10/11 - Evangelische Kirchen in Erfurt

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02.12.2014 Aufrufe

THEMA: GOTTESDIENST 8 angerissen, mit einer Pantomime, mit einem Tanz, mit einem Sketsch usw., gefolgt von einer kurzen, klaren Verkündigung, mit wechselnden Referenten, die immer auch zum Glauben und Vertrauen einladen. Mit Lied und Gebet und dem Angebot der persönlichen Segnung schließt der erste Gottesdienstteil, um dann in einen zweiten Teil zu münden in der Klosterstube mit Gesprächen, Schmalzbroten und Tee und mit open end. Die Verantwortung – und das ist eigentlich immer wieder zum Staunen – tragen junge Erwachsene, mehrheitlich aus der Studierendengemeinde und der Gruppe „Studenten für Christus“ mit uns Schwestern und unseren Freunden. Immer wieder wird im Team um die Christus bezogene Gestaltung gerungen. Die manchmal auch schmerzhaften Auseinandersetzungen prägen die offene und einladende Form des Gottesdienstes. Das Publikum ist so bunt, wie nur Gemeinde sein kann: Studierende, Kinder, Jugendliche, Senioren, Behinderte, Arme und Kranke, Menschen mit und ohne Bierflasche, Gäste aus dem Kloster, vorbeiziehende Touristen. Daraus haben sich nun Fragen nach der Taufe ergeben. In diesem Jahr führten wir in zwei Gruppen zur Taufe hin, ein je eigenes Fest mit vielen Freunden und Besuchern. Diese Feste verlockten durch ihre Gestaltung, sich auch auf den Weg des verbindlichen Ja zu machen, Christ zu werden, und in der Taufe diese unmittelbare Nähe Jesu und die Kraft des Heiligen Geistes zu erleben. Zur Mittwochabendkirche gehören auch die Taizégottesdienste, deren Gestaltung unsere Schwestern aus Hildesheim mitbrachten. Der Chorraum ist voll Lichter und lädt warm und hell zum zur Ruhe kommen und zum Beten ein. Es sind eher stille Zeiten, ganz im Stil von Taizé und – das ist besonders kostbar – zusammen mit dem Taizékreis Erfurt und dadurch ökumenisch. Wieder ist der Besucherkreis ganz anders: jünger, frömmer, offen und engagiert, musikalisch. Es ist für mich ein Abend, der mir selber auch einfach gut tut. Die dritte Form haben wir vom Schwanberg, unserem Mutterhaus, mitgebracht. Es ist der Segnungsgottesdienst, ein meditativer Abendsmahlsgottesdienst mit dem Angebot der persönlichen Segnung. Da haben Not, Krankheit, Fragen und Zweifel ihren Platz. Da wird füreinander gebetet, auch unter Handauflegung. Da geschieht Befriedung, Ordnendes, Heilendes – es geschieht Shalom. Unseren Gott feiern – das tun wir auch am Jahrestag unseres Hierseins oder an den Geburtstagen, an runden Festtagen von Freunden, dann, wenn das Kirchenjahr einlädt, und der Geheimnisse Jesu zu erinnern. Feiern – das ist unsere Form der Verkündigung, eine Form, die hier im östlichen Bereich ein gutes Echo findet. Zum Feiern gehören ja auch Gesten, Riten und Zeichen, die alles auf den Punkt bringen, so, dass Geist, Seele und Leib in die Anbetung hinein genommen werden und der ganze Mensch gesegnet wird. Feiern in dieser unserer Zeit – das ist so wichtig, weil Gott gut ist. Feiern als Antwort auf die Zuwendung Gottes – zu jedem Menschen.

