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<strong>Ausgabe</strong> 4 / <strong>Dezember</strong> <strong>2014</strong><br />
Herausgegeben von der<br />
Deutschen Röntgengesellschaft<br />
<strong>Medizin</strong> <strong>mit</strong> Durchblick<br />
Das Radiologie-Magazin für Patienten<br />
RECHTS-<br />
MEDIZIN<br />
Tote verraten<br />
ihre letzten<br />
Geheimnisse<br />
MYOME<br />
Experten<br />
erklären die<br />
wichtigsten<br />
Therapien<br />
WILHELM<br />
CONRAD<br />
RÖNTGEN<br />
Faszinierende<br />
Einblicke in<br />
sein Leben<br />
Schädel-<br />
Hirn-Trauma<br />
Gehirn in Gefahr<br />
Jedes Jahr erleiden 250 000 Deutsche einen Unfall, der eine<br />
Hirnverletzung zur Folge hat. Wie Ärzte helfen können
se 1-1<br />
achwerk alt<br />
achwerk neu<br />
efach ausgemauert<br />
en-Eckbalken schräg<br />
Wohl<br />
kaum eine<br />
24/12<br />
Entdeckung<br />
13<br />
12/12<br />
der Neuzeit hat derart<br />
*<br />
tiefgreifende<br />
10<br />
14<br />
OK FB<br />
Veränderungen 10/20<br />
U180<br />
in der<br />
11/9<br />
Wissenschaft ausgelöst<br />
wie die Entdeckung der<br />
X-Strahlen<br />
OK FB = OK Schwelle OK FB = OK Schwelle -8,5<br />
durch Wilhelm Conrad Röntgen.<br />
*<br />
Mit dem Erwerb seines Geburtshauses durch die Deutsche Röntgengesellschaft bietet sich nun die<br />
Möglichkeit, dieses Haus zu einem gemeinsamen Erbe der Naturwissenschaften und der <strong>Medizin</strong><br />
zu gestalten und so<strong>mit</strong> das Andenken an Wilhelm Conrad Röntgen zu fördern und zu pflegen.<br />
Unterstützen Sie uns <strong>mit</strong> Ihrer Spende!<br />
www.roentgen-geburtshaus.de Spendenkonto: IBAN: DE 44 5004 0000 0403 2686 12 / BIC: COBADEFFXXX
EDITORIAL<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
die aktuelle <strong>Ausgabe</strong> unserer Patientenzeitschrift verantworten die beiden<br />
großen Organisationen der deutschen Radiologie gemeinsam: Der Berufsverband<br />
der Deutschen Radiologen und die Deutsche Röntgengesellschaft freuen sich,<br />
Ihnen wieder ein sehr gut gemachtes Heft, wie wir finden, präsentieren zu können.<br />
Prof. Dr. Norbert Hosten,<br />
Präsident der Deutschen<br />
Röntgengesellschaft e. V.<br />
Manche Themen wollten Sie vielleicht schon immer einmal von Experten<br />
kommentiert sehen: Möglicherweise ist dies bei der Helmpflicht für Fahrradfahrer<br />
der Fall? Oder vielleicht möchten Sie wissen, was von einer minimalinvasiven<br />
Behandlung von Uterusmyomen durch Radiologen zu halten ist, die den Erhalt<br />
dieses Organs ermöglicht?<br />
All diese Themen finden Sie im vorliegenden Heft. Und die sogenannte virtuelle<br />
Autopsie interessiert sicher den einen oder anderen passionierten Krimigucker.<br />
Bei diesem modernen Verfahren wird das Aufschneiden des Körpers bei der Sektion<br />
durch eine Schnittbilduntersuchung ersetzt. Die Akzeptanz für die Angehörigen<br />
ist hier sicherlich höher, und so kann dieses wichtige Kontrollinstrument ärztlicher<br />
Qualität möglicherweise neuen Zuspruch finden.<br />
Aber nun zu dem einen Thema, das den Berufsverband, die Deutsche Röntgengesellschaft,<br />
alle Radiologen und Radiologinnen und, wie wir meinen, auch<br />
alle Patientinnen und Patienten gleichermaßen angeht. Der Entdecker der Röntgenstrahlen,<br />
Wilhelm Conrad Röntgen, kam ja als Deutscher zur Welt. So hat unser<br />
Land einen wichtigen Beitrag zur modernen <strong>Medizin</strong>geschichte leisten können.<br />
Lassen Sie sich von dem Bericht über den Menschen Röntgen bezaubern! In diesem<br />
Zusammenhang freut sich übrigens die Stiftung Röntgen-Geburtshaus auch über<br />
kleinste Spenden.<br />
Prof. Dr. med. Norbert Hosten, Präsident der Deutschen Röntgengesellschaft, und<br />
Dr. med. Helmut Altland, 1. Vorsitzender Berufsverband der Deutschen Radiologen<br />
Dr. med. Helmut Altland,<br />
1. Vorsitzender Berufsverband<br />
der Deutschen Radiologen<br />
TITELFOTO: DPA<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Deutsche Röntgengesellschaft e. V.<br />
Ernst-Reuter-Platz 10, 10587 Berlin<br />
Präsident: Prof. Dr. med. Norbert<br />
Hosten (Greifswald)<br />
Geschäftsführung:<br />
Dr. med. Stefan Lohwasser<br />
Redaktionsleitung:<br />
Dr. Margit Pratschko (Text)<br />
Christine Ast (Art Direction)<br />
Bildbearbeitung: JournalMedia<br />
Nachdruck ist nur <strong>mit</strong> schriftlicher<br />
Genehmigung der Deutschen<br />
Röntgengesellschaft gestattet.<br />
Dies gilt auch für die Aufnahme in<br />
elektronische Datenbanken und<br />
Vervielfältigungen auf CD-ROM.<br />
Druck: Laserline Druckzentrum<br />
Scheringstr. 1, 13355 Berlin<br />
INHALT<br />
2 4 Themen & Trends Aus Wissenschaft und Forschung<br />
2 6 Titel Schädel-Hirn-Trauma: Erschütterung im Gehirn<br />
12 Schicksal Morbus Hodgkin Wie der Schauspieler Michael Lesch seine<br />
Krebserkrankung überstand<br />
14 Virtuelle Autopsie Rechtsmediziner entlocken Verbrechensopfern die<br />
letzten Geheimnisse<br />
16 Segensreiche Strahlen Die bildgesteuerten Methoden der<br />
Interventionellen Onkologie<br />
20 Wilhelm Conrad Röntgen Die erstaunlichen Seiten des Nobelpreisträgers<br />
23 Handwerkszeug: Röntgen Zehn Antworten zu der klassischen, aber<br />
immer noch hochmodernen Methode der Radiologie<br />
24 Gebärmuttermyome Experten erklären, welche Therapien sinnvoll sind<br />
28 Dinosaurier Forscher untersuchen fossile Knochen der Urzeit-Giganten<br />
30 Umfrage Was Promis über Wilhelm Conrad Röntgen wissen<br />
3
FOTOS: WWW.ISTOCKPHOTO.DE (4), DOTTER INTERVENTIONAL INSTITUTE, OREGON HEALTH & SCIENCE UNIVERSITY, MEDICAL SCHOOL<br />
THEMEN & TRENDS<br />
Cool: Eiskristalle im CT<br />
Schneeforschung ist eine schwierige Wissenschaft. Vor allem, weil das Objekt der Forschung schnell zwischen<br />
den Fingern zerrinnt. Selbst gekühlte, in Scheiben geschnittene Proben sind nach einmaliger Beschau<br />
unterm Mikroskop für weitere Tests unter anderen Bedingungen untauglich. Was tun? Zur Erkundung<br />
von Lawinen haben Wissenschaftler des Davoser Instituts für Schnee- und Lawinenforschung SLF einen<br />
speziellen Mikro-Computertomographen (CT) entwickelt. In ihm können die Proben unten gewärmt und<br />
oben gekühlt werden, was dem natürlichen Klima in den Bergen entspricht. So lässt sich <strong>mit</strong> einer einzigen<br />
unangetasteten Schneeprobe die Verwandlung der Kristalle über Tage <strong>mit</strong>tels regelmäßiger CT-Scans<br />
dokumentieren. Dabei sieht man: Eiskristalle verändern sich ständig – was die Stabilität der gesamten<br />
Schneemasse beeinflusst. Entstehen dabei sogenannte schwache Schichten, kann sich Neuschnee nicht<br />
dauerhaft halten. Je steiler der Hang, desto höher ist das Risiko, dass er als Lawine ins Tal abrutscht.<br />
Jubiläum<br />
Vor 50 Jahren ...<br />
... setzte der Radiologe Charles Dotter zum<br />
ersten Mal einen Katheter zur Behandlung<br />
einer Gefäßverengung ein, heute Angioplastie<br />
genannt. Eine 82-jährige Patientin<br />
<strong>mit</strong> starken Schmerzen im linken Fuß hatte<br />
sich in ihrer Not an den Rektor der radiologischen<br />
Fakultät der Universität Oregon,<br />
USA, gewandt. Denn andere Ärzte hatten<br />
ihr eine Amputation empfohlen, die die<br />
alte Dame aber ablehnte. Dotter erkannte,<br />
dass ein Verschluss der Beinschlagader zu schmerzhaften Durchblutungsstörungen<br />
im Fuß führte. Mit einem selbst entwickelten<br />
Katheter konnte er das verstopfte Gefäß wieder freilegen. Nur<br />
wenige Minuten später war der Fuß warm und durchblutet. Die<br />
Schmerzen vergingen nach einer Woche – die Patientin war geheilt.<br />
Charles Dotter wurde Vorreiter der Interventionellen Radiologie:<br />
therapeutische Eingriffe unter direkter Kontrolle bildgebender Verfahren,<br />
die einen Patienten nur wenig (minimalinvasiv) belasten.<br />
Tiermedizin: Nashornfüße im Fokus<br />
Es klingt im ersten Moment unspektakulär – kann aber Nashörner vor dem Aussterben<br />
retten: Ein internationales Wissenschaftsteam unter Leitung des Leibniz-Instituts<br />
für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin entwickelte eine innovative<br />
Methode, <strong>mit</strong> der die Füße der großen Säuger in Zoos untersucht werden können:<br />
eine Kombination aus hochauflösender Computertomographie und digitaler<br />
Röntgentechnik. Denn in menschlicher Obhut leiden die mächtigen Tiere oft unter<br />
verschiedenen Fußkrankheiten – was sich negativ auf ihr Fortpflanzungsverhalten<br />
auswirken kann. Dabei ist ihre Zucht in Zoos wichtig, weil vier von den fünf<br />
noch existierenden Arten stark bedroht sind. Dank der neuen Diagnosetechnik<br />
können lahme Nashornfüße frühzeitig behandelt werden: Radiologie im Zeichen<br />
des Tierschutzes.<br />
4
TOMATEN-TEST<br />
Bio-Beweise<br />
Biologisch erzeugte Lebens<strong>mit</strong>tel boomen. Trotz<br />
meist höherer Preise hat sich die Nachfrage seit<br />
2002 etwa verdreifacht. Das motiviert Betrüger,<br />
normale Waren <strong>mit</strong> dem Etikett „Bio“ teuer anzubieten.<br />
Valide Öko-Labortests gibt es bisher nicht. Das<br />
wollen Würzburger Wissenschaftler jetzt ändern: <strong>mit</strong> der<br />
Magnetresonanz-Spektroskopie (NMR), die in der <strong>Medizin</strong> zur<br />
Messung der Gewebezusammensetzung in bestimmten Körperregionen<br />
eingesetzt wird. Forscher der Universität Würzburg und<br />
des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebens<strong>mit</strong>telsicherheit<br />
konnten <strong>mit</strong> der NMR bereits eindeutige Unterschiede<br />
zwischen herkömmlich und biologisch erzeugten Tomatensorten<br />
festmachen. Ob diese Technik auch für anderes Obst und Gemüse<br />
verlässliche Werte liefert, muss sich noch zeigen. Bio-Betrüger<br />
werden’s dann schwerer haben.<br />
Hirnforschung<br />
Geistig fit trotz<br />
Alzheimer-Plaques<br />
Sie kündigen Alzheimer an, noch bevor<br />
erste Krankheitssymptome auftreten:<br />
Eiweiß-Ablagerungen im Gehirn,<br />
sogenannte Plaques. Je zahlreicher,<br />
desto eher können sie Hirnleistungen<br />
wie das Gedächtnis beeinträchtigen.<br />
Gleichzeitig sind sie Auslöser eines<br />
bisher ungeklärten Phänomens:<br />
verstärkte Nervenaktivitäten in bestimmten<br />
Hirnbereichen. Wissenschaftler der<br />
University of California in Berkeley, USA,<br />
haben durch Studien <strong>mit</strong> Frauen und Männern<br />
im Alter von durchschnittlich 76 Jahren<br />
herausgefunden, dass diese Reizübertragungen<br />
eine positive Funktion haben. Per funktioneller Magnetresonanztomographie<br />
(fMRT), die Stoffwechselvorgänge<br />
sichtbar macht, zeigten sie, dass die Nervenreak tionen<br />
helfen, die eingeschränkte Erinnerungsleistung zu<br />
kompensieren. Das könnte der Grund dafür sein, dass<br />
viele Menschen trotz hohen Alters noch geistig<br />
fit sind, obwohl sich in ihrem Gehirn bereits reichlich<br />
Plaques befinden. Ob die ausgleichenden Hirnaktivitäten<br />
Alzheimer verhindern oder nur verzögern,<br />
soll im nächs ten Schritt untersucht werden.<br />
SchAu Rein,<br />
wAS füR Dich<br />
DRinSTeckT<br />
<strong>Medizin</strong>isch-Technische/r<br />
Radiologieassistent/in<br />
(MTRA)<br />
www.vmtb.de<br />
www.drg.de<br />
www.mtawerden.de
MOTORSPORT-<br />
LEGENDE<br />
Bei einem Skiunfall<br />
kurz vor Silvester<br />
2013 erlitt Michael<br />
Schumacher ein<br />
schweres Schädel-<br />
Hirn-Trauma.<br />
Seitdem hoffen<br />
Fans auf eine<br />
Genesung des<br />
Formel-1-Rekordweltmeisters<br />
6
SCHÄDEL-HIRN-TRAUMA<br />
WELTWEITE SORGE<br />
Am 31. <strong>Dezember</strong><br />
2013 schildern Ärzte<br />
der Uniklinik Grenoble,<br />
wie ernst es um<br />
Schumacher steht<br />
FOTOS: DPA<br />
Erschütterung<br />
IM GEHIRN<br />
Schädel-Hirn-<br />
Trauma: Jedes Jahr erleiden<br />
250 000 Deutsche<br />
einen Unfall, der eine<br />
Verletzung des Gehirns<br />
zur Folge hat. Experten<br />
erklären, warum rasches<br />
Eingreifen wichtig<br />
ist und welche Maßnahmen<br />
helfen<br />
Zuerst der Kopf!“ Diese Floskel<br />
hört man oft in amerikanischen<br />
Krankenhausserien.<br />
Auch wenn diese meist herzlich<br />
wenig <strong>mit</strong> der Realität<br />
zu tun haben – der Satz <strong>mit</strong> dem Kopf<br />
stimmt. Da können Bein oder Arm gebrochen<br />
sein, innere Organe rebellieren, es<br />
kann die Schulter oder eine Rippe schmerzen:<br />
Zuallererst geht es stets darum, Kopfverletzungen<br />
schnellstmöglich zu diagnostizieren<br />
und zu versorgen, dabei Kreislauf<br />
und Atmung aufrechtzuerhalten. Ansonsten<br />
besteht die Gefahr, dass die Verletzungen<br />
lebensbedrohend werden und irreparable<br />
Langzeitschäden nach sich ziehen.<br />
Schädel-Hirn-Trauma (SHT) nennen<br />
Ärzte jede Verletzung des Schädels, in<br />
deren Folge das Gehirn über einen kürzeren<br />
oder längeren Zeitraum nicht mehr<br />
richtig arbeitet. Vorausgegangen ist meist<br />
eine äußere Gewalteinwirkung auf Schädel<br />
und/oder Gehirn, zum Beispiel bei<br />
Verkehrsunfällen, Stürzen, Schlägereien<br />
oder Sportverletzungen. Dabei kommt es<br />
zu einer vorübergehenden Minderdurchblutung<br />
des Gehirns. Gleichzeitig werden<br />
Entzündungsreaktionen ausgelöst.<br />
Was das Gehirn so verletzlich und die<br />
Blessur so gefährlich macht, erläutert Neuroradiologe<br />
Dr. Stefan Wirth vom Münchner<br />
Uniklinikum Großhadern: „Da das Gehirn<br />
schwimmend gelagert und keinerlei Luft im<br />
Spiel ist, erzeugt es unweigerlich auf der anderen<br />
Seite einen Sog. Nachdem die äußere<br />
Hülle fest ist, können Gefäße zerreißen, sowohl<br />
an der Aufprallstelle, als auch durch<br />
Zug an der gegenüberliegenden Stelle.“<br />
Prominentestes Beispiel bei uns ist Michael<br />
Schumacher, der siebenfache Formel-<br />
1-Weltmeister, der nach seinem Skiunfall<br />
im <strong>Dezember</strong> 2013 offenbar auch <strong>mit</strong><br />
den Folgen eines schweren Schädel-Hirn-<br />
Traumas zu kämpfen hat.<br />
Erst vor Kurzem erlitt der französische<br />
Rennfahrer Daniel Bianchi ein ➞<br />
7
SARAH BURKE<br />
Die kanadische<br />
Halfpipe-Welt -<br />
meis terin von 2005<br />
stürzte 2012 im<br />
Training auf den<br />
Kopf, lag danach<br />
im Koma. Nach<br />
einem Herzstillstand<br />
wurden aufgrund<br />
Sauerstoffmangels<br />
schwere,<br />
irreparable<br />
Gehirnschäden diagnostiziert.<br />
Sarah<br />
Burke starb neun<br />
Tage nach ihrem<br />
Unfall im Alter von<br />
29 Jahren<br />
➞ schweres Schädel-Hirn-Trauma. Sein<br />
Zustand war auch nach einigen Operationen<br />
unverändert ernst und lebensbedrohlich.<br />
Ein CT sollte immer<br />
gemacht werden<br />
Leicht – <strong>mit</strong>telschwer – schwer, das sind die<br />
