassen <strong>und</strong> wie<strong>der</strong>geben<br />
• e<strong>in</strong>zelne Buchstaben erfassen <strong>und</strong> wie<strong>der</strong>geben<br />
• kurze Buchstabenfolgen richtig abschreiben<br />
• kurze Buchstabenfolgen lautgetreu auswendig aufschreiben<br />
(ohne Groß- <strong>und</strong> Kle<strong>in</strong>schreibung, Dehnung, Schärfung)<br />
• kle<strong>in</strong>e Geschichten lautgetreu aufschreiben<br />
Kriterium: Arbeitsaufwand <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit dem<br />
Schreib-/Lernprozess<br />
Indikatoren:<br />
• neue Lern<strong>in</strong>halte werden schnell aufgefasst<br />
• neue Lern<strong>in</strong>halte werden gern <strong>und</strong> <strong>in</strong>tensiv <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Schule geübt<br />
• neue Lern<strong>in</strong>halte werden gern <strong>und</strong> <strong>in</strong>tensiv zu Hause<br />
geübt<br />
• neue Lern<strong>in</strong>halte werden auch noch nach e<strong>in</strong>igen Tagen<br />
gut er<strong>in</strong>nert<br />
39
12.4 Beispiele für Beobachtungsverfahren<br />
Individueller Entwicklungsplan für __________________________________________<br />
Klasse:_______________________________ Datum:____________________________<br />
________________________________________________________________________<br />
Beson<strong>der</strong>e Stärken, beson<strong>der</strong>e Interessen<br />
________________________________________________________________________<br />
Beson<strong>der</strong>e pädagogische Bedarfe<br />
________________________________________________________________________<br />
Zeitraum, für den <strong>der</strong> Entwicklungsplan gelten soll<br />
________________________________________________________________________<br />
Zeitpunkt erneuter Überprüfung<br />
Aktueller Leistungsstand,<br />
Beson<strong>der</strong>heiten<br />
Motivation, Lernhandeln,<br />
Sozialverhalten im jeweiligen<br />
Unterrichtsfach<br />
Operationale Ent-<br />
wicklungsziele<br />
Methoden,<br />
Materialien<br />
Ressourcen<br />
Art <strong>und</strong> Inhalt beson<strong>der</strong>er<br />
pädagogischer Angebote<br />
Verän<strong>der</strong>ungen, die im<br />
schulischen Umfeld herbeigeführt<br />
werden sollen<br />
Verän<strong>der</strong>ungen, die<br />
im außerschulischen<br />
Umfeld herbeigeführt<br />
werden sollen<br />
Zuständigkeiten<br />
aus: Kretschmann, R. (2004)<br />
Unterrichtsfach:<br />
40
Beobachtungsbogen zum allgeme<strong>in</strong>en Sprachverhalten<br />
Beobachtungskriterien Beobachtungsergebnisse<br />
Sprachliche Umgebung des K<strong>in</strong>des:<br />
Sprachvorbild/er des K<strong>in</strong>des:<br />
Kommunikation mit Erwachsenen:<br />
Kommunikation mit <strong>der</strong> Lehrer<strong>in</strong> bzw.<br />
dem Lehrer:<br />
Kommunikation mit an<strong>der</strong>en K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />
(aktiv, passiv)<br />
Beteiligung des K<strong>in</strong>des an Gesprächsr<strong>und</strong>en,<br />
E<strong>in</strong>zelgesprächen<br />
Interesse an sprachlichen Aktivitäten<br />
(wie Rollenspiel, Bücher, Geschichten<br />
hören, verbaler Austausch mit an<strong>der</strong>en<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>n):<br />
Begegnung des K<strong>in</strong>des mit Schrift,<br />
Reimen, Sprachspielen, an<strong>der</strong>en Sprachen:<br />
© Lueger, D.: Beobachtung leicht gemacht, Beltz Verlag, We<strong>in</strong>heim <strong>und</strong> Basel 2005<br />
41
Beobachtungskriterien<br />
Beobachtungsbogen zur Gesprächsbereitschaft<br />
<strong>und</strong> zum Anweisungsverständnis<br />
Gesprächsbereitschaft<br />
Muttersprache<br />
K<strong>in</strong>d beherrscht se<strong>in</strong>e Muttersprache vollständig<br />
Weitere Sprachkenntnisse<br />
K<strong>in</strong>d hat an Kursen teilgenommen, es wird zu<br />
Hause zweisprachig erzogen<br />
Sprechfähigkeit<br />
K<strong>in</strong>d spricht Wörter <strong>und</strong> Sätze deutlich aus, <strong>in</strong><br />
längeren Erzähle<strong>in</strong>heiten<br />
Sprechbereitschaft<br />
K<strong>in</strong>d ist nicht gehemmt, übernimmt die Sprecherrolle,<br />
leistet Gesprächsbeitrag bewusst<br />
Sprechfreude<br />
K<strong>in</strong>d freut sich, wenn es sich sprachlich beteiligt<br />
Sprechbeteiligung<br />
K<strong>in</strong>d nimmt rege an Gesprächen teil<br />
Sprechsicherheit<br />
K<strong>in</strong>d äußert sich gerne, unmissverständlich<br />
