10/11 - Evangelische Kirchen in Erfurt

11 THEMA: GOTTESDIENST
Gottesdienstvorbereitung
zum Tag der
Deutschen Einheit
Theo Schley, 9L1
Wenn man einen Schüler fragt, was
das wichtigste im Leben ist, wird er
brav sagen : Bildung. Dennoch nutzt
ein Schüler jede Gelegenheit, um von
einer Unterrichtsstunde fern zu bleiben.
Die besten Freistunden sind immer
solche, die die anderen Klassenmitglieder
nicht haben. Die nächst günstigste
und zugleich vorteilhafteste
Möglichkeit dazu war für uns der Tag
der Deutschen Einheit. Das günstige
daran war, dass wir nicht erst nach
Deutschland fahren mussten, denn wir
waren ja schon da und das vorteilhafte,
dass wir zu den Proben auch mal
frei bekamen.
Die Veranstalter des Feiertags hatten
die Idee, Schüler aus der achten Klasse
des letzten Jahres als Vortragende
auftreten zu lassen. Der Witz dabei ist,
dass diese Schüler Jahrgang f‘89/’90
sind, was die Besonderheit des diesjährigen
Festtages unterstreichen soll.
Unsere Lust darauf stieg noch mehr an,
als uns Herr Junker mitteilte, dass unser
Ausspannen vom Unterricht mit
einem Publikum von 3 Millionen TV-
Zuschauern belohnt werden würde.
So war der Plan: Es würde vier Gruppen
geben, die jeweils eine Emotion
der Wende ’89 darstellen werden. Eine
Gruppe wird sich auf den Kirchenfußboden
legen (Mutlosigkeit). Eine andere
wird die Faulpelze wieder aufscheuchen
(Hoffnung), noch eine andere
soll stark zweifeln und sich dabei
in die Wolle kriegen (Zweifel) und die
letzte wird sich im Huckepackverfahren
zur höchsten Gruppe küren und
mit Winnetou-Handsonnenschirm am
40 Meter entfernten Kirchenschiffende
nach neuen Erkenntnissen suchen
(Staunen/Erwartung).
Die Proben zu unserem großen Auftritt
begannen kaum spürbar in einem
abgelegenen Klassenraum auf der
zweiten Etage der Casino-Schule des
evangelischen Ratsgymnasiums Erfurt
(schlicht und ergreifend „De‘ Schule“
genannt). Erst brain-storming zu einer
eigentlich schon längst entschiedenen
Sache, logisch.
Ein beliebtes Mittel, um die Gedankengänge
zu veranschaulichen, war
die Tafelkreide. Denn vor der Tafel auf
einem Tisch zu einer langen bunten
Stange zusammengefügt ergeben Kreiden
ideale Menschenschlangen, die
sich nach Belieben umherschieben
lassen, fast wie echte Menschen.
Nachdem wir also die ersten Ideen mit
Hilfe von Clara Ehrenwerth verworfen
hatten, übten wir im Dom die eigentliche
Vorgehensweise.
Immer und immer wieder klatschten
wir auf den kalten Kirchenboden und
stritten uns schweigend (es hatte uns
glatt die Sprache zu verschlagen, so
stand’s in der Anweisung) um den Weg
zum Altar. Irgendwann entschlossen
wir uns, die Unglückseligen, die
immer noch auf dem harten Steinboden
kauerten, wieder aufzuheben,
bevor die vor Hunger und Durst umkamen.