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8. MAI - Antifaschistische Linke Berlin

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MUSIKQUOTE UND NORMALISIERUNGSREGIME<br />

Für die ›kulturelle <strong>Linke</strong>‹ lassen sich ähnliche<br />

Zusammenhänge herstellen. Einiges davon<br />

ist bereits häufiger selbstkritisch diskutiert<br />

worden. Das neoliberale Ich-Unternehmertum<br />

wurde im Kunst- und Literaturbetrieb<br />

mitgeboren und ist dort heute wahrscheinlich<br />

durchgesetzter als in vielen anderen<br />

Wirtschaftsbereichen. Flache Hierarchien<br />

und permanente Kommunikation, auf die<br />

viele Unternehmen heute so großen Wert<br />

legen, wurden von politischen Aktivisten<br />

in Subkultur-Kontexten entwickelt und ausprobiert.<br />

Der Kapitalismus besitzt eine beeindruckende<br />

Fähigkeit, sich Wissen und<br />

Erfahrungen anzueignen und in Wert zu<br />

setzen. Man kann sich dabei mit ganz unsignalisieren<br />

soll. Doch bei aller angeblichen<br />

Öffnung, der Kern der Inszenierung<br />

ist das Bekenntnis zum Deutschsein. Und<br />

noch deutlicher schließlich die <strong>Berlin</strong>er Band<br />

MIA: Vor zwei Jahren noch am Revolutionären<br />

1. Mai in <strong>Berlin</strong> zu hören, finden<br />

die alternativen Musiker Deutschland wegen<br />

dessen Nicht-Beteiligung am Golfkrieg<br />

2003 plötzlich so gut, dass sie ein neues<br />

Verhältnis zum Vaterland ausrufen. Seit empörten<br />

Protesten gefällt sich die Band nun<br />

in der Rolle der Tabubrecher – ganz so, als<br />

sei die deutsche Gesellschaft im Kern nicht<br />

schon immer nationalistisch gewesen und<br />

als habe der nationale Konsens 1989 nicht<br />

sowieso einen gewaltigen Schub erhalten.<br />

In diesen Kontext reihen sich, gewollt oder<br />

ungewollt, auch die Initiative für eine Musikquote<br />

und ihre Unterstützer ein – unter<br />

ihnen Leute wie Jan Eissfeldt (Beginner) und<br />

Max Herre (Freundeskreis), die vom Publikum<br />

(möglicherweise aufgrund eines Missverständnisses)<br />

bislang für links und systemkritisch<br />

gehalten wurden. Man muss keine<br />

Textexegese betreiben, um zu erkennen,<br />

dass sich eine Quotenunterstützung nicht mit<br />

Eissfeldts oder Herres politischen Statements<br />

bzw. Inszenierungen vereinbaren lässt. Die<br />

Deutschquote ist die Umsetzung von Standort-<br />

und Identitätslogik in der Pop-Musik.<br />

Alternativ-Welten<br />

Mittlerweile dürfte sich herumgesprochen<br />

haben, dass die historische Funktion europäischer<br />

Sozialdemokratien im letzten Jahr-<br />

hundert immer wieder darin bestanden hat,<br />

jene Modernisierungen hervorzubringen, zu<br />

denen die Rechte aus historischen und Klassen-Beschränkungen<br />

nicht in der Lage war.<br />

Rot-Grün (und auf regionaler Ebene auch<br />

die PDS mit ihren Regierungsbeteiligung)<br />

hat diese These seit 1998 vielfach bestätigt.<br />

Auch eine Kohl- oder Stoiber-Regierung hätte<br />

sich möglicherweise an einem Angriffskrieg<br />

gegen Jugoslawien beteiligt. Aber sie<br />

hätte diesen mit Sicherheit nicht – wie der<br />

Grüne Fischer – mit Auschwitz legitimieren<br />

und damit die Judenvernichtung für die<br />

Rückkehr Deutschlands auf die Bühne der<br />

Weltordnungspolitik in Wert setzen können.<br />

Das rotgrüne Gespann kann eine Wende<br />

nach rechts befördern, gerade weil es ununterbrochen<br />

von sozialer Gerechtigkeit, historischer<br />

Schuld und Menschenrechten spricht.<br />

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