Lehrertag 2006 - Pädagogisches Institut der EKvW

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- 69 - Unter der Bezeichnung „Kontaktstunde“ wird Kirchengemeinden seit dem Schuljahr 1998/99 die Chance eröffnet, im Rahmen von Schule („Schulveranstaltung“) im Umfang einer Wochenstunde mit Grundschülerinnen und -schülern der 3. und 4. Klasse zu arbeiten. Die Organisationsform kann variieren (vom einstündigen Angebot pro Woche bis hin zum monatlichen Blocktag), die Inhalte sollten mit dem Lehrplan koordiniert werden, sind aber grundsätzlich frei wählbar – Schwerpunkt sollen das „Leben der Kirchengemeinde“ und „Formen gelebter christlicher Existenz“ sein. Eine Umfrage hat gezeigt, dass tatsächlich „das Kirchenjahr und seine Feste, Fragestellungen der Kinder und die jeweils eigene Kirchengemeinde“ den Inhalt von Kontaktstunden bestimmen. 18 Gestaltet wird die Kontaktstunde von den Pfarrer/innen oder pädagogisch qualifizierten Mitarbeitenden der Kirchengemeinde; die Gemeinde hat auch die Personal- und Sachkosten zu tragen. Kurz: Die Kontaktstunde ist ein Beispiel für den hohen Einsatz vieler Kirchengemeinde am Lernort Schule; auch ein Beispiel für wirkungsvolle und zugleich kooperationsintensive Arbeit an der Schnittstelle von Schule und Gemeinde. Die Gemeinden sehen mehr positive Effekte als sie selbst erwartet haben; auch Religionslehrer/innen sehen sie eher als Ergänzung zum RU und Einladung zur Zusammenarbeit mit einer Kirchengemeinde denn als Konkurrenz! 19 Das Angebot „Jugendkirche“ richtet sich an Jugendliche – nicht nur, aber eben auch an Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufen I und II, allgemeiner und berufsbildender Schulen. Hinter dem Begriff verbergen sich im Wesentlichen folgende Ideen: - die Idee aktiv, durchaus missionarisch auf Jugendliche zuzugehen und sich auf ihren Stil genauso einzulassen wie auf ihre Lebenswelt: „nicht nur das Evangelium, sondern auch die bisherigen ‚Tabus’ ... Kirchenräume, Gemeinde, Gottesdienst werden ... in die Lebenswelt junger Menschen ‚hineinübersetzt’ ...“. - die Idee, Jugendlichen im Rahmen der Kirche, aber überparochial eigene Gestaltungsräume anzubieten – „Räume“ wird dabei wörtlich verstanden: Im Mittelpunkt der Arbeit steht ein „herausragende[r] Raum, idealerweise „ein alter Kirchenraum, der selbst eine besondere Aura besitzt“ und „vielfältig nutzbar sein [muss] – für ein Tanzfest ebenso wie für Abendandachten“, - die Idee, nicht von Erwachsenen etwas für junge Menschen anzubieten, sondern Jugendliche etwas für sich selbst und Andere erproben und realisieren zu lassen; Ältere fungieren als Mentoren; Im Idealfall wird aus und in der Jugendkirche eine „eigene Jugendgemeinde“. 20 Jugendkirchen in Deutschland bieten ein breites Programm: Evangelisch oder katholisch geerdet bieten sie Gottesdienste und Theater, Kunstprojekte und Performances, Cafés und Seelsorge, sozialdiakonische Angebote (Abendbrotstisch, Beratungen) und klassische Gruppenarbeit. In der Regel steckt die Kontaktpflege mit Schulen noch in den Kinderschuhen, aber viele der Trägergruppen haben diese Kooperation im Blick – und das ist gut so, denn Jugendkirchen könnten gerade auch benachbarten Schulen Gestaltungsfreiräume bieten, über die so weder die Schule noch die herkömmliche Kirchengemeinde verfügen können. Kooperationsprojekte zwischen Kunstunterricht und RU können hier Platz finden, Schulgottesdienste in 18 Bernd Schröder: Evangelische Kontaktstunde an Grundschulen, Neukirchen 2003, 99. 19 Zu den Wirkungen Schröder 2003 (s.o. Anm. 18), 114ff.121 und 123. 20 Hier nach Anne Winter: ein starkes stück kirche. Das Projekt Jugendkirche in Württemberg. Zwischendokumentation, Stuttgart 2005, 34. 198.41. Vgl. zu Jugendkirchen ansonsten etwa Hans Hobelsberger u.a. (Hg.): Experiment Jugendkirche, Kevelaer 2003, und das Themenheft „Jugendkirchen“ der Zeitschrift „das baugerüst“ 2005, Heft 3.