Einschätzungen, die Experten bei einem<br />
SHT vornehmen, um den Grad der Verletzung<br />
einzustufen. Dabei hilft ihnen der<br />
sogenannte Glasgow-Coma-Scale, <strong>mit</strong><br />
dessen Hilfe Bewusstseinszustand sowie<br />
Motorik und Bewegung abgefragt werden.<br />
Dr. Wirth: „Der Glasgow-Coma-<br />
Scale gilt als sehr wertvolle Einschätzung<br />
der Schwere der Verletzung, weil er alle<br />
wichtigen Eigenschaften <strong>mit</strong>bringt, die<br />
eine Klassifikation haben sollte. Erstens<br />
geht er schnell, zweitens braucht man<br />
dafür kein Instrument oder Gerät. Und<br />
er ist weltweit standardisiert, jeder Notarzt<br />
kann ihn schon am Unfallort durchführen.“<br />
Auch bei der leichtesten Form des SHT,<br />
einer Gehirnerschütterung, wird das Schema<br />
angewendet. Wobei diese Verletzung<br />
durchaus nicht immer harmlos ist, wie<br />
Prof. Dr. Martin Wiesmann vom Universitätsklinikum<br />
Aachen betont: „Wer nach<br />
einem Schlag auf den Kopf bewusstlos<br />
wurde, und wenn es nur für eine Minute<br />
war, sollte auf jeden Fall ins Krankenhaus<br />
und ein CT machen lassen.“<br />
Dort passiert dann das, was bei jedem<br />
SHT der übliche Weg ist: Zunächst wird<br />
geprüft, ob Blutungen im Gehirn sichtbar<br />
sind. „Bei einem Schlag zerreißen Blutge<br />
FOTOS: DPA<br />
DIE MEISTEN Schädel-Hirn-<br />
Traumata passieren beim Sport<br />
Erste<br />
SIGNALE<br />
● starke Kopfschmerzen<br />
● Übelkeit<br />
● Erbrechen<br />
● Benommenheit<br />
● Schwindel<br />
● Ohnmacht<br />
8
SCHÄDEL-HIRN-TRAUMA<br />
DANIEL ALBRECHT Der Schweizer Skirennfahrer stürzte 2009<br />
beim Zielsprung in Kitzbühel und zog sich ein schweres<br />
Schädel-Hirn-Trauma zu. Nach drei Wochen künstlichem Koma<br />
erholte er sich relativ schnell, wurde Ende April aus dem Krankenhaus<br />
entlassen und stand eine Woche später wieder auf<br />
Skiern. Allerdings fand er nie wieder zu seiner alten Stärke zurück<br />
und gab ein paar Jahre später sein Karriereende bekannt.<br />
fäße häufig“, erklärt der Experte. „Dann<br />
tritt Blut aus, sammelt sich im Kopf. Da<br />
das Gehirn von Schädelknochen umgeben<br />
ist und nicht ausweichen kann, kann der<br />
Bluterguss aufs Gehirn drücken und eine<br />
zweite Schädigung auslösen.“<br />
Daher sprechen Experten von primären<br />
Blutungen, die beim Schlag selbst entstehen<br />
– und sekundären, die auftreten, wenn<br />
die ersten nicht schnellstmöglich gestoppt<br />
und die entstandenen Blutergüsse verödet<br />
werden.<br />
Es ist immer ein<br />
Wettlauf <strong>mit</strong> der Zeit<br />
Schnellstmöglich bedeutet, dass es bei der<br />
Behandlung buchstäblich um jede Minute<br />
geht. „Man spricht von der ,golden hour‘,<br />
der Stunde zwischen Unfall und Behandlung,<br />
die die alles entscheidende für den<br />
Ausgang ist“, erklärt der Münchner Neuroradiologie<br />
Wirth. Hier arbeitet ein Experten-Team<br />
aus mehreren Fachdiszplinen zusammen.<br />
Ist die Klinik auf die Behandlung<br />
von Schwerstverletzten eingerichtet, wird<br />
dem übrigens auch baulich Rechnung getragen.<br />
„Oft sind es dann nur zehn, 20 Meter<br />
von der Patientenanfahrt zum Aufnahmeraum,<br />
und in diesem kann meist auch schon<br />
operiert werden“, erklärt Experte Dr. Wirth.<br />
Auch bei den Untersuchungsmethoden<br />
ist Schnelligkeit Trumpf. Laut Prof. Wiesmann<br />
ist eine Computertomographie häufig<br />
das Mittel der Wahl: „Sie geht schnell<br />
und einfach, Blutungen können <strong>mit</strong> der<br />
Methode gut sichtbar gemacht werden.“<br />
Je nach Schwere des Traumas kann es<br />
zwingend werden, den Patienten am zweiten<br />
oder dritten Tag nach der Verletzung<br />
noch einmal genau zu untersuchen. Nicht<br />
selten zeigen sich erst nach einer bestimmten<br />
Zeit Schädigungen. Zum Beispiel winzige<br />
Risse oder Bruchstellen im Schädelknochen,<br />
eine verletzte Hirnhaut, die Luft<br />
durchlässt. Beschädigtes Hirngewebe, das<br />
abstirbt, beginnt zu schwellen, Wasser kann<br />
in die Nervenzellen einströmen, die sich<br />
dadurch vergrößern und ausdehnen wie bei<br />
einem Bluterguss. So kann eine zunächst<br />
harmlose Schwellung schnell eine gefährliche<br />
Dimension annehmen und nach innen<br />
aufs Gehirn drücken. Das alles sind Situationen,<br />
in denen der Röntgenarzt sofort<br />
Kollegen der Neurochirurgie alarmieren<br />
wird, da<strong>mit</strong> diese eine Operation einleiten.<br />
Ein künstliches Koma<br />
gibt dem Gehirn<br />
Zeit zur Regeneration<br />
„Er liegt im Koma!“ Was im Fall des Rennfahrers<br />
Michael Schumacher die Öffentlichkeit<br />
verstört hat, ist nach derzei ➞<br />
FAKTEN & Zahlen<br />
250 000 Menschen in Deutschland erleiden jährlich ein<br />
Schädel-Hirn-Trauma. 80 Prozent davon ein leichtes, eine<br />
Gehirnerschütterung. Von 27 000 Patienten <strong>mit</strong> schwerem<br />
Trauma sterben etwa 10 000. Mehr als 4000 Patienten pro Jahr<br />
werden trotz Behandlung zu Langzeit-Pflegefällen.<br />
60 Minuten: Wird der Patient in dieser Zeitspanne behandelt<br />
oder operiert, steigert dies seine Heilungsaussichten enorm.<br />
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC)<br />
9
IM KOMA<br />
kommt das<br />
Gehirn zur Ruhe<br />
➞ tigem Forschungsstand ein erprobter<br />
Weg, dem Gehirn im wahrsten Sinne des<br />
Wortes etwas Luft zu verschaffen. Zumindest<br />
wenn es um das künstliche Koma geht,<br />
einen durch Medikamente herbeigeführten<br />
Zustand zwischen Schlaf und Narkose, bei<br />
dem die Körpertemperatur abgesenkt wird.<br />
Prof. Wiesmann nennt zwei Gründe: „Zum<br />
einen funktionieren nach einem Trauma<br />
häufig bestimmte Dinge nicht mehr so gut.<br />
Der Schluckreflex, zum Beispiel. Dann ist<br />
es lebenserhaltend, das Gehirn des Patienten<br />
<strong>mit</strong> Betäubungs<strong>mit</strong>teln zum Schlaf<br />
zu bringen und künstlich zu beatmen. Zum<br />
anderen können die unermüdlich tätigen<br />
Nervenzellen im Tiefschlaf <strong>mit</strong> weniger Blut<br />
und Sauerstoff auskommen, und sie laufen<br />
weniger Gefahr abzusterben.“ Die Konsequenz<br />
ist logisch: Ein, zwei Wochen künstliches<br />
Koma können Teile des Gehirns,<br />
die unversehrt sind, vor Schädigungen<br />
bewahren. Wobei die Prozedur auch unerwünschte<br />
Nebenwirkungen haben kann:<br />
Durch das lange Stillliegen im Koma erkranken<br />
manche Patienten beispielsweise<br />
an Lungenentzündungen – auch Michael<br />
Schumacher hatte das zu überstehen.<br />
Der lange Weg<br />
der kleinen Schritte<br />
Wie es nach dem künstlichen Koma weitergeht,<br />
ist von Patient zu Patient verschieden.<br />
Es kommt auf die Schwere der Verletzung<br />
KEVIN PEARCE Der US-Snowboarder<br />
erlitt bei der Vorbereitung auf die<br />
Winterolympiade in Vancouver bei<br />
einem doppelten Salto <strong>mit</strong> dreifacher<br />
Schraube einen Kopfsturz.<br />
Danach lag er lange im Koma,<br />
musste neu sprechen und gehen<br />
lernen. Nach über zwei Jahren Reha<br />
hält er heute Vorträge über Schädel-<br />
Hirn-Traumata. In den Spitzensport<br />
konnte er nicht zurückkehren.<br />
an, und vor allem darauf, wie schnell und<br />
wie viele Nervenzellen gerettet werden<br />
konnten. Die Zahlen sind neuen Studien<br />
zufolge nicht sehr beruhigend. Laut der<br />
Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie<br />
(DGNC) zählt ein Schädel-Hirn-Trauma<br />
in den westlichen Ländern zu den häufigsten<br />
Todesursachen von Menschen unter<br />
40 Jahren. Und auch wenn die Patienten<br />
überleben, sind motorische und geistige<br />
Fähigkeiten nicht immer vollständig wiederherzustellen.<br />
Wie kürzlich Forscher an<br />
der Universität Oxford in Kooperation<br />
<strong>mit</strong> dem Stockholmer Karolinska-Institut<br />
JOACHIM DECKARM Der Saarbrücker<br />
Handball-Weltmeister von<br />
1978 prallte 1979 <strong>mit</strong> einem ungarischen<br />
Spieler zusammen und knallte<br />
auf den Betonboden der Halle, erlitt<br />
dabei ein schweres Schädel-Hirn-<br />
Trauma. Nach langem Koma startete<br />
er die Reha, konnte sich aber nie<br />
komplett erholen. Er lebt heute in einer<br />
Einrichtung für betreutes Wohnen<br />
in seiner Heimatstadt Saarbrücken.<br />
herausgefunden haben, wurden durch die<br />
Traumata bei vielen Patienten Teile des<br />
Gehirns dauerhaft beschädigt, die für Urteils-<br />
und Entscheidungsfähigkeit sowie für<br />
Risikobereitschaft zuständig sind. Wie in<br />
der Studie festgestellt wurde, starben viele<br />
der SHT-Patienten etwa bei Verkehrsunfällen<br />
nach schweren Fahrfehlern.<br />
Zunächst geht es allerdings darum,<br />
den Zustand des Gehirns zu stabilisieren.<br />
„Außer Lebensgefahr“ wird meistens signalisiert,<br />
wenn sich der Hirndruck nicht<br />
weiter erhöht, Blutungen und Schwellungen<br />
gestoppt werden konnten. Untersuchungen<br />
DIE FÜNF PHASEN NACH EINEM SCHÄDEL-HIRN-TRAUMA<br />
1. Akutmedizinische<br />
Behandlung<br />
Hier geht es<br />
darum, das<br />
Überleben zu<br />
sichern und die<br />
Schäden gering<br />
zu halten.<br />
2. Früheste<br />
Rehabilitation<br />
Auch wenn womöglich<br />
noch beatmet werden<br />
muss: Ein erstes vorsichtiges<br />
Training von Bewegung<br />
und Denkleistung<br />
sollte so früh wie möglich<br />
beginnen.<br />
3. Mittlere<br />
Rehabilitation<br />
Der Patient wird noch<br />
betreut, ist aber in der<br />
Lage, selbstständiger<br />
<strong>mit</strong>zuarbeiten. Training<br />
von Beweglichkeit und<br />
Gehirnleistung stehen<br />
im Vordergrund.<br />
4. Klassische<br />
Rehabilitation<br />
Wie bei anderen<br />
Verletzungen<br />
behandeln und<br />
therapieren<br />
Ärzte und Pflegekräfte.<br />
5. Nachhaltige<br />
Rehabilitation<br />
Bisherige Erfolge sollen<br />
langfristig und nachhaltig<br />
gesichert werden.<br />
Ziel ist die „Inklusion”,<br />
also das vollständige<br />
Teilnehmen am beruflichen<br />
und gesellschaftlichen<br />
Leben.<br />
10
SCHÄDEL-HIRN-TRAUMA<br />
per Magnetresonanztomographie (MRT)<br />
sowie neurologische Funktionsprüfungen<br />
können das nachweisen. Erst dann können<br />
Ärzte langsam <strong>mit</strong> Aufwachversuchen aus<br />
dem künstlichen Koma starten.<br />
Danach kann <strong>mit</strong> verschiedenen Maßnahmen<br />
begonnen werden, Neuro-Reha<br />
ist dabei der entscheidende Begriff. Normalerweise<br />
sind es ganz kleine Schritte,<br />
die in dieser Phase gemacht werden, abhängig<br />
von der Schwere der Erkrankung.<br />
So kann zum Beispiel durch Kältereize der<br />
Schluckreflex trainiert werden. Oder man<br />
führt die Hände des Patienten über bestimmte<br />
Gegenstände, um den Tastsinn zu<br />
aktivieren. Im Prinzip können alle selbstverständlichen<br />
Aktionen des Alltagslebens<br />
neu gelernt werden – vermeintliche Kleinigkeiten,<br />
die plötzlich eine große Bedeutung<br />
bekommen: wie man den Arm <strong>mit</strong> einer<br />
Tasse zum Mund führt, im Liegen die Beine<br />
bewegt, sich auf der Bettkante aufsetzt<br />
oder zur Toilette geht. Gedächtnisübungen<br />
gehören genauso dazu wie Orientierungsoder<br />
Konzentrationstraining. Je früher diese<br />
Übungen starten, desto größer ist die<br />
Aussicht auf Erfolg.<br />
Das Gehirn ist schlau –<br />
und liebt Anregungen<br />
Und das ist dann auch die gute Nachricht:<br />
Das menschliche Gehirn ist lernwillig und<br />
-freudig, lässt sich also überlisten und durch<br />
gezielte Neuro-Reha anregen. Arbeiten<br />
Krankengymnasten, Logopäden, Ergotherapeuten<br />
und Neuropsychologen zusammen,<br />
kann viel erreicht werden.<br />
Gleichzeitig können bestimmte Areale<br />
im Gehirn Aufgaben der benachbarten<br />
Nervenzellen übernehmen, die nach dem<br />
Trauma abgestorben sind. Das ist <strong>mit</strong> dem<br />
Lernprozess vergleichbar, den man als Kind<br />
durchläuft. Natürlich tun sich Erwachsene<br />
viel schwerer da<strong>mit</strong>.<br />
Thüringens Ex-Ministerpräsident Dieter<br />
Althaus jedoch hat Glück gehabt. Nach<br />
seinem schweren Skiunfall <strong>mit</strong> einem massiven<br />
Schädel-Hirn-Trauma und Hirnblutungen<br />
kämpfte er sich 2009 in die Politik<br />
zurück. Heute ist er Dozent für Bildungsmanagement<br />
an der Universität Halle. Ganz<br />
der Alte sei er zwar nicht mehr geworden<br />
nach dem Unfall, sagt er heute. Als sinnvoll<br />
betrachte er sein „zweites Leben“ aber<br />
trotzdem.<br />
Medikamente können diese Rückkehr ins<br />
„normale“ Leben unterstützen. Als wichtiger<br />
gilt indes eine gezielte psychologische<br />
Betreuung, vor allem Gedächtnis übungen.<br />
„Das Gedächtnis leidet fast immer durch<br />
ein Schädel-Hirn-Trauma“, erklärt der Psychologe<br />
Prof. Hans Markowitsch von der<br />
Universität Bielefeld. Spezielle Therapien<br />
können die Leistungsfähigkeit des Denkorgans<br />
verbessern. Das sei vor allem wichtig,<br />
um nicht in die nächste schlimme Phase<br />
zu rutschen, die Depression. Logisch: Wer<br />
unter Amnesie leidet, erscheint den Mitmenschen<br />
oft wie ein Demenzkranker, und<br />
das belastet die Psyche enorm.<br />
Vorbeugen kann<br />
viel bewirken<br />
Dass man sich den Kopf böse stößt oder<br />
bei einem Unfall einen Schlag bekommt<br />
– dagegen lässt sich nicht viel tun. Tatsächlich<br />
passieren aber ein Großteil der<br />
Schädel-Hirn-Traumata beim Sport. Und<br />
da kann man sehr wohl vorsorgen. Vor<br />
allem unbedingt einen Helm aufsetzen<br />
– natürlich beim Ski- oder Snowboardfahren,<br />
beim Eishockey, aber grundsätzlich<br />
auch beim Radfahren, <strong>mit</strong> dem gemütlichen<br />
Hollandfahrrad oder E-Bike<br />
genauso wie <strong>mit</strong> Mountainbike oder<br />
Rennrad. Wichtig ist auch, dass bei allen<br />
Kontaktsportarten (Fußball, Handball,<br />
Volley- oder Basketball) das Schützen des<br />
Kopfes <strong>mit</strong> ins Training einbezogen wird.<br />
Dazu gehört, dass man lernt, den Kopf<br />
oben zu halten, sich umzusehen, einen<br />
Kontakt <strong>mit</strong> Körperspannung abzufangen,<br />
auszuweichen, schädelschützend zu<br />
fallen. Wer das beizeiten lernt und diese<br />
Gewohnheit im sportlichen Alltag umsetzen<br />
kann, hat viel gewonnen. <br />
<br />
Cornelia Menner<br />
SICHTBARE SCHÄDIGUNG<br />
BEISPIEL 1: MOTORRADUNFALL Der 53-jährige Mann verunglückte beim<br />
Motorradfahren schwer. Beim Sturz kam es zu einem<br />
Schädelbruch, durch den Luft in das Kopfinnere<br />
eingedrungen ist. Im Computertomogramm zeigt sich<br />
die Luft als schwarze Fläche unter dem Stirnknochen<br />
(<strong>mit</strong> einem weißen Stern markiert). Unter dem Schläfenknochen<br />
wurde ein Teil des Gehirns beim Aufprall<br />