Zuhören<br />
K<strong>in</strong>d kann se<strong>in</strong>em Gegenüber o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gruppe<br />
zuhören, an<strong>der</strong>e ausreden lassen, auf Beiträge<br />
angemessen reagieren<br />
Frageverständnis<br />
K<strong>in</strong>d stellt bei Unwissenheit die richtigen Fragen<br />
Mitteilung von Wünschen<br />
K<strong>in</strong>d teilt se<strong>in</strong>e Wünsche mit<br />
Erwi<strong>der</strong>ung auf Befragung<br />
K<strong>in</strong>d reagiert se<strong>in</strong>erseits mit e<strong>in</strong>er Antwort auf<br />
e<strong>in</strong>e Frage<br />
42<br />
Beobachtungsergebnisse (+, -, ~)<br />
1. Quartal 2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal Durchschnitt<br />
Anweisungsverständnis<br />
Verstehen von Anweisungen<br />
Durchführen von Anweisungen<br />
Befolgen von mehreren Anweisungen<br />
© Lueger, D.: Beobachtung leicht gemacht, Beltz Verlag, We<strong>in</strong>heim <strong>und</strong> Basel 2005
Beobachtungsbogen zu Intelligenz <strong>und</strong> Problemlösung<br />
Beobachtungskriterien<br />
Ab dem 5. Lebensjahr<br />
Das K<strong>in</strong>d löst Probleme eigenständig<br />
Es kann Mengen vergleichen <strong>und</strong> erkennt,<br />
dass die Qualität unverän<strong>der</strong>t bleibt, wenn<br />
die Form o<strong>der</strong> die räumliche Anordnung<br />
verän<strong>der</strong>t wird<br />
Es erkennt das Gleichbleiben von Mengen<br />
<strong>in</strong> verschiedenen Gefäßen<br />
Es setzt Begriffe <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Darstellungen<br />
wie lang, kurz, gerade, schräg, schief, oben,<br />
unten, vorne, h<strong>in</strong>ten, dazwischen,<br />
daneben, <strong>in</strong>nen, außen, rechts, l<strong>in</strong>ks e<strong>in</strong><br />
Es beschreibt die unbelebte Natur, <strong>der</strong>en<br />
Ersche<strong>in</strong>ungsformen <strong>und</strong> Verän<strong>der</strong>ungen<br />
(Wasser – Boden, Ste<strong>in</strong>e – Luft – Feuer,<br />
etc.)<br />
Es besitzt Interesse an <strong>der</strong> belebten Natur,<br />
zeigt Respekt vor Pflanzen <strong>und</strong> Tieren<br />
Es entwickelt se<strong>in</strong> Spiel mit eigenen E<strong>in</strong>fällen<br />
Es bemüht sich beim Ausführen se<strong>in</strong>er<br />
Aufgaben um Qualität, probiert Neues aus<br />
<strong>und</strong> ist lernbegierig<br />
Es kann Figuren <strong>und</strong> Muster experimentell<br />
<strong>und</strong> spielerisch erkennen <strong>und</strong> herstellen<br />
(z.B. vorgegebene Muster nachlegen, Reihen<br />
fortsetzen <strong>und</strong> Fehler f<strong>in</strong>den, Figuren,<br />
die e<strong>in</strong>er Vorlage gleichen, herausf<strong>in</strong>den,<br />
Melodien <strong>und</strong> Rhythmen wie<strong>der</strong> erkennen<br />
<strong>und</strong> nachspielen)<br />
Es stellt geme<strong>in</strong>sam mit dem Erzieher<br />
Hypothesen auf <strong>und</strong> entwickelt eigene Ideen<br />
43<br />
Beobachtungsergebnisse (+, -, ~)<br />
1. Quartal 2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal Durchschnitt<br />
Vgl. Schenk Danz<strong>in</strong>ger, 1990, S. 140-192, S. 221; Entwicklungstabelle zusammengestellt nach Angaben von Gesell <strong>und</strong><br />
Amatruda, Herzka, Vojta, Bühler/Hetzer <strong>und</strong> Hellbrügge/Pechste<strong>in</strong>/Schlienger, 1988, 13-17; Zimbardo, 1995, S. 357-531;<br />
vgl. M<strong>in</strong>isterium für Schule, Jugend <strong>und</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> des Landes Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen/Bayerisches Staatsm<strong>in</strong>isterium für<br />
Arbeit <strong>und</strong> Sozialordnung, Familie <strong>und</strong> Frauen, 2003, S. 177-181, S. 168-171).<br />
© Lueger, D.: Beobachtung leicht gemacht, Beltz Verlag, We<strong>in</strong>heim <strong>und</strong> Basel 2005
Beobachtungsbogen zur Erfassung emotionaler Kompetenzen<br />
Beobachtungskriterien<br />
Das K<strong>in</strong>d hat e<strong>in</strong> Bewusstse<strong>in</strong> über den<br />
eigenen emotionalen Zustand <strong>und</strong> kann<br />
Gefühle <strong>in</strong> Worte fassen, es zeigt Verständnis<br />
gegenüber den eigenen Emotionen<br />
<strong>und</strong> den Gefühlszustand an<strong>der</strong>er<br />
Es kann Gefühle an<strong>der</strong>er richtig <strong>in</strong>terpretieren<br />
Es entwickelt Selbstregulationsfähigkeit,<br />
