Handout Neuropädiatrie I
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Teil 1:<br />
<strong>Neuropädiatrie</strong><br />
-Gehirn, wie viel braucht man wann & Grundlagen der Entwicklung<br />
-Hydrozephalus<br />
-Anfall oder kein Anfall<br />
-Epilepsien im Kindesalter<br />
-Neurokutane Syndrome<br />
-Quiz<br />
Teil 2:<br />
-Spina bifida<br />
-Spinale Muskelatrophie<br />
-Muskeldystrophie und andere Muskelerkrankungen<br />
J. Denecke - Uniklinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin - Rostock
Gehirn, wie viel braucht man<br />
Der Fall:<br />
•1. Kind gesunder Eltern<br />
•Normaler Schwangerschaftsverlauf<br />
•Auffälligkeiten im pränatalen Ultraschall<br />
•Geburt in der 35. SSW<br />
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Die zerebrale Bildgebung:<br />
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Diagnose: Hydranenzephalus<br />
•Massiver Gewebsuntergang im Versorgungsbereich der A. carotis interna<br />
oder A. cerebri media<br />
•Entstehung im 4.-5. SS-Monat<br />
•Hirnstamm und okzipito-basale Hirnanteile sind meist erhalten<br />
•Stammganglien und Thalami wechselhaft mitbetroffen<br />
•Häufig bei der Geburt Mikrozephalus<br />
•Gelegentlich sekundärer Hydrozephalus durch gliotische Stenosierung des<br />
Aquäductes<br />
Ursache:<br />
•Hypoxie, Ischämie, Infektion<br />
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Die Meilensteine der Entwicklung:<br />
Median Norm<br />
Hält in Sitzhaltung den Kopf für einige Sekunden 1,2 Mo 1-2 Mo<br />
Hebt den Kopf in Bauchlage mindestens 3 Sekunden 1 Mo 1-2 Mo<br />
Hebt den Kopf 50-90°, gestützt auf die UA 3 Mo 2-5 Mo<br />
Dreht sich von einer Seite auf die andere Seite 5 Mo 3-7 Mo<br />
Dreht sich von der Bauch- in die Rückenlage 5,8 Mo 4-9 Mo<br />
Hebt Kopf und Brust > 90°, auf die Hände gestützt 6 Mo 4-8 Mo<br />
Sitzt allein (mit Abstützen) 6,1 Mo 5-8 Mo<br />
Dreht sich von der Rücken- in die Bauchlage 6,1 Mo 4-9 Mo<br />
Sitzt frei mindestens eine Minute 7,3 Mo 6-10 Mo<br />
Dreht sich auf dem Bauch um die eigene Achse 7,2 Mo 5-11 Mo<br />
Vierfüßlerstand 8,2 Mo 6-12 Mo<br />
Krabbeln auf Händen und Knien 9,7 Mo 7-13 Mo<br />
Zieht sich an Gegenständen hoch und hält sich fest 9,2 Mo 7-14 Mo<br />
Laufen mit Unterstützung<br />
10,6 Mo 8-13 Mo<br />
Freies Stehen<br />
12,9 Mo 10-17 Mo<br />
Sicheres Laufen<br />
14,6 Mo 12-19 Mo<br />
Bücken und freistehendes Aufheben von Gegenst. 14,7 Mo 12-19 Mo<br />
Bildung von Silbenketten<br />
Sinngemäße Verwendung einzelner Worte<br />
6-9 Mo<br />
18 Mo<br />
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Hydrozephalus:<br />
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Hydrozephalus:<br />
•Formen:<br />
•Hydrozephalus internus<br />
•Hydrozephalus communicans<br />
•Hydrozephalus externus<br />
•Hydrozephalus e vacuo<br />
•Gesamtmenge des Liquors bei<br />
Erwachsenen: Rund 150 ml<br />
•Produktion pro Tag: ca. 500 ml (0,35 ml/min)<br />
•Produktion im Plexus choroideus<br />
(Seitenventrikel, III. und IV. Ventrikel)<br />
•Fluss durch die SV, III. Ventrikel,<br />
Aquädukt, IV. Ventrikel<br />
•Abbau in den Granulationes arachnoideales<br />
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Hydrozephalus:<br />
•Ursachen:<br />
•Anlagestörung (Fehlbildungen: Hydranenzephalus etc.)<br />
•Genetische Syndrome und Erkrankungen (Walker-Warburg-Syndrom,<br />
Muscle-eye-brain-Erkrankung, X-chormosomaler Hydrozephalus etc.)<br />
•Infektionen (Hypersekretion / Malresorption)<br />
•Blutungen (Frühgeborene! Malresorption, Aquäduktstenose)<br />
•Tumoren (Kleinhirntumoren!)<br />
•Sinusvenenthrombose / -stenose (Hypersekretion / Malresorption)<br />
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Hydrozephalus:<br />
•Angeboren (40%)<br />
•Myelomenigocele<br />
•Arnold Chiari Malformation<br />
•Aquäduktstenose<br />
•Fehlbildung<br />
•syndromal<br />
•Erworben (60%)<br />
•Posthämorrhagisch (11%)<br />
•Postinfektiös (8%)<br />
•Tumoren (11%)<br />
•Postoperativ<br />
•E vacuo<br />