gequetscht (Hirnkontusion, <strong>mit</strong> einem schwarzen Stern<br />
markiert). Dieses Gebiet ist auf dem CT-Bild dunkler als<br />
das übrige (<strong>mit</strong>telgraue) Gehirn, weil es bereits Wasser<br />
eingelagert hat (Hirnödem). In dem geschädigten<br />
Hirngebiet zeigen sich kleine weiße Stellen, an denen<br />
es zu Blutungen gekommen ist.<br />
BEISPIEL 2: STURZ AUF DEN KOPF Der 60 Jahre alte<br />
Mann war fünf Stunden vor der Aufnahme per CT<br />
gestürzt. Der Notarzt hatte ihn tief bewusstlos gefunden.<br />
Bei dem Unfall kam es zu einem Schädelbruch.<br />
Die Kanten der Bruchstelle verletzten ein Blutgefäß<br />
zwischen Schädelknochen und Hirnhaut. Das dadurch<br />
entstandene große Blutgerinnsel (Epiduralhämatom)<br />
sieht auf dem CT-Bild überwiegend hellgrau bis weiß<br />
aus (s. schwarzer Stern). Nach außen liegt es am<br />
Schädelknochen (weiße Fläche). Nach innen ist es<br />
rundlich zum <strong>mit</strong>telgrauen Hirngewebe vorgewölbt und<br />
drückt auf das Gehirn. Wenn man genau hinsieht, zeigt<br />
sich auch auf der anderen Seite des Kopfes unter dem Schädelknochen ein<br />
schmales Blutgerinnsel.<br />
FOTOS: DPA, GETTY IMAGES<br />
11
PATIENTEN-BERICHT<br />
„Dass ich noch lebe, ist ein<br />
W<br />
Der Schauspieler Michael Lesch erkrankte Ende der 1990er-Jahre<br />
an Morbus Hodgkin. So erlebte er seinen Kampf gegen den Krebs<br />
FOTO: DPA<br />
Gut sieht er aus. Seine Augen<br />
strahlen, und er sprüht geradezu<br />
vor Lebensenergie.<br />
„Mir geht es blendend. Ich<br />
komme gerade vom Golfspielen“,<br />
sagt der beliebte Schauspieler<br />
Michael Lesch, 58, als wir uns nach seiner<br />
Gesundheit erkundigen.<br />
Das war nicht immer so. „Es war im<br />
November 1999, als ich von Dreharbeiten<br />
nach Hause kam <strong>mit</strong> einer Stimmbandentzündung<br />
und einer verschleppten Grippe.<br />
Die Antibiotika schlugen nicht an. Kurz:<br />
Ich fühlte mich hundeelend. Und als ich<br />
dann noch 41 Grad Fieber bekam, tat meine<br />
Frau das einzig Richtige: Sie brachte<br />
mich sofort ins Krankenhaus.<br />
Dort wurde mein Brustkorb wegen Verdachts<br />
auf Lungenentzündung geröntgt.<br />
Am nächsten Tag baute sich eine Armada<br />
von Ärzten an meinem Bett auf. Der<br />
Professor sagte: Sie haben in der Tat eine<br />
verschleppte Lungenentzündung. Aber<br />
wir haben auf den Röntgenbildern noch<br />
etwas anderes gesehen: deutlich vergrößerte<br />
Lymphknoten.<br />
Was heißt das?, fragte ich naiv. Ich weiß<br />
noch, dass er ruhig und klar antwortete:<br />
Verdacht auf Morbus Hodgkin. Das war<br />
ein Schock für mich!<br />
Komplikationen bei<br />
der Chemotherapie<br />
Die Tage, in denen ich auf das Ergebnis<br />
der Biopsie wartete, waren die schlimmsten<br />
meines Lebens. Dann erhielt ich die sichere<br />
Diagnose: Lymphdrüsenkrebs.<br />
Vier Wochen später begann ich <strong>mit</strong> der<br />
Chemo. Die ersten Blöcke überstand ich<br />
gut, aber nach dem dritten Block bekam<br />
ich wahnsinnige Magenschmerzen. Darmverschluss.<br />
Not-OP!<br />
Als ich aufwachte, lag ein Beutel auf<br />
meinem Bauch. Ich hatte einen künstlichen<br />
Darmausgang. Ich schaute zum Fenster<br />
und überlegte, ob der Aufprall auf der Stra<br />
ße reichen würde, mein Leben zu beenden.<br />
Innerhalb der folgenden vier Wochen<br />
nahm ich zwölf Kilo ab, ich wog nur noch<br />
52 Kilo. Immer wenn ich etwas aß, lief eine<br />
Viertelstunde später etwas in meinen<br />
Beutel. Grauenhaft! Eklig! Ich wurde so<br />
schwach, dass ich kaum noch laufen konnte.<br />
Einmal fiel ich im Fahrstuhl hin. Der<br />
Beutel platzte, und ich lag <strong>mit</strong>tendrin. Ich<br />
konnte allein nicht aufstehen. Etwas Menschenunwürdigeres<br />
kann es nicht geben.<br />
Trotzdem kämpfte ich mich durch die<br />
Chemo. Durch die Strahlentherapie. Gewöhnte<br />
mich an meine Glatze. Und als der<br />
Beutel wegkam, war das der erste Schritt<br />
in ein neues Leben – zurück aus der Hölle!<br />
Heute gelte ich als geheilt, muss keine<br />
Medikamente nehmen, gehe einmal im Jahr<br />
zur Untersuchung. Und wenn der Professor<br />
sagt: Alles gut, Herr Lesch, dann atme<br />
ich auf, bin unendlich dankbar und denke<br />
mir: Der Kampf war hart, aber er hat sich<br />
gelohnt.“ Protokoll: Celia Tremper<br />
DIAGNOSE MORBUS HODGKIN<br />
Symptome, Therapie und Heilungschancen – die wichtigsten Fakten<br />
Morbus Hodgkin ist eine bösartige Erkrankung<br />
des Lymphsystems, die 1832<br />
erstmalig von dem englischen Arzt<br />
Thomas Hodgkin beschrieben wurde.<br />
Ein Hauptmerkmal sind Lymphknotenschwellungen,<br />
sogenannte Lymphome.<br />
In Deutschland erhalten pro Jahr etwa<br />
900 Frauen und 1300 Männer diese<br />
Diagnose. Ursachen der Erkrankung<br />
oder Risikofaktoren sind bislang nicht<br />
eindeutig bekannt. Aber es gibt zwei<br />
Besonderheiten. „Sie betrifft zu drei<br />
Vierteln junge Menschen zwischen 30<br />
und 40 Jahren. Der zweite Altersgipfel<br />
liegt bei 60 bis 70 Jahren”, erklärt Prof.<br />
Frederik Wenz, Direktor der Klinik für<br />
Strahlentherapie und Radioonkologie<br />
am Universitätsklinikum Mannheim.<br />
„Das zweite besondere Merkmal sind<br />
die hohen Heilungsraten. Bei einer frühen<br />
Diagnose liegt die Genesungsrate<br />
bei an die 100 Prozent. Und selbst im<br />
fortgeschrittenen Stadium sind die<br />
Überlebenschancen deutlich höher<br />
als bei anderen Tumorerkrankungen.”<br />
Erste Symptome sind geschwollene<br />
Lymphknoten – meist am Hals,<br />
manchmal auch in Achsel oder Leiste.<br />
„Dazu leiden Patienten unter einem<br />
spürbaren Leistungsknick”, erklärt<br />
Krebsexperte Wenz. „Bei fortschreitender<br />
Erkrankung kommen die sogenannten<br />
B-Symptome dazu: Fieber,<br />
Nachtschweiß und Gewichtsverlust.”<br />
Morbus Hodgkin wird in vier Erkrankungsstadien<br />
unterteilt. In der ersten<br />
Phase ist nur eine Lymphknotenregion<br />
betroffen. Von dort breitet sich<br />
die Krankheit, wird sie nicht behandelt,<br />
über die Lymphbahnen auf die<br />
nächstliegenden Lymphknoten aus.<br />
Im Stadium II sind weitere Lymphknotenbereiche<br />
im Brustkorb oder<br />
Bauchraum befallen. Treten in beiden<br />
Körperbereichen Hodgkin-Lymphome<br />
auf, besteht Stadium III. Eine Ausweitung<br />
auf andere Organe wie Knochen<br />
und Gehirn definiert Stadium IV.<br />
Zur eindeutigen Diagnose gehört<br />
neben einer eingehenden Anamnese<br />
eine Blutentnahme. Zusätzlich kommen<br />
bildgebende Verfahren zum Einsatz:<br />
Sonographie der Lymphknoten,<br />
CT des Oberkörpers, in bestimmten<br />
Fällen alternativ eine MRT. Bei Auftreten<br />
der B-Symptome oder Verdacht auf<br />
Stadium IV wird eine Knochenmarkpunktion<br />
vorgenommen. Zur Sicherung<br />
der Diagnose entfernen Ärzte in manchen<br />
Fällen auch einen Lymphknoten<br />
und untersuchen dessen Gewebe<br />
unter dem Mikroskop. Ein eindeutiger<br />
Hinweis auf Morbus Hodgkin sind die<br />
sogenannten Sternberg-Reed-Zellen.<br />
Sie sind außergewöhnlich groß und<br />
haben mehrere Zellkerne.<br />
Die Behandlung besteht aus Chemotherapie<br />
und Bestrahlung und dauert<br />
etwa drei Monate. „Dieses Konzept ist<br />
so effizient, dass bei frühzeitiger Therapie<br />
Rückfälle nur sehr selten vorkommen”,<br />
so Prof. Wenz. „Und selbst<br />
wenn der Morbus Hodgkin wieder<br />
aufflammen sollte, verfügen wir über<br />
sehr gute Therapien <strong>mit</strong> hohen Heilungschancen.”<br />
Heidrun Bobeth<br />
12
UNDER”<br />
EIN NEUES LEBEN<br />
Michael Lesch, 58,<br />
ist heute „unendlich<br />
dankbar”, dass er<br />
seine Krebserkrankung<br />
überstand
RECHTSMEDIZIN<br />
Die Computertomographie<br />
revolutioniert<br />
die Untersuchung<br />
von Todesfällen.<br />
Dank der Röntgenaufnahmen<br />
entlocken<br />
Rechtsmediziner<br />
Verbrechensopfern die<br />
letzten Geheimnisse<br />
Es ist der 1. August 1985: In dem<br />
Schweizer Örtchen Kehrsatz<br />
bei Bern wird die Leiche der<br />
24-jährigen Schneiderin C. Z.<br />
entdeckt. Die junge Frau, die<br />
seit Tagen vermisst wird, liegt erschlagen in<br />
der Tiefkühltruhe ihres Einfamilienhauses.<br />
Noch am selben Abend verhaftet die Polizei<br />
einen Verdächtigen: den Ehemann. Er bestreitet<br />
die Tat, für die es keine Zeugen gibt.<br />
Indizien sollen den Fall klären. Zwei Strafprozesse<br />
halten die Schweizer Öffentlichkeit<br />
jahrelang in Atem. Im ersten Verfahren wird<br />
der Angeklagte zu lebenslänglicher Haft<br />
verurteilt. In der Revision 1993 beraten die<br />
Geschworenen 42 Stunden lang, bis sie den<br />
Ehemann schließlich freisprechen – sie sahen<br />
wichtige Fragen, etwa nach Motiv oder<br />
Tathergang, nicht ausreichend beantwortet.<br />
Ein Radschlüssel als<br />
Corpus Delicti<br />
Bis heute gilt der Mord von Kehrsatz als<br />
ungeklärt. Aber die internationale Rechtsmedizin<br />
erhielt durch diesen Fall den<br />
Anstoß für eine spektakuläre Weiterentwicklung.<br />
„Das Opfer besaß zwei tiefe<br />
Verletzungen am Schädel. Alle rätselten,<br />
<strong>mit</strong> welchem Werkzeug die Frau erschlagen<br />
wurde“, erinnert sich Prof. Michael Thali,<br />
der heute das Institut für Rechtsmedizin<br />
der Universität Zürich leitet und in den<br />
90er-Jahren als Assistent in der Berner Gerichtsmedizin<br />
arbeitete. Die Tatwaffe blieb<br />
so lange mysteriös, bis – längst nach dem<br />
Freispruch – der Radschlüssel aus dem damaligen<br />
Auto des Ehemanns als mögliches<br />
Corpus Delicti ins Spiel kam. „Diese Entdeckung<br />
brachte uns auf die Idee, erstmals<br />
KLASSIKER Im beliebten<br />
„Tatort” aus<br />
Münster er<strong>mit</strong>teln<br />
Axel Prahl (li.) und<br />
Gerichtsmedizin-<br />
Professor Jan-Josef<br />
Liefers noch auf die<br />
herkömmliche Art<br />
eine Wunde dreidimensional per Scanner<br />
abzutasten, statt sie wie bislang lediglich zu<br />
fotografieren. So konnten wir am Computer<br />
millimetergenau zeigen, dass die Verformung<br />
am Schädel der Toten tatsächlich zu<br />
den Abmessungen des Schlüssels passte.“<br />
Beflügelt von dem Er<strong>mit</strong>tlungserfolg (der<br />
sich juristisch nicht mehr auf den Fall auswirkte),<br />
entwickelten die Berner Ärzte die<br />
Idee, auch das Körperinnere von Leichen<br />
am Computer sichtbar zu machen. Bis dahin<br />
besaßen Forensiker nur die Möglichkeit,<br />
den Körper auf ihrem Seziertisch in seine<br />
Einzelteile zu zerlegen. Dazu sägen sie den<br />
Wenn<br />
TO<br />
sprechen<br />
KOPFSCHUSS: In der 3-D-Rekonstruktion sind die Schusslöcher am Schädelknochen<br />
deutlich sichtbar: der Einschuss an der rechten Schläfe (roter Kreis), der Austritt<br />
an der linken Schläfe (grüner Kreis). Die Energieabgabe des Projektils verursachte<br />
aus gedehnte Brüche im Bereich des Gesichts- und Hirnschädels (roter Pfeil).<br />
Schädel auf und entfernen Brustbein und<br />
Rippen, um Organe und Gewebeproben<br />
untersuchen zu können. „Rechtsmedizin<br />
bestand von jeher aus Skalpell, Schere und<br />
Messer. Daran hatte sich seit Bestehen des<br />
Fachs wenig geändert“, so Thali.<br />
„Virtuelle Autopsie“ tauften die Schweizer<br />
die unblutige Hightech-Durchleuchtung,<br />
bei der verschiedene Untersuchungsbausteine<br />
kombiniert werden können. Im ersten<br />
Schritt erfasst ein Streifenlichtscanner die<br />
Körperoberfläche des Toten. Dann wird der<br />
Leichnam in die Röhre eines Computertomographen<br />
(CT) geschoben und per Rönt-<br />
14
SO IST ES PASSIERT: In der Rekonstruktion<br />
werden die 3-D-Bilder des Unfall opfers <strong>mit</strong><br />
dem dreidimensional gescannten Unfallwagen<br />
in eine virtuelle Szene eingepasst. So<br />
bringen Rechtsmediziner die Verletzungen<br />
des Körpers <strong>mit</strong> den Schäden am Auto in<br />
Übereinstimmung: Der Kopf prallte auf<br />
die Windschutzscheibe, der untere seitliche<br />
Rumpf drückte die Motorhaube ein.<br />
TE<br />
gentechnik scheibchenweise durchleuchtet.<br />
Anhand dieser Daten errechnet ein Computer<br />
innerhalb von Minuten ein dreidimensionales<br />
Ebenbild des Körpers. Der Leichnam<br />
selbst bleibt unversehrt, es werden<br />
keine Spuren verändert. Nun können die<br />
Rechtsmediziner das Modell auf einem Monitor<br />
per Mausklick durchwandern, um die<br />
Todesursache zu er<strong>mit</strong>teln oder den Ablauf<br />
des Verbrechens zu rekonstruieren. „Bei<br />
Schusswunden beispielsweise erkennt man<br />
sehr gut, wo die Projektile im Körper liegen.<br />
Das erleichtert die Rekonstruktion der Verletzung<br />
enorm“, sagt Prof. Klaus Püschel,<br />
Direktor des Instituts für Rechtsmedizin am<br />
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.<br />
Auch der Schusskanal wird sichtbar – er<br />
verrät, in welcher Körperhaltung sich das<br />
Opfer im Augenblick der Tat befand.<br />
Am Institut von Klaus Püschel ist die<br />
postmortale Bildgebung Routine, bereits seit<br />
2008 steht ein CT-Gerät im Sektionssaal neben<br />
den Seziertischen. Etwa 500 Leichname<br />
durchleuchten die norddeutschen Experten<br />
jährlich im Auftrag von Staatsanwaltschaft<br />
und Gerichten. Nicht selten blickt ihnen bei<br />
der Arbeit ein neugieriger Morder<strong>mit</strong>tler<br />
der Polizei über die Schulter. Statt wie herkömmlich<br />
stundenlang auf ein Obduktionsergebnis<br />
zu warten, erfährt der ungeduldige<br />
Kriminalbeamte bereits nach Minuten, in<br />
welche Richtung sein Fall läuft.<br />
Manches bliebe ohne<br />
Scanner unentdeckt<br />
Neben Fremdkörpern macht die CT auch<br />
winzige Knochenbrüche sichtbar, die sonst<br />
allzu leicht übersehen werden. Selbst längst<br />
verheilte Frakturen deckt der unbestechliche<br />
Röntgenblick auf. „Deshalb setzen wir<br />
die CT auch bei Verdacht auf Kindesmisshandlungen<br />
ein“, erklärt Püschel. Standard<br />
ist die Durchleuchtung in Hamburg, wenn<br />
es um tote Kinder oder mögliche ärztliche<br />
Behandlungsfehler geht, bei Mehrfach- und<br />
Schussverletzungen. Auch beim Verdacht,<br />
dass einem Menschen Luft injiziert wurde,<br />
ist die radiologische Aufnahme überlegen.<br />
Die Gasansammlung im Herz-Kreislauf-<br />
System, die eine tödliche Embolie auslösen<br />
kann, entweicht bei einer herkömmlichen<br />
Leichenschau häufig unbemerkt.<br />
Außer Streifenlichtscanner und CT umfasst<br />
die virtuelle Autopsie <strong>mit</strong>tlerweile weitere<br />
Techniken. Weiches Gewebe (Organe,<br />
Muskulatur) wird im MRT untersucht.<br />
Per Angiographie prüfen Rechtsmediziner,<br />
ob Arterien und Venen verletzt sind. „Das<br />
erkennen wir bei einer herkömmlichen Leichenschau<br />