d.h. es kann se<strong>in</strong>e Gefühle wahrnehmen<br />
<strong>und</strong> sie angemessen ausdrücken<br />
Das K<strong>in</strong>d zeigt Emotionen wie Staunen,<br />
Trauer, Freude, Ärger<br />
Es benennt Gründe für Angst<br />
Es zeigt emotionale Offenheit, es hat Verständnis<br />
für die Gefühlslage an<strong>der</strong>er<br />
Es geht mit Leistungsanfor<strong>der</strong>ungen positiv<br />
um<br />
Es besitzt genügend Selbstsicherheit, es<br />
äußert se<strong>in</strong>e Me<strong>in</strong>ungen, Wünsche, etc.<br />
Es ist <strong>in</strong>teressiert an se<strong>in</strong>er Umwelt<br />
Es geht offen an neue D<strong>in</strong>ge heran<br />
Es kann se<strong>in</strong>e Wünsche angemessen verbal<br />
zum Ausdruck br<strong>in</strong>gen<br />
Es erträgt die Ablehnung von Wünschen<br />
Es drückt se<strong>in</strong>e Gefühle mittels se<strong>in</strong>es<br />
Körpers aus<br />
Das K<strong>in</strong>d hüpft <strong>und</strong> klatscht, wenn es sich<br />
freut<br />
Es akzeptiert Verbote <strong>und</strong> Regeln<br />
44<br />
Beobachtungsergebnisse (+, -, ~)<br />
1. Quartal 2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal Durchschnitt<br />
© Lueger, D.: Beobachtung leicht gemacht, Beltz Verlag, We<strong>in</strong>heim <strong>und</strong> Basel 2005
Beobachtungsbogen zur Erfassung <strong>der</strong> sozialen Kompetenzen<br />
Beobachtungskriterien<br />
Das K<strong>in</strong>d ist fähig, Beziehungen aufzubauen,<br />
die von Sympathie <strong>und</strong> gegenseitigem<br />
Respekt gekennzeichnet s<strong>in</strong>d<br />
Es ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage, Empathie zu entwickeln<br />
<strong>und</strong> die Perspektive an<strong>der</strong>er e<strong>in</strong>zunehmen<br />
Das K<strong>in</strong>d ist kommunikationsfähig<br />
Es hat e<strong>in</strong>en guten Kontakt zu Erwachsenen<br />
Es hat e<strong>in</strong>en guten Kontakt zu K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />
Es kann kooperieren, es kann sich sowohl<br />
mit den Erwachsenen als auch mit K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />
absprechen, planen, durchführen <strong>und</strong> reflektieren<br />
Es setzt sich für die Geme<strong>in</strong>schaft e<strong>in</strong><br />
Es geht mit den Sachen an<strong>der</strong>er gewissenhaft<br />
um<br />
Es löst Konflikte<br />
Es zeigt e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>sichtiges Verhalten<br />
Es ist hilfsbereit <strong>und</strong> setzt sich für an<strong>der</strong>e<br />
e<strong>in</strong><br />
Es entwickelt Werte <strong>und</strong> Orientierungskompetenz<br />
Es ist fähig <strong>und</strong> bereit zur Verantwortungsübernahme<br />
Es verfügt über <strong>in</strong>terkulturelle Kompetenzen,<br />
es tritt allen Kulturen <strong>und</strong> Menschen<br />
offen gegenüber<br />
45<br />
Beobachtungsergebnisse (+, -, ~)<br />
1. Quartal 2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal Durchschnitt<br />
© Lueger, D.: Beobachtung leicht gemacht, Beltz Verlag, We<strong>in</strong>heim <strong>und</strong> Basel 2005
1. Welche Stärken <strong>und</strong> <strong>in</strong>dividuellen Talente bzw. Vorlieben hat das K<strong>in</strong>d?<br />
(bezogen auf z.B. Bewegungsfähigkeit, Sprachkompetenz / Ausdrucksfähigkeit / Kommunikationsfähigkeit,<br />
Spielverhalten, Gestalten / Kreativität / Fantasie, Umgang mit Medien, Erschließung von<br />
Lebenswelten/Natur <strong>und</strong> kulturelle Umwelt, soziale Kompetenzen, ...)<br />
............................................................................................................................................................<br />
............................................................................................................................................................<br />
2. Persönlichkeitsentwicklung des K<strong>in</strong>des<br />
z.B. Selbstständigkeit, Selbstvertrauen, Selbstbewusstse<strong>in</strong>, Selbstwertgefühl, Ausgeglichenheit,<br />
Emotionalität, Empathie, ...<br />
............................................................................................................................................................<br />
............................................................................................................................................................<br />
3. Engagiertheit des K<strong>in</strong>des<br />
