20. Januar Vogel Gryff extra
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<strong>Vogel</strong> <strong>Gryff</strong> äxtra<br />
10<br />
uf der Gass<br />
Montag, <strong>20.</strong> <strong>Januar</strong> 2003<br />
Publikumserfolg<br />
Von Franz Osswald<br />
“Gseesch doch nüt vo dört uss”,<br />
ruft eine Stimme belehrend unweit<br />
von meinem Standort. Richtig,<br />
denn aus der zweiten Reihe im<br />
übertragenen Sinne, ist es für Binggis<br />
kaum möglich, etwas vom <strong>Vogel</strong><br />
<strong>Gryff</strong> mitzubekommen – visuell.<br />
Akustisch hingegen ist man dennoch<br />
auf der Höhe der Erwachsenen.<br />
Oder etwa doch nicht? Eine<br />
Mimpfeli us der zwaite Raaie<br />
Dr <strong>Vogel</strong> Gyff im Einsatz: Dank dem wunderschönen Wetter auch in<br />
diesem Jahr eine Rekordkulisse.<br />
Mutter beschwichtigt das Drängen<br />
ihrer Tochter mit der Bemerkung:<br />
„I hör no nüt, i sag der s denn scho,<br />
wenn sy kömme“.<br />
Schmiedegedanken<br />
Die Maske ist schlechthin das<br />
Urgerät der Kultur. Das andere<br />
Gesicht verwandelt seinen Träger<br />
und wird immer in entscheidenden<br />
Augenblicken angewandt, wenn<br />
dämonische Kräfte beschworen<br />
werden. Sie verbirgt, erschreckt,<br />
verdoppelt, sie trennt und vereint,<br />
kurzum legt den Zauber der magischen<br />
Kraft über uns. Durch das<br />
Anlegen der Maske verwandelt sich<br />
der Mensch, öffnet die Schleusen<br />
des Instinkts und aus den Abgründen<br />
der Natur tauchen die<br />
Gespenster des animalischen Ursprungs.<br />
Hinterhofwerkstatt<br />
Abseits der Vorzeige-Techno-<br />
Schuppen ist die kupfrige Wild<br />
Maa-Maske in einer Hinterhofwerkstatt<br />
entstanden. Urchige<br />
Ambosse, Hämmer, alte Schmiedverfahren,<br />
vor allem aber Leidenschaft<br />
verhalfen dem roten Metall<br />
zu seinem bekannten archaischen<br />
Antlitz. Zum Zweck mit Schreck zu<br />
erheitern und in Heiterkeit zu erschrecken.<br />
Geschenk<br />
Die Maske wurde ganz im Sinne<br />
des rechtsrheinischen Rechts der<br />
Alemannen für das Kleinbasler<br />
Brauchtum <strong>Vogel</strong> <strong>Gryff</strong> geschmiedet.<br />
Es soll als Geschenk die Gesellschaft<br />
der drei Ehrengesellschaften<br />
bereichern. Gemeinschaft, Tausch-<br />
Foto: ter<br />
„Darf i duure“, fragt ein Knabe<br />
höflich, der sich einen Platz in der<br />
ersten Reihe sichern möchte. Er<br />
darf. Wenn die Kinder schon punkto<br />
Höhe mit dem „Untergeschoss“<br />
vorlieb nehmen müssen, dann sollen<br />
sie wenigsten dort stehen dürfen,<br />
wo sie auch mit ihrer „Grösse“<br />
etwas vom Geschehen mitbekommen<br />
können.<br />
Doch auch für Erwachsene scheint<br />
es nicht ganz einfach zu sein, das<br />
Treiben mitzuverfolgen. Ein Herr<br />
steht zwar in der zweiten Reihe –<br />
diesmal wörtlich gemeint – doch<br />
genügt dies offenbar noch nicht,<br />
um wirklich etwas zu sehen: auf<br />
seiner Brust ruht nämlich ein Feldstecher.<br />
Weitsichtig gehandelt,<br />
könnte man meinen, doch steht der<br />
Mann gleich dort, wo <strong>Gryff</strong>, Leu<br />
und Wild Maa tanzen. Vielleicht ist<br />
der Herr so weitsichtig, dass er mit<br />
eigenen Augen das Geschehen in<br />
der Nähe nur unscharf erkennen<br />
kann und deshalb eines Feldstechers<br />
bedarf?<br />
Mit Stielaugen glotzen drei Besucher<br />
und –innen aus der französischsprachigen<br />
Schweiz auf japanische<br />
Medienvertreter und –innen.<br />
Vor allem eine hübsche Dame<br />
macht den drei Ehrenzeichen Konkurrenz.<br />
Das muss ein Model sein,<br />
meint die eine Dame, der Herr<br />
glaubt eher, dass es sich um die Ansagerin<br />
handelt. Aus zweiter Reihe<br />
beurteilt, könnte er Recht haben.<br />
Die drei Köpfe des Wild Maa:: vl. grimmig, lächelnd, ruhig .<br />
Sicher ist, dass gleich darauf ein<br />
neues Modell auftaucht: der Wild<br />
Maa, auch er mit einem nette(re)n<br />
Gesicht.<br />
„Sy kömme“, rufts aus der Menge<br />
heraus. Richtig, ich sehe drei Fahnen<br />
in Bewegung und höre das<br />
Schlagen der Trommeln. Dann bleiben<br />
die Fahnen stehen, der Tanz<br />
kann losgehen. Ein Tannenspitz<br />
wirbelt durch die Luft, der Wild<br />
Maa ist wohl am Werk. Beim <strong>Vogel</strong><br />
<strong>Gryff</strong> ists wie beim Blumenspiel<br />
„sie liebt mich, sie liebt mich<br />
nicht“: ich sehe den Kopf, ich sehe<br />
den Kopf nicht, je nachdem ob der<br />
<strong>Gryff</strong> sich verneigt oder eben nicht.<br />
Vom Leu sehe ich gar nichts, doch<br />
zum Glück habe ich noch Ohren.<br />
„Jetzt kunnt der Leu“, sagt ein Vater<br />
zu seinem Kind. Für mich ist es<br />
wie an einer Radioübertragung, die<br />
Ohren vernehmen, was läuft, den<br />
Rest läuft vor meinem geistigen<br />
Auge ab.<br />
Die Fahnen setzen sich wieder in<br />
Bewegung, das Spiel ist aus.Und<br />
dann stehe ich in der ersten Reihe,<br />
ganz nach dem Motto „die Ersten<br />
werden die Letzten sein“ ziehe ich<br />
zum nächsten Ort ab - freie Bahn<br />
für die „Hinterstletzten“.<br />
handel, Genossenschaften, dem<br />
Nächsten zur Wehr und verbindenden<br />
Freundschaften waren von je<br />
her die Grundwerte unserer Vorfahren<br />
diesseits des Rheins.<br />
Gott zum Gruss Beat Zeuggin<br />
seines Zeichen Rotschmied.<br />
Basel im November 2000<br />
Die Sytte isch gsponseret vo