Handreichung
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<strong>Handreichung</strong> Biogasgewinnung und -nutzung<br />
Dazu muss die Biogasanlage eine dem landwirtschaftlichen<br />
Betrieb dienende Funktion aufweisen. Diese<br />
leitet sich aus dem Umstand ab, dass die Gärrückstände<br />
im Sinne eines weitgehend geschlossenen<br />
Nährstoffkreislaufs auf den landwirtschaftlich genutzten<br />
Flächen als Düngemittel verwertet werden.<br />
Eine dem landwirtschaftlichen Betrieb dienende<br />
Funktion ist im Sinne des § 34 Abs. 1 Nr. 1 des Baugesetzbuches<br />
dann gegeben, wenn weniger als 50 % der<br />
erzeugten Energie in das öffentliche Netz eingespeist<br />
wird. In diese Berechnung werden sowohl der erzeugte<br />
Strom als auch die erzeugte Wärme mit einbezogen.<br />
Für die Berechnung dieses Energieanteils wird nur<br />
die tatsächlich nutzbare Energie herangezogen. Insbesondere<br />
für die Wärme sind hier die oft nicht nutzbaren<br />
Energiemengen von Bedeutung. Zusätzlich werden<br />
von der tatsächlich verfügbaren Energie die Prozessenergien<br />
(Wärme + Strom) abgezogen. Anhand der so ermittelten<br />
Energiemenge wird der innerbetriebliche<br />
Nutzungsanteil errechnet. Werden mehr als 50 % von<br />
diesem Energieanteil im Betrieb verwertet, ist der Privilegierungstatbestand<br />
erfüllt und die Anlage kann an<br />
dem geplanten Standort errichtet werden.<br />
Eine Biogasanlage kann nicht nur bei landwirtschaftlichen<br />
Betrieben als untergeordnete Nebenanlage<br />
zulässig sein, sondern auch bei gartenbaulichen<br />
und forstwirtschaftlichen Betrieben und bei nach § 35<br />
Abs. 1 Nr. 4 Baugesetzbuch ausnahmsweise im Außenbereich<br />
privilegiert zulässigen Betrieben, wie z. B.<br />
einem Landgasthof. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit<br />
sind die geplanten Anlagen aber häufig so groß<br />
und leistungsstark, dass weit mehr als 50 % der erzeugten<br />
Energie ins öffentliche Netz eingespeist wird.<br />
Diese Anlagen können dann durch die mitgezogene<br />
Privilegierung im Außenbereich genehmigt werden.<br />
Diese setzt voraus, dass das zur Vergärung eingesetzte<br />
Material überwiegend (mindestens 51 %) betriebseigenen<br />
Ursprungs ist. Der Einsatz nicht betriebseigener<br />
Stoffe landwirtschaftlichen Ursprungs<br />
(z. B. Gülle, Rübenschnitzel, Kartoffelschlempe oder<br />
Ausputzgetreide) bis zu einem Anteil von 49 % steht<br />
einer mitgezogenen Privilegierung nicht entgegen.<br />
Jedoch steht die Zugabe nicht betriebseigener Kofermente<br />
ohne landwirtschaftlichen Ursprung (z. B.<br />
Speiseabfälle oder Inhalte von Fettabscheidern) einer<br />
mitgezogenen Privilegierung nur dann nicht entgegen,<br />
wenn sie in unbedeutender Menge erfolgt: In einem<br />
vom Land NRW veröffentlichten Merkblatt wird<br />
„unbedeutende Menge“ mit < 20 % der eingesetzten<br />
Gesamtsubstratmenge beziffert.<br />
Für die mitgezogene Privilegierung ist außerdem<br />
ausschlaggebend, dass die aus der Vergärung dieses<br />
Kofermentanteils resultierenden Einkünfte nicht überwiegend<br />
zum Einkommen des Landwirtes beitragen.<br />
Für Biogas-Gemeinschaftsanlagen bedeuten die<br />
o. g. Kriterien für eine untergeordnete Nebenanlage<br />
bzw. eine mitgezogene Privilegierung Einschränkungen,<br />
die im Einzelfall mit der Genehmigungsbehörde<br />
zu diskutieren sind und ggf. zu der Notwendigkeit einer<br />
Genehmigung als selbstständige Anlage im Außenbereich<br />
führen (siehe Modellanlage 6).<br />
Genehmigung der Biogasanlage als selbständige<br />
Anlage im Außenbereich<br />
In Einzelfällen können Biogasanlagen nach § 35 Abs. 1<br />
Nr. 4 Baugesetzbuch als selbständige Anlage im Außenbereich<br />
zulässig sein. Erforderlich dafür ist, dass<br />
das betreffende Vorhaben notwendigerweise im Außenbereich<br />
auszuführen ist. Dies kann z. B. wegen zu<br />
erwartender nachteiliger Wirkung auf die Umgebung<br />
durch Emissionskonflikte und Lieferverkehr für Gülle<br />
und andere Einsatzstoffe landwirtschaftlichen Ursprungs<br />
gegeben sein, wenn dadurch für andere Bereiche,<br />
wie z. B. Gewerbegebiete, unzumutbare Lärmoder<br />
Geruchsbeeinträchtigungen zu erwarten wären.<br />
Die Frage nach der Genehmigungsfähigkeit des<br />
Standortes wird in der Regel mit zunehmender Anzahl<br />
der beteiligten Betriebe an der geplanten Biogasanlage<br />
schwieriger. So werden von der Genehmigungsbehörde<br />
für große Gemeinschaftsanlagen auch Sonderflächen<br />
im Außenbereich ausgewiesen, damit ein genehmigungsfähiger<br />
Standort zur Verfügung steht. Die<br />
Errichtung von Biogasanlagen in Gewerbegebieten ist<br />
grundsätzlich möglich, aber oft nicht gewollt.<br />
Ausblick: Am 30. April hat der Deutsche Bundestag<br />
in der zweiten und dritten Beratung des von der<br />
Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes<br />
zur Anpassung des Baugesetzbuches an<br />
EU-Richtlinien (Europarechtsanpassungsgesetz Bau<br />
– EAG Bau) wichtige Änderungen auch für das<br />
landwirtschaftliche Bauen beschlossen. Eine klare<br />
Verbesserung ist für die eigenständige baurechtliche<br />
Privilegierung von Biomasseanlagen im Außenbereich<br />
bis 500 kWel erwirkt worden. Diese gilt für<br />
Anlagen von Landwirten einschließlich gewerblichen<br />
Tierhaltungsbetrieben, von Forstwirten und<br />
Gartenbaubetrieben - soweit am Betriebsstandort<br />
nur eine Biomasseanlage betrieben wird und die<br />
Biomasse überwiegend aus dem eigenen Betrieb<br />
stammt. Das vom Bundestag verabschiedete Gesetz<br />
wird dem Bundesrat voraussichtlich abschließend<br />
am 9. Juli vorgelegt und könnte daher schon im<br />
Sommer In-Kraft-treten.<br />
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