9 THEMA: GOTTESDIENST Womöglich wirkt es zu alt Warum ist der sonntägliche Gottesdienst bei Jugendlichen nicht sonderlich beliebt? Meinungen Jugendlicher auf einer Freizeit des Evangelischen Stadtjugendrates vom 17. bis 19. September Flo: Gottesdienst macht Spaß, wenn die ganze Gemeinde mitmacht. Wer will Sonntags schon früh aufstehen. Die Bezeichnung „dienen“ passt nicht. Stellt sich die Frage, wer da wem dient. Am meisten geben mir Gespräche, keine Reden. Miri: Gottesdienst müsste lustiger sein (ähnlich wie Gospel in Amerika). Gottesdienst ist nicht mehr weltlich genug. Sie treffen nicht mehr den Nerv der Zeit. Ich gehe nicht zum Gottesdienst, weil mir das heuchlerisch vorkommt, ich kann überall an Gott denken. Dafür muss ich nicht in den Gottesdienst gehen. Ich kann beim Abendbrot für alles dankbar sein. Ich finde die Lieder schrecklich, sie machen mir Angst, z. B. Wo es heißt, „so dass Groß und Klein sich vor dir fürchte“ – Ich muss vor Gott keine Angst haben. Jasmin: Ich gehe eigentlich nur an Weihnachten in die Kirche. Dabei ist mir aufgefallen, dass die Kirche im Winter einfach zu kalt ist. In Erfurt gibt es nur wenige beheizte Kirchen. Ich glaube, dass Gottesdienst junge Leute nicht mehr anspricht, weil er auf die alten Leute abgestimmt ist. Junge Menschen können bzw. wollen sich nicht mit alten Normen und Traditionen identifizieren. Der Gottesdienst könnte viel lockerer und freier gestaltet werden. Aber vielen würde eine Veränderung der uralten Gebräuche und Traditionen nicht gefallen. Hauke: Die feste Liturgie ist sehr beengend in der Gestaltung. Es gibt bis auf das Thema keine Unterschiede zwischen den einzelnen Gottesdiensten, man gibt sich keine Mühe, das ganze attraktiver zu gestalten oder neue Elemente einzubauen. Das Problem ist, dass man dieses fundamentale Element des Glaubens schwer so gestalten kann, dass sich alle Altersgruppen damit identifizieren oder auch überhaupt anfreunden können. Es gibt ja in Erfurt den Ansatz des Jugendgottesdienstes, der vier Mal im Jahr stattfindet. In den Jugendgottesdiensten, denen ich beiwohnte, habe ich allerdings trotz alledem relativ viele Erwachsene gesehen, die auch keinerlei unzufriedene oder ablehnende Haltung zeigten. Susanna: Gottesdienst war für mich lange Zeit Pflicht während des Konfirmandenunterrichts. An die harten Bänke hat man sich mit der Zeit gewöhnt, an alte Lieder in unzumutbaren Tonlagen immer noch nicht. Im Jugendgottesdienst stärken Lieder das Gemeinschaftsgefühl ungemein, am Sonntag in der Kirche sondieren sie die Gemeinde nur in Singer und Summer. Das Liedgut sollte reformiert werden. Ich erwarte ja keine super-modernen englischen Texte ... Wobei „Oh happy day“ auch mal was wäre – oder ist das zu fröhlich für die oft Angst einflößenden Predigten? Wieso höre ich in der Kirche eigentlich so selten etwas von Gott als liebenden Vater? Fabian: Für mich ist es sehr beeindruckend, wie sich dieses Ritual der christlichen Religion über Jahrhunderte, gar Jahrtausende erhalten konnte. Viele Traditionen unse-

THEMA: GOTTESDIENST 8<br />

angerissen, mit e<strong>in</strong>er Pantomime, mit<br />

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gefolgt von e<strong>in</strong>er kurzen, klaren Verkündigung,<br />