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Hydrozephalus:<br />
Symptome:<br />
• Kopfschmerzen<br />
• Ataxie<br />
• Vigilanzstörungne<br />
• Übelkeit, Erbrechen, nüchtern Erbrechen<br />
• Stauungspapille<br />
• Gestaute Kopfvenen<br />
• Sonnenuntergangsphänomen<br />
• Balkonstirn<br />
Im Säuglingsalter zusätzlich:<br />
• Kopfumfangszunahme<br />
• Vorgewölbte Fontanelle<br />
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Hydrozephalus:<br />
Therapie des Hydrocephalus internus:<br />
•Anlage eines Shunt-Systems<br />
•VP (ventrikulo-peritoneal)<br />
•VA (ventrikulo-atrial)<br />
•Selten: vetrikulo-pleural<br />
•Temporäre Ableitung mittels:<br />
•Außenableitung<br />
•Rickham-Reservoir<br />
•Anlage meist auf der rechten Seite<br />
(Sprachrezessive Hemisphäre)<br />
Heute:<br />
•Meist verstellbare Ventile<br />
Kinder:<br />
•Abdomineller Schenkel muss<br />
verlängert werden (5.-8. Lj)<br />
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Hydrozephalus:<br />
Langzeitkomplikationen eines VP / VA-Shunts:<br />
•Fehlfunktion (Überdrainage / Unterdrainage)<br />
•Infektion (Ventrikulitis!)<br />
•Symptome Infektion:<br />
•Häufig unspezifisch, Fieber, Vigilanzschwankungen, Somnolenz,<br />
häufig kein (!) Meningismus, Liquor-Pleozytose bei Shunt-Punktion<br />
•Infektion des Abführenden Schenkels mit Zystenbildung und<br />
abdominellen Problemen, Darmperforation etc.<br />
•Symptome Fehlfunktion:<br />
•Klinisch meist nicht zuverlässig zu unterscheiden<br />
•Vigilanzschwankungen<br />
•Kopfschmerzen<br />
•Erbrechen<br />
•AZ-Verschlechterung<br />
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Hydrozephalus:<br />
Überdrainage: Ausbildung von<br />
Hygromen<br />
Unterdrainage: Erweiterte innere<br />
Liquorräume<br />
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Hydrozephalus:<br />
Sonderform: Pseudotumor cerebri / benigne intrakranielle Hypertension<br />
Symptome:<br />
•Kopfschmerzen<br />
•Stauungspapille<br />
•Sehstörungen<br />
Gehört zu der Gruppe des Hydrozephalus communicans<br />
Ursache:<br />
•Idiopathisch<br />
•Stenosen im Bereich der Sinus<br />
•Medikamente (Cortison, Retinol…)<br />
Häufiger bei übergewichtigen Kindern<br />
Therapie:<br />
Lumbalpunktion, teils seriell<br />
Diamox (Medikamentöse Drosselung der Liquorproduktion)<br />
Selten: Shuntanlage<br />
Komplikation: Optikusatrophie<br />
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Differentialdiagnose des cerebralen<br />
Anfalls<br />
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Differentialdiagnose des cerebralen Anfalls:<br />
Definition des Krampfanfalls:<br />
Synchrone Entladungen von Neuronengruppen im<br />
Gehirn, die zu plötzlichen unwillkürlichen stereotypen<br />
Verhaltens- oder Befindungsstörungen führen.<br />
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Differentialdiagnose des cerebralen Anfalls:<br />
Neugeborene:<br />
•Einschlafmyoklonien<br />
•Hypomagnesiämie<br />
•Hypokalzämie<br />
•Hypoglykämie<br />
•Metabolische Störungen<br />
Schulalter:<br />
•Psychogene Anfälle<br />
•Tic-Störung<br />
•Pavor nocturnus<br />
•Synkopen<br />
•Migräne<br />
•Intoxikation<br />
•Sandifer-Syndrom<br />
•Metabolische Störung<br />
Säuglinge / Kleinkinder:<br />
•Affekträmpfe<br />
•Autostimulation<br />
•Tic-Störung<br />
•Pavor nocturnus<br />
•Einschlafmyoklonien<br />
•Schuddering<br />
•Sandifer-Syndrom<br />
•Benigner paroxysmaler Aufblick<br />
•Spansmus nutans<br />
•Metabolische Störungen<br />
Kosten durch Fehldiagnosen<br />
nicht epileptischer Anfälle ca. 4<br />
Miliarden $<br />
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Differentialdiagnose des cerebralen Anfalls:<br />
Affektkrampf:<br />
•Nicht epileptisch!<br />
•Auslöser sind psychische oder körperliche Reize, Schreck, Schmerz,<br />
Wut, Verbote<br />
•25% blasse Affekträmpfe mit Bradykardie, evlt. kurzer Asystolie<br />
•60% zyanotische Affektkrämpfe<br />
•Das Kind schreit, hält die Luft an, anschließende Bewusstlosigkeit<br />
•Teils tonische oder tonisch-klonische Bewegungen (zerebrale<br />