Womit beschäftigt sich das K<strong>in</strong>d beson<strong>der</strong>s gern? Wie <strong>in</strong>tensiv, engagiert <strong>und</strong> konzentriert geht es<br />
dieser Beschäftigung nach? Welche Themen / Anliegen s<strong>in</strong>d momentan für das K<strong>in</strong>d wichtig?<br />
Welches Spiel bzw. welche Aktivitäten bevorzugt das K<strong>in</strong>d? Wie ist das <strong>in</strong>dividuelle Lerntempo<br />
des K<strong>in</strong>des?<br />
............................................................................................................................................................<br />
............................................................................................................................................................<br />
4. Wie setzt das K<strong>in</strong>d se<strong>in</strong>e eigene Selbstbildungspotenziale im Bildungsprozess<br />
e<strong>in</strong>?<br />
(z.B. Wahrnehmungsfähigkeit, Fantasie, durch sprachliches Denken <strong>und</strong> durch naturwissenschaftlich-mathematisches<br />
Denken, Fähigkeit zum sozialen Austausch, Umgang mit Komplexität <strong>und</strong><br />
Lernen <strong>in</strong> S<strong>in</strong>nzusammenhängen, Neugierde / forschendes Lernen / <strong>in</strong>dividuelle Lernstrategien,<br />
...)<br />
............................................................................................................................................................<br />
............................................................................................................................................................<br />
5. In welchem Bereich / welchen Bereichen se<strong>in</strong>es <strong>in</strong>dividuellen Lernweges<br />
benötigt das K<strong>in</strong>d Unterstützung, Anregung, <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> Freiräume?<br />
(H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Bildungsbereiche / <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen Selbstbildungspotenziale des K<strong>in</strong>des)<br />
............................................................................................................................................................<br />
............................................................................................................................................................<br />
6. Welche pädagogischen Handlungsstrategien ergeben sich auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage<br />
<strong>der</strong> aktuellen Beobachtung für das K<strong>in</strong>d?<br />
(z.B. <strong>in</strong>dividuelle För<strong>der</strong>angebote, Gruppensituation, Beratungsgespräche mit den Eltern, Reflexion<br />
im Team ... )<br />
............................................................................................................................................................<br />
............................................................................................................................................................<br />
© Caritasverband für die Diözese Münster e.V. – Referat Tagese<strong>in</strong>richtungen für K<strong>in</strong><strong>der</strong> – 2004<br />
46
Fragen zur Selbstreflexion<br />
Was berührt mich bei diesem K<strong>in</strong>d?<br />
Welche Erwartungen habe ich dem K<strong>in</strong>d gegenüber?<br />
Wodurch löst es bei mir Zuwendungs- o<strong>der</strong> ggf. Abwehrverhalten aus?<br />
Was hat dieses Erleben mit me<strong>in</strong>er eigenen Biografie zu tun?<br />
Was will mir das K<strong>in</strong>d mit se<strong>in</strong>em Verhalten sagen?<br />
........................................................................................................................................<br />
........................................................................................................................................<br />
........................................................................................................................................<br />
An welchen Punkten hat sich me<strong>in</strong>e Wahrnehmung <strong>und</strong> E<strong>in</strong>schätzung unter Berücksichtigung<br />
me<strong>in</strong>er Selbstreflexion verän<strong>der</strong>t?<br />
Was hat sich im Vergleich zur letzten Beobachtung verän<strong>der</strong>t?<br />
........................................................................................................................................<br />
