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Interims Räume auf Zeit

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Die Wächterhausinitiative,<br />

Leipzig<br />

Leer<br />

stand<br />

mit<br />

Leben<br />

füllen<br />

HausHalten e.V.<br />

Ziel des Ende 2004 in Leipzig gegründeten<br />

Vereins ist die Sicherung und<br />

Werterhaltung gefährdeter Altbauten<br />

in städtebaulich bedeutsamen Lagen<br />

durch die Akquisition neuer Nutzer<br />

<strong>auf</strong> nicht kommerzieller Basis. Aufgrund<br />

des großen Wohnungsüberhangs<br />

besteht in bestimmten Lagen<br />

für diese Häuser kaum eine Aussicht<br />

<strong>auf</strong> eine klassische Sanierung und<br />

Wiedernutzung; andere Wege werden<br />

von Eigentümern selten selbst gefunden.<br />

Andererseits besteht ein großes Interesse<br />

an unkonventionell nutzbaren<br />

Räumlichkeiten jenseits des üblichen<br />

Mietmarktes zur Ausübung von Tätigkeiten<br />

außerhalb der Wohnung. Hierfür<br />

werden Abstriche an der Qualität<br />

und Ausstattung in K<strong>auf</strong> genommen.<br />

Ziel von HausHalten e.V. ist es, beide<br />

skizzierten Probleme – Leerstand in<br />

unattraktiven Lagen und kreative<br />

Raumsuchende – als Chance zu betrachten<br />

und Eigentümer mit Nutzern<br />

zusammenzuführen.<br />

Kulturdenkmale<br />

erhalten<br />

Wichtigstes Ziel des Vereins ist der<br />

Erhalt städtebaulich und baukulturell<br />

bedeutsamer Gebäude, die <strong>auf</strong>grund<br />

schwieriger Rahmenbedingungen<br />

keiner „klassischen“ Instandsetzung<br />

zugeführt werden können und mittelfristig<br />

vom Abbruch bedroht sind.<br />

Durch die Sicherung einzelner Gebäude<br />

sollen Blockstrukturen in ihrer<br />

Geschlossenheit bestehen bleiben und<br />

für die lokale Identifikation bedeutsame<br />

Bauten gesichert werden.<br />

Ein Wächterhaus in der<br />

Georg-Schwarz-Straße<br />

in Leipzig - Übergabe<br />

des Wächtersets<br />

an die zukünftigen<br />

Hauswächter,<br />

Foto: HausHalten e.V.<br />

Eigentümer<br />

beraten<br />

HausHalten e.V. möchte den Eigentümern<br />

in schwierigen <strong>Zeit</strong>en neue Erhaltungsoptionen<br />

für ihre bedrohten<br />

Häuser eröffnen. Ziel ist die Wahrung<br />

eines akzeptablen Bauzustandes, der in<br />

Abhängigkeit der weiteren Marktentwicklung<br />

ggf. eine wirtschaftliche und<br />

dauerhafte Verwertung der Objekte<br />

mittelfristig zulässt. Dazu werden den<br />

Eigentümern einerseits Nutzer vermittelt,<br />

andererseits wird bei der Beantragung<br />

von Fördergeldern für die<br />

Sicherung des Gebäudes geholfen.<br />

Nutzungen<br />

akquirieren<br />

Ein weiteres Vereinsziel ist die Anwerbung<br />

von Nutzern, sogenannten<br />

‚Hauswächtern‘, die von Abbruch gefährdete<br />

Gebäude durch Eigenleistungen<br />

und mit fachlicher Unterstützung<br />

durch Mitglieder von HausHalten e.V.<br />

in einen nutzbaren Zustand versetzen<br />

und dabei die vermeintlichen Standortnachteile<br />

wie Kohleheizung und<br />

Etagen-WC in K<strong>auf</strong> nehmen. Der<br />

Lohn dafür ist viel nutzbare Fläche für<br />

wenig Geld.<br />

Stadtteile<br />

beleben<br />

Durch die Benutzung leer stehender<br />

Ladenlokale durch Vereine und Künstler<br />