Minderversorgung)<br />
•Pathophysiologie unklar, teils Valsalva-Effekt<br />
•Kleinkindesalter<br />
•Spontanes Sistieren im KK-Alter<br />
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Differentialdiagnose des cerebralen Anfalls: Synkope<br />
Zerebraler Anfall:<br />
•Zungenbiss lateral<br />
•Offene Augen, verdreht nach lateral<br />
•Postiktaler Dämmerzustand<br />
•Inkontinenz<br />
Synkope:<br />
•„schwarz werden“ vor den Augen<br />
•Vorher schwitzige Hände<br />
•Rasche Reorientierung<br />
•Offene Augen<br />
•Visuelle oder auditive Halluzinationen<br />
(60%)<br />
Unspezifisch:<br />
•Verdrehen der Augen nach oben<br />
•Myoklonien<br />
•Tonische Muster<br />
•Automatismen<br />
(in 70-90% der Synkopen finden sich auch convulsive Muster)<br />
•Zungenbiss an der Zungenspitze<br />
Wichtig: Genaue Anamnese! Videoanalyse!<br />
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Differentialdiagnose des cerebralen Anfalls:<br />
Psychogene Anfälle:<br />
•Nicht selten bei Epileptikern (Mischbild aus echten und psychogenen<br />
Anfällen bei 30% der Epileptiker)<br />
•Beckenbewegungen („Kopulationsbewegung“)<br />
•Tremor statt tonisch-klonische Bewegungen<br />
•Geschlossenen Augen, die sich passiv nicht öffnen lassen<br />
•Kein postiktaler Dämmerzustand<br />
•Paradoxes Bild mit partieller Ansprechbarkeit<br />
•Wechselhafter Rhythmus der klonischen Bewegungen<br />
•Anfälle tagsüber und unter Zeugen<br />
•Cave: In 66% der Fälle ist mindestens ein „sicheres“ Anfallszeichen<br />
positiv<br />
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Differentialdiagnose des cerebralen Anfalls:<br />
Shuddering:<br />
•Meist im Alter von 3-6 Monaten beginnend, gelegentlich bis ins<br />
Schulalter persistieren<br />
•Plötzliches hochfrequentes Schütteln, ähnlich frösteln<br />
•Auslöser oft Emotionen<br />
•Ursache unklar<br />
•Benigne, nicht epileptisch, spontanes Sistieren<br />
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Differentialdiagnose des cerebralen Anfalls:<br />
Benigner, paroxysmaler Aufblick:<br />
•Paroxysmale, unterschiedlich lange auftretende tonische Aufwärtsbewegungen<br />
der Augen<br />
•Säuglings- und Kleinkindesalter<br />
•Horizontale Augenbewegungen nicht gestört<br />
•Nicht epileptisch, normales EEG<br />
•Erhaltenes Bewusstsein<br />
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Differentialdiagnose des cerebralen Anfalls:<br />
Autostimulation:<br />
•Paroxysmale, stereotypische Bewegungsmuster mit tonischer<br />
Versteifung, häufig rhythmisches Zusammenpressen der<br />
Oberschenkel oder wippende Bewegungen<br />
•Vegetative Symptomatik mit Schwitzen, Gesichtsröte, unregelmäßiger<br />
Atmung (Schmerzen)<br />
•Erhaltenes Bewusstsein<br />
•Unwirsche Reaktion bei Unterbrechung / Ansprache<br />
•Häufig kleine oder behinderte Kinder<br />
Ursache: Kindliche Masturbation, typischerweise keine Berührung des<br />
Genitals<br />
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Epilepsien im Kindesalter:<br />
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Epilepsien im Kindesalter:<br />
Epilepsie<br />
abgeleitet von dem griechischen Wort<br />
epilambanein = heftig ergreifen,<br />
zupacken<br />
Die „heilige Krankheit“<br />
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Epilepsien im Kindesalter:<br />
Mit der sogenannten Heiligen Krankheit verhält es sich<br />
folgendermaßen: Sie scheint mir in keiner Beziehung einen<br />
mehr göttlichen Ursprung zu haben als die übrigen Krankheiten,<br />
auch nicht heiliger zu sein...<br />
Schuld an dieser Krankheit ist das Gehirn...<br />
Wenn der Schleim in Adern hinabfließt, so verliert der Kranke<br />
die Stimme und es kommt Schaum aus seinem Munde hervor,<br />
die Hände sind zusammengekrampft, die Augen verzerrt und die<br />
Betroffenen haben kein Verständnis, bei manchen geht auch<br />
noch der Kot nach unten ab....<br />
Mit den Füßen schlägt der Kranke um sich... Das alles hat der<br />
Kranke auszustehen, wenn der kalte Schleim in das warme Blut<br />
fließt.<br />
