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8. MAI - Antifaschistische Linke Berlin

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von der Erinnerung an Vernichtung durch<br />

Arbeit im Nationalsozialismus zur Rezeption<br />

zeitgenössischer Kunst im Hamburger<br />

Bahnhof. Von kulturpolitischer Seite wurde<br />

dieser Themenwechsel affirmiert, den<br />

Flick so gelungen mit dem Projekt »Mein<br />

Name soll schöner werden« verbindet.<br />

2001, 2002 scheiterte in Zürich Flicks Ausstellungsprojekt<br />

am Protest von Theaterleuten.<br />

Danach sagte Flick auch seine Probeschau<br />

in München ab, die, interessant platziert, im<br />

Haus der Kunst stattfinden sollte, das 1933<br />

von Hitlers Architekten Paul Ludwig Troost<br />

entworfen worden ist und in dem bis 1944<br />

jährlich die so genannten »Großen deutschen<br />

Kunstausstellungen« stattfanden. Vitali,<br />

der damalige Leiter des Hauses der Kunst,<br />

sagte, die Sammlung zu zeigen, sei eine<br />

sinnvolle Entscheidung, um die Art zu tilgen,<br />

wie das Vermögen zustande gekommen ist.<br />

Echo Kulturstaatsministerin Weiss: Die Ausstellung<br />

schließe einen Teil der Wunden,<br />

die die Nazi-Zeit in <strong>Berlin</strong> gerissen hätte.<br />

So wird der Kunst Substanz und Wesen zugesprochen,<br />

eine aus sich selbst schöpfende<br />

Kraft, die Wunden schließt und das Publikum<br />

ergreift. Aber keine Kunst ist an sich gut oder<br />

schlecht. Jede Arbeit ist die Summe ihrer Teile.<br />

Dazu zählen auch die Entstehungsbedingungen.<br />

Das absurde Heilungsversprechen<br />

von Christina Weiss zeigt einen Zirkelschluss<br />

an. Die Nazis nahmen den Deutschen die<br />

fortschrittliche Kunst, einer der Enkel aber<br />

gibt mit seinem ererbten Geld ein Stück davon<br />

wieder zurück. So versöhnen die Deutschen<br />

sich mit sich selbst. Die Opfer sind<br />

draußen. Als List der Geschichte fasst eine<br />

Arbeit in der Sammlung diese Selbstversöhnung<br />

zusammen: »Hier und jetzt zufrieden<br />

sein«. Der Titel von Wolfgang Tillmans und<br />

Isa Genzkens Bildinstallation von der Anwesenheit<br />

des gerade vergangenen Glücks<br />

noch im leeren Raum der Afterhour, ist ungewollt<br />

Programm: Postavantgarde und ein<br />

staatlich unterstützter Normalisierungsanspruch<br />

gehen eine unheimliche Synthese ein.<br />

Erst im letzten Moment geriet die <strong>Berlin</strong>er<br />

»Flick Collection« durch die Intervention<br />

von Salomon Korn und Michael Fürst, Mitgliedern<br />

der Jüdischen Gemeinde, stärker<br />

in die Kritik. Im Juni diesen Jahres drängte<br />

Staatsministerin Weiss die Stiftung mit dem<br />

seltsamen Namen Preußischer Kulturbesitz,<br />

weich und professionell auf die Problemlage<br />

zu reagieren. Sie forderte zu Publikationen<br />

oder Begleitveranstaltungen auf. Das ist ein<br />

weiteres Spezifikum. Das sozialdemokratische<br />

Normalisierungsprojekt folgt nicht der<br />

Logik von Bitburg, wo Kohl mit Reagan in<br />

der Nähe von SS-Gräbern sich zum Handschlag<br />

traf. Mit Distanz zum Wertekonservatismus,<br />

mit Distanz zum sekundären Antisemitismus<br />

von Walser oder Syberberg, mit<br />

einer an den letzten Erfahrungsresten von<br />

1968 geschulten Diskursfreudigkeit wird<br />

eine »Ja, aber«-Struktur in Gang gesetzt:<br />

Ja, der Nationalsozialismus war unerträglich,<br />

aber das soll uns von nichts mehr abhalten<br />

und auch zu nichts mehr motivieren.<br />

Gegen dieses Normalisierungsregime der<br />

neuen Mitte richtet sich die Arbeit der Flickconnection.<br />

Katja Diefenbach<br />

siehe: www.fl ickconnection.de<br />

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