wird einerseits das soziale und kulturelle<br />

Angebot im Quartier erhöht,<br />

andererseits werden Bewohner anderer<br />

Stadtteile <strong>auf</strong> das Quartier <strong>auf</strong>merksam<br />

gemacht. Revitalisierte Häuser<br />

strahlen positiv <strong>auf</strong> ihr Umfeld aus<br />

und verdeutlichen die vorhandenen<br />

Potenziale einer vermeintlichen Problemlage.<br />

Beschäftigung<br />

fördern<br />

Zur Sicherung der Häuser wird <strong>auf</strong><br />

das Wissen und die Qualifizierung der<br />

lokalen Bevölkerung und der aus dem<br />

Quartier stammenden Handwerksbetriebe<br />

gesetzt. Langzeitarbeitslose<br />

Jugendliche werden im Rahmen von<br />

geförderten Qualifizierungsmaßnahmen<br />

fachlich angeleitet, um kleinere<br />

Arbeiten in den ‚Wächterhäusern‘ auszuführen.<br />

Nutzer werden durch Haus-<br />

Halten e.V. zu baulichen Eigenleistungen<br />

beraten und können sich in der<br />

Wächterstation für die Umsetzung der<br />

Renovierungsmaßnahmen Werkzeug<br />

ausleihen.<br />

Konzept<br />

kopieren<br />

Der Bedarf an nichtkommerziell und<br />

unkonventionell nutzbaren <strong>Räume</strong>n<br />

ist vorhanden; die Resonanz <strong>auf</strong> von<br />

HausHalten e.V. initiierte Aufrufe war<br />

groß. Besonders in Großstädten kann<br />

von einem Nachfragepotenzial ausgegangen<br />

werden. Trotz der prekären<br />

Marktlage vor allem in Ostdeutschland<br />

können <strong>auf</strong>grund der weitgehenden<br />

Kostenfreiheit für die Nutzer Belebungseffekte<br />

in ungenutzter Bausubstanz<br />

erwartet werden. Ziel ist es,<br />

den Ansatz von HausHalten e.V.<br />

überregional bekannt zu machen<br />

und die gesammelten Erfahrungen<br />

vorzustellen.<br />

Kontext<br />

Leipzig<br />

Leipzig wird wie kaum eine andere<br />

deutsche Stadt durch ihre gründerzeitliche<br />

Bebauung charakterisiert. Rund<br />

80% des Altbaubestandes wurden seit<br />

1990 saniert, sodass der überwiegende<br />

Teil des baukulturellen Erbes als Markenzeichen<br />

der Stadt bewahrt werden<br />

konnte. Im selben <strong>Zeit</strong>raum verlor<br />

Leipzig jedoch mehr als 100.000 Einwohner,<br />

davon 50.000 <strong>auf</strong>grund von<br />

Suburbanisierung mit schwerwiegenden<br />

Folgen für die Stadtentwicklung.<br />

Trotz leichter Einwohnergewinne, die<br />

Leipzig seit 2001 wieder verzeichnet,<br />

stehen heute immer noch rund 35.000<br />

Wohnungen leer. Insbesondere an<br />

unattraktiven Standorten wie Hauptverkehrsstraßen<br />

konzentrieren sich<br />

Ein Wächterhaus in der<br />

Engertstraße in Leipzig,<br />

Foto: HausHalten e.V.<br />

Leerstand und unsanierte Bestände.<br />

Die Ortsteile in den Altbauquartieren<br />

des Leipziger Ostens und Westens sind<br />

im höchsten Maße davon betroffen.<br />

Angesichts des rapide fortschreitenden<br />

Verfalls vieler der ca. 2.000 noch unsanierten<br />

gründerzeitlichen Gebäude<br />

in Leipzig und der geringen Nachfrage<br />

nach Wohnungen mit Lagemängeln ist<br />

eine neue Strategie für den Umgang<br />

mit ungenutzter Bausubstanz notwendig,<br />

um auch diesen städtebaulich<br />

wichtigen Teil des baukulturellen Erbes<br />

von Leipzig weitgehend erhalten<br />

zu können.<br />

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