Hippokrates<br />
(ca. 460 - 375 v. Chr.)<br />
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Epilepsien im Kindesalter:<br />
Der Beweis, dass Epilepsie vom Magen ausgeht, liegt darin, dass<br />
im Magen häufig eine Unruhe und ein fressendes Nagen entsteht,<br />
und dass alsdann die Kranken das Nahen des Leidens fühlen ....<br />
Unvermischten Wein nach dem Bade zu trinken ist verboten, weil<br />
nichts leichter einen Anfall auslöst - wie überhaupt allen<br />
Epileptikern unvermischter Wein gefährlich ist.<br />
Alexandros von Tralleis<br />
(525 - 605 n.Chr.)<br />
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Epilepsien im Kindesalter:<br />
1. Einteilung:<br />
Fokale (partielle) Epilepsie Generalisierte Epilepsie<br />
Anfallstyp<br />
Klinisch ohne<br />
Apparate, %<br />
Klinisch +<br />
EEG, %<br />
Klinisch + EEG +<br />
Kernspin, %<br />
Generalisiert 8 23 23<br />
Partial 39 54 58<br />
Nicht<br />
klassifiziert 53 23 19<br />
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Epilepsien:<br />
n<br />
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Epilepsien im Kindesalter:<br />
* 1 Anfallsformen<br />
o 1.1 Generalisierter Krampfanfall<br />
o 1.2 Partieller (fokaler) Krampfanfall<br />
+ 1.2.1 Aura<br />
o 1.3 Multiple Anfallsformen<br />
o 1.4 Unklassifizierte Anfälle<br />
* 2 Einteilung der Epilepsien<br />
o 2.1 Lokalisationsbezogene Epilepsien und Syndrome<br />
+ 2.1.1 Gutartige Epilepsie des Kindesalters mit zentro-temporalen Spikes<br />
+ 2.1.2 Epilepsie des Kindesalters mit occipitalen Paroxysmen<br />
+ 2.1.3 Primäre Leseepilepsie<br />
+ 2.1.4 Symptomatische Epilepsien<br />
# 2.1.4.1 Anhaltende Teilepilepsie des Kindesalters<br />
# 2.1.4.2 Schläfenlappenepilepsie<br />
# 2.1.4.3 Stirnlappenepilepsie<br />
# 2.1.4.4 Scheitellappenepilepsie<br />
# 2.1.4.5 Hinterhauptslappenepilepsie<br />
+ 2.1.5 Kryptogen<br />
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o 2.2 Generalisierte Epilepsien und Syndrome<br />
+ 2.2.1 Idiopathisch<br />
# 2.2.1.1 Benigne familiäre Neugeborenenkrämpfe<br />
# 2.2.1.2 Benigne Neugeborenenkrämpfe<br />
# 2.2.1.3 Benigne myoklonische Epilepsie des Kleinkindalters<br />
# 2.2.1.4 Absence-Epilepsie des Kindesalters<br />
# 2.2.1.5 Juvenile Absence-Epilepsie<br />
# 2.2.1.6 Juvenile myoklonische Epilepsie (Janz-Syndrom)<br />
# 2.2.1.7 Aufwach-Grand-mal-Epilepsie<br />
+ 2.2.2 Andere generalisierte Epilepsien<br />
# 2.2.2.1 Epilepsien mit spezifisch ausgelösten Anfällen<br />
+ 2.2.3 Kryptogen oder symptomatisch<br />
# 2.2.3.1 West-Syndrom<br />
# 2.2.3.2 Lennox-Gastaut-Syndrom<br />
# 2.2.3.3 Epilepsie mit myoklonisch astatischen Anfällen<br />
# 2.2.3.4 Epilepsie mit myoklonischen Absencen<br />
+ 2.2.4 Symptomatisch<br />
o 2.3 Epilepsien und Syndrome, die nicht als lokalisationsbezogen oder generalisiert<br />
bestimmbar sind<br />
+ 2.3.1 Neugeborenenkrämpfe<br />
+ 2.3.2 Schwere myoklonische Epilepsie des Kindesalters / Dravet-Syndrom<br />
+ 2.3.3 Epilepsie mit anhaltenden spike-wave-Entladungen im synchronisierten<br />
Schlaf<br />
+ 2.3.4 Aphasie-Epilepsie-Syndrom<br />
o 2.4 Spezielle Syndrome<br />
+ 2.4.1 Gelegenheitsanfälle<br />
# 2.4.1.1 Fieberkrämpfe<br />
# 2.4.1.2 Isolierte Anfälle<br />
# 2.4.1.3 Ausschließlich bei akuten Ereignissen auftretende Anfälle<br />
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Epilepsien im Kindesalter:<br />
Fieberkrämpfe:<br />
•Keine Epilepsie sondern Gelegenheitsanfall!<br />
•Betrifft jedes 20. Kind<br />
•Familiäre Häufung ohne bekannte genetische Ursache<br />
•Häufige Rezidive<br />
•Normale geistige Entwicklung<br />
•Leicht erhöhtes Risiko eine Epilepsie zu entwickeln (1-4%)<br />
•Durch eine Temperatursteigerung über 38°C bedingt, nicht durch<br />
die Infektion selber!<br />
•Meist Tonisch-klonisch generalisiert<br />
•Meist zwischen dem 1. und 6. Lebensjahr (Max im 2. Lj.)<br />
•Pathophysiologie unklar<br />
•DD:<br />
•Meningitis/Herpes-Enzephalitis ->Indikation zur LP großzügig<br />
•Epilepsie ->EEG nach Entfieberung<br />