- 70 - anderer Gestalt, Offerten der schulnahen Jugendarbeit. In jedem Fall gelten Schulen als „Begegnungsflächen, Adressaten und Kooperationspartner“ (Konzept der Jugendkirche effata in Münster, 2002). Im Bereich von EKvW und EKiR gibt es bislang noch keine evangelisch-landeskirchliche Jugendkirche; allerdings gibt es die ev.-freikirchlichen Jugendgemeinden „taste of heaven“ in Essen (www.taste-of-heaven.de), „jump“ in Mülheim (www.jump-youthchurch.de), „U-turn“ in Wuppertal (www.trax-online.de) und einige katholische Jugendkirchen in Münster, Oberhausen, Bocholt und Dortmund. 21 4. Was die Kirche tut, tun kann und soll, um christliche Präsenz im und außerhalb des RU zu stärken Die evangelische Kirche ist schon jetzt mit hohem Einsatz an Personal, Know-how und finanziellen Mitteln engagiert für christliche Präsenz nicht allein im RU. Ich rufe einige Bausteine in Erinnerung, die unmittelbar in den Schulen bzw. den Religionslehrer/innen spürbar sind. - Die Kirche unterstützt den Religionsunterricht wie sonst keine schulexterne Institution irgendein anderes Schulfach. Diese Förderung beschränkt sich keineswegs auf Mitbestimmung von Lehrplänen und Vokation der Lehrenden. Sie schließt kirchenpolitische Fürsprache in verschiedenen Formen und v.a. ein dichtes Netz von Fortbildungs- und Unterstützungsangeboten durch ihre Pädagogischtheologischen Institute (PTI) und die Schulreferate ein. Am häufigsten genutzt und am unmittelbarsten hilfreich dürften die kreiskirchlichen oder regionalen Mediotheken sein. Die Kirche trägt so bei zu einem Religionsunterricht, dessen didaktisches und methodisches Niveau nicht hinter demjenigen anderer Fächer zurückbleibt (Stichworte: Handlungsorientierung, selbständiges bzw. aktivierendes Lernen / Freiarbeit, Einsatz von Medien und Internet usw.), vielmehr in der Geschichte der Fachdidaktiken oft genug den didaktischen Takt angab und noch immer angibt (z.B. bei der Vernetzung mit anderen Fächern innerhalb der eigenen Fächergruppe [Kooperation zwischen ev. und kath. RU; EU] wie außerhalb ihrer [etwa mit Geschichte, Biologie, Deutsch, Kunst]. 22 - Die Kirche, dieses Mal nicht als landes- oder kreiskirchliche Dachorganisation, sondern als Parochialgemeinde vor Ort unterstützt oder trägt zahlreiche nicht unmittelbar unterrichtsbezogene Angebote zum Schulprogramm wie etwa Gottesdienste, Seelsorge, im Grundschulbereich „Kontaktstunden“, an weiterführenden Schulen „Tage religiöser Orientierung“ u.ä.m. - Und drittens, nicht zu vergessen, besteht ein wichtiger Beitrag der Kirchen zur Schulentwicklung in exemplarischen Schulreformen und modellhaftem Handeln an ihren eigenen Schulen, den Schulen in kirchlicher Trägerschaft. Ich nenne hier nur Ansätze zu diakonischem Lernen („Diakonisches Praktikum“ in Stufe 12 eines Gymnasiums oder der „sozial-diakonische“ Lernbereich an Klasse 7 am Ev. Schulzentrum Leipzig), die Thematisierung 21 Übersicht unter www.jugendkirchen.org. 22 Diese beiden ersten Ebenen werden anschaulich beschrieben in dem Beitrag von Hans-Walter Nörtersheuser: Der Beitrag des RUs zur Schulentwicklung der Realschulen, in: Achim Battke u.a. (Hg.): Schulentwicklung – Religion – Religionsunterricht, Freiburg u.a. 2002, 132-159.

