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8. MAI - Antifaschistische Linke Berlin

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MUSIKQUOTE UND NORMALISIERUNGSREGIME<br />

MUSIKQUOTE UND<br />

NORMALISIERUNGSREGIME<br />

Deutschland im Herbst 2004: Eine Gruppe<br />

Musiker fordert anlässlich der PopKomm die<br />

Einführung einer Radio-Quote. Die großen<br />

deutschen Medien stellen sich der Initiative,<br />

die sich wie ein who is who heimischer<br />

Chart-Musik liest und auf der u.a. Udo Lindenberg,<br />

Inga Humpe (2raumwohnung),<br />

Emanuel Fialik (Rammstein), Jan Eissfeldt<br />

(Beginner) und Max Herre (Freundeskreis)<br />

zu finden sind, bereitwillig als Resonanzkörper<br />

zur Verfügung. Wenige Wochen später<br />

beschließt der Bundestag mit den Stimmen<br />

der rot-grünen Mehrheit eine Selbstverpfl<br />

ichtungs-Aufforderung an die privaten<br />

und öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme.<br />

Eine Quote von 35 Prozent deutscher<br />

Musikproduktion, so der Beschluss,<br />

solle von den Sendern gespielt werden.<br />

Es ist ein interessantes Detail, dass sich ausgerechnet<br />

Bundestagspräsidentin Antje Vollmer<br />

besonders für die Quote einsetzt. In einem<br />

Interview mit der Süddeutschen Zeitung<br />

erklärt sie: »Ich bin viel im Auto unterwegs<br />

und kann das Radio nicht mehr ertragen -<br />

immer die gleichen Lieder von den gleichen<br />

paar weltweit erfolgreichen Bands.« Es stellt<br />

sich in diesem Zusammenhang natürlich sofort<br />

die Frage, warum eine Deutschquote etwas<br />

an der mangelhaften Qualität des Radios<br />

ändern sollte. Wenn der Hinweis mit dem<br />

Niveau irgendwie ernst gemeint wäre, dürfte<br />

man keine Quote für deutsche Produktionen,<br />

sondern einen Mindestanteil konzeptioneller,<br />

nicht sofort eingängiger Musik fordern.<br />

Doch darum geht es eben genau nicht.<br />

Und auch nicht um die Förderung kleiner,<br />

lokaler Musikproduktionen, wie manche<br />

Musiker und Laber-Macher behaupten und<br />

vielleicht sogar glauben. Stattdessen sprach<br />

die Antragstellerin im Bundestag, die Abgeordnete<br />

Griefahn (SPD), ebenso wie die<br />

den Aufruf unterzeichnenden Musiker von<br />

einem Mindestanteil »deutschsprachiger<br />

bzw. in Deutschland produzierter Musik im<br />

Programm«. Ein eigentümliches Anliegen:<br />

warum das Deutsche, das auf über 100 Millionen<br />

MuttersprachlerInnen zählen kann,<br />

Reservatschutz benötigt, können letztlich<br />

wohl nur diejenigen verstehen, die immer<br />

schon von der Angst umgetrieben wurden,<br />

Deutschland könnte zu kurz zu kommen.<br />

Geht es hingegen schlicht um den Produktionsstandort<br />

Deutschland, wie der zweite Teil<br />

der Forderung nahe legt, dann handelt es<br />

sich bei der Quoteninitiative einfach um eine<br />

protektionistische Maßnahme, die ziemlich<br />

muffig nach »Deutsche kauft deutsch.«<br />

klingt. Im Fall der Musik zieht noch nicht<br />

einmal das ökologische Argument. Anders<br />

als Butter oder Äpfel verursachen Songs<br />

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