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Fieberkrämpfe:<br />
Einteilung:<br />
Unkomplizierter FK:<br />
•Weniger als 15 Minuten Dauer<br />
•Nicht mehr als ein Anfall in 24 h<br />
•Keine Herdzeichen<br />
->Epilepsierisiko 2,5-3,2%<br />
Komplizierter FK:<br />
•Herdzeichen<br />
•Dauer > 15 Minuten<br />
•2 oder mehr Anfälle in 24 h<br />
->Epilepsierisiko 6-49%<br />
Therapie:<br />
Konsequente Fiebersenkung (ab 38,5°C)<br />
•Ggf. Gabe von Diazepam (Rectiole)<br />
•Beruhigung der Eltern<br />
•Extrem seltene Indikation zur antikonvulsiven Therapie!<br />
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Rolandische Epilepsie:<br />
•Gutartige fokale Epilepsie aus der Gruppe der benignen Partialepilepsien<br />
•Häufig (15-20% aller Epilepsien des Kindesalters)<br />
•Normal entwickelte Kinder<br />
•Auftreten / Begin: 2.-12 Lebensjahr<br />
•Aus dem Schlaf heraus auftretende Anfälle mit Missempfindungen im<br />
Bereich des Gesichtes / Schlund / Zunge<br />
•Sekundär: Tonisch-klonisch generalisierte Anfälle<br />
•Im EEG fokale Anfallsbereitschaft centro-temporal (Rolandische Region)<br />
•Psychomentale Entwicklung fast immer gut<br />
•In der Regel Ausheilen nach 2-3 Jahren, spätestens mit der Pubertät<br />
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Der Rolando-Herd im EEG:<br />
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Der Rolando-Epilepise:<br />
Therapie:<br />
• Therapie nur bei mehreren Anfällen notwendig<br />
• Der reine EEG-Befund (Rolando-Fokus als Zufallsbefund ohne<br />
Anfälle) wird in der Regel nicht behandelt<br />
• Die Rolando-Epilepsie ist gehäuft vergesellschaftet mit weiteren<br />
Proplemen (Teilleistungsstörungen, Störung des Sozialverhaltens, Tic-<br />
Störung), dann kann eine Therapie diskutiert werden<br />
Therapie der Wahl:<br />
1. Ospolot (Sultiam)<br />
2. Trileptal (Oxcarbazepin)<br />
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BNS-Epilepsie:<br />
Blitz-Nick-Salaam-Anfälle, West-Syndrom<br />
•Idiopathisch/kryptogen oder symptomatisch (Fehlbildungen,<br />
Frühgeburtlichkeit, Tuberöse Sklerose …)<br />
•Begin zwischen dem 3. und 12. Lebensmonat<br />
•Blitzartiges Auftreten, heftige Myoklonie der Arme und Beine mit<br />
Schleudern der Extremitäten nach vorne, Nicken des Kopfes und<br />
Oberkörpers<br />
•Häufigkeit 1:4- 1:6000<br />
•Typisches EEG (Hypsarrhythmie, irregulär, verlangsamt,<br />
Anfallsbereitschaft)<br />
•Prognose unbehandelt katastrophal (Übergang in andere Epilepsiesyndr.)<br />
•Therapieschwierig (besser bei idiopathischem BNS)<br />
•Letalität 5% (nicht selten therapiebedingt)<br />
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Hypsarrhythmie:<br />
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BNS-Epilepsie:<br />
Therapie:<br />
Häufig therapieschwierig, rasche Eskalation der Therapie<br />
1. Vitamin B6 100-600 mg<br />
2. Ospolot (Sultiam)<br />
3. Valproat<br />
4. Evtl. Vigabatrim ( in 30% der Fälle irreversible Gesichtsfeldausfälle)<br />
5. Prednisolon/Dexamethason/ ACTH (Letalität 3-8%)<br />
6. Topiramat, …<br />
Therapiedauer und Hospitalisation häufig über 3 Monate!<br />
Prognose: Akzeptabel bis gut bei raschem Ansprechen und idiopathischer<br />
Ursache, schlecht bei protrahiertem Ansprechen auf die Therapie,<br />
katastrophal bei Therapieversagen<br />
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Absence-Epilepsie:<br />
•Auftreten meist im Vorschulalter / Grundschulalter<br />
•Abwesenheitsphasen, fehlende Ansprechbarkeit, in der Schule<br />
Verträumtheit, Dauer meist wenige Sekunden<br />
•Keine tonisch-klonischen Entäußerungen<br />
•Häufig Lidmyoklonien oder Mund- und Schlundbewegungen<br />
•Generalisierte Epilepsie mit typischem EEG-Befund<br />
•EEG mit 3/Sekunde spike-wave-Aktivität<br />
•Provokation durch Hyperventilation<br />
•Selten als reine Absence, häufig vergesellschaftet mit grand-mal-Anfällen<br />
•Schulversagen bei fehlender Therapie<br />
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Absence-Epilepsie:<br />
Therapie:<br />
•Erste Wahl -> Valproat<br />
