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PF-2091

Johann Kuhnau: Lobe den Herren, meine Seele / Praise thou the Lord, o my spirit

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KRITISCHER BERICHT<br />

Quellen<br />

Die vorliegende Urtextausgabe basiert auf der einzigen<br />

überlieferten Quelle A, einem Partiturautograph, das zu<br />

einem nachträglich zusammengefassten Konvolut von insgesamt<br />

neun Vokalwerken Johann Kuhnaus gehört, das<br />

heute unter der Signatur Mus.ms.12260 in der Staatsbibliothek<br />

zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung<br />

mit Mendelssohn–Archiv verwahrt wird. Dieses ist Teil der<br />

ehemaligen Notensammlung des Wolfenbütteler Kantors<br />

Heinrich Bokemeyer (1679–1751). Die Partitur ist eines der<br />

seltenen Autographe Johann Kuhnaus. Sie wurde von ihm<br />

auf Papier niedergeschrieben, das als Wasserzeichen zwei in<br />

Wappenform stilisierte Schriftzüge der Stadt Zittau (ZIT-<br />

TAV) trägt. 1<br />

Die Besetzungsangaben sind in der Partitur einer jeden<br />

Zeile als Vorsatz vorangestellt. Neben der Bezeichnung<br />

„Sonata“ an zentraler Stelle der Partitur (siehe Faksimile<br />

S. IX) findet sich die Angabe „Partitura a 15 et 20“ am<br />

oberen Rand der ersten Seite. Dies deutet dezidiert auf<br />

Kuhnaus Vorstellung einer Vokalbesetzung mit 5 Solosängern<br />

und (wenn vorhanden oder erwünscht) weiteren<br />

5 Ripienosängern hin. Eine rein solistische Besetzung<br />

ist also in des Komponisten Sinne, gleichwohl wären<br />

zwei Sänger pro Stimme möglich, wenn auch nicht zwingend<br />

nötig. Die übrigen Stimmen verteilen sich somit auf<br />

5 Bläser (Cornetto 1 & 2, Trombone 1, 2 & 3), 4 Streicher<br />

(Violino 1 & 2, Viola 1 & 2) sowie Fagotto. Die Continuo-<br />

Stimme wird als selbstverständlich vorausgesetzt und nicht<br />

in die Zählung einbezogen.<br />

Anmerkungen zur Komposition<br />

Über die Entstehungszeit der vorliegenden Kantate kann<br />

nur gemutmaßt werden. Mehrere Indizien sprechen jedoch<br />

für eine frühe Entstehung, möglicherweise noch während<br />

Kuhnaus Aufenthalt in Zittau. Zum einen ist dies das oben<br />

erwähnte Wasserzeichen, das im klaren Bezug zur Stadt Zittau<br />

steht – wobei nicht ausgeschlossen werden kann, dass<br />

Kuhnau einen kleinen Papiervorrat mit nach Leipzig brachte.<br />

Zum anderen ist „Lobe den Herren, meine Seele“ eine von<br />

nur zwei bekannten Kantaten Kuhnaus, in denen Cornetti<br />

als Instrumente zum Einsatz kommen (bei dem zweiten<br />

1 Angaben und Abbildung des Wasserzeichens in: Harald Kümmerling,<br />

Katalog der Sammlung Bokemeyer, Kieler Schriften zur Musikwissenschaft<br />

XVIII, Kassel etc. 1970, S. 118, 296 und 420.<br />

Werk handelt es sich um die Kantate „Christ lag in Todesbanden“),<br />

noch dazu in Kombination mit 3 Posaunen als<br />

frühbarocker Bläsersatz. Darüber hinaus kann die musikalische<br />

Faktur der einleitenden „Sonata“ durchaus als Reminiszenz<br />

an die aus Renaissance und Frühbarock bekannte<br />

Mehrchörigkeit sowie deren Verbindung mit dem Generalbasszeitalter<br />

verstanden werden, stehen sich doch über<br />

einer durchgehenden Continuostimme vier Streicher und<br />

Fagott auf der einen, fünf Bläser auf der anderen Seite gegenüber.<br />

Schließlich ist mit der abschließenden Wiederholung<br />

der Sonata sowie des anschließenden Tutti-Satzes eine<br />

bemerkenswerte Gemeinsamkeit mit der Kantate „Es steh<br />

Gott auf “ (<strong>PF</strong>-2093) festzustellen, für die der Herausgeber<br />

ebenfalls eine frühe Enstehungszeit vermutete, möglicherweise<br />

noch während Kuhnaus Zeit in Zittau.<br />

Als Text liegt der Kantate eine Auswahl von wenigen Versen<br />

des 103. Psalms zugrunde. Im Folgenden werden diese<br />

in der Fassung der Luther-Übersetzung von 1545 wiedergegeben:<br />

1<br />

Lobe den HERRN meine Seele / Vnd was in mir ist /<br />

seinen heiligen Namen.<br />

3<br />

DEr dir alle deine Sünde vergib /<br />

Vnd heilet alle deine Gebrechen.<br />

4<br />

Der dein Leben vom verderben erlöset /<br />

Der dich krönet mit Gnade vnd Barmhertzigkeit.<br />

8<br />

Barmhertzig vnd Gnedig ist der HERR /<br />

Gedültig vnd von grosser Güte.<br />

9<br />

Er wird nicht jmer haddern / Noch ewiglich zorn halten.<br />

10<br />

Er handelt nicht mit vns nach vnsern Sünden /<br />

Vnd vergilt vns nicht nach vnser Missethat.<br />

Wer oder was den Ausschlag für diese Versauswahl gab ist<br />

nicht bekannt. Die inhaltliche Stringenz dieses Psalmfragments<br />

(insgesamt beinhaltet der 103. Psalm 22 Verse) steht<br />

jedoch außer Frage. Möglicherweise kann man hier Kuhnau<br />

selbst unter Bezugnahme auf die entsprechende Lesung<br />

innerhalb der Liturgie vermuten.<br />

Kuhnau widmete sich zudem später noch einmal diesem<br />

Psalm: in einer Kantate für Alt und Bass (deren Stimmensatz<br />

unter der Signatur Mus. 2133-E-503 in der Sächsischen<br />

Landes- und Universitätsbibliothek Dresden aufbewahrt<br />

wird) finden dann jedoch die Verse 1 bis 10 Verwendung<br />

und werden durch ein Alleluja beschlossen.<br />

XI

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