........................................................................................................................................<br />
........................................................................................................................................<br />
Mit welcher E<strong>in</strong>stellung <strong>und</strong> Haltung führe ich das Gespräch mit den Eltern zu den<br />
Inhalten <strong>und</strong> Ergebnissen <strong>der</strong> Beobachtung?<br />
Wurde dieses vorab im kollegialen Austausch im Team o<strong>der</strong> im Gespräch mit <strong>der</strong><br />
Leitung zur Sicherstellung e<strong>in</strong>er möglichst hohen Objektivität beraten?<br />
........................................................................................................................................<br />
........................................................................................................................................<br />
........................................................................................................................................<br />
© Caritasverband für die Diözese Münster e.V. – Referat Tagese<strong>in</strong>richtungen für K<strong>in</strong><strong>der</strong> – 2004<br />
47
12.5 Effektives Klassenmanagement <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>schule<br />
Effektives Klassenmanagement def<strong>in</strong>iert nach Evertson et al. folgen<strong>der</strong>maßen:<br />
1. Klassenraum vorbereiten (so, dass Staus <strong>und</strong> Störungen vermieden werden können,<br />
<strong>der</strong> Raum lehrerseits gut übersehbar ist, Materialien für die Schüler leicht zugänglich<br />
s<strong>in</strong>d).<br />
2. Regeln <strong>und</strong> Verfahrensweisen planen (Entwicklung präziser Regeln für die Zusammenarbeit<br />
<strong>der</strong> Schüler untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, Aushang <strong>der</strong> Regeln auf e<strong>in</strong>em Poster o<strong>der</strong><br />
Plakat im Klassenzimmer, Verdeutlichung anhand konkreter Beispiele; Entscheidung<br />
über zulässige <strong>und</strong> unzulässige Verhaltensweisen, Entwicklung e<strong>in</strong>er Liste von Prozeduren<br />
<strong>und</strong> Regeln).<br />
3. Konsequenzen festlegen (für angemessenes wie für unangemessenes Verhalten).<br />
4. Unterb<strong>in</strong>dung von unangemessenem Schülerverhalten (unangemessenes Schülerverhalten<br />
sofort <strong>und</strong> konsistent beenden, durch Verweise auf die abgemachten Regeln<br />
begründen).<br />
5. Regeln <strong>und</strong> Prozeduren unterrichten (<strong>in</strong> die Unterrichtse<strong>in</strong>heiten am Schuljahresbeg<strong>in</strong>n<br />
e<strong>in</strong>bauen; wenn sich erst „schlechte“ Rituale <strong>und</strong> Verhaltensweisen e<strong>in</strong>geschliffen<br />
haben, s<strong>in</strong>d sie mit verbessertem Klassenmanagement nur noch sehr schwer abzubauen).<br />
6. Aktivitäten zum Schulbeg<strong>in</strong>n (Aktivitäten entwickeln, die dem Ziel dienen, das Zusammengehörigkeitsgefühl,<br />
den Klassengeist, die Kohäsion zu för<strong>der</strong>n).<br />
7. Strategien für potenzielle Probleme (rechtzeitig Strategien planen, wie man mit Störungen<br />
des Unterrichts, bed<strong>in</strong>gt durch Leerzeiten o<strong>der</strong> durch <strong>in</strong>haltliche Schwierigkeiten,<br />
umgehen kann).<br />
8. Beaufsichtigen/Überwachen (das Schülerverhalten aufmerksam beobachten, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />
bei Arbeitsbeg<strong>in</strong>n – um eventuelle Missverständnisse <strong>der</strong> Arbeitsanweisungen<br />
<strong>und</strong> Instruktionen entdecken zu können).<br />
9. Vorbereiten des Unterrichts (so, dass für verschieden leistungsfähige Schüler unterschiedlich<br />
schwierige Lernaktivitäten möglich s<strong>in</strong>d).<br />
10. Verantwortlichkeit <strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schüler (Entwicklung von Maßnahmen, die<br />
den Schülern ihre Verantwortlichkeit für die Ergebnisse ihrer Arbeiten klar machen;<br />
Bee<strong>in</strong>flussung <strong>der</strong> Selbstwirksamkeit).<br />
11. Unterrichtliche Klarheit (klare, strukturierte, ausreichend red<strong>und</strong>ante Informationen<br />
geben).<br />
08.02.2010<br />
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