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an<strong>der</strong>er Gestalt, Offerten <strong>der</strong> schulnahen Jugendarbeit. In jedem Fall gelten Schulen<br />

als „Begegnungsflächen, Adressaten und Kooperationspartner“ (Konzept <strong>der</strong><br />

Jugendkirche effata in Münster, 2002).<br />

Im Bereich von <strong>EKvW</strong> und EKiR gibt es bislang noch keine evangelisch-landeskirchliche<br />

Jugendkirche; allerdings gibt es die ev.-freikirchlichen Jugendgemeinden „taste of heaven“ in Essen<br />

(www.taste-of-heaven.de), „jump“ in Mülheim (www.jump-youthchurch.de), „U-turn“ in Wuppertal<br />

(www.trax-online.de) und einige katholische Jugendkirchen in Münster, Oberhausen, Bocholt und<br />

Dortmund. 21<br />

4. Was die Kirche tut, tun kann und soll, um christliche Präsenz im und<br />

außerhalb des RU zu stärken<br />

Die evangelische Kirche ist schon jetzt mit hohem Einsatz an Personal, Know-how<br />

und finanziellen Mitteln engagiert für christliche Präsenz nicht allein im RU. Ich rufe<br />

einige Bausteine in Erinnerung, die unmittelbar in den Schulen bzw. den<br />

Religionslehrer/innen spürbar sind.<br />

- Die Kirche unterstützt den Religionsunterricht wie sonst keine schulexterne<br />

<strong>Institut</strong>ion irgendein an<strong>der</strong>es Schulfach.<br />

Diese För<strong>der</strong>ung beschränkt sich keineswegs auf Mitbestimmung von<br />

Lehrplänen und Vokation <strong>der</strong> Lehrenden. Sie schließt kirchenpolitische<br />

Fürsprache in verschiedenen Formen und v.a. ein dichtes Netz von<br />

Fortbildungs- und Unterstützungsangeboten durch ihre Pädagogischtheologischen<br />

<strong>Institut</strong>e (PTI) und die Schulreferate ein. Am häufigsten genutzt<br />

und am unmittelbarsten hilfreich dürften die kreiskirchlichen o<strong>der</strong> regionalen<br />

Mediotheken sein.<br />

Die Kirche trägt so bei zu einem Religionsunterricht, dessen didaktisches und<br />

methodisches Niveau nicht hinter demjenigen an<strong>der</strong>er Fächer zurückbleibt<br />

(Stichworte: Handlungsorientierung, selbständiges bzw. aktivierendes Lernen /<br />

Freiarbeit, Einsatz von Medien und Internet usw.), vielmehr in <strong>der</strong> Geschichte<br />

<strong>der</strong> Fachdidaktiken oft genug den didaktischen Takt angab und noch immer<br />

angibt (z.B. bei <strong>der</strong> Vernetzung mit an<strong>der</strong>en Fächern innerhalb <strong>der</strong> eigenen<br />

Fächergruppe [Kooperation zwischen ev. und kath. RU; EU] wie außerhalb<br />

ihrer [etwa mit Geschichte, Biologie, Deutsch, Kunst]. 22<br />

- Die Kirche, dieses Mal nicht als landes- o<strong>der</strong> kreiskirchliche Dachorganisation,<br />

son<strong>der</strong>n als Parochialgemeinde vor Ort unterstützt o<strong>der</strong> trägt zahlreiche nicht<br />

unmittelbar unterrichtsbezogene Angebote zum Schulprogramm wie etwa<br />

Gottesdienste, Seelsorge, im Grundschulbereich „Kontaktstunden“, an<br />

weiterführenden Schulen „Tage religiöser Orientierung“ u.ä.m.<br />

- Und drittens, nicht zu vergessen, besteht ein wichtiger Beitrag <strong>der</strong> Kirchen zur<br />

Schulentwicklung in exemplarischen Schulreformen und modellhaftem<br />

Handeln an ihren eigenen Schulen, den Schulen in kirchlicher Trägerschaft.<br />

Ich nenne hier nur Ansätze zu diakonischem Lernen („Diakonisches<br />

Praktikum“ in Stufe 12 eines Gymnasiums o<strong>der</strong> <strong>der</strong> „sozial-diakonische“<br />

Lernbereich an Klasse 7 am Ev. Schulzentrum Leipzig), die Thematisierung<br />

21 Übersicht unter www.jugendkirchen.org.<br />

22 Diese beiden ersten Ebenen werden anschaulich beschrieben in dem Beitrag von Hans-Walter<br />

Nörtersheuser: Der Beitrag des RUs zur Schulentwicklung <strong>der</strong> Realschulen, in: Achim Battke u.a.<br />

(Hg.): Schulentwicklung – Religion – Religionsunterricht, Freiburg u.a. 2002, 132-159.

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