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Lehrertag 2006 - Pädagogisches Institut der EKvW

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Schulprogramme zu för<strong>der</strong>n. Weite Kreise gezogen hat seine Idee – nun freilich<br />

weniger streng strukturreformerisch als vielmehr appellativ reformpädagogisch –<br />

Anfang <strong>der</strong> 90er Jahre durch den Aufruf des Bielefel<strong>der</strong> Reformpädagogen Hartmut<br />

von Hentig „Die Schule neu denken“ (München 1993; erweiterte Neuausgabe 2003):<br />

Die von ihm gefor<strong>der</strong>te „Schule als Lebens- und Erfahrungsraum“ (ebd., 189)<br />

zeichnet sich dadurch aus, dass Kin<strong>der</strong> und Jugendliche in <strong>der</strong> Schule keineswegs<br />

nur unterrichtet werden, son<strong>der</strong>n „die wichtigsten Lebenserfahrungen machen“<br />

können sollen (180). Und die <strong>der</strong>gestalt zur „Polis“ (189) gemauserte Schule ist<br />

individuell. Von Hentig schrieb schon 1993: Schulen sollten ihre „Autonomie“<br />

beantragen „müssen“ (ebd., 237). 2<br />

Und schließlich: In den 90er Jahren blühte auch die Schulentwicklungs-Forschung<br />

auf. Schon 1973 war hier in Dortmund auf Beschluss des Landtages das erste<br />

bundesdeutsche „<strong>Institut</strong> für Schulentwicklungsforschung“ mit Sitz in Dortmund<br />

gegründet worden, seit 1980 gibt dieses <strong>Institut</strong> um Hans-Günter Rolff das<br />

„Jahrbuch <strong>der</strong> Schulentwicklung“ heraus, doch richtig dicht wurde <strong>der</strong> Teppich <strong>der</strong><br />

Publikationen etwa Mitte <strong>der</strong> 90er Jahre. 3<br />

In <strong>der</strong> Zwischenzeit zeigen empirische Schulleistungsforschungen zwar, dass die<br />

Qualität <strong>der</strong> einzelnen Schule nur ein Faktor unter mehreren (neben <strong>der</strong> Schulform,<br />

dem Klassenklima und vor allem dem „durchschlagenden“ Gewicht individueller<br />

Fähigkeiten <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler!) ist, um Leistungsunterschiede von<br />

Schulen zu erklären, 4 doch unbeschadet dieser Relativierung bleibt<br />

„Schulentwicklung“ und damit Schulprofil eines <strong>der</strong> wirkmächtigsten pädagogischen<br />

Postulate <strong>der</strong> 90er Jahre.<br />

Der Ruf nach Schulprogrammen fand auch in Schulpolitik und Schulpraxis ein großes<br />

Echo. Bundesweit zuerst waren es wohl die Lehrpläne für die Grundschule in<br />

Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 1985, die nicht nur Richtlinien für Unterricht<br />

enthielten, son<strong>der</strong>n auch den Ausbau des Schullebens for<strong>der</strong>ten. 5 Mittlerweile findet<br />

sich dieser Topos in zahlreichen ministeriellen Verlautbarungen aller Bundeslän<strong>der</strong> –<br />

er gehört gleichsam zum Grundbestand bildungspolitischer Optionen. 6 Und seit den<br />

90er Jahren hat man in Verlängerung dieser Anstöße zudem das Paradigma von<br />

Schulpolitik und -verwaltung gewechselt (Berlin 1989, Hessen 1991, NRW 1995).<br />

Zentralistische Ansätze zur Schulreform gelten ebenso als gescheitert wie die<br />

einseitige Fixierung <strong>der</strong> Schule auf Unterricht. An die Stelle ministerieller Initiativen<br />

2 Dazu jetzt Dirk Kutting: Gesinnungsbildung. Die humanistische Schul- und Bildungstheorie Hartmut<br />

von Hentigs in theologischer Sicht, Marburg 2004.<br />

3 Vgl. etwa Per Dalin/Hans-Günter Rolff/H. Buchen: <strong>Institut</strong>ioneller Schulentwicklungs-Prozeß, Bönen<br />

(1990) 4 1998 und Elmar Philipp/Hans-Günter Rolff: Schulprogramme und Leitbil<strong>der</strong> entwickeln. Ein<br />

Arbeitsbuch, Weinheim (1998) 4., erw.A. 2004, o<strong>der</strong> Heinz Klippert: Pädagogische Schulentwicklung,<br />

Weinheim/Basel 2000.<br />

4 Die Qualität <strong>der</strong> einzelnen Schule vermag – je nach Studiendesign – zwischen 9 und 18% <strong>der</strong><br />

Varianz bei Leistungsunterschieden von Schulen zu erklären; die Klasse (Klassenklima,<br />

Unterrichtsstil) erklärt etwa 5%, die Schulform ca. 10% Varianz. Entscheidende „Einflussfaktoren<br />

[liegen indes wie gesagt] auf <strong>der</strong> individuellen Ebene von Schülerinnen und Schülern“ – so Martin<br />

Bonsen/Andreas Büchter/Stefanie van Ophuysen: Im Fokus: Leistung, in: Jahrbuch <strong>der</strong><br />

Schulentwicklung Bd. 13, hg. von Heinz Günter Holtappels u.a., Weinheim/München 2004, 187-223,<br />

hier 222 (vgl. beson<strong>der</strong>s 213ff.).<br />

5 Hier etwa Richtlinien und Lehrpläne für die Grundschule: Evangelische Religionslehre, hg. vom<br />

Kultusminister des Landes NRW, Köln 1985.<br />

6 Über den Fortgang <strong>der</strong> Diskussion in NRW informiert insbeson<strong>der</strong>e das „Forum Schule“, hg. vom<br />

Landesinstitut für Schule und Weiterbildung in Soest. Siehe www.forum-schule.de.

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