Handbuch für den Kinder- und Jugendgesundheitsdienst im Land ...
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Anlagen<br />
A<br />
ausgehen<strong>den</strong> Sehstrahlen nicht an der Stelle des schärfsten Sehens auftreffen,<br />
sondern auf Netzhautbereiche, die nur unscharfe Bilder liefern. Bei der Verschmelzung<br />
des unscharfen Bildes des schielen<strong>den</strong> Auges mit dem scharfen Bild<br />
des nicht schielen<strong>den</strong> Auges <strong>im</strong> Gehirn entsteht insgesamt ein unscharfes Bild. Um<br />
scharf zu sehen, setzt wieder <strong>im</strong> Gehirn der Vorgang der Unterdrückung, der<br />
Hemmung des Seheindrucks des schielen<strong>den</strong> Auges ein. Die mit Schielen<br />
verbun<strong>den</strong>en Amblyopien fallen <strong>im</strong> Sehschärfetest auf.<br />
Störungen des Stereosehens<br />
Stereosehen ist der höchste Grad der Zusammenarbeit beider Augen <strong>und</strong> der<br />
Verarbeitung der Seheindrücke beider Augen <strong>im</strong> Gehirn. Die Entwicklung ist sehr<br />
störanfällig, insbesondere durch Schielen. Stereosehen lässt sich <strong>im</strong> Gehirn bereits<br />
ab dem 4. Lebensmonat nachweisen. Im Stereotest zeigt sich aber überwiegend erst<br />
ab dem Alter von 8 Jahren volles Stereosehen.<br />
Die Behandlung muss frühestmöglich erfolgen durch Orthoptik <strong>und</strong> Korrektion<br />
vorhan<strong>den</strong>er Sehfehler. Ab dem 7. Lebensjahr verlaufen Behandlungsversuche<br />
meist ergebnislos.<br />
Im Screening sollten für Vorschulkinder <strong>und</strong> Schulanfänger Stereotests angewendet<br />
wer<strong>den</strong>, die auf dem Zylinderrasterverfahren beruhen (z. B. Lang-Test), weil sie zur<br />
Erfassung von vermindertem Stereosehen (<strong>und</strong> indirekt Schielfehlern) am besten<br />
geeignet sind.<br />
Farbsinnstörungen<br />
Vererbbare oder erworbene Schwäche, selten völliger Ausfall der Wahrnehmung<br />
<strong>und</strong> Unterscheidung von Rot <strong>und</strong> Grün, in Ausnahmefällen auch Blau<br />
Betrifft 8 % der Männer <strong>und</strong> 0,4 % der Frauen.<br />
Kein Ausgleich bzw. keine Therapie möglich.<br />
Klare, kräftige Farben wer<strong>den</strong> meist problemlos erkannt. In der Schule treten<br />
deshalb höchstens in schweren Fällen Schwierigkeiten auf.<br />
Erfassung mit Farbtafeltest (pseudoisochromatische Tafeln).<br />
Für einige Berufe besteht Nichteignung. Gegebenenfalls genaue Best<strong>im</strong>mung vor<br />
der Berufswahl durch <strong>den</strong> Augenarzt mittels Anomaloskop.<br />
Sehscreening: Stand der Wissenschaft <strong>und</strong> existierende Programme<br />
In einer prospektiven Studie mit 6.081 <strong>Kinder</strong>n wurde in Großbritannien untersucht,<br />
ob ein Vorschulscreening auf Amblyopie <strong>im</strong> Alter von 37 Monaten zu einer<br />
Verbesserung der Sehfunktion <strong>im</strong> Alter von 7,5 Jahren führt. Das Screening wurde<br />
von Fachkräften (Orthoptisten) mit standardisierten logarithmischen Visustafeln<br />
(ETDRS) durchgeführt (Williams et al. 2003). Der gewählte Screeningansatz <strong>im</strong><br />
Vorschulalter führte zu keiner signifikanten Verbesserung der Sehfunktion von<br />
Schulkindern.<br />
Die Sehentwicklung <strong>im</strong> Vorschulalter, insbesondere die Entwicklung der Sehschärfe,<br />
ist bislang noch unzureichend geklärt. Es ist von einer kontinuierlichen<br />
Veränderung des Visus zwischen 2,5 <strong>und</strong> 6 Jahren auszugehen. Daher gelingt eine<br />
Definition von Visus-Normwerten bis zum 4. Lebensjahr nicht. Diese Fragestellung<br />
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