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Lehrertag 2006 - Pädagogisches Institut der EKvW

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Äquidistanz bzw. mit gleicher Offenheit für die Ausgestaltung positiver<br />

Religionsfreiheit!<br />

- De facto mag das bisweilen an<strong>der</strong>s wirken, weil sich keine an<strong>der</strong>e Religion in<br />

Deutschland anheischig macht, in eben solcher Qualität und institutioneller<br />

Uneigennützigkeit mit Schule zu kooperieren und Bildungsmitverantwortung<br />

wahrzunehmen. Ein Islam etwa, <strong>der</strong> dies täte und von seinen theologischen<br />

und kulturellen Voraussetzungen tun könnte, ist durchaus wünschenswert,<br />

aber m.E. noch nicht zu erkennen. Doch das faktische Ungleichgewicht än<strong>der</strong>t<br />

nichts daran, dass – rechtlich gesehen – alle Religionen (die bestimmte<br />

rechtliche Voraussetzungen als Körperschaft des öffentlichen Rechts erfüllen)<br />

in gleicher Weise präsent sein könnten.<br />

- Noch spielt die christliche Religion in <strong>der</strong> Schule eine außerordentlich wichtige<br />

Rolle – eine Rolle, die sich etwa in <strong>der</strong> Bestimmung <strong>der</strong> Schule als christliche<br />

Gemeinschaftsschule Ausdruck verschafft. Die so verstandene Schule, darauf<br />

machen Juristen aufmerksam, dient nicht <strong>der</strong> „institutionellen Sicherung“ <strong>der</strong><br />

Kirchenzugehörigkeit, son<strong>der</strong>n ist Ausdruck des Elternwillens und <strong>der</strong><br />

tatsächlich christlichen Mehrheit <strong>der</strong> Schulangehörigen.<br />

Die christliche Gemeinschaftsschule „kann nur den Rahmen bilden dafür, daß sich die soziale<br />

Umwelt des Kindes dort, wo sie von Glaubenshaltung geprägt ist, auch in <strong>der</strong> Schule<br />

Beachtung verschaffen darf. Daher wird die Schule stets nur so christlich sein, wie es Lehrer<br />

und Schüler [sowie Eltern] sind ...“. Die Charakterisierung von Schulen als christliche<br />

Gemeinschaftsschule trägt also dem Prae <strong>der</strong> elterlichen Erziehungsverantwortung und <strong>der</strong><br />

Sozialisationsfunktion von Schule Rechnung. „Ein Mehr, insbeson<strong>der</strong>e eine institutionelle<br />

Verpflichtung <strong>der</strong> Lehrer und des Lehrstoffs auf die ‘gemeinsamen Grundlagen <strong>der</strong><br />

Christlichen Bekenntnisse’ würde <strong>der</strong> freiheitlichen Ordnung <strong>der</strong> Verfassung [und dem<br />

Toleranzgebot, das innerhalb einer für alle Schüler alternativlosen Schule gelten muß]<br />

wi<strong>der</strong>streiten.“ 38<br />

Die christliche Gemeinschaftsschule, das ist ebenfalls entscheidend wichtig,<br />

legt keineswegs „Lehrinhalte und Erziehungsziel ... auf ein<br />

Glaubenschristentum fest“. „Die Bejahung des Christentums bezieht sich<br />

[vielmehr] in erster Linie auf die Anerkennung des prägenden Kultur- und<br />

Bildungsfaktors, nicht auf die Glaubenswahrheit und ist damit ... auch<br />

gegenüber Nichtchristen durch die Geschichte des abendländischen<br />

Kulturkreises gerechtfertigt.“ Dies ist eine Schlüsselformulierung: Nicht <strong>der</strong><br />

christliche Glaube, son<strong>der</strong>n das Christentum als kultureller Prägefaktor wird<br />

mit <strong>der</strong> Rede von <strong>der</strong> christlichen Gemeinschaftsschule zur Grundlage <strong>der</strong><br />

Schule erklärt. Genau aus diesem Grund impliziert die Christlichkeit <strong>der</strong><br />

Gemeinschaftsschule nicht eine missionarische Haltung gegenüber Nicht-<br />

Christen o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en „Isolierung“. 39<br />

Kurz: Eine Schule, die sich christlicher Präsenz öffnet, wird keineswegs zu einer<br />

kirchlichen Schule; sie trägt damit lediglich <strong>der</strong> Religionsfreiheit, <strong>der</strong> positiven<br />

Religionsfreiheit (Art. 4.2 GG – Recht auf „ungestörte Religionsausübung“), und dem<br />

Elternrecht (Art. 6.2 GG) Rechnung. Dabei ist sie zugleich an den Schutz an<strong>der</strong>er<br />

Rechtsgüter gebunden, namentlich an die Achtung <strong>der</strong> negativen Religionsfreiheit<br />

(Art. 4.1 GG). In <strong>der</strong> Praxis heißt dies: Christliche Präsenz in <strong>der</strong> Schule ist ein<br />

38 Zitate aus Christoph Link: Art.: Bekenntnisschule III., in: Evangelisches Soziallexikon, Stuttgart /<br />

Berlin 2., vollständig neubearb. A. 1975, 164-170, hier 167.<br />

39 Zitate aus dem Beschluß des BVerfG vom 17. Dezember 1975, dokumentiert in: Entscheidungen<br />

des Bundesverfassungsgerichts 41 (1976), 29-64, hier 56.62 und 64.

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