selbst per Lupendarstellung nur<br />
schwer“, erläutert Prof. Püschel.<br />
AUSMASS DES SCHADENS: Die<br />
3-D-Bilder per CT zeigen die vielfältigen<br />
Verletzunges eines Unfallopfers:<br />
a<br />
b<br />
c<br />
d<br />
b<br />
a<br />
Bruch des rechten<br />
Oberarmknochens<br />
(a),<br />
Beckenbruch<br />
(b), Bruch<br />
des linken<br />
Oberschenkelknochens<br />
(c),<br />
Bruch des<br />
linken Schienund<br />
Wadenbeins<br />
(d)<br />
Mit den neuen Verfahren wird der Zustand<br />
eines Leichnams auch besser dokumentiert:<br />
Die Daten stehen elektronisch<br />
zur Verfügung. Bei der Hauptverhandlung<br />
können Forensiker die Autopsie-Ergebnisse<br />
eindrucksvoll präsentieren. Bislang wurden<br />
Obduktionsprotokolle ausschließlich auf<br />
Skizzen und Fotos festgehalten und Richter<br />
und Schöffen präsentiert (wobei Letztere<br />
sich angesichts blutiger Details gelegentlich<br />
abwendeten). „Mittlerweile nehme ich<br />
häufig einen Laptop in den Gerichtssaal <strong>mit</strong><br />
und projiziere den Körper in 3-D-Bildern<br />
an die Wand. Das macht die Darstellung<br />
viel einleuchtender“, so Gutachter Püschel.<br />
Für die Gerichtsmedizin, die die Umstände<br />
von Todesfällen untersucht, bietet die<br />
virtuelle Autopsie inzwischen eine wichtige<br />
Ergänzung zur klassischen Leichenschau.<br />
Säge und Skalpell haben deswegen aber<br />
nicht ausgedient. Zum einen macht der<br />
Computer längst nicht alles sichtbar – um<br />
etwa Vergiftungen und Entzündungen zu<br />
entdecken, muss ein lebloser Körper weiterhin<br />
aufgeschnitten werden. Auch den<br />
Todeszeitpunkt verrät der Scanner bislang<br />
noch nicht. Natürlich spielen auch Kosten<br />
eine Rolle. So schlägt allein die postmortale<br />
Mehrschichten-CT <strong>mit</strong> rund zweieinhalb<br />
Millionen Euro zu Buche. Außerdem ist<br />
diese aufwendige Technik erst an vier von<br />
insgesamt 35 rechtsmedizinischen Instituten<br />
an deutschen Universitäten verfügbar.<br />
Dennoch gehört dem Computer bei der<br />
Obduktion die Zukunft. Nicht zuletzt deshalb,<br />
weil die radiologische Durchleuchtung<br />
von Toten viele Fragen beantwortet, die<br />
auch die Lebenden interessieren: etwa wenn<br />
es darum geht, bei natürlich Verstorbenen<br />
eine sorgfältige Diagnostik über den Tod<br />
hinaus sicherzustellen. In einer Studie des<br />
UKE zeigte sich, dass dank der virtuellen<br />
Autopsie bei jedem fünften Patienten neue<br />
Erkenntnisse gewonnen oder bisher unerkannte<br />
Krankheiten nachgewiesen werden<br />
konnten. Bernhard Hobelsberger<br />
15<br />
FOTO: WDR, KÖLN; UNIVERSITÄT ZÜRICH, INSTITUT FÜR RECHTSMEDIZIN
RADIOONKOLOGIE<br />
Innovative Therapien<br />
bei<br />
KREBS<br />
Mehr Lebensqualität, weniger Schmerzen und<br />
manchmal sogar Heilung: Die bildgesteuerten Methoden der<br />
Interventionellen Onkologie sind ein Segen für Tumorpatienten<br />
A B C<br />
FOTOS: DAN ZOUBEK<br />
Krebs – diese Diagnose erhalten<br />
weltweit immer mehr Menschen.<br />
Die Weltgesundheitsorganisation<br />
prognostiziert<br />
bis 2030 immerhin 21,6<br />
Millionen neue Patienten pro Jahr. 2012<br />
waren es noch 14 Millionen. Die steigenden<br />
Zahlen lassen sich zum einen durch eine<br />
verbesserte Diagnostik erklären. Zum anderen<br />
werden die Menschen immer älter.<br />
Jeder, den die Erkrankung trifft, ist erst<br />
einmal schockiert. Als medizinischer Laie<br />
denkt man unwillkürlich an schwierige<br />
Operationen und Chemotherapie <strong>mit</strong> Nebenwirkungen<br />
wie Haarausfall, Übelkeit<br />
und Erschöpfung. Es mag vielleicht nicht<br />
alle Ängste nehmen, aber für die Betroffenen<br />
gibt es dennoch gute Nachrichten:<br />
Die onkologischen Behandlungsmöglichkeiten<br />
werden immer vielfältiger, besser<br />
und schonender für die Patienten. Bei multimodalen<br />
Therapiekonzepten kombiniert<br />
man chirurgische, medikamentöse und radiologische<br />
Verfahren. Welche in Frage kommen,<br />
hängt jeweils von der Konstitution des<br />
Patienten und der Art der Krebserkrankung<br />
ab. Dabei hat besonders ein Spezialgebiet<br />
der Radiologie in den vergangenen zehn<br />
Jahren gewaltige Fortschritte gemacht: die<br />
Interventionelle Onkologie.<br />
Gezielte Eingriffe<br />
unter Bildsteuerung<br />
Aber was genau macht ein Interventioneller<br />
Onkologe eigentlich? Er stellt <strong>mit</strong> Hilfe von<br />
Röntgenbildern, Ultraschalluntersuchungen,<br />
Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie<br />
(MRT) und bildgesteuerter<br />
Gewebeentnahme nicht nur sehr genaue<br />
und sichere Diagnosen. Spezialisten wie<br />
Prof. Bernhard Gebauer, stellvertretender<br />
Direktor der Klinik für Radiologie an der<br />
Charité in Berlin, behandeln den Krebs auch<br />
<strong>mit</strong> minimalinvasiven Verfahren. Für diese<br />
Eingriffe wird die radiologische Bildgebung<br />
genutzt, um den Tumor zielgenau zu behandeln.<br />
„Das erlaubt dem Arzt, sich auf das<br />
erkrankte Gewebe zu konzentrieren und<br />
die Auswirkungen auf den Rest des Körpers<br />
so gering wie möglich zu halten“, erklärt<br />
Gebauer. Diese Behandlungsmethoden können<br />
wie bei dem Patienten Helmut Rauchut<br />
(s. Kasten S. 18) als alleinige Therapie Heilung<br />
bringen. „Meist ergänzen sie aber die<br />
systemische Chemotherapie und den chirurgischen<br />
Eingriff“, so der Experte. Ein weiterer<br />
Vorteil der Interventionellen Onkologie<br />
ist, dass man ihre Verfahren – wenn nötig<br />
– mehrfach bei einem Patienten wiederholen<br />
kann. Was die Chance einer erfolgreichen<br />
Therapie deutlich erhöht. Anwendung findet<br />
dieses Fachgebiet bis jetzt hauptsächlich bei<br />
Leber, Lungen- und Nierenkrebs.<br />
Verfahren, die den<br />
Krebs zerstören<br />
Man braucht heute nicht immer das Skalpell<br />
und die große Operation, um einen<br />
Tumor zu entfernen. Bei der sogenannten<br />
Radiofrequenzablation genügt ein kleiner<br />
Stich in die Haut des Patienten, um<br />
Krebszellen zu zerstören. Professor Gebauer<br />
setzt das Verfahren am häufigsten bei Leberkrebs<br />
ein. Er erklärt, wie es funktioniert:<br />
„Unter Ultraschall- oder CT-Kontrolle ➞<br />
16
ANSICHT<br />
MIT DETAIL<br />
Während eines<br />
Eingriffs können<br />
Radiologen<br />
am Bildschirm<br />
verfolgen, was<br />
im Körper<br />
des Patienten<br />
passiert<br />
EXPERTEN-<br />
BLICK Prof.<br />
Bernhard<br />
Gebauer<br />
(A) analysiert<br />
Röntgenbilder<br />
vor dem<br />
Eingriff.<br />
TEAMARBEIT<br />
Im OP (B)<br />
arbeiten<br />
mehrere<br />
Radiologen<br />
zusammen.<br />
SAUBERE<br />
SACHE<br />
Der Eingriff<br />
erfolgt unter<br />
sterilen Bedingungen<br />
(C) und<br />
<strong>mit</strong>tels Röntgenkontrolle<br />
17
RADIOONKOLOGIE<br />
Den Tumor wegschmelzen<br />
➞ führe ich eine Sonde in den Tumor ein.<br />
Durch sie werden Radiofrequenzwellen<br />
geleitet und das kranke Gewebe auf über<br />
100 Grad Celsius erhitzt. Der Tumor wird<br />
also buchstäblich verkocht.“ Die Wirksamkeit<br />
dieser Therapie konnte in zahlreichen<br />
Studien für Leberkrebse bis zu einer Größe<br />
von drei bis fünf Zentimetern belegt werden.<br />
„Vor allem bei einzelnen Tumoren und<br />
guter Leberfunktion sind die Erfolgsaussichten<br />
gut“, sagt der Berliner Radiologe.<br />
Erste klinische Studien haben zudem gezeigt,<br />
dass die Radiofrequenzablation bei<br />
kleinen Lungentumoren und Metastasen<br />
von bis zu drei Zentimeter Größe genauso<br />
effektiv sein kann wie die chirurgische<br />
Entfernung. Überdies hat das Wegschmelzen<br />
des Krebses den großen Vorteil, dass<br />
es auch für Patienten <strong>mit</strong> eingeschränkter<br />
Lungen- oder Leberfunktion geeignet ist.<br />
Die Radiofrequenzmethode gehört zu<br />
den sogenannten Thermischen Ablationsverfahren.<br />
„Zu ihnen zählt auch die Ablation<br />
<strong>mit</strong> Mikrowellen, die zunehmend<br />
im Kommen ist“, sagt Prof. Gebauer. Und<br />
vor allem Nierentumoren können auch <strong>mit</strong><br />
großer Kälte zerstört werden. „Diese sogenannte<br />
Kryoablation wird zum Beispiel<br />
in den USA und Italien häufig eingesetzt.“<br />
Die Alternative zur thermischen Krebstherapie<br />
ist die Behandlung <strong>mit</strong> Strahlen. An<br />
der Charité arbeiten die Interventionellen<br />
Radiologen seit 2001 <strong>mit</strong> der CT-gesteuerten<br />
Brachytherapie. Dabei punktiert man den<br />
Tumor oder die Metastasen CT-gesteuert.<br />
Anschließend wird das Karzinom über ein<br />
dünnes Plastikröhrchen zielgenau bestrahlt.<br />
Der Vorteil gegenüber der Thermischen Ablation?<br />
„Die Gesamtbelastung für den Körper<br />
und die umliegenden Organe ist geringer“,<br />
sagt Prof. Gebauer. Deshalb lassen sich<br />
<strong>mit</strong> ihr auch größere Tumoren an schwierigen<br />
Stellen gut und komplikationsarm<br />
behandeln. An der Charité konnten da<strong>mit</strong><br />
vor allem bei Lungen- und Lebertumoren<br />
Therapieerfolge erzielt werden.<br />
Wenn OP und Chemotherapie<br />
nicht greifen<br />
Es gibt Patienten, bei denen weder Operation<br />
noch Chemotherapie erfolgreich waren.<br />
In einigen Fällen kommt auch beides<br />
nicht in frage. Zum Beispiel, wenn<br />
18<br />
der allgemeine Gesundheitszustand eines<br />
Erkrankten sehr schlecht ist. Beim Leberzellkarzinom<br />
setzt Prof. Gebauer dann die<br />
Chemoembolisation (TACE) ein. Dabei<br />
injiziert er <strong>mit</strong> Medikamenten beladene<br />
Mikropartikel über einen Katheter direkt<br />
in die tumorzuführenden Gefäße der Leber.<br />
Das Chemotherapeutikum kann im<br />
erkrankten Gewebe wirken, gleichzeitig<br />
verschließen (embolisieren) die Mikropartikel<br />
die Gefäße. So bekommen gesunde<br />
Leberzellen kaum etwas vom Medikament<br />
ab. „Deshalb können wir bei der Chemoembolisation<br />
<strong>mit</strong> einer höheren Dosis<br />
arbeiten, als es bei einer herkömmlichen<br />
Chemotherapie möglich wäre“, erklärt der<br />
Interventionelle Onkologe. Heilen kann die<br />
Chemoembolisation den Krebs nicht. Aber<br />
sie verlängert das Leben des Patienten, weil<br />
sie die Tumoren schrumpfen lässt und ihre<br />
Ausbreitung eindämmt.<br />
Eine andere Möglichkeit, den Tumor<br />
zu kontrollieren, ist die Radioembolisation<br />
(SIRT). Dabei legt man einen Katheter<br />
bildgesteuert über die Leistenschlagader in<br />
die Leberarterie, um dann Mikropartikel<br />
<strong>mit</strong> hoher Strahlendosis über die Leberarterie<br />
in den Tumor einzuschwemmen. Die<br />
umliegenden Organe geraten dabei kaum<br />
in Mitleidenschaft. Diese spezielle Form der<br />
Strahlentherapie behandelt die ganze Leber.<br />
Sie kommt bei primären Lebertumoren und<br />
Metastasen zum Einsatz, wenn OP und Chemotherapie<br />
unwirksam oder unmöglich sind.<br />
Reduziertes Risiko,<br />
längeres Leben<br />
Die Interventionelle Onkologie bietet viele<br />
Vorteile für Krebskranke. „Denn diese Verfahren<br />
sind relativ risikoarm, beeinträchtigen<br />
den Patienten nur minimal, und es<br />
gibt selten Komplikationen“, sagt Gebauer.<br />
Nach dem Eingriff haben die meisten Menschen<br />
kaum oder gar keine Schmerzen. Sie<br />
erholen sich schnell und dürfen nach zwei,<br />
drei Tagen die Klinik verlassen. Und selbst<br />
wenn Heilung nicht möglich ist, haben die<br />
Betroffenen eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit<br />
– und das <strong>mit</strong> einer deutlich<br />
besseren Lebensqualität. Ellen Warstat<br />
DOPPELTER SIEG ÜBER DEN KREBS<br />
„Meine Kinder sagen, ich soll<br />
104 Jahre alt werden”, erzählt<br />
Helmut Rauchut. Dabei hätte<br />
ihn der Krebs zweimal fast das<br />
Leben gekostet. Angefangen<br />
hatte alles <strong>mit</strong> einer Ultraschalluntersuchung<br />
der Nieren im<br />
Sommer 2007. „Der Urologe sah<br />
einen Schatten, der ihm nicht gefiel”,<br />
erinnert sich der 78-Jährige.<br />
„Aber damals hatte meine Frau<br />
gerade einen schweren Schlaganfall<br />
erlitten. Sie brauchte mich,<br />
und ich fühlte mich gesundheitlich<br />
gut. Deshalb ließ ich alles<br />
erst einmal auf sich beruhen.”<br />
Der Urologe nahm ihm aber<br />
das Versprechen ab, drei Monate<br />
später wiederzukommen.<br />
Es ist großes Glück im Unglück,<br />
dass er sich daran gehalten hat.<br />
Denn beim erneuten Ultraschall<br />
sah man, dass der Schatten gewachsen<br />
war. Helmut Rauchut<br />
wollte sich eigentlich um seine<br />
schwer kranke Frau kümmern,<br />
die im Rollstuhl saß. Aber der<br />
Schreck saß ihm doch so tief in<br />
den Knochen, dass er sich umgehend<br />
in der Virchow-Klinik der<br />
Charité untersuchen ließ. Dabei<br />
bestätigte sich der Verdacht auf<br />
Nierenkrebs. Schweren Herzens<br />
gab der fürsorgliche Mann seine<br />
Frau in Betreuung. In ihm wuchs<br />
außerdem die Angst, eine Niere<br />
zu verlieren. Denn das hatte<br />
ihm sein Urologe prognostiziert.<br />
Wenn es so etwas wie Schutzengel<br />
gibt, dann ist Professor Bernhard<br />
Gebauer der von Helmut<br />
Rauchut. „Er zeigte mir auf dem<br />
Ultraschallbild genau, wie man<br />
den Tumor durch große Hitze <strong>mit</strong><br />
Radiofrequenzwellen zerstören<br />
kann.” Außerdem versprach ihm<br />
der Arzt, alles zu tun, um seine<br />
Niere zu retten. Das gelang ihm<br />
tatsächlich. Der Eingriff verlief unter<br />
Vollnarkose und ohne Komplikationen.<br />
Alle Krebszellen wurden<br />
zerstört. Zurück blieb nur eine<br />
kleine Narbe im Gewebe der Niere.<br />
„Ich hatte vorher und hinterher<br />
keine Schmerzen”, erinnert<br />
sich der Berliner Rentner. Nach<br />
zwei Tagen Klinikaufenthalt durfte<br />
er nach Hause. 2011 dann der<br />
erneute Schock: Bei einer Nachsorgeuntersuchung<br />
diagnostizierten<br />
die Ärzte einen Tumor auf<br />
der anderen Niere. Im Vertrauen<br />
auf Professor Gebauer ließ sich<br />
Helmut Rauchut wieder <strong>mit</strong> Radiofrequenzablation<br />
behandeln<br />
– erfolgreich und ohne große<br />
Probleme nach dem minimalinvasiven<br />
Eingriff. Bis heute zeigen<br />
die Nachsorgeuntersuchungen,<br />
dass er krebsfrei ist. Seine Genesung<br />
ist umso erstaunlicher,<br />
da ihm die letzten Jahre eine<br />
schwere Zeit bescherten. Seine<br />
Frau verstarb. Nach vielen Jahrzehnten<br />
gemeinsamen Lebens<br />
musste er sich ans Alleinsein<br />
gewöhnen. Trotzdem ist er zufrieden<br />
und freut sich, dass er<br />
wieder gesund ist. Seinen Humor<br />
hat Helmut Rauchut auch nicht<br />
verloren. „Ob ich die 104 schaffe,<br />
weiß ich nicht”, sagt er augenzwinkernd.<br />
Aber er versucht’s für<br />
seinen Sohn und seine Tochter.