mit wechselnden Referenten,<br />

die immer auch zum Glauben und<br />

Vertrauen e<strong>in</strong>laden. Mit Lied und Gebet<br />

und dem Angebot der persönlichen<br />

Segnung schließt der erste Gottesdienstteil,<br />

um dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en zweiten<br />

Teil zu münden <strong>in</strong> der Klosterstube mit<br />

Gesprächen, Schmalzbroten und Tee<br />

und mit open end. Die Verantwortung<br />

– und das ist eigentlich immer wieder<br />

zum Staunen – tragen junge Erwachsene,<br />

mehrheitlich aus der Studierendengeme<strong>in</strong>de<br />

und der Gruppe „Studenten<br />

für Christus“ mit uns Schwestern<br />

und unseren Freunden. Immer<br />

wieder wird im Team um die Christus<br />

bezogene Gestaltung gerungen.<br />

Die manchmal auch schmerzhaften<br />

Ause<strong>in</strong>andersetzungen prägen die offene<br />

und e<strong>in</strong>ladende Form des Gottesdienstes.<br />

Das Publikum ist so bunt, wie<br />

nur Geme<strong>in</strong>de se<strong>in</strong> kann: Studierende,<br />

K<strong>in</strong>der, Jugendliche, Senioren, Beh<strong>in</strong>derte,<br />

Arme und Kranke, Menschen mit<br />

und ohne Bierflasche, Gäste aus dem<br />

Kloster, vorbeiziehende Touristen.<br />

Daraus haben sich nun Fragen nach der<br />

Taufe ergeben. In diesem Jahr führten<br />

wir <strong>in</strong> zwei Gruppen zur Taufe h<strong>in</strong>, e<strong>in</strong><br />

je eigenes Fest mit vielen Freunden und<br />

Besuchern.<br />

Diese Feste verlockten durch ihre Gestaltung,<br />

sich auch auf den Weg des<br />

verb<strong>in</strong>dlichen Ja zu machen, Christ zu<br />

werden, und <strong>in</strong> der Taufe diese unmittelbare<br />

Nähe Jesu und die Kraft des<br />

Heiligen Geistes zu erleben.<br />

Zur Mittwochabendkirche gehören<br />

auch die Taizégottesdienste, deren Gestaltung<br />

unsere Schwestern aus Hildesheim<br />

mitbrachten. Der Chorraum ist<br />

voll Lichter und lädt warm und hell<br />

zum zur Ruhe kommen und zum Beten<br />

e<strong>in</strong>. Es s<strong>in</strong>d eher stille Zeiten, ganz<br />

im Stil von Taizé und – das ist besonders<br />

kostbar – zusammen mit dem Taizékreis<br />

<strong>Erfurt</strong> und dadurch ökumenisch.<br />

Wieder ist der Besucherkreis ganz<br />

anders: jünger, frömmer, offen und engagiert,<br />

musikalisch. Es ist für mich e<strong>in</strong><br />

Abend, der mir selber auch e<strong>in</strong>fach gut<br />

tut.<br />

Die dritte Form haben wir vom<br />

Schwanberg, unserem Mutterhaus, mitgebracht.<br />

Es ist der Segnungsgottesdienst,<br />

e<strong>in</strong> meditativer Abendsmahlsgottesdienst<br />

mit dem Angebot der persönlichen<br />

Segnung. Da haben Not,<br />

Krankheit, Fragen und Zweifel ihren<br />

Platz. Da wird füre<strong>in</strong>ander gebetet,<br />

auch unter Handauflegung. Da geschieht<br />

Befriedung, Ordnendes, Heilendes<br />

– es geschieht Shalom.<br />

Unseren Gott feiern – das tun wir auch<br />

am Jahrestag unseres Hierse<strong>in</strong>s oder an<br />

den Geburtstagen, an runden Festtagen<br />

von Freunden, dann, wenn das <strong>Kirchen</strong>jahr<br />

e<strong>in</strong>lädt, und der Geheimnisse<br />

Jesu zu er<strong>in</strong>nern. Feiern – das ist<br />

unsere Form der Verkündigung, e<strong>in</strong>e<br />

Form, die hier im östlichen Bereich e<strong>in</strong><br />

gutes Echo f<strong>in</strong>det. Zum Feiern gehören<br />

ja auch Gesten, Riten und Zeichen, die<br />

alles auf den Punkt br<strong>in</strong>gen, so, dass<br />

Geist, Seele und Leib <strong>in</strong> die Anbetung<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> genommen werden und der<br />

ganze Mensch gesegnet wird. Feiern <strong>in</strong><br />

dieser unserer Zeit – das ist so wichtig,<br />

weil Gott gut ist. Feiern als Antwort auf<br />

die Zuwendung Gottes – zu jedem<br />

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