Lehrertag 2006 - Pädagogisches Institut der EKvW
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Ich lasse mich dabei leiten von einem christlichen Menschenbild, das jeden<br />
Einzelnen als einzigartiges Individuum von Gott geschaffen – und zwar so und nicht<br />
an<strong>der</strong>s geschaffen – sieht:<br />
So wie je<strong>der</strong> Einzelne ausgestattet ist mit Talenten, Fähigkeiten und Fertigkeiten, tritt<br />
er uns als Schüler o<strong>der</strong> als Schülerin entgegen. So haben wir sie o<strong>der</strong> ihn<br />
anzunehmen. Daran haben wir unser pädagogisches Bemühen auszurichten.<br />
Leitbild ist deshalb nicht eine idealisierte, quasi abstrakte Persönlichkeit, die es<br />
anzustreben gilt, son<strong>der</strong>n die umfassende För<strong>der</strong>ung des Einzelnen zu seinem<br />
Besten.<br />
Ich sehe in <strong>der</strong> Verschiedenartigkeit <strong>der</strong> Menschen, und gerade auch <strong>der</strong> jungen<br />
Menschen, ein hohes Gut: Eines, das „den Menschen ausmacht“, den wir<br />
aufzunehmen und zu för<strong>der</strong>n haben.<br />
Mein Ziel ist <strong>der</strong> begabungsgerechte Unterricht. Nur er wird die Talente unserer<br />
Kin<strong>der</strong> entdecken, entwickeln und entfalten. Nur er wird dem einzelnen Kind gerecht<br />
werden. Gerechtigkeit in <strong>der</strong> Schule meint deshalb nicht eine gleichmacherische,<br />
systembezogene Gerechtigkeit: Sie fragt vielmehr danach, was dem einzelnen Kind<br />
gerecht wird.<br />
Von großer Bedeutung ist für mich weiter die früher selbstverständliche Verbindung<br />
zwischen Bildung und Erziehung.<br />
Diese Selbstverständlichkeit scheinen wir heute nicht mehr so klar im Blick zu haben.<br />
Wir sehen unsere heutige Welt viel mehr von „Sachlogiken“,<br />
„Globalisierungserfor<strong>der</strong>nissen“ o<strong>der</strong> ökonomischer Rationalität geprägt als von <strong>der</strong><br />
christlichen Grundüberzeugung. Wettbewerbsdenken und Effizienzsteigerung<br />
scheinen sich zu den Götzen <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Industriegesellschaften entwickelt zu<br />
haben, an denen sich Alles und Je<strong>der</strong> ununterbrochen auszurichten hat.<br />
Dem will ich entschieden entgegen treten.<br />
Nicht, weil ich die Erfor<strong>der</strong>nisse <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Gesellschaft nicht erkenne, son<strong>der</strong>n<br />
weil ich <strong>der</strong> Überzeugung bin, dass eine Gesellschaft und auch eine Ökonomie <strong>der</strong><br />
Zukunft ohne Menschen mit Bildung nicht lebensfähig und natürlich auch nicht<br />
lebenswert ist. Denn nur Bildung, die den ganzen Menschen im Blick hat, erlaubt die<br />
Einordnung von Gelerntem o<strong>der</strong> erlaubt die Bewertung von Behauptungen und kann<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen gerechtfertigt erscheinen lassen. Und aus dieser Sichtweise ergibt<br />
sich auch <strong>der</strong>en ökonomische Bedeutung: Reflexion und Kritik sind Grundelemente<br />
einer freien und wirtschaftlich erfolgreichen Gesellschaft.<br />
Wir wollen das Erziehungsthema wie<strong>der</strong> in das Licht <strong>der</strong> Öffentlichkeit rücken: Aber<br />
natürlich nicht mit simplen Rezepten wie sie in Fernsehsendungen wie „Super<br />
Nanny“ präsentiert wurden, son<strong>der</strong>n differenzierter, kindgerechter und damit letztlich<br />
auch zum Wohle <strong>der</strong> Gesellschaft.<br />
Gleichzeitig gilt, dass wir die schulische Erziehungsarbeit nicht als zusätzliche<br />
Aufgabe verstehen dürfen, son<strong>der</strong>n als wesentlichen Bestandteil des Lehrerberufs.