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PORTRÄT<br />
SO KÖNNTE ES<br />
GEWESEN SEIN<br />
Der spätere Nobelpreisträger<br />
Röntgen<br />
in einer nachgestellten<br />
Labor-Szene<br />
Ein leuchtendes<br />
LEBEN<br />
Fast jeder kennt Wilhelm Conrad Röntgen<br />
als Entdecker der Röntgenstrahlen. Was<br />
ihn sonst auszeichnete, wissen die wenigsten.<br />
Höchste Zeit, das zu ändern. Denn der Physiker<br />
hatte mehr als nur eine faszinierende Seite<br />
Das Kind<br />
Wilhelm Conrad Röntgen verlebt eine<br />
unbeschwerte Kindheit. Geboren am 27.<br />
März 1845 in Lennep, einem heutigen<br />
Stadtteil von Remscheid, wächst er als<br />
Einzelkind wohlhabender Eltern auf.<br />
„Weil er seinen Vater als Unternehmer im<br />
Tuchhandel beerben soll, geht er auf eine<br />
technische Schule“, sagt Dr. Uwe Busch,<br />
stellvertretender Direktor des Deutschen<br />
Röntgen-Museums. Wilhelms Noten sind<br />
ausgezeichnet, bis auf eine Ausnahme: Physik.<br />
Schuld daran seien wohl die schlechten<br />
Lehrer gewesen, soll der spätere Physik-<br />
Nobelpreisträger einmal beteuert haben.<br />
Fest steht, dass den Jungen früh der Entdeckergeist<br />
packt. Als ihm sein Großvater<br />
von einer Geschäftsreise nach China eine<br />
Meerschaumpfeife <strong>mit</strong>bringt, seine Eltern<br />
ihm aber das Rauchen verbieten, baut der<br />
14-Jährige kurzerhand eine Pfeifenrauchmaschine<br />
<strong>mit</strong> Pumpmechanismus.<br />
Der Student<br />
Das hatte sich Vater Röntgen anders vorgestellt:<br />
Statt im Geschäft in Apeldoorn<br />
(die Familie ist drei Jahre nach Wilhelms<br />
Geburt in die Niederlande gezogen) sitzt<br />
sein Sohn als Gasthörer in technischen Vorlesungen<br />
der Universität Utrecht. So groß<br />
ist Wilhelms Wunsch zu studieren, dass sich<br />
der Vater erweichen lässt. Allerdings hat<br />
Wilhelm als Absolvent einer technischen<br />
Schule kein Abitur, was in den Niederlanden<br />
und Deutschland Voraussetzung für<br />
ein Studium ist. Weiter südlich sind die<br />
Hochschulen etwas nachsichtiger, weshalb<br />
Wilhelm in die Schweiz zieht, wo ihn das<br />
Aufnahmeko<strong>mit</strong>ee des Polytechnikums<br />
Zürich zugelassen hat. Er entscheidet sich<br />
für Maschinenbau. Etwas Technisches zu<br />
studieren kann schließlich auch für einen<br />
späteren Job im Tuchhandel nicht schaden.<br />
Noch darf der Vater hoffen.<br />
Der Forscher<br />
Nach Abgabe seiner Diplomarbeit weiß<br />
Röntgen endgültig, was er im Leben will:<br />
weiter forschen. Als ihm der Physiker August<br />
Kundt eine Stelle als Assistent anbietet,<br />
sagt er zu. Eine Entscheidung, die er später<br />
als beste seines Lebens bezeichnen wird.<br />
Und für die er einen Preis zahlen muss: Der<br />
Vater dreht den Geldhahn zu. Einige Jahre<br />
FOTOS: GETTY IMAGES, DEUTSCHES RÖNTGEN-MUSEUM, REMSCHEID<br />
20
lebt Röntgen vom mageren Assistentenlohn.<br />
Doch <strong>mit</strong> seinem Chef bildet er<br />
ein geniales Team. „Kundt war eher der<br />
Denker, Röntgens Stärken lagen im Experimentieren“,<br />
sagt Dr. Busch. Niemand<br />
arbeitet präziser als der Neu-Physiker<br />
Röntgen. Dank seiner Exaktheit weist er<br />
später als erster Forscher den sogenannten<br />
dielektrischen Verschiebungsstrom nach,<br />
zeigt, dass Wasser bei vier Grad Celsius<br />
die höchste Dichte aufweist, und stellt <strong>mit</strong><br />
seinen Forschungen zur Elektrodynamik<br />
sogar erste Vermutungen in Richtung der<br />
Relativitätstheorie an. Und so prägt er<br />
die Physik gleich in zweierlei Hinsicht:<br />
<strong>mit</strong> seinen Entdeckungen und <strong>mit</strong> seiner<br />
Experimentierfreude. Als einer der ersten<br />
Professoren lässt Röntgen seine Studenten<br />
selbst Versuche durchführen. Ein Ansatz,<br />
der heute aus keinem Physik-Lehrplan<br />
mehr wegzudenken ist.<br />
Der Genießer<br />
Geld spielt für Wilhelm Conrad Röntgen nie<br />
eine große Rolle (s. Der Idealist). Trotzdem<br />
hat er – von seinen ersten Forscherjahren<br />
einmal abgesehen – meist mehr als genug<br />
davon. Und wo es schon mal da ist, gibt er<br />
es gern für die schönen Seiten des Lebens<br />
aus. So mietet er als Student in Zürich vom<br />
Geld des Vaters teure Kutschen, nur um <strong>mit</strong><br />
seinen Freunden durch die Stadt zu fahren.<br />
Jahre später sammelt er als Professor in<br />
Würzburg in seinem Keller edle Weine aus<br />
der Region. Seine Frau kauft in Frankfurter<br />
Feinkostgeschäften ein, im Haushalt helfen<br />
gleich mehrere Bedienstete. „Am Wochenende<br />
veranstalteten die Röntgens regelmäßig<br />
große Feste“, berichtet Dr. Busch. Und als<br />
der Erste Weltkrieg ausbricht und Züricher<br />
Freunde ihm anbieten, sein Geld auf<br />
Schweizer Konten in Sicherheit zu bringen,<br />
lehnt der alte Röntgen ab und wünscht sich<br />
nur eines: dass sie ihm weiter seine geliebte<br />
Schweizer Schokolade schicken.<br />
Der Naturliebhaber<br />
So diszipliniert Röntgen arbeitet, so sehr<br />
schätzt er die freie Zeit in den Semesterferien.<br />
Und die verbringt er am liebsten<br />
in der Natur. „Einmal im Jahr fuhren die<br />
Röntgens gemeinsam <strong>mit</strong> bis zu sechs anderen<br />
Familien ins schweizerische Pontresina“,<br />
sagt Dr. Busch. Dort plant Röntgen<br />
jede Wanderung persönlich. Während die<br />
Erwachsenen auf den markierten Wegen<br />
bleiben, führt der Physiker die Kinder der<br />
Gruppe querfeldein und steckt sie <strong>mit</strong> seiner<br />
Leidenschaft für die Natur an. Er ist stets<br />
auf der Suche nach dem Geheimnisvollen.<br />
Genau diese Faszination erklärt auch seine<br />
Begeisterung für die Wissenschaft: Er will<br />
die Schönheit der Natur erkunden und sie<br />
<strong>mit</strong> Hilfe der Physik verstehen.<br />
Der Familienmensch<br />
Natürlich ist Wilhelm Conrad Röntgen<br />
auf allen großen Physiker-Konferenzen<br />
Europas eingeladen. Aber sein Platz<br />
bleibt fast immer leer. Ein Grund für sein<br />
Fehlen ist die fragile Gesundheit seiner<br />
Frau Anna Bertha. Wenn sie zum Beispiel<br />
einmal wieder an einer Nierenkolik leidet,<br />
steht für Röntgen außer Frage, dass<br />
er ihr beisteht und den Kongress absagt.<br />
„Er hat sich rührend um sie gekümmert“,<br />
sagt Dr. Busch. Überhaupt braucht Röntgen<br />
die Nähe seines engsten Umfelds. Seine<br />
wohl glücklichsten Jahre verbringt er<br />
daher in Würzburg, wo er Haus an Haus<br />
<strong>mit</strong> vielen Kollegen und<br />
Freunden lebt. Regelmäßig<br />
laden sich die Nachbarn<br />
gegenseitig zu großen<br />
Abendessen ein. So zu<br />
Hause fühlt sich Röntgen<br />
in dieser Umgebung, dass<br />
selbst renommierte Universitäten<br />
vergeblich um<br />
ihn werben. Erst als ihn<br />
der bayerische Prinzregent<br />
Luitpold persönlich<br />
drängt, nach München zu<br />
kommen, bricht sein Widerstand.<br />
Im Jahr 1900<br />
ziehen Röntgens in die<br />
süddeutsche Metropole.<br />
Der Entdecker<br />
der Röntgenstrahlen<br />
Frau Röntgen ist sauer. Es<br />
ist ein Abend im November<br />
1895 und ihr Gatte kommt<br />
einfach nicht nach Hause.<br />
Stattdessen steht er im abgedunkelten<br />
Labor unter<br />
der gemeinsamen Wohnung<br />
und wundert sich<br />
über leuchtende Kristalle.<br />
HISTORISCHE<br />
AUFNAHMEN<br />
Die Bilder von<br />
Anna Bertha<br />
Röntgens Handskelett<br />
gingen<br />
um die Welt<br />
Seit Tagen experimentiert er <strong>mit</strong> einer<br />
Kathodenstrahlröhre. Eigentlich will er<br />
Phänomene der Elektrizität erforschen,<br />
aber die funkelnden Kristalle haben sein<br />
Interesse geweckt. Bislang ging er davon<br />
aus, dass die Lichtstrahlen aus der Kathodenstrahlröhre<br />
die Kristalle zum Leuchten<br />
bringen. Jetzt aber hat er die Röhre in<br />
schwarzes Packpapier gewickelt, und die<br />
Kristalle leuchten trotzdem. Dafür kann es<br />
nur eine Erklärung geben: Die Röhre sondert<br />
neben sichtbarem blauem Licht auch<br />
unsichtbare, energiereiche Strahlen ab, die<br />
das Papier durchdringen und die Kristalle<br />
funkeln lassen. Röntgen ist fasziniert. Für<br />
sechs Wochen zieht er samt Feldbett ins<br />
Labor. Er experimentiert Tag und Nacht<br />
und redet <strong>mit</strong> niemandem ein Wort. Anna<br />
Bertha fügt sich ihrem Schicksal und trägt<br />
regelmäßig Verpflegungstabletts hinunter.<br />
Dann endlich, am 22. <strong>Dezember</strong> 1895,<br />
ruft Röntgen seine Frau und bittet sie,<br />
ihre Hand auf eine Fotoplatte zu legen.<br />
Mit seinem selbst konstruierten Apparat<br />
durchleuchtet er erstmals einen menschlichen<br />
Körperteil. Die Aufnahme von Anna<br />
Berthas Handskelett geht<br />
prompt um die Welt. Eine neue<br />
Disziplin der <strong>Medizin</strong> ist geboren:<br />
die Radiologie.<br />
Der Superstar<br />
Darauf, was nach der Entdeckung<br />
der neuartigen Strahlen<br />
über Röntgen hereinbricht, ist<br />
der zurückhaltende Forscher<br />
nicht vorbereitet. Weltweit<br />
berichten Zeitungen über<br />
den Mann, der in die Körper<br />
der Menschen schauen kann.<br />
Schnell ist der Name Röntgen<br />
in aller Munde, von Würzburg<br />
bis New York. „Vor seinem<br />
Haus lagern regelmäßig Paparazzi“,<br />
erzählt Dr. Busch.<br />
Röntgen selbst ist der Rummel<br />
zuwider. Um den Fotografen zu<br />
entgehen, verlässt er das Haus<br />
oft auf der Rückseite auf einem<br />
kleinen Pfad durch den Garten.<br />
Der Idealist<br />
Neben Weltruhm hätte Röntgen<br />
die Entdeckung der Strahlen<br />
auch großen Reichtum ➞<br />
21
PORTRÄT<br />
FOTOS: DEUTSCHES RÖNTGEN-MUSEUM, REMSCHEID<br />
Der bescheidene Entdecker<br />
➞<br />
bescheren können. „Mit einem Patent<br />
wäre er nach heutigen Maßstäben<br />
sicher Milliardär geworden“, sagt Dr.<br />
Busch. Aber die Idee eines Patents ist dem<br />
Physiker fremd. Als Professor bezieht er<br />
sein Gehalt aus den Staatskassen. Und<br />
wenn ihn die Allgemeinheit schon finanziert,<br />
soll sie auch uneingeschränkt von<br />
seiner Arbeit profitieren können, findet<br />
Röntgen. Selbst gegen die Benennung<br />
der Strahlen nach seinem Namen wehrt<br />
er sich und bezeichnet sie zeit seines<br />
GEMEINSAMER KRAFTAKT<br />
Es war ein Angebot, das die Deutsche<br />
Röntgengesellschaft (DRG) nicht<br />
ablehnen konnte: Als die Stadt Remscheid<br />
im Jahr 2011 Wilhelm Conrad<br />
Röntgens Geburtshaus zum Verkauf<br />
anbot, übernahm<br />
die Gesellschaft das<br />
baufällige Gebäude.<br />
Dort, wo am 27. März<br />
1845 der spätere<br />
Nobelpreisträger zur<br />
Welt kam, möchte<br />
die DRG nun einen<br />
Ort der lebendigen<br />
Erinnerung und des<br />
Austauschs schaffen.<br />
GENUSS-MENSCH<br />
Der Naturfreund<br />
Röntgen liebte<br />
die ruhigen<br />
Momente des<br />
Lebens<br />
Lebens als X-Strahlen. „Schon gar nicht<br />
hätte ihm die Vorstellung eines eigenen<br />
Museums gefallen“, sagt Dr. Busch, der<br />
stellvertretende Leiter des Deutschen<br />
Röntgen-Museums. Doch genau diese<br />
uneitle Leidenschaft für die Forschung ist<br />
einer der entscheidenden Gründe, warum<br />
das Haus noch lange an Wilhelm Conrad<br />
Röntgen erinnern möchte und sogar<br />
eine eigene Ausstellung (s. u.) in dessen<br />
Geburtshaus plant.<br />
<br />
David Mayer<br />
Im Erdgeschoss soll eine Ausstellung<br />
Besuchern Röntgens Leben und<br />
Schaffen näherbringen. In den oberen<br />
Etagen sollen Forscher tagen und ungestört<br />
arbeiten können. Doch allein<br />
kann die DRG den<br />
Umbau des denkmalgeschützten<br />
Gebäudes<br />
nicht stemmen.<br />
Dank erster Spenden<br />
konnten die Arbeiten<br />
bereits beginnen.<br />
Für deren Abschluss<br />
sucht die DRG nun<br />
noch weitere Unterstützer.<br />
Unter www.roentgen-geburtshaus.de finden Interessierte alle<br />
Informationen. Oder sie wenden sich direkt an DRG-Geschäftsführer<br />
Dr. Stefan Lohwasser, E-Mail an: lohwasser@drg.de<br />
Bewähr<br />
Seit mehr als hundert<br />
Jahren nutzen <strong>Medizin</strong>er<br />
das konventionelle<br />
Röntgen, um in die<br />
Körper ihrer Patienten zu<br />
blicken. Zehn Fragen<br />
und zehn Antworten rund<br />
um dieses klassische,<br />
aber noch immer<br />
hochmoderne Werkzeug<br />
der Radiologie<br />
Was genau sind Röntgen-<br />
✓<br />
strahlen eigentlich?<br />
Physiker zählen sie zu den elektromagnetischen<br />
Wellen, genau wie das Licht. Nur<br />
sind Röntgenstrahlen für unser Auge unsichtbar.<br />
Dafür sind ihre Wellen extrem<br />
kurz, weshalb sie Materie – wie zum<br />
Beispiel unseren Körper – durchdringen<br />
können.<br />
Und wie funktioniert eine<br />
✓<br />
Röntgenuntersuchung?<br />
Vereinfacht ausgedrückt, werden in der<br />
sogenannten Röntgenröhre Elektronen<br />
freigesetzt, aus denen unter Einsatz hoher<br />
elektrischer Spannung Röntgenstrahlung<br />
erzeugt wird. Nachdem das Gerät die Strahlen<br />
gebündelt hat, können sie den Körper<br />
sozusagen durchleuchten. Und das geht so:<br />
„Wenn die Strahlen den Körper durchdringen,<br />
werden sie abgeschwächt. Je dichter<br />