Wirkung: Schutz vor grand-mal und Absencen<br />
NW: Leberversagen, Blutbildveränderungen, Gerinnungsstörungen,<br />
Pankreatitis, Appetitmangel, Sedierung, Gewichtszunahme<br />
•Zweite Wahl -> Lamotrigin<br />
Wirkung: Schutz vor grand-mal und Absencen<br />
NW: Hautveränderungen bis hin zum Stevens-Johnson-Syndrom,<br />
Sedierung<br />
Nachteil: Gelegentlich Anfallsaktivierung, langsame Aufdosierung über<br />
mindestens 6 Wochen<br />
•Ethosuximid / Mesuximid<br />
Wirkung: Schutz vor Absencen, kein grand-mal-Schutz<br />
NW: GI-Nebenwirkungen, Appetitmangel, Gewichtsabhahme<br />
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Epilepsien im Kindesalter:<br />
Sehr viele Sonderformen und Varianten!!!<br />
•4-jähriger Junge<br />
•Immer wieder unvermitteltes Lachen, situationsunabhängig<br />
•Später: Pubertas präcox<br />
->MRT Diagnostik<br />
Gelastische Epilepsie bei Hypothalamus-Hamartom<br />
Epilepsie mit Lach- oder Kicher-Anfällen<br />
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Epilepsie, grundsätzliches Vorgehen:<br />
•Genaue Anamnese! (Psychomentale und motorische Entwicklung,<br />
Grunderkrankungen, akuter Auslöser, Aura, fokale Elemente, tonisch,<br />
tonisch klonisch)<br />
•Differentialdiagnosen bedenken<br />
•Bei jedem Verdacht EEG durchführen<br />
•MRT-Schädel bei jedem Patienten mit erstem Krampfanfall (außer<br />
Fieberkrampf), (Ausschluss Tumor, Fehlbildung, übergeordnete<br />
Erkrankung)<br />
•Genaue Zuordnung zum Epilepsie-Typ, Epilepsie-Syndrom anstreben,<br />
Vermeidung allgemeiner Diagnosen wie „zerebrales Anfallsleiden“<br />
•Rationale Therapie unter Kenntnis der Epilepsie, des spontanen<br />
Verlaufes der Epilepsie und der Nebenwirkungen der eingesetzten<br />
Medikamente<br />
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EEG, grundsätzliches Vorgehen:<br />
•Bei jedem Verdacht auf Epilepsie sind EEGs anzufertigen, die EEG-<br />
Bestätigung einer Epilepsie sollte immer angestrebt werden (Therapie!)<br />
•Sensitivität des EEGs zur Diagnose einer Epilepsie<br />
•Ein EEG 45%<br />
•Zwei EEGs 70%<br />
•Drei EEGs 90%<br />
•Steigerung der Sensitivität durch Provokation:<br />
•Bei generalisierten Epilepsien:<br />
•Hyperventilation<br />
•Photostimulation<br />
•Bei fokalen Epilepsien:<br />
•Schlaf-EEG<br />
•Schlafentzugs-EEG<br />
•Ggf. Videoaufnahme des „Anfalls“ durch die Eltern oder im Rahmen eines<br />
Stadionären Aufenthaltes<br />
•Ggf. 24-72-Stunden-EEG<br />
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Therapie der Epilepsie:<br />
•Therapie erst nach möglichst exakter Diagnose der Epilepsie!<br />
•Zielgerichtete Therapie, kein „Rumprobieren“<br />
•Problematik: Beschränkte Zulassung (Altersbeschränkung, Beschränkung<br />
auf einzelne Erkrankungen, Beschränkung auf Zusatztherapie)<br />
•Beachtung der besonderen Umstände des Patienten (Führerschein,<br />
Behinderung, Körpergewicht, Komedikation, Kontrazeption, Kinderwunsch)<br />
•Versuch der Standardisierung und evidenzbasierten Medikation<br />
•Monotherapie anstreben<br />
•Ausdosieren jedes Medikamentes ggf. bis zum Auftreten von<br />
Nebenwirkungen<br />
•Bedenken nicht medikamentöser Therapieoptionen (Epilepsiechirurgie,<br />
Vagus-Nerv-Stimulation)<br />
•Absetzversuch nach längerer Therapie und unauffälligem EEG<br />
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Neurokutane Syndrome /<br />
Phakomatosen:<br />
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Neurokutane Syndrome / Phakomatosen:<br />
•Gemeinsame Merkmale sind:<br />
Charakteristische Veränderungen der Haut vergesellschaftet mit einer<br />
ZNS-Problematik<br />
•Meist hereditäre Erkrankungen<br />
•Einer Blickdiagnostik zugänglich und dennoch häufig unterdiagnostiziert.<br />
•Häufig (Teils 1:2000)<br />
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•Neurofibromatose Typ I (v. Recklinghausen-Erkrankung) (1:2.300) AD<br />
•Tuberöse Sklerose (M. Bourneville-Pringle) (1:5.800) AD<br />
•Sturge-Weber-Syndrom (Enzephalotrigeminale Angiomatose) sporadisch<br />
(1:50.000)<br />
