Lehrertag 2006 - Pädagogisches Institut der EKvW
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hat es die EKD in einer „Kundgebung zum Religionsunterricht“ 1997 formuliert – und<br />
dieser Satz gilt erst recht im Blick auf christliche Präsenz in <strong>der</strong> Schule jenseits des<br />
RU.<br />
An diesem Lebensrückhalt hapert es indes seit langem vor allem in einem<br />
bestimmten, für christliche Religion konstitutiven Bereich: im Bereich <strong>der</strong> Feier des<br />
Gottesdienstes. Trotz verschiedener, mehr o<strong>der</strong> weniger tiefgreifen<strong>der</strong><br />
Reformideen 34 nehmen am Gottesdienst von Gemeinden kaum Jugendliche und<br />
junge Erwachsene teil. Gerade die sonntäglichen Gottesdienste in Gemeinden sind<br />
weitgehend gleichbleibende, traditionsgeleitete Veranstaltungen für „Eingeweihte“,<br />
für erwachsene Gemeindeglie<strong>der</strong>.<br />
Bedenkt man Gottesdienste aus <strong>der</strong> Perspektive evangelischer<br />
Bildungsverantwortung ist dies ein bedenklicher Zustand: Jugendliche partizipieren<br />
kaum am zentralen Vollzug gemeindlichen Lebens; Gottesdienste finden ohne<br />
personale Einbettung allein in <strong>der</strong> räumlichen Mitte <strong>der</strong> Gemeinde statt; ihre<br />
Funktion, die Kommunikation des Evangeliums in ritueller Gestalt wird kaum mehr<br />
wahrnehmbar. 35<br />
Dabei kommt Gottesdiensten mit Jugendlichen, zur Not auch nur für sie, nicht<br />
allein gemeindebildende, son<strong>der</strong>n bildende Funktion schlechthin zu. Gottesdienst<br />
gibt – um eine Formulierung Peter Biehls verfremdend aufzunehmen – zu lernen.<br />
Und: Gottesdienst zu gestalten, sich in einen Gottesdienst einzufinden, ist ein<br />
„Lernprozess“ (Dieter Trautwein), konstitutiv für christliche Religion.<br />
Solche Gottesdienste erfor<strong>der</strong>n die Flexibilisierung <strong>der</strong> Gottesdienstzeiten<br />
(Schulgottesdienst, Schulentlassfeier, Osternacht u.a.), die Variation <strong>der</strong> liturgischen<br />
Formen (Partizipation, Sinnhaftigkeit <strong>der</strong> Sprache und Elemente, Variation <strong>der</strong><br />
Predigt u.a.), die pointiertere Versprechung von Evangelium und Alltag (Sprache mit<br />
gegenwartsbezogenen Bil<strong>der</strong>n, Themen- statt Textorientierung u.a.).<br />
Hier ist in <strong>der</strong> Tat ein „Ruck“ nötig in <strong>der</strong> Kirche, doch zweierlei ermutigt hier zu<br />
forschem Vorgehen: Die „Orientierung an Jugendlichen kommt allen<br />
Gottesdienstteilnehmern zugute.“ 36 Und: Der Kin<strong>der</strong>gottesdienst, in seiner heutigen<br />
Form aus einer ähnlichen Krisis erwachsen, ist ein sehr erfolgreiches Modell – seit<br />
langem schon nehmen, relativ gesehen zur Zahl kindlicher Kirchenmitglie<strong>der</strong>, mehr<br />
Kin<strong>der</strong> an Gottesdiensten teil als Erwachsene! 37<br />
5. Was die Schule tut, tun darf und gewinnen kann, wenn sie christliche<br />
Präsenz im und außerhalb des RU stärkt<br />
Die Schule ist kein Sachwalter <strong>der</strong> Kirche – sie soll es auch nicht werden.<br />
Dennoch hat sie das Recht und auch ein Interesse daran, christliche Präsenz in <strong>der</strong><br />
Schule zu stärken – ebenso wie sie das Recht hat und Interesse daran haben<br />
könnte, die Präsenz an<strong>der</strong>er signifikanter Religionen, etwa des Islam, in <strong>der</strong> Schule<br />
zu stärken. Rechtlich gesehen bewegt sie sich gegenüber allen Religionen in<br />
34 Exemplarisch genannt seien Hans-Martin Lübking (Hg.): Gottesdienst für Jugendliche, 6 Bände,<br />
Düsseldorf 1996-2001, und Timo Rieg/Christoph Urban (Hg.): Jugendgottesdiesnt 2.0, Bochum 2001,<br />
und Timo Rieg (Hg.): Jugendgottesdienste Powerpack: 40 Komplettentwürfe für die Gestaltung von<br />
Gottesdiensten, Andachten und Events mit Jugendlichen, Bochum 2003.<br />
35 Zur Analyse vgl. beson<strong>der</strong>s Christian Grethlein: Gottesdienst ohne Jugendliche?! Texte aus <strong>der</strong><br />
VELKD 92/1999; zudem Mechthild Bangert: Jugendliche und Gottesdienst, in: Christian<br />
Grethlein/Günter Ruddat (Hg.): Liturgisches Kompendium, Göttingen 2003, 176-193.<br />
36 Hans Martin Lübking: Vorwort, in: <strong>der</strong>s. (Hg.): Gottesdienst für Jugendliche, Perikopenreihe 1,<br />
Düsseldorf 1996, 4-6, hier 5.<br />
37 Vgl. Christian Grethlein: Grundfragen <strong>der</strong> Liturgik, Gütersloh 2001, 284-292, hier 291 (allerdings<br />
ohne aktuelle empirische Daten).