das Körpergewebe, desto mehr Energie verlieren<br />
sie“, erklärt Prof. Dr. Johannes Weßling,<br />
Chefarzt der Klinik für Radiologie am<br />
Clemenshospital in Münster. Nachdem die<br />
Strahlen wieder aus dem Körper ausgetreten<br />
sind, misst ein Detektor den Grad der<br />
Schwächung und wandelt die Informationen<br />
in ein Bild um. Besonders dichte Stellen<br />
wie Knochen erscheinen heller, einfaches<br />
Gewebe <strong>mit</strong> geringer Dichte dunkler.<br />
22
EIN HANDWERKSZEUG<br />
te<br />
✓<br />
Strahlen<br />
Welche Verletzungen oder<br />
Erkrankungen lassen sich<br />
durch Röntgen erkennen?<br />
Zum Beispiel viele Knochenschäden. Will<br />
ein Arzt etwa prüfen, ob ein Knochen gebrochen<br />
ist, fordert er ein Röntgenbild des<br />
entsprechenden Teils des Skeletts an, sei es<br />
im Bereich der Nase, des Oberschenkels<br />
oder des kleinen Zehs. „Lungenerkrankungen<br />
können wir <strong>mit</strong> Hilfe einer Aufnahme<br />
des Thorax, also des Brustkorbs, erkennen“,<br />
sagt Prof. Weßling. Und auf Bildern<br />
des Bauchbereichs sehen die Ärzte zum Beispiel,<br />
ob ein Darmverschluss vorliegt. Dazu<br />
schlucken die Patienten vorher Kontrast<strong>mit</strong>tel,<br />
und die Radiologen beobachten auf<br />
den Aufnahmen, wie die Substanz durch<br />
den Körper fließt und ob sie unterwegs etwa<br />
von einem Verschluss aufgehalten wird.<br />
Gibt es neue technische<br />
✓<br />
Entwicklungen?<br />
Ja. Vor allem die Digitalisierung hat das konventionelle<br />
Röntgen stark verbessert. Früher<br />
entstanden die Aufnahmen, grob gesagt, indem<br />
die Strahlen nach Austreten aus dem<br />
Körper auf eine Filmfolie trafen und dort<br />
ein entsprechendes Bild hinterließen. Heute<br />
speichern Detektoren die Strahlen elektronisch<br />
und erstellen die Bilder digital. „Damals<br />
mussten wir etwa 15 Minuten warten,<br />
bis die Bilder entwickelt waren. Heute dauert<br />
dieser Prozess etwa vier Sekunden“, sagt<br />
Prof. Weßling. Weitere Vorteile: Die Bildqualität<br />
ist höher, und die Aufnahmen lassen<br />
sich nachträglich bearbeiten. Auf diese Weise<br />
können Ärzte heute sogar Details erkennen<br />
wie eine minimale Falschlagerung einer<br />
Beatmungssonde in der Luftröhre. Zudem<br />
funktionieren die neuen Detektoren kabellos<br />
und können so zwischen verschiedenen<br />
Untersuchungsräumen bewegt werden.<br />
Worin liegen die Vorteile einer<br />
✓<br />
Röntgenuntersuchung im<br />
Vergleich zu anderen Methoden?<br />
Vor allem in der niedrigen Strahlendosis,<br />
<strong>mit</strong> der das konventionelle Röntgen<br />
auskommt. Wann immer möglich, wählen<br />
die Ärzte deswegen diese Form der Untersuchung.<br />
An ihre Grenzen stößt sie zum<br />
Beispiel, wenn dreidimensionale Aufnahmen<br />
<strong>mit</strong> höchster Detailgenauigkeit gefragt<br />
sind. Dann kommt etwa eine Computertomographie<br />
in Frage.<br />
Ist eine Röntgenuntersuchung<br />
✓<br />
für Patienten gefährlich?<br />
Nein. Nur in sehr hohen Mengen, wie sie<br />
in medizinischen Untersuchungen heute<br />
nie vorkommen, können Röntgenstrahlen<br />
Krebs auslösen. Heute bleibt die Dosierung<br />
so gering und die Schutzmaßnahmen<br />
sind so gut, dass Röntgen absolut sicher<br />
ist. „Grundsätzlich verwenden wir nur so<br />
viel Strahlung wie eben nötig, um anhand<br />
des Bildes eine Diagnose zu stellen“, sagt<br />
Prof. Weßling. Und dank der Digitalisierung<br />
kommen die Radiologen heute <strong>mit</strong><br />
noch geringerer Strahlung aus als je zuvor.<br />
Außerdem werden sämtliche strahlenempfindlichen<br />
Körperteile während der Aufnahmen<br />
durch spezielle Blei-Ausrüstungen<br />
geschützt, etwa Bleiwesten, -schürzen oder<br />
-kapseln. „Das Blei blockiert bis zu 95 Prozent<br />
der Strahlung und nimmt ihr so jedes<br />
Risiko“, erklärt Birgit Jachmann, Leiterin<br />
Labor und Radiologie der MTA-Schule des<br />
Klinikums Frankfurt Höchst.<br />
Und wie läuft so eine<br />
✓<br />
Untersuchung ab?<br />
Zunächst legt der Patient an jenen Körperstellen,<br />
die geröntgt werden sollen, Kleidung<br />
und Schmuck ab. Dann begleitet ihn einer<br />
der medizinisch-technischen Radiologie-Assistenten<br />
(MTRA) in den Untersuchungsraum.<br />
Dort stattet er ihn <strong>mit</strong> dem Bleischutz<br />
aus, platziert ihn zwischen Röntgengerät<br />
und Detektor und erklärt ihm die Körperhaltung,<br />
die er während der Aufnahme<br />
einnehmen muss. Nun richtet er das Röntgengerät<br />
auf die entsprechende Körperstelle<br />
aus und verlässt den Raum. Da er jeden<br />
Tag zahlreiche Untersuchungen durchführt,<br />
wäre die Strahlenbelastung sonst<br />
auf lange Sicht zu hoch. Vom Nebenraum<br />
aus löst der MTRA die Aufnahme aus und<br />
betritt anschließend wieder das Patientenzimmer.<br />
„Selbst in den wenigen Sekunden,<br />
in denen wir den Raum verlassen, haben<br />
wir den Patienten durch ein Sichtfenster<br />
immer im Blick – er ist also nie allein“,<br />
sagt Jachmann. Meistens folgt nun noch<br />
ein zweites Bild in einer zweiten Position,<br />
dann kann der Patient den Raum wieder<br />
verlassen und sich ankleiden. Währenddessen<br />
bearbeitet der MTRA die Bilder, anhand<br />
derer der Arzt oder die Ärztin seine<br />
Diagnose erstellt und sie anschließend dem<br />
Patienten erklärt.<br />
Worauf sollte ich als Patient<br />
✓<br />
während der Untersuchung<br />
achten?<br />
Besonders wichtig ist es, sich während<br />
der Aufnahme nicht zu bewegen. Sonst<br />
können die Bilder verwackeln. Außerdem<br />
muss der Patient in manchen Fällen kurz<br />
die Luft anhalten. Sofort nach der Aufnahme<br />
bekommt er dann ein Signal, dass<br />
er weiteratmen kann. „Entscheidend für<br />
die Qualität der Aufnahmen ist eine vertrauensvolle<br />
Zusammenarbeit zwischen<br />
Patient und MTRA“, sagt Jachmann. Bei<br />
Fragen kann sich der Patient jederzeit an<br />
die MTRA wenden. Wenn er sich unwohl<br />
fühlt, sollte er ihr sofort Bescheid geben.<br />
Was passiert <strong>mit</strong> den<br />
✓<br />
Röntgenbildern?<br />
In manchen Fällen entwickeln die MTRA<br />
gleich Abzüge der Bilder, oft reicht dem<br />
Arzt auch die Ansicht auf dem Computerbildschirm.<br />
„In jedem Fall speichern wir<br />
die Daten auf unserem Server ab“, sagt<br />
Jachmann. Wenn der Patient dies wünscht,<br />
kann er die Bilder auf einer CD-ROM<br />
<strong>mit</strong>nehmen. Findet seine nächste Untersuchung<br />
in einer anderen Klinik oder Praxis<br />
statt, kann der behandelnde Arzt die Bilder<br />
per Post oder auf digitalem Weg anfordern.<br />
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Wozu ist ein Röntgenpass gut?<br />
Dieses Dokument schützt vor unnötiger<br />
Strahlung. Nach jeder Untersuchung vermerkt<br />
der MTRA, welcher Körperteil auf<br />
welche Weise geröntgt wurde. So erkennen<br />
Ärzte bei späteren Behandlungen auf<br />
einen Blick, ob wirklich neue Aufnahmen<br />
nötig sind oder ob bereits Bilder existieren,<br />
die angefordert werden können.<br />
<br />
David Mayer<br />
23
FRAUENKRANKHEITEN<br />
Gebärmuttermyome –<br />
kein Grund<br />
zur<br />
PANIK<br />
Myome werden meist<br />
zufällig entdeckt, sie können<br />
aber auch Schmerzen,<br />
Krämpfe oder Blutungsstörungen<br />
verursachen.<br />
Experten erklären, wann<br />
welche Therapie sinnvoll ist<br />
Myome bleiben meist unbemerkt,<br />
bis der Frauenarzt<br />
sie zufällig bei der<br />
Untersuchung entdeckt.<br />
„Viele Frauen ängstigen<br />
sich, wenn sie <strong>mit</strong> der Diagnose konfrontiert<br />
werden. Häufig wird dahinter etwas<br />
Bösartiges wie Krebs vermutet. Diese Sorge<br />
ist unbegründet, denn Myome sind gutartige<br />
Gewebeknoten“, beruhigt die Münchner<br />
Gynäkologin Dr. Linda Hertlein von der<br />
Klinik für Frauenheilkunde Großhadern.<br />
Sie sind keine Seltenheit, sondern treten<br />
bei jeder fünften Frau zwischen 35 und 50<br />
Jahren auf. Warum bei der einen Frau Myome<br />
entstehen und bei der anderen nicht,<br />
ist noch nicht vollständig erforscht. Bekannt<br />
ist, dass die Gene eine Rolle spielen. Hat die<br />
Mutter Myome, bekommt sie die Tochter<br />
<strong>mit</strong> großer Wahrscheinlichkeit auch. Studien<br />
zufolge erhöht sich das Myom-Risiko<br />
<strong>mit</strong> zunehmendem Body-Mass-Index. Außerdem<br />
weiß man, dass das Sexualhormon<br />
Östrogen am Wachstum beteiligt ist. Aus<br />
diesem Grund können sich die Knoten in<br />
den Wechseljahren zurückbilden, wenn die<br />
körpereigene Östrogenproduktion sinkt.<br />
„Weil die Ultraschallgeräte immer besser<br />
werden, erkennt man heute schon sehr kleine<br />
Knoten. Solange diese keine Probleme bereiten,<br />
ist aber keine Behandlung nötig“, so<br />
Hertlein. Allerdings sind das Wachstumsverhalten<br />
der Knoten und deren Auswirkung<br />
24<br />
auf den Körper nicht vorhersehbar. Auch<br />
ohne eine Behandlung kann die Größe eines<br />
Myoms gleich bleiben. Urplötzlich können<br />
Myome aber auch anfangen zu wachsen –<br />
etwa auf die Größe eines Apfels oder, im<br />
Extremfall, sogar eines Fußballs – und bis zu<br />
zwei Kilogramm wiegen. Deshalb rät Hertlein,<br />
auch unauffällige Myome alle sechs<br />
Monate per Ultraschall kontrollieren zu<br />
lassen. „Skeptisch muss man nur dann werden,<br />
wenn der Knoten sehr schnell wächst,<br />
also sich etwa innerhalb eines halben Jahres<br />
verdoppelt. Dann kann eine Kontrast<strong>mit</strong>teluntersuchung<br />
im MRT Klarheit schaffen“,<br />
sagt Dr. Matthias Matzko, Chefarzt<br />
der Diagnostischen und Interventionellen<br />
Radiologie des Klinikums Dachau.<br />
gestieltes<br />
Myom<br />
submuköses<br />
Myom<br />
subseröses<br />
Myom<br />
Je nachdem, wo ein<br />
Myom in der Gebärmutter<br />
entsteht und in<br />
welche Richtung es sich<br />
ausdehnt, unterscheiden<br />
<strong>Medizin</strong>er verschiedene<br />
Myom-Typen: Ein subseröses<br />
Myom sitzt an der<br />
Außenseite der Gebärmutter<br />
und wächst von<br />
der Muskelschicht der<br />
Gebärmutterwand nach<br />
außen ins Bauchfell<br />
hinein. Störungen der<br />
Regelblutung treten hierbei<br />
nicht auf. Manchmal<br />
sind subseröse Myome<br />
gestielt. Dieser Stiel kann<br />
sich verdrehen, was zu<br />
Schmerzen und Komplikationen<br />
führen kann.<br />
Das intramurale Myom<br />
wächst nur innerhalb der<br />
Muskelschicht der Gebärmutter.<br />
Dieser Myom-Typ<br />
kommt am häufigsten vor.<br />
Auch gutartige Knoten können<br />
unangenehm werden<br />
Bei etwa der Hälfte der betroffenen Frauen<br />
verursachen Myome Beschwerden. Typisch<br />
sind starke Monatsblutungen, begleitet von<br />
heftigen Schmerzen. Eine gesunde Frau<br />
verliert während ihrer Periode zwischen<br />
50 und 100 Milliliter Blut, durch Myome<br />
kann sich der Blutverlust mindestens verzehnfachen.<br />
Je nach Größe und Lage kann<br />
es auch zu Druckgefühlen im Unterbauch,<br />
Darmbeschwerden wie Verstopfung, häufigem<br />
Harndrang oder Schmerzen beim<br />
Geschlechtsverkehr kommen.<br />
Gelegentlich treten Rückenschmerzen<br />
und diffuse Unterleibsschmerzen auch außerhalb<br />
der Regel auf. Liegt das Myom ➞<br />
gestieltes<br />
Myom<br />
Eierstock<br />
intramurales<br />
Myom<br />
Gebärmutter<br />
Gebärmutterschleimhaut<br />
Wenn es weiter in andere<br />
Schichten der Gebärmutter<br />
wächst, spricht<br />
man vom transmuralen<br />
Myom. Seltener und meist<br />
kleiner ist ein submuköses<br />
Myom. Es wächst von<br />
der Muskelschicht der<br />
Gebärmutter in die<br />
Gebärmutterschleimhaut<br />
hinein. Dadurch kommt<br />
es in der Regel zu<br />
Blutungsstörungen.<br />
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FOTO: ANNAHEESCH.DE<br />
FRAUENKRANKHEITEN<br />
Viele ertragen<br />
die Schmerzen<br />
jahrelang<br />
➞<br />
beispielsweise innerhalb der Gebärmutterwand,<br />
werden die Schmerzen in der<br />
zweiten Zyklushälfte und bei körperlicher<br />
Anstrengung stärker. Im Einzelfall kann<br />
sich die Gebärmutter durch viele größere<br />
Myome sogar so verlagern, dass sie auf<br />
Nerven drückt und die Schmerzen unabhängig<br />
vom Zyklus bis in die Beine ziehen.<br />
Viele Frauen ertragen diese Beschwerden<br />
jahrelang und leiden still, weil sie denken,<br />
das gehöre zum Frausein. Je nachdem,<br />
wie belastend die Symptome sind und die<br />
Lebensqualität beeinträchtigt wird, sollte<br />
aber möglichst zeitnah therapiert werden.<br />
Mit einer Ausnahme: Steht die Patientin<br />
kurz vor der Menopause und hat kaum<br />
Beschwerden, kann es sinnvoll sein, noch<br />
abzuwarten. Denn meist werden Myome in<br />
den Wechseljahren kleiner, und das Problem<br />
löst sich von selbst.<br />
Eine ausführliche Beratung ist ein<br />
wichtiger Baustein der Therapie<br />
Die Wahl der Therapie ist abhängig von<br />
Symptomen, Größe und Anzahl der Myome<br />
und vor allem von der Patientin selbst: Wie<br />
sieht die aktuelle Lebenssituation aus? Besteht<br />
ein Kinderwunsch? Kann und will die<br />