•Ataxia teleangiectatica (Louis-Bar-Syndrom) (1:40.000-1:300.000) AR<br />
•Ito-Syndrom (Hypomelanosis Ito)<br />
•Bloch-Sulzberger-Syndrom (x-chromosomal dominant, bei M 1:10.000)<br />
•Linear and whorled Hypermelanosis (sporadisch)<br />
•Von Hippel-Lindau-Syndrom<br />
•Neurokutane Melanose<br />
•Epidermales Nävus-Syndrom (Schimmelpenning-Syndrom)<br />
•Basalzell-Nävus-Syndrom (Gorlin-Syndrom)<br />
•Kutanes Hämangiom-Gefäßkomplex-Syndrom<br />
•Chediak-Higashi-Syndrom<br />
•Hemiatrophia facialis progressiva (Parry-Romberg-Syndrom) etc.<br />
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Neurofibromatose<br />
• Erste Beschreibungen im 18. Jahrhundert<br />
• Erstmals als Syndrom zusammengefasst und als<br />
Neurofibromatose beschrieben von von<br />
Recklinghausen 1882<br />
• Ursprünglich ein Terminus, zwei Varianten<br />
– Zentrale Neurofibromatose –>NF2<br />
– Periphere Neurofibromatose ->NF1<br />
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NF I<br />
• Häufigkeit 1:2300<br />
• Vererbung: autosomal dominant<br />
• 100% Penetranz bis zum 5. Lebensjahr,<br />
variable Ausprägung<br />
• Häufigste durch einen einzigen Gendefekt<br />
verursachte Erkrankung des ZNS<br />
• Ca. 50% kommen sporadisch vor<br />
(Spontanmutationen)<br />
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NF I<br />
Klinik:<br />
• Haut: Cafe au lait Flecken<br />
– Meist bei der Geburt bereits vorhanden<br />
– Zunahme der Anzahl und Größe bis zur<br />
Pubertät<br />
– Stammbetont<br />
– Meist scharf begrenzt und von homogener<br />
Farbe<br />
– Ab 3.-5. Lj sommersprossenartige<br />
Pigmentierungen axillär und inguinal, Zunahme<br />
in der Pubertät und im Erwachsenenalter<br />
– Keine Korrelation zwischen der Anzahl der<br />
Flecken und der Schwere der Erkrankung<br />
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NF I<br />
Auge:<br />
• Irishamartome, erstmals beschrieben<br />
durch Lisch (Lisch-Knötchen)<br />
• Bei praktisch allen NFI-Patienten mit<br />
21 Jahren vorhanden, jedoch nur bei<br />
50% der Kinder im Alter von 6 Jahren<br />
• Initial hell, später dunkel pigmentiert,<br />
meist keine pathologische Bedeutung<br />
jedoch diagnostisch hilfreich<br />
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NF I, sonstige Befunde<br />
• Unterdurchschnittliche Körperhöhe bei 32%<br />
der Kinder<br />
• Makrozephalus in 16-45% der Kinder<br />
• Dysplasie langer Röhrenknochen (Tibia!)<br />
• Kyphoskoliose bei 32% der Kinder<br />
• Charakteristische Veränderungen im MRT<br />
des Schädels (UBOS)<br />
• Gehäuft ZNS-Tumoren, meist Optikusgliome<br />
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NF I<br />
Kognition und NF I:<br />
• 30-60% der Kinder zeigen<br />
Lernschwierigkeiten<br />
• Nur selten deutliche Retardierung<br />
(8% der Patienten haben einen<br />
IQ
NF I<br />
Diagnostische Kriterien (mindestens zwei):<br />
• > 5 Cafe au lait Flecken >5 mm<br />
präpubertär und >15 mm postpubertär<br />
• Ein plexiformes Neurofibrom oder zwei<br />
Neurofibrome beliebiger Histologie<br />
• Freckling<br />
• Betroffener Elternteil<br />
• Zwei oder mehr Lisch-Knötchen<br />
• Typische Knochenveränderungen<br />
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Cafe-au-lait Flecken<br />
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Freckling axillär<br />
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Neurofibrome<br />
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Plexiformes Neurofibrom<br />
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Lisch-Knötchen<br />
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Optikusgliom<br />
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Röntgenbefunde bei NF<br />
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Tuberöse Hirnsklerose (TS)<br />
Erstbeschreibung 1880 durch Bourneville<br />
• Häufigkeit 1:5800<br />
• Autosomal dominant (1/3 hereditär, 2/3<br />
Spontanmutation)<br />
• Genetisch heterogen, zwei bekannte<br />
Genloci, TSC1 und TSC2<br />
