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Lehrertag 2006 - Pädagogisches Institut der EKvW

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Damit sind „Insignien <strong>der</strong> Jugend“ inzwischen zu Bewertungsstandards für<br />

Erwachsene geworden.<br />

- Lehrer sind damit – wie Thomas Ziehe das einmal formuliert hat (Ziehe 1991) –<br />

nicht mehr durch die Gratiskraft und kulturelle Selbstverständlichkeit, von<br />

Erwachsenenautorität, Generationsdifferenz und einem „geheiligten Kanon“<br />

hochkulturellen Wissens gestützt, über das sie monopolartig verfügen und<br />

wachen. Sie werden angreifbarer, ihr Tun wird legitimations- und<br />

begründungsbedürftiger. Sie stehen ungeschützter mit ihrer Individualität, ihrer<br />

konkreten Person für das ein, was sie tun, etwas was die Lehrerarbeit im Alltag<br />

mitunter so anstrengend werden lässt. Und so kommt es auch im schulischen<br />

Bereich zu einer Verschiebung <strong>der</strong> Machtbalancen zwischen Jugendlichen und<br />

Lehrkräften.<br />

- Die Anspruchshaltungen auf Teilhabe, Mitsprache, Partizipation, eigene<br />

Gestaltungs- und Handlungsmöglichkeiten tragen Jugendliche nun auch an<br />

Schule und Lehrer heran, die vor dem Hintergrund <strong>der</strong> skizzierten<br />

Verschiebungen in den Generationsbeziehungen stärker als bislang mit Kritik,<br />

Infragestellung, Fragen nach dem Sinn, wofür das nötig ist, ob es nicht auch<br />

an<strong>der</strong>s geht etc. konfrontiert werden.<br />

- Daraus können – auf beiden Seiten – auch anstrengende Dauerbelastungen<br />

hinsichtlich ständig anfallen<strong>der</strong> kommunikativer Verständigungen,<br />

Aushandlungen, immer wie<strong>der</strong>kehren<strong>der</strong> Verflüssigung von getroffenen<br />

Vereinbarungen, immer wie<strong>der</strong> notwendiger Begründungen treten. Damit können<br />

auch „Entsicherungen“ einhergehen. Die verstärkte Diskussion über die<br />

entlastende, Ordnung und Gemeinsamkeit stiftende Bedeutung neuer Rituale<br />

und verbindlicher Regeln in den letzten Jahren, lässt sich wie ein Wi<strong>der</strong>hall auf<br />

diese Verflüssigungen und Entsicherungen lesen.<br />

Kurz: Im Zuge vorverlagerter und verstärkter Autonomieansprüche von Jugendlichen<br />

im Rahmen <strong>der</strong> Abflachung von Machtasymmetrien und Autoritätsbeziehungen<br />

zwischen den Generationen, zwischen Jugendlichen und Lehrern wachsen<br />

Jugendlichen zum einen neue Freiräume, Beteiligungsmöglichkeiten und<br />

Handlungsspielräume zu. Zugleich entstehen dadurch auch Entsicherungen,<br />

Entregelungen und Verunsicherungen sowie anstrengende und mitunter aufreibende<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen immer wie<strong>der</strong> neu Vereinbarungen auszuhandeln, eine Art<br />

„kommunikativer Daueranstrengung“, die den Wunsch nach neuen entlastenden<br />

Routinen und Ritualen antreibt.<br />

Von personalisierter Autorität und Unterordnung zu fern wirkenden<br />

Systemzwängen und Selbstdisziplinierungsfor<strong>der</strong>ungen<br />

- Mit diesen Verschiebungen geht einerseits eine Entlastung einher: Lehrerinnen<br />

und Lehrer treten immer weniger als personifizierte Despoten und autoritativfurchteinflößende<br />

Charaktere in Erscheinung. Damit verlieren aber auch Lehrer –<br />

die diesen Extrempolen nicht zuneigen – Möglichkeiten <strong>der</strong> Durchsetzung. An<br />

diese Stelle rücken nun eher – im Horizont <strong>der</strong> gestiegenen Bedeutung<br />

schulischer Zertifikate – die Hinweise auf Platzierungschancen und -risiken,<br />

mögliche o<strong>der</strong> eher erschwerte Übergänge, die Realitätsferne o<strong>der</strong> -nähe von<br />

Bildungsplanungen.<br />

- Dies kann zu Entlastungen auf Seiten <strong>der</strong> Pädagogen führen: Lehrerinnen und<br />

Lehrer können zum einen auf diese Zwänge und systemischen Imperative<br />

verweisen und können diese an die Stelle eigener For<strong>der</strong>ungen setzen bzw.<br />

Schüler mit dem Verweis darauf indirekt zur Disziplinierung auffor<strong>der</strong>n: Ihr wisst

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