Patientin auf ihre Gebärmutter verzichten?<br />
Soll das Myom so schonend wie möglich<br />
und nicht operativ entfernt werden?<br />
Hormone können Beschwerden<br />
vorübergehend lindern<br />
Manchmal wird ein Gebärmuttermyom<br />
<strong>mit</strong>tels Hormontherapie behandelt. Um<br />
das östrogenabhängige Wachstum zu bremsen,<br />
wird das dem Östrogen entgegenwirkende<br />
Hormon Gestagen verabreicht – als<br />
Hormonpräparat oder in Form einer Antibabypille.<br />
Eine andere Option ist es, die<br />
Frauen durch Hormongabe künstlich in<br />
die Wechseljahre zu versetzen. „Eine Hormontherapie<br />
kann das Myom schrumpfen<br />
lassen. Das macht vor einem Eingriff Sinn,<br />
um die OP zu vereinfachen. Aber sobald<br />
die Hormone abgesetzt werden, können<br />
die Myome wieder wachsen“, erklärt der<br />
Radiologe Matthias Matzko.<br />
26<br />
Anna Heesch, Moderatorin<br />
Gebärmutterentfernung – ganz<br />
sicher nie wieder Myome<br />
Bis vor wenigen Jahren war die vollständige<br />
Entfernung der Gebärmutter (Hysterektomie)<br />
die Standardbehandlung in der Myom-<br />
Therapie. „Nur so besteht eine 100-prozentige<br />
Garantie, nie wieder ein Gebärmuttermyom<br />
zu bekommen“, erklärt Gynäkologin<br />
Hertlein den entscheidenden Vorteil der<br />
Operation. Denn so lange die Gebärmutter<br />
da ist, können kleine Myome <strong>mit</strong> jedem<br />
Zyklus wieder wachsen und neue Myome<br />
entstehen. Matthias Matzko rät dennoch,<br />
diesen Schritt nur dann zu gehen, wenn es<br />
aus medizinischer Sicht keine Alternative<br />
gibt. So wird heute denn auch tendenziell<br />
auf die Komplettentfernung des Organs verzichtet:<br />
In minimalinvasiven, schonenden<br />
Eingriffen per Bauchspiegelung entfernen<br />
Ärzte lediglich den Gebärmutterkörper, Eileiter<br />
und Gebärmutterhals bleiben erhalten<br />
– so<strong>mit</strong> bleibt auch der Beckenboden stabil.<br />
BEI MODERATORIN Anna Heesch<br />
wurde ein Myom während<br />
ihrer Schwangerschaft entdeckt<br />
„„Während einer der<br />
ersten Untersuchungen in<br />
meiner Schwangerschaft<br />
wurde ein Myom am<br />
Anfang des Geburts -<br />
kanals festgestellt. Deshalb<br />
war gleich klar,<br />
dass mein Sohn per Kaiserschnitt<br />
zur Welt kommen<br />
würde. Gespürt habe<br />
ich das wachsende<br />
Myom weder vor noch<br />
während der Schwangerschaft.<br />
Ich habe mich<br />
aber auch auf mein<br />
heranwachsendes Baby<br />
konzentriert und nicht<br />
auf das Myom. Natürlich<br />
habe ich in Gesprächen<br />
<strong>mit</strong> Freundinnen erwähnt,<br />
dass ich ein Myom<br />
am Geburtskanal habe<br />
und mir da<strong>mit</strong> die<br />
Entscheidung der Art der<br />
Geburt abgenommen<br />
wäre. Ich habe mich<br />
auch kurz <strong>mit</strong> meiner<br />
Schwester, die Ärztin ist,<br />
ausgetauscht. Grundsätzlich<br />
bin ich jedoch<br />
ein durch und durch<br />
positiver Mensch und<br />
denke über Krankheiten<br />
nicht nach. Ein Myom<br />
war für mich auch kein<br />
negativer Bescheid,<br />
der mich ins Grübeln<br />
brachte.<br />
Dass nur ein Kaiserschnitt<br />
aufgrund der Lage<br />
des Myoms infrage kam,<br />
habe ich nie als Belastung<br />
gesehen – im<br />
Gegenteil. Diese Art der<br />
Geburt hat mir ohnehin<br />
zugesagt. Mein Arzt<br />
hat das Myom direkt<br />
nach dem Kaiserschnitt<br />
operativ entfernt – durch<br />
die PDA war ich ja schon<br />
operationstauglich.”<br />
Die operative Entfernung<br />
von Myomen<br />
Sollen die Knoten operativ entfernt werden<br />
(Myomenukleation), kommen je nach<br />
Größe und Lage verschiedene Verfahren<br />
infrage. So kann der Arzt den Knoten über<br />
eine Bauchspiegelung, einen Bauchschnitt<br />
Vor der Therapie<br />
A<br />
MYOME – IM<br />
Un<strong>mit</strong>telbar nach<br />
der Therapie<br />
B
oder über die Vagina abtrennen und ent fernen. Die Gebärmutter<br />
bleibt voll funktionstüchtig, und eine spätere Schwangerschaft ist<br />
weiterhin möglich. Doch der Eingriff hat Nachteile: Er erfordert<br />
einen Klinikaufenthalt von bis zu einer Woche. Bis die Patientin<br />
wieder fit ist, kann es mehrere Wochen dauern. „Durch den Eingriff<br />
kann es in Einzelfällen bei einer Geburt auch zum Zerreißen<br />
der Gebärmutter kommen“, so Matzko.<br />
Myomembolisation und hochfokussierter<br />
Ultraschall – zwei sanftere Alternativen<br />
Eine moderne Methode ist die Myomembolisation. Dabei injiziert<br />
ein Radiologe über einen in die Leistenarterie eingebrachten Katheter<br />
Kunststoffkügelchen in die myomversorgenden Gefäße.<br />
Das Myomgewebe ist so von der Versorgung <strong>mit</strong> Sauerstoff und<br />
Nährstoffen abgeschnitten und verhungert. „Nach der Behandlung<br />
kann es allerdings zu Schmerzen und Fieber kommen, weil<br />
die Zellen des Myoms nicht sofort sterben, sondern sozusagen<br />
einen Todeskampf haben“, erklärt Matzko. Eine Alternative<br />
kann die Behandlung <strong>mit</strong> hochfokussierten Ultraschallwellen<br />
(MRgFUS oder MR HIFU) sein. „Ähnlich wie sich <strong>mit</strong> einem<br />
Brennglas Sonnenstrahlen bündeln lassen, kann man auch Ultraschallwellen<br />
bündeln. Dieser Ultraschallimpuls wird gezielt auf<br />
das Myom gerichtet, erwärmt die Zellen auf 60 bis 80 Grad und<br />
zerstört sie“, erklärt Matzko. Dies wird per MRT überwacht.<br />
„Sofern Myome die Verursacher der Beschwerden waren, können<br />
Symptome wie Blutungsstörungen und Schmerzen zurückgehen,<br />
und die Lebensqualität bessert sich“, so Matzko. Nach ein bis<br />
zwei Tagen können Patientinnen ihren Alltag wieder aufnehmen.<br />
Aber das dafür nötige Gerät gibt es bisher nur in wenigen Kliniken.<br />
Und die Methode kann nur angewandt werden, wenn die<br />
Knoten nicht zu groß sind. Nicht alle Experten sind überzeugt.<br />
Hertlein gibt zu bedenken: „Für diese Behandlung gibt es keine<br />
Langzeitstudien, und sie dauert relativ lange. Patientinnen müssen<br />
manchmal über zwei Stunden auf dem MRT-Tisch liegen.“<br />
Auch der Einfluss auf die Fruchtbarkeit ist noch nicht <strong>mit</strong> genug<br />
Daten für eine abschließende Empfehlung belegt. Prinzipiell ist<br />
eine Schwangerschaft nach der fokussierten Ultraschalltherapie<br />
möglich. Matzko nutzt sie seit sechs Jahren: „Auf unserer Babypinnwand<br />
hängen Fotos von 40 glücklichen Müttern, die <strong>mit</strong><br />
MRgFUS behandelt wurden.“<br />
Aline Scheuböck<br />
KERNSPIN SICHTBAR<br />
BEISPIEL einer 47-jährigen<br />
Patientin <strong>mit</strong> bis zu 5 cm<br />
großen Myomen (A) und<br />
Regelblutungsbeschwerden.<br />
Nach der Therapie<br />
<strong>mit</strong> hochfokussiertem Ultraschall<br />
(B) sind die Myome<br />
nicht mehr durchblutet,<br />
nehmen daher kein Kontrast<strong>mit</strong>tel<br />
auf und bleiben<br />
schwarz. Monate später<br />
(C) sind die Myome kaum<br />
noch sichtbar, die Patientin<br />
ist beschwerdefrei.<br />
C<br />
6 Monate nach<br />
der Therapie<br />
USgHIFU-System:<br />
Hochfokussierter Ultraschall gegen Myome<br />
Viele Tumore, die bislang als inoperativ galten,<br />
können durch den Einsatz von hochintensivfokussiertem<br />
Ultraschall nun behandelt werden.<br />
Mit der Installation eines hochintensiv fokussierten Ultraschallsystems (HIFU)<br />
am Uniklinikum Bonn ist nun eine neue, fortschrittliche Technik zur Krebsbehandlung<br />
im deutschsprachigen Raum verfügbar. Mit gebündelten Ultraschallwellen<br />
werden Tumore nicht-invasiv behandelt und zerstört. Der große<br />
Vorteil dieser Behandlungsmethode ist die Möglichkeit, auch inoperable Tumore<br />
oder Myome entfernen zu können.<br />
Das ultraschallgesteurte HIFU-System zeichnet sich besonders durch die<br />
Doppelrolle des Trancducers aus: Denn neben der Behandlung des befallenen<br />
Gewebes, fungiert der Schallkopf gleichzeitig als bildgebender Sensor. Dieser<br />
Vorteil ist besonders bei der Behandlung von Tumoren im Bauch- oder Brustraum<br />
extrem hilfreich. Da sich Muskeln und Organe durch Atemexkursionen<br />
ständig bewegen, wird durch die ultraschallgesteuerte Echtzeit-Bildgebung des<br />
HIFU-Systems sichergestellt, dass ausschließlich der Tumor und nicht das<br />
umliegende Gewebe zerstört wird. Der Patient wird dabei weder verletzt noch<br />
einer schädlichen Strahlung ausgesetzt. Dadurch können nun weitaus mehr<br />
Tumorarten behandelt werden als das bisher der Fall war. Das System kann<br />
bei Brust und Knochentumoren sowie bei gutartigen Veränderungen in der<br />
Gebärmutter (Myomen) eingesetzt werden.<br />
Die Zerstörung des Tumorgewebes erfolgt <strong>mit</strong> einem Schallkopf, der den<br />
Zielpunkt bis zu 90 Grad Celsius erhitzt. Mit einem 3D-Navigationssystem wird<br />
der Tumor per Fernsteuerung auf den Millimeter genau lokalisiert und sofort<br />
therapiert.<br />
Das ursprünglich in China entwickelte Verfahren wird seit Ende April <strong>2014</strong><br />
in Bonn angewandt. Dem Einsatz der behandelnden Ärzte der radiologischen<br />
Universitätsklinik gingen ein mehrwöchiger Workshop und ein zertifiziertes<br />
Training in China voraus.<br />
vorher<br />
Ultraschall-Behandlung eines Gebärmutter-Myoms.<br />
2 Stunden später 3 Wochen später 3 Monate später<br />
©<br />
Uniklinik Bonn<br />
Obwohl die Erstinstallation erst vor kurzem erfolgte, haben die <strong>Medizin</strong>er<br />
des Uniklinikums schon mehrfache Erfolge verzeichnen können. Krebspatienten<br />
<strong>mit</strong> inoperablen Pankreastumoren oder Frauen <strong>mit</strong> Gebärmuttermyomen,<br />
konnte <strong>mit</strong> der speziellen Ultraschallbehandlung geholfen werden. Die<br />
gemachten Erfahrungen zeigen bereits die klaren Vorteile gegenüber anderen<br />
Tumorbehandlungsmethoden. Das HIFU-System ist in vielen Fällen nicht nur<br />
eine schmerzarme sondern auch die erfolgversprechendere Behandlungsmethode<br />
gegen Tumore.<br />
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FORSCHUNG<br />
DINO-GIGANT<br />
Der Plateosaurus<br />
konnte eine Größe<br />
von bis zu zehn<br />
Metern erreichen<br />
DINOSAURIER-<br />
KNOCHEN<br />
aus dem 3-D-Drucker<br />
Fossile Knochen<br />
freizulegen ist mühsam<br />
und dauert oft Monate.<br />
Berliner Radiologen<br />
hatten eine geniale<br />
Idee, diesen Weg<br />
künftig abzukürzen<br />
V<br />
or Millionen von Jahren bevölkerten<br />
Dinosaurier unseren<br />
Planeten. Heute können wir<br />
nur noch fasziniert ihre Skelette<br />
im Museum bestaunen. Doch der<br />
Weg vom Knochenfund bis in die Vitrine<br />
ist mühsam: Ein Fossil ist normalerweise<br />
von Sediment, also Gestein, umgeben. Nach<br />
der Ausgrabung wird es zusätzlich vor dem<br />
Transport eingegipst. Um den Knochen später<br />
untersuchen zu können, muss er erst aus<br />
dem Gipsverband und dem umgebenden<br />
Sediment ausgehämmert werden. Das ist<br />
mühsam, dauert mehrere Wochen oder Monate<br />
– und zudem besteht die Gefahr, dass<br />
das wertvolle Fossil Schaden nimmt.<br />
Die Idee einiger Wissenschaftler von der<br />
Charité Berlin könnte diesen Knochenjob<br />
28<br />
künftig erleichtern. „Eigentlich wollten wir<br />
nur dem benachbarten Naturkundemuseum<br />
dabei helfen, einige Funde richtig zuzuordnen“,<br />
so Ahi Sema Issever vom Institut für<br />
Radiologie an der Berliner Charité. Dort<br />
waren durch eine Bombardierung im Zweiten<br />
Weltkrieg unpräparierte Funde von Grabungen<br />
aus Afrika und Deutschland durcheinandergeraten.<br />
Deren Herkunft ist bis<br />
heute nicht geklärt. „Wir wurden gefragt,<br />
ob wir die Funde im Computertomographen<br />
einscannen und so für Klarheit sorgen können.<br />
Durch die CT-Technik ist es möglich,<br />
einen Knochen im Gestein ganz ohne die<br />
aufwendige Freilegung zu sehen.“<br />
Die Analyse des ersten Fossils offenbarte<br />
zwei Geheimnisse: Bei dem Fund handelte<br />
es sich um den Wirbelknochen eines Plateosaurus,<br />
eines Pflanzenfressers, der vor<br />
etwa 210 Millionen Jahren lebte. Und er<br />
gehört zu einer Grabung, die vor mehr als<br />
10 cm<br />
SCHATZFUND Der 3-D-Scan offenbart<br />
einen Dinosaurierknochen (r.),<br />
der sich im Gestein verbirgt<br />
80 Jahren in Halberstadt, Sachsen-Anhalt,<br />
durchgeführt wurde.<br />
Neu dabei war, dass die Berliner Radiologen<br />
das digitale 3-D-Bild so bearbeiten<br />
ließen, dass es für einen 3-D-Drucker verwendet<br />
werden konnte. „Zuerst musste die<br />
umliegende Gips- und Gesteinsschicht virtuell<br />
entfernt werden. Wir haben also am<br />
digitalen 3-D-Bild das getan, was sonst die<br />
Paläontologen direkt am Originalknochen<br />
machen. Mit dem großen Unterschied, dass<br />
man einen Fehler am Computer ganz einfach<br />
rückgängig machen kann, während das<br />
Original noch immer gut geschützt in Gips<br />
gehüllt ist“, erklärt Issever, Fachärztin für<br />
Radiologie. Anschließend schickten sie die<br />
Daten an einen 3-D-Drucker und erhielten<br />
eine genaue Nachbildung des originalen<br />
Dinosaurier-Wirbelknochens.<br />
Issever ist sich sicher, dass diese Methode<br />