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Tuberöse Hirnsklerose (TS)<br />
• Multisystemerkrankung<br />
• Retardierung (nicht obligat)<br />
• Anfallsleiden (BNS) (nicht obligat)<br />
• Charakteristische „white spots“<br />
• „Tuber“ in der zentralen Bildgebung<br />
• Noduli und „Riesenzellastrozytome“<br />
subependymal<br />
• Angiomyolipome der Nieren<br />
• Adenoma sebaceum der Wangen<br />
• Rhabdomyome des Herzens<br />
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Tuberöse Sklerose<br />
• Hauptkriterien<br />
– Rhabdomyom, multiple<br />
Tubera<br />
– Angiofibrome, Plaques<br />
– White spots > 3<br />
– Lymphangiomyomatose<br />
– Multiple retinale Hamartome<br />
– (peri)unguale Fibrome<br />
– Renale Angiomyolipome<br />
– Chagrinhaut<br />
– Subependymales<br />
Riesenzellastrozytom<br />
– Subependymale Knötchen<br />
• Nebenkriterien<br />
– Knochenzysten<br />
– Radiale Migrationslinien<br />
der weissen Substanz<br />
– Konfetti-Hautläsionen<br />
– Gingivafibrome<br />
– Rektale hamartöse Polypen<br />
– Zahnschmelzgrübchen<br />
– Multiple Nierenzysten<br />
– Nichtrenale Hamartome<br />
– Retinale achrome Flecken<br />
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Tuberöse Sklerose<br />
(Kriterien nach Hyman u. Whittemore, 2000)<br />
• Definitive TS<br />
– 2 Hauptkriterium<br />
– 1 Hauptkriterium plus 2 Nebenkriterien<br />
• Wahrscheinliche TS<br />
– 1 Hauptkriterium plus 1 Nebenkriterien<br />
• Mögliche TS<br />
– 1 Hauptkriterium<br />
– > 2 Nebenkriterien<br />
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Bei 80% der Patienten nachweisbar, Entstehung meist im 1. Lj<br />
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Faciale Angiofibrome / Adenoma sebaceum:<br />
Entstehung ab dem 2. Lj, bei 85% der Patienten<br />
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Faciale Angiofibrome:<br />
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Chagrinlederhaut (Pflastersteinnävi) bei 40% der Patienten<br />
Nagelfalzfibrome (Koenen-Tumoren) bei 50% erwachsener Patienten<br />
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Rhabdomyome des Herzens bei 50% der betroffenen Kinder<br />
Entstehung in der Schwangerschaft<br />
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Sturge-Weber Syndrom (Enzephalo-faziale Angiomatose)<br />
•Auftreten sporadisch<br />
•Häufigkeit 1/50.000<br />
•Kein bekanntes Gen, mutmaßlich Fehlbildung und keine Erb-<br />
Erkrankung<br />
•1860 erstmals durch Schirmer beschrieben (Gesichtsnävus und<br />
Hydrophthalmus)<br />
•1879 von Sturge beschrieben mit Gesichtsnävus, Hydrophthalmus,<br />
Hemiparese und Anfällen<br />
•1897 von Kalischer Nachweis der Angiome im Gesicht und an der<br />
Hirnhaut<br />
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Sturge-Weber Syndrom (Enzephalo-faziale Angiomatose)<br />
•Leitsymptom: Nävus flammeus im Versorgungsbereich des N.<br />
trigeminus<br />
•Wenn der Stirnast betroffen ist, besteht ein 75%-iges Risiko einer<br />
intrakraniellen oder retinalen Mitbeteiligung<br />
•Ist der Stirnast nicht betroffen, ist das Risiko einer intrakraniellen Mitbeteiligung<br />
gering<br />
•Meist einseitig, in 5-10% findet sich ein Nävus flammeus auch an<br />
anderen Lokalisationen<br />
•Leptomeningeale kapillare Malformation mit konsekutiver Verkalkung<br />
und progredienter Hirnatrophie der betroffenen Hemisphäre<br />
•Retinale Angiome (30%), Glaukom (60%), Buphthalmus<br />
•Symptomatische, therapieschwierige Epilepsie (80%)<br />
•Transiente und anhaltende Hemiplegie, Retardierung (ca. 70%)<br />
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Buphthalmus<br />
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Leptomeningeale kapillare Malformation und Atrophie der betroffenen<br />
Hemisphäre<br />
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Verkalkung des leptomenigealen Hämangioms<br />
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Verkalkung des Hämangioms in der konventionellen Rö-Aufnahme<br />
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