künftig vieles erleichtert: „Man kann auf<br />
das Freilegen verzichten und spart so unglaublich<br />
viel Zeit. Der Originalknochen<br />
bleibt sicher erhalten. Und einen 3-D-Scan<br />
kann man ganz einfach weltweit verschicken<br />
und dann vor Ort ausdrucken. Das eröffnet<br />
viele Freiheiten für Wissenschaftler, die an<br />
verschiedenen Orten an gleichen Objekten<br />
arbeiten wollen, aber auch für Museen oder<br />
Schulen.“ <br />
Aline Scheuböck<br />
FOTO: GETTY IMAGES; QUELLE: RADIOLOGY
BEHANDLUNGSFORTSCHRITTE BEIM PROSTATAKREBS<br />
Mit SpaceOAR ® -Hydrogel, einer gelartigen Substanz auf Wasserbasis, wird die Prostata für die<br />
Dauer der Strahlentherapie vorübergehend vom Enddarm abgehoben, wodurch der Enddarm<br />
eine geringere Strahlendosis erhält. Durch den Abstand, den SpaceOAR ® -Hydrogel zwischen Enddarm<br />
und Prostata schafft, können Strahlenschäden am Enddarm reduziert oder sogar verhindert<br />
werden. Außerdem kann der Arzt möglicherweise die Strahlendosis auf die Prostata erhöhen, so<br />
dass der Tumor gezielter und effektiver behandelt werden kann. Der Abstand zwischen Prostata<br />
und Enddarm – und so<strong>mit</strong> die Schutzwirkung von SpaceOAR ® während der Strahlentherapie<br />
– bleibt für etwa drei Monate lang erhalten. Nach ungefähr sechs Monaten, das bedeutet lange<br />
nach Ihrer letzten Bestrahlung, hat sich das Gel auf natürlichem Wege vollständig aufgelöst.<br />
Zum Schutz Ihres Enddarms während der Strahlentherapie kann man vorübergehend<br />
einen Abstandshalter (sog. Spacer) zwischen Prostata und Enddarm<br />
einbringen lassen. Das Spacer-System nennt sich SpaceOAR ® (OAR steht für<br />
„Organ At Risk“ – „Risikoorgan“ – in diesem Fall also der Enddarm) und schützt<br />
Ihren Enddarm während der Prostatabestrahlung. Sicherlich haben Sie jetzt<br />
Fragen zum „Wie“ und „Warum“ dieses Eingriffs und möchten wissen, was dabei<br />
auf Sie zukommt. Dieses Informationsblatt soll einige Ihrer Fragen beantworten<br />
helfen, ist jedoch keineswegs als Ersatz für ein ausführliches Gespräch<br />
<strong>mit</strong> Ihrem Arzt gedacht. Sprechen Sie <strong>mit</strong> Ihrem behandelnden Arzt über die<br />
Einsatzmöglichkeit von SpaceOAR ® in Ihrer Therapie.<br />
Ohne Hydrogel<br />
Hohe Dosis<br />
Prostata<br />
Geringe Dosis<br />
SpaceOAR ®<br />
Enddarmwand<br />
Mit Hydrogel<br />
Hohe Dosis<br />
Prostata<br />
Woraus besteht das Gel und ist es unbedenklich?<br />
SpaceOAR ® -Hydrogel besteht aus zwei Flüssigkeiten. Werden diese zusammengebracht,<br />
bildet sich ein weiches gelartiges Synthetikmaterial, das überwiegend<br />
Wasser enthält und deshalb als „Hydrogel“ bezeichnet wird. Das Material,<br />
aus dem SpaceOAR ® -Hydrogel besteht, wurde bereits mehr als eine Million<br />
Mal erfolgreich für andere medizinische Zwecke in den Körper eingebracht,<br />
beispielsweise bei Operationen an Gehirn oder Wirbelsäule zur Abdichtung des<br />
Gehirn- bzw. Rückenmarkwassers. Studien haben gezeigt, dass das Material<br />
biokompatibel ist und unbedenklich im Körper eingesetzt werden kann.<br />
Wo wird der Eingriff durchgeführt und wie lange dauert er?<br />
Üblicherweise wird der Eingriff in einem Krankenhaus, Operationszentrum<br />
oder ambulant durchgeführt und dauert meist weniger als eine halbe Stunde.<br />
Wie wird das Gel eingebracht?<br />
SpaceOAR ® -Hydrogel wird <strong>mit</strong> einem sogenannten minimal-invasiven Eingriff<br />
zwischen Enddarm und Prostata eingebracht.<br />
Ist eine besondere Vorbereitung für den Eingriff nötig?<br />
Für das Einbringen von SpaceOAR ® ist an sich keine besondere Vorbereitung<br />
erforderlich, aber Sie werden möglicherweise individuelle Anweisungen von<br />
Ihrem Arzt dazu erhalten.<br />
Wie lange bleibt das Gel in meinem Körper?<br />
Der Abstand zwischen Prostata und Enddarm – und so<strong>mit</strong> die Schutzwirkung<br />
von SpaceOAR ® während der Strahlentherapie – bleibt etwa 3 Monate lang<br />
erhalten. Nach ca. 6 Monaten, d. h. lange nach Ihrer letzten Bestrahlung, hat<br />
sich das Gel auf natürlichem Wege vollständig aufgelöst.<br />
Bin ich bei dem Eingriff wach oder in Narkose?<br />
Der Eingriff kann in Narkose oder <strong>mit</strong> lokaler Betäubung und Sedierung durchgeführt<br />
werden. Sprechen Sie <strong>mit</strong> Ihrem Arzt darüber, welche Narkoseform für<br />
Sie am besten geeignet ist.<br />
Ist der Eingriff <strong>mit</strong> Schmerzen oder Beschwerden verbunden?<br />
Ihr Arzt wird Ihnen entweder ein Narkose<strong>mit</strong>tel geben, das Sie in Schlaf versetzt,<br />
oder das Injektionsgebiet <strong>mit</strong> einem örtlichen Betäubungs<strong>mit</strong>tel betäuben.<br />
Sie spüren vielleicht einen Nadelstich oder leichten Druck, wesentliche<br />
Beschwerden sind aber nicht zu erwarten.<br />
Wann kann ich meine üblichen Aktivitäten wieder aufnehmen?<br />
Es ist davon auszugehen, dass Sie Ihre üblichen Aktivitäten sofort wieder aufnehmen<br />
können. Fragen Sie aber auf jeden Fall Ihren Arzt, ob Sie Einschränkungen<br />
im Zusammenhang <strong>mit</strong> der Strahlentherapie beachten müssen.<br />
Muss ich das Hydrogel selbst zahlen?<br />
Wenn Sie SpaceOAR® Hydrogel in einer Klinik applizieren/einbringen lassen,<br />
werden die Kosten von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen.<br />
In der niedergelassenen Praxis gibt es noch keine einheitliche Erstattungsregelung,<br />
ist aber in Bearbeitung. Sie sollten in jedem Fall einen individuellen<br />
Antrag auf Kostenerstattung stellen. Von vielen privaten Krankenversicherungen<br />
und der Beihilfe wird es ebenfalls auf individuellen Antrag erstattet.<br />
Für weiterführende Informationen wenden Sie sich an Ihren behandelnden Arzt oder kontaktieren Sie uns direkt:<br />
CS Diagnostics GmbH · Stresemannallee 4c · D-41460 Neuss<br />
Telefon: +49 (0)2131 1510871 · Telefax: +49 (0)2131 1510896<br />
www.cs-diagnostics.de
PROMI-UMFRAGE<br />
„<br />
„<br />
„<br />
Was fällt Ihnen zu Wilhelm<br />
Conrad Röntgen ein?<br />
Der Forscher hat vor mehr als 100 Jahren die <strong>Medizin</strong><br />
revolutioniert. Was wissen Promis über Röntgen?<br />
30<br />
„Monika Gruber, 43,<br />
Kabarettistin und<br />
Schauspielerin<br />
„Mir fällt als Erstes ein,<br />
dass ich einmal wieder zur<br />
Vorsorge zum Arzt gehen<br />
müsste! Die letzte Tetanus-<br />
Impfung war vor 30 Jahren.<br />
Ich müsste mich außerdem<br />
gegen Hepatitis A + B,<br />
Rinderwahnsinn A, B + C,<br />
Laktoseintoleranz, gegen<br />
Zuckerintoleranz, Uncharmante-Männer-Intoleranz,<br />
Treckingsandalen-Intoleranz<br />
impfen lassen!!!!“<br />
Markus Lüpertz, 74,<br />
Deutschlands bekanntester Maler<br />
und Bildhauer der Gegenwart<br />
„Es gibt auch einen Maler aus dem frühen 19. Jahrhundert,<br />
der Röntgen hieß. Aber zu dem Genie, das die Röntgenstrahlen<br />
entdeckt hat, fällt mir meine frühe Jugend in Böhmen<br />
ein. Meine Eltern waren in Sorge, weil sie dachten, ich hätte<br />
es an der Lunge. Eines Tages stand ein riesengroßes Automobil vor unserer Tür. Darin war<br />
ein Gerät wahnsinnigen Ausmaßes, es tickte gespenstisch laut. Eine Ärztin kam <strong>mit</strong> einer<br />
übergroßen Schürze an und erklärte mir, dass dies eine Bleischürze sei. Sie wäre ein sicherer<br />
Schutz vor den gefährlichen Strahlen und für eine gründliche Untersuchung nötig. Meine<br />
Eltern waren danach erleichtert, ich hatte nichts an der Lunge.“<br />
Christine Zierl, 52, Schauspielerin<br />
„Mir fallen all meine Brüche am Bein, meinem Zeh, an der<br />
Schulter, Hand und dem Fuß ein. Und weil ich jedes Mal<br />
geröntgt wurde, konnte man mir schnell und auf den Punkt<br />
genau helfen. Manchmal denke ich, die Röntgenstrahlen<br />
müssen auch etwas dauerhaft Positives bewirken – sehen Sie<br />
doch selbst, wie ich strahle.“<br />
Ottfried Fischer, 61,<br />
Schauspieler und Kabarettist<br />
„Da fallen mir ,der gläserne Mensch‘ und meine mehrfach gebrochenen<br />
Knochen an der Schulter ein. Um zu wissen, ob die<br />
Schrauben auch richtig sitzen, wurde ich jedes Mal geröntgt.<br />
Diese medizinische Revolution – die Röntgenstrahlen – verdanken<br />
wir dem deutschen Physiker Wilhelm Conrad Röntgen. Dieser<br />
Mann hat eine Entdeckung gemacht, von der weltweit<br />
die <strong>Medizin</strong> bis heute profitiert. Die große Ehre,<br />
1901 <strong>mit</strong> dem Nobelpreis geehrt zu werden, hat er mehr<br />
als verdient. Wie auch seine Kollegin Marie Curie, die<br />
später die Radioaktivität erforschte. Ohne diese beiden<br />
einzigartigen Persönlichkeiten und deren Erkenntnisse<br />
wäre die <strong>Medizin</strong> längst nicht so, wie sie heute ist.“<br />
Hardy Krüger jr., 46, Schauspieler<br />
„Während meiner Schulzeit habe ich mir einmal das<br />
Bein gebrochen und wurde geröntgt. Der Rest meines<br />
Körpers wurde <strong>mit</strong> einer schweren Bleidecke geschützt.<br />
Wegen der Strahlen, hieß es. Darüber mache ich<br />
mir aber überhaupt keinen Kopf und habe auch keine<br />
Angst. Strahlen gibt es auch beim Smartphone und<br />
angeblich auch beim Computer.“<br />
INTERVIEWS: CELIA TREMPER, FOTOS: TERENCE TREMPER
Bestens aufgeklärt im Wartezimmer<br />
Das <strong>Patientenmagazin</strong> der DRG<br />
<strong>Ausgabe</strong> 1 / Mai 2013<br />
<strong>Ausgabe</strong> 2 / November 2013<br />
Herausgegeben von der<br />
Deutschen Röntgengesellschaft<br />
Herausgegeben von der<br />
Deutschen Röntgengesellschaft e.V.<br />
<strong>Medizin</strong> <strong>mit</strong> Durchblick<br />
<strong>Medizin</strong> <strong>mit</strong> Durchblick<br />
Das Radiologie-Magazin für Patienten<br />
Das Radiologie-Magazin für Patienten<br />
Promi-Umfrage<br />
PIONIERE<br />
DER MEDIZIN<br />
Wie war Ihr erster<br />
Arztbesuch?<br />
Wilhelm Conrad<br />
Röntgen begründet<br />
ein neues Zeitalter<br />
Forschung<br />
Was im Gehirn<br />
passiert, wenn<br />
wir träumen<br />
ANEURYSMA<br />
Wie Ärzte das<br />
Leben einer<br />
jungen Frau<br />
retten<br />
Früherkennung<br />
Wo Vorsorge<br />
möglich ist<br />
Ist Röntgen<br />
gefährlich?<br />
<strong>Ausgabe</strong> 3 / Mai <strong>2014</strong><br />
Herausgegeben von der<br />
Deutschen Röntgengesellschaft<br />
<strong>Medizin</strong> <strong>mit</strong> Durchblick<br />
Das Radiologie-Magazin für Patienten<br />
Nofretete<br />
Röntgenstrahlen<br />
enthüllen ihr<br />
Geheimnis<br />
Demenz<br />
Wann die<br />
„Krankheit des<br />
Vergessens”<br />
heilbar ist<br />
Das<br />
<strong>Ausgabe</strong> 4 / <strong>Dezember</strong> <strong>2014</strong><br />
Herausgegeben von der<br />
Deutschen Röntgengesellschaft<br />
Tote verraten<br />
ihre letzten<br />
Geheimnisse<br />
MYOME<br />
Experten<br />
erklären die<br />
wichtigsten<br />
Therapien<br />
Wolfgang Niedecken<br />
Leben<br />
<strong>Medizin</strong> <strong>mit</strong> Durchblick<br />
Das Radiologie-Magazin für Patienten<br />
Promi-<br />
Umfrage<br />
RECHTS-<br />
MEDIZIN<br />
Schädel-<br />
Hirn-Trauma<br />
PROMI-UMFRAGE<br />
ANDREA SIXT<br />
Wie bleiben<br />
Sie in der Röhre<br />
entspannt?<br />
BRUSTKREBS<br />
Wissen gegen<br />
die Angst<br />
Diagnose<br />
Brustkrebs<br />
Knie der Nation<br />
Wie die Drehbuchautorin ihre<br />
Erkrankung überstand und<br />
warum dieser Einschnitt ihr Leben<br />
positiv veränderte<br />
nach der Zugabe<br />
Nicht nur bei Profis wie Sami Khedira<br />
macht das Knie oft Probleme.<br />
Wie moderne <strong>Medizin</strong> helfen kann<br />
Was der Sänger bei seinem Schlaganfall<br />
empfand und wie Kölner Ärzte ihn retteten<br />
Schlaganfall<br />
Warum<br />
schnelles<br />
Handeln<br />
so wichtig ist<br />
NACH-<br />
GEFRAGT<br />
Gelenk-<br />
Verletzungen<br />
Wer ist Ihr<br />
Lieblingsarzt?<br />
Interview<br />
Ist Radiologie<br />
zu teuer?<br />
Gehirn in Gefahr<br />
Jedes Jahr erleiden 250 000 Deutsche einen Unfall, der eine<br />
Hirnverletzung zur Folge hat. Wie Ärzte helfen können<br />
WILHELM<br />
CONRAD<br />
RÖNTGEN<br />
Faszinierende<br />
Einblicke in<br />
sein Leben<br />
Das Magazin „<strong>Medizin</strong> <strong>mit</strong> Durchblick”,<br />
herausgegeben von der Deutschen<br />
Röntgengesellschaft, ist eine Zeitschrift für<br />
Ihre Praxis oder Klinik: Es bringt Patienten<br />
die Welt der Radiologie näher und verkürzt<br />
gleichzeitig die Zeit im Wartezimmer!<br />
„<strong>Medizin</strong> <strong>mit</strong> Durchblick” ist eine<br />
Weiterentwicklung der gleichnamigen<br />
Informationsinitiative aus dem<br />
Jahr 2011, wird von professionellen<br />
Journalisten erstellt und erscheint<br />
zwei Mal jährlich (Frühling/Herbst).<br />
Bestellen Sie das Heft für Ihr Wartezimmer bequem online unter www.drg.de
Dank schneller Erstdiagnose<br />
gleich zum richtigen Krankenhaus.<br />
Hubschrauber der DRF Luftrettung sind jetzt <strong>mit</strong> Vscan ausgestattet. Diese<br />
Ultraschall-Lösung von GE unterstützt Einsatzkräfte dabei, schnell zu entscheiden,<br />
wohin man fliegen sollte, um die bestmögliche Behandlung auf den Weg zu bringen.<br />
Imagination at work<br />
ge.com/de